Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 21 AL 176/07
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 1 AL 123/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 16.03.2010 wird verworfen. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 16.03.2010 wird abgelehnt. Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
Der Kläger wendet sich gegen die Feststellung einer Sperrzeit und die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld.
I.
Der Kläger stand in einem Beschäftigungsverhältnis, das vom Arbeitgeber zum 30.06.2007 gekündigt wurde. Am 09.07.2007 meldete der Kläger sich arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld. Die Beklagte bewilligte dies am 06.08.2007 ab 07.07.2007. Am 21.09.2007 schlossen der Kläger und seine ehemalige Arbeitgeberin einen arbeitsgerichtlichen Vergleich, wonach das Arbeitsverhältnis aufgrund ordentlicher arbeitgeberseitiger Kündigung vom 31.05.2007 zum 31.08.2007 beendet wurde.
Bereits am 19.07.2007 unterbreitete die Beklagte dem Kläger ein Stellenangebot als Kraftfahrzeugmechaniker bei Firma D Taxi GmbH, E, und forderte ihn auf, sich umgehend telefonisch bei dieser Firma zu bewerben. Am 06.08.2007 teilte die Firma D Taxi GmbH mit, der Kläger habe sich nicht gemeldet bzw. nicht beworben. In einer von der Beklagten angeforderten "Erklärung über das Nichtzustandekommen eines Beschäftigungsverhältnisses" teilte der Kläger mit, er habe sich nicht bewerben können, da er von seiner alten Firma noch kein Zeugnis und keine anderen Papiere gehabt habe. Er habe dies der Sachbearbeiterin mitgeteilt und erklärt, dass "die Sache vors Arbeitsgericht" gehe.
Mit Bescheid vom 20.08.2007 stellte die Beklagte eine Sperrzeit vom 21.07.2007 bis 10.08.2007 fest und hob die Bewilligung des Arbeitslosengeldes für diesen Zeitraum auf. Sie forderte für die Zeit vom 21.07.2007 bis 31.07.2007 gezahltes Arbeitslosengeld in Höhe von 267,41 EUR zurück.
Im Widerspruchsverfahren meinte der Kläger, die Feststellung einer Sperrzeit während des Kündigungsschutzprozesses sei rechtswidrig. Ergänzend wies er darauf hin, dass er sich vorsorglich bei der Firma beworben habe, von dort aber noch keine Antwort erhalten habe. Die Beklagte forderte eine Kopie der Bewerbung und bat den Kläger, das Datum der Absendung anzugeben. Hierauf teilte der Bevollmächtigte des Klägers lediglich mit, dass der Kläger noch in einem Arbeitsverhältnis stehe und ein Arbeitsgerichtsverfahren anhängig sei.
Mit Bescheid vom 30.10.2007 wies die Beklagte den Widerspruch zurück, wogegen sich die fristgerecht zum Sozialgericht Düsseldorf erhobene Klage richtet. Der Kläger hat im Verhandlungstermin beim Sozialgericht erklärt, er habe sich bei der Firma D Taxi GmbH schriftlich beworben. Den Brief habe er in einem Einkaufszentrum in M in den Briefkasten geworfen.
Der Bevollmächtigte des Klägers hat in der mündlichen Verhandlung neben den Antrag auf Aufhebung des Bescheides vom 20.08.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.10.2007 folgenden Beweisantrag gestellt:
"Ich stelle den Antrag, die Mutter und die Schwester des Klägers zu der Frage zu vernehmen, ob der Kläger sich bei der Firma schriftlich beworben hat. Diese können das bestätigen".
Mit Urteil vom 16.03.2010 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat die Feststellung der Sperrzeit für rechtmäßig gehalten und keinen Anlass gesehen, dem Antrag des Klägers auf Vernehmung seiner Mutter und seiner Schwester zu entsprechen. Selbst wenn die Zeuginnen bestätigten, dass der Kläger sich bei der D Taxi GmbH beworben habe, sei nicht erwiesen, dass er sich rechtzeitig beworben habe. Eine Sperrzeit trete aber nur bei einer unverzüglichen Bewerbung nicht ein, wobei eine Bewerbungsfrist von einer Woche zwischen Angebot und Bewerbung noch ausreichend gewesen, eine solche von zwei Wochen jedoch nicht mehr als unverzüglich anzusehen wäre. Aufgrund der Angaben des Klägers in seiner unmissverständlichen Erklärung von August 2007 und der Mitteilung der D Taxi GmbH gehe die Kammer davon aus, dass sich der Kläger jedenfalls nicht vor dem 6.8.2007 und somit nicht unverzüglich beworben habe. Der Kläger selbst habe in dem Termin zur mündlichen Verhandlung auch auf Nachfrage keine konkreten Angaben zum Zeitpunkt seiner behaupteten Bewerbung machen können. Er habe weder gewusst, wann er die Bewerbung geschrieben, noch wann er sie in den Briefkasten geworfen habe. Er habe lediglich erklärt, dass er sich normalerweise etwa zwei Tage nach einem Stellenangebot beworben habe. Im Übrigen habe der Kläger zu keinem Zeitpunkt behauptet, dass seine Schwester und seine Mutter Aussagen zum Zeitpunkt seiner schriftlichen Bewerbung machen könnten. Der Beweisantrag enthalte auch kein entsprechendes Beweisthema.
Das Sozialgericht hat die Berufung nicht zugelassen.
Gegen die am 09.04.2010 zugestellte Entscheidung hat der Kläger am 27.04.2010 Berufung eingelegt, soweit die Klage gegen die Feststellung der Sperrzeit abgewiesen worden ist. Im Übrigen hat er gegen die Nichtzulassung der Berufung Beschwerde erhoben.
Der Kläger meint, hinsichtlich der Anfechtung der Sperrzeitfeststellung sei die Berufung nicht zulassungsbedürftig. Hinsichtlich der Aufhebung der Bewilligung des Arbeitslosengeldes sei die Berufung zuzulassen, weil
a) das Sozialgericht durch die Nichtvernehmung der Zeuginnen und die Entscheidung hierüber in den Urteilsgründen sein rechtliches Gehör verletzt habe und
b) das Sozialgericht hinsichtlich seines Verhaltens nach Erhalt des Stellenangebots seinen Tatsachenvortrag "verdreht" habe, was ebenfalls eine Verletzung des rechtlichen Gehörs darstelle.
Wenn das Gericht dem Beweisantrag gefolgt wäre und den Tatsachenvortrag zutreffend "ohne Auslassungen oder Verdrehungen" berücksichtigt hätte, wäre die Klage nicht abgewiesen worden.
II.
Die Berufung gegen die Abweisung der Klage hinsichtlich der Feststellung der Sperrzeit ist nicht zulässig. Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 750,00 EUR (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG) nicht. Der Streitwert beträgt 510,51 EUR (täglicher Leistungssatz 24,31 EUR x 21 Tage). Die von der Beklagten ausgesprochene Aufhebung und Rückforderung für die Zeit vom 21.07.2007 bis 31.07.2007 ist Bestandteil dieses Beschwerdewertes und erhöht ihn nicht. Damit war die Berufung gemäß § 158 S. 1 SGG zu verwerfen.
III.
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung (§ 145 SGG) ist zulässig. Der Kläger gibt die Tatsachen, die den Mangel ergeben, genau an, er trägt schlüssig vor, welche Verfahrensvorschrift als verletzt angesehen wird und dass die Entscheidung auf den geltend gemachten Verfahrensfehlern beruhen kann (hierzu nur Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 144 Rdnr. 36 m.w.N.). Dies gilt auch soweit der Kläger rügt, dass das Sozialgericht dem Antrag auf Vernehmung seiner Mutter und seiner Schwester nicht nachgekommen ist. Allerdings rügt der Kläger der Sache nach hiermit in erster Linie, dass das Gericht den Sachverhalt unzureichend aufgeklärt habe und damit der aus § 103 SGG folgenden Amtsermittlungspflicht nicht nachgekommen sei. In einer derartigen Verletzung der Amtsermittlungspflicht bei entsprechender Beweisanregung des Beteiligten liegt jedoch zugleich eine Verletzung des Anspruchs auf Einräumung rechtlichen Gehörs. Der Umstand, dass der Kläger die Verletzung der Amtsermittlungspflicht im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde als rechtlichen Gesichtspunkt nicht ausdrücklich erwähnt hat, ist unbeachtlich.
Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Es liegen keine vom Kläger geltend gemachten Verfahrensmängel im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG vor:
1) Das Sozialgericht hat die Amtsermittlungspflicht nicht verletzt.
a) Die Tatsache allein, dass der Kläger eine entsprechende Beweiserhebung beantragt hat und das Sozialgericht dem nicht nachgekommen ist, begründet einen Verfahrensfehler von vornherein nicht. Beweisanträge sind nur Anregungen an das Gericht. Sie müssen nicht durch besonderen Beschluss zurückgewiesen werden, es ist nicht einmal zwingend erforderlich, dass sich das Gericht im Urteil mit ihnen auseinandersetzt. Von Bedeutung ist der Beweisantrag nur im Hinblick auf die Zulassung der Revision durch das BSG, weil gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 3 SGG die Revision zuzulassen ist, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann. Der die Revision eröffnende Verfahrensmangel kann auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Außerhalb des Anwendungsbereichs dieser Vorschrift hat ein Beweisantrag im sozialgerichtlichen Verfahren keine andere Bedeutung, als der bloße Sachvortrag (Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 4. Auflage, S. 66). Daher begründet die Nichtstattgabe eines Beweisantrages - anders als der Kläger offenbar meint - für sich genommen auch nicht die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör.
b) Ziel der Amtsermittlung ist es, dem Gericht zu einer Überzeugung zu verhelfen, auf die eine Entscheidung gestützt werden kann (§ 128 SGG). Das Gericht muss diejenigen Ermittlungen durchführen, zu denen es sich nach der Sach- und Rechtslage gedrängt fühlen muss (vgl. nur BSG, Beschluss vom 20.09.2007 - B 5 a / 5 R 262/07 B). Das Gericht ist bei der Wahl der Beweismittel gemäß § 103 S. 2 SGG an das Vorbringen und die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden. Das Ausmaß der Ermittlungen steht in seinem pflichtgemäßen Ermessen (BSG - GS - , Beschluss vom 11.12.1969, GS 2/68 = BSGE 30, 192 (199)). Das Sozialgericht hat von diesem Ermessen in nicht zu beanstandender Weise Gebrauch gemacht und durch die Nichtvernehmung der benannten Zeugen auch keine unzulässige vorweggenommene Beweiswürdigung vorgenommen. Das Gericht verletzt seine Pflicht zur Erforschung des Sachverhaltes durch eine unzulässige vorweggenommene Beweiswürdigung, wenn es Zeugen nicht vernimmt, sondern aufgrund eigener Mutmaßungen unterstellt, dass die Zeugen eine Tatsache nicht bekunden werden oder anderen Angaben Vorrang vor den Bekundungen der Zeugen einräumt. Die Ermittlung von rechtserheblichen Tatachen darf auch nicht mit der Begründung unterbleiben, die zu erwartende Zeugenaussage könne an der bereits feststehenden Überzeugung des Gerichts nichts mehr ändern, weil zu viel Zeit verstrichen sei oder den zeitnahen Schilderungen ein höherer Beweiswert zukomme. Ob ein Zeuge etwas zur Sachaufklärung beitragen kann, soll durch die Vernehmung gerade erst geklärt werden (BSG, Beschluss vom 28.05.2008 - B 12 KR 2/07 B - m.w.N.). Das entscheidungserhebliche Beweisthema – die Frage, ob der Kläger sich bei der Firma D Taxi GmbH schriftlich beworben hat - wird durch den Beweisantritt jedoch nicht berührt. Der Kläger hat in keiner Weise vorgetragen, dass und aufgrund welcher Umstände die Mutter und die Schwester des Klägers Auskünfte darüber machen können, dass er eine Bewerbung an die Firma D Taxi GmbH verfasst hat und dies - ausgehend von der im angefochtenen Urteil beschriebenen insoweit maßgeblichen Rechtsauffassung des Sozialgerichts - rechtzeitig geschehen ist. Der Kläger hat lediglich vorgetragen, dass seine Mutter und seine Schwester bezeugen könnten, einen Brief im Einkaufszentrum in M frankiert und abgesandt zu haben. Auch in der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde hat der Kläger keine näheren Umstände dargelegt, dass und weshalb die Zeugen Auskunft zum Inhalt eines an die potentielle Arbeitgeberin gerichteten Schreibens und zu dem Zeitpunkt seiner Absendung machen können.
2) Der Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs ist nicht durch eine "Verdrehung von Sachverhaltsdarstellungen" verletzt worden. Der Kläger weist allerdings zutreffend darauf hin, das eine offensichtlich sachwidrige und damit objektive willkürliche Würdigung eines Beteiligtenvorbringens einen Verstoß gegen das verfassungsrechtlich begründete Willkürverbot und den Anspruch auf Gewährleistung rechtlichen Gehörs darstellen kann (BVerfG, Beschluss vom 07.04.1981 - 2 BvR 911/80 ). Die vom Kläger erhobene Rüge begründet jedoch einen solchen Verstoß nicht. Wenn der Kläger moniert, dass er nicht von einer telefonischen Bewerbung gesprochen habe, sondern vom Absehen einer persönlichen Vorstellung ohne Einladung und ohne Papiere, während das Sozialgericht ausführe, der Kläger habe erklärt, dass er sich nicht telefonisch gemeldet habe, so handelt es sich hierbei um einen unbeachtlichen Nebenaspekt. Entscheidend ist, dass der Kläger vorträgt, er habe sich schriftlich beworben und dieses Vorbringen vom Sozialgericht verstanden und in die Entscheidungsfindung einbezogen worden ist.
3) Auch sonstige Gründe für die Zulassung der Berufung (§ 144 Abs. 2 Nr. 1, 2 SGG) liegen nicht vor.
Gründe für eine Zulassung der Revision gegen die Verwerfung der Berufung (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe:
Der Kläger wendet sich gegen die Feststellung einer Sperrzeit und die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld.
I.
Der Kläger stand in einem Beschäftigungsverhältnis, das vom Arbeitgeber zum 30.06.2007 gekündigt wurde. Am 09.07.2007 meldete der Kläger sich arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld. Die Beklagte bewilligte dies am 06.08.2007 ab 07.07.2007. Am 21.09.2007 schlossen der Kläger und seine ehemalige Arbeitgeberin einen arbeitsgerichtlichen Vergleich, wonach das Arbeitsverhältnis aufgrund ordentlicher arbeitgeberseitiger Kündigung vom 31.05.2007 zum 31.08.2007 beendet wurde.
Bereits am 19.07.2007 unterbreitete die Beklagte dem Kläger ein Stellenangebot als Kraftfahrzeugmechaniker bei Firma D Taxi GmbH, E, und forderte ihn auf, sich umgehend telefonisch bei dieser Firma zu bewerben. Am 06.08.2007 teilte die Firma D Taxi GmbH mit, der Kläger habe sich nicht gemeldet bzw. nicht beworben. In einer von der Beklagten angeforderten "Erklärung über das Nichtzustandekommen eines Beschäftigungsverhältnisses" teilte der Kläger mit, er habe sich nicht bewerben können, da er von seiner alten Firma noch kein Zeugnis und keine anderen Papiere gehabt habe. Er habe dies der Sachbearbeiterin mitgeteilt und erklärt, dass "die Sache vors Arbeitsgericht" gehe.
Mit Bescheid vom 20.08.2007 stellte die Beklagte eine Sperrzeit vom 21.07.2007 bis 10.08.2007 fest und hob die Bewilligung des Arbeitslosengeldes für diesen Zeitraum auf. Sie forderte für die Zeit vom 21.07.2007 bis 31.07.2007 gezahltes Arbeitslosengeld in Höhe von 267,41 EUR zurück.
Im Widerspruchsverfahren meinte der Kläger, die Feststellung einer Sperrzeit während des Kündigungsschutzprozesses sei rechtswidrig. Ergänzend wies er darauf hin, dass er sich vorsorglich bei der Firma beworben habe, von dort aber noch keine Antwort erhalten habe. Die Beklagte forderte eine Kopie der Bewerbung und bat den Kläger, das Datum der Absendung anzugeben. Hierauf teilte der Bevollmächtigte des Klägers lediglich mit, dass der Kläger noch in einem Arbeitsverhältnis stehe und ein Arbeitsgerichtsverfahren anhängig sei.
Mit Bescheid vom 30.10.2007 wies die Beklagte den Widerspruch zurück, wogegen sich die fristgerecht zum Sozialgericht Düsseldorf erhobene Klage richtet. Der Kläger hat im Verhandlungstermin beim Sozialgericht erklärt, er habe sich bei der Firma D Taxi GmbH schriftlich beworben. Den Brief habe er in einem Einkaufszentrum in M in den Briefkasten geworfen.
Der Bevollmächtigte des Klägers hat in der mündlichen Verhandlung neben den Antrag auf Aufhebung des Bescheides vom 20.08.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.10.2007 folgenden Beweisantrag gestellt:
"Ich stelle den Antrag, die Mutter und die Schwester des Klägers zu der Frage zu vernehmen, ob der Kläger sich bei der Firma schriftlich beworben hat. Diese können das bestätigen".
Mit Urteil vom 16.03.2010 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat die Feststellung der Sperrzeit für rechtmäßig gehalten und keinen Anlass gesehen, dem Antrag des Klägers auf Vernehmung seiner Mutter und seiner Schwester zu entsprechen. Selbst wenn die Zeuginnen bestätigten, dass der Kläger sich bei der D Taxi GmbH beworben habe, sei nicht erwiesen, dass er sich rechtzeitig beworben habe. Eine Sperrzeit trete aber nur bei einer unverzüglichen Bewerbung nicht ein, wobei eine Bewerbungsfrist von einer Woche zwischen Angebot und Bewerbung noch ausreichend gewesen, eine solche von zwei Wochen jedoch nicht mehr als unverzüglich anzusehen wäre. Aufgrund der Angaben des Klägers in seiner unmissverständlichen Erklärung von August 2007 und der Mitteilung der D Taxi GmbH gehe die Kammer davon aus, dass sich der Kläger jedenfalls nicht vor dem 6.8.2007 und somit nicht unverzüglich beworben habe. Der Kläger selbst habe in dem Termin zur mündlichen Verhandlung auch auf Nachfrage keine konkreten Angaben zum Zeitpunkt seiner behaupteten Bewerbung machen können. Er habe weder gewusst, wann er die Bewerbung geschrieben, noch wann er sie in den Briefkasten geworfen habe. Er habe lediglich erklärt, dass er sich normalerweise etwa zwei Tage nach einem Stellenangebot beworben habe. Im Übrigen habe der Kläger zu keinem Zeitpunkt behauptet, dass seine Schwester und seine Mutter Aussagen zum Zeitpunkt seiner schriftlichen Bewerbung machen könnten. Der Beweisantrag enthalte auch kein entsprechendes Beweisthema.
Das Sozialgericht hat die Berufung nicht zugelassen.
Gegen die am 09.04.2010 zugestellte Entscheidung hat der Kläger am 27.04.2010 Berufung eingelegt, soweit die Klage gegen die Feststellung der Sperrzeit abgewiesen worden ist. Im Übrigen hat er gegen die Nichtzulassung der Berufung Beschwerde erhoben.
Der Kläger meint, hinsichtlich der Anfechtung der Sperrzeitfeststellung sei die Berufung nicht zulassungsbedürftig. Hinsichtlich der Aufhebung der Bewilligung des Arbeitslosengeldes sei die Berufung zuzulassen, weil
a) das Sozialgericht durch die Nichtvernehmung der Zeuginnen und die Entscheidung hierüber in den Urteilsgründen sein rechtliches Gehör verletzt habe und
b) das Sozialgericht hinsichtlich seines Verhaltens nach Erhalt des Stellenangebots seinen Tatsachenvortrag "verdreht" habe, was ebenfalls eine Verletzung des rechtlichen Gehörs darstelle.
Wenn das Gericht dem Beweisantrag gefolgt wäre und den Tatsachenvortrag zutreffend "ohne Auslassungen oder Verdrehungen" berücksichtigt hätte, wäre die Klage nicht abgewiesen worden.
II.
Die Berufung gegen die Abweisung der Klage hinsichtlich der Feststellung der Sperrzeit ist nicht zulässig. Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 750,00 EUR (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG) nicht. Der Streitwert beträgt 510,51 EUR (täglicher Leistungssatz 24,31 EUR x 21 Tage). Die von der Beklagten ausgesprochene Aufhebung und Rückforderung für die Zeit vom 21.07.2007 bis 31.07.2007 ist Bestandteil dieses Beschwerdewertes und erhöht ihn nicht. Damit war die Berufung gemäß § 158 S. 1 SGG zu verwerfen.
III.
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung (§ 145 SGG) ist zulässig. Der Kläger gibt die Tatsachen, die den Mangel ergeben, genau an, er trägt schlüssig vor, welche Verfahrensvorschrift als verletzt angesehen wird und dass die Entscheidung auf den geltend gemachten Verfahrensfehlern beruhen kann (hierzu nur Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 144 Rdnr. 36 m.w.N.). Dies gilt auch soweit der Kläger rügt, dass das Sozialgericht dem Antrag auf Vernehmung seiner Mutter und seiner Schwester nicht nachgekommen ist. Allerdings rügt der Kläger der Sache nach hiermit in erster Linie, dass das Gericht den Sachverhalt unzureichend aufgeklärt habe und damit der aus § 103 SGG folgenden Amtsermittlungspflicht nicht nachgekommen sei. In einer derartigen Verletzung der Amtsermittlungspflicht bei entsprechender Beweisanregung des Beteiligten liegt jedoch zugleich eine Verletzung des Anspruchs auf Einräumung rechtlichen Gehörs. Der Umstand, dass der Kläger die Verletzung der Amtsermittlungspflicht im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde als rechtlichen Gesichtspunkt nicht ausdrücklich erwähnt hat, ist unbeachtlich.
Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Es liegen keine vom Kläger geltend gemachten Verfahrensmängel im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG vor:
1) Das Sozialgericht hat die Amtsermittlungspflicht nicht verletzt.
a) Die Tatsache allein, dass der Kläger eine entsprechende Beweiserhebung beantragt hat und das Sozialgericht dem nicht nachgekommen ist, begründet einen Verfahrensfehler von vornherein nicht. Beweisanträge sind nur Anregungen an das Gericht. Sie müssen nicht durch besonderen Beschluss zurückgewiesen werden, es ist nicht einmal zwingend erforderlich, dass sich das Gericht im Urteil mit ihnen auseinandersetzt. Von Bedeutung ist der Beweisantrag nur im Hinblick auf die Zulassung der Revision durch das BSG, weil gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 3 SGG die Revision zuzulassen ist, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann. Der die Revision eröffnende Verfahrensmangel kann auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Außerhalb des Anwendungsbereichs dieser Vorschrift hat ein Beweisantrag im sozialgerichtlichen Verfahren keine andere Bedeutung, als der bloße Sachvortrag (Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 4. Auflage, S. 66). Daher begründet die Nichtstattgabe eines Beweisantrages - anders als der Kläger offenbar meint - für sich genommen auch nicht die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör.
b) Ziel der Amtsermittlung ist es, dem Gericht zu einer Überzeugung zu verhelfen, auf die eine Entscheidung gestützt werden kann (§ 128 SGG). Das Gericht muss diejenigen Ermittlungen durchführen, zu denen es sich nach der Sach- und Rechtslage gedrängt fühlen muss (vgl. nur BSG, Beschluss vom 20.09.2007 - B 5 a / 5 R 262/07 B). Das Gericht ist bei der Wahl der Beweismittel gemäß § 103 S. 2 SGG an das Vorbringen und die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden. Das Ausmaß der Ermittlungen steht in seinem pflichtgemäßen Ermessen (BSG - GS - , Beschluss vom 11.12.1969, GS 2/68 = BSGE 30, 192 (199)). Das Sozialgericht hat von diesem Ermessen in nicht zu beanstandender Weise Gebrauch gemacht und durch die Nichtvernehmung der benannten Zeugen auch keine unzulässige vorweggenommene Beweiswürdigung vorgenommen. Das Gericht verletzt seine Pflicht zur Erforschung des Sachverhaltes durch eine unzulässige vorweggenommene Beweiswürdigung, wenn es Zeugen nicht vernimmt, sondern aufgrund eigener Mutmaßungen unterstellt, dass die Zeugen eine Tatsache nicht bekunden werden oder anderen Angaben Vorrang vor den Bekundungen der Zeugen einräumt. Die Ermittlung von rechtserheblichen Tatachen darf auch nicht mit der Begründung unterbleiben, die zu erwartende Zeugenaussage könne an der bereits feststehenden Überzeugung des Gerichts nichts mehr ändern, weil zu viel Zeit verstrichen sei oder den zeitnahen Schilderungen ein höherer Beweiswert zukomme. Ob ein Zeuge etwas zur Sachaufklärung beitragen kann, soll durch die Vernehmung gerade erst geklärt werden (BSG, Beschluss vom 28.05.2008 - B 12 KR 2/07 B - m.w.N.). Das entscheidungserhebliche Beweisthema – die Frage, ob der Kläger sich bei der Firma D Taxi GmbH schriftlich beworben hat - wird durch den Beweisantritt jedoch nicht berührt. Der Kläger hat in keiner Weise vorgetragen, dass und aufgrund welcher Umstände die Mutter und die Schwester des Klägers Auskünfte darüber machen können, dass er eine Bewerbung an die Firma D Taxi GmbH verfasst hat und dies - ausgehend von der im angefochtenen Urteil beschriebenen insoweit maßgeblichen Rechtsauffassung des Sozialgerichts - rechtzeitig geschehen ist. Der Kläger hat lediglich vorgetragen, dass seine Mutter und seine Schwester bezeugen könnten, einen Brief im Einkaufszentrum in M frankiert und abgesandt zu haben. Auch in der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde hat der Kläger keine näheren Umstände dargelegt, dass und weshalb die Zeugen Auskunft zum Inhalt eines an die potentielle Arbeitgeberin gerichteten Schreibens und zu dem Zeitpunkt seiner Absendung machen können.
2) Der Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs ist nicht durch eine "Verdrehung von Sachverhaltsdarstellungen" verletzt worden. Der Kläger weist allerdings zutreffend darauf hin, das eine offensichtlich sachwidrige und damit objektive willkürliche Würdigung eines Beteiligtenvorbringens einen Verstoß gegen das verfassungsrechtlich begründete Willkürverbot und den Anspruch auf Gewährleistung rechtlichen Gehörs darstellen kann (BVerfG, Beschluss vom 07.04.1981 - 2 BvR 911/80 ). Die vom Kläger erhobene Rüge begründet jedoch einen solchen Verstoß nicht. Wenn der Kläger moniert, dass er nicht von einer telefonischen Bewerbung gesprochen habe, sondern vom Absehen einer persönlichen Vorstellung ohne Einladung und ohne Papiere, während das Sozialgericht ausführe, der Kläger habe erklärt, dass er sich nicht telefonisch gemeldet habe, so handelt es sich hierbei um einen unbeachtlichen Nebenaspekt. Entscheidend ist, dass der Kläger vorträgt, er habe sich schriftlich beworben und dieses Vorbringen vom Sozialgericht verstanden und in die Entscheidungsfindung einbezogen worden ist.
3) Auch sonstige Gründe für die Zulassung der Berufung (§ 144 Abs. 2 Nr. 1, 2 SGG) liegen nicht vor.
Gründe für eine Zulassung der Revision gegen die Verwerfung der Berufung (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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