L 11 KR 2565/09

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 3 KR 5198/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 2565/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 5. Mai 2009 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

Der Streitwert für das Verfahren wird auf 1.502,45 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Verpflichtung des Klägers zur Entrichtung der Künstlersozialabgabe (KSA) auf Honorare für selbstständige Künstler für die Jahre 2003 bis 2007.

Der Kläger betreibt seit 1. Februar 1999 als Einzelunternehmer eine Werbeagentur. Nach eigenen Angaben beschäftigte er im streitgegenständlichen Zeitraum vier Arbeitnehmer, hiervon war einer sozialversicherungspflichtig und drei geringfügig beschäftigt. Daneben nimmt der Kläger zur Erfüllung seiner Aufträge, aber auch für eigene (Werbe-) Zwecke, nämlich der Pflege der Internetpräsenz, seit dem Jahr 2003 Leistungen selbstständiger Künstler und Publizisten in Anspruch.

Im Rahmen der Prüfung der Abgabepflicht und der Höhe der Abgabe nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) gab der Kläger in dem Erhebungsbogen am 27. Februar 2008 an, im Jahr 2003 erstmals Leistungen selbstständiger Künstler in Anspruch genommen zu haben und schlüsselte die gezahlten Entgelte projekt- und jahresbezogen auf (ua 2003 Entgelte in Höhe von 2.725,38 EUR, davon 1.106,40 EUR für Webhosting und Internetpräsenz der klägerischen Firma, 2006 Entgelte in Höhe von 11.609,31 EUR, davon 1.000 EUR für Relaunch der Website und Fotos). Mit Bescheid vom 26. Juni 2008 stellte die Beklagte daraufhin für den Prüfzeitraum vom 1. Januar 2002 bis 31. Dezember 2007 fest, dass der Kläger der Abgabepflicht nach dem KSVG unterliege und die sich daraus für die Jahre 2003 bis 2007 ergebende KSA insgesamt 1.502,45 EUR betrage. Die Abgabepflicht sei festzustellen, weil der Kläger als Unternehmer Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit für Dritte betreibe. Für 2002 seien keine Entgelte an selbstständige Künstler und/oder Publizisten gezahlt worden. Für diesen Zeitraum bestehe daher keine Zahlungspflicht.

Mit seinem dagegen eingelegten Widerspruch machte der Kläger im Wesentlichen geltend, die Regelungen des KSVG seien verfassungsrechtlich bedenklich, da Einzelfirmen gegenüber Kapitalgesellschaften unangemessen benachteiligt würden. Kapitalgesellschaften könnten die KSA direkt in die Endpreise einkalkulieren, ohne dass ihre Endkunden noch zur Zahlung der KSA herangezogen würden. Dagegen müssten die Auftraggeber von freiberuflich tätigen Künstlern oder Einzelunternehmern zusätzlich zum vereinbarten Preis für die künstlerische Leistung noch die KSA abführen. Kapitalgesellschaften seien daher ungerechtfertigt begünstigt. Deshalb sei es aus Sicht der Auftraggeber buchhalterisch aufwendiger und teurer, ein Einzelunternehmen zu beauftragen. Es stehe zu befürchten, dass Einzelunternehmen, um auch in Zukunft wettbewerbsfähig zu sein, Preisnachlässe in Höhe der KSA bei der Auftragsvergabe notgedrungen in Kauf nehmen müssten. Darüber hinaus sei er selbst nicht in der Künstlersozialversicherung versichert und komme daher nicht in den Genuss der daraus resultierenden Leistungen. Das Erfassungsverfahren der Beklagten sei im Übrigen so angelegt, dass (bisher) nur Einzelunternehmen erfasst würden, die einen oder mehrere sozialversicherungspflichtige Festangestellte beschäftigten. Andere Freiberufler könnten unbehelligt arbeiten. Schließlich erleide er durch die rückwirkende Erhebung der KSA erhebliche Nachteile, da er die KSA steuerlich nicht für den gesamten Zeitraum rückwirkend als Betriebsausgabe geltend machen könne.

Den am 10. September 2008 gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Bescheides vom 26. Juni 2008 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 16. September 2008 ab und wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 23. Oktober 2008 zurück. Die Beklagte habe bei ihrem Verwaltungshandeln geltendes Recht, das KSVG, zu beachten und anzuwenden. Im Übrigen sei für die rückwirkende Erhebung der KSA die positive Kenntnis von der Abgabepflicht unerheblich. Denn die Abgabeschuld trete kraft Gesetzes ein. Den Interessen der Betroffenen werde durch die Verjährungsvorschriften ausreichend Rechnung getragen.

Am 10. Oktober 2008 hat der Kläger beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) beantragt, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 26. Juni 2008 anzuordnen und am 26. November 2008 gegen den am 27. Oktober 2008 bekannt gegebenen Widerspruchsbescheid Klage erhoben. Zur Begründung hat er im Wesentlichen seine Widerspruchsbegründung wiederholt.

Mit Beschluss vom 28. November 2008 (Az. S 3 KR 4394/08 ER) hat das SG den Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen, abgelehnt und die Klage mit Gerichtsbescheid vom 5. Mai 2009 abgewiesen. Die Beklagte habe zutreffend die Abgabepflicht des Klägers bejaht. Die Regelungen des KSVG, insbesondere zur Abgabepflicht der Verwerter künstlerischer Leistungen gemäß §§ 24 ff KSVG, seien vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) im Beschluss vom 8. April 1987 eingehend geprüft und für verfassungsgemäß erachtet worden. Die vom Kläger vorgetragenen Gesichtspunkte rechtfertigten eine andere Beurteilung nicht. Die vorgetragene Ungleichbehandlung zwischen dem Kläger und Kapitalgesellschaften sei nicht ersichtlich. Sofern der Kläger und eine Kapitalgesellschaft bei Ausführung eines Auftrags einen selbstständigen Künstler in Anspruch nehme, sei nicht erkennbar, worin die Ungleichbehandlung bestehe. Ein Unterschied bestehe lediglich dann, wenn die Kapitalgesellschaft einen Auftrag unter Inanspruchnahme von bei ihr sozialversicherungspflichtig Beschäftigten ausführe, während der Kläger für die Ausführung des Auftrags einen Selbstständigen beauftrage. Diese unterschiedliche Behandlung sei jedoch sachnotwendige Folge des KSVG. Der Kläger könne in Kenntnis seiner grundsätzlichen Abgabepflicht diese ebenfalls bei der Preisbildung einkalkulieren. Gesichtspunkte, die eine rückwirkende Erhebung der KSA im Rahmen der Verjährungsvorschriften ausschließen würden, seien nicht ersichtlich.

Hiergegen hat der Kläger am 5. Juni 2009 Berufung eingelegt. Die Ungleichbehandlung von Personengesellschaften gegenüber Kapitalgesellschaften sei offensichtlich. Gegenüber Auftraggebern von freiberuflichen Künstlern werde die KSA geltend gemacht. Würden dagegen Kapitalgesellschaften beauftragt, bestehe auf Seiten des Auftraggebers keine Abgabepflicht, da Kapitalgesellschaften nicht unter § 25 KSVG fielen. Denn durch diese Vorschrift würden nur Entgelte erfasst, die an selbstständige Künstler und Publizisten gezahlt würden. Entgelte, die für künstlerische und publizistische Leistungen an Kapitalgesellschaften erbracht würden, unterfielen daher nicht der KSA. Dies führe zu einem erheblichen Wettbewerbsnachteil für Einzelfirmen und Personengesellschaften. Das SG verkenne, dass auch freischaffende Künstler und Personengesellschaften Angestellte beschäftigten und umgekehrt Kapitalgesellschaften zur Durchführung ihrer Aufträge nicht nur versicherungspflichtig Beschäftigte einsetzten, sondern Aufträge auch an selbstständige Künstler vergäben. Die Vorschriften des KSVG seien verfassungswidrig, da eine künstlerische Leistung doppelt mit Abgaben belegt werde. Denn wenn er einen selbstständigen Künstler für die Durchführung eines Auftrags einsetze, habe nicht nur er, sondern auch der Auftraggeber die KSA zu zahlen. Eine künstlerische Leistung werde daher mehrfach mit der KSA belastet.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 5. Mai 2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 26. Juni 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. Oktober 2008 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält ihre und die erstinstanzliche Entscheidung für rechtmäßig.

Den am 24. Juli 2009 gestellten Antrag des Klägers, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 26. Juni 2008 anzuordnen, hat der Senat mit Beschluss vom 4. August 2009 (Az L 11 KR 3404/09 ER) als unzulässig zurückgewiesen. Am 20. Oktober 2009 ist erneut aufgrund des Antrags vom 24. Juli 2009 ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes eingetragen worden (Az L 11 KR 4807/09 ER). Diesen Antrag hat der Kläger am 20. November 2009 zurückgenommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 143, 144, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und im Übrigen zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Denn der Bescheid der Beklagten vom 26. Juni 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Oktober 2008 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, weshalb das SG die Klage zu Recht abgewiesen hat.

Die Beklagte und nicht die Künstlersozialkasse war zur Feststellung der Abgabepflicht des Klägers und zur Erhebung der KSA zuständig. Denn nach der mit Wirkung ab 15. Juni 2007 durch Art 2 Nr 1a des Gesetzes vom 12. Juni 2007 (BGB. I S. 1034) eingefügten Vorschrift des § 28p Abs 1a Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern ua, ob diese die KSA rechtzeitig und vollständig entrichten; sie erlassen insoweit die erforderlichen Verwaltungsakte zur Künstlersozialversicherungspflicht und zur Höhe der KSA einschließlich der Widerspruchsbescheide.

Da die Beklagte die Einbeziehung des Klägers in den Kreis der Unternehmen, die wegen ihres Unternehmenszweckes dem Grunde nach der Abgabepflicht nach dem KSVG unterliegen, nicht vorab in einem gesonderten Erfassungsbescheid festgestellt hat, war der Kläger nicht gehindert, gegenüber dem die Höhe der KSA-Schuld für die Jahre 2003 bis 2007 festsetzenden Abgabebescheid der Beklagten den Einwand der Verfassungswidrigkeit der Vorschriften des KSVG zur fehlenden Abgabepflicht schon dem Grunde nach zu erheben.

Der Kläger unterlag jedoch der Pflicht zur Abführung der KSA dem Grunde nach. Rechtsgrundlage hierfür ist § 24 KSVG in der ab 1. Juli 2001 geltenden Fassung des Art. 1 Nr. 16a des Gesetzes vom 13. Juni 2001 (BGBl. I S. 1027). Zur KSA ist danach ein Unternehmer verpflichtet, der eines der in § 24 KSVG genannten Unternehmen, hier gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 KSVG Werbung und Öffentlichkeitsarbeit für Dritte, betreibt. Entsprechendes gilt gemäß § 24 Abs. 1 Satz 2 KSVG für Unternehmer, die für Zwecke ihres eigenen Unternehmens Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit betreiben und dabei nicht nur gelegentlich Aufträge an selbstständige Künstler oder Publizisten erteilen. Unternehmer im Sinne des § 24 KSVG sind alle natürlichen oder juristischen Personen, deren Tätigkeiten einem der in dieser Vorschrift genannten Zwecke dient (Finke/Brachmann/Nordhausen, KSVG, 4. Aufl, § 24 RdNr. 18).

Bemessungsgrundlage der KSA sind gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 KSVG die Entgelte für künstlerische oder publizistische Werke oder Leistungen, die ein nach § 24 Abs. 1 oder 2 KSVG zur Abgabe Verpflichteter im Rahmen der dort aufgeführten Tätigkeiten im Laufe eines Kalenderjahres an selbstständige Künstler oder Publizisten zahlt, auch wenn diese selbst nach diesem Gesetz nicht versicherungspflichtig sind.

Der Kläger betreibt mit seiner Werbeagentur ein Unternehmen der Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit für Dritte im Sinne von § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 KSVG und erteilt darüber hinaus nicht nur gelegentlich im Sinne von § 24 Abs. 1 Satz 2 KSVG Aufträge an selbstständige Künstler, um deren Werke oder Leistungen für Zwecke der Werbung und Öffentlichkeitsarbeit des eigenen Unternehmens zu nutzen. Nicht nur gelegentlich erfolgt eine Auftragserteilung, wenn sie mit einer gewissen Regelmäßigkeit oder Dauerhaftigkeit und in nicht unerheblichem wirtschaftlichem Ausmaß erfolgt, was gerade bei der Gestaltung und Pflege des Internetauftritts eines Unternehmens der Fall sein kann (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 7. Juli 2005, B 3 KR 29/04 R, SozR 4-5425 § 24 Nr 7). Denn für die Pflege der eigenen Internetpräsenz hat der Kläger in den Jahren 2003 und 2006 Aufträge vergeben, die in Anbetracht der jeweiligen Rechnungsbeträge auch in nicht unerheblichem wirtschaftlichem Ausmaß erfolgt sind.

Die an selbstständige Künstler oder Publizisten gezahlten Entgelte für künstlerische oder publizistische Werke oder Leistungen unterliegen daher der KSA gemäß § 25 KSVG. Dem Grunde nach versicherungspflichtig sind ua selbstständige Künstler und Publizisten, soweit sie eine künstlerische oder publizistische Tätigkeit erwerbsmäßig und nicht nur vorübergehend ausüben und dabei nicht mehr als einen Arbeitnehmer beschäftigen (§ 1 KSVG). Damit sind nur Entgelte, die an selbstständige Künstler gezahlt werden, zu berücksichtigen. Entgelte, die an Kapitalgesellschaften oder Kommanditgesellschaften gezahlt werden, sind dagegen nicht zu berücksichtigen (vgl BSG Urteil vom 12. August 2010, B 3 KS 2/09 R, zit nach dem Terminbericht des BSG Nr 43/10). Denn jedenfalls eine Kapitalgesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit kann kein selbständiger Künstler oder Publizist im Sinne des KSVG sein. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Entgelte an Kapitalgesellschaften gezahlt worden sind. Bei den in Anspruch genommenen Personen handelt es sich zudem um selbständige Künstler oder Publizisten im Sinne des KSVG. Denn nach der Aufstellung des Klägers hat er im Wesentlichen Webdesigner, Grafiker, Layouter und (Werbe-) Fotografen in Anspruch genommen, deren Tätigkeiten als künstlerische Tätigkeiten einzustufen sind (BSG, Urteile vom 7. Juli 2005, B 3 KR 37/04 R, SozR 4-5425 § 2 Nr 5 zum Webdesign und vom 24. Juli 2003, B 3 KR 37/02 R, SozR 4-5425 § 25 Nr 1 zur Grafik und dem Layout; Urteil des Senats vom 26. Januar 2010, L 11 R 2016/10 zur Werbefotografie, Revision anhängig unter B 3 KS 1/10 R). Ob die in Anspruch genommenen Künstler oder Publizisten selbst versicherungspflichtig nach dem KSVG sind, ist im Rahmen des § 25 KSVG unbeachtlich. Diese Regelung ist - wie die übrigen Bestimmungen des KSVG - nicht verfassungswidrig. Das BVerfG hat mit Beschluss vom 8. April 1987 (NJW 1987, 3115 ff) speziell hierzu ausgeführt: "Diese Ausgestaltung der Erhebung der Künstlersozialabgabe ist erforderlich, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden und den Abgabensatz möglichst gering zu halten. Würden nur die an versicherungspflichtige Künstler und Publizisten gezahlten Entgelte mit der Abgabe belastet, erwüchsen denjenigen Vermarktern, die verstärkt Werke oder Leistungen solcher Künstler und Publizisten abnähmen, erhebliche zusätzliche Kosten, die bei den Vermarktern nicht versicherungspflichtiger Künstler und Publizisten nicht anfielen. Diese unterschiedliche Kostenbelastung würde zu unterschiedlichen Absatzchancen führen, deren Grund in der Belastung mit der Künstlersozialabgabe läge. Wie ein Vergleich mit der Höhe der Arbeitgeberanteile zur Finanzierung der Sozialversicherung ihrer Arbeitnehmer zudem ergibt, würde ein Abgehen von diesem Umlageprinzip für die Erhebung der Künstlersozialabgabe dazu führen, daß der Vomhundertsatz der Abgabe - bezogen allein auf die Entgelte an versicherungspflichtige Künstler und Publizisten - deutlich höher ausfallen müßte."

Deshalb kann offen bleiben, ob die vom Kläger in Anspruch genommenen Künstler oder auch - schon im Hinblick auf die vom Kläger geltend gemachten wettbewerbsrechtlichen Nachteile - der Kläger selbst, der nach seinen Angeben in der mündlichen Verhandlung während des streitgegenständlichen Zeitraums nur einen sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigt hatte, nach dem KSVG versicherungspflichtig ist oder nicht.

Soweit der Kläger seine verfassungsrechtlichen Bedenken darauf stützt, dass für Entgelte, die an Kapitalgesellschaften (und an Kommanditgesellschaften) gezahlt werden, keine KSA erhoben wird, beruht dies auf der zum Begriff des selbständigen Künstlers ergangenen Rechtsprechung des BSG. Die Unterscheidung danach, ob jemand als Künstler anzusehen ist oder nicht, ist nicht sachwidrig, sondern im Hinblick auf den mit dem KSVG verfolgten Zweck geboten. Deshalb führen auch die sich hieraus ergebenden Unterschiede in der Wettbewerbssituation zwischen Inhaberfirmen einerseits und Kapitalgesellschaften andererseits, soweit diese tatsächlich vorliegen, da zB das Gehalt eines Gesellschafter-Geschäftsführers einer GmbH KSA-pflichtig sein kann (BSG, Urteile vom 16. April 1998, B 3 KR 7/97 R und vom 17. Juni 1999, B 3 KR 1/98 R, SozR 3-5425 § 25 Nrn 12 und 13), nicht zu einer verfassungswidrigen Ungleichbehandlung. Im Urteil vom 24. Juli 2003 (B 3 KR 37/02 R, SozR 4-5425 § 2 Nr 1) hatte das BSG über eine dem vorliegenden Sachverhalt entsprechende Konstellation zu urteilen. Damals ging es ebenfalls um die Frage, ob für Entgelte, die an eine als Inhaberfirma geführte Werbeagentur gezahlt wurden, KSA zu entrichten ist. Dies hat das BSG bejaht und klargestellt, dass jeder Künstler (und Publizist) selbst auch Vermarkter sein kann. Auch sei es unerheblich, ob die Inhaberfirma für ihre angestellten Grafiker und Texter Sozialversicherungsbeiträge zu zahlen habe. Der Senat schließt sich dieser Auffassung an.

Die Künstlereigenschaft des Klägers entfällt auch nicht deshalb, weil er nach seinem Vortrag in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auf die Leitung seines Unternehmens beschränkt und damit nicht selbst künstlerisch oder publizistisch im Sinne der §§ 1, 2 KSVG tätig wird. Entscheidend bleibt, dass bei den abgabepflichtigen Vorgängen eine solche Tätigkeit erwerbsmäßig ausgeübt wird und der Leiter des Einzelunternehmens die Gesamtverantwortung für das zu erstellende Werk innehat (BSG, Urteil vom 24. Juli 2003, B 3 KR 37/02 R, aaO). Unter der vom KSVG gegebenen Prämisse, dass es auf die künstlerische Gestaltungshöhe nicht ankommt, ist eine vollständige Delegation der ausführenden Tätigkeit auf Mitarbeiter denkbar, ohne dass die verbliebene geistige Oberleitung bei niedrigerem Anspruchsniveau dadurch die Qualität als künstlerische Leistung verliert (BSG, Urteil vom 18. September 2008, B 3 KS 1/08 R, SozR 4-5425 § 24 Nr 8). Für eine derart weite Auslegung des Begriffs der künstlerischen oder publizistischen Leistung spricht nicht zuletzt der Gesichtspunkt einer praktikablen Abgabenerhebung. Denn es würde den Abgabepflichtigen, die Beklagte und die Künstlersozialkasse überfordern, im Einzelfall zu prüfen, ob und in welchem Umfang bei der Leistung eines Werbeunternehmens künstlerische oder publizistische Leistungen erbracht worden sind. Für die Eindeutigkeit des Abgabetatbestandes bedarf es leicht feststellbarer Kriterien, weshalb es genügen muss, dass ein selbständiger Werbeunternehmer im Rahmen seines Unternehmenszweckes ein Werk oder eine Leistung erbracht hat (BSG, Urteil vom 24. Juli 2003, aaO; Hessisches LSG, Urteil vom 15. Dezember 2005, L 8/14 KR 495/02, juris). Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger die geistige Oberleitung nicht innehat, hat der Senat nicht. Die Differenzierung zwischen den Unternehmensformen ist daher durch den Schutz der selbständigen Künstler und Publizisten gerechtfertigt.

Unerheblich ist dabei der Umstand, dass der Kläger für seine angestellten Mitarbeiter Sozialversicherungsbeiträge und bei Inanspruchnahme selbständiger Künstler und Publizisten KSA zu zahlen hat. Eine Aufspaltung des an den Kläger gezahlten einheitlichen Honorars in einen Teil für Eigenleistungen des Klägers und einen Teil für Leistungen von Mitarbeitern (Angestellte, freie Mitarbeiter) ist im KSVG nicht vorgesehen und auch praktisch undurchführbar (BSG, Urteil vom 24. Juli 2003, aaO; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 13. Dezember 1996, L 4 KR 2274/94). Das KSVG führt selbst die Beschäftigung eines Angestellten als für die Versicherungspflicht des selbstständigen Künstlers unschädlichen Umstand an (§ 1 Nr 2 KSVG), sieht hierfür aber ebenso wie für sonstigen Betriebsaufwand keine Ausnahmeregelung von der allgemeinen Regelung über die Bemessungsgrundlage (§ 25 KSVG) vor (BSG, Urteil vom 20. Juli 1994, 3/12 RK 54/93, SozR 3-5425 § 25 Nr 6). Außerdem erstreckt es die Abgabepflicht ausdrücklich und ungeschmälert auch auf Zahlungen an selbstständige Künstler, die nicht der Versicherungspflicht nach dem KSVG unterliegen, was gerade dann der Fall ist, wenn ein Künstler mehr als einen Angestellten beschäftigt (§ 25 KSVG). Der Umstand, dass deswegen unter Umständen Leistungsteile doppelt mit Beiträgen belastet werden, ist aufgrund des gewählten Systems daher nicht zu vermeiden.

Die rückwirkende Erhebung der KSA ist rechtmäßig. Denn für den Eintritt der Abgabepflicht kommt es auf einen Verwaltungsakt nicht an. Die Unternehmer sind von Gesetzes wegen abgabepflichtig und daher verpflichtet, sich selbst bei der Künstlersozialkasse zu melden, die gezahlten Entgelte anzugeben und die Abgabe sowie die Vorauszahlungen zu entrichten (vgl § 27 KSVG). Unternehmer, die ihren Melde-, Aufzeichnungs-, Auskunfts- und Vorlagepflichten nicht nachkommen, werden gemäß § 27 Abs 1 Satz 3 KSVG geschätzt und können darüber hinaus mit einer Geldbuße belegt werden. Schließlich hat die Beklagte zu Recht darauf hingewiesen, dass die Interessen des Klägers durch die Verjährungsvorschriften ausreichend geschützt sind. Die Verjährungsvorschriften sind vorliegend auch eingehalten. Gemäß § 31 KSVG gilt für die Verjährung der Ansprüche auf KSA § 25 SGB IV entsprechend. Da die endgültige Forderung der KSA gemäß § 27 Abs 1 Satz 1 KSVG spätestens bis zum 31. März des Folgejahres für das Vorjahr fällig wird, beginnt die Verjährungsfrist für die KSA für das Jahr 2003 am 1. Januar 2005 und endet am 31. Dezember 2008. Somit hat die Beklagte fristgerecht die Beiträge auch für das Jahr 2003 nachgefordert.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 154 Abs 2 Verwaltungsgerichtsordnung.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs 2, § 52 Abs 1, § 47 Abs 1 Satz 1 Gerichtskostengesetz.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen gemäß § 160 Abs 2 SGG nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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