Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 13 R 5575/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 4479/10 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 12. August 2010 aufgehoben. Dem Kläger wird für das Verfahren vor dem Sozialgericht Stuttgart ab 23. März 2010 Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt M., N., beigeordnet.
Der Kläger hat auf die Prozesskosten monatliche Raten in Höhe von 15 EUR zu zahlen.
Gründe:
Die Beschwerde des Klägers ist nicht gemäß § 172 Abs 3 Nr 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in der ab 1. April 2008 geltenden Fassung des Art 1 Nr 29 des Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26. März 2008 (BGBl I 2008, 444) ausgeschlossen und daher statthaft. Das Sozialgericht Stuttgart (SG) hat nicht die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe (PKH) verneint, sondern die Bewilligung von PKH wegen mangelnder Erfolgsaussicht der Klage abgelehnt. Die am 17. September 2010 beim SG eingegangene Beschwerde ist zulässig; sie ist insbesondere form- und fristgerecht (§ 173 SGG) eingelegt worden.
Die Beschwerde ist auch begründet. Die Voraussetzungen, unter denen PKH für das beim SG anhängige Klageverfahren bewilligt werden kann, sind erfüllt.
Gemäß § 73a SGG in Verbindung mit § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Hinreichende Erfolgsaussicht im Sinne des § 114 ZPO verlangt eine gewisse Erfolgswahrscheinlichkeit; dabei sind keine überspannten Anforderungen zu stellen (ständige Rechtsprechung des Senats unter Hinweis auf Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 13. März 1990, 2 BvR 94/88, BVerfGE 81, 347, 357). Eine hinreichende Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung ist regelmäßig zu bejahen, wenn der Ausgang des Rechtsschutzverfahrens als offen zu bezeichnen ist. Davon ist auszugehen, wenn die Entscheidung in der Hauptsache von einer schwierigen, bislang nicht geklärten Rechtsfrage abhängt (vgl BVerfG, Kammerbeschluss vom 4. Februar 2004, 1 BvR 596/03, NJW 2004, 1789, 1790; Bundesgerichtshof (BGH), Beschluss vom 10. Dezember 1997, IV ZR 238/97, NJW 1998, 1154; Bundesfinanzhof (BFH), Beschluss vom 27. November 1998, VI B 120/98, juris) oder eine weitere Sachaufklärung, insbesondere durch Beweisaufnahme, ernsthaft in Betracht kommt (vgl BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 20. Februar 2002, 1 BvR 1450/00, NJW-RR 2002, 1069, und vom 14. April 2003, 1 BvR 1998/02, NJW 2003, 2976, 2977). Darüber hinaus soll die Prüfung der Erfolgsaussicht nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung selbst in das summarische Verfahren zu verlagern. Dieses Verfahren will den grundrechtlich garantierten Rechtsschutz nicht selbst bieten, sondern zugänglich machen (BVerfG, Kammerbeschluss vom 2. März 2000, 1 BvR 2224/98, NJW 2000, 2098).
In sozialgerichtlichen Verfahren, in denen (auch) medizinische Feststellungen zu treffen sind, ist in eng begrenztem Umfang auch eine vorweggenommene Beweiswürdigung (Beweisantizipation) zulässig. Eine hinreichende Erfolgsaussicht ist dann zu verneinen, wenn konkrete und nachvollziehbare Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Beweisaufnahme mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil des Klägers ausgehen würde (BVerfG, Kammerbeschluss vom 7. Mai 1997, 1 BvR 296/94, NJW 1997, 2745, 2746 mwN).
Für die gemäß § 114 Satz 1 ZPO vorzunehmende Erfolgsprognose ist der Sach- und Streitstand im Zeitpunkt der Beschlussfassung Entscheidungsgrundlage, wenn alsbald nach Entscheidungsreife entschieden wird (BGH, Beschluss vom 18. November 2009, XII ZB 152/09, FamRZ 2010, 197). Entscheidungsreife liegt vor, wenn der Antragsteller alle für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe erforderlichen Unterlagen vorgelegt hat, insbesondere gemäß § 117 Abs 2 und 4 ZPO den vollständig ausgefüllten Vordruck über die Erklärung seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie die entsprechenden Belege, wenn der Gegner gemäß § 118 Abs 1 Satz 1 ZPO Gelegenheit zur Stellungnahme gehabt hat und alle Erhebungen im Sinne von § 118 Abs 2 Sätze 1 bis 3 ZPO zur Klärung der hinreichenden Erfolgsaussicht des PKH-Antrags durchgeführt worden sind (Beschluss des Senats vom 27. April 2010, L 11 R 6027/09 B, veröffentlicht in juris; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 29. Juni 2009, L 20 B 6/09 AS, juris). Entscheidungsreife ist vorliegend am 23. März 2010 mit Eingang des ausgefüllten und unterzeichneten Vordrucks über die Erklärung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse eingetreten. Den Akten lässt sich nicht entnehmen, ob die Beklagte Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten hat. Dies kann jedoch dem Antragsteller nicht zum Nachteil gereichen. Die gerichtliche Entscheidung hingegen ist erst am 12. August 2010 erfolgt, also fast fünf Monate nach Entscheidungsreife. Ob die Entscheidung damit noch alsbald nach Entscheidungsreife ergangen ist, kann dahingestellt bleiben, weil sowohl im Zeitpunkt der Entscheidungsreife als auch im Zeitpunkt der Beschlussfassung eine für die Bewilligung von PKH hinreichende Erfolgsaussicht zu bejahen ist. Denn nach den vorliegenden Unterlagen ist der geltend gemachte Anspruch noch ungewiss und bedarf einer weiteren Sachverhaltsaufklärung, da insbesondere die auf nervenärztlichem Fachgebiet vorgenommenen Ermittlungen noch nicht ausreichen dürften, um zu entscheiden, ob der Kläger erwerbsgemindert ist oder geworden ist.
Versicherte haben gemäß § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung, wenn sie teilweise oder voll erwerbsgemindert sind und die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt haben. Erwerbsgemindert ist dabei gemäß § 43 Abs 3 SGB VI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Grundlage für die Ablehnung des vom Kläger gestellten Antrags auf Überprüfung des Bescheides vom 23. März 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Oktober 2007 durch den Bescheid vom 10. November 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Juli 2009 war das im vorangegangenen Klageverfahren vor dem SG (Az.: S 21 R 8023/07) eingeholte nervenärztliche Gutachten des Dr. P. vom 7. April 2008, nach dem der Kläger leichte Tätigkeiten noch mindestens sechs Stunden täglich verrichten könne, aber die Leistungsfähigkeit erheblich gefährdet sei, und der Entlassungsbericht der Rehaklinik K. vom 21. Oktober 2008. Aus dieser wurde der Kläger arbeitsfähig entlassen, wobei unter Hinweis auf die erfolgte Arbeitserprobung eine berufliche Rehabilitation in einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) empfohlen wurde. Nach einem Vorderwandinfarkt am 19. Februar 2009 hat der Kläger erneut eine Rehabilitationsmaßnahme absolviert. Aus dem Entlassungsbericht hierüber ergibt sich, dass dem Kläger die Tätigkeit als Metallwerker nur noch unter sechs Stunden täglich, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten hingegen nach vollständiger Revaskularisierung mindestens sechs Stunden täglich unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen für möglich erachtet wurden. Gleichzeitig wurde darauf hingewiesen, dass der Kläger in erster Linie durch die psychische Erkrankung einer mittelgradigen depressiven Episode eingeschränkt sei, weshalb im Rahmen einer erneuten Begutachtung über den Vorschlag der Maßnahme in einer WfbM entschieden werden solle. Deshalb hat die Beklagte erneut eine sozialmedizinische Begutachtung veranlasst. Dr. K. hat im nachfolgenden Gutachten vom 25. August 2009 für die Beklagte einen detaillierten Tagesablauf nicht erhoben, aber dennoch Stimmung und Antrieb des Klägers ausgeglichen und keine Hinweise auf Störungen des Konzentrations- oder Denkvermögens vorgefunden. Deshalb hat Dr. K. die depressive Symptomatik weitgehend durch die medikamentöse Behandlung als kompensiert erachtet. Ausgehend hiervon könnte zwar ein Erfolg der Klage als unwahrscheinlich erachtet werden.
Allerdings liegen Anhaltspunkte für eine Verschlechterung der gesundheitlichen Situation vor. Denn im Rahmen einer von November 2009 bis Mai 2010 durchgeführten Arbeitsgelegenheit wurde ein unterdurchschnittliches Arbeitstempo, ein eingeschränkter Antrieb und eine eingeschränkte Reaktionsgeschwindigkeit beschrieben, obwohl die bei der Maßnahme geknüpften sozialen Kontakte stabilisierend wirkten. Zwar ist dem Beratungsarzt der Beklagten, Dr. B., darin zuzustimmen, dass diese Beurteilung wohl nicht von einem Arzt getroffen wurde. Ebenso wenig finden sich allerdings Hinweise darauf, dass das Arbeitsergebnis (allein) auf eine unzureichende Motivation zurückzuführen ist. Auch der Stand der Ermittlungen, die das SG durchgeführt hat, lässt eine aktuelle Beurteilung des Leistungsvermögens nicht zu. Im Klageverfahren wurden Ende des Jahres 2009 die Arztbriefe des Neurologen und Psychiaters Dr. R. (bis einschließlich 8. Oktober 2009) beigezogen. Da der aktuelle nervenärztliche Gesundheitszustand somit nicht geklärt ist und jedenfalls Hinweise auf eine Verschlechterung vorliegen, ist der Ausgang des Klageverfahrens derzeit als offen zu bezeichnen. Es bestehen keine Anhaltspunkte, dass die noch durchzuführenden Ermittlungen, zu denen auch die Einholung eines Gutachtens von Amts wegen auf nervenärztlichem Gebiet gehören dürfte, zum Nachteil des Klägers ausgehen.
Der Kläger hat auf die Prozesskosten allerdings Raten in Höhe von 15 EUR monatlich zu zahlen. Denn er bezieht mit seiner Ehefrau zwar Arbeitslosengeld II, hat aber ab November 2010 noch Anspruch auf den befristeten Zuschlag nach § 24 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in Höhe von 160 EUR monatlich. Dieser ist als Einkommen zu berücksichtigen (vgl zuletzt Landesarbeitsgericht Köln, Beschluss vom 21. September 2010, 1 Ta 274/10, juris mwN). Somit ergibt sich ein Gesamteinkommen von 888,65 EUR, abzüglich der Freibeträge von 790 EUR und den Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 82,65 EUR verbleiben 16 EUR monatlich, die nach der Tabelle zu § 115 ZPO eine Ratenzahlung von 15 EUR ergeben.
Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gemäß § 73a SGG iVm § 127 Abs 4 ZPO nicht erstattet.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG nicht anfechtbar.
Der Kläger hat auf die Prozesskosten monatliche Raten in Höhe von 15 EUR zu zahlen.
Gründe:
Die Beschwerde des Klägers ist nicht gemäß § 172 Abs 3 Nr 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in der ab 1. April 2008 geltenden Fassung des Art 1 Nr 29 des Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26. März 2008 (BGBl I 2008, 444) ausgeschlossen und daher statthaft. Das Sozialgericht Stuttgart (SG) hat nicht die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe (PKH) verneint, sondern die Bewilligung von PKH wegen mangelnder Erfolgsaussicht der Klage abgelehnt. Die am 17. September 2010 beim SG eingegangene Beschwerde ist zulässig; sie ist insbesondere form- und fristgerecht (§ 173 SGG) eingelegt worden.
Die Beschwerde ist auch begründet. Die Voraussetzungen, unter denen PKH für das beim SG anhängige Klageverfahren bewilligt werden kann, sind erfüllt.
Gemäß § 73a SGG in Verbindung mit § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Hinreichende Erfolgsaussicht im Sinne des § 114 ZPO verlangt eine gewisse Erfolgswahrscheinlichkeit; dabei sind keine überspannten Anforderungen zu stellen (ständige Rechtsprechung des Senats unter Hinweis auf Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 13. März 1990, 2 BvR 94/88, BVerfGE 81, 347, 357). Eine hinreichende Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung ist regelmäßig zu bejahen, wenn der Ausgang des Rechtsschutzverfahrens als offen zu bezeichnen ist. Davon ist auszugehen, wenn die Entscheidung in der Hauptsache von einer schwierigen, bislang nicht geklärten Rechtsfrage abhängt (vgl BVerfG, Kammerbeschluss vom 4. Februar 2004, 1 BvR 596/03, NJW 2004, 1789, 1790; Bundesgerichtshof (BGH), Beschluss vom 10. Dezember 1997, IV ZR 238/97, NJW 1998, 1154; Bundesfinanzhof (BFH), Beschluss vom 27. November 1998, VI B 120/98, juris) oder eine weitere Sachaufklärung, insbesondere durch Beweisaufnahme, ernsthaft in Betracht kommt (vgl BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 20. Februar 2002, 1 BvR 1450/00, NJW-RR 2002, 1069, und vom 14. April 2003, 1 BvR 1998/02, NJW 2003, 2976, 2977). Darüber hinaus soll die Prüfung der Erfolgsaussicht nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung selbst in das summarische Verfahren zu verlagern. Dieses Verfahren will den grundrechtlich garantierten Rechtsschutz nicht selbst bieten, sondern zugänglich machen (BVerfG, Kammerbeschluss vom 2. März 2000, 1 BvR 2224/98, NJW 2000, 2098).
In sozialgerichtlichen Verfahren, in denen (auch) medizinische Feststellungen zu treffen sind, ist in eng begrenztem Umfang auch eine vorweggenommene Beweiswürdigung (Beweisantizipation) zulässig. Eine hinreichende Erfolgsaussicht ist dann zu verneinen, wenn konkrete und nachvollziehbare Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Beweisaufnahme mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil des Klägers ausgehen würde (BVerfG, Kammerbeschluss vom 7. Mai 1997, 1 BvR 296/94, NJW 1997, 2745, 2746 mwN).
Für die gemäß § 114 Satz 1 ZPO vorzunehmende Erfolgsprognose ist der Sach- und Streitstand im Zeitpunkt der Beschlussfassung Entscheidungsgrundlage, wenn alsbald nach Entscheidungsreife entschieden wird (BGH, Beschluss vom 18. November 2009, XII ZB 152/09, FamRZ 2010, 197). Entscheidungsreife liegt vor, wenn der Antragsteller alle für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe erforderlichen Unterlagen vorgelegt hat, insbesondere gemäß § 117 Abs 2 und 4 ZPO den vollständig ausgefüllten Vordruck über die Erklärung seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie die entsprechenden Belege, wenn der Gegner gemäß § 118 Abs 1 Satz 1 ZPO Gelegenheit zur Stellungnahme gehabt hat und alle Erhebungen im Sinne von § 118 Abs 2 Sätze 1 bis 3 ZPO zur Klärung der hinreichenden Erfolgsaussicht des PKH-Antrags durchgeführt worden sind (Beschluss des Senats vom 27. April 2010, L 11 R 6027/09 B, veröffentlicht in juris; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 29. Juni 2009, L 20 B 6/09 AS, juris). Entscheidungsreife ist vorliegend am 23. März 2010 mit Eingang des ausgefüllten und unterzeichneten Vordrucks über die Erklärung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse eingetreten. Den Akten lässt sich nicht entnehmen, ob die Beklagte Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten hat. Dies kann jedoch dem Antragsteller nicht zum Nachteil gereichen. Die gerichtliche Entscheidung hingegen ist erst am 12. August 2010 erfolgt, also fast fünf Monate nach Entscheidungsreife. Ob die Entscheidung damit noch alsbald nach Entscheidungsreife ergangen ist, kann dahingestellt bleiben, weil sowohl im Zeitpunkt der Entscheidungsreife als auch im Zeitpunkt der Beschlussfassung eine für die Bewilligung von PKH hinreichende Erfolgsaussicht zu bejahen ist. Denn nach den vorliegenden Unterlagen ist der geltend gemachte Anspruch noch ungewiss und bedarf einer weiteren Sachverhaltsaufklärung, da insbesondere die auf nervenärztlichem Fachgebiet vorgenommenen Ermittlungen noch nicht ausreichen dürften, um zu entscheiden, ob der Kläger erwerbsgemindert ist oder geworden ist.
Versicherte haben gemäß § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung, wenn sie teilweise oder voll erwerbsgemindert sind und die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt haben. Erwerbsgemindert ist dabei gemäß § 43 Abs 3 SGB VI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Grundlage für die Ablehnung des vom Kläger gestellten Antrags auf Überprüfung des Bescheides vom 23. März 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Oktober 2007 durch den Bescheid vom 10. November 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Juli 2009 war das im vorangegangenen Klageverfahren vor dem SG (Az.: S 21 R 8023/07) eingeholte nervenärztliche Gutachten des Dr. P. vom 7. April 2008, nach dem der Kläger leichte Tätigkeiten noch mindestens sechs Stunden täglich verrichten könne, aber die Leistungsfähigkeit erheblich gefährdet sei, und der Entlassungsbericht der Rehaklinik K. vom 21. Oktober 2008. Aus dieser wurde der Kläger arbeitsfähig entlassen, wobei unter Hinweis auf die erfolgte Arbeitserprobung eine berufliche Rehabilitation in einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) empfohlen wurde. Nach einem Vorderwandinfarkt am 19. Februar 2009 hat der Kläger erneut eine Rehabilitationsmaßnahme absolviert. Aus dem Entlassungsbericht hierüber ergibt sich, dass dem Kläger die Tätigkeit als Metallwerker nur noch unter sechs Stunden täglich, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten hingegen nach vollständiger Revaskularisierung mindestens sechs Stunden täglich unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen für möglich erachtet wurden. Gleichzeitig wurde darauf hingewiesen, dass der Kläger in erster Linie durch die psychische Erkrankung einer mittelgradigen depressiven Episode eingeschränkt sei, weshalb im Rahmen einer erneuten Begutachtung über den Vorschlag der Maßnahme in einer WfbM entschieden werden solle. Deshalb hat die Beklagte erneut eine sozialmedizinische Begutachtung veranlasst. Dr. K. hat im nachfolgenden Gutachten vom 25. August 2009 für die Beklagte einen detaillierten Tagesablauf nicht erhoben, aber dennoch Stimmung und Antrieb des Klägers ausgeglichen und keine Hinweise auf Störungen des Konzentrations- oder Denkvermögens vorgefunden. Deshalb hat Dr. K. die depressive Symptomatik weitgehend durch die medikamentöse Behandlung als kompensiert erachtet. Ausgehend hiervon könnte zwar ein Erfolg der Klage als unwahrscheinlich erachtet werden.
Allerdings liegen Anhaltspunkte für eine Verschlechterung der gesundheitlichen Situation vor. Denn im Rahmen einer von November 2009 bis Mai 2010 durchgeführten Arbeitsgelegenheit wurde ein unterdurchschnittliches Arbeitstempo, ein eingeschränkter Antrieb und eine eingeschränkte Reaktionsgeschwindigkeit beschrieben, obwohl die bei der Maßnahme geknüpften sozialen Kontakte stabilisierend wirkten. Zwar ist dem Beratungsarzt der Beklagten, Dr. B., darin zuzustimmen, dass diese Beurteilung wohl nicht von einem Arzt getroffen wurde. Ebenso wenig finden sich allerdings Hinweise darauf, dass das Arbeitsergebnis (allein) auf eine unzureichende Motivation zurückzuführen ist. Auch der Stand der Ermittlungen, die das SG durchgeführt hat, lässt eine aktuelle Beurteilung des Leistungsvermögens nicht zu. Im Klageverfahren wurden Ende des Jahres 2009 die Arztbriefe des Neurologen und Psychiaters Dr. R. (bis einschließlich 8. Oktober 2009) beigezogen. Da der aktuelle nervenärztliche Gesundheitszustand somit nicht geklärt ist und jedenfalls Hinweise auf eine Verschlechterung vorliegen, ist der Ausgang des Klageverfahrens derzeit als offen zu bezeichnen. Es bestehen keine Anhaltspunkte, dass die noch durchzuführenden Ermittlungen, zu denen auch die Einholung eines Gutachtens von Amts wegen auf nervenärztlichem Gebiet gehören dürfte, zum Nachteil des Klägers ausgehen.
Der Kläger hat auf die Prozesskosten allerdings Raten in Höhe von 15 EUR monatlich zu zahlen. Denn er bezieht mit seiner Ehefrau zwar Arbeitslosengeld II, hat aber ab November 2010 noch Anspruch auf den befristeten Zuschlag nach § 24 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in Höhe von 160 EUR monatlich. Dieser ist als Einkommen zu berücksichtigen (vgl zuletzt Landesarbeitsgericht Köln, Beschluss vom 21. September 2010, 1 Ta 274/10, juris mwN). Somit ergibt sich ein Gesamteinkommen von 888,65 EUR, abzüglich der Freibeträge von 790 EUR und den Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 82,65 EUR verbleiben 16 EUR monatlich, die nach der Tabelle zu § 115 ZPO eine Ratenzahlung von 15 EUR ergeben.
Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gemäß § 73a SGG iVm § 127 Abs 4 ZPO nicht erstattet.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG nicht anfechtbar.
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