Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 22. Oktober 2009 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Übernahme von Behandlungskosten für die verstorbene Frau D. (im Folgenden: Frau D.).
Die am 1943 geborene Frau D. litt an Krebs bei Hirnmetastasen mit unklarem Primärtumor; sie war nicht krankenversichert. Am 30. März 2005 begab sie sich in das L.-Krankenhaus in F., wo sie als Normalfall aufgenommen, vollstationär behandelt und am 26. April 2005 in das Universitätsklinikum Freiburg überwiesen wurde. Von dort wurde sie am 2. Mai 2005 in ein Hospiz verlegt, wo sie am 5. Mai 2005 verstarb. Nach dem Bericht der Abteilung für Innere Medizin des L.-Krankenhauses vom 30. Mai 2005 an den niedergelassenen Arzt Dr. med. R., der Frau D. bei pathologisch-neurologischem Befund zur Computertomographie angemeldet hatte, sei Frau D. bei ihrer Aufnahme nicht voll orientiert gewesen; sie habe verwaschen gesprochen und unter einer Spastik des linken Arms gelitten. Man habe sie vom Institut für Diagnostische Radiologie übernommen, nachdem die dort durchgeführte Computertomographie multiple Hirnmetastasen gezeigt habe.
Bereits am 25. April 2005 hatte das L.-Krankenhaus bei der Beklagten die Übernahme der Kosten der Krankenhausbehandlung beantragt. Eine sofortige Behandlung sei nötig gewesen, weil es sich um eine bösartige Erkrankung mit neurologischer Symptomatik gehandelt habe. Dem Antrag war eine Einvernahmeniederschrift über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse von Frau D. beigefügt. Darin waren Einnahmen aus zwei Versicherungen (A. Stuttgart Nr. 21 879 155 7 und A. Hannover Nr. 12 370 838 1) in nicht bezifferter Höhe, tatsächliche Unterhaltsleistungen ihres Halbbruders Prof. Dr. H. von D. in Höhe von 1.411,60 Euro monatlich, ein Guthaben von 856,53 Euro auf dem Girokonto, S.-A. im Wert von ca. 460 DM ("200 Stück?"), eine Lebensversicherung bei der H./M. mit einer monatlichen Beitragshöhe von 315,10 Euro und einem aktuellen Rückkaufswert von ca. 6.000 Euro, eine private Rentenversicherung mit einem Rückkaufswert von ca. 8.000 Euro bei Tod sowie Bankschulden in Höhe von 3.786 Euro angegeben.
Mit Bescheid vom 7. Mai 2007 lehnte die Beklagte den Antrag auf Kostenübernahme mit der Begründung ab, dass sich bei der Überprüfung des Antrags Diskrepanzen zu einem von der Freundin der Verstorbenen ausgefüllten Sozialhilfeantrag ergeben hätten, so dass keine eindeutige Aussage über die Hilfebedürftigkeit in der Zeit der stationären Behandlung gemacht werden könne.
Hiergegen legte die Klägerin als Rechtsträgerin des L.-Krankenhauses am 25. Mai 2007 Widerspruch mit der Begründung ein, dass Frau D. zur Zeit der stationären Behandlung hilfebedürftig gewesen sei. Die Freundin der Verstorbenen, die den weiteren Sozialhilfeantrag ausgefüllt habe, habe gegenüber ihrem Prozessbevollmächtigten bestätigt, dass die im Sozialhilfeantrag vom 21. April 2005 erwähnten Aktien der Firma S. AG bereits vor langer Zeit verkauft worden seien. Mit dem Verkaufserlös sei eine Rentenversicherung bei der A.L. AG abgeschlossen worden. Frau D. sei zum Zeitpunkt ihres Todes völlig vermögenslos und der Nachlass überschuldet gewesen. Demgemäß hätten sie als testamentarische und auch alle gesetzlichen Erben die Erbschaft ausgeschlagen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 1. Februar 2008 wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, dass es konkrete Anhaltspunkte gebe, dass bei Antragstellung Vermögen vorhanden gewesen sei; dies habe die Klägerin, die insoweit beweisbelastet sei, nicht widerlegt.
Am 13. Februar 2008 hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben. Für die stationäre Behandlung von Frau D. seien 6.059,25 Euro angefallen. Die Angaben im Sozialhilfeantrag seien unzutreffend. Die Wohnung der Verstorbenen sei durch ihre Freundin aufgelöst worden; Wertsachen seien nicht vorhanden gewesen. Die Freundin habe dann auch die Rechnungen des Hospizes sowie die Beerdigungskosten von ihrem privaten Vermögen bezahlt. Es liege ein Beschluss des Nachlassgerichts vor, wonach der Nachlass vermutlich überschuldet sei.
Auf Nachfrage der Beklagten hat die A. L.-AG mit Schreiben vom 5. November 2008 mitgeteilt, dass es sich bei der Rentenversicherung Nr. 21 879 155 7 (B. D.) um eine Rentenversicherung mit einer monatlichen Rentenauszahlung gehandelt habe (Dauer der Rentenzahlung: fünf Jahre). Der Rückkaufswert dieser Versicherung habe zum 1. Mai 2005 10.184,80 Euro betragen. Nach der eingereichten Erbenerklärung sei Alleinerbe B. D., an den (nach dem Tod von Frau D.) Auszahlungen vorgenommen worden seien. Der Vertrag sei durch den Tod der versicherten Person erloschen; die letzte Rentenzahlung sei am 3. März 2008 erfolgt. Mit weiterem Schreiben vom 11. November 2008 teilte die Allianz L.-AG mit, dass es sich bei der Rentenversicherung Nr. 12 370 838 1 (Dr. H. von D.) um eine Rentenversicherung mit monatlicher Rentenzahlung von 1.411,60 Euro gehandelt habe, die am Todestag von Frau D. geendet habe. Weitere Renten und sonstige Leistungen seien nicht mehr erbracht worden. Die H.-M. Versicherungs-AG teilte mit Schreiben vom 10. November 2008 mit, dass es sich bei der Versicherung Nr. LV421455920 um eine Lebensversicherung auf den Todes- und Erlebensfall gehandelt habe. Zu dem Vertrag sei ein Bezugsrecht von Frau H. von D. verfügt worden, an die die Sterbefall-Leistung in Höhe von 5.917,56 Euro ausgezahlt worden sei.
Mit Gerichtsbescheid vom 22. Oktober 2009 hat das SG die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass die Beklagte aufgrund ihrer Ermittlungen zutreffend davon ausgegangen sei, dass Frau D. in der Zeit vom 30. März bis 26. April 2005 nicht hilfebedürftig gewesen sei. Insbesondere habe sie über Vermögen in Gestalt einer Rentenversicherung verfügt, deren Rückkaufswert am 1. Mai 2005 10.184,80 Euro betragen habe. Angesichts der monatlichen Bezüge aus der weiteren Rentenversicherung in Höhe von 1.411,60 Euro sei einer Verwertung nicht entgegengestanden, dass die Lebensführung oder Altersvorsorge gefährdet wäre.
Hiergegen hat die Klägerin am 16. November 2009 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg mit der Begründung Berufung eingelegt, dass nicht geklärt sei, ob der angebliche Rentenbetrag in Höhe von 324,10 Euro monatlich überhaupt bestanden habe und ob es sich dabei um eine Rente aus dem Versicherungsvertrag Nr. 21 879 155 7 handle. Aus dem Versicherungsvertrag Nr. 21 879 155 7 vom 8. April 1998 ergebe sich demgegenüber eine monatliche Rente von 560,90 DM, was umgerechnet nur 286,80 Euro seien. Unabhängig davon erschließe sich nicht, weshalb die Rentenversicherung mit der Nr. 21 879 155 7 einen Rückkaufswert von 10.184,80 Euro gehabt habe. Ausweislich des Versicherungsvertrags vom 8. April 1998 sei ein Rückkaufswert nur für den Fall einer Kündigung vor Rentenbeginn am 1. April 2003 vorgesehen gewesen. Die Auskunft der A. L.-AG vom 5. November 2008 sei auf einen Fragenkatalog der Beklagten vom 20. Oktober 2008 hin erteilt worden, der sich jedoch neben der Versicherung Nr. 21 879 155 7 auch auf die Versicherung Nr. 12 370 838 1 bezogen habe. Die Antwort der A. L.-AG enthalte lediglich den Betreff "Rentenversicherung Nr. 21 879 155 7". Dennoch sei zu vermuten, dass sie sich allgemein auf die gestellten Fragen und nicht lediglich auf diese konkrete Versicherung bezogen habe. Es könne sein, dass die andere Rentenversicherung Nr. 12 370 838 1 den genannten Rückkaufswert gehabt habe oder es sich insgesamt um eine Verwechslung von Seiten der A L.-AG handle. Selbst bei Vorliegen einer Rentenversicherung mit dem genannten Rückkaufswert sei die Annahme völlig lebensfremd, dass die Verstorbene diese noch hätte beleihen können. Hierzu sei sie aufgrund ihres damaligen Gesundheitszustands und des bis zu ihrem Tode lediglich noch verbleibenden Zeitraums wohl kaum in der Lage gewesen.
Die Klägerin beantragt (schriftsätzlich),
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 22. Oktober 2009 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 7. Mai 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. Februar 2008 zu verurteilen, an sie 6.059,25 Euro nebst 4 % Zinsen seit dem 1. Dezember 2005 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt (schriftsätzlich),
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Die Beklagte beruft sich auf die Begründung des angefochtenen Gerichtsbescheids und trägt ergänzend vor, dass die A L.-AG mit Schreiben vom 5. November 2008 bestätigt habe, dass die Rentenversicherung Nr. 21 879 155 7 zum 1. Mai 2005 einen Rückkaufswert in Höhe von 10.184,80 Euro gehabt habe. Ob die gewährte Rente aus dieser Versicherung nun 324,10 Euro oder 286,80 Euro betragen habe, sei ohne Belang. Die Beklagte sei im Übrigen stets davon ausgegangen, dass die weitere Rentenversicherung, aus der eine Rente in Höhe von monatlich 1.411,60 Euro bezogen worden sei, der Sicherung des Lebensunterhalts von Frau D. diente und nicht beliehen werden sollte.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten des erst- und zweitinstanzlichen Verfahrens Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 i.V.m. § 153 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG)).
Die Berufung ist zulässig. Sie ist nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegt und auch im Übrigen kraft Gesetzes (§ 143 SGG) statthaft, ohne dass es ihrer Zulassung bedarf, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 750 Euro übersteigt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG).
Die Berufung ist aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Erstattung von Aufwendungen in Höhe von 6.059,25 Euro, die durch den Aufenthalt und die Behandlung von Frau D. im L.-Krankenhaus in der Zeit vom 30. März bis zum 26. April 2005 entstanden sind. Die Voraussetzungen der vorliegend allein in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage des § 25 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) sind nicht erfüllt.
Hat jemand in einem Eilfall einem Anderen Leistungen erbracht, die bei rechtzeitigem Einsetzen von Sozialhilfe nicht zu erbringen gewesen wären, sind ihm die Aufwendungen in gebotenem Umfang zu erstatten, wenn er sie nicht aufgrund rechtlicher oder sittlicher Pflicht selbst zu tragen hat (§ 25 Satz 1 SGB XII). Nach Satz 2 dieser Vorschrift gilt dies nur, wenn die Erstattung innerhalb angemessener Frist beim zuständigen Träger der Sozialhilfe beantragt wird.
Zutreffend ist das SG zunächst davon ausgegangen, dass die Klägerin als juristische Person des Privatrechts zwar grundsätzlich Anspruchsberechtigte nach § 25 Satz 1 SGB XII sein kann. Die Erstattung der Kosten scheidet zumindest für die Zeit vom 30. März bis zum 24. April 2005 auch nicht aufgrund der Kenntnis des Sozialhilfeträgers von dem Hilfebedarf aus (vgl. hierzu Senatsurteil vom 22. November 2007 – L 7 SO 5195/06 - (juris)), nachdem dieser hier erst am 25. April 2005 von der Aufnahme von Frau D. in das Krankenhaus durch den Kostenübernahmeantrag erfahren hat. Entgegen der Auffassung des SG kann aber jedenfalls nicht für den gesamten Zeitraum des Aufenthalts von Frau D. im L.-Krankenhaus davon ausgegangen werden, dass die Leistungen in einem Eilfall erbracht worden sind. Die Annahme eines Eilfalles setzt voraus, dass nach den Umständen des Einzelfalles sofort geholfen werden muss und eine rechtzeitige Einschaltung des Sozialhilfeträgers nicht möglich ist; die Notwendigkeit sofortiger Hilfe lässt in der Regel keine Zeit, den zuständigen Sozialhilfeträger zu unterrichten und zunächst dessen Entschließung über eine Gewährung der sofortigen Hilfe als Sozialhilfe abzuwarten (Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), BVerwGE 114, 298; 59, 73 zu § 121 des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG); vgl. auch LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 26. November 2009 - L 8 SO 172/07 - (juris) ). Eine solche Situation dürfte zwar zum Zeitpunkt der stationären Aufnahme von Frau D. am 30. März 2005 zunächst vorgelegen haben. Diese dürfte aus ärztlicher Sicht dringend erforderlich gewesen sein, nachdem die Computertomographie multiple Hirnmetastasen gezeigt hatte und Frau D. bei ihrer Aufnahme nicht voll orientiert gewesen war; an diesem Tag dürfte zunächst auch keine Zeit geblieben sein, die Beklagte als zuständigen Sozialhilfeträger zu unterrichten und zunächst deren Entscheidung über eine Leistungsgewährung abzuwarten. Es ist aber nicht ersichtlich, dass das Krankenhaus sich angesichts des dort bekannten Umstands, dass Frau D. nicht krankenversichert war, im Folgenden nicht zeitnah um eine Einschaltung des Sozialhilfeträgers hätte bemühen können. Unterbleibt eine rechtzeitige Benachrichtigung des Sozialhilfeträgers nicht aus Gründen der Unvorhersehbarkeit und Eilbedürftigkeit der Hilfe, sondern etwa infolge einer Fehleinschätzung der wirtschaftlichen Lage des Hilfeempfängers durch den Helfer, so schließt dies einen "Eilfall" aus (BVerwGE 114, 298).
Vorliegend bedarf es allerdings keiner Entscheidung darüber, bis wann die Leistungen noch in einem Eilfall erbracht wurden. Denn jedenfalls fehlt es an der für einen Erstattungsanspruch nach § 25 SGB XII erforderlichen Leistungspflicht des Sozialhilfeträgers. Der Sozialhilfeträger hat dabei gemäß § 20 Abs. 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch den Sachverhalt, zu dem hier auch die Hilfebedürftigkeit gehört, zu ermitteln. Bleibt ein non liquet, trägt der Nothelfer hierfür die materielle Beweislast (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30. Dezember 1996 – 5 B 202/95 – (juris); BVerwGE 37, 133, 137; 45, 131, 132).
Einer Leistungspflicht des Sozialhilfeträgers (hier: in Form der Hilfe bei Krankheit nach § 48 SGB XII) steht vorliegend die mangelnde Hilfebedürftigkeit von Frau D. in der Zeit vom 30. März bis zum 26. April 2005 entgegen. Nach dem in § 2 Abs. 1 SGB XII geregelten Nachranggrundsatz erhält Sozialhilfe nicht, wer sich vor allem durch Einsatz seiner Arbeitskraft, seines Einkommens und seines Vermögens selbst helfen kann oder wer die erforderliche Leistung von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält. Gemäß § 90 Abs. 1 SGB XII ist das gesamte verwertbare Vermögen einzusetzen. Vermögen sind dabei alle beweglichen oder unbeweglichen Güter und Rechte in Geld oder Geldeswert; umfasst werden auch Forderungen beziehungsweise Ansprüche gegen Dritte (Sächsisches LSG, Urteil vom 16. April 2009 – L 3 SO 9/08 – (juris) m.w.N.). Die Ermittlungen der Beklagten haben vorliegend ergeben, dass Frau D. im hier maßgeblichen Zeitraum über zwei Rentenversicherungen bei der Allianz Lebensversicherungs-AG verfügt hat. Dabei handelt es sich zum einen um die Rentenversicherung Nr. 21 879 155 7 (B. D.). Der Rückkaufswert dieser Versicherung hat nach Mitteilung der A. L.-AG vom 5. November 2008 zum 1. Mai 2005 10.184,80 Euro betragen. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin im Berufungsverfahren ergeben sich insofern auch keine Zweifel hinsichtlich der Zuordnung der Rentenversicherungen. Denn aus dem weiteren Schreiben der A. L.-AG vom 11. November 2008 wird deutlich, dass es sich bei der anderen Rentenversicherung (Nr. 12 370 838 1 - Dr. H. von D.) um eine Rentenversicherung mit monatlicher Rentenzahlung von 1.411,60 Euro gehandelt hat, die am Todestag von Frau D. endete. Eine Verwechslung der Rentenversicherungen erscheint damit ausgeschlossen.
Die Versicherung Nr. 21 879 155 7 mit einem Rückkaufswert in Höhe von 10.184,80 Euro stellt damit einen Vermögenswert dar, der grundsätzlich gemäß § 90 Abs. 1 SGB XII einzusetzen ist. Sie fällt unter keine der in § 90 Abs. 2 SGB XII aufgeführten Fallgruppen. Insbesondere sind die Voraussetzungen von § 90 Abs. 2 Nr. 2 SGB XII nicht erfüllt. Danach darf die Sozialhilfe nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder von der Verwertung eines Kapitals einschließlich seiner Erträge, das der zusätzlichen Altersvorsorge im Sinne des § 10a oder des Abschnitts XI des Einkommensteuergesetzes dient und dessen Ansammlung staatlich gefördert wurde. Erforderlich ist insoweit zumindest, dass der Sicherung ein nach § 5 des Gesetzes über die Zertifizierung von Altersvorsorge- und Basisrentenverträgen (Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz – AltZertG) vom 26. Juni 2001 (BGBl. I S. 1310, 1322; zuletzt geändert durch Artikel 23 des Gesetzes vom 19. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2794)) durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht zertifizierter Altersvorsorgevertrag zu Grunde liegt (Hessisches LSG, Urteil vom 21. Mai 2010 – L 7 SO 78/06 – (juris); Sächsisches LSG, a.a.O.). Das ist hier nicht der Fall. Der Verwertung steht auch nicht § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII entgegen, wonach kleinere Barbeträge oder sonstige Geldwerte nicht eingesetzt oder verwertet werden müssen. Kleinere Barbeträge oder sonstige Geldwerte in diesem Sinn sind, wenn die Sozialhilfe vom Vermögen der nachfragenden Person abhängig ist, bei nachfragenden Personen, die das 60. Lebensjahr vollendet haben, sowie bei voll Erwerbsgeminderten im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung und den diesem Personenkreis vergleichbaren Invalidenrentnern 2.600,00 Euro (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a) der Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 11. Februar 1988 (BGBl. I S. 150); zuletzt geändert durch Art. 15 Nr. 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003 (BGBl. I S. 3022)). Dieser Wert ist vorliegend überschritten.
Dem Vermögenseinsatz steht auch nicht die Ausnahmevorschrift des § 90 Abs. 3 SGB XII entgegen. Danach darf die Sozialhilfe nicht vom Einsatz oder der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden, soweit dies für den, der das Vermögen einzusetzen hat, und für seine unterhaltsberechtigten Angehörigen eine Härte bedeuten würde (a.a.O. Satz 1). Dies ist bei der Leistung nach dem Fünften bis Neunten Kapitel insbesondere der Fall, soweit eine angemessene Lebensführung oder die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert würde (a.a.O. Satz 2). Bei einer Verwertung der Versicherung Nr. 21 879 155 7 wäre aber eine angemessene Lebensführung oder die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung nicht wesentlich erschwert gewesen. Denn Frau D. bezog daneben auch eine Rente aus der Rentenversicherung Nr. 12 370 838 1 i.H.v. 1.411,60 Euro monatlich, mit der ihr jedenfalls eine angemessene Lebensführung auch im Alter möglich gewesen wäre.
Weiter liegt auch keine allgemeine Härte im Sinne des § 90 Abs. 3 Satz 1 SGB XII vor. Dabei muss es sich um einen atypischen Lebenssachverhalt handeln, dem der Gesetzgeber mit den Regelvorschriften des § 90 Abs. 1 und 2 SGB XII nicht gerecht zu werden vermochte (vgl. BVerwGE 23, 149, 158 f.). Ein solcher atypischer Lebenssachverhalt ist vorliegend nicht erkennbar, auch wenn die Veräußerung zum Rückkaufswert wirtschaftlich nachteilig gewesen wäre. Das BVerwG (BVerwGE 106, 105; 121, 34) hält den Einsatz des Rückkaufswertes etwa von Kapitallebensversicherungen selbst in den Fällen, in denen der Rückkaufswert erheblich hinter den erbrachten Eigenleistungen des Versicherungsnehmers zurückbleibt, für zumutbar. Das Sozialhilferecht stellt für die grundsätzlich anzunehmende Zumutbarkeit der Verwertung nicht auf deren Wirtschaftlichkeit ab und nimmt auch Vermögen, das zur Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung bestimmt ist, nicht als generell unzumutbar von der Verwertung aus. Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zum Verwertungsschutz einer Kapitallebensversicherung bei Beziehern von Leistungen der Arbeitslosenhilfe und nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II), die auf die Wirtschaftlichkeit der Verwertung abstellte (vgl. etwa Urteil vom 17. Oktober 1990 - 11 RAr 133/88 - (juris); SozR 3-4100 § 137 Nr. 7; BSGE 99, 77 zum SGB II), ist insoweit auf Hilfen nach dem früheren BSHG und dem jetzigen SGB XII nicht übertragbar. Die unterschiedliche rechtliche Ausgestaltung der Vermögensanrechnung im Sozialhilferecht einerseits und in der Arbeitslosenhilfe bzw. dem SGB II andererseits begründet in Anbetracht des dem Gesetzgeber bei der Ausgestaltung von Sozialleistungen zustehenden Gestaltungsspielraums auch keinen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz mit der Folge, dass die Rechtsprechung des BSG zur Schonung von Vermögen übertragen werden müsste (so ausdrücklich BVerwGE 121, 34; LSG Baden-Württemberg, FEVS 59, 572; Bayerisches LSG, FEVS 57, 69; Hessisches LSG a.a.O.; a.A. Sächsisches LSG, a.a.O.; offen gelassen: BSG SozR 4-3500 § 90 Nr. 3).
Eine Leistungspflicht des Sozialhilfeträgers, die zu einem Erstattungsanspruch der Klägerin nach § 25 SGB XII führen würde, ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt anzunehmen, dass eine sofortige Verwertung i.S.v. § 91 Satz 1 SGB XII unmöglich gewesen wäre. Nach dieser Vorschrift soll die Sozialhilfe – soweit nach § 90 SGB XII für den Bedarf der nachfragenden Person Vermögen einzusetzen ist, jedoch der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung des Vermögens nicht möglich ist oder für die, die es einzusetzen hat, eine Härte bedeuten würde – als Darlehen geleistet werden. Ob § 25 SGB XII nach seinem Sinn und Zweck in Fällen einer Verpflichtung zur nur darlehensweisen Hilfegewährung in Betracht kommt, erscheint bereits zweifelhaft. Hätte die in Not befindliche Person vom Träger der Sozialhilfe Leistungen lediglich als Darlehen (hier: nach § 91 SGB XII) beanspruchen können, so dürfte ein Erstattungsanspruch des Nothelfers aber jedenfalls nur in Betracht kommen, wenn dieser der in Not befindlichen Person die Leistung darlehensweise zugewandt hat; die Erstattung der Darlehensaufwendungen durch den Sozialhilfeträger gegenüber dem Nothelfer erfolgt dann Zug um Zug gegen Abtretung des Rückzahlungsanspruchs gegen die in Not geratene Person (Bieback in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 3. Aufl., § 25 Rdnr. 19). Das ist hier aber nicht der Fall.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Für den Anspruch des Nothelfers gegen den Sozialhilfeträger auf Erstattung der ihm entstandenen Aufwendungen ist das Gerichtsverfahren kostenfrei; der Nothelfer ist Leistungsempfänger i.S.d. § 183 SGG (BSG SozR 4-1500 § 183 Rdnr. 7; a.A. noch Senatsurteil vom 22. November 2007, a.a.O.).
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7.
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 4 SO 735/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 SO 5332/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Rechtskraft
Aus
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BWB
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