L 3 AS 6147/09

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 3 AS 1322/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AS 6147/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Übernahme der Kosten für Baugenossenschaftsanteile durch die Beklagte streitig.

Der 1945 geborene Kläger bezog von der Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

Seit dem 01.02.2008 bezieht er eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen als Vollrente von der Deutschen Rentenversicherung Bund.

Mit Urteil des Amtsgericht F. vom 26.02.2007 (3 C 1659/06) wurde der Kläger verurteilt, seine bisherige Wohnung zu räumen und an die Vermieterin herauszugeben. Eine Räumungsfrist wurde nicht gewährt. Nachdem mit Schreiben vom 10.05.2007 eine Räumungsandrohung zum 06.06.2007 erfolgt war, zog der Kläger zunächst nach A. in die B. 11a. Bei einer Vorsprache bei der Beklagten am 17.08.2007 (Bl. 530) gab er an, seine Adresse sei nicht B., sondern C. 11a, gegenwärtig wohne er dort bei seiner Mutter. Weitere Ermittlungen der Beklagten ergaben, dass der Kläger seine Wohnung am 31.07.2007 in F. geräumt hatte und in eine seinem Schwager gehörende Wohnung in der C. 11a in A. gezogen war, ein vom Kläger angegebener Vermieter "D. E." sei völlig unbekannt.

Zum 01.08.2007 mietete der Kläger von der Baugenossenschaft F. eG eine Wohnung in der G. Straße 2 in F., die er ab dem 01.08.2007 bewohnte.

Am 21.08.2007 teilte der Kläger der Beklagten mit, er habe bei der Baugenossenschaft F. eine Zwei-Zimmer-Wohnung angemietet. Zum 01.02.2008 werde er als Schwerbehinderter mit einem GdB von 50 mit 63 Jahren in Frührente gehen. Für die Zeit vom 01.08.2007 bis 31.01.2008 werde seine Mutter die monatlichen Zahlungen von 52,00 EUR für weitere Genossenschaftsanteile aufkommen. Die Miete für die neue Wohnung betrage monatlich 391,00 EUR.

Am 18.08.2007 schloss der Kläger mit der Baugenossenschaft F. eG einen Dauernutzungsvertrag. Danach betrug die monatliche Nutzungsgebühr 391,00 EUR.

Mit Schreiben vom 14.08.2007 teilte die Baugenossenschaft F. eG dem Kläger mit, sein Geschäftsguthaben betrage 520,00 EUR. Für die Nutzung einer Zwei-Zimmer-Wohnung sei die Zeichnung von vier weiteren Geschäftsanteilen und die Einzahlung von 2.080,00 EUR erforderlich.

Mit Schreiben vom 28.01.2008 beantragte der Kläger die Kostenübernahme für seine Baugenossenschaftsanteile. Den ersten Anteil in Höhe von 512,00 EUR habe er bei Wohnungsübergabe bezahlt. Für die weiteren Anteile habe er ab 01.08.2007 monatlich 52,00 EUR bezahlt.

Mit Bescheid vom 05.02.2008 lehnte die Beklagte den Antrag ab mit der Begründung, der Kläger habe vor Abschluss des Mietvertrages keine Zusicherung für die Übernahme der Aufwendungen für die neue Unterkunft eingeholt.

Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein mit der Begründung, er habe vor Abschluss des Mietvertrages keine Zustimmung der Beklagten einholen können.

Mit Widerspruchsbescheid vom 03.03.2008, auf den Bezug genommen wird, wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 14.02.2008 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben.

Der Kläger hat weitere Unterlagen vorgelegt, wonach er am 19.06.2007 der Baugenossenschaft F. eG beigetreten ist und am 20.06.2007 die Aufnahmegebühr in Höhe von 15,00 EUR überwiesen hat. Gleichfalls am 20.06.2007 ermächtigte er die Baugenossenschaft F. eG, Miete, Nebenkosten und den Geschäftsanteil mit einer monatlichen Rate von 52,00 EUR von seinem Girokonto durch Lastschrift einzuziehen. Am 10.07.2007 entrichtete er den ersten Genossenschaftsanteil in Höhe von 520,00 EUR.

Mit Gerichtsbescheid vom 24.11.2009 hat das SG die Klage abgewiesen mit der Begründung, einer Übernahme der geltend gemachten Kosten stehe entgegen, dass der Kläger keine vorherige Zusicherung eingeholt habe. Das Vorliegen einer Zusicherung nach § 22 Abs. 3 Sätze 1 und 2 SGB II sei Voraussetzung für einen Anspruch auf die mögliche Kostenübernahme. Der Kläger habe es auch unterlassen, einen Antrag auf Zusicherung bei der Beklagten vor Begründung des Mietverhältnisses zu stellen. Dieser sei vielmehr erstmals mit Schreiben vom 28.01.2008 und damit mehr als mehr fünf Monate nach Einzug in die neue Wohnung erfolgt.

Gegen den am 27.11.2009 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 28.12.2009 (Montag) Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt er vor, es seien die bei ihm vorliegenden besonderen Umstände nicht berücksichtigt worden. Er leide an Asthma bronchiale. Da es in seiner 2005 angemieteten Wohnung zu Schimmelpilzbildung gekommen sei, sei ihm diese aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr zumutbar gewesen. Nach langer Suche habe er die jetzt von ihm bewohnte Wohnung gefunden. Er habe großes Glück gehabt, da er vom Vermieter nicht wie üblich nach seinen persönlichen Verhältnissen gefragt worden sei und auch keine Kaution habe entrichtet werden müssen. Lediglich der erste Geschäftsanteil in Höhe von 520,00 EUR sei erforderlich gewesen. Ab dem 15.09.2007 seien monatliche Raten in Höhe von 52,00 EUR für die restlichen vier Geschäftsanteile zu entrichten gewesen. Da er sofort eine mündliche Zusage des Vermieters erhalten habe, sei es ihm nicht möglich gewesen, vorher die Zustimmung der Beklagten einzuholen.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 24. November 2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 05. Februar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03. März 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm die Aufnahmegebühr bei der Baugenossenschaft F. eG in Höhe von 15,00 EUR sowie die Baugenossenschaftsanteile in Höhe von 2.600,00 EUR zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gem. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einverstanden erklärt.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten gem. § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.

Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Die Beklagte hat mit den angefochtenen Bescheiden zurecht die Übernahme der Aufnahmegebühr sowie der Kosten der Baugenossenschaftsanteile abgelehnt.

Die vom Kläger geltend gemachten Kosten sind als Wohnungsbeschaffungskosten zu qualifizieren. Nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 SGB II können Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger übernommen werden.

Der Begriff der Wohnungsbeschaffungskosten ist weit auszulegen. Er umfasst auch den Kauf von Genossenschaftsanteilen als Voraussetzung für die Miete einer Genossenschaftswohnung (Lang/Link in Eicher/Spellbrink, SGB II § 22 Rn. 22). Wohnungsbeschaffungskosten sind Aufwendungen, die mit dem Finden und Anmieten der Wohnung verbunden sind (vgl. BSG, Urteil vom 16.12.2008 - B 4 AS 49/07 R - in juris Rn. 13).

Die Übernahme der Wohnungsbeschaffungskosten setzt die vorherige Zusicherung durch den örtlich bisher zuständigen kommunalen Träger voraus. Die vom Antragsteller einzuholende Zusicherung ist dabei vor dem Zeitpunkt einzuholen, zu dem die ersetzbaren Kosten in rechtlich relevanter Weise begründet werden (Lang/Link in Eicher/Spellbrink, SGB II § 22 Rn. 82).

Zwar ist eine vorherige Zusicherung dann nicht erforderlich, wenn eine fristgerecht mögliche Entscheidung vom Verwaltungsträger treuwidrig verzögert worden ist (BSG, Urteil vom 06.05.2010 - B 14 AS 7/09 R - in juris; Berlit in LPK-SGB II, 3. Aufl. 2009, § 22 Rn. 106 m.w.N.). Dies setzt jedoch einen Antrag auf Übernahme der Kosten voraus. Erst nach Antragstellung kann der Leistungsträger über einen Kostenantrag entscheiden.

"Vorherig" meint vor Begründung der geltend gemachten Kosten. Dies ist vorliegend vor Unterzeichnung der Beitrittserklärung zur Genossenschaft. Denn ausweislich des Merkblatts für die Mitglieder der Baugenossenschaft F. eG Ziff. 1 übernimmt das Mitglied mit der Unterzeichnung der Beitrittserklärung die Verpflichtung zur Einzahlung von einem Geschäftsanteil in Höhe von 520,00 EUR. Sofern das Mitglied eine Wohnung anmietet, erhöht sich der Geschäftsanteil für jeden Raum um 520,00 EUR. Danach ist die Zusicherung für den ersten Geschäftsanteil vor Unterzeichnung der Beitrittserklärung und die Zusicherung für die weiteren Geschäftsanteile vor Abschluss des Dauernutzungsvertrages einzuholen.

Der Kläger hat weder vor Unterzeichnung der Beitrittserklärung noch vor Abschluss des Dauernutzungsvertrages einen entsprechenden Antrag gestellt. Er hat der Beklagten vielmehr am 21.08.2007 mitgeteilt, für die Zeit vom 01.08.2007 bis 31.01.2008 werde seine Mutter für die monatliche Zahlung von 52,00 EUR für weitere Genossenschaftsanteile aufkommen. Nach seiner Verrentung ab 01.02.2008 werde eine Rückzahlung an diese in voller Höhe von ihm geleistet. Der Kläger hat erst am 30.01.2008 den Antrag auf Kostenübernahme für die Baugenossenschaftsanteile gestellt.

Die Berufung ist deshalb zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved