L 7 SO 4944/10 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 9 SO 4678/10 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 SO 4944/10 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 22. September 2010 dahin abgeändert, dass anstelle des Antragsgegners der Beigeladene verpflichtet wird.

Der Beigeladene hat der Antragstellerin deren außergerichtliche Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten.

Gründe:

Die unter Beachtung der Vorschriften der §§ 172, 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) eingelegte Beschwerde ist statthaft und auch im Übrigen zulässig. Insbesondere fehlt es nicht deswegen an einem Rechtsschutzbedürfnis des beschwerdeführenden Antragsgegners, weil dieser der im angefochtenen Beschluss des Sozialgerichts (SG) ausgesprochenen Verpflichtung nachkommt. Hierdurch vermeidet er - letztlich auch im Interesse der Antragstellerin - die Notwendigkeit einer Zwangsvollstreckung. Eine Leistung zur Abwendung der Zwangsvollstreckung erledigt den Rechtsstreit nicht. Die Möglichkeit der Durchsetzung eines Erstattungsanspruches bei Aufhebung oder Abänderung der einstweiligen Anordnung genügt grundsätzlich, um ein Rechtsschutzbedürfnis des Antragsgegners für die Beschwerde zu bejahen (ebenso Landessozialgericht (LSG) Sachsen, Beschluss vom 23. Februar 2009 - L 7 B 24/08 SO-ER - (juris) m.w.N. auch zur Gegenansicht). Die Möglichkeit eines Antrages auf Aussetzung der Vollstreckung nach § 199 Abs. 2 SGG beseitigt nicht das Rechtsschutzinteresse eines Rechtsmittels, sondern setzt ein solches gerade voraus.

Die Beschwerde ist insoweit begründet, als nicht der Antragsgegner, sondern der Beigeladene vorläufig zur Leistungsgewährung zu verpflichten war.

Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit - wie hier - nicht ein Fall des Abs. 1 vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2). Vorliegend kommt nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht.

Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die - summarische - Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung). Dabei sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch im Hinblick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (Bundesverfassungsgericht NJW 2003, 1236; NVwZ 2005, 927). Die Erfolgsaussichten in der Hauptsache sind daher in Ansehung des sich aus Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes ergebenden Gebotes der Sicherstellung einer menschenwürdigen Existenz sowie des grundrechtlich geschützten Anspruches auf effektiven Rechtsschutz unter Umständen nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen. Ist im Eilverfahren eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage nicht möglich, so ist bei besonders folgenschweren Beeinträchtigungen eine Güter- und Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange des Antragstellers vorzunehmen. Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung.

Bei Beachtung dieser Maßstäbe liegt sowohl ein Anordnungsanspruch als auch ein Anordnungsgrund vor. Der Anspruch der Antragstellerin auf Übernahme der undeckten Heimkosten als Leistungen zur Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) und auf Hilfe zur Pflege gem. §§ 61 ff. SGB XII steht zwischen den Beteiligten auch weder dem Grunde noch der Höhe nach im Streit. Hinsichtlich des Anordnungsgrundes nimmt der Senat auf die zutreffenden Ausführungen des SG nach eigener Prüfung Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG in entsprechender Anwendung).

Umstritten ist allein, welcher der beiden beteiligten Sozialhilfeträger für diese Leistungen örtlich zuständig ist. Nach § 98 Abs. 2 SGB XII ist für die stationäre Leistung der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, in dessen Bereich die Leistungsberechtigten ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme in die Einrichtung haben oder in den zwei Monaten vor der Aufnahme zuletzt gehabt hatten. Waren bei Einsetzen der Sozialhilfe die Leistungsberechtigten aus einer Einrichtung im Sinne des Satzes 1 in eine andere Einrichtung oder von dort in weitere Einrichtungen übergetreten oder tritt nach dem Einsetzen der Leistung ein solcher Fall ein, ist der gewöhnliche Aufenthalt, der für die erste Einrichtung maßgebend war, entscheidend. Steht innerhalb von vier Wochen nicht fest, ob und wo der gewöhnliche Aufenthalt nach Satz 1 oder 2 begründet worden ist oder ist ein gewöhnlicher Aufenthaltsort nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln oder liegt ein Eilfall vor, hat der nach Absatz 1 zuständige Träger der Sozialhilfe über die Leistung unverzüglich zu entscheiden und sie vorläufig zu erbringen. Nach § 109 SGB XII gilt der Aufenthalt in einer Einrichtung i.S.d. § 98 Abs. 2 SGB XII für die Regelungen über die Zuständigkeit und die Erstattungsansprüche nicht als gewöhnlicher Aufenthalt. Einrichtungen in diesem Sinne sind auch Krankenhäuser und Rehabilitationseinrichtungen (vgl. Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 3. Aufl., § 98 Rdnr. 20).

Die Regelung des § 98 Abs. 2 Satz 3 SGB XII dient dem Schutz des Hilfebedürftigen; es soll sichergestellt werden, dass auch bei zweifelhafter örtlicher Zuständigkeit alsbald eine - vorläufige - Leistungsgewährung erfolgen kann. Der von § 98 Abs. 2 Sätze 1 und 2 SGB XII bezweckte Schutz der Anstaltsorte vor finanzieller Überforderung und ungleicher Lastenverteilung tritt dahinter zurück und wird darauf beschränkt, dass eine nur vorläufige Zuständigkeit begründet wird (Schlette in Hauck/Noftz, SGB XII, § 98 Rdnr. 66). Bei unzweifelhafter stationärer Leistungserbringung verdrängt die Regelung des § 98 Abs. 2 Satz 3 SGB XII wegen der Folgewirkungen der Erstattungsregelungen nach §§ 106 ff. SGB XII als lex specialis die Verpflichtung des erstangegangenen Leistungsträgers zur vorläufigen Leistungserbingung nach § 43 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch (SGB I).

Fehlt ein gewöhnlicher Aufenthalt vor Aufnahme in die - erste - stationäre Einrichtung, bestimmt sich die Zuständigkeit nach § 98 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. § 98 Abs. 1 Satz 1 SGB XII; zuständig ist mithin aufgrund des tatsächlichen Aufenthaltes der örtliche Träger am Einrichtungsort (hier der Beigeladene). Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes muss nicht entschieden werden, ob sich die Zuständigkeit bei vorherigem gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland ebenfalls nach § 98 Abs. 2 Satz 3 SGB XII richtet oder ob sie sich in einem solchen Fall unmittelbar nach § 98 Abs. 1 SGB XII richtet (vgl. Schlette, a.a.O., Rdnr. 73 m.w.N. auch zur Gegenansicht). Diese unterschiedliche Zuordnung hat lediglich Folgewirkungen für einen möglichen Erstattungsanspruch des örtlichen Sozialhilfeträgers gegen den überörtlichen nach § 106 Abs. 1 SGB XII. Die Klärung dieser Frage bleibt einem Hauptsacheverfahren vorbehalten. Die Verpflichtung zur vorläufigen Leistungserbringung im Rahmen einer einstweiligen Anordnung erfolgt allein auf prozessualer Grundlage, nicht aufgrund einer Einordnung als vorläufige Leistungsverpflichtung nach § 98 Abs. 2 Satz 3, 3. Alt. SGB XII. Örtlich zuständig im Verhältnis zum Hilfebedürftigen ist jedenfalls bei vorherigem gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland sowohl nach § 98 Abs. 1 SGB XII als auch nach § 98 Abs. 2 Satz 3 SGB XII der Beigeladene.

Vorliegend hat die Sozialhilfe mit dem Wegfall des vorrangigen Leistungsanspruch nach dem Bundesversorgungsgesetz einzusetzen, also mit dem Tod des diesen Anspruch vermittelnden kriegsversehrten Vaters der Antragstellerin am 22. März 2008, spätestens jedenfalls mit dem Bekanntwerden dieses Umstandes beim erstangegangenen Sozialhilfeträger. Zu diesem Zeitpunkt befand sich die Antragstellerin bereits - seit 26. Mai 1983 - in der aktuellen stationären Einrichtung. Zuvor befand sie sich ab dem 25. Januar 1982 in stationärer Behandlung in den Städtischen Kliniken Karlsruhe, von wo aus sie am 16. März 1982 direkt in das Psychiatrische Zentrum Wiesloch verlegt wurde, von dort am 9. September 1982 in die Rehabilitationsklinik Langensteinbach, von wo aus sie unmittelbar in das nun bewohnte Pflegeheim wechselte. Maßgeblich ist daher der gewöhnliche Aufenthalt der Antragstellerin vor der Aufnahme in die Städtischen Kliniken Karlsruhe am 25. Januar 1982. Die Verlegung in die Städtischen Kliniken erfolgte unmittelbar aus einem indischen Krankenhaus; die Antragstellerin befand sich zu diesem Zeitpunkt in einem komatösen Zustand.

Der Antragsgegner wäre somit nur dann zuständiger Sozialhilfeträger, wenn bereits jetzt feststünde, dass die Antragstellerin ihren gewöhnlichen Aufenthalt bis zur Ausreise nach Sri Lanka in seinem Zuständigkeitsbereich gehabt hätte, ohne im Ausland einen neuen zu begründen. Gerade das hat sich aber nach Auffassung des Senats bislang nicht klären lassen. Dabei kann hier offen bleiben, ob im Ausland ein gewöhnlicher Aufenthalt begründet worden ist, denn in diesem Fall wäre ebenfalls der Beigeladene zuständig. Gleiches gilt, wenn bereits feststünde, dass ein gewöhnlicher Aufenthalt vor der Abreise ins Ausland nicht mehr bestand.

Eine Legaldefinition des gewöhnlichen Aufenthalts enthält weder das SGB XII noch das zuvor geltende Bundessozialhilfegesetz (BSHG); zurückzugreifen ist daher auf die Vorschrift des § 30 Abs. 3 SGB I: Einen Wohnsitz hat jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Den gewöhnlichen Aufenthalt hat jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Der gewöhnliche Aufenthalt ist also nicht identisch mit dem Wohnsitz im melderechtlichen Sinne oder nach § 7 des Bürgerlichen Gesetzbuches. Zur Begründung eines gewöhnlichen Aufenthaltes in diesem Sinne ist ein dauerhafter oder längerer Aufenthalt nicht erforderlich. Es genügt vielmehr, dass der Betreffende sich an dem Ort oder in dem Gebiet bis auf weiteres im Sinne eines zukunftsoffenen Verbleibs aufhält und dort den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen hat. Als subjektives Element ist erforderlich, dass der ernsthafte Wille des Hilfeempfängers besteht, den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen nicht nur vorübergehend oder besuchsweise mit einem Ort zu verknüpfen; objektiv dürfen der Ausführung dieses Willens keine Hindernisse entgegenstehen. Eine Bindung an die einwohnerrechtliche Anmeldung besteht nicht, sie kann aber ein Indiz für einen entsprechenden Willen darstellen (zum Ganzen Schlette, a.a.O., Rdnr. 42 ff. m.w.N.).

Nach den derzeit erkennbaren Umständen anhand der vorliegenden Unterlagen ist bislang nicht festgestellt, dass die Antragstellerin vor der Abreise ins Ausland ihren gewöhnlichen Aufenthalt - noch - im Landkreis Karlsruhe hatte. Bis zur mittleren Reife im Jahr 1978 lebte die Antragstellerin im Haushalt ihrer Mutter in P., Landkreis Karlsruhe, zog aber noch im selben Jahr zu ihrem damaligen Freund nach Gr.-N., ebenfalls Landkreis Karlsruhe. Neben der dortigen einwohnerrechtlichen Anmeldung spricht vor allem die Angabe der Mutter dafür, dass die Antragstellerin tatsächlich dorthin umgezogen und ihren Lebensmittelpunkt dort begründet hat. Allerdings erfolgte bereits zum 1. Juni 1979 eine erneute Ummeldung wiederum unter der Adresse der Mutter in P ... Wenn auch die einwohnerrechtliche Anmeldung keinen zwingenden Rückschluss auf den gewöhnlichen Aufenthalt erlaubt, kann sie ein Indiz darstellen, dass ein solcher Aufenthalt nicht mehr am zuvor gemeldeten Ort besteht. Hier wird dieses Indiz gestützt von der weiteren Angabe der Mutter, die Antragstellerin habe sich von diesem Freund getrennt. Wann dies genau war, lässt sich den Angaben nicht entnehmen, nur dass die Trennung jedenfalls vor der Abreise ins Ausland erfolgt war. Es liegt danach nahe, dass die Ummeldung zurück nach P. im Zusammenhang mit der Trennung vom damaligen Freund steht. Wie das SG zutreffend ausgeführt hat, ist dies zwar nicht zwingend, weil es die unterschiedlichsten Gründe für eine solche Anmeldung geben kann. Entscheidend ist jedoch, dass konkrete Anhaltspunkte für solche anderen Gründe nicht vorliegen, während die Trennung vom Freund bei lebensnaher Betrachtung einen solchen darstellt. Es spricht somit viel dafür, dass die Antragstellerin bereits zum 1. Juni 1979 ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht mehr beim damaligen Freund in Gr.-N. hatte. Andererseits kann nach den derzeit vorliegenden Unterlagen und Angaben nicht sicher davon ausgegangen werden, dass bei der Mutter ein gewöhnlicher Aufenthalt - erneut - begründet worden ist. Indiz hierfür ist nur die einwohnerrechtliche Anmeldung, die aber hier im Gegensatz zur An- und Abmeldung in Gr.-N. nicht durch weitere Angaben untermauert wird. So hat die Mutter zu keiner Zeit angegeben, dass die Antragstellerin nach der Trennung vom damaligen Freund wieder in den Haushalt ihrer Mutter zurückgekehrt war. Vielmehr ist ihren bisherigen Angaben nur zu entnehmen, dass ihre Tochter sich von ihrem Freund getrennt habe und "dann" ins Ausland gereist sei. Die Ausreise ist jedoch erst im Oktober 1981 erfolgt. Einzubeziehen ist auch der damalige Lebenswandel der Antragstellerin, die in Drogenkreisen verkehrte und von Gelegenheitsjobs lebte. Es ist daher eine nicht nur fern liegende Möglichkeit, dass sie einen gewöhnlichen Aufenthalt nach der Trennung vom damaligen Freund gar nicht mehr begründet hat. Über den tatsächlichen Aufenthalt der Antragstellerin in der Zeit vor der Abreise ins Ausland ist derzeit gar nichts bekannt. Dieser ist jedoch notwendige Voraussetzung für einen gewöhnlichen Aufenthalt (vgl. Schlette, a.a.O., Rdnr. 44). Indiz für einen fehlenden gewöhnlichen Aufenthalt vor der Abreise ins Ausland ist auch, dass die nach der Rückkehr der Antragstellerin zunächst erbrachte Sozialhilfe nach § 108 BSHG geleistet wurde, weil man offenbar in unmittelbarer zeitlicher Nähe zu den fraglichen Umständen davon ausgegangen war, dass ein gewöhnlicher Aufenthalt weder im In- noch im Ausland bestanden hatte.

Eine weitere Abklärung dieser Zweifel begründenden Umstände ist bisher weder durch den Antragsgegner noch durch den Beigeladenen erfolgt. Insbesondere wurde bislang noch nicht einmal versucht, ob sich durch eine erneute Vernehmung der Mutter eine weitere Klärung erzielen lässt. Auch bestünde ggf. noch die Möglichkeit, den Freund der Antragstellerin, dessen damalige Meldeanschrift ja bekannt ist, zu ermitteln. Stattdessen haben beide Träger den Weg gewählt, die Antragstellerin, bzw. die Betreuerin aufzufordern, gegen den jeweils anderen Träger gerichtlich vorzugehen. Dies widerspricht dem Sinn des § 98 Abs. 2 Satz 3 SGB XII, dass Unklarheiten über die Zuständigkeit nicht auf dem Rücken des Hilfeempfängers ausgetragen werden sollen. Die Regelung soll den Trägern ja gerade die Möglichkeit verschaffen, den gewöhnlichen Aufenthalt und damit die Zuständigkeit festzustellen, ohne dass bereits eine dauerhafte Belastung des Trägers am Ort der stationären Einrichtung eintritt. Dieser wird zunächst nur im Außenverhältnis zum Hilfebedürftigen leistungspflichtig, erhält aber Erstattungsansprüche gegen den - bei späterer Klärung - zuständigen örtlichen oder andernfalls den überörtlichen Sozialhilfeträger.

Nach Auffassung des Senats ist bisher eine solche Klärung bislang nicht erreicht worden. Da die Vier-Wochen-Frist längst verstrichen ist, verbleibt es bei der eindeutigen gesetzlichen Vorgabe des § 98 Abs. 2 Satz 3, 1. Alternative SGB XII und damit der - vorläufigen - Leistungspflicht des Beigeladenen, die gem. § 75 Abs. 5 SGG auszusprechen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG. Dabei war vor allem zu berücksichtigen, dass der Beigeladene nicht nur zur Leistungsgewährung verpflichtet wurde, sondern auch zur Verfahrenseinleitung maßgeblich Anlass gegeben hatte, indem er die Antragstellerin ausdrücklich aufgefordert hatte, den Antragsgegner im Wege einer gerichtlichen einstweiligen Anordnung in Anspruch zu nehmen (Schreiben vom 29. April 2010).

Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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