L 4 R 966/09

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 7 R 9736/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 966/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 05. Dezember 2008 abgeändert. Die Klage wird in vollem Umfang abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Kläger ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zusteht.

Der am 1955 geborene Kläger erlernte vom 06. September 1971 bis zum 14. Februar 1975 den Beruf des Kraftfahrzeugschlossers. Nach erfolgreichem Abschluss dieser Ausbildung war er im erlernten Beruf beschäftigt. Nach eigenen Angaben war er auch einige Jahre selbstständig mit einem Kfz-Gebrauchtwagenhandel bzw. im Kfz-Gebrauchtwagenhandel seiner ersten Ehefrau angestellt. Nach seinem bei der Bundesagentur für Arbeit verzeichneten beruflichen Werdegang (Bl. 92 ff. der SG-Akte) arbeitete er zuletzt als Kraftfahrzeugmechaniker im Zeitraum vom 01. Juni 1989 (richtig wohl 01. Juni 1988) bis 10. September 1989 (bei der Tankstelle M. in Stuttgart) sowie 19. Februar 1990 bis 22. Mai 1990. In der Zeit vom 24. Februar 1992 bis 22. Juni 1992 nahm er an einer vom damaligen Arbeitsamt geförderten Umschulung zum Kommunikationselektroniker teil, die er jedoch nach den dortigen Angaben aus gesundheitlichen Gründen (psychische Erkrankung) aufgeben musste. Im Übrigen verzeichnet sein Versicherungsverlauf ab 23. Mai 1990 bis 31. Juli 1995 nur Pflichtbeitragszeiten aufgrund des Bezugs von Leistungen der Bundesanstalt für Arbeit bzw. sonstiger Sozialleistungen.

Eine versicherungspflichtige Beschäftigung übte der Kläger vom 01. August 1995 bis 19. Juli 1996 aus. Dabei handelte es sich um eine Tätigkeit beim Abfallwirtschaftsbetrieb des Landkreises E. in der Kontrolle und Überwachung von Recyclingcontainern. Hier oblag dem Kläger die Kontrolle der rund 40 Standorte der Glas- und Papiercontainer im Bereich der Stadt Nürtingen hinsichtlich unerlaubt abgelagerten Mülls. Seine Tätigkeit bestand im Wesentlichen aus der Ermittlung der "Müllsünder", Beweissicherung, Dokumentation des Tathergangs und Erstellung von Anzeigen zur weiteren Bearbeitung durch die Bußgeldstelle des Landratsamts (Dienstzeugnis des Abfallwirtschaftsbetriebs des Landkreises E. vom 05. September 1996). Ab 20. Juli 1996 verzeichnet sein Versicherungsverlauf wiederum ausschließlich Zeiten des Leistungsbezugs bei der Bundesagentur für Arbeit bzw. sonstigen Sozialleistungsbezuges. Lediglich in der Zeit vom 31. Januar 2004 bis 31. März 2004 ist eine geringfügige versicherungsfreie Beschäftigung verzeichnet. Seit 01. Januar 2005 werden Pflichtbeiträge aufgrund Leistungsbezugs der Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) gezahlt.

Am 04. Juli 1989 hatte er bei der Arbeit als Kraftfahrzeugmechaniker bei der Tankstelle M. in S. eine Rippenprellung rechts erlitten, weshalb er sich in berufsgenossenschaftlicher Behandlung befand. Im Zeitraum vom 23. Oktober 1990 bis 20. November 1990 nahm er an einer medizinischen Rehabilitationsmaßnahme in der Rehabilitationsklinik in B. B. teil. Im dortigen Entlassungsbericht des Dr. T. vom 27. November 1990 wird als Hauptdiagnose eine cervicolumbale Tendomyose der Wirbelsäule bei statischer Fehlhaltung und degenerativen Veränderungen genannt. Der Kläger wurde arbeitsfähig entlassen unter Empfehlung der Vermittlung einer geeigneten Tätigkeit durch das Arbeitsamt, gegebenenfalls Umschulung. Er sei in der Lage, mittelschwere Arbeit ohne häufiges Bücken, ständige einseitige Körperhaltung sowie ohne häufiges Heben oder Bewegen von schweren Lasten sowie ohne fortwährendes Arbeiten über Kopf vollschichtig zu verrichten. Eine Tätigkeit, die dauerndes Stehen und Gehen erfordere, sei wegen der deutlich geringeren Belastbarkeit des linken Beines ebenfalls ungünstig.

Am 25. Januar 2006 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Deren Internistin Dr. H.-Z. untersuchte den Kläger am 10. März 2006 und erstattete das Gutachten vom selben Tag über ihn. Darin nennt sie als Hauptdiagnose eine chronische Bronchitis bei Nikotin mit teilweise obstruktiver Komponente. Aus internistischer Sicht sei das Leistungsvermögen nicht beeinträchtigt. Das weitere Gutachten vom 10. April 2006 erstattete der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. Sc. von der Beklagten aufgrund einer Untersuchung vom selben Tag. Er diagnostizierte eine Dysthymie mit wechselnd ausgeprägten depressiven Verstimmungen, psychogen determinierte multiple Körperbeschwerden (ohne sicheren Anhalt für segmentale Reiz- oder Ausfallserscheinungen) sowie einen Zustand nach abgelaufener Poliomyelitis am linken Bein mit leichter Verschmächtigung, neurologisch ohne wesentliche Funktionsbeeinträchtigungen. Durch die depressive Symptomatik bestehe eine qualitative Beeinträchtigung, eine zeitliche Limitierung der Belastbarkeit liege jedoch noch nicht vor. Körperlich-neurologisch seien beim Kläger keine sicher krankhaft wertbaren Befunde festzustellen gewesen. Allein aus nervenärztlicher Sicht könne er leichte und mittelschwere Arbeiten ohne Nachtschicht und ohne überdurchschnittlichen Zeitdruck zumindest sechs Stunden am Tag und länger verrichten. Das orthopädische Gutachten vom 24. April 2006 erstattete aufgrund Untersuchung am 10. April 2006 Dr. R. von der Beklagten. Hiernach leide der Kläger auf orthopädischem Fachgebiet hauptsächlich an Cervicobrachialgien bei Bandscheibenvorfällen C4/5 und C6/7, Spinalstenose und degenerativen Veränderungen ohne Wurzelreizzeichen und mit klinisch leichter Funktionseinschränkung. Des Weiteren leide er an rezidivierenden Lendenwirbelsäulenbeschwerden bei leichter Fehlhaltung und mäßigen degenerativen Veränderungen ohne Wurzelreizzeichen mit leichter Funktionseinschränkung. Die Belastbarkeit der Wirbelsäule sei insgesamt für schwere Tätigkeiten eingeschränkt, mittelschwere seien nur noch zeitweise zumutbar. Auch in Zusammensicht aller Veränderungen des internistischen, nervenärztlichen und chirurgisch-orthopädischen Fachgebiets könne der Kläger noch leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne häufige Zwangshaltungen der Wirbelsäule, häufige Überkopfarbeiten, Nachtschicht und besonderen Zeitdruck sechs Stunden und mehr täglich ausüben.

Mit Bescheid vom 25. April 2006 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab, da auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch Tätigkeiten im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich ausgeübt werden könnten.

Auf den Widerspruch des Klägers hin holte die Beklagte einen Befundbericht bei seinem Hausarzt Arzt für Allgemeinmedizin J. vom 19. Oktober 2006 ein und nahm berufskundliche Ermittlungen auf. Von drei angeschriebenen Arbeitgebern antwortete jedoch lediglich die Firma A. und D. GmbH in E., wo der Kläger vom 26. Mai bis 19. Juli 1988 als Arbeiter im Kfz-Bereich tätig gewesen war, Näheres jedoch nicht mehr nachvollzogen werden konnte.

Mit Widerspruchsbescheid vom 30. November 2006 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch zurück. Bisheriger Beruf des Klägers sei die zuletzt ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung als Arbeiter. Diese sei dem Leitberuf des ungelernten Arbeiters zuzuordnen. Er müsse sich daher auf sämtliche ungelernten Tätigkeiten verweisen lassen. Derartige Tätigkeiten seien ihm noch mindestens sechs Stunden täglich zumutbar.

Am 20. Dezember 2006 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG). Der Kläger trug zur Begründung seiner Klage vor, er sehe sich nicht mehr in der Lage, irgendeine Tätigkeit noch drei Stunden am Tag auszuüben. Er sei wegen seines psychischen Leidens nicht mehr in der Lage, sich ohne Weiteres und problemlos in andere Situationen umzustellen oder einzugewöhnen. In seinem jetzigen gesundheitlichen Zustand sei er auf viele Arbeitspausen angewiesen. Auch nach kurzen Wegstrecken müsse er Pausen einlegen. Auf Anforderung des SG legte er Unterlagen zur Ausbildung als Kfz-Schlosser, zu seinen Berufstätigkeiten 1989/1990, zur versuchten Umschulung durch das Arbeitsamt sowie zu ärztlichen Behandlungen im Zeitraum 1990 bis 1992 vor.

Die Beklagte trat der Klage entgegen. Sie halte den Kläger weiterhin für fähig, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Der Kläger sei auch nicht berufsunfähig. Er sei zwar nicht mehr fähig, den bisherigen Beruf als Kfz-Schlosser auszuüben. Er könne jedoch noch zumutbar auf eine Tätigkeit als Registrator oder Hochregallagerarbeiter verwiesen werden. Zur Stützung ihrer Auffassung legte sie zwei ärztliche Stellungnahmen ihres Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. G. vom 25. September und 08. Oktober 2007 sowie berufskundliche Informationen zu den benannten Verweisungstätigkeiten vor. Vom Kläger gestellte Anträge auf Leistungen der medizinischen Rehabilitation lehnte sie mit Bescheiden vom 11. Oktober 2007 und 11. Januar 2008 ab.

Das SG holte die Auskunft vom 06. Juni 2007 bei der Bundesagentur für Arbeit ein und vernahm behandelnde Ärzte des Klägers als sachverständige Zeugen: Fachärztin für Psychiatrie Dr. L. schloss sich in ihrer am 02. Juli 2007 beim SG eingegangenen Auskunft Diagnosen und Leistungsbeurteilung des ihr vorgelegten Gutachtens von Dr. Sc. an. Facharzt für Allgemeinmedizin J. gab in seiner Auskunft vom 29. Juni 2007 an, der Kläger könne aufgrund seiner HWS-Bandscheibenvorfälle C4/5 und C5/6, seines chronischen LWS-Syndroms, wegen Tinnitus, Schwindels, stark schwankenden Blutdrucks, chronischer Gastritis mit chronisch-rezidivierender Gastroenteritis, chronischer Bronchitis, Hepatitis B sowie geschwächten linken Beins und Armes durch Polioerkrankung im Kindesalter, jetzt auch Rheuma und beginnender Fibromyalgie sowie ausgeprägter Depressionen nicht mehr voll arbeiten. All diese Erkrankungen zusammengenommen ergäben eine ausgeprägte Psychosomatik, besonders seit den Kläger seine Frau verlassen habe. Der Kläger könne nur noch leichte Tätigkeiten von ca. drei bis sechs Stunden, jedoch nicht als Kfz-Schlosser verrichten und zwar nicht über Kopf, ohne Bücken, ohne langes Stehen, ohne langes Gehen und ohne langes Sitzen.

Am 11. Februar 2008 untersuchte Dr. H., Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, im Auftrag des SG den Kläger und erstattete am 17. Februar 2008 ein Gutachten über ihn. Er führte aus, es bestünden beim Kläger zunächst degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, die vorwiegend das orthopädische Fachgebiet beträfen, im weiteren Sinne aber auch dem neurologischen Fachgebiet zugerechnet werden könnten. Neurologische Ausfallserscheinungen hätten sich aber im Bereich der Hals- und auch der Lendenwirbelsäule nicht nachweisen lassen können. Den beklagten passageren Sensibilitätsstörungen der Finger 3 bis 5 beidseits kämen keine überdauernden funktionellen Leistungsbeeinträchtigungen zu. Auch eine in der Vorgeschichte durchlaufene Poliomyelitis habe nur eine diskrete Verschmächtigung des linken Beines bewirkt, der keine funktionelle Bedeutung zukomme. Auf psychiatrischem Fachgebiet würden die Kriterien für das Vorliegen einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung erfüllt, ebenso die Kriterien für das Vorliegen einer leichten depressiven Episode. Bei Berücksichtigung der Erkrankungen auf nervenärztlichem Fachgebiet seien noch leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten möglich. Aufgrund der bestehenden degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule sollten schwere Lasten (über zehn kg) nicht gehoben oder getragen werden. Gleichförmige Körperhaltungen sollten wie Überkopfarbeiten vermieden werden. Günstig sei ein Wechsel zwischen Stehen, Gehen und Sitzen, Arbeiten auf Leitern, häufiges Bücken oder häufiges Treppensteigen, Arbeiten in Kälte, unter Kälteeinfluss oder im Freien sollten nicht verrichtet werden. Aufgrund der bestehenden psychischen Erkrankungen müsse eine Überforderung durch Akkordarbeit, Wechselschicht- oder Nachtarbeit, Arbeit unter besonderem Zeitdruck oder mit besonderen Ansprüchen an Auffassung und Konzentration sowie einer das normale Maß deutlich übersteigenden Verantwortung oder das normale Maß deutlich übersteigenden geistigen Beanspruchung vermieden werden. Bei Beachtung dieser Einschränkungen sei eine Tätigkeit (auch als Kraftfahrzeugschlosser, Registrator oder Hochregallagerarbeiter) wenigstens sechs Stunden täglich möglich.

Ein weiteres Gutachten gab das SG bei der Fachärztin für Orthopädie Dr. B.-S. in Auftrag. Sie erstattete das Gutachten vom 29. Juli 2008 und gelangte zu dem Ergebnis, aufgrund der neurologischen Fußdeformität auf der linken Seite sei dem Kläger eine rein gehende und stehende Tätigkeit nicht mehr zumutbar. Allerdings sei der Kläger bis 1997 ohne Probleme damit zurechtgekommen und eine Veränderung des Befundes sei seit dieser Zeit nicht aufgetreten. Im Bereich der Halswirbelsäule bestehende Schmerzen ohne momentane Nervenwurzelreizsymptome bei leicht eingeschränkter Rotation und bei radiologisch degenerativen Veränderungen schränkten eine mittelschwere und schwere körperliche Tätigkeit ein. Heben und Bewegen von Lasten über fünf kg, gebückte und verdrehte Haltungen, reine Bildschirm- und reine Überkopfarbeit seien zu vermeiden. Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule bei freier Entfaltbarkeit ohne Nervenwurzelreizsymptome bei radiologisch geringen degenerativen Veränderungen schränkten die körperliche Leistungsfähigkeit ebenfalls für eine mittelschwere und schwere körperliche Tätigkeit ein. Bei Zustand nach Carpaltunnelsyndrom rechts mit Schmerzen in beiden Händen sei lediglich eine schwere körperliche Tätigkeit nicht mehr zumutbar. Gleiches gelte für die beklagten Schmerzen im Bereich beider Ellenbogen bei freier Beweglichkeit und ohne radiologischen Befund. Aufgrund beginnender Gonarthrose rechts mit freier Beweglichkeit sei eine rein gehende und stehende Tätigkeit mit häufigem Treppensteigen zu vermeiden. Die Hüftgelenksbeschwerden beidseits bei endgradiger Bewegungseinschränkung bei radiologisch unauffälligem Befund schränkten die körperliche Leistungsfähigkeit ebenfalls für rein gehende und stehende Tätigkeiten ein. Der Kläger sei demnach noch in der Lage, in leichten Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sowie als Registrator unter Beachtung der genannten Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein, nicht mehr jedoch als Kraftfahrzeugschlosser und Hochregallagerarbeiter.

Mit Urteil vom 05. Dezember 2008 verurteilte das SG die Beklagte unter Abänderung ihres Bescheids vom 25. April 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. November 2006, dem Kläger Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab dem 01. Januar 2006 zu gewähren, und wies im Übrigen die Klage ab. Insbesondere gestützt auf die Sachverständigengutachten der Dres. B.-S. und H. gelangte es zu dem Ergebnis, der Kläger könne noch sechs Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt arbeiten und sei daher nicht erwerbsgemindert. Auch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen, die zur Benennung einer Verweisungstätigkeit führen würde, ergäbe sich nicht. Ebenso sei auch nicht eine Verschlossenheit des Arbeitsmarktes anzunehmen. Der Kläger habe jedoch Anspruch auf Gewährung einer teilweisen Erwerbsminderungsrente bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI). Bezugsberuf für die Gewährung einer Berufsunfähigkeitsrente sei die Tätigkeit als Kfz-Mechaniker. Der Kläger verfüge über eine abgeschlossene Ausbildung als Kfz-Schlosser. Dieser Beruf sei durch den Beruf des Automobilmechanikers ersetzt worden. Er habe bis 1990 mit Unterbrechungen als Kfz-Mechaniker zum Teil in Autohäusern und zum Teil in Tankstellen gearbeitet. Er habe diese Tätigkeit krankheitsbedingt aufgegeben. Er könne sie auch nicht mehr sechs Stunden täglich verrichten, da die erforderliche Belastbarkeit der Wirbelsäule nicht mehr gegeben sei. Der Kläger könne aber auch nicht die von der Beklagten benannten Tätigkeiten eines Hochregallagerarbeiters oder eines Registrators in zumutbarem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Die Tätigkeit des Hochregallagerarbeiters sei dem Kläger aufgrund seiner Wirbelsäulenbeeinträchtigungen nicht mehr zumutbar. Für körperlich leichte Arbeiten im Bereich der Lagerverwaltung und automatisierten Fördertechnik bzw. elektronischer Kontroll- und Steuerungstechnik fehlten dem Kläger aber die notwendigen Kenntnisse. Selbst für interne Arbeitskräfte betrage hier die Einarbeitungszeit drei bis sechs Monate, sodass aufgrund fehlender Vorkenntnisse von einer Einarbeitungszeit von über drei Monaten auszugehen sei. Der Kläger könne auch nicht zumutbar auf den Beruf des Registrators verwiesen werden. Hier könnten nämlich Hebe- und Tragebelastungen bis zehn kg nicht vermieden werden. Auch hier verfüge der Kläger nicht über eine umfangreiche Vorbildung im Bereich Registratur und im Umgang mit bürotechnischen Arbeiten sowie Personalcomputern. Für einen Facharbeiter sei nur eine Registratorentätigkeit im Sinne der Vergütungsgruppe VIII BAT zumutbar. Hierbei handele es sich nicht um einfache ungelernte Tätigkeiten, sondern um im Vergleich hierzu schwierigere Tätigkeiten im Bereich der Registratur. Hierfür fehlten dem Kläger die notwendigen Vorkenntnisse. Die Berufsunfähigkeitsrente sei auch unbefristet zu gewähren, da eine Behebung der Minderung der Erwerbsfähigkeit unwahrscheinlich sei. Die Befunde beruhten auf degenerativen Veränderungen und einem neurologischen Defizit am linken Fuß und würden eher zunehmen. Da bei Antragstellung am 25. Januar 2006 zur Überzeugung der Kammer die Berufsunfähigkeit bereits mehr als drei Monate vorgelegen habe, sei die Berufsunfähigkeitsrente ab 01. Januar 2006 zu gewähren.

Am 02. März 2009 hat die Beklagte Berufung gegen das ihr am 17. Februar 2009 zugestellte Urteil des SG eingelegt. Sie trägt unter Verweis auf Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg (LSG) vor, der Kläger könne auf Tätigkeiten eines Registrators oder eines Mitarbeiters in der Poststelle verwiesen werden. Tätigkeiten als Registrator seien nicht generell mit dem Heben und Tragen von Lasten von über fünf kg bis zu zehn kg verbunden. Auch sei weder eine Ausbildung zum Verwaltungsfachangestellten noch eine Anlernzeit von mehr als drei Monaten erforderlich, und zwar unabhängig davon, ob Vorkenntnisse im Bereich EDV und Verwaltung vorlägen. Außerdem verfüge der Kläger über gewisse Verwaltungskenntnisse aufgrund seiner Tätigkeit für den Landkreis E ... Die Beklagte hat hierzu eine beratungsärztliche Stellungnahme nach Aktenlage ihrer Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. E.-D. vom 15. Dezember 2009 vorgelegt.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 05. Dezember 2008 abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Aufgrund seines umfangreichen Krankheitsbildes könne er keine drei Stunden täglich mehr arbeiten, auch nicht als Registrator und Mitarbeiter in einer Poststelle. Weder könne er sich ausreichend konzentrieren, noch verfüge er über Vorkenntnisse. Außerdem leide er unter einer Sehstörung, die eine Bildschirmtätigkeit ausschließe. Zuletzt hätten sich noch seine Schmerzen im rechten Bein verschlimmert, sodass er auch nicht als "Postzusteller" arbeiten könne. Der Kläger hat u.a. vorgelegt die Berichte des Radiologen P. vom 24. März 2009 über eine Magnetresonanztomographie des Kniegelenks rechts (deutlich aktivierte Arthrose im dorsomedialen Anteil des lateralen Tibiakopfes und arthrotische Veränderungen der Patellagleitlager mit medialseitiger Betonung), des Radiologen Tremmel vom 23. Februar 2010 über eine an diesem Tag durchgeführte aszendierende Pressphlebographie des rechten Beines (reguläres tiefes Venensystem, schwach insuffiziente Vena perforans Cockett, komplette Stammvarikose der Vena saphena parva Grad III) sowie des Radiologen Dr. U. vom 03. März 2010 über eine durchgeführte Computertomographie der Nasennebenhöhlen (leichte entzündliche Belegung der Nasenhaupthöhle, knöchernes gekrümmtes Nasenseptum, mäßig erschwerte Nasenatmung, übrige Nasennebenhöhlendarstellung unauffällig).

Der damalige Berichterstatter des Senats hat zunächst am 07. Juli 2009 in einem Erörterungstermin die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten erörtert und den Kläger persönlich zu seiner Berufslaufbahn befragt. Als sachverständige Zeugin hat der Senat Fachärztin für Augenheilkunde F.-K. schriftlich befragt. Diese hat sich unter dem 10. August 2009 und 02. November 2009 dahingehend geäußert, der Kläger habe sich letztmals am 30. November 1999 bei ihr vorgestellt. Unter dem 04. Dezember 2009 berichtete sie über eine Untersuchung des Klägers am 17. November 2009. Der Kläger leide vermutlich seit Jahren unter Grauem Star. Sechs Stunden täglich könne der Kläger, auch als Registrator, arbeiten, als Schlosser eher nicht. Augenärztlicherseits bestehe reduzierte Sehschärfe jedenfalls bis zur Reife des Grauen Stars und danach bis zum Heilverfahren nach einer Kataraktoperation. Sonst bestünden keine weiteren Einschränkungen. Es bestünden auch keine Einschränkungen hinsichtlich der Fähigkeit, die üblichen Wege zum Arbeitsplatz zurückzulegen. Weiter hat unter dem 09. November 2009 als sachverständiger Zeuge schriftlich Auskunft erteilt Facharzt für Allgemeinmedizin J ... Er hat Computerausdrucke mit Behandlungsdaten, Diagnosen und Medikamentenverordnungen sowie ihm zugegangene ärztliche Berichte vorgelegt, so u.a. zwei Entlassungsberichte des Dr. R. vom 05. Dezember 2007 und 15. Oktober 2008 über stationäre Behandlungen vom 15. Oktober bis 30. November 2007 sowie vom 01. September bis 10. Oktober 2008 in dessen Klinik (Diagnosen u.a. depressive Episode, Anpassungsstörung (Familienkonflikt/Ehetrennung) sowie kränkbare und dysphorische Persönlichkeitsstörung). Prof. Dr. Kr., Facharzt für Augenheilkunde, hat unter dem 19. April 2010 angegeben, die Behandlungen der Augenpraxisklinik in den Jahren 2003, 2007 und 2008 hätten einen ophtalmologischen Normalbefund ergeben. Beidseits sei ein Siccasyndrom (trockenes Auge) festgestellt worden, rechts/links Myopie und Astigmatismus. Der Kläger benötige eine Brille wegen seiner Kurzsichtigkeit, die er zu den Untersuchungen nie mitgebracht habe.

Mit Verfügung vom 23. April 2010 hat der damalige Berichterstatter des Senats u.a. darauf hingewiesen, der Senat halte die Tätigkeit als Poststellenmitarbeiter für Facharbeiter für sozial zumutbar und verneine insoweit die Umstellungsfähigkeit nur in Ausnahmefällen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet. Auf die Berufung der Beklagten hin war das Urteil des SG abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.

Gegenstand des Berufungsverfahrens ist nur die Frage des Anspruchs des Klägers auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Der Kläger hat auf ausdrückliche Anfrage des Gerichts klargestellt, keine unselbstständige Anschlussberufung gegen das Urteil des SG erhoben zu haben. Ein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung oder teilweiser Erwerbsminderung gemäß § 43 Abs.1 SGB VI ist damit im Berufungsverfahren nicht (mehr) im Streit.

Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit haben nach § 240 Abs. 1 SGB VI bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Erreichung der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 01. Januar 2008 geändert durch Art. 1 Nr. 61 des RV-Altergrenzenanpassungsgesetzes vom 20. April 2007, BGBl. I, 554) auch Versicherte, die vor dem 02. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind nach § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach dem die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihm unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs unter besonderen Anforderung ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Der Kläger leidet unter gesundheitlichen Beeinträchtigungen auf verschiedenen medizinischen Fachgebieten. So leidet er auf psychiatrischem Fachgebiet unter einer somatoformen Schmerzstörung sowie einer leichten depressiven Episode. Auf orthopädischem Fachgebiet bestehen degenerative Veränderungen der Hals- und Lendenwirbelsäule, die neurogene Klumpfußdeformität links, eine Muskelminderung im gesamten linken Bein, eine Arthrose im Bereich des rechten Kniegelenkes und eine endgradige Bewegungseinschränkung beider Hüften. Diese Erkrankungen auf orthopädischem und psychiatrischem Fachgebiet führen zu Einschränkungen des beruflichen Leistungsvermögens in qualitativer Hinsicht dahingehend, dass besonders wirbelsäulenbelastende Tätigkeiten, Tätigkeiten in Wechsel- und Nachtschicht sowie häufiges Bücken, häufiges Treppensteigen, besondere Ansprüche an Auffassung, Konzentration und Verantwortung sowie überdurchschnittlicher Zeitdruck nicht mehr zuzumuten sind. Insbesondere rein gehende oder rein stehende Tätigkeiten, Tätigkeiten in gebückter Haltung, verdrehten Haltungen oder reine Bildschirmtätigkeiten und reine Überkopfarbeiten sowie das Heben und Bewegen von Lasten über fünf kg sollten vermieden werden. Dies entnimmt der Senat - wie bereits das SG - den schlüssigen und nachvollziehbaren Darlegungen der Sachverständigen Dr. H. und Dr. B.-S ... Im Hinblick auf diese gesundheitlichen Beeinträchtigungen und ihre Auswirkungen für das berufliche Leistungsvermögen im Allgemeinen nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug auf die ausführlichen Darlegungen in den Entscheidungsgründen des Urteils des SG (§ 153 Abs. 2 SGG).

Anhaltspunkte für eine unzutreffende Bewertung der Leiden des Klägers haben sich auch im weiteren Verfahren und auch aus den übrigen medizinischen Berichten nicht ergeben. Zusätzliche Leistungseinschränkungen lassen sich auch nicht aus den zuletzt vorgelegten Untersuchungsbefunden hinsichtlich der Venen und hinsichtlich des Knies ableiten. Ebenso bestätigen die Entlassungsberichte der Klinik Dr. R. vom 05. Dezember 2007 und 15. Oktober 2008 über die dortigen stationären Behandlungen vom 15. Oktober bis 30.November 2007 bzw. 01. September bis 10. Oktober 2008 jeweils die Diagnosen einer depressiven Episode und einer Anpassungsstörung im Zusammenhang mit einer Ehetrennung und somit auch den Ausschluss einer schwerergradigen depressiven Erkrankung durch den Sachverständigen Dr. H ... Auf augenärztlichem Fachgebiet leidet der Kläger unter reduzierter Sehschärfe aufgrund eines langjährigen Grauen Stars. Weitere Einschränkungen bestehen aber nach den Auskünften der sachverständigen Zeugen F.-K. und Prof. Dr. Kr. nicht. Auch die Untersuchung der Nasennebenhöhlen hat keinen für das berufliche Leistungsvermögen wesentlichen Befund ergeben.

Bisheriger Beruf im Sinne des § 240 SGB VI ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) in der Regel die letzte, nicht nur vorübergehend vollwertig ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit (z.B. BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 45; SozR 3-2200 § 1246 Nr. 61; Urteil vom 20. Juli 2005 - B 13 RJ 19/04 R - in juris). Es kann letztlich offenbleiben, ob danach bisheriger Beruf des Klägers derjenige des Kfz-Schlossers bzw. Kfz-Mechanikers ist oder aber ob der Kläger sich als ungelernter Arbeiter auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes sozial zumutbar verweisen lassen muss. Auch wenn man im Einklang mit dem SG davon ausgeht, der Kläger habe seine letzte Tätigkeit als Kfz-Mechaniker aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben und diese sei daher als sein rentenrechtlich relevanter bisheriger Beruf anzusehen, so ist der Kläger im Ergebnis nicht berufsunfähig. Er muss sich nämlich auf die Tätigkeit eines Poststellenmitarbeiters verweisen lassen (vgl. zu dieser Verweisungstätigkeit allgemein zuletzt die Urteile des Senats vom 08. Oktober 2010 - L 4 R 5140/08 -, 26. März 2010 - L 4 R 5708/08 - und 12. Februar 2010 - L 4 R 2745/08 -).

Zwar kann der Kläger den Beruf des Kfz-Mechanikers mit seinen gesundheitlichen Leistungsbeeinträchtigungen nicht mehr ausüben. Dafür sind in erster Linie die Funktionseinschränkungen im Bereich der Wirbelsäule verantwortlich. Die Tätigkeit als Kfz-Mechaniker erfordert eine weitgehend intakte Wirbelsäule, da mit ihr insbesondere Arbeiten in Zwangshaltungen, Überkopfarbeiten usw. verbunden sind. Der Beruf des Kfz-Mechanikers setzt auch eine regelmäßig dreijährige vollwertige berufliche Ausbildung voraus, wie sie der Kläger bei der Firma Daimler auch durchlaufen hat. Er ist damit Facharbeiter im Beruf im Sinne des sogenannten Mehrstufenschemas des Bundessozialgerichts. Auf welche Berufstätigkeiten ein Versicherter sozial zumutbar verwiesen werden kann, beurteilt das BSG nach einem von ihm entwickelten Mehrstufenschema, das auch der Senat seinen Entscheidungen zugrunde legt. Die soziale Zumutbarkeit eines Verweisungsberufs richtet sich nach dem qualitativen Wert des bisherigen Berufs. Zur Erleichterung dieser Beurteilung hat die Rechtsprechung des BSG die Arbeiter- und Angestelltenberufe in Gruppen eingeteilt, wobei der Stufenbildung im Ansatz die zur Erreichung einer bestimmten Qualifikation normalerweise erforderliche Ausbildung zugrunde gelegt wurde. Arbeiter der dritten Stufe dieses Mehrstufenschemas (Facharbeiter in einem anerkannten Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren) sind sozial zumutbar auf solche angelernten Tätigkeiten zu verweisen, die eine Einarbeitungs- bzw. Anlernzeit für Berufsfremde von mindestens drei Monaten erfordern. Dies gilt namentlich für Tätigkeiten, die in die Vergütungsgruppe BAT VIII eingestuft sind (BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 34). Die Tätigkeit als Mitarbeiter in einer Poststelle, die im öffentlichen Dienst in Vergütungsgruppe BAT VIII bzw. Entgeltgruppe TVöD III eingestuft ist, enthält in großem Umfang Prüfungs-, Sichtungs- und Sortiervorgänge, die sowohl in sitzender als auch in stehender Haltung vorgenommen werden können. Dabei sind Gehanteile beim Wechsel des jeweiligen Tätigkeitsortes (Schreibtisch, Sortierfächer, Frankiermaschine etc.) zusätzlich erforderlich. Verrichtungen, an denen der Kläger aus gesundheitlichen Gründen gehindert sein könnte, sind nach dem vom Senat festgestellten Restleistungsvermögen des Klägers nicht ersichtlich. Das Auftreten von Zwangshaltungen ist nicht zu erwarten. Denn grundsätzlich ergeben sich im Zusammenhang mit dem Arbeitsinhalt keine äußeren Zwänge aus technisch-organisatorisch festgelegten Örtlichkeiten. Bücken ist nur gelegentlich notwendig. Auch das Bewegen von schwereren Lasten über fünf kg ohne Möglichkeit der Zuhilfenahme von Hilfsmitteln fällt allenfalls ausnahmsweise an. In der Regel stehen in der Poststelle Hilfsmittel wie etwa Rollwägen zur Verfügung, wenn auch schwerere Sendungen wie etwa Pakete bewegt werden müssen. Generell ist mit der Tätigkeit des Mitarbeiters in der Poststelle jedoch der Transport von Post ohnehin nicht verbunden, weil die Post von den Mitarbeitern der Postunternehmen angeliefert bzw. abgeholt wird. Auch die psychischen Beeinträchtigungen des Klägers sind nicht so schwerwiegend, dass sie jegliche Anforderungen an Konzentration und Arbeitsgenauigkeit von vornherein ausschlössen. Ebenso leidet der Kläger nur unter verhältnismäßig geringfügigen Einschränkungen seines Sehvermögens, sodass auch von augenärztlicher Seite die Tätigkeit als Poststellenmitarbeiter leidensgerecht ist. Entsprechend hat auch die sachverständige Zeugin Folltin-K. die Verrichtung von Arbeiten als Registrator im Umfang von sechs Stunden täglich für möglich gehalten. Die Augen zusätzlich besonders beanspruchende Bildschirmarbeiten fallen als Poststellenmitarbeiter im klassischen Sinne nicht an. Sofern der Poststellenmitarbeiter in die Bearbeitung des E-Mailverkehrs miteingebunden ist, handelt es sich jedenfalls nicht um den Hauptinhalt seiner Berufstätigkeit. Nach wie vor wird die Berufstätigkeit des Poststellenmitarbeiters nicht in dem Sinne von diesem Teilbereich der Tätigkeit geprägt, dass hier etwa in überwiegendem Umfang im Laufe eines Arbeitstages Bildschirmarbeit geleistet werden müsste.

Der Senat ist auch davon überzeugt, dass der Kläger sich aufgrund seiner bisherigen Ausbildung und geistigen Fähigkeiten innerhalb von drei Monaten in die Tätigkeit eines Mitarbeiters einer Poststelle in Vergütungsgruppe BAT VIII einarbeiten könnte. Der Kläger war in der Vergangenheit nach Abschluss seiner Kfz-Mechanikerausbildung u.a. auch selbst im Gebrauchtwagenhandel tätig und hat auch beim Landkreis E. in der Überwachung von Recyclingcontainern gearbeitet. Beide Tätigkeiten sind keine reinen körperlich-handwerklichen Tätigkeiten, sondern vielmehr mit verwaltenden Aufgaben im weitesten Sinne verbunden. Der Kläger persönlich hat im Erörterungstermin am 07. Juli 2009 dem Senat gegenüber beschrieben, dass er für den Landkreis E. jeweils die Recyclingcontainer kontrolliert hat und dort nach Angaben über Adressen oder sonst den Urheber von Müllablagerungen gesucht hat. Er hat sich die Autokennzeichen der jeweiligen "Müllsünder" notiert, die dort Müll abluden und hat die entsprechenden Formblattanzeigen ausgefüllt. Er hat dort kurze Personenbeschreibungen eingetragen und musste auch als Zeuge vor Gericht aussagen. Als Autohändler knüpfte er gemeinsam mit seiner Ehefrau Kontakt zu Autohäusern, die ihm Gebrauchtwagen überließen. Er schaltete auch Annoncen. Auch wenn der Kläger bekundet hat, die "Papierangelegenheiten" als Autohändler zu einem großen Teil seinem Steuerberater gegeben zu haben, belegen diese beruflichen Erfahrungen doch, dass der Kläger ausreichend über Erfahrungen und Möglichkeiten verfügt, sich auch in eine einfache verwaltende Tätigkeit wie diejenige des Poststellenmitarbeiters innerhalb von drei Monaten einzuarbeiten.

Nachdem der Kläger somit noch in der Lage ist, als Mitarbeiter in einer Poststelle im Umfang von sechs Stunden täglich versicherungspflichtig beschäftigt zu sein, ist er nicht berufsunfähig und ihm steht daher kein Rentenanspruch gemäß § 240 SGB VI zu.

Auf die Berufung der Beklagten hin war daher das Urteil des SG abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus §193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht gegeben.
Rechtskraft
Aus
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