Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
4
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 18/07
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 52/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 6 KA 36/10 R
Datum
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 21. Mai 2008 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten auch des Berufungsverfahrens zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin Anspruch auf eine Sonderregelung zum Regelleistungsvolumen für die Quartale ab II/05 hat.
Die Klägerin ist als medizinisches Versorgungszentrum in der Rechtsform einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts in ZZ. zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Bis zum 30. April 2005 waren die Fachärzte für Anästhesiologie Frau Dr. E, Frau Dr. Q., Frau Dr. W. und Herr Dr. R. als Gemeinschaftspraxis tätig. Ab dem 1. Mai 2005 schlossen sie sich mit Frau Dr. T., hausärztlich tätige Internistin, zu dem klagenden medizinischen Versorgungszentrum zusammen. Frau Dr. T. wurde als angestellte Ärztin ohne vertragsärztliche Zulassung als vollständiges MVZ-Mitglied berücksichtigt, da sie mit einem Bewertungsfaktor von mehr als 30 Stunden bei der Beklagten geführt wurde. Nach Ausscheiden der Frau Dr. T. aus dem MVZ am 1. Oktober 2005 trat der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. XW. ebenfalls als angestellter Arzt in das MVZ mit einem Bewertungsfaktor von mehr als 30 Stunden ein. Ab dem 1. Juli 2006 wurde der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. L. mit zusätzlicher Fachgebietsanerkennung Anästhesiologie als weiterer Arzt angestellt. Alle sechs im MVZ tätigen Ärzte besitzen die Genehmigung zur Erbringung von Schmerztherapien nach Nrn. 30700 und 30701 EBM 2005. Die Beklagte ordnete die Klägerin der Honorargruppe B 2.1 des Honorarverteilungsvertrages und abrechnungstechnisch der Fachgruppe/Arztgruppe der Fachärzte für Anästhesiologie VfG 09/00 zu. Die Gemeinschaftspraxis erwirtschaftete im Quartal I/05 im Bereich der Primär- und Ersatzkassen bei 1435 abgerechneten Behandlungsfällen ein quotiertes Honorar in Höhe von 232.116,31 EUR. Für die Folgequartale ergeben sich die Festsetzungen der Beklagten aus nachfolgender Übersicht:
Quartal Honorarbescheid Bruttohonorar PK + EK in EUR Nettohonorar PK + EK in EUR Auffüllung/Kürzung 7.5 HVV Fallzahl
II/05 GP 29. 6. 2006 88.627,76 86.855,81 58.447,78 977
II/05 MVZ 29. 6. 2006 164.521,57 161.815,85 22.972,42 1326
III/05 12. 8. 2006 135.870,96 133.570,80 4.286,05 1194
IV/05 28.11.2006 146.097,37 142.959,94 11.848,61 1234
I/06 20.1.2007 152.481,09 149.035,77 27.004,12 1289
II/06 6. 7. 2007 155.462,18 152.532,17 -1.667,72 1355
III/06 17. 3. 2007 175.171,96 171.910,82 3.936,74 1564
IV/06 18. 4. 2007 184.984,10 183.058,80 16.764,66 1621
I/07 17. 7. 2007 206.215,78 203.643,17 9.327,38 1727
Die Klägerin beantragte am 13. April 2005, die Regelleistungsvolumina für Schmerzpraxen gesondert zu berechnen und auszuweisen. Sie führte unter dem 1. August 2005 aus, die Auswertung der Abrechnung für das Quartal II/05 habe zu dem von ihr prognostizierten Umsatzrückgang von über 30 % geführt. Hierbei seien noch die für Anästhesisten gültigen Regelleistungsvolumina von 1600 Punkten im Durchschnitt zugrunde gelegt. Sollte es zur Bildung eines Mittelwerts der Fallpunktzahlen kommen, so werde sich der Umsatzrückgang auf mindestens 50 % belaufen. Es müsse eine gewichtete Mittelung stattfinden und keine, die einem Hausarztanteil von 20 % zu einer 50%igen Berücksichtigung bei der Mittelung entspreche. Der Zusammenschluss in einem medizinischen Versorgungszentrum werde zu keiner nennenswerten Fallzahlausweitung führen. Durch die Hinzunahme eines Allgemeinmediziners werde sich die Fallzahl um maximal 300 Patienten erhöhen, die der maximal möglichen Patientenzahl entspreche, die nach der Qualitätssicherungsvereinbarung qualifiziert durch eine schmerztherapeutische Einrichtung pro Arzt behandelt werden könne. Die Regelleistungsvolumina für Schmerztherapeuten berücksichtigten nicht die Behandlungsdichte, die für eine konsequente und effektive Versorgung von Schmerzpatienten notwendig sei. In anderen KV-Bereichen wie Niedersachsen und Baden-Württemberg lägen die Regelleistungsvolumina für schmerztherapeutische Schwerpunktpraxen nach der Qualitätssicherungsvereinbarung um das Doppelte höher, anästhesiologische Leistungen würden teilweise ausbudgetiert. Der Ordinationskomplex mit mittleren Kontaktzahlen von 1,3 bis 1,8 Kontakten pro Quartal werde der besonderen Versorgungsdichte bei Schmerz- und Palliativpatienten mit im Schnitt 5 und mehr Kontakten pro Quartal nicht gerecht. Unter Datum vom 4. September 2005 führte sie aus, die angekündigte gewichtete Berechnung sei ein Fortschritt, berücksichtige aber nicht hinreichend die Besonderheiten des interdisziplinär arbeitenden Schmerz- und Palliativzentrums. Unter dem 11. Oktober 2005 führte die Klägerin aus, nach Einführung des EBM 2005 würden die ihr gewährten Punktzahlen mindestens um 1/3 reduziert werden. Ihrer Auffassung nach müsste ein einheitliches Regelleistungsvolumen für alle Teilnehmer an der Qualitätssicherungsvereinbarung "Schmerztherapie" gewährt werden.
Mit Bescheid vom 2. Dezember 2005 lehnte die Beklagte den Antrag auf Sonderregelung zum Regelleistungsvolumen ab. Die Fallpunktzahl für das Regelleistungsvolumen im Quartal II/05 errechnete sie wie folgt:
ANR. 4501032 (GP) 1.4.-30.4.2005 Primärkassen Ersatzkassen
Altersgruppe 0 – 5 6 - 59 )60 0 - 5 6 - 59 )60
Fallpunktzahl für Anästhesisten 1616 1586 1548 2412 1600 1770
Zuzüglich 130 Punkte Aufschlag für MVZ 1746 1716 1678 2542 1730 1900
ANR. 4533657 (MVZ) ab 1. 5.2005 Primärkassen Ersatzkassen
Altersgruppe 0 – 5 6 - 59 )60 0 - 5 6 - 59 )60
Fallpunktzahl für Anästhesisten 1616 (4 x) 1586 (4 x) 1548 (4 x) 2412 (4 x) 1600 (4 x) 1770 (4 x)
Fallpunktzahl für hausärztliche Versorgung 520 (1 x) 576 (1 x) 1059 (1 x) 424 (1 x) 475 (1 x) 821 (1 x)
Zuzüglich 130 Punkte Aufschlag für MVZ 1527 1514 1580 2144 1505 1710
Für das Quartal III/05 würden für das MVZ die gleichen Fallpunktzahlen wie im Quartal II/05 gelten. Nach den Feststellungen des Vorstands der KV-Hessen könne eine Sonderregelung nur bei Vorliegen einer absoluten Sicherstellungsproblematik erfolgen. Im Planungsbereich ZZ. seien neben der Klägerin zwei weitere Ärzte für Anästhesiologie niedergelassen, die über eine Genehmigung für die Schmerztherapie verfügten und Leistungen nach Nrn. 8450 und 8451 EBM 1996 bzw. Nrn. 30700 und 30701 EBM 2005 in der Vergangenheit abgerechnet hätten. Insgesamt würden diese Leistungen von 10 Praxen (einschließlich der Klägerin) abgerechnet und bestünde die Genehmigung ab dem 1. April 2005 fort. Dabei handele es sich um anästhesiologische, orthopädische und allgemeinmedizinische Praxen, die sich maximal in circa 18 km Entfernung zu dem Sitz der Klägerin befänden. Es sei festzustellen, dass die Klägerin die Leistungen nach Nrn. 8450 und 8451 EBM 1996 im Vergleich zum Durchschnitt der Fachgruppe im Quartal I/05 nicht wesentlich häufiger abgerechnet habe. Im Ergebnis sei somit von keiner Sicherstellungsproblematik in Bezug auf die schmerztherapeutischen Leistungen auszugehen. Eine Möglichkeit für eine generelle Herausnahme der schmerztherapeutischen Leistungen aus den Regelleistungsvolumina sehe der Honorarverteilungsvertrag nicht vor, da die Leistungsbereiche für extrabudgetäre und vorab zu vergütende Leistung abschließend definiert seien.
Auf dieser Grundlage wurden in den Quartalen II/05 bis I/07 die Regelleistungsvolumina nach Ziff. 6.3 HVV und deren Überschreitung für die Praxis der Klägerin wie folgt ermittelt:
Quartal RLV-relevante Fallzahl Fallpunktwert RLV Abgerechnetes Honorarvolumen Überschreitung Überschreitung in %
II/05 GP 613 1.763,9 1.018.652,2 1.485.430,0 466.777,8 45,8
II/05 MVZ 1.326 1.586,1 2.103.168,6 2.920.678,0 817.509,4 38,9
III/05 1.194 1.591,3 1.900.012,2 3.674.108,0 1.774.095,8 93,4
IV/05 1.234 1.586,8 1.958.112,2 4.011.868,5 2.053.753,3 104,9
I/06 1.256 1.582,3 1.987.368,8 3.427.356,5 1.439.987,7 72,5
II/06 1.319 1.583,5 2.088.636,5 2.958.263,5 869.627,0 41,6
III/06 1.534 1.459,7 2.239.179,8 3.466.724,5 1.227.544,7 54,8
IV/06 1.496 1.457,3 2.180.120,8 2.932.818,0 752.697,2 34,5
I/07 1.675 1.455,1 2.437.292,5 3.123.202,5 685.910,0 28,1
Gegen den Bescheid vom 2. Dezember 2005 legte die Klägerin am 22. Dezember 2005 Widerspruch ein und machte geltend, die Beklagte habe sich mit ihrer Kritik nicht hinreichend auseinander gesetzt. Eine Sicherstellungsproblematik werde auftreten, wenn sie ihre Tätigkeit einstellen müsse.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13. Dezember 2006 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, das Regelleistungsvolumen führe nicht zu einem Ausschluss der Honorierung der durchgeführten Leistungen, sondern zu einer Bewertung der überschreitenden Honorarforderung zu einem unteren Punktwert. Die Vorgaben zur Ermittlung des relevanten Regelleistungsvolumens bei Gemeinschaftspraxen/MVZ durch Bildung eines arithmetischen Mittelwerts der Fallpunktzahlen der in der Gemeinschaftspraxis/MVZ vertretenen Arztgruppen samt Zuschlagsregelung seien durch Beschluss des Bewertungsausschusses gemäß § 85 Abs. 4a SGB V in seiner 93. Sitzung am 29. Oktober 2004 erfolgt. Diese seien im HVV umgesetzt worden. Von daher sei auch die unterschiedliche Fachgruppenzugehörigkeit zu beachten. Nach wie vor sei nicht von einer Sicherstellungsproblematik auszugehen. Bei Fallwertverlusten komme es im Übrigen zur Anwendung der Ausgleichsregelung, die in den Quartalen II und III/05 zu Auffüllungsbeträgen geführt habe. Der Vorstand habe im Sinne einer grundsätzlichen Beschlussfassung festgestellt, dass Ausnahmeregelungen zu Regelleistungsvolumina nicht zugestimmt werden könne, wenn Honorarverwerfungen bereits durch einen Auffüllbetrag im Rahmen der Ausgleichsregelung nach Ziff. 7.5 HVV Berücksichtigung gefunden hätten. Die Regelungen in Niedersachsen und Baden-Württemberg könnten nicht auf den Geltungsbereich der KV Hessen übertragen werden.
Hiergegen hat die Klägerin am 16. Januar 2007 Klage erhoben. Zur Begründung hat sie vorgetragen, nach der bis zum 1. April 2005 zwischen den einzelnen Primärkassen und der Kassenärztlichen Vereinigung regional bzw. zwischen den Ersatzkassen und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung auf Bundesebene als Anlage zum Ersatzkassenvertrag-Ärzte geschlossenen sog. Schmerztherapievereinbarung hätten schmerztherapeutisch tätige Ärzte für die Erhebung einer standardisierten Anamnese einschließlich der Auswertung von Fremdbefunden, der Durchführung einer Schmerzanalyse und der differentialdiagnostischen Abklärung der Schmerzkrankheit sowie der Therapieplanung unter Einbeziehung von Bezugspersonen nach § 2 Nr. 1-4 der Vereinbarung einmal im Krankheitsfall 81,80 EUR (Ziff. 8450) und für die weitere Behandlung chronisch schmerzkranker Patienten einschließlich der Dokumentation nach § 2 Nr. 7 der Vereinbarung je Behandlungsfall 61,35 EUR (Ziff. 8451) erhalten. Zum 1. April 2005 sei die Schmerztherapievereinbarung durch die so genannte Qualitätssicherungsvereinbarung Schmerztherapie abgelöst worden und seien die Nrn. 30700 (1475 Punkte) und 30701 (895 Punkte) EBM 2005 eingeführt worden. Im Bereich der Beklagten würden diese Ziffern extrabudgetär mit einem Punktwert von 0,046 EUR vergütet, daraus ergäben sich Beträge von 67,85 EUR (Nr. 30700) bzw. 41,17 EUR (Nr. 30701). Dies bedeute eine Mindervergütung um 17 % bzw. 33 % gegenüber zuvor. Beide Ziffern sei nicht mehr wie früher nebeneinander abrechenbar und es gelte grundsätzlich eine Beschränkung auf eine Fallzahl von 300/Quartal (Ziff. 3 der Präambel zum Kapitel 30.7 EBM 2005). Die Mindestdauer der Nr. 30700 betrage 60 Minuten, die der Nr. 30701 EBM 2005 30 Minuten. Der Vorstand der Beklagten habe, um die niedergelassenen Schmerztherapeuten zur Weiterführung der Schmerztherapie zu bewegen, ein Schreiben vom 27. Juni 2005 an diese gerichtet, in dem er ihnen eine Begrenzung der Fallwertverluste im Vergleich zu den Vorjahresquartalen 2004 auf maximal 5 % bzw. einen entsprechenden Ausgleich zugesichert habe. Die für die Berechnung des Regelleistungsvolumens erfolgte Eingruppierung in die Honoraruntergruppe der Anästhesisten sei nicht geeignet, ihr Leistungsspektrum als ausschließlich schmerztherapeutisch tätiges MVZ abzubilden. Diese Eingruppierung verstoße gegen den aus § 85 Abs. 4 SGB V i.V.m. Artikel 3 und Artikel 12 GG folgenden Grundsatz der leistungsproportionalen Vergütung und das Gebot der Honorarverteilungsgerechtigkeit, als für den vorgehaltenen ausschließlich schmerztherapeutischen Schwerpunkt kein Zusatzmodul gewährt werde. Ziff. 7.5 HVV kompensiere dies nicht, da der Ausgleich zumindest nicht in allen Quartalen bis zu einem Fallwertverlust von 5 % durchgeführt worden sei. Das Leistungsspektrum von Schmerztherapeuten sei nicht mit demjenigen herkömmlicher Anästhesisten vergleichbar. Der operative Schwerpunkt der herkömmlichen Anästhesisten sei gemäß Anlage 3 Ziff. 7.1 HVV nach § 6, Ziff. 6.1 HVV der Honorargruppe A 5/B 5 zugeordnet und unterliege damit nicht dem Regelleistungsvolumen gemäß Ziffer 6.3 HVV, so dass das Regelleistungsvolumen der Anästhesisten entsprechend niedrig sei. Demgegenüber liege der Schwerpunkt der ausschließlich schmerztherapeutischen Anästhesisten nicht im operativen Bereich, auch wenn dieser speziell beim klagenden MVZ durchaus ebenfalls eine Rolle spiele (z.B. bei der Implantation von Schmerzpumpen). Gemäß § 6 der Qualitätssicherungsvereinbarung müsse der Arzt bestimmte schmerztherapeutische Behandlungsverfahren obligatorisch vorhalten (Pharmakotherapie, Therapeutische Lokalanästhesie, Psychosomatische Grundversorgung, Stimulationstechnik, Koordination und Einleitung von psycho- und physiotherapeutischen Maßnahmen) sowie mindestens 3 fakultative Behandlungsverfahren. Nach § 5 Abs. 2 der Vereinbarung müsse der Arzt an 4 Tagen pro Woche mindestens je 4 Stunden schmerztherapeutische Sprechstunden abhalten. Aus diesem Leistungsspektrum, der Fallzahlgrenze und den zeitlichen Leistungsanforderungen ergebe sich die Diskrepanz zwischen dem Leistungsspektrum ausschließlich schmerztherapeutisch tätiger und herkömmlicher Anästhesisten. So genannte Verdünnerscheine fehlten in einer schmerztherapeutischen Praxis. Auch die bei ihr tätigen Allgemeinmediziner (Dr. T. vom 1. Mai 2005 bis 30. September 2005, Dr. XW. ab 1. Oktober 2005, Dr. L. ab 1. Juli 2006) seien ausschließlich schmerztherapeutisch tätig und könnten nicht der Fachgruppe der Allgemeinmediziner zugeordnet werden. Der arithmetische Mittelwert führe dazu, dass die Fallpunktzahl erheblich abgesunken sei. Nach Anlage 1 des Beschlusses des Bewertungsausschusses vom 29. Oktober 2004 könnten im HVV weitere Differenzierungen oder Zusammenfassungen der dort genannten Arztgruppen vereinbart werden. Dies habe aus Gründen der Honorarverteilungsgerechtigkeit im Einzelfall auch dann entsprechend zu gelten, wenn der Schwerpunkt verschiedener Arztgruppen eine Zusammenfassung unter eine Arztgruppe (hier der Anästhesiologen) erfordere. Eine Leistungsausweitung über die Fallzahlen sei aufgrund der Schmerztherapievereinbarung nicht möglich. Es handle sich um ein intensiv betreuungsbedürftiges Patientengut. Auch hieraus ergebe sich eine Stützpflicht der Beklagten (vgl. BSG, Urteil vom 25. August 1999, B 6 KA 14/98 R). Die das Regelleistungsvolumen überschreitenden Punktzahlen seien zum unteren Punktwert vergütet worden, der etwa bei 0,0047 EUR gelegen habe, der obere Punktwert dagegen bei 0,029 bis 0,035 EUR (Quartale II und III/05). Ferner verstoße die Honorarabrechnung gegen den Grundsatz der leistungsproportionalen Vergütung aus § 85 Abs. 4 SGB V. Im Quartal III/04 hätte die Praxis bei lediglich 4 schmerztherapeutisch tätigen Ärzten noch ein Gesamthonorar von 218.395,31 EUR, mithin pro Arzt ein Honorar von 54.598,82 EUR erzielt. Mit Ausnahme des Quartals II/05 sei in der Folgezeit nur noch ein durchschnittliches Honorar von 30.396,22 EUR erzielt worden.
Die Bedarfsanalyse der Beklagten beruhe einzig auf den Nrn. 30700/30701 EBM 2005 und deren Abrechnungshäufigkeit. Aufgrund der Inhomogenität der Gruppe der Schmerztherapeuten müsse sich eine Analyse auch auf das schmerztherapeutische Leistungsspektrum erstrecken. Die Fallzahl müsse getrennt nach chronisch schmerzkranken Patienten und normalen Patienten überprüft werden. Eine Nachfrage bei den schmerztherapeutisch tätigen Ärzten über ihre Behandlungskapazitäten sei nicht erfolgt. Die schmerztherapeutischen Praxen in ZZ. verfügten entweder nicht über rollstuhlgeeignete Praxisräumlichkeiten und/oder ein weitaus begrenztes schmerztherapeutisches Leistungsspektrum. Ausgleichszahlungen seien noch immer nicht bis zu einem Fallwertverlust von höchstens 5 % erfolgt, so nicht in den Quartalen III/05, IV/05, I/06 und IV/06. Durch die Hinzurechnung der Fallwerte der zum 1. Mai 2005 übernommenen hausärztlichen Praxis (der Frau Dr. MY.) sei es in den Quartalen IV/05 und I/06 zu einem künstlichen Abfall der Referenzfallwerte gekommen. Frau Dr. T. habe zwar nicht über die Zusatzbezeichnung Spezielle Schmerztherapie und über die Teilnahmegenehmigung an der Qualitätssicherungsvereinbarung Schmerztherapie verfügt, sie sei jedoch zur Weiterbildung ausschließlich schmerztherapeutisch tätig gewesen, während ihre Vorgängerin ausschließlich hausärztlich tätig gewesen sei. Ohne die Hinzurechnung der Fallwerte der übernommenen hausärztlichen Praxis hätten sich für die Quartale IV/05 und I/06 mehr als doppelt so hohe Auffüllungsbeträge ergeben. Unklar sei, welche Werte für die Einzelpraxis des Herrn Dr. L. im Quartal IV/06 herangezogen worden seien. Die Zusage der Vorstandsvorsitzenden der Beklagten vom 27. Juni 2005 sei als unbedingte Zusage im Sinne eines Verwaltungsaktes zu qualifizieren. Eine unbedingte Ausgleichspflicht im Bereich der speziellen Schmerztherapie ergebe sich ferner aus einem Schreiben des stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden der Beklagten vom 7. November 2006. Auf die Zusage der Vorsitzenden der Beklagten sei sie in das Ärztehaus ZZ. umgezogen und Verbindlichkeiten in einer Höhe von circa 300.000 EUR eingegangen. Eine Umorientierung bis zum Erhalt der Honorarbescheide II und III/05 im Juli bzw. Oktober 2006 sei nicht möglich gewesen, da sie auf die Zusage vertraut habe. Weitere Gelder aufgrund einer Vereinbarung im Primärkassenbereich hätten an die Schmerztherapeuten ausbezahlt werden sollen. Dies sei aber bisher nicht geschehen. Es sei ihr ein Aufschlag von mindestens 40 % auf die für die Ermittlung des Regelleistungsvolumens maßgebliche durchschnittliche Fallpunktzahl zu gewähren.
Dem hat die Beklagte entgegnet, für die Bildung von Regelleistungsvolumina komme es bei den Anästhesisten und Allgemeinmedizinern anders als bei den Fachärzten für Innere Medizin ausschließlich auf die Fachgruppenzugehörigkeit und nicht den Versorgungsschwerpunkt an. Insofern sei sie an den Beschluss des Bewertungsausschusses gebunden. Eine Sicherstellungsproblematik bestehe nicht, sie habe den Bedarf zutreffend ermittelt. Die in Ziffer 6.3 HVV enthaltene Ermächtigung, aus Gründen der Sicherstellung der ärztlichen Versorgung praxisbezogene Änderungen der Fallpunktzahlen vorzunehmen, sei bereits aus der Funktion der Regelleistungsvolumina heraus auf Ausnahmefälle zu begrenzen. Eine Umsetzung liege in ihrem Ermessen. Maßgeblich sei eine objektive Betrachtung, die die Versorgungssituation im Einzugsbereich der klägerischen Praxis widerspiegle. Eine Rolle spiele in diesem Zusammenhang, ob es sich um einen städtischen oder ländlichen Versorgungsbereich handle und wie viele Ärzte im Umkreis der klägerischen Praxis vergleichbare Leistungen erbrächten. Diese Umstände seien ermittelt worden. Auch Schmerztherapeuten anderer Fachgruppen hätten die Genehmigung zur Abrechnung der betreffenden Ziffern, so dass auch diese im Rahmen der Sicherstellung zu berücksichtigen seien (Fachärzte für physikalische und rehabilitative Medizin, Allgemeinmedizin, Orthopädie und Anästhesiologie jeweils mit Genehmigung der Schmerztherapie). Daneben seien weitere Fachärzte mit Genehmigung zur Schmerztherapie in der nahen Umgebung zu ZZ. (maximal 20 km Entfernung) niedergelassen. Insgesamt handele es sich zum Stichtag 1. Oktober 2005 um drei Gemeinschaftspraxen und sechs Einzelpraxen in diesem Umkreis, die neben der Klägerin tätig seien. Die Vermutung, andere Praxen in ZZ. verfügten nicht über rollstuhlgeeignete Praxisräumlichkeiten, sei weder belegt noch im Zusammenhang mit der Sicherstellung von Bedeutung. Die Klägerin sei auch nicht ausschließlich schmerztherapeutisch tätig gewesen. Frau Dr. T. habe nicht über eine Teilnahmegenehmigung an der Schmerztherapie verfügt. Der Vortrag, sie sei im Rahmen ihrer Weiterbildung ausschließlich schmerztherapeutisch tätig gewesen, sage nichts über ihren maßgeblichen Tätigkeitsbereich außerhalb der Weiterbildung aus und sei nicht geeignet, eine Sonderregelung wegen Sicherstellungsbedarfs zu begründen. Ein Rückgang der schmerztherapeutischen Versorgung sei nicht zu verzeichnen. In ZZ. seien zum Stichtag des 14. März 2008 alle Vertreter der betreffenden Fachgruppe mit Genehmigung zur Schmerztherapie weiterhin zugelassen, die auch schon am 1. April 2005 zugelassen gewesen seien. Hilfsweise werde vorgetragen, dass ein Verstoß gegen den Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit nicht vorliege. Die Klägerin verkenne, dass die Änderung in der Zusammensetzung der Praxis auch Auswirkung auf die Ausgleichsregelung nach Ziff. 7.5 HVV haben müsse. Ziff. 7.5.2 HVV schließe einen Ausgleich sogar aus, wenn sich das Leistungsspektrum der Praxis verändert habe, u. a. als Folge einer geänderten personellen Zusammensetzung der Praxis. Gleiches gelte für den Fall der Änderung der Kooperationsform der Praxis im Vergleich zum entsprechenden Vorjahresquartal. Trotz dieser Regelung habe sie zu Gunsten der Klägerin Ausgleiche vorgenommen. Das Schreiben vom 27. Juni 2005 nehme ausdrücklich auf die im HVV enthaltene Ausgleichsregelung Bezug und sei daher an die dort normierten Voraussetzungen gebunden und habe keine spezielle Ausgleichsregelung für die Schmerztherapie dargestellt, wie von der Klägerin angenommen.
Mit Urteil vom 21. Mai 2008 hat das Sozialgericht Marburg die Beklagte verurteilt, den Antrag der Klägerin auf Erhöhung der Fallpunktzahlen im Regelleistungsvolumen ab dem Quartal II/05 unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, dass der Vorstand der Beklagten von seiner Ermächtigung, aus Gründen der Sicherstellung der ärztlichen Versorgung praxisbezogene Änderungen an den arztgruppenspezifischen Fallpunktzahlen gemäß Anlage zu Ziff. 6.3 HVV vorzunehmen, zu Unrecht keinen Gebrauch gemacht habe. Wann ein Ausnahmefall aus Gründen der Sicherstellung der ärztlichen und psychotherapeutischen Versorgung vorliege, werde weder im HVV noch im Beschluss des Bewertungsausschusses noch in den gesetzlichen Regelungen bestimmt und sei daher durch Auslegung zu konkretisieren. Nach der Rechtsprechung des BSG dürfe der Vorstand einer kassenärztlichen Vereinigung, was nach Auffassung des SG auch unter Geltung eines Honorarverteilungsvertrages gelte, außer zu konkretisierenden Bestimmungen, die nicht im Voraus für mehrere Quartale gleich bleibend festgelegt werden können, auch dazu ermächtigt werden, Ausnahmen für so genannte atypische Fälle vorzusehen. So habe das BSG eine vom Vorstand getroffene Sonderregelung für spezialisierte Internisten nicht beanstandet. Eine Generalklausel könne zum Beispiel zur Anwendung kommen, wenn sich überraschend Änderungen der Versorgungsstruktur in einer bestimmten Region ergeben, weil etwa einer von wenigen Vertragszahnärzten in einer Stadt unvorhergesehen aus der vertragszahnärztlichen Versorgung ausgeschieden sei. Vergleichbares gelte für die Änderung der Behandlungsausrichtung einer zahnärztlichen Praxis im Vergleich zum Bemessungszeitraum, etwa wenn sich ein bisher allgemein zahnärztlich tätiger Vertragszahnarzt auf oral-chirurgische Behandlungen konzentriere und deshalb höhere Fallwerte erreiche (vgl. BSG, Urteil vom 21. Oktober 1998, B 6 KA 65/97 R - SozR 3-2500, Juris Rdnr. 23). Die Beurteilung, ob ein Ausnahmefall vorliege, unterliege der uneingeschränkten gerichtlichen Nachprüfung. Es würden dieselben Erwägungen wie zu den Ausnahmen von der Teilbudgetierung nach Nr. 4 der Weiterentwicklungsvereinbarung vom 7. August 1996 gelten (vgl. BSG, Urteil vom 2. April 2003, B 6 KA 48/02 - SozR 4-2500 § 87 Nr. 1, Juris Rdnr. 23). Im Rahmen des Regelleistungsvolumens würden die Fallpunktzahlen KV-bezogen und nach Altersgruppen anhand des arztgruppenspezifischen Leistungsbedarfs in Punkten in den Quartalen II/03 bis I/04 und der Fallzahl berechnet. Der so ermittelte Fallwert für die in die Regelleistungsvolumina einbezogenen Leistungen werde mit dem Faktor 0,8 malgenommen, d.h. um 20 % vermindert (vgl. Anlage 2 zum Teil III BRLV). Damit gingen die Honorarregelungen von einem gleichförmigen Leistungsgeschehen aus, was nicht zu beanstanden sei. Eine Ungleichbehandlung und damit ein Verstoß gegen den Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit könnten jedoch dann vorliegen, wenn die Praxis einen zur Fachgruppe atypischen Versorgungsbedarf abdecke. Dies sei aber unabhängig von der Honorarhöhe oder eventuell erfolgten Ausgleichszahlungen nach Ziff. 7.5 HVV. Maßstab sei allein, ob im Leistungsangebot der betroffenen Praxis eine Spezialisierung und eine von der Typik der Arztgruppe abweichende Ausrichtung zum Ausdruck komme, die messbaren Einfluss auf den Anteil der auf den Spezialisierungsbereich entfallenden abgerechneten Punkte auf die Gesamtpunktzahl der Praxis habe. Entgegen der Auffassung der Beklagten komme es bei der Feststellung der Sicherstellungsgründe nicht allein auf die Versorgung im Umkreis einer Praxis an. Maßgebend sei der Versorgungsschwerpunkt der Praxis. Im vorliegenden Fall liege eindeutig ein schmerztherapeutischer Schwerpunkt der klägerischen Praxis vor. Zum Nachweis eines schmerztherapeutischen Schwerpunktes könne auf die nur einmal im Behandlungsfall zulässige Abrechnung der Nr. 30700 EBM 2005 (Zuschlag zum Ordinationskomplex für die Basisabklärung und umfassende schmerztherapeutische Versorgung chronisch schmerzkranker Patienten gemäß der Qualitätssicherungsvereinbarung zur schmerztherapeutischen Versorgung chronisch schmerzkranker Patienten nach § 135 Abs. 2 SGB V) und Nr. 30701 EBM 2005 (Zuschlag zur Ordinationsgebühr für die Fortführung einer umfassenden schmerztherapeutischen Versorgung chronisch schmerzkranker Patienten gemäß der Qualitätssicherungsvereinbarung zur schmerztherapeutischen Versorgung chronisch schmerzkranker Patienten nach § 135 Abs. 2 SGB V) abgestellt werden, die nicht nebeneinander abgerechnet werden könnten. Allein diese Patienten würden in der klägerischen Praxis ein Anteil von über 90 % ausmachen. Damit liege ein signifikanter Schwerpunkt vor, auch wenn diese beiden Leistungsziffern selbst, da extrabudgetär vergütet, nicht dem Regelleistungsvolumen unterlägen. Daher sei eine Vergleichbarkeit mit den Fachgruppen, denen die Angehörigen der klägerischen Praxis zugerechnet würden, nicht gegeben. Von etwa 180 Praxen auch der Fachgruppe der Anästhesiologen würden nur etwa 40 Praxen die Nrn. 30700 und 30701 EBM 2005 abrechnen, in den anderen Fachgruppen noch deutlich weniger. Die Schmerztherapie setzte aber ein besonderes Leistungsgeschehen voraus, das nicht zuletzt in der Begrenzung auf 300 Schmerzpatienten bzw. der Begrenzung der Abrechnung der spezifischen Nr. 30701 EBM 2005 auf 300 Behandlungsfälle im Quartal im EBM zum Ausdruck komme. Von daher sei für Schmerztherapeuten eine Inhomogenität der Fachgruppen gegeben, die die Zuerkennung eines Regelleistungsvolumens aufgrund von Durchschnittswerten der Fachgruppe nicht zulasse. Ausgehend von dem festgestellten Praxisschwerpunkt werde die Beklagte zu prüfen haben, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang sie das Regelleistungsvolumen erhöhe. Im Rahmen ihrer Ermessensausübung habe sie zunächst die auf der Grundlage des Schwerpunktes im einzelnen Behandlungsfall notwendigerweise zu erbringenden Leistungen zu erfassen und den Regelleistungsvolumina gegenüberzustellen. Dabei könne sie berücksichtigen, dass die Regelleistungsvolumina selbst nur auf einer 80%-Grundlage berechnet seien. Die Beklagte könne aber auch entsprechend der Berechnung nach Anlage 2 zum Teil III BRLV den praxisspezifischen Leistungsbedarf der klägerischen Praxis in Punkten in den Quartalen II/03 bis I/04 und der Fallzahl berechnen und den so ermittelten Fallwert für die in die Regelleistungsvolumina einbezogenen Leistungen mit dem Faktor 0,8 malnehmen. Aufgrund des besonderen Versorgungsbedarfs wäre dann der Leistungsbedarf der klägerischen Praxis maßgebend. Sollte sich erweisen, dass bei der Fachgruppe insgesamt weniger als 80 % der Leistungen berücksichtigt würden, könne die Beklagte dies bei ihrer Sonderregelung ebenfalls berücksichtigen. Gleichfalls werde es angesichts der Zahl von circa 30 bis 50 schmerztherapeutischen Praxen für zulässig gehalten, dass die Beklagte anhand der Abrechnungswerte ein spezifisches Regelleistungsvolumen bilde, wobei Praxen, die nicht vollumfänglich, d. h. mit Anteilen von 90 % und mehr, schmerztherapeutisch tätig seien, entsprechend ihres Umfangs zu gewichten seien. Im Hinblick auf die unterschiedliche Zusammensetzung der Praxis könne die Beklagte auch für die nicht als Anästhesiologen zugelassenen Ärzte nicht auf deren Fachgebietszugehörigkeit abstellen, soweit diese auch überwiegend schmerztherapeutisch tätig seien. Hierauf deutet der hohe Anteil der Schmerzpatienten hin. Die Beklagte habe bei einer erneuten Bescheidung festzustellen, ob und in welchem Umfang die klägerische Praxis noch hausärztlich tätig sei. Bei der Neubewertung der Fallpunktzahlen könnten typisch hausärztliche Leistungen gegebenenfalls herausgerechnet werden bzw. könne das Regelleistungsvolumen nach den Anteilen Schmerztherapie/hausärztliche Tätigkeit gewichtet werden. Es könne jedenfalls berücksichtigt werden, dass nicht gleichzeitig eine Spezialisierung und allgemein hausärztliche Tätigkeit nebeneinander für einen Arzt geltend gemacht werden könne.
Gegen das ihr am 4. Juni 2008 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 23. Juni 2008 Berufung beim Hessischen Landessozialgericht (HLSG) eingelegt und zur Begründung ihr erstinstanzliches Vorbringen vertieft. Das SG habe in seiner Entscheidung im Rahmen der Bejahung eines Versorgungsschwerpunkts zu Unrecht auf die Abrechnungshäufigkeit der extrabudgetär vergüteten und nicht in das Regelleistungsvolumen eingehenden Leistungen nach Nrn. 30700 und 30701 EBM 2005 abgestellt. Der Umfang dieser Leistungserbringung einer Praxis könne keine Sonderregelung zum Regelleistungsvolumen rechtfertigen. Entgegen den Feststellungen des SG habe sie die Spezialisierung der Klägerin tatsächlich berücksichtigt. Sie habe mit Einführung des EBM 2005 durchaus erkannt, dass die Vergütung nach den neuen Leistungsziffern Nrn. 30700 und 30701 EBM 2005 nicht mehr ohne Weiteres mit den zuvor geltenden Ziffn. 8450 und 8451 vergleichbar sei und dies für die schmerztherapeutische Versorgung Konsequenzen haben könne. Deshalb habe der Vorstand der Beklagten zur Sicherstellung der schmerztherapeutischen Versorgung zunächst entschieden, dass diese Leistungen, auch wenn es sich um extrabudgetäre Leistungen handele, in die Ausgleichsregelung gemäß Nr. 7.5 HVV einbezogen würden. Dies habe entsprechende Auffüllungen zur Folge gehabt. Ebenso habe das erstinstanzliche Gericht nicht berücksichtigt, dass die Beklagte im Rahmen der Verhandlungen für die Jahre 2005 und 2006 mit den Landesverbänden der Betriebskrankenkassen und der AOK Hessen erreicht habe, dass Praxen, welche die Leistungen nach Nrn. 30700 und 30701 EBM 2005 abrechneten und in den Quartalen II/05 bis IV/06 gegenüber den Quartalen des Jahres 2004 Honorarverluste im Rahmen der Ausgleichsregelung verzeichneten, weitere Honorarzahlungen geleistet wurden. Grundlage für die Berechnung seien neben der Anzahl der schmerztherapeutischen Behandlungsfälle die im Rahmen der Ausgleichsregelung zugrunde gelegten Fallwerte in EUR gewesen. Damit habe ein Fallwertausgleich im Bereich der AOK Hessen und BKK von 100 % erreicht werden können:
Quartal Auffüllung nach Ziff. 7.5 HVV Weitere Nachvergütung Auszahlung aus der weiteren Nachvergütung nach Abzug Verwaltungskosten II/05 Nachzahlung
II/05 22.972,42 EUR 9.207,15 EUR 2.988,50 EUR 2.912,77 EUR
III/05 4.286,05 EUR 7.360,92 EUR 7.174,39 EUR
IV/05 10.888,25 EUR 9.717,30 EUR 9.428,99 EUR
I/06 27.004,12 EUR 12.516,57 EUR 12.145,20 EUR
II/06 Ursprünglich Kürzung, die aufgehoben wurde 10.949,84 EUR 10.624,96 EUR
III/06 3.936,74 EUR 13.020,80 EUR 12.634,47 EUR
IV/06 16.764,66 EUR 16.911,68 EUR 16.409,91 EUR
I/07 9.327,38 EUR 26.791,19 EUR 25.996,30 EUR
Insgesamt sei für die Quartale I/2007 bis IV/2007 eine weitere Nachvergütung in Höhe von 113.249,64 EUR gewährt worden. Auf das Urteil des SG Marburg Az. 12 KA 341/08 (Berufung anhängig: L 4 KA 93/09) werde Bezug genommen. Danach handele es sich bei den Nachvergütungen um eine Sicherstellungsmaßnahme, wobei dahinstehen könne, ob hierfür im HVV eine Rechtsgrundlage vorhanden sei, insbesondere ob sie unter Ziff. 7.1 Buchstabe c HVV fielen. Ziff. 7.5 HVV sei danach im Sinne eines Verteilungsmechanismus für aus der Vereinbarung mit der AOK Hessen und den Betriebskrankenkassen erhaltene Gelder mit der Zweckbestimmung, diese der Schmerztherapie zuzuführen, angewandt worden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 21. Mai 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für rechtmäßig und hat seinen erstinstanzlichen Vortrag zum besonderen Leistungsspektrum des klagenden MVZ ergänzt: Die Klägerin widme sich ausschließlich der Prävention, Diagnostik und Behandlung akuter und chronischer Schmerzzustände, sie sei ausschließlich schmerztherapeutisch tätig. Dies gelte auch für die zur hausärztlichen Versorgung zugelassenen Kollegen Dr. L. und Dr. XW ... Bei ihr handele es sich um die größte ausschließlich schmerztherapeutische und palliativmedizinisch ausgerichtete ambulante Versorgungsstruktur, die in dieser Form auch im Krankenhausbereich nicht ein zweites Mal vorgehalten werde. Die ausschließlich schmerztherapeutische Tätigkeit der Klägerin lasse sich daran erkennen, dass in der ganz überwiegenden Zahl der Fälle die Nrn. 30700 und 30701 EBM 2005 zur Abrechnung kämen (in den Quartalen III/05 bzw. IV/06 in 94,2 % beziehungsweise 90,2 % der Fälle). Die Klägerin betreue seit 1996 das stationäre Hospiz F ... mit Schwerstkranken am Lebensende und seit dem Jahr 2001 dass Kinderhospiz N. mit mehrfach Schwerbehinderten und todkranken Kindern palliativärztlich rund um die Uhr. Die schmerztherapeutischen Leistungen ließen sich überwiegend drei Bereichen zuordnen: Die von der Klägerin für chronische Kopfschmerzpatienten erbrachten Leistungen würden bei den in der Anfangsphase erforderlichen häufigen Patientenkontakten schnell Punktzahlvolumina von bis zu 10.000 Punkten pro Patient und Quartal ergeben. Es seien Infusionstherapien (Nr. 30710 mit 300 Punkten und Nr. 30760 mit 450 Punkten), Transkutane Elektrische Nervenstimulation (Nr. 30712 mit 180 Punkten), Nervenbetäubungen im Bereich der Hirnnerven (Nr. 30720 mit 250 Punkten) durchzuführen. Bei Rückenschmerzpatienten werde schnell ein Punktevolumen von 20.000 Punkten pro Patient und Quartal erreicht. Diese bedürften häufig aufwändiger rückenmarksnaher Therapieverfahren wie der Blockade von Spinalnerven (Nr. 30724 mit 500 Punkten und Nr. 30760 mit 450 Punkten), Plexusanalgesien oder auch rückenmarksnaher Verfahren wie Periduralblockaden (Nr. 30731 mit 1800 Punkten). Dies werde in vielen Fällen ergänzt durch die Infusion von betäubungsmittelverschreibungspflichtigen Analgetika oder Lokalanästhetika (Nr. 30710 mit 300 Punkten und Nr. 30760 mit 450 Punkten). Auch Patienten mit neuropathischen Schmerzformen und Schmerzgeneralisation wie bei Fibromyalgie bedürften einer intensiven schmerztherapeutischen Behandlung. Die außerhalb des Regelleistungsvolumens vergüteten Leistungen der Nrn. 30700 bzw. 30701 EBM 2005 machten lediglich 1/4 der auf die schmerztherapeutischen Leistungen entfallenden Gesamtpunktzahl der Praxis aus. Alle übrigen schmerztherapeutischen Leistungen, insbesondere die sonstigen Leistungen der speziellen Schmerztherapie unterlägen den Regelleistungsvolumina. Sie seien für die Sicherstellung der schmerztherapeutischen Versorgung ebenso notwendig wie die extrabudgetär vergüteten Ziffern. Insoweit sei das Regelleistungsvolumen zu erhöhen. Darüber hinaus sei es bereits erstinstanzlich dargelegt worden, dass im konkreten Fall gerade kein Honorarausgleich bis zu einem Fallwertrückgang von 5 % vorgenommen worden sei.
Wegen weiterer Einzelheiten und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte in der Sache entscheiden, ohne die am HVV beteiligten Krankenkassen/Krankenkassenverbände notwendig beizuladen. Allein der Gesichtspunkt, dass es in einem Rechtsstreit auf den Inhalt, die Auslegung oder die Wirksamkeit einer (Honorarverteilungs-)Regelung ankommt, führt nicht dazu, dass die Entscheidung gegenüber den an der Normsetzung Beteiligten nur einheitlich ergehen kann und deren Beiladung in jedem Vergütungsrechtsstreit deshalb notwendig wird. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die KÄV nach § 85 Abs. 4 Satz 2 SGB V seit dem 1. Juli 2004 für die Honorarverteilung den mit den Kassenverbänden "gemeinsam und einheitlich zu vereinbarenden" Verteilungsmaßstab anwendet, während zuvor der in der Rechtsform der Satzung von der KÄV "im Benehmen" mit den Kassenverbänden zu erlassende Honorarverteilungsmaßstab (HVM) maßgeblich war (vgl. BSG, Urteil vom 17. September 2008, B 6 KA 46/07 R = BSG SozR § 75 Nr. 8, zitiert nach Juris Rdnrn. 12, 13; BSG SozR 3-2500 § 115 Nr. 1 S. 3 für die Gesamtvertragspartner; BSGE 78, 98, 99 f. = SozR 3-2500 § 87 Nr. 12 S 35 für die Bundesmantelvertragspartner; ebenso BSG SozR 4-2500 § 87 Nr. 5 Rdnr. 6 für den EKV-Z).
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Das Urteil des SG vom 21. April 2008 ist im Ergebnis rechtmäßig. Der Bescheid vom 2. Dezember 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. Dezember 2006 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Klägerin hat Anspruch auf Neubescheidung über ihren Antrag auf Sonderregelung im streitgegenständlichen Zeitraum unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts.
Nach der Vereinbarung zwischen der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen und den Verbänden der Krankenkassen zur Honorarverteilung für die Quartale II/05 bis IV/05, bekannt gemacht als Anlage 2 zum Landesrundschreiben/Bekanntmachung vom 10. November 2005 (HVV) sind nach Ziffer 6.3 praxisindividuelle Regelleistungsvolumen zu bilden, sofern eine Praxis den dort genannten Honorar(unter)gruppen angehörte und für die in der Praxis vertretenen Arztgruppen gemäß Anlage zu Ziff. 6.3 HVV arztgruppenspezifische Fallpunktzahlen benannt waren. Der HVV 2005 galt hinsichtlich der hier maßgeblichen Regelungen auch in den nachfolgenden Zeiträumen bis einschließlich Quartal I/07 unverändert fort. Die dem zu Grunde liegenden Regelungen, nämlich der Beschluss des Bewertungsausschusses in seiner 93. Sitzung vom 29. Oktober 2004 zur Festlegung von Regelleistungsvolumen durch die Kassenärztlichen Vereinigungen gemäß § 85 Abs. 4 SGB V mit Wirkung vom 1. Januar 2005 (DÄ 2004, 101 (46), A - 3129) sowie die daran anknüpfenden Regelungen in Ziff. 6.3 HVV sind nach der ständigen Rechtsprechung des Senats auch mit höherrangigem Recht vereinbar (vgl. u. a. HLSG, Urteil vom 11. Februar 2009, L 4 KA 82/07; Urteil vom 29. April 2009, L 4 KA 76/08; Urteil vom 24. Juni 2009, L 4 KA 85/08, alle veröffentlicht in Juris).
Die Klägerin ist der Honorar(unter)gruppe B. 2.1 (Anästhesisten) und damit den Honorargruppen A2/B 2 bzw. einer entsprechenden Honorar(unter)gruppe zugeordnet, für die gemäß Ziff. 6. 3 HVV Regelleistungsvolumen zu bilden waren. Ausgehend von den Vorgaben im HVV hat die Beklagte das Regelleistungsvolumen und insbesondere die arztgruppenspezifischen Fallpunktzahlen zutreffend berechnet. Bei Gemeinschaftspraxen ist die Höhe der in den einzelnen Altersklassen zutreffenden Fallpunktzahlen als arithmetischer Mittelwert aus der Fallpunktzahl der in der Gemeinschaftspraxis vertretenen Ärzte mit einem Zuschlag von 130 Punkten zu bilden. Die Beklagte hat die Fallpunktzahlen entsprechend der Anzahl der jeweils in der Gemeinschaftspraxis vertretenen Anästhesisten und Hausärzte gewichtet.
Als Rechtsgrundlage für eine Sonderregelung zum Regelleistungsvolumen kommt Ziff. 6.3 letzter Abs. HVV in Betracht. Danach ist der Vorstand der Beklagten ermächtigt, aus Gründen der Sicherstellung der ärztlichen Versorgung praxisbezogene Änderungen an den arztgruppenspezifischen Fallpunktzahlen gemäß der Anlage zu Ziff. 6.3 HVV vorzunehmen. Für die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung sind die Bewertung der vertragsärztlichen Versorgung in einem regionalen Bereich sowie die Feststellung von quantitativen und/oder qualitativen Versorgungsdefiziten von maßgeblicher Bedeutung. Dabei ist eine Vielzahl von Faktoren zu berücksichtigen (z. B. Anzahl und Leistungsangebot der niedergelassenen und ermächtigten Ärzte, Bevölkerungs- und Mobilitätsstruktur, Umfang und räumliche Verteilung der Nachfrage aufgrund der vorhandenen Verkehrsverbindungen). Diese Aspekte sind in gleicher Weise bei der Frage von Bedeutung, ob die ärztliche Versorgung ausreichend sichergestellt ist. Der Beklagten steht bei der Gewichtung dieser Kriterien ein Beurteilungsspielraum zu. Von einer Sicherstellung der ärztlichen Versorgung kann nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats jedoch nur ausgegangen werden, wenn es für die Versicherten unter Berücksichtigung der festgestellten Nachfrage nach den streitgegenständlichen Leistungen entweder im Planungsbereich selbst oder zumindest in den unmittelbar angrenzenden Planungsbereichen eine in zumutbarer Zeit erreichbare ausreichende Zahl von Behandlern gibt, die in der Lage wären, die notwendige Versorgung - im vorliegenden Fall mit schmerztherapeutischen Leistungen - zeitnah sicherzustellen (vgl. HLSG, Urteile des erkennenden Senats vom 17. März 2010, L 4 KA 25/08, L 4 KA 28/08, L 4 KA 29/08 - jeweils Revision anhängig).
Die Beklagte hat ihren Beurteilungsspielraum gemäß Ziff. 6.3 HVV nicht hinreichend erkannt und ausgefüllt. Generell ist die Beklagte davon ausgegangen, dass die schmerztherapeutische Versorgung in Hessen ernsthaft gefährdet war (vgl. Schreiben vom 2. Oktober 2007 an die Klägerin), was sie im Wesentlichen auf die Änderungen der Vergütung der schmerztherapeutischen Leistungen im EBM 2005 ab dem Quartal II/05 zurückführte. Diese auf der abgesenkten Vergütung nach dem EBM 2005 für extrabudgetär vergütete Leistungen und nicht auf dem Regelleistungsvolumen beruhende Problematik kann, wie die Beklagte zutreffend angenommen hat, nicht im Rahmen einer Sonderreglung nach Ziff. 6.3 HVV gelöst werden. Die Beklagte hat unabhängig davon bezogen auf das Regelleistungsvolumen eine konkrete Sicherstellungsproblematik gemäß Ziff. 6.3 HVV mit der Begründung verneint, dass zum Stichtag 1. Oktober 2005 drei Gemeinschaftspraxen und sechs Einzelpraxen im Umkreis des klägerischen MVZ schmerztherapeutische Leistungen erbracht haben. Auch Schmerztherapeuten anderer Fachgruppen hätten die Genehmigung zur Abrechnung der betreffenden Ziffern, so dass auch diese im Rahmen der Sicherstellung zu berücksichtigen seien (Fachärzte für physikalische und rehabilitative Medizin, Allgemeinmedizin, Orthopädie und Anästhesiologie jeweils mit Genehmigung der Schmerztherapie). Die Beklagte hat insoweit zutreffend angenommen, dass bei Prüfung der Sicherstellung der ärztlichen Versorgung im Rahmen der Ziff. 6.3 HVV nicht allein auf die Abrechnungshäufigkeit der Nrn. 30700 und 30701 EBM 2005 abgestellt werden kann, nachdem diese Leistungen extrabudgetär vergütet werden und nicht in das Regelleistungsvolumen eingehen. Auch der Umfang dieser Leistungserbringung einer Praxis allein kann unter Sicherstellungsgesichtspunkten keine Sonderregelung zum Regelleistungsvolumen rechtfertigen. Allerdings sind aufgrund der Beschränkung der Fallzahlen für chronische Schmerzpatienten auf 300 je Arzt und Quartal durch Ziff. 3 der Präambel des Kapitels 30.7 EBM 2005 weitere Besonderheiten bei der Prüfung der Sicherstellung zu berücksichtigen. Über die Abrechnungshäufigkeiten der Nrn. 30700 und 30701 EBM 2005 der im Umkreis der Klägerin bei der Prüfung der Sicherstellung berücksichtigten schmerztherapeutischen Praxen ist eine Aufstellung der Beklagten aktenkundig (Anlage zu Bl. 21 der Gerichtsakte). Da die Nrn. 30700 und 30701 EBM 2005 nicht mehr nebeneinander abgerechnet werden können, lässt sich dieser Aufstellung aus den Abrechnungshäufigkeiten der Nrn. 30700 und 30701 EBM 2005 die jeweilige Anzahl der chronischen Schmerzpatienten der 9 Praxen im Umkreis der Klägerin entnehmen (z. B. für das Quartal IV/05: 181, 196, 150, 259, 227, 4, 313, 301, 177). Unter Berücksichtigung, dass auch 3 Gemeinschaftspraxen unter diesen Praxen sind, bestünden im Falle eines gedachten Wegfalls oder erheblicher Einschränkung des Leistungsangebots der Klägerin rein rechnerisch zwar noch Aufnahmekapazitäten für die 1151 Schmerzpatienten der Klägerin im Quartal IV/05 (unter Zugrundelegung der Höchstgrenze von 300 chronischen Schmerzpatienten je Arzt/ Quartal). Kapazitätsabfragen wurden allerdings nicht durchgeführt. Die von der Beklagten betrachteten Praxen könnten jedoch bereits mit anderen Leistungen ausgelastet sein, und es spricht einiges dafür, dass sich bei ihnen das Problem eines für die streitgegenständlichen Leistungen nicht auskömmlichen Regelleistungsvolumens in gleicher oder ähnlicher Weise wie bei der Klägerin stellt. Daher kann nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass diese Praxen bereit sind, chronische Schmerzpatienten in größerer Zahl zu übernehmen. Überdies ist nach der anliegenden beispielhaften Auswertung der Frequenzstatistik für die Quartale III/05 bis I/06 zu berücksichtigen, dass die Klägerin jedenfalls die dem Regelleistungsvolumen unterfallenden Leistungsziffern Nrn. 30710, 30724, 30731 und 30760 EBM 2005 in weitaus höherem Maße als die Fachgruppe der Anästhesisten (Prüfgruppe mit 173-175 Praxen) erbringt, die Leistungen nach Nrn. 30710 und 30731 auch in weitaus höherem Maße als die 26-31 (Nr. 30710) bzw. 39-43 (Nr. 30731) ausführenden Praxen der Prüfgruppe, darunter insbesondere die mit 1800 Punkten am höchsten bewertete Plexusanalgesie mit 61-74mal je 100 Fälle (Fachgruppe 8-10mal je100 Fälle; ausführende Praxen 24-26mal/100 Fälle):
Quartal III/05 (IV/05; I/06) GO-Nrn des Kap. 30.7 EBM 2005. Anzahl ausführende Praxen in Prüfgruppe (Anästhesisten) Anzahl GO-Nr. je 100 Fälle Klägerin Anzahl GO-Nr. je 100 Fälle Prüfgruppe (Anästhesisten) Anzahl GO-Nr. je 100 Fälle ausführende Praxen in Prüfgruppe
30710 (Infusion) - 300 P 26 (31; 30) 85 (87; 66) 7 (6; 5) 29 (25; 21)
30712 - 180 P 37 (39; 41) 2 (3; 3) 5 (5; 4) 14 (16; 12)
30720 - 250 P 11 (11; 15) 2 (2; 1) 1 (0; 1) 4 (4; 4)
30721 - 570 P 24 (23; 23) 0 (0; 0) 1 (1; 1) 4 (4; 5)
30722 – 500 P 0 (0; 11) 0 (0; 0) 0 (0; 0) 0 (0; 4)
30723 - 250 P 13 (14; 12 1 (1; 1) 0 (0; 0) 2 (2; 3)
30724 (Spinalnerven-analgesie) - 500 P 38 (35; 35) 21 (21; 15) 13 (1;11) 38 (40; 36)
30730 1700 P 13 (12; 13) 3 (2; 4) 0 (0; 0) 2 (2; 2)
30731 (Plexusanalgesie) - 1800 P 43 (39; 43) 72 (74; 61) 10 (9; 8) 25 (26; 24)
30740 300 P 26 (21; 19) 6 (4; 4) 1 (1;1) 4 (3;3)
30751 500 P 6 (3;3) 1 (0; 0) 0 (0;0) 0 (0;0)
30760 Dok. Überw. 450 P 34 (37; 40) 53 (56; 45) 17 (17;14) 58 (55; 48)
Sollte die Beklagte aufgrund ihrer erneuten Prüfung wiederum zu dem Ergebnis kommen, dass eine Sicherstellungsproblematik nicht besteht, so müsste sie das Begehren der Klägerin noch unter einem weiteren Gesichtspunkt prüfen. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats ist der für die streitgegenständlichen Quartale maßgebliche HVV 2005 mit höherrangigem Recht insoweit unvereinbar, als eine allgemeine Härtefallregelung fehlt, die im Fall einer in besonderer Weise spezialisierten Praxis eine Ausnahme von Regelleistungsvolumen zulässt. Danach erfordert Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG eine Ausnahme vom Regelleistungsvolumen außer für den im HVV 2005 geregelten Fall einer Sicherstellungsproblematik auch dort, wo sich innerhalb einer Arztgruppe bereits vor Inkrafttreten der Regelungen über die Regelleistungsvolumina Ärzte mit Leistungen in zulässiger Weise spezialisiert hatten und dieses spezifische Leistungsangebot durch das Regelleistungsvolumen der Fachgruppe, der sie zugeordnet sind, nicht leistungsangemessen abgedeckt wird (vgl. im Einzelnen HLSG, Urteile des erkennenden Senats vom 17. März 2010, a. a. O.).
Für die Frage, wann eine echte Spezialisierung vorliegt, welche im Rahmen des Regelleistungsvolumens die Notwendigkeit einer Ausnahmeregelung begründet, kann an die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu ähnlichen Problemlagen abgeknüpft werden. Zu dem Begriff der "Sicherstellung eines besonderen Versorgungsbedarfs" als Voraussetzung für die Erweiterung eines Zusatzbudgets nach dem EBM-Ä 1997 hat es ausgeführt, dies setze eine von der Typik der Arztgruppe nachhaltig abweichende Praxisausrichtung, einen besonderen Behandlungsschwerpunkt bzw. eine Konzentration auf die Erbringung von Leistungen aus einem Teilbereich des Fachgebiets voraus, für das der Arzt zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen sei. Indizien für eine entsprechende Spezialisierung seien ein gegenüber dem Durchschnitt der Fachgruppe signifikant erhöhter Anteil der auf den Spezialisierungsbereich entfallenden Leistungen am Gesamtpunktzahlvolumen in der Vergangenheit sowie eine im Leistungsangebot bzw. in der Behandlungsausrichtung der Praxis tatsächlich zum Ausdruck kommende Spezialisierung. Während das Bundessozialgericht insoweit bei der Beurteilung des Begriffs des "Versorgungsschwerpunkts" im Sinne der Weiterentwicklungsvereinbarung vom 7. August 1996 einen Leistungsanteil von mindestens 20 % der von der Praxis abgerechneten Gesamtpunktzahl gefordert hatte (BSGE 87, 112, 117), hat es von einer solchen strikten Grenze im Bezug auf den Begriff der "Sicherstellung eines besonderen Versorgungsbedarfs" abgesehen, allerdings darauf hingewiesen, dass Abweichungen der einzelnen Praxis von der Typik der Arztgruppe, die sich (auch) in abweichenden Anteilen des auf bestimmte Leistungen entfallenden Punktzahlvolumens niederschlügen, ein wichtiges Indiz für die Sicherstellung eines besonderen Versorgungsbedarfs seien (BSG SozR 3-2500 § 87 Nr. 31; SozR 4-2500 § 87 Nr. 12).
Im Fall der Klägerin liegt ein Härtefall vor, weil das ihr zuerkannte Regelleistungsvolumen ihre besondere, vom Durchschnitt der Arztgruppe der Anästhesisten deutlich abweichende Praxisstruktur nicht berücksichtigt (vgl. BSG, Urteil vom 22. Juni 2005, B 6 KA 80/03 R, Juris Rdnr. 42, zu einer auf ambulante Operationen spezialisierten Augenarztpraxis). Denn bei ihr besteht eine eindeutige Spezialisierung auf schmerztherapeutische Leistungen, die sich auch aus den innerhalb des Regelleistungsvolumens abgerechneten speziellen schmerztherapeutischen Leistungen nach dem Kapitel 30.7. EBM 2005 ergibt. Insoweit wird auf die obigen Ausführungen zum speziellen Abrechnungsspektrum der Klägerin, wie es sich aus der Frequenzstatistik ergibt, Bezug genommen, aus dem die Atypik im Vergleich zur Fachgruppe der Anästhesisten deutlich wird. Dies gilt erst recht für den Vergleich mit den Hausärzten, deren fachgruppenspezifischen Fallpunktzahlen über die Vorschriften der Berechnung des Regelleistungsvolumens für medizinische Versorgungszentren nach Nr. 6.3 HVV, gewichtet nach der Anzahl der vertretene Hausärzte, über die Bildung eines Mittelwerts in die Berechnung des Regelleistungsvolumens für das MVZ Eingang finden. Die Spezialisierung wird auch am Verhältnis der Punkzahl abgerechneter schmerztherapeutischer Leistungen zum abgerechneten RLV-relevanten Honorarvolumen in Punkten deutlich. So betrug nach einer beispielhaften Auswertung der Frequenzstatistik in den Quartalen III/05 bis I/06 die abgerechnete Punktzahl nur für die Leistungen nach Nrn. 30710, 30731 und 30760 EBM addiert jeweils 2.137.800 (II/05), 2.265.850 (IV/05) und 1.934.100 Punkte (I/06). Die angeforderte Punktzahl nur für diese Leistungen machte damit bereits 56-58 % des jeweiligen abgerechneten RLV-relevanten Honorarvolumens in Punkten aus.
Das Fehlen einer Härtefallregelung ist auch weder im Hinblick auf Ziff. 7.5 HVV noch unter dem Gesichtspunkt einer Anfangs- und Erprobungsregelung unbeachtlich (vgl. hierzu im Einzelnen Urteile des Senats vom 17. März 2010, a.a.O.), zumal im vorliegenden Fall Ziff. 7.5 unmittelbar auch keine Anwendung finden konnte. Eine unmittelbare Anwendung der Ziff. 7.5 HVV schied, wie die Beklagte zutreffend ausgeführt hat, schon deshalb aus, weil weder die extrabudgetären Leistungen der Nrn. 30700, 30701 in Ziff. 7.5 einbezogen werden konnten noch aufgrund der Änderungen der personellen Zusammensetzung und Kooperationsform der Klägerin Ziff. 7.5 HVV hätte unmittelbar angewendet werden können. Die Ausnahme- und Härtefallregelungen der Ziff. 6.3 HVV und 7.5 HVV erfassen unterschiedliche Sachverhalte. Während Ziff. 6.3 HVV eine spezielle Härtefallregelung zum Regelleistungsvolumen darstellt, indem praxisbezogene Änderungen an den arztgruppenspezifischen Fallpunktzahlen zur Sicherstellung der ärztlichen Versorgung ermöglicht werden, soll Ziff. 7.5 HVV individuelle Fallwertverluste aufgrund der Regelungen des EBM 2005 von mehr als 5 % im Vergleich zum entsprechenden Quartal des jeweiligen Vorjahres - mit der Zielrichtung einer Bestandsschutzregelung - ausgleichen. Auch die von der Beklagten in entsprechender Anwendung der Ziff. 7.5 gewährten Auffüllbeträge und Nachvergütungen erfolgten mit der Zielrichtung des Ausgleichs des EBM-bedingten Fallwertverlusts. Die Rechtmäßigkeit der gewährten Auffüllbeträge in entsprechender Anwendung der Ziff. 7.5 HVV und Nachvergütungen zum Ausgleich des EBM-bedingten Fallwertverlusts ist jedoch nicht Gegendstand dieses Rechtsstreits.
Die Beklagte wird bei der Neubestimmung der für die Klägerin maßgeblichen Fallpunktzahlen den schmerztherapeutischen Schwerpunkt der Klägerin angemessen zu berücksichtigen haben. Hierzu hat das SG sachgerechte Vorschläge gemacht, denen sich der Senat vollinhaltlich anschließt. Das SG hat darauf hingewiesen, dass die Beklagte zunächst die auf der Grundlage des Schwerpunkts im einzelnen Behandlungsfall notwendiger Weise zu erbringenden Leistungen zu erfassen und dem Regelleistungsvolumen gegenüber zu stellen hat. Dabei kann die Beklagte berücksichtigen, dass die Regelleistungsvolumina selbst nur auf der Grundlage von 80 % der auf der Basis des EBM 2005 an sich zugrunde zulegenden Punktzahlen berechnet worden sind, um eine gewisse Reserve für andere Stützungs- und Ausgleichsmaßnahmen z. B. für Praxen in der Aufbauphase zu haben. Die Beklagte kann aber auch den praxisspezifischen Leistungsbedarf entsprechend der Formel nach Anlage 2 zum Teil III BRLV anhand der Vorquartale II/03 bis I/04 berechnen und den so ermittelten Fallwert für die in die Regelleistungsvolumina einbezogenen Leistungen mit dem Faktor 0,8 multiplizieren. In diesem Fall würde der Leistungsbedarf der Klägerin also anhand der vom Bewertungsausschuss bestimmten Referenzquartale berechnet, jedoch unter Berücksichtigung des besonderen Leistungsbedarfs der Klägerin. Gleichfalls wird es angesichts der Zahl von circa 30 bis 50 schmerztherapeutischen Praxen für zulässig gehalten, dass die Beklagte anhand der Abrechnungswerte ein spezifisches Regelleistungsvolumen bildet, wobei Praxen, die nicht vollumfänglich, d.h. mit Anteilen von 90 % und mehr, schmerztherapeutisch tätig seien, entsprechend ihres Umfangs gewichtet werden. Im Hinblick auf die unterschiedliche Zusammensetzung der Praxis kann die Beklagte bei der Neubewertung der Fallpunktzahlen typische hausärztliche Leistungen gegebenenfalls herausrechnen bzw. kann das Regelleistungsvolumen nach den Anteilen Schmerztherapie/hausärztliche Tätigkeit gewichtet werden. Es kann jedenfalls berücksichtigt werden, dass nicht gleichzeitig eine Spezialisierung und eine allgemein hausärztliche Tätigkeit nebeneinander für einen Arzt geltend gemacht werden könne. Darüber hinaus sind noch andere sachgerechte Ermessenserwägungen denkbar (vgl. etwa BSG, Urteil vom 22. Juni 2005, B 6 KA 80/03 R, juris Rdnr. 44 f.).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 2 VwGO, die endgültige Streitwertfestsetzung auf § 197 a Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47, 52 Abs. 2 GKG sowie die Nichtzulassung der Revision auf § 160 Abs. 2 SGG.
Die Beklagte hat die Kosten auch des Berufungsverfahrens zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin Anspruch auf eine Sonderregelung zum Regelleistungsvolumen für die Quartale ab II/05 hat.
Die Klägerin ist als medizinisches Versorgungszentrum in der Rechtsform einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts in ZZ. zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Bis zum 30. April 2005 waren die Fachärzte für Anästhesiologie Frau Dr. E, Frau Dr. Q., Frau Dr. W. und Herr Dr. R. als Gemeinschaftspraxis tätig. Ab dem 1. Mai 2005 schlossen sie sich mit Frau Dr. T., hausärztlich tätige Internistin, zu dem klagenden medizinischen Versorgungszentrum zusammen. Frau Dr. T. wurde als angestellte Ärztin ohne vertragsärztliche Zulassung als vollständiges MVZ-Mitglied berücksichtigt, da sie mit einem Bewertungsfaktor von mehr als 30 Stunden bei der Beklagten geführt wurde. Nach Ausscheiden der Frau Dr. T. aus dem MVZ am 1. Oktober 2005 trat der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. XW. ebenfalls als angestellter Arzt in das MVZ mit einem Bewertungsfaktor von mehr als 30 Stunden ein. Ab dem 1. Juli 2006 wurde der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. L. mit zusätzlicher Fachgebietsanerkennung Anästhesiologie als weiterer Arzt angestellt. Alle sechs im MVZ tätigen Ärzte besitzen die Genehmigung zur Erbringung von Schmerztherapien nach Nrn. 30700 und 30701 EBM 2005. Die Beklagte ordnete die Klägerin der Honorargruppe B 2.1 des Honorarverteilungsvertrages und abrechnungstechnisch der Fachgruppe/Arztgruppe der Fachärzte für Anästhesiologie VfG 09/00 zu. Die Gemeinschaftspraxis erwirtschaftete im Quartal I/05 im Bereich der Primär- und Ersatzkassen bei 1435 abgerechneten Behandlungsfällen ein quotiertes Honorar in Höhe von 232.116,31 EUR. Für die Folgequartale ergeben sich die Festsetzungen der Beklagten aus nachfolgender Übersicht:
Quartal Honorarbescheid Bruttohonorar PK + EK in EUR Nettohonorar PK + EK in EUR Auffüllung/Kürzung 7.5 HVV Fallzahl
II/05 GP 29. 6. 2006 88.627,76 86.855,81 58.447,78 977
II/05 MVZ 29. 6. 2006 164.521,57 161.815,85 22.972,42 1326
III/05 12. 8. 2006 135.870,96 133.570,80 4.286,05 1194
IV/05 28.11.2006 146.097,37 142.959,94 11.848,61 1234
I/06 20.1.2007 152.481,09 149.035,77 27.004,12 1289
II/06 6. 7. 2007 155.462,18 152.532,17 -1.667,72 1355
III/06 17. 3. 2007 175.171,96 171.910,82 3.936,74 1564
IV/06 18. 4. 2007 184.984,10 183.058,80 16.764,66 1621
I/07 17. 7. 2007 206.215,78 203.643,17 9.327,38 1727
Die Klägerin beantragte am 13. April 2005, die Regelleistungsvolumina für Schmerzpraxen gesondert zu berechnen und auszuweisen. Sie führte unter dem 1. August 2005 aus, die Auswertung der Abrechnung für das Quartal II/05 habe zu dem von ihr prognostizierten Umsatzrückgang von über 30 % geführt. Hierbei seien noch die für Anästhesisten gültigen Regelleistungsvolumina von 1600 Punkten im Durchschnitt zugrunde gelegt. Sollte es zur Bildung eines Mittelwerts der Fallpunktzahlen kommen, so werde sich der Umsatzrückgang auf mindestens 50 % belaufen. Es müsse eine gewichtete Mittelung stattfinden und keine, die einem Hausarztanteil von 20 % zu einer 50%igen Berücksichtigung bei der Mittelung entspreche. Der Zusammenschluss in einem medizinischen Versorgungszentrum werde zu keiner nennenswerten Fallzahlausweitung führen. Durch die Hinzunahme eines Allgemeinmediziners werde sich die Fallzahl um maximal 300 Patienten erhöhen, die der maximal möglichen Patientenzahl entspreche, die nach der Qualitätssicherungsvereinbarung qualifiziert durch eine schmerztherapeutische Einrichtung pro Arzt behandelt werden könne. Die Regelleistungsvolumina für Schmerztherapeuten berücksichtigten nicht die Behandlungsdichte, die für eine konsequente und effektive Versorgung von Schmerzpatienten notwendig sei. In anderen KV-Bereichen wie Niedersachsen und Baden-Württemberg lägen die Regelleistungsvolumina für schmerztherapeutische Schwerpunktpraxen nach der Qualitätssicherungsvereinbarung um das Doppelte höher, anästhesiologische Leistungen würden teilweise ausbudgetiert. Der Ordinationskomplex mit mittleren Kontaktzahlen von 1,3 bis 1,8 Kontakten pro Quartal werde der besonderen Versorgungsdichte bei Schmerz- und Palliativpatienten mit im Schnitt 5 und mehr Kontakten pro Quartal nicht gerecht. Unter Datum vom 4. September 2005 führte sie aus, die angekündigte gewichtete Berechnung sei ein Fortschritt, berücksichtige aber nicht hinreichend die Besonderheiten des interdisziplinär arbeitenden Schmerz- und Palliativzentrums. Unter dem 11. Oktober 2005 führte die Klägerin aus, nach Einführung des EBM 2005 würden die ihr gewährten Punktzahlen mindestens um 1/3 reduziert werden. Ihrer Auffassung nach müsste ein einheitliches Regelleistungsvolumen für alle Teilnehmer an der Qualitätssicherungsvereinbarung "Schmerztherapie" gewährt werden.
Mit Bescheid vom 2. Dezember 2005 lehnte die Beklagte den Antrag auf Sonderregelung zum Regelleistungsvolumen ab. Die Fallpunktzahl für das Regelleistungsvolumen im Quartal II/05 errechnete sie wie folgt:
ANR. 4501032 (GP) 1.4.-30.4.2005 Primärkassen Ersatzkassen
Altersgruppe 0 – 5 6 - 59 )60 0 - 5 6 - 59 )60
Fallpunktzahl für Anästhesisten 1616 1586 1548 2412 1600 1770
Zuzüglich 130 Punkte Aufschlag für MVZ 1746 1716 1678 2542 1730 1900
ANR. 4533657 (MVZ) ab 1. 5.2005 Primärkassen Ersatzkassen
Altersgruppe 0 – 5 6 - 59 )60 0 - 5 6 - 59 )60
Fallpunktzahl für Anästhesisten 1616 (4 x) 1586 (4 x) 1548 (4 x) 2412 (4 x) 1600 (4 x) 1770 (4 x)
Fallpunktzahl für hausärztliche Versorgung 520 (1 x) 576 (1 x) 1059 (1 x) 424 (1 x) 475 (1 x) 821 (1 x)
Zuzüglich 130 Punkte Aufschlag für MVZ 1527 1514 1580 2144 1505 1710
Für das Quartal III/05 würden für das MVZ die gleichen Fallpunktzahlen wie im Quartal II/05 gelten. Nach den Feststellungen des Vorstands der KV-Hessen könne eine Sonderregelung nur bei Vorliegen einer absoluten Sicherstellungsproblematik erfolgen. Im Planungsbereich ZZ. seien neben der Klägerin zwei weitere Ärzte für Anästhesiologie niedergelassen, die über eine Genehmigung für die Schmerztherapie verfügten und Leistungen nach Nrn. 8450 und 8451 EBM 1996 bzw. Nrn. 30700 und 30701 EBM 2005 in der Vergangenheit abgerechnet hätten. Insgesamt würden diese Leistungen von 10 Praxen (einschließlich der Klägerin) abgerechnet und bestünde die Genehmigung ab dem 1. April 2005 fort. Dabei handele es sich um anästhesiologische, orthopädische und allgemeinmedizinische Praxen, die sich maximal in circa 18 km Entfernung zu dem Sitz der Klägerin befänden. Es sei festzustellen, dass die Klägerin die Leistungen nach Nrn. 8450 und 8451 EBM 1996 im Vergleich zum Durchschnitt der Fachgruppe im Quartal I/05 nicht wesentlich häufiger abgerechnet habe. Im Ergebnis sei somit von keiner Sicherstellungsproblematik in Bezug auf die schmerztherapeutischen Leistungen auszugehen. Eine Möglichkeit für eine generelle Herausnahme der schmerztherapeutischen Leistungen aus den Regelleistungsvolumina sehe der Honorarverteilungsvertrag nicht vor, da die Leistungsbereiche für extrabudgetäre und vorab zu vergütende Leistung abschließend definiert seien.
Auf dieser Grundlage wurden in den Quartalen II/05 bis I/07 die Regelleistungsvolumina nach Ziff. 6.3 HVV und deren Überschreitung für die Praxis der Klägerin wie folgt ermittelt:
Quartal RLV-relevante Fallzahl Fallpunktwert RLV Abgerechnetes Honorarvolumen Überschreitung Überschreitung in %
II/05 GP 613 1.763,9 1.018.652,2 1.485.430,0 466.777,8 45,8
II/05 MVZ 1.326 1.586,1 2.103.168,6 2.920.678,0 817.509,4 38,9
III/05 1.194 1.591,3 1.900.012,2 3.674.108,0 1.774.095,8 93,4
IV/05 1.234 1.586,8 1.958.112,2 4.011.868,5 2.053.753,3 104,9
I/06 1.256 1.582,3 1.987.368,8 3.427.356,5 1.439.987,7 72,5
II/06 1.319 1.583,5 2.088.636,5 2.958.263,5 869.627,0 41,6
III/06 1.534 1.459,7 2.239.179,8 3.466.724,5 1.227.544,7 54,8
IV/06 1.496 1.457,3 2.180.120,8 2.932.818,0 752.697,2 34,5
I/07 1.675 1.455,1 2.437.292,5 3.123.202,5 685.910,0 28,1
Gegen den Bescheid vom 2. Dezember 2005 legte die Klägerin am 22. Dezember 2005 Widerspruch ein und machte geltend, die Beklagte habe sich mit ihrer Kritik nicht hinreichend auseinander gesetzt. Eine Sicherstellungsproblematik werde auftreten, wenn sie ihre Tätigkeit einstellen müsse.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13. Dezember 2006 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, das Regelleistungsvolumen führe nicht zu einem Ausschluss der Honorierung der durchgeführten Leistungen, sondern zu einer Bewertung der überschreitenden Honorarforderung zu einem unteren Punktwert. Die Vorgaben zur Ermittlung des relevanten Regelleistungsvolumens bei Gemeinschaftspraxen/MVZ durch Bildung eines arithmetischen Mittelwerts der Fallpunktzahlen der in der Gemeinschaftspraxis/MVZ vertretenen Arztgruppen samt Zuschlagsregelung seien durch Beschluss des Bewertungsausschusses gemäß § 85 Abs. 4a SGB V in seiner 93. Sitzung am 29. Oktober 2004 erfolgt. Diese seien im HVV umgesetzt worden. Von daher sei auch die unterschiedliche Fachgruppenzugehörigkeit zu beachten. Nach wie vor sei nicht von einer Sicherstellungsproblematik auszugehen. Bei Fallwertverlusten komme es im Übrigen zur Anwendung der Ausgleichsregelung, die in den Quartalen II und III/05 zu Auffüllungsbeträgen geführt habe. Der Vorstand habe im Sinne einer grundsätzlichen Beschlussfassung festgestellt, dass Ausnahmeregelungen zu Regelleistungsvolumina nicht zugestimmt werden könne, wenn Honorarverwerfungen bereits durch einen Auffüllbetrag im Rahmen der Ausgleichsregelung nach Ziff. 7.5 HVV Berücksichtigung gefunden hätten. Die Regelungen in Niedersachsen und Baden-Württemberg könnten nicht auf den Geltungsbereich der KV Hessen übertragen werden.
Hiergegen hat die Klägerin am 16. Januar 2007 Klage erhoben. Zur Begründung hat sie vorgetragen, nach der bis zum 1. April 2005 zwischen den einzelnen Primärkassen und der Kassenärztlichen Vereinigung regional bzw. zwischen den Ersatzkassen und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung auf Bundesebene als Anlage zum Ersatzkassenvertrag-Ärzte geschlossenen sog. Schmerztherapievereinbarung hätten schmerztherapeutisch tätige Ärzte für die Erhebung einer standardisierten Anamnese einschließlich der Auswertung von Fremdbefunden, der Durchführung einer Schmerzanalyse und der differentialdiagnostischen Abklärung der Schmerzkrankheit sowie der Therapieplanung unter Einbeziehung von Bezugspersonen nach § 2 Nr. 1-4 der Vereinbarung einmal im Krankheitsfall 81,80 EUR (Ziff. 8450) und für die weitere Behandlung chronisch schmerzkranker Patienten einschließlich der Dokumentation nach § 2 Nr. 7 der Vereinbarung je Behandlungsfall 61,35 EUR (Ziff. 8451) erhalten. Zum 1. April 2005 sei die Schmerztherapievereinbarung durch die so genannte Qualitätssicherungsvereinbarung Schmerztherapie abgelöst worden und seien die Nrn. 30700 (1475 Punkte) und 30701 (895 Punkte) EBM 2005 eingeführt worden. Im Bereich der Beklagten würden diese Ziffern extrabudgetär mit einem Punktwert von 0,046 EUR vergütet, daraus ergäben sich Beträge von 67,85 EUR (Nr. 30700) bzw. 41,17 EUR (Nr. 30701). Dies bedeute eine Mindervergütung um 17 % bzw. 33 % gegenüber zuvor. Beide Ziffern sei nicht mehr wie früher nebeneinander abrechenbar und es gelte grundsätzlich eine Beschränkung auf eine Fallzahl von 300/Quartal (Ziff. 3 der Präambel zum Kapitel 30.7 EBM 2005). Die Mindestdauer der Nr. 30700 betrage 60 Minuten, die der Nr. 30701 EBM 2005 30 Minuten. Der Vorstand der Beklagten habe, um die niedergelassenen Schmerztherapeuten zur Weiterführung der Schmerztherapie zu bewegen, ein Schreiben vom 27. Juni 2005 an diese gerichtet, in dem er ihnen eine Begrenzung der Fallwertverluste im Vergleich zu den Vorjahresquartalen 2004 auf maximal 5 % bzw. einen entsprechenden Ausgleich zugesichert habe. Die für die Berechnung des Regelleistungsvolumens erfolgte Eingruppierung in die Honoraruntergruppe der Anästhesisten sei nicht geeignet, ihr Leistungsspektrum als ausschließlich schmerztherapeutisch tätiges MVZ abzubilden. Diese Eingruppierung verstoße gegen den aus § 85 Abs. 4 SGB V i.V.m. Artikel 3 und Artikel 12 GG folgenden Grundsatz der leistungsproportionalen Vergütung und das Gebot der Honorarverteilungsgerechtigkeit, als für den vorgehaltenen ausschließlich schmerztherapeutischen Schwerpunkt kein Zusatzmodul gewährt werde. Ziff. 7.5 HVV kompensiere dies nicht, da der Ausgleich zumindest nicht in allen Quartalen bis zu einem Fallwertverlust von 5 % durchgeführt worden sei. Das Leistungsspektrum von Schmerztherapeuten sei nicht mit demjenigen herkömmlicher Anästhesisten vergleichbar. Der operative Schwerpunkt der herkömmlichen Anästhesisten sei gemäß Anlage 3 Ziff. 7.1 HVV nach § 6, Ziff. 6.1 HVV der Honorargruppe A 5/B 5 zugeordnet und unterliege damit nicht dem Regelleistungsvolumen gemäß Ziffer 6.3 HVV, so dass das Regelleistungsvolumen der Anästhesisten entsprechend niedrig sei. Demgegenüber liege der Schwerpunkt der ausschließlich schmerztherapeutischen Anästhesisten nicht im operativen Bereich, auch wenn dieser speziell beim klagenden MVZ durchaus ebenfalls eine Rolle spiele (z.B. bei der Implantation von Schmerzpumpen). Gemäß § 6 der Qualitätssicherungsvereinbarung müsse der Arzt bestimmte schmerztherapeutische Behandlungsverfahren obligatorisch vorhalten (Pharmakotherapie, Therapeutische Lokalanästhesie, Psychosomatische Grundversorgung, Stimulationstechnik, Koordination und Einleitung von psycho- und physiotherapeutischen Maßnahmen) sowie mindestens 3 fakultative Behandlungsverfahren. Nach § 5 Abs. 2 der Vereinbarung müsse der Arzt an 4 Tagen pro Woche mindestens je 4 Stunden schmerztherapeutische Sprechstunden abhalten. Aus diesem Leistungsspektrum, der Fallzahlgrenze und den zeitlichen Leistungsanforderungen ergebe sich die Diskrepanz zwischen dem Leistungsspektrum ausschließlich schmerztherapeutisch tätiger und herkömmlicher Anästhesisten. So genannte Verdünnerscheine fehlten in einer schmerztherapeutischen Praxis. Auch die bei ihr tätigen Allgemeinmediziner (Dr. T. vom 1. Mai 2005 bis 30. September 2005, Dr. XW. ab 1. Oktober 2005, Dr. L. ab 1. Juli 2006) seien ausschließlich schmerztherapeutisch tätig und könnten nicht der Fachgruppe der Allgemeinmediziner zugeordnet werden. Der arithmetische Mittelwert führe dazu, dass die Fallpunktzahl erheblich abgesunken sei. Nach Anlage 1 des Beschlusses des Bewertungsausschusses vom 29. Oktober 2004 könnten im HVV weitere Differenzierungen oder Zusammenfassungen der dort genannten Arztgruppen vereinbart werden. Dies habe aus Gründen der Honorarverteilungsgerechtigkeit im Einzelfall auch dann entsprechend zu gelten, wenn der Schwerpunkt verschiedener Arztgruppen eine Zusammenfassung unter eine Arztgruppe (hier der Anästhesiologen) erfordere. Eine Leistungsausweitung über die Fallzahlen sei aufgrund der Schmerztherapievereinbarung nicht möglich. Es handle sich um ein intensiv betreuungsbedürftiges Patientengut. Auch hieraus ergebe sich eine Stützpflicht der Beklagten (vgl. BSG, Urteil vom 25. August 1999, B 6 KA 14/98 R). Die das Regelleistungsvolumen überschreitenden Punktzahlen seien zum unteren Punktwert vergütet worden, der etwa bei 0,0047 EUR gelegen habe, der obere Punktwert dagegen bei 0,029 bis 0,035 EUR (Quartale II und III/05). Ferner verstoße die Honorarabrechnung gegen den Grundsatz der leistungsproportionalen Vergütung aus § 85 Abs. 4 SGB V. Im Quartal III/04 hätte die Praxis bei lediglich 4 schmerztherapeutisch tätigen Ärzten noch ein Gesamthonorar von 218.395,31 EUR, mithin pro Arzt ein Honorar von 54.598,82 EUR erzielt. Mit Ausnahme des Quartals II/05 sei in der Folgezeit nur noch ein durchschnittliches Honorar von 30.396,22 EUR erzielt worden.
Die Bedarfsanalyse der Beklagten beruhe einzig auf den Nrn. 30700/30701 EBM 2005 und deren Abrechnungshäufigkeit. Aufgrund der Inhomogenität der Gruppe der Schmerztherapeuten müsse sich eine Analyse auch auf das schmerztherapeutische Leistungsspektrum erstrecken. Die Fallzahl müsse getrennt nach chronisch schmerzkranken Patienten und normalen Patienten überprüft werden. Eine Nachfrage bei den schmerztherapeutisch tätigen Ärzten über ihre Behandlungskapazitäten sei nicht erfolgt. Die schmerztherapeutischen Praxen in ZZ. verfügten entweder nicht über rollstuhlgeeignete Praxisräumlichkeiten und/oder ein weitaus begrenztes schmerztherapeutisches Leistungsspektrum. Ausgleichszahlungen seien noch immer nicht bis zu einem Fallwertverlust von höchstens 5 % erfolgt, so nicht in den Quartalen III/05, IV/05, I/06 und IV/06. Durch die Hinzurechnung der Fallwerte der zum 1. Mai 2005 übernommenen hausärztlichen Praxis (der Frau Dr. MY.) sei es in den Quartalen IV/05 und I/06 zu einem künstlichen Abfall der Referenzfallwerte gekommen. Frau Dr. T. habe zwar nicht über die Zusatzbezeichnung Spezielle Schmerztherapie und über die Teilnahmegenehmigung an der Qualitätssicherungsvereinbarung Schmerztherapie verfügt, sie sei jedoch zur Weiterbildung ausschließlich schmerztherapeutisch tätig gewesen, während ihre Vorgängerin ausschließlich hausärztlich tätig gewesen sei. Ohne die Hinzurechnung der Fallwerte der übernommenen hausärztlichen Praxis hätten sich für die Quartale IV/05 und I/06 mehr als doppelt so hohe Auffüllungsbeträge ergeben. Unklar sei, welche Werte für die Einzelpraxis des Herrn Dr. L. im Quartal IV/06 herangezogen worden seien. Die Zusage der Vorstandsvorsitzenden der Beklagten vom 27. Juni 2005 sei als unbedingte Zusage im Sinne eines Verwaltungsaktes zu qualifizieren. Eine unbedingte Ausgleichspflicht im Bereich der speziellen Schmerztherapie ergebe sich ferner aus einem Schreiben des stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden der Beklagten vom 7. November 2006. Auf die Zusage der Vorsitzenden der Beklagten sei sie in das Ärztehaus ZZ. umgezogen und Verbindlichkeiten in einer Höhe von circa 300.000 EUR eingegangen. Eine Umorientierung bis zum Erhalt der Honorarbescheide II und III/05 im Juli bzw. Oktober 2006 sei nicht möglich gewesen, da sie auf die Zusage vertraut habe. Weitere Gelder aufgrund einer Vereinbarung im Primärkassenbereich hätten an die Schmerztherapeuten ausbezahlt werden sollen. Dies sei aber bisher nicht geschehen. Es sei ihr ein Aufschlag von mindestens 40 % auf die für die Ermittlung des Regelleistungsvolumens maßgebliche durchschnittliche Fallpunktzahl zu gewähren.
Dem hat die Beklagte entgegnet, für die Bildung von Regelleistungsvolumina komme es bei den Anästhesisten und Allgemeinmedizinern anders als bei den Fachärzten für Innere Medizin ausschließlich auf die Fachgruppenzugehörigkeit und nicht den Versorgungsschwerpunkt an. Insofern sei sie an den Beschluss des Bewertungsausschusses gebunden. Eine Sicherstellungsproblematik bestehe nicht, sie habe den Bedarf zutreffend ermittelt. Die in Ziffer 6.3 HVV enthaltene Ermächtigung, aus Gründen der Sicherstellung der ärztlichen Versorgung praxisbezogene Änderungen der Fallpunktzahlen vorzunehmen, sei bereits aus der Funktion der Regelleistungsvolumina heraus auf Ausnahmefälle zu begrenzen. Eine Umsetzung liege in ihrem Ermessen. Maßgeblich sei eine objektive Betrachtung, die die Versorgungssituation im Einzugsbereich der klägerischen Praxis widerspiegle. Eine Rolle spiele in diesem Zusammenhang, ob es sich um einen städtischen oder ländlichen Versorgungsbereich handle und wie viele Ärzte im Umkreis der klägerischen Praxis vergleichbare Leistungen erbrächten. Diese Umstände seien ermittelt worden. Auch Schmerztherapeuten anderer Fachgruppen hätten die Genehmigung zur Abrechnung der betreffenden Ziffern, so dass auch diese im Rahmen der Sicherstellung zu berücksichtigen seien (Fachärzte für physikalische und rehabilitative Medizin, Allgemeinmedizin, Orthopädie und Anästhesiologie jeweils mit Genehmigung der Schmerztherapie). Daneben seien weitere Fachärzte mit Genehmigung zur Schmerztherapie in der nahen Umgebung zu ZZ. (maximal 20 km Entfernung) niedergelassen. Insgesamt handele es sich zum Stichtag 1. Oktober 2005 um drei Gemeinschaftspraxen und sechs Einzelpraxen in diesem Umkreis, die neben der Klägerin tätig seien. Die Vermutung, andere Praxen in ZZ. verfügten nicht über rollstuhlgeeignete Praxisräumlichkeiten, sei weder belegt noch im Zusammenhang mit der Sicherstellung von Bedeutung. Die Klägerin sei auch nicht ausschließlich schmerztherapeutisch tätig gewesen. Frau Dr. T. habe nicht über eine Teilnahmegenehmigung an der Schmerztherapie verfügt. Der Vortrag, sie sei im Rahmen ihrer Weiterbildung ausschließlich schmerztherapeutisch tätig gewesen, sage nichts über ihren maßgeblichen Tätigkeitsbereich außerhalb der Weiterbildung aus und sei nicht geeignet, eine Sonderregelung wegen Sicherstellungsbedarfs zu begründen. Ein Rückgang der schmerztherapeutischen Versorgung sei nicht zu verzeichnen. In ZZ. seien zum Stichtag des 14. März 2008 alle Vertreter der betreffenden Fachgruppe mit Genehmigung zur Schmerztherapie weiterhin zugelassen, die auch schon am 1. April 2005 zugelassen gewesen seien. Hilfsweise werde vorgetragen, dass ein Verstoß gegen den Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit nicht vorliege. Die Klägerin verkenne, dass die Änderung in der Zusammensetzung der Praxis auch Auswirkung auf die Ausgleichsregelung nach Ziff. 7.5 HVV haben müsse. Ziff. 7.5.2 HVV schließe einen Ausgleich sogar aus, wenn sich das Leistungsspektrum der Praxis verändert habe, u. a. als Folge einer geänderten personellen Zusammensetzung der Praxis. Gleiches gelte für den Fall der Änderung der Kooperationsform der Praxis im Vergleich zum entsprechenden Vorjahresquartal. Trotz dieser Regelung habe sie zu Gunsten der Klägerin Ausgleiche vorgenommen. Das Schreiben vom 27. Juni 2005 nehme ausdrücklich auf die im HVV enthaltene Ausgleichsregelung Bezug und sei daher an die dort normierten Voraussetzungen gebunden und habe keine spezielle Ausgleichsregelung für die Schmerztherapie dargestellt, wie von der Klägerin angenommen.
Mit Urteil vom 21. Mai 2008 hat das Sozialgericht Marburg die Beklagte verurteilt, den Antrag der Klägerin auf Erhöhung der Fallpunktzahlen im Regelleistungsvolumen ab dem Quartal II/05 unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, dass der Vorstand der Beklagten von seiner Ermächtigung, aus Gründen der Sicherstellung der ärztlichen Versorgung praxisbezogene Änderungen an den arztgruppenspezifischen Fallpunktzahlen gemäß Anlage zu Ziff. 6.3 HVV vorzunehmen, zu Unrecht keinen Gebrauch gemacht habe. Wann ein Ausnahmefall aus Gründen der Sicherstellung der ärztlichen und psychotherapeutischen Versorgung vorliege, werde weder im HVV noch im Beschluss des Bewertungsausschusses noch in den gesetzlichen Regelungen bestimmt und sei daher durch Auslegung zu konkretisieren. Nach der Rechtsprechung des BSG dürfe der Vorstand einer kassenärztlichen Vereinigung, was nach Auffassung des SG auch unter Geltung eines Honorarverteilungsvertrages gelte, außer zu konkretisierenden Bestimmungen, die nicht im Voraus für mehrere Quartale gleich bleibend festgelegt werden können, auch dazu ermächtigt werden, Ausnahmen für so genannte atypische Fälle vorzusehen. So habe das BSG eine vom Vorstand getroffene Sonderregelung für spezialisierte Internisten nicht beanstandet. Eine Generalklausel könne zum Beispiel zur Anwendung kommen, wenn sich überraschend Änderungen der Versorgungsstruktur in einer bestimmten Region ergeben, weil etwa einer von wenigen Vertragszahnärzten in einer Stadt unvorhergesehen aus der vertragszahnärztlichen Versorgung ausgeschieden sei. Vergleichbares gelte für die Änderung der Behandlungsausrichtung einer zahnärztlichen Praxis im Vergleich zum Bemessungszeitraum, etwa wenn sich ein bisher allgemein zahnärztlich tätiger Vertragszahnarzt auf oral-chirurgische Behandlungen konzentriere und deshalb höhere Fallwerte erreiche (vgl. BSG, Urteil vom 21. Oktober 1998, B 6 KA 65/97 R - SozR 3-2500, Juris Rdnr. 23). Die Beurteilung, ob ein Ausnahmefall vorliege, unterliege der uneingeschränkten gerichtlichen Nachprüfung. Es würden dieselben Erwägungen wie zu den Ausnahmen von der Teilbudgetierung nach Nr. 4 der Weiterentwicklungsvereinbarung vom 7. August 1996 gelten (vgl. BSG, Urteil vom 2. April 2003, B 6 KA 48/02 - SozR 4-2500 § 87 Nr. 1, Juris Rdnr. 23). Im Rahmen des Regelleistungsvolumens würden die Fallpunktzahlen KV-bezogen und nach Altersgruppen anhand des arztgruppenspezifischen Leistungsbedarfs in Punkten in den Quartalen II/03 bis I/04 und der Fallzahl berechnet. Der so ermittelte Fallwert für die in die Regelleistungsvolumina einbezogenen Leistungen werde mit dem Faktor 0,8 malgenommen, d.h. um 20 % vermindert (vgl. Anlage 2 zum Teil III BRLV). Damit gingen die Honorarregelungen von einem gleichförmigen Leistungsgeschehen aus, was nicht zu beanstanden sei. Eine Ungleichbehandlung und damit ein Verstoß gegen den Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit könnten jedoch dann vorliegen, wenn die Praxis einen zur Fachgruppe atypischen Versorgungsbedarf abdecke. Dies sei aber unabhängig von der Honorarhöhe oder eventuell erfolgten Ausgleichszahlungen nach Ziff. 7.5 HVV. Maßstab sei allein, ob im Leistungsangebot der betroffenen Praxis eine Spezialisierung und eine von der Typik der Arztgruppe abweichende Ausrichtung zum Ausdruck komme, die messbaren Einfluss auf den Anteil der auf den Spezialisierungsbereich entfallenden abgerechneten Punkte auf die Gesamtpunktzahl der Praxis habe. Entgegen der Auffassung der Beklagten komme es bei der Feststellung der Sicherstellungsgründe nicht allein auf die Versorgung im Umkreis einer Praxis an. Maßgebend sei der Versorgungsschwerpunkt der Praxis. Im vorliegenden Fall liege eindeutig ein schmerztherapeutischer Schwerpunkt der klägerischen Praxis vor. Zum Nachweis eines schmerztherapeutischen Schwerpunktes könne auf die nur einmal im Behandlungsfall zulässige Abrechnung der Nr. 30700 EBM 2005 (Zuschlag zum Ordinationskomplex für die Basisabklärung und umfassende schmerztherapeutische Versorgung chronisch schmerzkranker Patienten gemäß der Qualitätssicherungsvereinbarung zur schmerztherapeutischen Versorgung chronisch schmerzkranker Patienten nach § 135 Abs. 2 SGB V) und Nr. 30701 EBM 2005 (Zuschlag zur Ordinationsgebühr für die Fortführung einer umfassenden schmerztherapeutischen Versorgung chronisch schmerzkranker Patienten gemäß der Qualitätssicherungsvereinbarung zur schmerztherapeutischen Versorgung chronisch schmerzkranker Patienten nach § 135 Abs. 2 SGB V) abgestellt werden, die nicht nebeneinander abgerechnet werden könnten. Allein diese Patienten würden in der klägerischen Praxis ein Anteil von über 90 % ausmachen. Damit liege ein signifikanter Schwerpunkt vor, auch wenn diese beiden Leistungsziffern selbst, da extrabudgetär vergütet, nicht dem Regelleistungsvolumen unterlägen. Daher sei eine Vergleichbarkeit mit den Fachgruppen, denen die Angehörigen der klägerischen Praxis zugerechnet würden, nicht gegeben. Von etwa 180 Praxen auch der Fachgruppe der Anästhesiologen würden nur etwa 40 Praxen die Nrn. 30700 und 30701 EBM 2005 abrechnen, in den anderen Fachgruppen noch deutlich weniger. Die Schmerztherapie setzte aber ein besonderes Leistungsgeschehen voraus, das nicht zuletzt in der Begrenzung auf 300 Schmerzpatienten bzw. der Begrenzung der Abrechnung der spezifischen Nr. 30701 EBM 2005 auf 300 Behandlungsfälle im Quartal im EBM zum Ausdruck komme. Von daher sei für Schmerztherapeuten eine Inhomogenität der Fachgruppen gegeben, die die Zuerkennung eines Regelleistungsvolumens aufgrund von Durchschnittswerten der Fachgruppe nicht zulasse. Ausgehend von dem festgestellten Praxisschwerpunkt werde die Beklagte zu prüfen haben, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang sie das Regelleistungsvolumen erhöhe. Im Rahmen ihrer Ermessensausübung habe sie zunächst die auf der Grundlage des Schwerpunktes im einzelnen Behandlungsfall notwendigerweise zu erbringenden Leistungen zu erfassen und den Regelleistungsvolumina gegenüberzustellen. Dabei könne sie berücksichtigen, dass die Regelleistungsvolumina selbst nur auf einer 80%-Grundlage berechnet seien. Die Beklagte könne aber auch entsprechend der Berechnung nach Anlage 2 zum Teil III BRLV den praxisspezifischen Leistungsbedarf der klägerischen Praxis in Punkten in den Quartalen II/03 bis I/04 und der Fallzahl berechnen und den so ermittelten Fallwert für die in die Regelleistungsvolumina einbezogenen Leistungen mit dem Faktor 0,8 malnehmen. Aufgrund des besonderen Versorgungsbedarfs wäre dann der Leistungsbedarf der klägerischen Praxis maßgebend. Sollte sich erweisen, dass bei der Fachgruppe insgesamt weniger als 80 % der Leistungen berücksichtigt würden, könne die Beklagte dies bei ihrer Sonderregelung ebenfalls berücksichtigen. Gleichfalls werde es angesichts der Zahl von circa 30 bis 50 schmerztherapeutischen Praxen für zulässig gehalten, dass die Beklagte anhand der Abrechnungswerte ein spezifisches Regelleistungsvolumen bilde, wobei Praxen, die nicht vollumfänglich, d. h. mit Anteilen von 90 % und mehr, schmerztherapeutisch tätig seien, entsprechend ihres Umfangs zu gewichten seien. Im Hinblick auf die unterschiedliche Zusammensetzung der Praxis könne die Beklagte auch für die nicht als Anästhesiologen zugelassenen Ärzte nicht auf deren Fachgebietszugehörigkeit abstellen, soweit diese auch überwiegend schmerztherapeutisch tätig seien. Hierauf deutet der hohe Anteil der Schmerzpatienten hin. Die Beklagte habe bei einer erneuten Bescheidung festzustellen, ob und in welchem Umfang die klägerische Praxis noch hausärztlich tätig sei. Bei der Neubewertung der Fallpunktzahlen könnten typisch hausärztliche Leistungen gegebenenfalls herausgerechnet werden bzw. könne das Regelleistungsvolumen nach den Anteilen Schmerztherapie/hausärztliche Tätigkeit gewichtet werden. Es könne jedenfalls berücksichtigt werden, dass nicht gleichzeitig eine Spezialisierung und allgemein hausärztliche Tätigkeit nebeneinander für einen Arzt geltend gemacht werden könne.
Gegen das ihr am 4. Juni 2008 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 23. Juni 2008 Berufung beim Hessischen Landessozialgericht (HLSG) eingelegt und zur Begründung ihr erstinstanzliches Vorbringen vertieft. Das SG habe in seiner Entscheidung im Rahmen der Bejahung eines Versorgungsschwerpunkts zu Unrecht auf die Abrechnungshäufigkeit der extrabudgetär vergüteten und nicht in das Regelleistungsvolumen eingehenden Leistungen nach Nrn. 30700 und 30701 EBM 2005 abgestellt. Der Umfang dieser Leistungserbringung einer Praxis könne keine Sonderregelung zum Regelleistungsvolumen rechtfertigen. Entgegen den Feststellungen des SG habe sie die Spezialisierung der Klägerin tatsächlich berücksichtigt. Sie habe mit Einführung des EBM 2005 durchaus erkannt, dass die Vergütung nach den neuen Leistungsziffern Nrn. 30700 und 30701 EBM 2005 nicht mehr ohne Weiteres mit den zuvor geltenden Ziffn. 8450 und 8451 vergleichbar sei und dies für die schmerztherapeutische Versorgung Konsequenzen haben könne. Deshalb habe der Vorstand der Beklagten zur Sicherstellung der schmerztherapeutischen Versorgung zunächst entschieden, dass diese Leistungen, auch wenn es sich um extrabudgetäre Leistungen handele, in die Ausgleichsregelung gemäß Nr. 7.5 HVV einbezogen würden. Dies habe entsprechende Auffüllungen zur Folge gehabt. Ebenso habe das erstinstanzliche Gericht nicht berücksichtigt, dass die Beklagte im Rahmen der Verhandlungen für die Jahre 2005 und 2006 mit den Landesverbänden der Betriebskrankenkassen und der AOK Hessen erreicht habe, dass Praxen, welche die Leistungen nach Nrn. 30700 und 30701 EBM 2005 abrechneten und in den Quartalen II/05 bis IV/06 gegenüber den Quartalen des Jahres 2004 Honorarverluste im Rahmen der Ausgleichsregelung verzeichneten, weitere Honorarzahlungen geleistet wurden. Grundlage für die Berechnung seien neben der Anzahl der schmerztherapeutischen Behandlungsfälle die im Rahmen der Ausgleichsregelung zugrunde gelegten Fallwerte in EUR gewesen. Damit habe ein Fallwertausgleich im Bereich der AOK Hessen und BKK von 100 % erreicht werden können:
Quartal Auffüllung nach Ziff. 7.5 HVV Weitere Nachvergütung Auszahlung aus der weiteren Nachvergütung nach Abzug Verwaltungskosten II/05 Nachzahlung
II/05 22.972,42 EUR 9.207,15 EUR 2.988,50 EUR 2.912,77 EUR
III/05 4.286,05 EUR 7.360,92 EUR 7.174,39 EUR
IV/05 10.888,25 EUR 9.717,30 EUR 9.428,99 EUR
I/06 27.004,12 EUR 12.516,57 EUR 12.145,20 EUR
II/06 Ursprünglich Kürzung, die aufgehoben wurde 10.949,84 EUR 10.624,96 EUR
III/06 3.936,74 EUR 13.020,80 EUR 12.634,47 EUR
IV/06 16.764,66 EUR 16.911,68 EUR 16.409,91 EUR
I/07 9.327,38 EUR 26.791,19 EUR 25.996,30 EUR
Insgesamt sei für die Quartale I/2007 bis IV/2007 eine weitere Nachvergütung in Höhe von 113.249,64 EUR gewährt worden. Auf das Urteil des SG Marburg Az. 12 KA 341/08 (Berufung anhängig: L 4 KA 93/09) werde Bezug genommen. Danach handele es sich bei den Nachvergütungen um eine Sicherstellungsmaßnahme, wobei dahinstehen könne, ob hierfür im HVV eine Rechtsgrundlage vorhanden sei, insbesondere ob sie unter Ziff. 7.1 Buchstabe c HVV fielen. Ziff. 7.5 HVV sei danach im Sinne eines Verteilungsmechanismus für aus der Vereinbarung mit der AOK Hessen und den Betriebskrankenkassen erhaltene Gelder mit der Zweckbestimmung, diese der Schmerztherapie zuzuführen, angewandt worden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 21. Mai 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für rechtmäßig und hat seinen erstinstanzlichen Vortrag zum besonderen Leistungsspektrum des klagenden MVZ ergänzt: Die Klägerin widme sich ausschließlich der Prävention, Diagnostik und Behandlung akuter und chronischer Schmerzzustände, sie sei ausschließlich schmerztherapeutisch tätig. Dies gelte auch für die zur hausärztlichen Versorgung zugelassenen Kollegen Dr. L. und Dr. XW ... Bei ihr handele es sich um die größte ausschließlich schmerztherapeutische und palliativmedizinisch ausgerichtete ambulante Versorgungsstruktur, die in dieser Form auch im Krankenhausbereich nicht ein zweites Mal vorgehalten werde. Die ausschließlich schmerztherapeutische Tätigkeit der Klägerin lasse sich daran erkennen, dass in der ganz überwiegenden Zahl der Fälle die Nrn. 30700 und 30701 EBM 2005 zur Abrechnung kämen (in den Quartalen III/05 bzw. IV/06 in 94,2 % beziehungsweise 90,2 % der Fälle). Die Klägerin betreue seit 1996 das stationäre Hospiz F ... mit Schwerstkranken am Lebensende und seit dem Jahr 2001 dass Kinderhospiz N. mit mehrfach Schwerbehinderten und todkranken Kindern palliativärztlich rund um die Uhr. Die schmerztherapeutischen Leistungen ließen sich überwiegend drei Bereichen zuordnen: Die von der Klägerin für chronische Kopfschmerzpatienten erbrachten Leistungen würden bei den in der Anfangsphase erforderlichen häufigen Patientenkontakten schnell Punktzahlvolumina von bis zu 10.000 Punkten pro Patient und Quartal ergeben. Es seien Infusionstherapien (Nr. 30710 mit 300 Punkten und Nr. 30760 mit 450 Punkten), Transkutane Elektrische Nervenstimulation (Nr. 30712 mit 180 Punkten), Nervenbetäubungen im Bereich der Hirnnerven (Nr. 30720 mit 250 Punkten) durchzuführen. Bei Rückenschmerzpatienten werde schnell ein Punktevolumen von 20.000 Punkten pro Patient und Quartal erreicht. Diese bedürften häufig aufwändiger rückenmarksnaher Therapieverfahren wie der Blockade von Spinalnerven (Nr. 30724 mit 500 Punkten und Nr. 30760 mit 450 Punkten), Plexusanalgesien oder auch rückenmarksnaher Verfahren wie Periduralblockaden (Nr. 30731 mit 1800 Punkten). Dies werde in vielen Fällen ergänzt durch die Infusion von betäubungsmittelverschreibungspflichtigen Analgetika oder Lokalanästhetika (Nr. 30710 mit 300 Punkten und Nr. 30760 mit 450 Punkten). Auch Patienten mit neuropathischen Schmerzformen und Schmerzgeneralisation wie bei Fibromyalgie bedürften einer intensiven schmerztherapeutischen Behandlung. Die außerhalb des Regelleistungsvolumens vergüteten Leistungen der Nrn. 30700 bzw. 30701 EBM 2005 machten lediglich 1/4 der auf die schmerztherapeutischen Leistungen entfallenden Gesamtpunktzahl der Praxis aus. Alle übrigen schmerztherapeutischen Leistungen, insbesondere die sonstigen Leistungen der speziellen Schmerztherapie unterlägen den Regelleistungsvolumina. Sie seien für die Sicherstellung der schmerztherapeutischen Versorgung ebenso notwendig wie die extrabudgetär vergüteten Ziffern. Insoweit sei das Regelleistungsvolumen zu erhöhen. Darüber hinaus sei es bereits erstinstanzlich dargelegt worden, dass im konkreten Fall gerade kein Honorarausgleich bis zu einem Fallwertrückgang von 5 % vorgenommen worden sei.
Wegen weiterer Einzelheiten und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte in der Sache entscheiden, ohne die am HVV beteiligten Krankenkassen/Krankenkassenverbände notwendig beizuladen. Allein der Gesichtspunkt, dass es in einem Rechtsstreit auf den Inhalt, die Auslegung oder die Wirksamkeit einer (Honorarverteilungs-)Regelung ankommt, führt nicht dazu, dass die Entscheidung gegenüber den an der Normsetzung Beteiligten nur einheitlich ergehen kann und deren Beiladung in jedem Vergütungsrechtsstreit deshalb notwendig wird. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die KÄV nach § 85 Abs. 4 Satz 2 SGB V seit dem 1. Juli 2004 für die Honorarverteilung den mit den Kassenverbänden "gemeinsam und einheitlich zu vereinbarenden" Verteilungsmaßstab anwendet, während zuvor der in der Rechtsform der Satzung von der KÄV "im Benehmen" mit den Kassenverbänden zu erlassende Honorarverteilungsmaßstab (HVM) maßgeblich war (vgl. BSG, Urteil vom 17. September 2008, B 6 KA 46/07 R = BSG SozR § 75 Nr. 8, zitiert nach Juris Rdnrn. 12, 13; BSG SozR 3-2500 § 115 Nr. 1 S. 3 für die Gesamtvertragspartner; BSGE 78, 98, 99 f. = SozR 3-2500 § 87 Nr. 12 S 35 für die Bundesmantelvertragspartner; ebenso BSG SozR 4-2500 § 87 Nr. 5 Rdnr. 6 für den EKV-Z).
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Das Urteil des SG vom 21. April 2008 ist im Ergebnis rechtmäßig. Der Bescheid vom 2. Dezember 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. Dezember 2006 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Klägerin hat Anspruch auf Neubescheidung über ihren Antrag auf Sonderregelung im streitgegenständlichen Zeitraum unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts.
Nach der Vereinbarung zwischen der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen und den Verbänden der Krankenkassen zur Honorarverteilung für die Quartale II/05 bis IV/05, bekannt gemacht als Anlage 2 zum Landesrundschreiben/Bekanntmachung vom 10. November 2005 (HVV) sind nach Ziffer 6.3 praxisindividuelle Regelleistungsvolumen zu bilden, sofern eine Praxis den dort genannten Honorar(unter)gruppen angehörte und für die in der Praxis vertretenen Arztgruppen gemäß Anlage zu Ziff. 6.3 HVV arztgruppenspezifische Fallpunktzahlen benannt waren. Der HVV 2005 galt hinsichtlich der hier maßgeblichen Regelungen auch in den nachfolgenden Zeiträumen bis einschließlich Quartal I/07 unverändert fort. Die dem zu Grunde liegenden Regelungen, nämlich der Beschluss des Bewertungsausschusses in seiner 93. Sitzung vom 29. Oktober 2004 zur Festlegung von Regelleistungsvolumen durch die Kassenärztlichen Vereinigungen gemäß § 85 Abs. 4 SGB V mit Wirkung vom 1. Januar 2005 (DÄ 2004, 101 (46), A - 3129) sowie die daran anknüpfenden Regelungen in Ziff. 6.3 HVV sind nach der ständigen Rechtsprechung des Senats auch mit höherrangigem Recht vereinbar (vgl. u. a. HLSG, Urteil vom 11. Februar 2009, L 4 KA 82/07; Urteil vom 29. April 2009, L 4 KA 76/08; Urteil vom 24. Juni 2009, L 4 KA 85/08, alle veröffentlicht in Juris).
Die Klägerin ist der Honorar(unter)gruppe B. 2.1 (Anästhesisten) und damit den Honorargruppen A2/B 2 bzw. einer entsprechenden Honorar(unter)gruppe zugeordnet, für die gemäß Ziff. 6. 3 HVV Regelleistungsvolumen zu bilden waren. Ausgehend von den Vorgaben im HVV hat die Beklagte das Regelleistungsvolumen und insbesondere die arztgruppenspezifischen Fallpunktzahlen zutreffend berechnet. Bei Gemeinschaftspraxen ist die Höhe der in den einzelnen Altersklassen zutreffenden Fallpunktzahlen als arithmetischer Mittelwert aus der Fallpunktzahl der in der Gemeinschaftspraxis vertretenen Ärzte mit einem Zuschlag von 130 Punkten zu bilden. Die Beklagte hat die Fallpunktzahlen entsprechend der Anzahl der jeweils in der Gemeinschaftspraxis vertretenen Anästhesisten und Hausärzte gewichtet.
Als Rechtsgrundlage für eine Sonderregelung zum Regelleistungsvolumen kommt Ziff. 6.3 letzter Abs. HVV in Betracht. Danach ist der Vorstand der Beklagten ermächtigt, aus Gründen der Sicherstellung der ärztlichen Versorgung praxisbezogene Änderungen an den arztgruppenspezifischen Fallpunktzahlen gemäß der Anlage zu Ziff. 6.3 HVV vorzunehmen. Für die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung sind die Bewertung der vertragsärztlichen Versorgung in einem regionalen Bereich sowie die Feststellung von quantitativen und/oder qualitativen Versorgungsdefiziten von maßgeblicher Bedeutung. Dabei ist eine Vielzahl von Faktoren zu berücksichtigen (z. B. Anzahl und Leistungsangebot der niedergelassenen und ermächtigten Ärzte, Bevölkerungs- und Mobilitätsstruktur, Umfang und räumliche Verteilung der Nachfrage aufgrund der vorhandenen Verkehrsverbindungen). Diese Aspekte sind in gleicher Weise bei der Frage von Bedeutung, ob die ärztliche Versorgung ausreichend sichergestellt ist. Der Beklagten steht bei der Gewichtung dieser Kriterien ein Beurteilungsspielraum zu. Von einer Sicherstellung der ärztlichen Versorgung kann nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats jedoch nur ausgegangen werden, wenn es für die Versicherten unter Berücksichtigung der festgestellten Nachfrage nach den streitgegenständlichen Leistungen entweder im Planungsbereich selbst oder zumindest in den unmittelbar angrenzenden Planungsbereichen eine in zumutbarer Zeit erreichbare ausreichende Zahl von Behandlern gibt, die in der Lage wären, die notwendige Versorgung - im vorliegenden Fall mit schmerztherapeutischen Leistungen - zeitnah sicherzustellen (vgl. HLSG, Urteile des erkennenden Senats vom 17. März 2010, L 4 KA 25/08, L 4 KA 28/08, L 4 KA 29/08 - jeweils Revision anhängig).
Die Beklagte hat ihren Beurteilungsspielraum gemäß Ziff. 6.3 HVV nicht hinreichend erkannt und ausgefüllt. Generell ist die Beklagte davon ausgegangen, dass die schmerztherapeutische Versorgung in Hessen ernsthaft gefährdet war (vgl. Schreiben vom 2. Oktober 2007 an die Klägerin), was sie im Wesentlichen auf die Änderungen der Vergütung der schmerztherapeutischen Leistungen im EBM 2005 ab dem Quartal II/05 zurückführte. Diese auf der abgesenkten Vergütung nach dem EBM 2005 für extrabudgetär vergütete Leistungen und nicht auf dem Regelleistungsvolumen beruhende Problematik kann, wie die Beklagte zutreffend angenommen hat, nicht im Rahmen einer Sonderreglung nach Ziff. 6.3 HVV gelöst werden. Die Beklagte hat unabhängig davon bezogen auf das Regelleistungsvolumen eine konkrete Sicherstellungsproblematik gemäß Ziff. 6.3 HVV mit der Begründung verneint, dass zum Stichtag 1. Oktober 2005 drei Gemeinschaftspraxen und sechs Einzelpraxen im Umkreis des klägerischen MVZ schmerztherapeutische Leistungen erbracht haben. Auch Schmerztherapeuten anderer Fachgruppen hätten die Genehmigung zur Abrechnung der betreffenden Ziffern, so dass auch diese im Rahmen der Sicherstellung zu berücksichtigen seien (Fachärzte für physikalische und rehabilitative Medizin, Allgemeinmedizin, Orthopädie und Anästhesiologie jeweils mit Genehmigung der Schmerztherapie). Die Beklagte hat insoweit zutreffend angenommen, dass bei Prüfung der Sicherstellung der ärztlichen Versorgung im Rahmen der Ziff. 6.3 HVV nicht allein auf die Abrechnungshäufigkeit der Nrn. 30700 und 30701 EBM 2005 abgestellt werden kann, nachdem diese Leistungen extrabudgetär vergütet werden und nicht in das Regelleistungsvolumen eingehen. Auch der Umfang dieser Leistungserbringung einer Praxis allein kann unter Sicherstellungsgesichtspunkten keine Sonderregelung zum Regelleistungsvolumen rechtfertigen. Allerdings sind aufgrund der Beschränkung der Fallzahlen für chronische Schmerzpatienten auf 300 je Arzt und Quartal durch Ziff. 3 der Präambel des Kapitels 30.7 EBM 2005 weitere Besonderheiten bei der Prüfung der Sicherstellung zu berücksichtigen. Über die Abrechnungshäufigkeiten der Nrn. 30700 und 30701 EBM 2005 der im Umkreis der Klägerin bei der Prüfung der Sicherstellung berücksichtigten schmerztherapeutischen Praxen ist eine Aufstellung der Beklagten aktenkundig (Anlage zu Bl. 21 der Gerichtsakte). Da die Nrn. 30700 und 30701 EBM 2005 nicht mehr nebeneinander abgerechnet werden können, lässt sich dieser Aufstellung aus den Abrechnungshäufigkeiten der Nrn. 30700 und 30701 EBM 2005 die jeweilige Anzahl der chronischen Schmerzpatienten der 9 Praxen im Umkreis der Klägerin entnehmen (z. B. für das Quartal IV/05: 181, 196, 150, 259, 227, 4, 313, 301, 177). Unter Berücksichtigung, dass auch 3 Gemeinschaftspraxen unter diesen Praxen sind, bestünden im Falle eines gedachten Wegfalls oder erheblicher Einschränkung des Leistungsangebots der Klägerin rein rechnerisch zwar noch Aufnahmekapazitäten für die 1151 Schmerzpatienten der Klägerin im Quartal IV/05 (unter Zugrundelegung der Höchstgrenze von 300 chronischen Schmerzpatienten je Arzt/ Quartal). Kapazitätsabfragen wurden allerdings nicht durchgeführt. Die von der Beklagten betrachteten Praxen könnten jedoch bereits mit anderen Leistungen ausgelastet sein, und es spricht einiges dafür, dass sich bei ihnen das Problem eines für die streitgegenständlichen Leistungen nicht auskömmlichen Regelleistungsvolumens in gleicher oder ähnlicher Weise wie bei der Klägerin stellt. Daher kann nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass diese Praxen bereit sind, chronische Schmerzpatienten in größerer Zahl zu übernehmen. Überdies ist nach der anliegenden beispielhaften Auswertung der Frequenzstatistik für die Quartale III/05 bis I/06 zu berücksichtigen, dass die Klägerin jedenfalls die dem Regelleistungsvolumen unterfallenden Leistungsziffern Nrn. 30710, 30724, 30731 und 30760 EBM 2005 in weitaus höherem Maße als die Fachgruppe der Anästhesisten (Prüfgruppe mit 173-175 Praxen) erbringt, die Leistungen nach Nrn. 30710 und 30731 auch in weitaus höherem Maße als die 26-31 (Nr. 30710) bzw. 39-43 (Nr. 30731) ausführenden Praxen der Prüfgruppe, darunter insbesondere die mit 1800 Punkten am höchsten bewertete Plexusanalgesie mit 61-74mal je 100 Fälle (Fachgruppe 8-10mal je100 Fälle; ausführende Praxen 24-26mal/100 Fälle):
Quartal III/05 (IV/05; I/06) GO-Nrn des Kap. 30.7 EBM 2005. Anzahl ausführende Praxen in Prüfgruppe (Anästhesisten) Anzahl GO-Nr. je 100 Fälle Klägerin Anzahl GO-Nr. je 100 Fälle Prüfgruppe (Anästhesisten) Anzahl GO-Nr. je 100 Fälle ausführende Praxen in Prüfgruppe
30710 (Infusion) - 300 P 26 (31; 30) 85 (87; 66) 7 (6; 5) 29 (25; 21)
30712 - 180 P 37 (39; 41) 2 (3; 3) 5 (5; 4) 14 (16; 12)
30720 - 250 P 11 (11; 15) 2 (2; 1) 1 (0; 1) 4 (4; 4)
30721 - 570 P 24 (23; 23) 0 (0; 0) 1 (1; 1) 4 (4; 5)
30722 – 500 P 0 (0; 11) 0 (0; 0) 0 (0; 0) 0 (0; 4)
30723 - 250 P 13 (14; 12 1 (1; 1) 0 (0; 0) 2 (2; 3)
30724 (Spinalnerven-analgesie) - 500 P 38 (35; 35) 21 (21; 15) 13 (1;11) 38 (40; 36)
30730 1700 P 13 (12; 13) 3 (2; 4) 0 (0; 0) 2 (2; 2)
30731 (Plexusanalgesie) - 1800 P 43 (39; 43) 72 (74; 61) 10 (9; 8) 25 (26; 24)
30740 300 P 26 (21; 19) 6 (4; 4) 1 (1;1) 4 (3;3)
30751 500 P 6 (3;3) 1 (0; 0) 0 (0;0) 0 (0;0)
30760 Dok. Überw. 450 P 34 (37; 40) 53 (56; 45) 17 (17;14) 58 (55; 48)
Sollte die Beklagte aufgrund ihrer erneuten Prüfung wiederum zu dem Ergebnis kommen, dass eine Sicherstellungsproblematik nicht besteht, so müsste sie das Begehren der Klägerin noch unter einem weiteren Gesichtspunkt prüfen. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats ist der für die streitgegenständlichen Quartale maßgebliche HVV 2005 mit höherrangigem Recht insoweit unvereinbar, als eine allgemeine Härtefallregelung fehlt, die im Fall einer in besonderer Weise spezialisierten Praxis eine Ausnahme von Regelleistungsvolumen zulässt. Danach erfordert Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG eine Ausnahme vom Regelleistungsvolumen außer für den im HVV 2005 geregelten Fall einer Sicherstellungsproblematik auch dort, wo sich innerhalb einer Arztgruppe bereits vor Inkrafttreten der Regelungen über die Regelleistungsvolumina Ärzte mit Leistungen in zulässiger Weise spezialisiert hatten und dieses spezifische Leistungsangebot durch das Regelleistungsvolumen der Fachgruppe, der sie zugeordnet sind, nicht leistungsangemessen abgedeckt wird (vgl. im Einzelnen HLSG, Urteile des erkennenden Senats vom 17. März 2010, a. a. O.).
Für die Frage, wann eine echte Spezialisierung vorliegt, welche im Rahmen des Regelleistungsvolumens die Notwendigkeit einer Ausnahmeregelung begründet, kann an die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu ähnlichen Problemlagen abgeknüpft werden. Zu dem Begriff der "Sicherstellung eines besonderen Versorgungsbedarfs" als Voraussetzung für die Erweiterung eines Zusatzbudgets nach dem EBM-Ä 1997 hat es ausgeführt, dies setze eine von der Typik der Arztgruppe nachhaltig abweichende Praxisausrichtung, einen besonderen Behandlungsschwerpunkt bzw. eine Konzentration auf die Erbringung von Leistungen aus einem Teilbereich des Fachgebiets voraus, für das der Arzt zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen sei. Indizien für eine entsprechende Spezialisierung seien ein gegenüber dem Durchschnitt der Fachgruppe signifikant erhöhter Anteil der auf den Spezialisierungsbereich entfallenden Leistungen am Gesamtpunktzahlvolumen in der Vergangenheit sowie eine im Leistungsangebot bzw. in der Behandlungsausrichtung der Praxis tatsächlich zum Ausdruck kommende Spezialisierung. Während das Bundessozialgericht insoweit bei der Beurteilung des Begriffs des "Versorgungsschwerpunkts" im Sinne der Weiterentwicklungsvereinbarung vom 7. August 1996 einen Leistungsanteil von mindestens 20 % der von der Praxis abgerechneten Gesamtpunktzahl gefordert hatte (BSGE 87, 112, 117), hat es von einer solchen strikten Grenze im Bezug auf den Begriff der "Sicherstellung eines besonderen Versorgungsbedarfs" abgesehen, allerdings darauf hingewiesen, dass Abweichungen der einzelnen Praxis von der Typik der Arztgruppe, die sich (auch) in abweichenden Anteilen des auf bestimmte Leistungen entfallenden Punktzahlvolumens niederschlügen, ein wichtiges Indiz für die Sicherstellung eines besonderen Versorgungsbedarfs seien (BSG SozR 3-2500 § 87 Nr. 31; SozR 4-2500 § 87 Nr. 12).
Im Fall der Klägerin liegt ein Härtefall vor, weil das ihr zuerkannte Regelleistungsvolumen ihre besondere, vom Durchschnitt der Arztgruppe der Anästhesisten deutlich abweichende Praxisstruktur nicht berücksichtigt (vgl. BSG, Urteil vom 22. Juni 2005, B 6 KA 80/03 R, Juris Rdnr. 42, zu einer auf ambulante Operationen spezialisierten Augenarztpraxis). Denn bei ihr besteht eine eindeutige Spezialisierung auf schmerztherapeutische Leistungen, die sich auch aus den innerhalb des Regelleistungsvolumens abgerechneten speziellen schmerztherapeutischen Leistungen nach dem Kapitel 30.7. EBM 2005 ergibt. Insoweit wird auf die obigen Ausführungen zum speziellen Abrechnungsspektrum der Klägerin, wie es sich aus der Frequenzstatistik ergibt, Bezug genommen, aus dem die Atypik im Vergleich zur Fachgruppe der Anästhesisten deutlich wird. Dies gilt erst recht für den Vergleich mit den Hausärzten, deren fachgruppenspezifischen Fallpunktzahlen über die Vorschriften der Berechnung des Regelleistungsvolumens für medizinische Versorgungszentren nach Nr. 6.3 HVV, gewichtet nach der Anzahl der vertretene Hausärzte, über die Bildung eines Mittelwerts in die Berechnung des Regelleistungsvolumens für das MVZ Eingang finden. Die Spezialisierung wird auch am Verhältnis der Punkzahl abgerechneter schmerztherapeutischer Leistungen zum abgerechneten RLV-relevanten Honorarvolumen in Punkten deutlich. So betrug nach einer beispielhaften Auswertung der Frequenzstatistik in den Quartalen III/05 bis I/06 die abgerechnete Punktzahl nur für die Leistungen nach Nrn. 30710, 30731 und 30760 EBM addiert jeweils 2.137.800 (II/05), 2.265.850 (IV/05) und 1.934.100 Punkte (I/06). Die angeforderte Punktzahl nur für diese Leistungen machte damit bereits 56-58 % des jeweiligen abgerechneten RLV-relevanten Honorarvolumens in Punkten aus.
Das Fehlen einer Härtefallregelung ist auch weder im Hinblick auf Ziff. 7.5 HVV noch unter dem Gesichtspunkt einer Anfangs- und Erprobungsregelung unbeachtlich (vgl. hierzu im Einzelnen Urteile des Senats vom 17. März 2010, a.a.O.), zumal im vorliegenden Fall Ziff. 7.5 unmittelbar auch keine Anwendung finden konnte. Eine unmittelbare Anwendung der Ziff. 7.5 HVV schied, wie die Beklagte zutreffend ausgeführt hat, schon deshalb aus, weil weder die extrabudgetären Leistungen der Nrn. 30700, 30701 in Ziff. 7.5 einbezogen werden konnten noch aufgrund der Änderungen der personellen Zusammensetzung und Kooperationsform der Klägerin Ziff. 7.5 HVV hätte unmittelbar angewendet werden können. Die Ausnahme- und Härtefallregelungen der Ziff. 6.3 HVV und 7.5 HVV erfassen unterschiedliche Sachverhalte. Während Ziff. 6.3 HVV eine spezielle Härtefallregelung zum Regelleistungsvolumen darstellt, indem praxisbezogene Änderungen an den arztgruppenspezifischen Fallpunktzahlen zur Sicherstellung der ärztlichen Versorgung ermöglicht werden, soll Ziff. 7.5 HVV individuelle Fallwertverluste aufgrund der Regelungen des EBM 2005 von mehr als 5 % im Vergleich zum entsprechenden Quartal des jeweiligen Vorjahres - mit der Zielrichtung einer Bestandsschutzregelung - ausgleichen. Auch die von der Beklagten in entsprechender Anwendung der Ziff. 7.5 gewährten Auffüllbeträge und Nachvergütungen erfolgten mit der Zielrichtung des Ausgleichs des EBM-bedingten Fallwertverlusts. Die Rechtmäßigkeit der gewährten Auffüllbeträge in entsprechender Anwendung der Ziff. 7.5 HVV und Nachvergütungen zum Ausgleich des EBM-bedingten Fallwertverlusts ist jedoch nicht Gegendstand dieses Rechtsstreits.
Die Beklagte wird bei der Neubestimmung der für die Klägerin maßgeblichen Fallpunktzahlen den schmerztherapeutischen Schwerpunkt der Klägerin angemessen zu berücksichtigen haben. Hierzu hat das SG sachgerechte Vorschläge gemacht, denen sich der Senat vollinhaltlich anschließt. Das SG hat darauf hingewiesen, dass die Beklagte zunächst die auf der Grundlage des Schwerpunkts im einzelnen Behandlungsfall notwendiger Weise zu erbringenden Leistungen zu erfassen und dem Regelleistungsvolumen gegenüber zu stellen hat. Dabei kann die Beklagte berücksichtigen, dass die Regelleistungsvolumina selbst nur auf der Grundlage von 80 % der auf der Basis des EBM 2005 an sich zugrunde zulegenden Punktzahlen berechnet worden sind, um eine gewisse Reserve für andere Stützungs- und Ausgleichsmaßnahmen z. B. für Praxen in der Aufbauphase zu haben. Die Beklagte kann aber auch den praxisspezifischen Leistungsbedarf entsprechend der Formel nach Anlage 2 zum Teil III BRLV anhand der Vorquartale II/03 bis I/04 berechnen und den so ermittelten Fallwert für die in die Regelleistungsvolumina einbezogenen Leistungen mit dem Faktor 0,8 multiplizieren. In diesem Fall würde der Leistungsbedarf der Klägerin also anhand der vom Bewertungsausschuss bestimmten Referenzquartale berechnet, jedoch unter Berücksichtigung des besonderen Leistungsbedarfs der Klägerin. Gleichfalls wird es angesichts der Zahl von circa 30 bis 50 schmerztherapeutischen Praxen für zulässig gehalten, dass die Beklagte anhand der Abrechnungswerte ein spezifisches Regelleistungsvolumen bildet, wobei Praxen, die nicht vollumfänglich, d.h. mit Anteilen von 90 % und mehr, schmerztherapeutisch tätig seien, entsprechend ihres Umfangs gewichtet werden. Im Hinblick auf die unterschiedliche Zusammensetzung der Praxis kann die Beklagte bei der Neubewertung der Fallpunktzahlen typische hausärztliche Leistungen gegebenenfalls herausrechnen bzw. kann das Regelleistungsvolumen nach den Anteilen Schmerztherapie/hausärztliche Tätigkeit gewichtet werden. Es kann jedenfalls berücksichtigt werden, dass nicht gleichzeitig eine Spezialisierung und eine allgemein hausärztliche Tätigkeit nebeneinander für einen Arzt geltend gemacht werden könne. Darüber hinaus sind noch andere sachgerechte Ermessenserwägungen denkbar (vgl. etwa BSG, Urteil vom 22. Juni 2005, B 6 KA 80/03 R, juris Rdnr. 44 f.).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 2 VwGO, die endgültige Streitwertfestsetzung auf § 197 a Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47, 52 Abs. 2 GKG sowie die Nichtzulassung der Revision auf § 160 Abs. 2 SGG.
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