Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
2
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 7 SO 314/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 SO 2636/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 11. Mai 2009 sowie der Bescheid der Beklagten vom 25. August 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Januar 2006 aufgehoben.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Weitergewährung von Pflegegeld im Rahmen der Sozialhilfe über den 31.08.2004 hinaus.
Der 1962 geborene Kläger, ein Kurde, lebte bis 1990 im Irak. Dort erlitt er als 7-jähriges Kind durch eine explodierende Bombe eine Verletzung am linken Knie und als 18-Jähriger eine Schussverletzung des Kopfes mit großer Läsion des Gehirns und inkompletter Halbseitenlähmung links. Er ist in Deutschland als Asylant anerkannt und eingebürgert. Bei ihm ist ein Grad der Behinderung (GdB) von 70 und das Merkzeichen "G" festgestellt.
Nach den Feststellungen des Staatlichen Gesundheitsamts H. vom 21.03.1995 (Bd. II Bl. 15 VA) und des Gesundheitsamts des Rhein-Neckar-Kreises vom 28.10.1999 (Bd. II Bl.13 VA) liege bei dem Kläger Pflegestufe I - erhebliche Pflegebedürftigkeit - vor, nachdem diese in Voruntersuchungen 1991 und 1992 abgelehnt worden war.
Mit Bescheid vom 16.11.1999 gewährte die Beklagte dem Kläger und seiner Ehefrau nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) und dem Wohngeldgesetz (WoGG) nach einer Änderung der wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse Hilfe zum Lebensunterhalt (HLU) und pauschaliertes Wohngeld sowie Hilfe in besonderen Lebenslagen (Hilfe zur Pflege - Pflegegeld in Höhe von 400 DM für den Kläger) ab 01.10. bzw. ab 01.11.1999. Bisherige Bescheide für den gleichen Zeitraum wurden aufgehoben. Unter der Rubrik "Allgemeine Hinweise" wurde zur Bewilligungsdauer ausgeführt:
"Die bewilligten Leistungen werden zunächst nur für einen Monat und unter dem Vorbehalt gewährt, dass die vom Hilfesuchenden angegebenen und der Bewilligung zugrundegelegten Verhältnisse wahrheitsgemäß und vollständig wiedergegeben wurden und sich nicht ändern. Bei unveränderten Verhältnissen erfolgt - ohne förmlichen Antrag - auf Grund stillschweigender monatlicher Neubewilligung die Weiterzahlung der bisher bewilligten Leistungen in der in diesem Bescheid angegebenen Höhe. Ändern sich jedoch die Verhältnisse, die für die Feststellung der Leistungen maßgebend gewesen sind und Sie versäumen es, dies mitzuteilen, sind die dadurch zu Unrecht erbrachten Leistungen von Ihnen zurückzuzahlen."
Die Leistungen wurden in der Folge - auch für die später geborenen 2 Kinder, das Wohngeld änderte sich in Besonderer Mietzuschuss (BMZ) - nach dem gleichen Muster mit mehreren Bescheiden jeweils wieder bewilligt (so z.B. Bescheide vom 20.11.2000 u. 18.12.2000, 18.01.2001, 20.04.2001, 05.06.2001 Bd. I Bl. 105, 137, 189, 243, 275 VA). Im Bescheid vom 18.05.2004 (Bd. II Bl. 595 VA) fügte die Beklagte unter der Rubrik "Allgemeine Hinweise" noch an, dass der Bescheid bis zum 31.12.2004 auf Grundlage des BSHG ergehe und ab 01.01.2005 sich die Rechtsgrundlage für die gewährte Hilfe aus dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) ergebe.
Mit Schreiben vom 22.06.2004 kündigte die Beklagte eine Überprüfung der Pflegebedürftigkeit durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) an. Dieser kam im Gutachten vom 20.08.2004 nach einer Untersuchung am 18.08.2004 zu der Einschätzung, dass die Voraussetzungen zur Anerkennung einer Pflegebedürftigkeit nach dem Sozialgesetzbuch Elftes Buch - Soziale Pflegeversicherung - (SGB XI) nicht vorlägen. Als Diagnosen wurden eine spastische armbetonte Hemiparese links nach Schussverletzung, Reflux Magen, Diabetes Mellitus Typ II und Adipositas mitgeteilt. Der grundpflegerische Hilfebedarf betrage bei völlig unveränderter Versorgungslage 30 Minuten, eine Pflegestufe liege nicht vor. Die abweichende Einschätzung in der Vorbegutachtung 1995 ohne die notwendigen Zeitangaben habe sich eher an der alten Gesetzeslage vor 04/95 orientiert. Eine Verbesserung/Veränderung der Pflegesituation liege nicht vor. Der Hilfebedarf habe sich seit 03/95 nicht geändert. Auch zum damaligen Zeitpunkt habe im strengen Sinne des Gesetzes Pflegestufe I nicht vorgelegen.
Mit Bescheid vom 25.08.2004 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die Voraussetzungen zur Weitergewährung des Pflegegeldes nicht mehr vorlägen und die Hilfe am 31.08.2004 ende. Im Bescheid vom 25.08.2004 wurde dies umgesetzt und ab 01.09.2004 nur noch HLU und BMZ bewilligt sowie der Vorgängerbescheid aufgehoben.
Mit dem Widerspruch vom 07.09.2004, den der Kläger mit der unveränderten Bedarfslage begründete, legte er eine Stellungnahme des Diakonischen Werks H. vom 07.09.2004 und ein ärztliches Attest von Dr. Dr. E. vom 13.09.2004 vor, die die Pflegestufe I nach wie vor für gegeben ansahen. Der MDK verwies in seinen ergänzenden Stellungnahmen vom 14.10.2004 auf den unveränderten Hilfebedarf, der nach den geltenden Richtlinien die Pflegestufe I (Grundpflege weniger als 45 Min pro Tag) nicht rechtfertige. Es bestehe wohl Besitzstandswahrung.
Das Gesundheitsamt des Rhein-Neckar-Kreises teilte unter dem 27.09.2004 der Beklagten mit, dass der Kläger am 23.09.2004 amtsärztlich untersucht worden sei. Beim Kläger bestünden unterschiedliche gesundheitliche Beeinträchtigungen sowohl auf internistischem wie neurologischem Fachgebiet. Aktuell habe der Kläger Mitte September 2004 einen Vorderwandinfarkt erlitten, der eine PTCA und eine Stent-Implantation notwendig gemacht habe, so dass er noch ca. 6 Monate behandlungsbedürftig bleibe.
Die Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 21.12.2004 mit, dass Besitzstandsleistungen nach Art. 51 Pflegeversicherungsgesetz nicht in Betracht kämen, da er vor 1995 noch kein Pflegegeld erhalten habe.
Auch unter Kenntnis der veränderten gesundheitlichen Situation blieb der MDK ohne erneute Untersuchung bei seiner Einschätzung ( Sozialmedizinische Beratung vom 23.12.2005). Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 12.01.2006 zurück.
Dagegen hat der Kläger durch seinen Bevollmächtigten am 27.01.2006 Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben. Zur Begründung hat er die Auffassung vertreten, dass die rechtlichen Voraussetzungen des § 45 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Verwaltungsverfahren - (SGB X) nicht gegeben seien, da sich nach den Feststellungen des MDK keine tatsächliche Veränderung ergeben habe. Darüber hinaus bestritt er die Feststellungen des MDK. Er benötige Vollhilfe beim Rasieren, Hilfe beim Wasserlassen sowie beim Ankleiden. Er hat einen Befundbericht von Prof. Dr. B. (Neurologe und Psychiater) vom 11.10.2005 vorgelegt.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass sie nur zeitabschnittsweise das Pflegegeld gewährt habe, demnach der Bescheid vom 16.11.1999 kein Dauerverwaltungsakt gewesen sei und die Voraussetzungen des § 45 SGB X nicht zu prüfen seien.
Das SG hat Prof. Dr. B. und den Arzt für Allgemeinmedizin Dr. Dr. E. als sachverständige Zeugen schriftlich befragt und ein Gutachten zum Hilfedarf beim Arzt für Innere Medizin Burkhardt eingeholt. Der Gutachter gelangte nach Untersuchung in der Wohnung des Klägers zu der Auffassung, dass der grundpflegerische Hilfebedarf 32 Minuten betrage. Die Zuerkennung einer Pflegestufe erscheine nicht gerechtfertigt.
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 11.05.2009 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass es sich bei dem Bescheid vom 16.11.1999 nicht um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung gehandelt habe. Das Pflegegeld sei nur zeitabschnittsweise für einen Monat bewilligt worden. Nur aus Verwaltungsvereinfachungsgründen sei im vorliegenden Fall gleichsam monatlich neu über die Gewährung von Hilfe in besonderen Lebenslagen konkludent in Form der Auszahlung der Leistung durch schlüssiges Verhalten entschieden worden. Die §§ 45 ff SGB X seien damit nicht anwendbar. Folglich ergebe sich aus der Aufhebung der mit den angefochtenen Bescheiden erfolgten Aufhebung nicht das Aufleben der vorigen Bewilligung, die von Monat zu Monat ende. Grundlage für den Anspruch des Klägers sei § 64 SGB XII, dessen Voraussetzungen im Falle des Klägers nicht erfüllt seien, weil für die Grundpflege ein Zeitbedarf unter 45 Minuten am Tag nämlich von 32 Minuten gegeben sei, wie sich habe ermitteln lassen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Pflegegeld.
Gegen den dem Bevollmächtigten des Klägers am 25.05.2009 zugestellten Gerichtsbescheid hat dieser am 09.06.2009 Berufung eingelegt und zur Begründung die Auffassung vertreten, dass es sich bei dem Bewilligungsbescheid vom 16.11.1999 um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung gehandelt habe, der nicht nur für die dort genannten Monate Oktober und November eine Regelung getroffen habe. Nach dem Empfängerhorizont habe von einer dauerhaften rechtsgestaltenden Wirkung ausgegangen werden können. Die konkludente monatliche Bescheiderteilung in Form der Auszahlung sei eine reine Fiktion, aus der sich im Falle der Nichtweitergewährung auch Schwierigkeiten bei der Anfechtung ergäben. Zu beachten sei, dass im Falle der Pflegebedürftigkeit der Bedarf regelmäßig über eine gewisse Dauer bestehe. Im Übrigen sei das SG zu Unrecht dem Gutachten vom 14.12.2006 und vom 26.03.2008 gefolgt, die beide der gesundheitlichen Situation des Klägers nicht gerecht würden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 11. Mai 2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 25. August 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Januar 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger über den 31. August 2004 hinaus Pflegegeld weiter zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid und ihre Bescheide für zutreffend. Ihrer Auffassung nach ist die Bewilligung von Pflegegeld nicht durch einen Dauerverwaltungsakt erfolgt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten (3 Band) und die Prozessakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers hat weitgehend Erfolg.
Die gemäß §§ 143,144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung ist zulässig; sie ist unter Beachtung der maßgeblichen Form-und Fristvorschriften des § 151 Abs. 1 SGG eingelegt worden. Die Berufung ist auch weitgehend begründet. Die Beklagte hat die Gewährung von Pflegegeld nicht rechtswirksam eingestellt.
Der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit für den Rechtsstreit über Leistungen noch nach dem BSHG ist über § 51 Abs. 1 Nr. 6a SGG eröffnet, wonach ab 01.01.2005 die öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten in Angelegenheiten der Sozialhilfe diesen zugewiesen sind.
Streitgegenstand ist der Bescheid vom 25.08.2004, mit dem die Beklagte das bisher nach § 69a BSHG gewährte Pflegegeld mit dem 31.08.2004 eingestellt hat, in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.01.2006. Richtige Klageart dagegen ist die reine Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG). Denn für den Fall, dass sich die Einstellung als rechtswidrig erweisen sollte, lebt die ursprüngliche Bewilligung der Leistung wieder auf. Aus diesen Gründen hatte die Berufung keinen Erfolg, soweit darüber hinaus im Wege der Verpflichtungsklage eine Verurteilung der Beklagten zur Zahlung begehrt wurde. Soweit die Beklagte mit dem weiteren Bescheid vom 25.08.2004 den Vorgängerbescheid vom 18.05.2004 für die Zeit ab 01.09.2004 aufgehoben hat, wollte sie damit erkennbar keine weitere eigenständige Regelung hinsichtlich des Pflegegeldes, sondern nur über die weiter bewilligten Leistungen treffen, sodass sich die Aufhebung des Bescheid vom 18.05.2004 für den gleichen Zeitraum ab 01.09.2004 nicht auf die vorhergehende Bewilligung von Pflegegeld bezieht.
Streitentscheidend für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Einstellung des Pflegegeldes ist die Rechtsqualität der Bewilligung dieser Leistung durch die Beklagte, weil sich danach richtet, ob §§ 45 ff SGB X anwendbar sind oder nicht. Anders als das SG hält der Senat nicht den Bescheid vom 16.11.1999 für maßgeblich für die Betrachtung, sondern den Bescheid vom 18.05.2004. Zunächst scheidet der Bescheid vom 16.11.1999 schon deshalb aus, weil die Beklagte dem Kläger offensichtlich bereits nach der Feststellung der Pflegestufe I durch das Staatliche Gesundheitsamt H. am 21.03.1995 Pflegegeld bewilligt haben muss, wie sich aus der Überprüfung des Antrags auf Hilfe zur Pflege vom 15.09.1999 ergibt, in dem der Antrag auf Weitergewährung der Hilfe zur Pflege unterstützt wird (vgl. Bd. I Bl. 51 VA). Der Bescheid vom 16.11.1999 kann daher nicht der Ausgangsbewilligungsbescheid sein. Aus der von der Beklagten gewählten Konstruktion der jeweiligen Bewilligung von Leistungen ab einem bestimmten Zeitpunkt, wenn eine Änderung in den persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnissen eingetreten war, und Aufhebung der bisherigen Bescheide für den gleichen Zeitraum, was inhaltlich einen Änderungs- und Aufhebungsbescheid darstellt, hat die Beklagte mit dem auf die erstmalige Bewilligung von Pflegegeld folgenden Bescheid den Vorgängerbescheid für den Zeitraum der Zukunft aufgehoben. Er entfaltet damit keine Wirksamkeit mehr (§ 39 Abs. 2 SGB X). So verhält es sich auch mit dem Bescheid vom 16.11.1999. Letztmalig vor der Einstellung hat die Beklagte Pflegegeld mit dem Bescheid vom 18.05.2004 bewilligt gehabt, den es damit zu betrachten gilt.
Bei diesem Bescheid vom 18.05.2004 handelt es sich um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung. Ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung liegt vor, wenn sein Regelungsinhalt - vom Zeitpunkt des Erlasses des Verwaltungsaktes - nach seinen rechtlichen Wirkungen in die Zukunft fortwirken soll, sich also über eine einmalige Gestaltung der Rechtslage hinaus über eine gewisse - bestimmte oder unbestimmte - zeitliche Dauer in der Zukunft erstreckt (vgl. Bundessozialgericht [BSG], BSGE 56, 165; 58, 27; 61, 286; 78, 109). Für die Feststellung, ob es sich um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung handelt, ist maßgeblich, wie ihn ein Leistungsberechtigter bei objektiver Würdigung verstehen kann, maßgeblich ist der Empfängerhorizont (vgl. dazu Rothkegel/Grieger in: Sozialhilferecht, 1. Auflage 2005, Teil IV Kapitel 6 Seite 686 ff., Rdnr. 52 ff.). Die im Bewilligungsbescheid vom 18.05.2004 verwendete einschränkungslose Formulierung "ab 01.06.2004" und "monatlich" ist ausgehend vom objektivierten Empfängerhorizont des Leistungsberechtigten dahin auszulegen, dass Hilfe in besonderen Lebenslagen - Pflegeld - für einen unbestimmten Zeitraum nach Erlass des Bescheids bewilligt wurde und nicht für einen oder mehrere bestimmte (welche?) Monate. Die Formulierung "ab" und "monatlich" stellt aus Sicht des Empfängers die Leistung für die Folgemonate nicht lediglich in Aussicht, sondern lässt deren weitere Zahlung ohne erneute Prüfung und Bewilligung erwarten. Für diese Auslegung spricht auch, dass die Beklagte zusätzlich ihre "bisherigen Bescheide für den gleichen Zeitraum" aufgehoben hat. Dies macht nur dann Sinn, wenn vorher für den gleichen Zeitraum eine Regelung iS eines Dauerverwaltungsakts getroffen worden ist. Die Beklagte gibt damit zu erkennen, dass sie selbst davon ausgeht, vorher eine entsprechende Regelung über einen Zeitraum getroffen zu haben, auch wenn das Ende nicht definiert ist. Des weiteren lässt auch die Formulierung in den allgemeinen Hinweisen mit dem Hinweis auf die jeweilige Rechtsgrundlage für die Entscheidung bis zum 30.12.2004 und danach ab dem 01.01.2005 nur den Schluss zu, dass eine Regelung nicht nur zeitabschnittsweise, sondern für eine gewisse Zeit in die Zukunft und damit für eine längere Dauer bewilligt worden ist. Der entgegenstehende Hinweis davor, der auf eine stillschweigende monatliche Neubewilligung hinweist, vermag den objektiv zu gewinnenden Eindruck nach dem Verfügungssatz nicht zu entkräften.
Zwar stellte nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) Sozialhilfe - Hilfe zum Lebensunterhalt - keine rentengleiche Dauerleistung dar, sondern wurde nur zeitabschnittsweise (in der Regel monatsweise) gewährt (BVerwGE 89, 81, 85). Allerdings berücksichtigt auch die Rechtsprechung des BVerwG das Institut des Dauerverwaltungsaktes im Sozialhilferecht (vgl. Rothkegel/Grieger a. a. O., Kapitel 6 Seite 484 ff. Rdnr. 45 mwN; Armbrost/Conradis in Sozialgesetzbuch XII, Sozialhilfe, 8. Auflage, Anhang Verfahren Rdnr. 33 und 34). Dies beispielsweise, wenn die Auslegung ergab, dass die Behörde den Hilfefall statt für den dem Bescheid nächstliegenden Zeitraum für einen längeren Zeitraum geregelt hatte (BVerwGE 99, 149). Dies war vor allem bei den Hilfen in besonderen Lebenslagen - wie z.B. der Hilfe zur Pflege - anzunehmen, da es sich hier in der Regel um länger währende Hilfebedarfe handelte, bei denen wegen hoher Freibeträge Einkommensschwankungen oft keine Auswirkung hatten. So liegt der Fall hier, wie sich aus der Formulierung "ab" 01.06.2004 ergibt. Daneben ist von der ständigen Rechtsprechung des BVerwG (E 108, 296; FEVS 52, 439) anerkannt, dass der Sozialhilfeträger befugt ist, Entscheidungen über Hilfeleistungen für einen längeren, auch in die Zukunft weisenden Zeitraum zu treffen (vgl. in Grube/Wahrendorf, SGB XII, Sozialhilfekommentar 2005, Einleitung Rdnr. 35). Einen solchen Bescheid mit Dauercharakter stellt der genannte Bescheid des Beklagten dar. Für die Qualifizierung des hier in Frage stehenden Bescheides als Dauerverwaltungsakt spricht im Übrigen weiter, dass es sich um einen Fall der Hilfe zur Pflege handelt, bei welchem nach dem im Gerichts- und Verwaltungsverfahren vorliegenden ärztlichen Erkenntnissen eine Besserung des Zustandes kurzfristig nicht zu erwarten ist.
Grundlage für die rechtliche Überprüfung der Einstellung des Pflegegeldes im Bescheid vom 25.08.2004 ist demnach § 45 SGB X, nachdem eine Änderung in den gesundheitlichen Verhältnissen im Sinne einer Besserung nach den Feststellungen im Gutachten des MDK über die Feststellung von Pflegebedürftigkeit vom 20.08.2004 nicht eingetreten ist und dies auch zwischen den Beteiligten unstreitig ist.
Nach § 45 Abs. 1 SGB X darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Abs. 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Er darf nach Abs. 2 S. 1 dieser Vorschrift nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsakts vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte in den unter Abs. 2 S. 3 Nr. 1 bis 3 genannten Fällen nicht berufen; darüber hinaus sind die Fristen in Abs. 3 zu beachten.
Die Rechtswidrigkeit des Bescheids vom 18.05.2004 ergibt sich daraus, dass die Voraussetzungen für die Gewährung von Pflegegeld zu dem Zeitpunkt nicht vorgelegen haben. Wie sich aus den überzeugenden Ausführungen im Gutachten des MDK im Verwaltungsverfahren, das von dem Gutachten des Arztes für Innere Medizin Burkhardt im SG-Verfahren bestätigt worden ist, ergibt, rechtfertigte der Gesundheitszustand des Klägers nicht die Zuerkennung der Pflegestufe I und dies wohl bereits seit 1995 nicht. Die Leistungsbewilligung beruht auf den vom staatlichen Gesundheitsamt H. am 21.03.1995 und vom Gesundheitsamt des Rhein-Neckar-Kreises vom 28.10.1999 getroffenen Feststellungen, die aber nicht mit der sich aus § 15 Abs. 3 SGB XI (eingeführt mWv 25.06.1996, idF d. Art I Nr. 5 Buchst. b, G. v. 14.06.1996 I, S. 830) geltenden Rechtslage für die Beurteilung der Pflegebedürftigkeit im Einklang stand, weil der grundpflegerische Bedarf nicht mehr als 45 Minuten betrug.
Der Einstellungsbescheid vom 25.08.2004 ist dennoch rechtswidrig.
Die Rechtswidrigkeit ergibt sich nicht bereits wegen der fehlenden Anhörung, weil dieser Verfahrensfehler durch die Nachholung der Anhörung gem. § 41 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 SGB X im Widerspruchsverfahren geheilt ist.
Die Voraussetzungen für eine Aufhebung des Bescheids vom 18.05.2004 nach dieser Vorschrift liegen jedoch schon deswegen nicht vor, weil die Beklagte im Bescheid vom 25.08.2004 kein Ermessen ausgeübt hat (vgl. BSG, Urteil vom 28.10.2008 - B 8 SO 33/07 R). Im Übrigen kann sich der Kläger auf Vertrauen berufen. Die Voraussetzungen der unter § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 bis Nr. 3 SGB X genannten Fälle liegen nicht vor. Der Kläger hat den Verwaltungsakt weder durch Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt, noch falsche Angaben gemacht, noch im Hinblick darauf, dass nach den damaligen Feststellungen auch von Seiten der zuständigen Behörden von Pflegestufe I ausgegangen worden ist, grob fahrlässig die Rechtswidrigkeit verkannt. Der Bescheid ist daher rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, weshalb er aufzuheben ist und die Leistungsbewilligung im Bescheid vom 18.05.2004 wieder auflebt.
Es kommt mithin nicht darauf an, ob der Kläger nach dem 31.08.2004 die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Pflegegeld erfüllt oder nicht, weil die Beklagte die Bewilligung der Leistung nicht wirksam aufgehoben hat.
Da nach Auffassung des Senats die reine Anfechtungsklage richtige Klageart ist, war die Berufung, soweit der Verpflichtungsantrag weiterverfolgt wurde, zurückzuweisen
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 u. 2 SGG).
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Weitergewährung von Pflegegeld im Rahmen der Sozialhilfe über den 31.08.2004 hinaus.
Der 1962 geborene Kläger, ein Kurde, lebte bis 1990 im Irak. Dort erlitt er als 7-jähriges Kind durch eine explodierende Bombe eine Verletzung am linken Knie und als 18-Jähriger eine Schussverletzung des Kopfes mit großer Läsion des Gehirns und inkompletter Halbseitenlähmung links. Er ist in Deutschland als Asylant anerkannt und eingebürgert. Bei ihm ist ein Grad der Behinderung (GdB) von 70 und das Merkzeichen "G" festgestellt.
Nach den Feststellungen des Staatlichen Gesundheitsamts H. vom 21.03.1995 (Bd. II Bl. 15 VA) und des Gesundheitsamts des Rhein-Neckar-Kreises vom 28.10.1999 (Bd. II Bl.13 VA) liege bei dem Kläger Pflegestufe I - erhebliche Pflegebedürftigkeit - vor, nachdem diese in Voruntersuchungen 1991 und 1992 abgelehnt worden war.
Mit Bescheid vom 16.11.1999 gewährte die Beklagte dem Kläger und seiner Ehefrau nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) und dem Wohngeldgesetz (WoGG) nach einer Änderung der wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse Hilfe zum Lebensunterhalt (HLU) und pauschaliertes Wohngeld sowie Hilfe in besonderen Lebenslagen (Hilfe zur Pflege - Pflegegeld in Höhe von 400 DM für den Kläger) ab 01.10. bzw. ab 01.11.1999. Bisherige Bescheide für den gleichen Zeitraum wurden aufgehoben. Unter der Rubrik "Allgemeine Hinweise" wurde zur Bewilligungsdauer ausgeführt:
"Die bewilligten Leistungen werden zunächst nur für einen Monat und unter dem Vorbehalt gewährt, dass die vom Hilfesuchenden angegebenen und der Bewilligung zugrundegelegten Verhältnisse wahrheitsgemäß und vollständig wiedergegeben wurden und sich nicht ändern. Bei unveränderten Verhältnissen erfolgt - ohne förmlichen Antrag - auf Grund stillschweigender monatlicher Neubewilligung die Weiterzahlung der bisher bewilligten Leistungen in der in diesem Bescheid angegebenen Höhe. Ändern sich jedoch die Verhältnisse, die für die Feststellung der Leistungen maßgebend gewesen sind und Sie versäumen es, dies mitzuteilen, sind die dadurch zu Unrecht erbrachten Leistungen von Ihnen zurückzuzahlen."
Die Leistungen wurden in der Folge - auch für die später geborenen 2 Kinder, das Wohngeld änderte sich in Besonderer Mietzuschuss (BMZ) - nach dem gleichen Muster mit mehreren Bescheiden jeweils wieder bewilligt (so z.B. Bescheide vom 20.11.2000 u. 18.12.2000, 18.01.2001, 20.04.2001, 05.06.2001 Bd. I Bl. 105, 137, 189, 243, 275 VA). Im Bescheid vom 18.05.2004 (Bd. II Bl. 595 VA) fügte die Beklagte unter der Rubrik "Allgemeine Hinweise" noch an, dass der Bescheid bis zum 31.12.2004 auf Grundlage des BSHG ergehe und ab 01.01.2005 sich die Rechtsgrundlage für die gewährte Hilfe aus dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) ergebe.
Mit Schreiben vom 22.06.2004 kündigte die Beklagte eine Überprüfung der Pflegebedürftigkeit durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) an. Dieser kam im Gutachten vom 20.08.2004 nach einer Untersuchung am 18.08.2004 zu der Einschätzung, dass die Voraussetzungen zur Anerkennung einer Pflegebedürftigkeit nach dem Sozialgesetzbuch Elftes Buch - Soziale Pflegeversicherung - (SGB XI) nicht vorlägen. Als Diagnosen wurden eine spastische armbetonte Hemiparese links nach Schussverletzung, Reflux Magen, Diabetes Mellitus Typ II und Adipositas mitgeteilt. Der grundpflegerische Hilfebedarf betrage bei völlig unveränderter Versorgungslage 30 Minuten, eine Pflegestufe liege nicht vor. Die abweichende Einschätzung in der Vorbegutachtung 1995 ohne die notwendigen Zeitangaben habe sich eher an der alten Gesetzeslage vor 04/95 orientiert. Eine Verbesserung/Veränderung der Pflegesituation liege nicht vor. Der Hilfebedarf habe sich seit 03/95 nicht geändert. Auch zum damaligen Zeitpunkt habe im strengen Sinne des Gesetzes Pflegestufe I nicht vorgelegen.
Mit Bescheid vom 25.08.2004 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die Voraussetzungen zur Weitergewährung des Pflegegeldes nicht mehr vorlägen und die Hilfe am 31.08.2004 ende. Im Bescheid vom 25.08.2004 wurde dies umgesetzt und ab 01.09.2004 nur noch HLU und BMZ bewilligt sowie der Vorgängerbescheid aufgehoben.
Mit dem Widerspruch vom 07.09.2004, den der Kläger mit der unveränderten Bedarfslage begründete, legte er eine Stellungnahme des Diakonischen Werks H. vom 07.09.2004 und ein ärztliches Attest von Dr. Dr. E. vom 13.09.2004 vor, die die Pflegestufe I nach wie vor für gegeben ansahen. Der MDK verwies in seinen ergänzenden Stellungnahmen vom 14.10.2004 auf den unveränderten Hilfebedarf, der nach den geltenden Richtlinien die Pflegestufe I (Grundpflege weniger als 45 Min pro Tag) nicht rechtfertige. Es bestehe wohl Besitzstandswahrung.
Das Gesundheitsamt des Rhein-Neckar-Kreises teilte unter dem 27.09.2004 der Beklagten mit, dass der Kläger am 23.09.2004 amtsärztlich untersucht worden sei. Beim Kläger bestünden unterschiedliche gesundheitliche Beeinträchtigungen sowohl auf internistischem wie neurologischem Fachgebiet. Aktuell habe der Kläger Mitte September 2004 einen Vorderwandinfarkt erlitten, der eine PTCA und eine Stent-Implantation notwendig gemacht habe, so dass er noch ca. 6 Monate behandlungsbedürftig bleibe.
Die Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 21.12.2004 mit, dass Besitzstandsleistungen nach Art. 51 Pflegeversicherungsgesetz nicht in Betracht kämen, da er vor 1995 noch kein Pflegegeld erhalten habe.
Auch unter Kenntnis der veränderten gesundheitlichen Situation blieb der MDK ohne erneute Untersuchung bei seiner Einschätzung ( Sozialmedizinische Beratung vom 23.12.2005). Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 12.01.2006 zurück.
Dagegen hat der Kläger durch seinen Bevollmächtigten am 27.01.2006 Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben. Zur Begründung hat er die Auffassung vertreten, dass die rechtlichen Voraussetzungen des § 45 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Verwaltungsverfahren - (SGB X) nicht gegeben seien, da sich nach den Feststellungen des MDK keine tatsächliche Veränderung ergeben habe. Darüber hinaus bestritt er die Feststellungen des MDK. Er benötige Vollhilfe beim Rasieren, Hilfe beim Wasserlassen sowie beim Ankleiden. Er hat einen Befundbericht von Prof. Dr. B. (Neurologe und Psychiater) vom 11.10.2005 vorgelegt.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass sie nur zeitabschnittsweise das Pflegegeld gewährt habe, demnach der Bescheid vom 16.11.1999 kein Dauerverwaltungsakt gewesen sei und die Voraussetzungen des § 45 SGB X nicht zu prüfen seien.
Das SG hat Prof. Dr. B. und den Arzt für Allgemeinmedizin Dr. Dr. E. als sachverständige Zeugen schriftlich befragt und ein Gutachten zum Hilfedarf beim Arzt für Innere Medizin Burkhardt eingeholt. Der Gutachter gelangte nach Untersuchung in der Wohnung des Klägers zu der Auffassung, dass der grundpflegerische Hilfebedarf 32 Minuten betrage. Die Zuerkennung einer Pflegestufe erscheine nicht gerechtfertigt.
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 11.05.2009 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass es sich bei dem Bescheid vom 16.11.1999 nicht um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung gehandelt habe. Das Pflegegeld sei nur zeitabschnittsweise für einen Monat bewilligt worden. Nur aus Verwaltungsvereinfachungsgründen sei im vorliegenden Fall gleichsam monatlich neu über die Gewährung von Hilfe in besonderen Lebenslagen konkludent in Form der Auszahlung der Leistung durch schlüssiges Verhalten entschieden worden. Die §§ 45 ff SGB X seien damit nicht anwendbar. Folglich ergebe sich aus der Aufhebung der mit den angefochtenen Bescheiden erfolgten Aufhebung nicht das Aufleben der vorigen Bewilligung, die von Monat zu Monat ende. Grundlage für den Anspruch des Klägers sei § 64 SGB XII, dessen Voraussetzungen im Falle des Klägers nicht erfüllt seien, weil für die Grundpflege ein Zeitbedarf unter 45 Minuten am Tag nämlich von 32 Minuten gegeben sei, wie sich habe ermitteln lassen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Pflegegeld.
Gegen den dem Bevollmächtigten des Klägers am 25.05.2009 zugestellten Gerichtsbescheid hat dieser am 09.06.2009 Berufung eingelegt und zur Begründung die Auffassung vertreten, dass es sich bei dem Bewilligungsbescheid vom 16.11.1999 um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung gehandelt habe, der nicht nur für die dort genannten Monate Oktober und November eine Regelung getroffen habe. Nach dem Empfängerhorizont habe von einer dauerhaften rechtsgestaltenden Wirkung ausgegangen werden können. Die konkludente monatliche Bescheiderteilung in Form der Auszahlung sei eine reine Fiktion, aus der sich im Falle der Nichtweitergewährung auch Schwierigkeiten bei der Anfechtung ergäben. Zu beachten sei, dass im Falle der Pflegebedürftigkeit der Bedarf regelmäßig über eine gewisse Dauer bestehe. Im Übrigen sei das SG zu Unrecht dem Gutachten vom 14.12.2006 und vom 26.03.2008 gefolgt, die beide der gesundheitlichen Situation des Klägers nicht gerecht würden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 11. Mai 2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 25. August 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Januar 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger über den 31. August 2004 hinaus Pflegegeld weiter zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid und ihre Bescheide für zutreffend. Ihrer Auffassung nach ist die Bewilligung von Pflegegeld nicht durch einen Dauerverwaltungsakt erfolgt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten (3 Band) und die Prozessakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers hat weitgehend Erfolg.
Die gemäß §§ 143,144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung ist zulässig; sie ist unter Beachtung der maßgeblichen Form-und Fristvorschriften des § 151 Abs. 1 SGG eingelegt worden. Die Berufung ist auch weitgehend begründet. Die Beklagte hat die Gewährung von Pflegegeld nicht rechtswirksam eingestellt.
Der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit für den Rechtsstreit über Leistungen noch nach dem BSHG ist über § 51 Abs. 1 Nr. 6a SGG eröffnet, wonach ab 01.01.2005 die öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten in Angelegenheiten der Sozialhilfe diesen zugewiesen sind.
Streitgegenstand ist der Bescheid vom 25.08.2004, mit dem die Beklagte das bisher nach § 69a BSHG gewährte Pflegegeld mit dem 31.08.2004 eingestellt hat, in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.01.2006. Richtige Klageart dagegen ist die reine Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG). Denn für den Fall, dass sich die Einstellung als rechtswidrig erweisen sollte, lebt die ursprüngliche Bewilligung der Leistung wieder auf. Aus diesen Gründen hatte die Berufung keinen Erfolg, soweit darüber hinaus im Wege der Verpflichtungsklage eine Verurteilung der Beklagten zur Zahlung begehrt wurde. Soweit die Beklagte mit dem weiteren Bescheid vom 25.08.2004 den Vorgängerbescheid vom 18.05.2004 für die Zeit ab 01.09.2004 aufgehoben hat, wollte sie damit erkennbar keine weitere eigenständige Regelung hinsichtlich des Pflegegeldes, sondern nur über die weiter bewilligten Leistungen treffen, sodass sich die Aufhebung des Bescheid vom 18.05.2004 für den gleichen Zeitraum ab 01.09.2004 nicht auf die vorhergehende Bewilligung von Pflegegeld bezieht.
Streitentscheidend für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Einstellung des Pflegegeldes ist die Rechtsqualität der Bewilligung dieser Leistung durch die Beklagte, weil sich danach richtet, ob §§ 45 ff SGB X anwendbar sind oder nicht. Anders als das SG hält der Senat nicht den Bescheid vom 16.11.1999 für maßgeblich für die Betrachtung, sondern den Bescheid vom 18.05.2004. Zunächst scheidet der Bescheid vom 16.11.1999 schon deshalb aus, weil die Beklagte dem Kläger offensichtlich bereits nach der Feststellung der Pflegestufe I durch das Staatliche Gesundheitsamt H. am 21.03.1995 Pflegegeld bewilligt haben muss, wie sich aus der Überprüfung des Antrags auf Hilfe zur Pflege vom 15.09.1999 ergibt, in dem der Antrag auf Weitergewährung der Hilfe zur Pflege unterstützt wird (vgl. Bd. I Bl. 51 VA). Der Bescheid vom 16.11.1999 kann daher nicht der Ausgangsbewilligungsbescheid sein. Aus der von der Beklagten gewählten Konstruktion der jeweiligen Bewilligung von Leistungen ab einem bestimmten Zeitpunkt, wenn eine Änderung in den persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnissen eingetreten war, und Aufhebung der bisherigen Bescheide für den gleichen Zeitraum, was inhaltlich einen Änderungs- und Aufhebungsbescheid darstellt, hat die Beklagte mit dem auf die erstmalige Bewilligung von Pflegegeld folgenden Bescheid den Vorgängerbescheid für den Zeitraum der Zukunft aufgehoben. Er entfaltet damit keine Wirksamkeit mehr (§ 39 Abs. 2 SGB X). So verhält es sich auch mit dem Bescheid vom 16.11.1999. Letztmalig vor der Einstellung hat die Beklagte Pflegegeld mit dem Bescheid vom 18.05.2004 bewilligt gehabt, den es damit zu betrachten gilt.
Bei diesem Bescheid vom 18.05.2004 handelt es sich um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung. Ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung liegt vor, wenn sein Regelungsinhalt - vom Zeitpunkt des Erlasses des Verwaltungsaktes - nach seinen rechtlichen Wirkungen in die Zukunft fortwirken soll, sich also über eine einmalige Gestaltung der Rechtslage hinaus über eine gewisse - bestimmte oder unbestimmte - zeitliche Dauer in der Zukunft erstreckt (vgl. Bundessozialgericht [BSG], BSGE 56, 165; 58, 27; 61, 286; 78, 109). Für die Feststellung, ob es sich um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung handelt, ist maßgeblich, wie ihn ein Leistungsberechtigter bei objektiver Würdigung verstehen kann, maßgeblich ist der Empfängerhorizont (vgl. dazu Rothkegel/Grieger in: Sozialhilferecht, 1. Auflage 2005, Teil IV Kapitel 6 Seite 686 ff., Rdnr. 52 ff.). Die im Bewilligungsbescheid vom 18.05.2004 verwendete einschränkungslose Formulierung "ab 01.06.2004" und "monatlich" ist ausgehend vom objektivierten Empfängerhorizont des Leistungsberechtigten dahin auszulegen, dass Hilfe in besonderen Lebenslagen - Pflegeld - für einen unbestimmten Zeitraum nach Erlass des Bescheids bewilligt wurde und nicht für einen oder mehrere bestimmte (welche?) Monate. Die Formulierung "ab" und "monatlich" stellt aus Sicht des Empfängers die Leistung für die Folgemonate nicht lediglich in Aussicht, sondern lässt deren weitere Zahlung ohne erneute Prüfung und Bewilligung erwarten. Für diese Auslegung spricht auch, dass die Beklagte zusätzlich ihre "bisherigen Bescheide für den gleichen Zeitraum" aufgehoben hat. Dies macht nur dann Sinn, wenn vorher für den gleichen Zeitraum eine Regelung iS eines Dauerverwaltungsakts getroffen worden ist. Die Beklagte gibt damit zu erkennen, dass sie selbst davon ausgeht, vorher eine entsprechende Regelung über einen Zeitraum getroffen zu haben, auch wenn das Ende nicht definiert ist. Des weiteren lässt auch die Formulierung in den allgemeinen Hinweisen mit dem Hinweis auf die jeweilige Rechtsgrundlage für die Entscheidung bis zum 30.12.2004 und danach ab dem 01.01.2005 nur den Schluss zu, dass eine Regelung nicht nur zeitabschnittsweise, sondern für eine gewisse Zeit in die Zukunft und damit für eine längere Dauer bewilligt worden ist. Der entgegenstehende Hinweis davor, der auf eine stillschweigende monatliche Neubewilligung hinweist, vermag den objektiv zu gewinnenden Eindruck nach dem Verfügungssatz nicht zu entkräften.
Zwar stellte nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) Sozialhilfe - Hilfe zum Lebensunterhalt - keine rentengleiche Dauerleistung dar, sondern wurde nur zeitabschnittsweise (in der Regel monatsweise) gewährt (BVerwGE 89, 81, 85). Allerdings berücksichtigt auch die Rechtsprechung des BVerwG das Institut des Dauerverwaltungsaktes im Sozialhilferecht (vgl. Rothkegel/Grieger a. a. O., Kapitel 6 Seite 484 ff. Rdnr. 45 mwN; Armbrost/Conradis in Sozialgesetzbuch XII, Sozialhilfe, 8. Auflage, Anhang Verfahren Rdnr. 33 und 34). Dies beispielsweise, wenn die Auslegung ergab, dass die Behörde den Hilfefall statt für den dem Bescheid nächstliegenden Zeitraum für einen längeren Zeitraum geregelt hatte (BVerwGE 99, 149). Dies war vor allem bei den Hilfen in besonderen Lebenslagen - wie z.B. der Hilfe zur Pflege - anzunehmen, da es sich hier in der Regel um länger währende Hilfebedarfe handelte, bei denen wegen hoher Freibeträge Einkommensschwankungen oft keine Auswirkung hatten. So liegt der Fall hier, wie sich aus der Formulierung "ab" 01.06.2004 ergibt. Daneben ist von der ständigen Rechtsprechung des BVerwG (E 108, 296; FEVS 52, 439) anerkannt, dass der Sozialhilfeträger befugt ist, Entscheidungen über Hilfeleistungen für einen längeren, auch in die Zukunft weisenden Zeitraum zu treffen (vgl. in Grube/Wahrendorf, SGB XII, Sozialhilfekommentar 2005, Einleitung Rdnr. 35). Einen solchen Bescheid mit Dauercharakter stellt der genannte Bescheid des Beklagten dar. Für die Qualifizierung des hier in Frage stehenden Bescheides als Dauerverwaltungsakt spricht im Übrigen weiter, dass es sich um einen Fall der Hilfe zur Pflege handelt, bei welchem nach dem im Gerichts- und Verwaltungsverfahren vorliegenden ärztlichen Erkenntnissen eine Besserung des Zustandes kurzfristig nicht zu erwarten ist.
Grundlage für die rechtliche Überprüfung der Einstellung des Pflegegeldes im Bescheid vom 25.08.2004 ist demnach § 45 SGB X, nachdem eine Änderung in den gesundheitlichen Verhältnissen im Sinne einer Besserung nach den Feststellungen im Gutachten des MDK über die Feststellung von Pflegebedürftigkeit vom 20.08.2004 nicht eingetreten ist und dies auch zwischen den Beteiligten unstreitig ist.
Nach § 45 Abs. 1 SGB X darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Abs. 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Er darf nach Abs. 2 S. 1 dieser Vorschrift nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsakts vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte in den unter Abs. 2 S. 3 Nr. 1 bis 3 genannten Fällen nicht berufen; darüber hinaus sind die Fristen in Abs. 3 zu beachten.
Die Rechtswidrigkeit des Bescheids vom 18.05.2004 ergibt sich daraus, dass die Voraussetzungen für die Gewährung von Pflegegeld zu dem Zeitpunkt nicht vorgelegen haben. Wie sich aus den überzeugenden Ausführungen im Gutachten des MDK im Verwaltungsverfahren, das von dem Gutachten des Arztes für Innere Medizin Burkhardt im SG-Verfahren bestätigt worden ist, ergibt, rechtfertigte der Gesundheitszustand des Klägers nicht die Zuerkennung der Pflegestufe I und dies wohl bereits seit 1995 nicht. Die Leistungsbewilligung beruht auf den vom staatlichen Gesundheitsamt H. am 21.03.1995 und vom Gesundheitsamt des Rhein-Neckar-Kreises vom 28.10.1999 getroffenen Feststellungen, die aber nicht mit der sich aus § 15 Abs. 3 SGB XI (eingeführt mWv 25.06.1996, idF d. Art I Nr. 5 Buchst. b, G. v. 14.06.1996 I, S. 830) geltenden Rechtslage für die Beurteilung der Pflegebedürftigkeit im Einklang stand, weil der grundpflegerische Bedarf nicht mehr als 45 Minuten betrug.
Der Einstellungsbescheid vom 25.08.2004 ist dennoch rechtswidrig.
Die Rechtswidrigkeit ergibt sich nicht bereits wegen der fehlenden Anhörung, weil dieser Verfahrensfehler durch die Nachholung der Anhörung gem. § 41 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 SGB X im Widerspruchsverfahren geheilt ist.
Die Voraussetzungen für eine Aufhebung des Bescheids vom 18.05.2004 nach dieser Vorschrift liegen jedoch schon deswegen nicht vor, weil die Beklagte im Bescheid vom 25.08.2004 kein Ermessen ausgeübt hat (vgl. BSG, Urteil vom 28.10.2008 - B 8 SO 33/07 R). Im Übrigen kann sich der Kläger auf Vertrauen berufen. Die Voraussetzungen der unter § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 bis Nr. 3 SGB X genannten Fälle liegen nicht vor. Der Kläger hat den Verwaltungsakt weder durch Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt, noch falsche Angaben gemacht, noch im Hinblick darauf, dass nach den damaligen Feststellungen auch von Seiten der zuständigen Behörden von Pflegestufe I ausgegangen worden ist, grob fahrlässig die Rechtswidrigkeit verkannt. Der Bescheid ist daher rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, weshalb er aufzuheben ist und die Leistungsbewilligung im Bescheid vom 18.05.2004 wieder auflebt.
Es kommt mithin nicht darauf an, ob der Kläger nach dem 31.08.2004 die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Pflegegeld erfüllt oder nicht, weil die Beklagte die Bewilligung der Leistung nicht wirksam aufgehoben hat.
Da nach Auffassung des Senats die reine Anfechtungsklage richtige Klageart ist, war die Berufung, soweit der Verpflichtungsantrag weiterverfolgt wurde, zurückzuweisen
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 u. 2 SGG).
Rechtskraft
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