Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 10 AS 2383/10 ER
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 5 AS 340/10 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 13. August 2010 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Antragsteller und Beschwerdeführer wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen einen eine Eingliederungsvereinbarung (EV) ersetzenden Verwaltungsakt der Antrags- und Beschwerdegegnerin.
Der im Jahr 1954 geborene Antragsteller bezieht von der Antragsgegnerin seit Januar 2005 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB II).
Nachdem er sich bei einer Vorsprache am 19. Juli 2010 geweigert hatte, eine EV abzuschließen, erließ die Antragsgegnerin mit Bescheid vom selben Tag einen Ersatz der EV per Verwaltungsakt. In diesem waren für eine Laufzeit vom 19. Juli 2010 bis zum 18. Januar 2011 neben Leistungen der Antragsgegnerin zur Eingliederung folgende "Bemühungen von Herr W. K. zur Eingliederung in Arbeit" enthalten: "Sie nutzen alle Möglichkeiten, um ihren Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln und Kräften zur bestreiten und an allen Maßnahmen zur Eingliederung mitzuwirken. Sie verpflichten sich, sofern keine wichtigen persönlichen Gründe dagegen sprechen, zu einer vorgesehenen Trainingsmaßnahme zu erscheinen und eine Teilnahme ohne unentschuldigte Fehlzeiten zu garantieren. Auch während der Maßnahme setzen sie ihre Bewerbungsbemühungen fort. Einladungen in die Jobcenter Arge Magdeburg GmbH nehmen Sie wahr. Alle Veränderungen ihrer persönlichen Situation teilen Sie mit."
Weiter wurde darauf hingewiesen, dass der Antragsteller sicherzustellen habe, dass er an jedem Werktag an seinem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt unter der benannten Anschrift durch Briefpost erreichbar sei. Änderungen in den persönlichen Umständen seien unverzüglich mitzuteilen und bei einer Ortsabwesenheit sei vorab die Zustimmung des persönlichen Ansprechpartners einzuholen. Bei einer unangemeldeten oder unerlaubten Ortsabwesenheit entfalle der Anspruch auf Arbeitslosengeld II. Weiter enthielt die EV eine Rechtsfolgenbelehrung, in der die Folgen eines Verstoßes gegen die Regelungen der EV gemäß § 31 SGB II erläutert wurden.
Der Bescheid wurde dem Antragsteller am 19. Juli 2010 ausgehändigt.
Dagegen legte er mit Schreiben vom 20. Juli 2010 Widerspruch ein, über den – soweit ersichtlich – von der Antragsgegnerin noch nicht entscheiden worden ist.
Am 28. Juli 2010 hat er bei dem Sozialgericht Magdeburg (SG) um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht und zur Begründung sinngemäß ausgeführt, er strebe keine "zwangsweise Eingliederung" per Verwaltungsakt an, sondern eine Umschulung.
Mit Beschluss vom 13. August 2010 hat das SG den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes abgelehnt und zur Begründung ausgeführt, die Antragsgegnerin sei berechtigt gewesen, eine EV mittels Verwaltungsakt zu erlassen, nachdem sich der Antragsteller geweigert habe, eine solche abzuschließen. Nach der im Rahmen des Eilverfahrens gebotenen summarischen Prüfung sei nicht ersichtlich, dass die im Bescheid geregelten Pflichten des Antragstellers unzumutbare Belastungen darstellten.
Gegen den Beschluss hat der Antragsteller am 24. August 2010 Beschwerde eingelegt und ausgeführt, die EV sei als Verwaltungsakt nichtig, da sie an einem besonders schwerwiegenden Fehler leide. Der Bescheid verstoße gegen die guten Sitten und sei daher tatsächlich unausführbar. Im Wege der einstweiligen Anordnung solle vermieden werden, dass der Bescheid vor seiner Rechtskraft vollstreckt werde und dadurch rechtswidrige Zustände herbeigeführt würden.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 13. August 2010 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs vom 20. Juli 2010 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 19. Juli 2010 anzuordnen.
Die Antragsgegnerin hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte ergänzend Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Antragstellers ist zulässig (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG)). Insbesondere steht der Zulässigkeit der Beschwerde nicht die Regelung des § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG entgegen, denn es handelte sich in der Hauptsache nicht um eine Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt iSv § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG betrifft. Daher wäre der Berufungswert iHv 750,00 EUR nicht maßgeblich und die Berufung nach derzeitigem Verfahrensstand unbeschränkt möglich.
Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.
Der Antragsteller wendet sich gegen einen eine EV ersetzenden Verwaltungsakt, sodass § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG die maßgebliche Rechtsgrundlage für die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes darstellt. Denn das Rechtsmittel, bzw. hier der Rechtsbehelf des Widerspruchs gegen einen Bescheid, der Leistungen zur Eingliederung in Arbeit oder Pflichten des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen bei der Eingliederung in Arbeit regelt (§ 39 Nr. 1 SGB II), hat keine aufschiebende Wirkung.
Der die EV ersetzende Bescheid der Antragsgegnerin (§ 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II) begründet Obliegenheiten und damit Verhaltenspflichten des Antragstellers, die zum Ziel dessen Eingliederung in den Arbeitsmarkt haben. Der Widerspruch des Antragstellers gegen den Bescheid vom 19. Juli 2010 hat daher keine aufschiebende Wirkung.
Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen (§ 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG). Einen ausdrücklichen gesetzlichen Maßstab für die gerichtliche Anordnung der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Klage sieht § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG nicht vor. Das Gericht entscheidet aufgrund einer Interessenabwägung (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 86b RN 12). Es trifft dabei in jedem Fall eine eigene Ermessensentscheidung über die Aufhebung der sofortigen Vollziehung nach denselben Gesichtspunkten wie die Widerspruchsbehörde in den Fällen des § 86a Abs. 2 SGG. Bei offensichtlicher Aussichtslosigkeit der Hauptsache überwiegt in der Regel das Vollzugsinteresse, umgekehrt bei offensichtlicher Erfolgsaussicht der Hauptsache das Aussetzungsinteresse des Antragstellers. Die offensichtliche Rechtmäßigkeit des betroffenen Verwaltungsakts oder fehlende Erfolgsaussichten von Widerspruch und/oder Klage können allein das besondere Vollzugsinteresse jedoch nicht begründen oder eine Prüfung ersetzen oder entbehrlich machen. Sie können nur zur Folge haben, dass die vorhandenen, ihrer Art nach dringlichen Vollzugsinteressen grundsätzlich als schwerwiegender anzusehen sind als das Interesse des Betroffenen an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Bei der zu treffenden Abwägung der Interessen sind dabei vor allem die Natur, Schwere und Dringlichkeit der dem Betroffenen auferlegten Belastungen und die Möglichkeit oder Unmöglichkeit einer etwaigen späteren Rückgängigmachung der Maßnahme und ihre Folgen zu berücksichtigen.
Nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheides. Es überwiegt daher das vom Gesetz vorausgesetzte Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit des Verwaltungsaktes.
Gründe für eine Rechtswidrigkeit – bzw. die vom Antragsteller geltend gemachte Nichtigkeit – des Bescheides vom 19. Juli 2010 sind nicht ersichtlich. Die dem Antragsteller mit der EV auferlegten Pflichten, nach Möglichkeit seinen Lebensunterhalt aus eigenen Kräften und Mitteln zu bestreiten, an Eingliederungsmaßnahmen mitzuwirken sowie an vorgesehenen Trainingsmaßnahmen teilzunehmen, Bewerbungsbemühungen fortzusetzen und Einladungen zur Vorsprache wahrzunehmen, wiederholen die bereits im SGB II normierten Obliegenheiten des arbeitsuchenden Leistungsempfängers. Der Inhalt der EV enthält keine über die allgemeinen Obliegenheiten hinausgehenden Festlegungen im Hinblick auf den Antragsteller. Die geforderten Eigenbemühungen sind nicht konkretisiert, beispielsweise wird keine konkrete monatliche Anzahl von Bewerbungen gefordert.
Der Antragsteller hat auch keine konkreten Rechtsfehler oder ihm als unzumutbar erscheinende Verpflichtungen gerügt. Solche sind auch nicht ersichtlich. Die vom angegriffenen Bescheid ausgehende rechtliche Belastung ist eher gering. Zwar kann der die EV ersetzende Bescheid auch Grundlage einer späteren Sanktionsentscheidung der Antragsgegnerin sein. Da der Bescheid jedoch keine über die gesetzlich normierten allgemeinen Obliegenheiten hinausgehenden Pflichten begründet, führt eine Abwägung der widerstreitenden Interessen auch ohne Berücksichtigung der Rechtmäßigkeit des Bescheids zum Überwiegen des öffentlichen Vollzugsinteresses.
Die Beschwerde war daher mit der Kostenfolge aus der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG zurückzuweisen.
Der Beschluss ist nicht im Wege der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Antragsteller und Beschwerdeführer wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen einen eine Eingliederungsvereinbarung (EV) ersetzenden Verwaltungsakt der Antrags- und Beschwerdegegnerin.
Der im Jahr 1954 geborene Antragsteller bezieht von der Antragsgegnerin seit Januar 2005 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB II).
Nachdem er sich bei einer Vorsprache am 19. Juli 2010 geweigert hatte, eine EV abzuschließen, erließ die Antragsgegnerin mit Bescheid vom selben Tag einen Ersatz der EV per Verwaltungsakt. In diesem waren für eine Laufzeit vom 19. Juli 2010 bis zum 18. Januar 2011 neben Leistungen der Antragsgegnerin zur Eingliederung folgende "Bemühungen von Herr W. K. zur Eingliederung in Arbeit" enthalten: "Sie nutzen alle Möglichkeiten, um ihren Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln und Kräften zur bestreiten und an allen Maßnahmen zur Eingliederung mitzuwirken. Sie verpflichten sich, sofern keine wichtigen persönlichen Gründe dagegen sprechen, zu einer vorgesehenen Trainingsmaßnahme zu erscheinen und eine Teilnahme ohne unentschuldigte Fehlzeiten zu garantieren. Auch während der Maßnahme setzen sie ihre Bewerbungsbemühungen fort. Einladungen in die Jobcenter Arge Magdeburg GmbH nehmen Sie wahr. Alle Veränderungen ihrer persönlichen Situation teilen Sie mit."
Weiter wurde darauf hingewiesen, dass der Antragsteller sicherzustellen habe, dass er an jedem Werktag an seinem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt unter der benannten Anschrift durch Briefpost erreichbar sei. Änderungen in den persönlichen Umständen seien unverzüglich mitzuteilen und bei einer Ortsabwesenheit sei vorab die Zustimmung des persönlichen Ansprechpartners einzuholen. Bei einer unangemeldeten oder unerlaubten Ortsabwesenheit entfalle der Anspruch auf Arbeitslosengeld II. Weiter enthielt die EV eine Rechtsfolgenbelehrung, in der die Folgen eines Verstoßes gegen die Regelungen der EV gemäß § 31 SGB II erläutert wurden.
Der Bescheid wurde dem Antragsteller am 19. Juli 2010 ausgehändigt.
Dagegen legte er mit Schreiben vom 20. Juli 2010 Widerspruch ein, über den – soweit ersichtlich – von der Antragsgegnerin noch nicht entscheiden worden ist.
Am 28. Juli 2010 hat er bei dem Sozialgericht Magdeburg (SG) um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht und zur Begründung sinngemäß ausgeführt, er strebe keine "zwangsweise Eingliederung" per Verwaltungsakt an, sondern eine Umschulung.
Mit Beschluss vom 13. August 2010 hat das SG den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes abgelehnt und zur Begründung ausgeführt, die Antragsgegnerin sei berechtigt gewesen, eine EV mittels Verwaltungsakt zu erlassen, nachdem sich der Antragsteller geweigert habe, eine solche abzuschließen. Nach der im Rahmen des Eilverfahrens gebotenen summarischen Prüfung sei nicht ersichtlich, dass die im Bescheid geregelten Pflichten des Antragstellers unzumutbare Belastungen darstellten.
Gegen den Beschluss hat der Antragsteller am 24. August 2010 Beschwerde eingelegt und ausgeführt, die EV sei als Verwaltungsakt nichtig, da sie an einem besonders schwerwiegenden Fehler leide. Der Bescheid verstoße gegen die guten Sitten und sei daher tatsächlich unausführbar. Im Wege der einstweiligen Anordnung solle vermieden werden, dass der Bescheid vor seiner Rechtskraft vollstreckt werde und dadurch rechtswidrige Zustände herbeigeführt würden.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 13. August 2010 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs vom 20. Juli 2010 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 19. Juli 2010 anzuordnen.
Die Antragsgegnerin hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte ergänzend Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Antragstellers ist zulässig (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG)). Insbesondere steht der Zulässigkeit der Beschwerde nicht die Regelung des § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG entgegen, denn es handelte sich in der Hauptsache nicht um eine Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt iSv § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG betrifft. Daher wäre der Berufungswert iHv 750,00 EUR nicht maßgeblich und die Berufung nach derzeitigem Verfahrensstand unbeschränkt möglich.
Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.
Der Antragsteller wendet sich gegen einen eine EV ersetzenden Verwaltungsakt, sodass § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG die maßgebliche Rechtsgrundlage für die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes darstellt. Denn das Rechtsmittel, bzw. hier der Rechtsbehelf des Widerspruchs gegen einen Bescheid, der Leistungen zur Eingliederung in Arbeit oder Pflichten des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen bei der Eingliederung in Arbeit regelt (§ 39 Nr. 1 SGB II), hat keine aufschiebende Wirkung.
Der die EV ersetzende Bescheid der Antragsgegnerin (§ 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II) begründet Obliegenheiten und damit Verhaltenspflichten des Antragstellers, die zum Ziel dessen Eingliederung in den Arbeitsmarkt haben. Der Widerspruch des Antragstellers gegen den Bescheid vom 19. Juli 2010 hat daher keine aufschiebende Wirkung.
Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen (§ 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG). Einen ausdrücklichen gesetzlichen Maßstab für die gerichtliche Anordnung der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Klage sieht § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG nicht vor. Das Gericht entscheidet aufgrund einer Interessenabwägung (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 86b RN 12). Es trifft dabei in jedem Fall eine eigene Ermessensentscheidung über die Aufhebung der sofortigen Vollziehung nach denselben Gesichtspunkten wie die Widerspruchsbehörde in den Fällen des § 86a Abs. 2 SGG. Bei offensichtlicher Aussichtslosigkeit der Hauptsache überwiegt in der Regel das Vollzugsinteresse, umgekehrt bei offensichtlicher Erfolgsaussicht der Hauptsache das Aussetzungsinteresse des Antragstellers. Die offensichtliche Rechtmäßigkeit des betroffenen Verwaltungsakts oder fehlende Erfolgsaussichten von Widerspruch und/oder Klage können allein das besondere Vollzugsinteresse jedoch nicht begründen oder eine Prüfung ersetzen oder entbehrlich machen. Sie können nur zur Folge haben, dass die vorhandenen, ihrer Art nach dringlichen Vollzugsinteressen grundsätzlich als schwerwiegender anzusehen sind als das Interesse des Betroffenen an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Bei der zu treffenden Abwägung der Interessen sind dabei vor allem die Natur, Schwere und Dringlichkeit der dem Betroffenen auferlegten Belastungen und die Möglichkeit oder Unmöglichkeit einer etwaigen späteren Rückgängigmachung der Maßnahme und ihre Folgen zu berücksichtigen.
Nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheides. Es überwiegt daher das vom Gesetz vorausgesetzte Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit des Verwaltungsaktes.
Gründe für eine Rechtswidrigkeit – bzw. die vom Antragsteller geltend gemachte Nichtigkeit – des Bescheides vom 19. Juli 2010 sind nicht ersichtlich. Die dem Antragsteller mit der EV auferlegten Pflichten, nach Möglichkeit seinen Lebensunterhalt aus eigenen Kräften und Mitteln zu bestreiten, an Eingliederungsmaßnahmen mitzuwirken sowie an vorgesehenen Trainingsmaßnahmen teilzunehmen, Bewerbungsbemühungen fortzusetzen und Einladungen zur Vorsprache wahrzunehmen, wiederholen die bereits im SGB II normierten Obliegenheiten des arbeitsuchenden Leistungsempfängers. Der Inhalt der EV enthält keine über die allgemeinen Obliegenheiten hinausgehenden Festlegungen im Hinblick auf den Antragsteller. Die geforderten Eigenbemühungen sind nicht konkretisiert, beispielsweise wird keine konkrete monatliche Anzahl von Bewerbungen gefordert.
Der Antragsteller hat auch keine konkreten Rechtsfehler oder ihm als unzumutbar erscheinende Verpflichtungen gerügt. Solche sind auch nicht ersichtlich. Die vom angegriffenen Bescheid ausgehende rechtliche Belastung ist eher gering. Zwar kann der die EV ersetzende Bescheid auch Grundlage einer späteren Sanktionsentscheidung der Antragsgegnerin sein. Da der Bescheid jedoch keine über die gesetzlich normierten allgemeinen Obliegenheiten hinausgehenden Pflichten begründet, führt eine Abwägung der widerstreitenden Interessen auch ohne Berücksichtigung der Rechtmäßigkeit des Bescheids zum Überwiegen des öffentlichen Vollzugsinteresses.
Die Beschwerde war daher mit der Kostenfolge aus der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG zurückzuweisen.
Der Beschluss ist nicht im Wege der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
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