Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 12 R 56/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 129/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 26.11.2007 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin im Berufungsverfahren zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer befristeten Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Die am 1953 geborene, mittlerweile geschiedene Klägerin ist k. Staatsangehörige und lebt seit 1972 in Deutschland. Sie hat keine abgeschlossene Berufsausbildung. Zuletzt war sie bis August 2003 als Montagearbeiterin bei einem Strickmaschinenhersteller beschäftigt. Anfang 2002 wurde die Klägerin an der Lendenwirbelsäule (LWS) und Anfang 2003 an der Halswirbelsäule (HWS) operiert. Im zeitlichen Zusammenhang wurden jeweils stationäre Rehabilitationsmaßnahmen durchgeführt. Zudem erfolgte im Sommer 2003 unter der Diagnose einer mittelschweren depressiven Episode eine mehrwöchige stationäre Behandlung in einer psychiatrischen Klinik (Klinik R. ). Die Klägerin bezog bis zur Erschöpfung des jeweiligen Leistungsanspruchs zunächst Krankengeld, nachfolgend Arbeitslosengeld. Das Arbeitsverhältnis ist zwischenzeitlich gekündigt. Hinsichtlich der rentenversicherungsrechtlichen Zeiten im Einzelnen wird auf den Versicherungsverlauf zum Bescheid vom 25.09.2003 und den Gesamtkontenspiegel vom 14.02.2005 (Verw.-Akte Bf 12) verwiesen.
Am 28.07.2003 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente. Die Beklagte zog verschiedene medizinische Unterlagen bei und veranlasste eine Begutachtung durch den Orthopäden Dr. K ... Dieser beschrieb eine Restbeschwerdesymptomatik im HWS- und LWS-Bereich nach einer Bandscheibensanierungsoperation im Segment L5/S1 sowie einer Versteifungsoperation im Segment C5 bis C7, eine Rumpfmuskeldysbalance sowie einen Anhalt für Nervenwurzelreizzeichen entsprechend dem Dermatom S1 rechts. Die letzte, rein sitzende Tätigkeit als Montagearbeiterin könne die Klägerin nur noch unter drei Stunden täglich verrichten. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sei sie aber unter Beachtung qualitativer Einschränkungen für mindestens sechs Stunden täglich leistungsfähig. Darauf gestützt lehnte die Beklagte den Rentenantrag der Klägerin mit Bescheid vom 25.09.2003 ab. Im Widerspruchsverfahren holte die Beklagte ein psychiatrisches Gutachten bei Dr. Z. ein. Dieser diagnostizierte u.a. unter Hinweis auf das damals laufende Scheidungsverfahren eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, eine depressive Reaktion sowie ein Carpaltunnelsyndrom (CTS) rechts. Das Leistungsvermögen bewertete er an sich wie zuvor Dr. K. , sah jedoch zunächst die Notwendigkeit einer weiteren stationären Rehabilitationsmaßnahme. Diese wurde vom 12.07. bis 09.08.2004 in der Sch. Bad B. durchgeführt. Im Entlassungsbericht wurden die bislang gestellten Diagnosen wiederholt. Die depressive Episode wurde als leicht angesehen. In ihrer letzten Tätigkeit sei sie nur noch unter drei Stunden, im Übrigen unter Beachtung qualitativer Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich leistungsfähig. Mit Widerspruchsbescheid vom 22.12.2004 wies die Beklagte den Widerspruch unter Hinweis auf die eingeholten orthopädischen und nervenfachärztlichen Gutachten und den Entlassungsbericht der Sch. zurück. Die Klägerin leide zwar noch an Restbeschwerden im HWS- und LWS-Bereich, einer Sensibilitätsstörung im Segment S1 rechts, einer depressiven Verstimmung mit Somatisierung und einer Engpasssymptomatik der rechten Mittelhandnerven. Gleichwohl könne sie Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts, insbesondere ohne Zwangshaltungen, mindestens sechs Stunden täglich verrichten.
Deswegen hat die Klägerin am 11.01.2005 beim Sozialgericht Reutlingen (SG) Klage erhoben.
Vom 11.06. bis 16.08.2005 wurde die Klägerin erneut stationär in der Klinik R. behandelt. Im Entlassungsbericht stellte Dr. Sch ... die Diagnosen einer rezidivierenden depressiven Störung, derzeit schwere Episode und einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung bei einem Zustand nach Bandscheibenoperationen. Einen von der Klägerin auf Veranlassung ihrer Krankenkasse gestellten erneuten Rehabilitationsantrag hat die Beklagte mit Bescheid vom 28.12.2005 abgelehnt.
Das SG hat die sachverständigen Zeugenaussagen des behandelnden Allgemeinarztes Dr. Sch. , des behandelnden Neurologen und Psychiaters Dr. M. und der Psychotherapeutin P. eingeholt. In dem auf Anregung der Beklagten vom SG eingeholten psychiatrisch-psychotherapeutischen Gutachten hat Dr. L. (Münsterklinik Z. ) ein depressives Bild, das Anteile einer Dysthymie und Anteile einer Anpassungsstörung mit längerer, mittelschwerer depressiver Reaktion enthalte, beschrieben. Für das Vorhandensein einer somatoformen Schmerzstörung hat er keine Hinweise gesehen. Das Leistungsvermögen der Klägerin hat er - auch unter Berücksichtigung von Einwänden des Dr. B. , Sozialmedizinischer Dienst der Beklagten - seit Juni 2005 auf drei bis vier Stunden täglich eingeschätzt. Eine Besserung hat er für möglich erachtet. Das SG hat sodann die Erstellung eines Schmerzgutachtens bei Dr. M. in Auftrag gegeben. Dieser hat auf den Fachgebieten der Schmerztherapie und Rheumatologie eine chronische Schmerzerkrankung, die einer klassischen somatischen Form einer Fibromyalgie mit ausgeprägter Wirbelsäulenbetonung entspreche, diagnostiziert. Eine somatoforme Schmerzstörung oder Somatisierungsstörung mit diffusen Schmerzen hat er ausgeschlossen. Allerdings hat er, da die Klägerin ausgeprägt depressiv auf ihn gewirkt hatte, eine eigenständige psychiatrische Erkrankung mit einer schweren depressiven Episode gesehen. Von seinem Fachgebiet her hat er das Leistungsvermögen mit sechs arbeitstäglichen Stunden unter Beachtung qualitativer Einschränkungen eingeschätzt, bei zusätzlicher Berücksichtigung der von Dr. L. dargelegten psychiatrischen Einschränkungen sei das Leistungsvermögen jedoch - auch nach Einwänden von Dr. B. - auf unter sechs Stunden eingeschränkt.
In der mündlichen Verhandlung am 26.11.2007 hat die Klägerin unter Rücknahme der Klage im Übrigen nur noch die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung einer befristeten Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit vom 01.01.2006 bis 31.12.2009 beantragt. Diesem Antrag hat das SG mit Urteil vom gleichen Tag in vollem Umfang stattgegeben. Die Klägerin sei seit dem stationären Aufenthalt in der Klinik R. im Juni 2005 nur noch zwischen drei und unter sechs Stunden arbeitstäglich leistungsfähig. Dies beruhe auf ihrem Leiden auf nervenärztlichem Fachgebiet in Kombination mit einer Schmerzerkrankung. Das SG hat sich insbesondere auf die Gutachten von Dr. M. und Dr. L. gestützt. Dr. B. lasse außer Acht, dass seit der Begutachtung durch Dr. Z. eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Klägerin dokumentiert sei. Dies werde bereits durch die Notwendigkeit eines zweimonatigen stationären Aufenthalts wegen einer schweren depressiven Episode belegt. Auch die sachverständigen Zeugen Dr. Sch. und Dr. M. hätten über eine Verschlechterung der Depressionen berichtet.
Gegen das ihr am 20.12.2007 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 09.01.2008 Berufung eingelegt. Auch einem medizinischen Laien falle auf, dass der von Dr. L. erhobene psychische Befund ("Auffassung, Konzentration und Merkfähigkeit ungestört", "Antrieb und Psychomotorik erscheinen reduziert") nicht mit einer auf eine Konzentrationsstörung und deutlichen Antriebsstörung gestützten Leistungseinschränkung auf drei bis vier Stunden täglich konform gehe. Dr. M. habe in seinem Gutachten sein Fachgebiet überschritten. Angesichts der Einwendungen gegen das Gutachten von Dr. L. stehe nicht mit an Gewissheit grenzender Sicherheit fest, dass die Klägerin aus gesundheitlichen Gründen nur noch weniger als sechs Stunden täglich einer Erwerbstätigkeit nachgehen könne. Da die Klägerin die Beweislast trage, hätte das SG die Klage abweisen müssen.
Der Senat hat zunächst sachverständige Zeugenaussagen von Dr. H. eingeholt, der von einer wechselnden Beschwerdesymptomatik ohne wesentliche Befundverbesserung und seit Januar 2008 zunehmenden lumboischialgieformen Schmerzen berichtet hat; im Januar 2009 seien Schmerzzustände mit Taubheitsgefühl im rechten Bein auf Grund einer Spinalkanalstenose L 4/5 aufgetreten. Außerdem hat der Senat den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. M. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Ihm gegenüber hat die Klägerin u.a. von einer aktuell durchgeführten Urlaubsreise in ihre Heimat K. und von ihren Hobbys Lesen und Tonen berichtet. Sie hat weiter von der Alkoholproblematik ihres geschiedenen Ehegattens und dessen Gewalttätigkeiten in der Ehe und von einer Abtreibung, die sie nicht verarbeiten könne, erzählt. Auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet hat Dr. M. rezidivierende depressive Episoden (gegenwärtig leicht) bzw. Angst und Depression gemischt bei neurotischer Störung mit Zeichen von Somatisierungstendenz (somatoforme Schmerzstörung) und eine ängstliche (vermeidende) Persönlichkeitsstörung sowie ein chronifiziertes Schmerzsyndrom mit radikulärer Restsymptomatik nach cervicaler und lumbaler Bandscheibenoperation diagnostiziert. Aktuell liege eine Befundstabilisierung vor. Im Hinblick auf die somatoforme Schmerzstörung sei der an sich notwendige zweite konsequente Behandlungsversuch im stationären Rahmen noch nicht erfolgt. Insoweit hat er eine Besserungsmöglichkeit nach zwölf Monaten gesehen. Die Leistungseinschränkung hat Dr. M. insbesondere mit einer beschränkten Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit sowie einer deutlichen Schmerzzunahme bei Konflikten und belastenden Lebensereignissen begründet. Aktuell hat er die Belastbarkeit auf drei bis unter sechs Stunden, zum Zeitpunkt der Begutachtung durch Dr. L. auf unter drei Stunden eingeschätzt. Gegen diese Einschätzung hat nachfolgend Dr. B. eingewandt, entgegen der Vorgutachter beschreibe Dr. M. neu eine Schmerzstörung. Die Herleitung einer eingeschränkten Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit bleibe unklar. Sie lasse sich nicht aus den Angaben im Gutachten zum Tagesablauf, den Hobbys und der Urlaubsreise sowie der angegebenen Medikation herleiten. Dr. M. hat hierzu erwidert, es sei von einer komplexen Wechselwirkung verschiedener Störungen auszugehen. Die diagnostischen Kriterien einer somatoformen Schmerzstörung seien bei der Klägerin aber eindeutig zu belegen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 26.11.2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin hat auf eine weitere Verschlechterung ihres Gesundheitszustands hingewiesen und zuletzt den Bericht der Tageskliniken für Psychiatrie und Psychotherapie R. über eine tagesklinische Behandlung vom 24.06. bis 20.08.2010 vorgelegt. Als Diagnosen werden darin u.a. eine rezidivierende depressive Störung (mittelgradige Episode) sowie eine somatoforme Schmerzstörung genannt.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz, die Verwaltungsakten der Beklagten sowie auf die beigezogenen Akten des Sozialgerichts Reutlingen (S 6 SB 1341/03 und S 9 AL 1215/04) verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet.
Gegenstand des Rechtsstreits ist hier ausgehend von der Antragstellung der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem SG nur, ob der Klägerin für die Zeit vom 01.01.2006 bis 31.12.2009 eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung zusteht. Nicht Gegenstand der Beurteilung des Senats ist damit die weitere Entwicklung des Gesundheitszustands und des Leistungsvermögens der Klägerin seit 01.01.2010.
Die Berufung der Beklagten ist nicht begründet. Das SG hat die Beklagte zu Recht auf der Grundlage des Eintritts einer Erwerbsminderung im Juni 2005 zur Gewährung einer befristeten Rente wegen voller Erwerbsminderung verurteilt.
Rechtsgrundlage für diese Rente ist § 43 Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Danach haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie voll erwerbsgemindert sind und die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen vorliegen. Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI sind voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Volle Erwerbsminderung besteht über die Regelung des § 43 Abs. 2 SGB VI hinaus nach der Rechtsprechung des BSG (Großer Senat, Beschluss vom 10.12.1976, u.a. GS 2/75 in SozR 2200 § 1246 Nr. 13) bei regelmäßig bejahter Verschlossenheit des Arbeitsmarktes auch dann, wenn eine zeitliche Leistungseinschränkung von drei bis unter sechs Stunden vorliegt. Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist aber nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (§ 43 Abs. 1, 2 Nrn. 2 und 3 SGB VI) liegen vor. Dem Gesamtkontenspiegel vom 14.02.2005 ist zu entnehmen, dass die Klägerin vor Juni 2005 die allgemeine Wartezeit gem. §§ 50 Abs. 1, 51 Abs. 1 SGB VI erfüllte und in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung auch mindestens drei Jahre Pflichtbeitragszeiten für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit bzw. gem. § 55 Abs. 2 SGB VI damit gleichgestellte Beitragszeiten für den Bezug von Kranken- und Arbeitslosengeld hatte.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend ausgeführt, dass die Klägerin seit Juni 2005 leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen nicht mehr mindestens sechs Stunden täglich ausüben konnte. Der Senat sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer wiederholenden Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung der Beklagten aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Die Sachaufklärung des Senats hat diese Beurteilung bestätigt. Überzeugend hat Dr. M. die Erkrankungen der Klägerin - unter Einräumung der wegen der Wechselwirkungen bei der genauen Klassifikation bestehenden Schwierigkeiten - als rezidivierende depressive Episoden bei neurotischer Störung mit Zeichen von Somatisierungstendenz im Sinne einer somatoformen Schmerzstörung und einer ängstlich vermeidenden Persönlichkeitsstörung sowie als ein chronifiziertes Schmerzsyndrom mit radikulärer Restsymptomatik nach cervicaler und lumbaler Bandscheibenoperation diagnostiziert. Die Diagnose der depressiven Episode ist hinreichend gesichert. Hier wird beispielshaft auf die Berichte über die stationären Behandlungen in der Klinik R. vom Sommer 2003 und Sommer 2005 und auf den Reha-Entlassbericht der Sch. Bad B. verwiesen. Auch Dr. L. hat ein depressives Bild bei der Klägerin im Rahmen seiner Begutachtung beschrieben.
Hinsichtlich der von der Klägerin geklagten Schmerzen kann letztlich dahingestellt bleiben, ob - wie von Dr. M. angenommen - eine somatoforme Schmerzstörung als Untergesichtspunkt des depressiven Krankheitsbilds anzusehen und davon getrennt lediglich wegen der Restsymptomatik nach den Bandscheibenoperationen ein chronifiziertes Schmerzsyndrom zu diagnostizieren ist oder ob die somatoforme Schmerzstörung neben den depressiven Episoden als eigenständiges Krankheitsbild unter Ein- oder Ausschluss des Schmerzsyndroms zu sehen ist. Eine derartige Schmerzstörung - gleich ob als somatoforme Schmerzstörung oder Fibromyalgie diagnostiziert - liegt jedenfalls vor.
Lediglich Dr. L. hat für das Vorhandensein einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung aus gutachterlicher Sicht keine Hinweise gesehen. Dies überzeugt den Senat nicht. Die Auffassung von Dr. L. widerspricht erheblich derjenigen der behandelnden Ärzte und den eben angesprochenen Gutachtern. Zwar spielen in der Tat in seinem Gutachten die anamnestischen Angaben der Klägerin zu Ängsten, zu einem sozialen Rückzug und nächtlichem Weinen eine große Rolle. Auch werden die Eheprobleme dargestellt. Jedoch hat die Klägerin den Gutachter ebenso auf die durchgeführten Operationen und die fortbestehenden Schmerzen hingewiesen. Diese können zur Überzeugung des Senats nicht mehr mit den objektiv vorliegenden Folgezuständen nach den Bandscheibenoperationen erklärt werden. So mag eine Schmerzerkrankung zum Zeitpunkt der Begutachtung durch Dr. K. , die noch im zeitlichen Zusammenhang mit den Operationen stattfand, in der Tat keine Rolle gespielt haben. Zum damaligen Zeitpunkt hielt Dr. K. die von der Klägerin geschilderten Schmerzen, er sprach sogar von einer unterwertigen Schmerzschilderung, für nachvollziehbar. Bereits Anfang 2004 kam jedoch Dr. Z. bei der neurologischen-psychiatrischen Begutachtung zur Diagnose einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung. Ihm gegenüber hatte die Klägerin nämlich über Schmerzen am ganzen Körper berichtet. Im Entlassungsbericht der Sch. Bad B. über die bis 09.08.2004 durchgeführte stationäre Rehabilitationsmaßnahme wird zwar eine somatoforme Schmerzstörung wiederum nicht genannt, die Klägerin jedoch ausdrücklich als "schmerzklagend" beschrieben. Im Rahmen der stationären Behandlung in der Klinik R. von Juni bis August 2005 spielte die Schmerzstörung eine herausragende Rolle. Die Klägerin gab bei der Aufnahme an, unter einem Brennen in verschiedenen Körperregionen und Schmerzen in den Schultern sowie im Wirbelsäulenbereich ausstrahlend bis in die Waden zu leiden.
Gegenüber Dr. M. hat die Klägerin wiederum nicht nur eine innere Unruhe, sondern auch Schmerzen als Ursache ihrer Schlafprobleme angegeben. Sie hat ihre "Schmerzgeschichte" mit eher belastungsabhängig auftretenden Schmerzen geschildert. Befragt zu den aktuellen Beschwerden hat sie Schmerzen wechselnd im Bereich der Arme, den Schultern, dem Gesäß und der rechten Leiste mitgeteilt. Bei der Begutachtung durch Dr. M. im Juni 2008 hat die Klägerin auf die Frage nach somatischen Problemen die Wirbelsäule an sich nicht mehr erwähnt, sondern von Schmerzen an der rechten Hand, dem Ellbogen, im rechten Bein, im Hals und am rechten Knie berichtet. Auch wenn aufgrund der sachverständigen Zeugenaussage von Dr. H. vom 27.03.2009 Schmerzen am rechten Bein eventuell teilweise mit einer zwischenzeitlich festgestellten Spinalkanalstenose L4/5 und Narbengewebe im voroperierten Bereich L5/S1 erklärt werden können, hält es der Senat angesichts der vielgestaltigen Beschwerdeschilderungen für überzeugend, wenn die oben genannten Therapeuten und Ärzte vom Vorliegen einer somatoformen Schmerzstörung, die nicht mehr rein körperlich erklärt werden kann, ausgehen. Hinsichtlich dieser Bewertung sieht der Senat zwischen den Gutachtern Dr. M. und Dr. M. letztlich nur einen Unterschied ... in der Begrifflichkeit. Auf die laut Dr. M. noch immer äußerst kontrovers geführte Auseinandersetzung mit dem Begriff der Fibromyalgie muss daher nicht eingegangen werden. Der Senat geht davon aus, dass auch insoweit Dr. M. und Dr. M. jedenfalls die gleichen, die berufliche Leistungsfähigkeit der Klägerin einschränkenden Erkrankungszustände, beschreiben.
Ausgehend von den dargestellten Gesundheitsstörungen ist Dr. M. überzeugend zu dem Schluss gekommen, dass die Klägerin nur noch drei bis unter sechs Stunden arbeiten kann. Es kann dahingestellt bleiben, ob zum Zeitpunkt der Begutachtung durch Dr. L. ein Leistungsvermögen von unter drei Stunden vorlag. Dr. L. selbst ist jedenfalls von einem Leistungsvermögen von drei bis vier Stunden ausgegangen, was ebenfalls zur Rente wegen voller Erwerbsminderung führt. Dr. M. steht mit seiner Leistungseinschätzung, soweit er von einem Leistungsvermögen von unter sechs Stunden ausgeht, im Einklang mit den Vorgutachtern Dr. L. und Dr. M ... Die gegen diese Einschätzung von Dr. B. erhobenen Bedenken überzeugen nicht.
Sicher zutreffend hat Dr. B. in der Stellungnahme vom 19.08.2008 die Auffassung vertreten, eine leichte depressive Episode (bzw. die Differenzialdiagnose "Angst und Depression") mit verhältnismäßig milden Symptomen führe zu keiner höhergradigen funktionellen Beeinträchtigung mit Rückwirkung auf das quantitative Leistungsvermögen. Er hat dabei jedoch unberücksichtigt gelassen, dass Dr. M. nachvollziehbar darauf hingewiesen hat, die Klägerin reagiere auf unangenehme Lebensereignisse, Konflikte und Schwierigkeiten mit massivem Schmerzerleben und insbesondere einer Zunahme der depressiven Symptomatik bis zu einer schweren depressiven Episode. Dies ist durch die stationären Aufenthalte in der Klinik R. und durch die jetzt noch aktuell nachgewiesene tagesklinische Betreuung in den Tageskliniken für Psychiatrie und Psychotherapie R. hinreichend belegt. Diese mehrwöchigen Aufenthalte sind für den Senat deutliche Zeichen der eingeschränkten Belastbarkeit und zwar auch in zeitlicher Hinsicht.
Völlig zu Recht hat Dr. B. im Hinblick auf die Ausführungen im Gutachten von Dr. M. zum Tagesablauf, zu den Hobbys und zum Freizeitverhalten Zweifel an der von Dr. M. als Haupteinschränkung herangezogenen Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit geäußert. Diese Zweifel werden für den Senat an sich noch dadurch bestärkt, dass Dr. M. auf zwei aufeinanderfolgenden Seiten seines Gutachtens (S. 26 und 27) einerseits von einer mäßigen Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit, andererseits von einer massiven Einschränkung dieser Fähigkeiten ausgegangen ist. Der von Dr. M. wiedergegebene Tagesablauf mit Gymnastik, Laufen, im Wesentlichen selbstständiger Bewältigung des Haushalts und sozialen Kontakten erscheint in der Tat recht aktiv. Klar ist auch, dass die von der Klägerin wiederholt geäußerte Sorge hinsichtlich ihrer finanziellen Zukunft keine Rechtfertigung für eine Rentengewährung gibt. Allerdings sieht der Senat angesichts der immer wieder durchgeführten stationären Behandlungen eine große Brüchigkeit des scheinbar stabilen, aktiven Zustands. In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 31.10.2008 hat Dr. M. überzeugend auf die komplexe Wechselwirkung der verschiedenen Störungsbilder hingewiesen. Angesichts dieser Wechselwirkung hat der Senat auch keine Bedenken gegen die von Dr. M. vorgenommene integrierende Betrachtung. Nachvollziehbar hat Dr. M. in diesem Zusammenhang auf vielschichtige, zum Teil anhaltende psychosoziale Belastungen verwiesen. An erster Stelle ist hier aus Sicht des Senats das nach der Aussage der Psychotherapeutin P. über drei Jahre laufende Scheidungsverfahren zu nennen. Die Klägerin gab hier insbesondere Ängste an, dass die Alkoholabhängigkeit und die Gewalttätigkeit ihres Ehegatten öffentlich werden könnten. Zusätzlich erschwerend trat im Zusammenhang mit den gesundheitlichen Problemen damals auch der Arbeitsplatzverlust ein. Wohl erstmalig hat die Klägerin gegenüber Dr. M. auch von einer nicht verarbeiteten Abtreibung berichtet.
Auch wenn Dr. M. für den Zeitpunkt seiner Begutachtung von einer Stabilisierung gesprochen hat und im Hinblick auf den Zeitpunkt der Vorbegutachtung durch Dr. L. von einer letztlich nicht nachvollziehbaren Leistungseinschränkung auf unter drei Stunden ausgegangen ist, hält der Senat die Auffassung des SG, von einem unter sechsstündiges Leistungsvermögen für die Zeit bis zum 31.12.2009 auszugehen, für zutreffend. Dem scheinbar wenig eingeschränkten Tagesablauf lag zur Überzeugung des Senats keine hinreichende psychische und körperliche Stabilität zugrunde. Einer beruflichen Belastung mit mindestens sechs Stunden täglich hätte die Klägerin nicht Stand gehalten. Dies belegt auch die aktuell - freilich außerhalb des streitgegenständlichen Zeitraums - notwendig gewordene tagesklinische Behandlung. Die Aufnahme ist ohne klar beschriebenen Auslöser wegen einer depressiven Dekompensation mit Ängsten und sozialem Rückzug erfolgt. Während der Behandlung hat sich bereits ein Besuch ihrer Tochter mit den Enkelkindern als destabilisierende Belastung erwiesen. Auf die Nachricht von einer Krebserkrankung ihrer Schwester hat die Klägerin mit Panikattacken reagiert.
Der Senat sieht hinsichtlich der Einschätzung von Dr. M. auch eine teilweise Übereinstimmung mit dem im Verwaltungsverfahren tätig gewordenen Gutachter Dr. Z ... Dr. Z. sah in seinem Gutachten ein mindestens sechsstündiges Leistungsvermögen erst nach Durchführung einer Rehabilitationsmaßnahme, wie dann in der Sch. Bad B. mit Erfolg (laut Entlassungsbericht mindestens sechsstündiges tägliches Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten unter Beachtung qualitativer Einschränkungen) geschehen, als erreichbar an. Auch Dr. M. hat ausdrücklich eine Besserungsmöglichkeit bei Durchführung eines zweiten stationären psychosomatischen Heilverfahrens bejaht. Eine Stabilisierung hat er von einer solchen Therapie jedoch erst nach zwölf Monaten erwartet, sodass auch zum Zeitpunkt seiner Begutachtung von einem dauerhaften Zustand (mehr als sechs Monate) auszugehen ist. Da die Beklagte während des laufenden Rentenverfahrens mit Bescheid vom 28.12.2005 den erneut gestellten Antrag auf eine weitere stationäre Rehabilitationsmaßnahme abgelehnt hat, kann sie sich nicht auf den in der von Dr. M. erwähnten, in der rentenversicherungsrechtlichen Literatur vertretenen Standpunkt, eine Berentung könne erst nach zweimaligen stationären Heilverfahren durchgeführt werden, zurückziehen. Damit ist auch das Argument von Dr. B. , aus nicht ausgeschöpften Therapiemöglichkeiten sei auf einen fehlenden höhergradigen Leidensdruck zu schließen, nicht gerechtfertigt. Hierzu hat Dr. M. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 31.10.2008 dargelegt, dass eine ausreichende Medikation erfolgt.
Überzeugend hat das SG in der stationären Aufnahme in der Klinik R. im Juni 2005 eine bezogen auf den Zustand nach der Rehabilitationsmaßnahme in Bad B. nachgewiesene Verschlechterung des Gesundheitszustands der Klägerin und damit einhergehend eine - ausgehend vom Gutachten von Dr. Z. - wieder eingetretene Verminderung des Leistungsvermögens gesehen. Dabei fällt auf, dass im Rahmen dieses Aufenthalts seitens der behandelnden Ärzte der Klinik eine schwere Episode der depressiven Störung diagnostiziert wurde, während die erstmalige stationäre Behandlung noch unter der Diagnose einer mittelschweren Episode erfolgte. Auch vor dem Hintergrund, dass mit der Verschlechterung des Gesundheitszustands die Klägerin aus Sicht des Senats quasi in den Zustand, wenn nicht sogar einen schlechteren als zum Zeitpunkt der Begutachtung durch Dr. Z. zurückversetzt war, hält der Senat die Auffassung der Gutachter Dr. L. , Dr. M. und Dr. M. für überzeugend. Entgegen der Vorgehensweise nach der Begutachtung durch Dr. Z. wurde, obwohl ein Rehabilitationsantrag auf Veranlassung der Krankenkasse von der Klägerin gestellt wurde, nachfolgend eben keine solche Maßnahme durchgeführt. Damit konnte auch keine erneute Stabilisierung erreicht werden.
Das SG hat den Beginn der Rente zutreffend nach § 101 Abs.1 SGB VI bestimmt. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Ausführungen des SG Bezug genommen. Gleiches gilt für die Ausführungen des SG zur Befristung der Rente gemäß § 102 Abs. 2 SGB VI.
Die Kostenentscheidung beruht auf §193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin im Berufungsverfahren zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer befristeten Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Die am 1953 geborene, mittlerweile geschiedene Klägerin ist k. Staatsangehörige und lebt seit 1972 in Deutschland. Sie hat keine abgeschlossene Berufsausbildung. Zuletzt war sie bis August 2003 als Montagearbeiterin bei einem Strickmaschinenhersteller beschäftigt. Anfang 2002 wurde die Klägerin an der Lendenwirbelsäule (LWS) und Anfang 2003 an der Halswirbelsäule (HWS) operiert. Im zeitlichen Zusammenhang wurden jeweils stationäre Rehabilitationsmaßnahmen durchgeführt. Zudem erfolgte im Sommer 2003 unter der Diagnose einer mittelschweren depressiven Episode eine mehrwöchige stationäre Behandlung in einer psychiatrischen Klinik (Klinik R. ). Die Klägerin bezog bis zur Erschöpfung des jeweiligen Leistungsanspruchs zunächst Krankengeld, nachfolgend Arbeitslosengeld. Das Arbeitsverhältnis ist zwischenzeitlich gekündigt. Hinsichtlich der rentenversicherungsrechtlichen Zeiten im Einzelnen wird auf den Versicherungsverlauf zum Bescheid vom 25.09.2003 und den Gesamtkontenspiegel vom 14.02.2005 (Verw.-Akte Bf 12) verwiesen.
Am 28.07.2003 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente. Die Beklagte zog verschiedene medizinische Unterlagen bei und veranlasste eine Begutachtung durch den Orthopäden Dr. K ... Dieser beschrieb eine Restbeschwerdesymptomatik im HWS- und LWS-Bereich nach einer Bandscheibensanierungsoperation im Segment L5/S1 sowie einer Versteifungsoperation im Segment C5 bis C7, eine Rumpfmuskeldysbalance sowie einen Anhalt für Nervenwurzelreizzeichen entsprechend dem Dermatom S1 rechts. Die letzte, rein sitzende Tätigkeit als Montagearbeiterin könne die Klägerin nur noch unter drei Stunden täglich verrichten. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sei sie aber unter Beachtung qualitativer Einschränkungen für mindestens sechs Stunden täglich leistungsfähig. Darauf gestützt lehnte die Beklagte den Rentenantrag der Klägerin mit Bescheid vom 25.09.2003 ab. Im Widerspruchsverfahren holte die Beklagte ein psychiatrisches Gutachten bei Dr. Z. ein. Dieser diagnostizierte u.a. unter Hinweis auf das damals laufende Scheidungsverfahren eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, eine depressive Reaktion sowie ein Carpaltunnelsyndrom (CTS) rechts. Das Leistungsvermögen bewertete er an sich wie zuvor Dr. K. , sah jedoch zunächst die Notwendigkeit einer weiteren stationären Rehabilitationsmaßnahme. Diese wurde vom 12.07. bis 09.08.2004 in der Sch. Bad B. durchgeführt. Im Entlassungsbericht wurden die bislang gestellten Diagnosen wiederholt. Die depressive Episode wurde als leicht angesehen. In ihrer letzten Tätigkeit sei sie nur noch unter drei Stunden, im Übrigen unter Beachtung qualitativer Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich leistungsfähig. Mit Widerspruchsbescheid vom 22.12.2004 wies die Beklagte den Widerspruch unter Hinweis auf die eingeholten orthopädischen und nervenfachärztlichen Gutachten und den Entlassungsbericht der Sch. zurück. Die Klägerin leide zwar noch an Restbeschwerden im HWS- und LWS-Bereich, einer Sensibilitätsstörung im Segment S1 rechts, einer depressiven Verstimmung mit Somatisierung und einer Engpasssymptomatik der rechten Mittelhandnerven. Gleichwohl könne sie Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts, insbesondere ohne Zwangshaltungen, mindestens sechs Stunden täglich verrichten.
Deswegen hat die Klägerin am 11.01.2005 beim Sozialgericht Reutlingen (SG) Klage erhoben.
Vom 11.06. bis 16.08.2005 wurde die Klägerin erneut stationär in der Klinik R. behandelt. Im Entlassungsbericht stellte Dr. Sch ... die Diagnosen einer rezidivierenden depressiven Störung, derzeit schwere Episode und einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung bei einem Zustand nach Bandscheibenoperationen. Einen von der Klägerin auf Veranlassung ihrer Krankenkasse gestellten erneuten Rehabilitationsantrag hat die Beklagte mit Bescheid vom 28.12.2005 abgelehnt.
Das SG hat die sachverständigen Zeugenaussagen des behandelnden Allgemeinarztes Dr. Sch. , des behandelnden Neurologen und Psychiaters Dr. M. und der Psychotherapeutin P. eingeholt. In dem auf Anregung der Beklagten vom SG eingeholten psychiatrisch-psychotherapeutischen Gutachten hat Dr. L. (Münsterklinik Z. ) ein depressives Bild, das Anteile einer Dysthymie und Anteile einer Anpassungsstörung mit längerer, mittelschwerer depressiver Reaktion enthalte, beschrieben. Für das Vorhandensein einer somatoformen Schmerzstörung hat er keine Hinweise gesehen. Das Leistungsvermögen der Klägerin hat er - auch unter Berücksichtigung von Einwänden des Dr. B. , Sozialmedizinischer Dienst der Beklagten - seit Juni 2005 auf drei bis vier Stunden täglich eingeschätzt. Eine Besserung hat er für möglich erachtet. Das SG hat sodann die Erstellung eines Schmerzgutachtens bei Dr. M. in Auftrag gegeben. Dieser hat auf den Fachgebieten der Schmerztherapie und Rheumatologie eine chronische Schmerzerkrankung, die einer klassischen somatischen Form einer Fibromyalgie mit ausgeprägter Wirbelsäulenbetonung entspreche, diagnostiziert. Eine somatoforme Schmerzstörung oder Somatisierungsstörung mit diffusen Schmerzen hat er ausgeschlossen. Allerdings hat er, da die Klägerin ausgeprägt depressiv auf ihn gewirkt hatte, eine eigenständige psychiatrische Erkrankung mit einer schweren depressiven Episode gesehen. Von seinem Fachgebiet her hat er das Leistungsvermögen mit sechs arbeitstäglichen Stunden unter Beachtung qualitativer Einschränkungen eingeschätzt, bei zusätzlicher Berücksichtigung der von Dr. L. dargelegten psychiatrischen Einschränkungen sei das Leistungsvermögen jedoch - auch nach Einwänden von Dr. B. - auf unter sechs Stunden eingeschränkt.
In der mündlichen Verhandlung am 26.11.2007 hat die Klägerin unter Rücknahme der Klage im Übrigen nur noch die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung einer befristeten Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit vom 01.01.2006 bis 31.12.2009 beantragt. Diesem Antrag hat das SG mit Urteil vom gleichen Tag in vollem Umfang stattgegeben. Die Klägerin sei seit dem stationären Aufenthalt in der Klinik R. im Juni 2005 nur noch zwischen drei und unter sechs Stunden arbeitstäglich leistungsfähig. Dies beruhe auf ihrem Leiden auf nervenärztlichem Fachgebiet in Kombination mit einer Schmerzerkrankung. Das SG hat sich insbesondere auf die Gutachten von Dr. M. und Dr. L. gestützt. Dr. B. lasse außer Acht, dass seit der Begutachtung durch Dr. Z. eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Klägerin dokumentiert sei. Dies werde bereits durch die Notwendigkeit eines zweimonatigen stationären Aufenthalts wegen einer schweren depressiven Episode belegt. Auch die sachverständigen Zeugen Dr. Sch. und Dr. M. hätten über eine Verschlechterung der Depressionen berichtet.
Gegen das ihr am 20.12.2007 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 09.01.2008 Berufung eingelegt. Auch einem medizinischen Laien falle auf, dass der von Dr. L. erhobene psychische Befund ("Auffassung, Konzentration und Merkfähigkeit ungestört", "Antrieb und Psychomotorik erscheinen reduziert") nicht mit einer auf eine Konzentrationsstörung und deutlichen Antriebsstörung gestützten Leistungseinschränkung auf drei bis vier Stunden täglich konform gehe. Dr. M. habe in seinem Gutachten sein Fachgebiet überschritten. Angesichts der Einwendungen gegen das Gutachten von Dr. L. stehe nicht mit an Gewissheit grenzender Sicherheit fest, dass die Klägerin aus gesundheitlichen Gründen nur noch weniger als sechs Stunden täglich einer Erwerbstätigkeit nachgehen könne. Da die Klägerin die Beweislast trage, hätte das SG die Klage abweisen müssen.
Der Senat hat zunächst sachverständige Zeugenaussagen von Dr. H. eingeholt, der von einer wechselnden Beschwerdesymptomatik ohne wesentliche Befundverbesserung und seit Januar 2008 zunehmenden lumboischialgieformen Schmerzen berichtet hat; im Januar 2009 seien Schmerzzustände mit Taubheitsgefühl im rechten Bein auf Grund einer Spinalkanalstenose L 4/5 aufgetreten. Außerdem hat der Senat den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. M. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Ihm gegenüber hat die Klägerin u.a. von einer aktuell durchgeführten Urlaubsreise in ihre Heimat K. und von ihren Hobbys Lesen und Tonen berichtet. Sie hat weiter von der Alkoholproblematik ihres geschiedenen Ehegattens und dessen Gewalttätigkeiten in der Ehe und von einer Abtreibung, die sie nicht verarbeiten könne, erzählt. Auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet hat Dr. M. rezidivierende depressive Episoden (gegenwärtig leicht) bzw. Angst und Depression gemischt bei neurotischer Störung mit Zeichen von Somatisierungstendenz (somatoforme Schmerzstörung) und eine ängstliche (vermeidende) Persönlichkeitsstörung sowie ein chronifiziertes Schmerzsyndrom mit radikulärer Restsymptomatik nach cervicaler und lumbaler Bandscheibenoperation diagnostiziert. Aktuell liege eine Befundstabilisierung vor. Im Hinblick auf die somatoforme Schmerzstörung sei der an sich notwendige zweite konsequente Behandlungsversuch im stationären Rahmen noch nicht erfolgt. Insoweit hat er eine Besserungsmöglichkeit nach zwölf Monaten gesehen. Die Leistungseinschränkung hat Dr. M. insbesondere mit einer beschränkten Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit sowie einer deutlichen Schmerzzunahme bei Konflikten und belastenden Lebensereignissen begründet. Aktuell hat er die Belastbarkeit auf drei bis unter sechs Stunden, zum Zeitpunkt der Begutachtung durch Dr. L. auf unter drei Stunden eingeschätzt. Gegen diese Einschätzung hat nachfolgend Dr. B. eingewandt, entgegen der Vorgutachter beschreibe Dr. M. neu eine Schmerzstörung. Die Herleitung einer eingeschränkten Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit bleibe unklar. Sie lasse sich nicht aus den Angaben im Gutachten zum Tagesablauf, den Hobbys und der Urlaubsreise sowie der angegebenen Medikation herleiten. Dr. M. hat hierzu erwidert, es sei von einer komplexen Wechselwirkung verschiedener Störungen auszugehen. Die diagnostischen Kriterien einer somatoformen Schmerzstörung seien bei der Klägerin aber eindeutig zu belegen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 26.11.2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin hat auf eine weitere Verschlechterung ihres Gesundheitszustands hingewiesen und zuletzt den Bericht der Tageskliniken für Psychiatrie und Psychotherapie R. über eine tagesklinische Behandlung vom 24.06. bis 20.08.2010 vorgelegt. Als Diagnosen werden darin u.a. eine rezidivierende depressive Störung (mittelgradige Episode) sowie eine somatoforme Schmerzstörung genannt.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz, die Verwaltungsakten der Beklagten sowie auf die beigezogenen Akten des Sozialgerichts Reutlingen (S 6 SB 1341/03 und S 9 AL 1215/04) verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet.
Gegenstand des Rechtsstreits ist hier ausgehend von der Antragstellung der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem SG nur, ob der Klägerin für die Zeit vom 01.01.2006 bis 31.12.2009 eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung zusteht. Nicht Gegenstand der Beurteilung des Senats ist damit die weitere Entwicklung des Gesundheitszustands und des Leistungsvermögens der Klägerin seit 01.01.2010.
Die Berufung der Beklagten ist nicht begründet. Das SG hat die Beklagte zu Recht auf der Grundlage des Eintritts einer Erwerbsminderung im Juni 2005 zur Gewährung einer befristeten Rente wegen voller Erwerbsminderung verurteilt.
Rechtsgrundlage für diese Rente ist § 43 Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Danach haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie voll erwerbsgemindert sind und die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen vorliegen. Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI sind voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Volle Erwerbsminderung besteht über die Regelung des § 43 Abs. 2 SGB VI hinaus nach der Rechtsprechung des BSG (Großer Senat, Beschluss vom 10.12.1976, u.a. GS 2/75 in SozR 2200 § 1246 Nr. 13) bei regelmäßig bejahter Verschlossenheit des Arbeitsmarktes auch dann, wenn eine zeitliche Leistungseinschränkung von drei bis unter sechs Stunden vorliegt. Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist aber nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (§ 43 Abs. 1, 2 Nrn. 2 und 3 SGB VI) liegen vor. Dem Gesamtkontenspiegel vom 14.02.2005 ist zu entnehmen, dass die Klägerin vor Juni 2005 die allgemeine Wartezeit gem. §§ 50 Abs. 1, 51 Abs. 1 SGB VI erfüllte und in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung auch mindestens drei Jahre Pflichtbeitragszeiten für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit bzw. gem. § 55 Abs. 2 SGB VI damit gleichgestellte Beitragszeiten für den Bezug von Kranken- und Arbeitslosengeld hatte.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend ausgeführt, dass die Klägerin seit Juni 2005 leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen nicht mehr mindestens sechs Stunden täglich ausüben konnte. Der Senat sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer wiederholenden Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung der Beklagten aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Die Sachaufklärung des Senats hat diese Beurteilung bestätigt. Überzeugend hat Dr. M. die Erkrankungen der Klägerin - unter Einräumung der wegen der Wechselwirkungen bei der genauen Klassifikation bestehenden Schwierigkeiten - als rezidivierende depressive Episoden bei neurotischer Störung mit Zeichen von Somatisierungstendenz im Sinne einer somatoformen Schmerzstörung und einer ängstlich vermeidenden Persönlichkeitsstörung sowie als ein chronifiziertes Schmerzsyndrom mit radikulärer Restsymptomatik nach cervicaler und lumbaler Bandscheibenoperation diagnostiziert. Die Diagnose der depressiven Episode ist hinreichend gesichert. Hier wird beispielshaft auf die Berichte über die stationären Behandlungen in der Klinik R. vom Sommer 2003 und Sommer 2005 und auf den Reha-Entlassbericht der Sch. Bad B. verwiesen. Auch Dr. L. hat ein depressives Bild bei der Klägerin im Rahmen seiner Begutachtung beschrieben.
Hinsichtlich der von der Klägerin geklagten Schmerzen kann letztlich dahingestellt bleiben, ob - wie von Dr. M. angenommen - eine somatoforme Schmerzstörung als Untergesichtspunkt des depressiven Krankheitsbilds anzusehen und davon getrennt lediglich wegen der Restsymptomatik nach den Bandscheibenoperationen ein chronifiziertes Schmerzsyndrom zu diagnostizieren ist oder ob die somatoforme Schmerzstörung neben den depressiven Episoden als eigenständiges Krankheitsbild unter Ein- oder Ausschluss des Schmerzsyndroms zu sehen ist. Eine derartige Schmerzstörung - gleich ob als somatoforme Schmerzstörung oder Fibromyalgie diagnostiziert - liegt jedenfalls vor.
Lediglich Dr. L. hat für das Vorhandensein einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung aus gutachterlicher Sicht keine Hinweise gesehen. Dies überzeugt den Senat nicht. Die Auffassung von Dr. L. widerspricht erheblich derjenigen der behandelnden Ärzte und den eben angesprochenen Gutachtern. Zwar spielen in der Tat in seinem Gutachten die anamnestischen Angaben der Klägerin zu Ängsten, zu einem sozialen Rückzug und nächtlichem Weinen eine große Rolle. Auch werden die Eheprobleme dargestellt. Jedoch hat die Klägerin den Gutachter ebenso auf die durchgeführten Operationen und die fortbestehenden Schmerzen hingewiesen. Diese können zur Überzeugung des Senats nicht mehr mit den objektiv vorliegenden Folgezuständen nach den Bandscheibenoperationen erklärt werden. So mag eine Schmerzerkrankung zum Zeitpunkt der Begutachtung durch Dr. K. , die noch im zeitlichen Zusammenhang mit den Operationen stattfand, in der Tat keine Rolle gespielt haben. Zum damaligen Zeitpunkt hielt Dr. K. die von der Klägerin geschilderten Schmerzen, er sprach sogar von einer unterwertigen Schmerzschilderung, für nachvollziehbar. Bereits Anfang 2004 kam jedoch Dr. Z. bei der neurologischen-psychiatrischen Begutachtung zur Diagnose einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung. Ihm gegenüber hatte die Klägerin nämlich über Schmerzen am ganzen Körper berichtet. Im Entlassungsbericht der Sch. Bad B. über die bis 09.08.2004 durchgeführte stationäre Rehabilitationsmaßnahme wird zwar eine somatoforme Schmerzstörung wiederum nicht genannt, die Klägerin jedoch ausdrücklich als "schmerzklagend" beschrieben. Im Rahmen der stationären Behandlung in der Klinik R. von Juni bis August 2005 spielte die Schmerzstörung eine herausragende Rolle. Die Klägerin gab bei der Aufnahme an, unter einem Brennen in verschiedenen Körperregionen und Schmerzen in den Schultern sowie im Wirbelsäulenbereich ausstrahlend bis in die Waden zu leiden.
Gegenüber Dr. M. hat die Klägerin wiederum nicht nur eine innere Unruhe, sondern auch Schmerzen als Ursache ihrer Schlafprobleme angegeben. Sie hat ihre "Schmerzgeschichte" mit eher belastungsabhängig auftretenden Schmerzen geschildert. Befragt zu den aktuellen Beschwerden hat sie Schmerzen wechselnd im Bereich der Arme, den Schultern, dem Gesäß und der rechten Leiste mitgeteilt. Bei der Begutachtung durch Dr. M. im Juni 2008 hat die Klägerin auf die Frage nach somatischen Problemen die Wirbelsäule an sich nicht mehr erwähnt, sondern von Schmerzen an der rechten Hand, dem Ellbogen, im rechten Bein, im Hals und am rechten Knie berichtet. Auch wenn aufgrund der sachverständigen Zeugenaussage von Dr. H. vom 27.03.2009 Schmerzen am rechten Bein eventuell teilweise mit einer zwischenzeitlich festgestellten Spinalkanalstenose L4/5 und Narbengewebe im voroperierten Bereich L5/S1 erklärt werden können, hält es der Senat angesichts der vielgestaltigen Beschwerdeschilderungen für überzeugend, wenn die oben genannten Therapeuten und Ärzte vom Vorliegen einer somatoformen Schmerzstörung, die nicht mehr rein körperlich erklärt werden kann, ausgehen. Hinsichtlich dieser Bewertung sieht der Senat zwischen den Gutachtern Dr. M. und Dr. M. letztlich nur einen Unterschied ... in der Begrifflichkeit. Auf die laut Dr. M. noch immer äußerst kontrovers geführte Auseinandersetzung mit dem Begriff der Fibromyalgie muss daher nicht eingegangen werden. Der Senat geht davon aus, dass auch insoweit Dr. M. und Dr. M. jedenfalls die gleichen, die berufliche Leistungsfähigkeit der Klägerin einschränkenden Erkrankungszustände, beschreiben.
Ausgehend von den dargestellten Gesundheitsstörungen ist Dr. M. überzeugend zu dem Schluss gekommen, dass die Klägerin nur noch drei bis unter sechs Stunden arbeiten kann. Es kann dahingestellt bleiben, ob zum Zeitpunkt der Begutachtung durch Dr. L. ein Leistungsvermögen von unter drei Stunden vorlag. Dr. L. selbst ist jedenfalls von einem Leistungsvermögen von drei bis vier Stunden ausgegangen, was ebenfalls zur Rente wegen voller Erwerbsminderung führt. Dr. M. steht mit seiner Leistungseinschätzung, soweit er von einem Leistungsvermögen von unter sechs Stunden ausgeht, im Einklang mit den Vorgutachtern Dr. L. und Dr. M ... Die gegen diese Einschätzung von Dr. B. erhobenen Bedenken überzeugen nicht.
Sicher zutreffend hat Dr. B. in der Stellungnahme vom 19.08.2008 die Auffassung vertreten, eine leichte depressive Episode (bzw. die Differenzialdiagnose "Angst und Depression") mit verhältnismäßig milden Symptomen führe zu keiner höhergradigen funktionellen Beeinträchtigung mit Rückwirkung auf das quantitative Leistungsvermögen. Er hat dabei jedoch unberücksichtigt gelassen, dass Dr. M. nachvollziehbar darauf hingewiesen hat, die Klägerin reagiere auf unangenehme Lebensereignisse, Konflikte und Schwierigkeiten mit massivem Schmerzerleben und insbesondere einer Zunahme der depressiven Symptomatik bis zu einer schweren depressiven Episode. Dies ist durch die stationären Aufenthalte in der Klinik R. und durch die jetzt noch aktuell nachgewiesene tagesklinische Betreuung in den Tageskliniken für Psychiatrie und Psychotherapie R. hinreichend belegt. Diese mehrwöchigen Aufenthalte sind für den Senat deutliche Zeichen der eingeschränkten Belastbarkeit und zwar auch in zeitlicher Hinsicht.
Völlig zu Recht hat Dr. B. im Hinblick auf die Ausführungen im Gutachten von Dr. M. zum Tagesablauf, zu den Hobbys und zum Freizeitverhalten Zweifel an der von Dr. M. als Haupteinschränkung herangezogenen Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit geäußert. Diese Zweifel werden für den Senat an sich noch dadurch bestärkt, dass Dr. M. auf zwei aufeinanderfolgenden Seiten seines Gutachtens (S. 26 und 27) einerseits von einer mäßigen Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit, andererseits von einer massiven Einschränkung dieser Fähigkeiten ausgegangen ist. Der von Dr. M. wiedergegebene Tagesablauf mit Gymnastik, Laufen, im Wesentlichen selbstständiger Bewältigung des Haushalts und sozialen Kontakten erscheint in der Tat recht aktiv. Klar ist auch, dass die von der Klägerin wiederholt geäußerte Sorge hinsichtlich ihrer finanziellen Zukunft keine Rechtfertigung für eine Rentengewährung gibt. Allerdings sieht der Senat angesichts der immer wieder durchgeführten stationären Behandlungen eine große Brüchigkeit des scheinbar stabilen, aktiven Zustands. In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 31.10.2008 hat Dr. M. überzeugend auf die komplexe Wechselwirkung der verschiedenen Störungsbilder hingewiesen. Angesichts dieser Wechselwirkung hat der Senat auch keine Bedenken gegen die von Dr. M. vorgenommene integrierende Betrachtung. Nachvollziehbar hat Dr. M. in diesem Zusammenhang auf vielschichtige, zum Teil anhaltende psychosoziale Belastungen verwiesen. An erster Stelle ist hier aus Sicht des Senats das nach der Aussage der Psychotherapeutin P. über drei Jahre laufende Scheidungsverfahren zu nennen. Die Klägerin gab hier insbesondere Ängste an, dass die Alkoholabhängigkeit und die Gewalttätigkeit ihres Ehegatten öffentlich werden könnten. Zusätzlich erschwerend trat im Zusammenhang mit den gesundheitlichen Problemen damals auch der Arbeitsplatzverlust ein. Wohl erstmalig hat die Klägerin gegenüber Dr. M. auch von einer nicht verarbeiteten Abtreibung berichtet.
Auch wenn Dr. M. für den Zeitpunkt seiner Begutachtung von einer Stabilisierung gesprochen hat und im Hinblick auf den Zeitpunkt der Vorbegutachtung durch Dr. L. von einer letztlich nicht nachvollziehbaren Leistungseinschränkung auf unter drei Stunden ausgegangen ist, hält der Senat die Auffassung des SG, von einem unter sechsstündiges Leistungsvermögen für die Zeit bis zum 31.12.2009 auszugehen, für zutreffend. Dem scheinbar wenig eingeschränkten Tagesablauf lag zur Überzeugung des Senats keine hinreichende psychische und körperliche Stabilität zugrunde. Einer beruflichen Belastung mit mindestens sechs Stunden täglich hätte die Klägerin nicht Stand gehalten. Dies belegt auch die aktuell - freilich außerhalb des streitgegenständlichen Zeitraums - notwendig gewordene tagesklinische Behandlung. Die Aufnahme ist ohne klar beschriebenen Auslöser wegen einer depressiven Dekompensation mit Ängsten und sozialem Rückzug erfolgt. Während der Behandlung hat sich bereits ein Besuch ihrer Tochter mit den Enkelkindern als destabilisierende Belastung erwiesen. Auf die Nachricht von einer Krebserkrankung ihrer Schwester hat die Klägerin mit Panikattacken reagiert.
Der Senat sieht hinsichtlich der Einschätzung von Dr. M. auch eine teilweise Übereinstimmung mit dem im Verwaltungsverfahren tätig gewordenen Gutachter Dr. Z ... Dr. Z. sah in seinem Gutachten ein mindestens sechsstündiges Leistungsvermögen erst nach Durchführung einer Rehabilitationsmaßnahme, wie dann in der Sch. Bad B. mit Erfolg (laut Entlassungsbericht mindestens sechsstündiges tägliches Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten unter Beachtung qualitativer Einschränkungen) geschehen, als erreichbar an. Auch Dr. M. hat ausdrücklich eine Besserungsmöglichkeit bei Durchführung eines zweiten stationären psychosomatischen Heilverfahrens bejaht. Eine Stabilisierung hat er von einer solchen Therapie jedoch erst nach zwölf Monaten erwartet, sodass auch zum Zeitpunkt seiner Begutachtung von einem dauerhaften Zustand (mehr als sechs Monate) auszugehen ist. Da die Beklagte während des laufenden Rentenverfahrens mit Bescheid vom 28.12.2005 den erneut gestellten Antrag auf eine weitere stationäre Rehabilitationsmaßnahme abgelehnt hat, kann sie sich nicht auf den in der von Dr. M. erwähnten, in der rentenversicherungsrechtlichen Literatur vertretenen Standpunkt, eine Berentung könne erst nach zweimaligen stationären Heilverfahren durchgeführt werden, zurückziehen. Damit ist auch das Argument von Dr. B. , aus nicht ausgeschöpften Therapiemöglichkeiten sei auf einen fehlenden höhergradigen Leidensdruck zu schließen, nicht gerechtfertigt. Hierzu hat Dr. M. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 31.10.2008 dargelegt, dass eine ausreichende Medikation erfolgt.
Überzeugend hat das SG in der stationären Aufnahme in der Klinik R. im Juni 2005 eine bezogen auf den Zustand nach der Rehabilitationsmaßnahme in Bad B. nachgewiesene Verschlechterung des Gesundheitszustands der Klägerin und damit einhergehend eine - ausgehend vom Gutachten von Dr. Z. - wieder eingetretene Verminderung des Leistungsvermögens gesehen. Dabei fällt auf, dass im Rahmen dieses Aufenthalts seitens der behandelnden Ärzte der Klinik eine schwere Episode der depressiven Störung diagnostiziert wurde, während die erstmalige stationäre Behandlung noch unter der Diagnose einer mittelschweren Episode erfolgte. Auch vor dem Hintergrund, dass mit der Verschlechterung des Gesundheitszustands die Klägerin aus Sicht des Senats quasi in den Zustand, wenn nicht sogar einen schlechteren als zum Zeitpunkt der Begutachtung durch Dr. Z. zurückversetzt war, hält der Senat die Auffassung der Gutachter Dr. L. , Dr. M. und Dr. M. für überzeugend. Entgegen der Vorgehensweise nach der Begutachtung durch Dr. Z. wurde, obwohl ein Rehabilitationsantrag auf Veranlassung der Krankenkasse von der Klägerin gestellt wurde, nachfolgend eben keine solche Maßnahme durchgeführt. Damit konnte auch keine erneute Stabilisierung erreicht werden.
Das SG hat den Beginn der Rente zutreffend nach § 101 Abs.1 SGB VI bestimmt. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Ausführungen des SG Bezug genommen. Gleiches gilt für die Ausführungen des SG zur Befristung der Rente gemäß § 102 Abs. 2 SGB VI.
Die Kostenentscheidung beruht auf §193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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