Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 8 KN 84/10 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes wird abgelehnt. Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Antragsteller wendet sich im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Aufrechnung der Antragsgegnerin wegen eines Rückzahlungsanspruches mit der Hälfte der laufenden Altersrente.
Der am 00.00.1942 geborene Antragsteller beantragte am 23.04.2004 die Gewährung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation. Die Antragsgegnerin prüfte im Laufe dieses Verfahrens die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung gemäß § 116 SGB VI und gewährte schließlich mit Bescheid vom 21.10.2004 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 01.04.2004. Hiergegen legte der Antragsteller am 19.11.2004 Widerspruch ein, den die Antragsgegnerin mit Widerspruchsbescheid vom 24.01.2005 als unbegründet zurückwies. Im anschließenden Klageverfahren S 8 KN 8/05 schlossen die Beteiligten im Termin zur mündlichen Verhandlung am 04.05.2006 folgenden Vergleich:
1.Die Beklagte hebt den Bescheid vom 21.10.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.01.2005 auf. 2.Der Kläger verpflichtet sich zur Rückgewähr aller durch die aufgehobenen Bescheide erhaltenen Leistungen, soweit sie nicht durch Leistungsansprüche anderer Sozialleistungsträger anderweitig getilgt sind. 3.Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben. 4.Die Beteiligten sind hiermit einverstanden und erklären den Rechtsstreit in vollem Umfang für erledigt.
Mit Bescheid vom 04.07.2006 hob die Antragsgegnerin sodann den Bescheid vom 21.10.2004 auf und forderte von dem Antragsteller einen Betrag von 22.785,00 EUR für den Zeitraum vom 01.04.2004 bis 30.06.2006 zurück. Mit Schreiben vom 20.12.2006 teilte die Antragsgegnerin sodann mit, dass nach Zahlungen der AOK Westfalen-Lippe und der Agentur für Arbeit Bielefeld noch eine Überzahlung in Höhe von 9.998,61 EUR bestünde. Diese wurde zunächst gestundet. Der verbleibende Betrag resultierte daraus, dass die Bundesagentur für Arbeit für den Zeitraum vom 01.11.2004 bis 24.10.2005 die Gewährung von Arbeitslosengeld ablehnte und daher für diesen Zeitraum ein Erstattungsanspruch nicht bestand; das hiergegen geführte Klageverfahren (Az.: S 4 AL 69/06 und L 19 AL 9/08) blieb erfolglos.
Am 10.09.2007 beantragte der Antragsteller die Gewährung von Regelaltersrente, die die Antragsgegnerin seit dem 01.01.2008 mit einem monatlichen Zahlbetrag von 1.000,70 EUR netto gewährt.
Mit Bescheid vom 18.01.2010 erklärte die Antragsgegnerin die Aufrechnung gemäß § 51 Abs. 2 SGB I des zu erstattenden Betrages von 9.998,61 EUR mit der Hälfte der monatlichen Rente in Höhe von 500,35 EUR. Hiergegen legte der Antragsteller am 16.02.2010 Widerspruch ein, den die Antragsgegnerin mit Widerspruchsbescheid vom 06.05.2010 als unbegründet zurückwies. Am 18.06.2010 erhob der Antragsteller hiergegen Klage. Das Verfahren wird unter dem Aktenzeichen S 8 KN 59/10 geführt. Die Antragsgegnerin habe den Leistungsbezug, den sie gegenüber dem Antragsteller durch Aufrechnung zurückzuführen suche, selbst rechtswidrig verursacht. Zudem werde er durch die Aufrechnung hilfebedürftig.
Am 14.09.2010 hat der Antragsteller um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht. Die Klage sei zulässig und begründet; die Antragsgegnerin habe gleichwohl mit Wirkung für Juli und August 2010 die Aufrechnung durchgeführt.
Der Antragsteller beantragt schriftsätzlich,
die aufschiebende Wirkung der Klage vom 18.06.2010 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 18.01.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.05.2010 anzuordnen.
Die Antragsgegnerin beantragt schriftsätzlich,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung führt sie aus: Der Antragsteller habe sich in dem vorangegangenen Rechtsstreit zur Rückzahlung der Rentenleistungen verpflichtet. Der diesbezügliche Ausführungsbescheid sei bestandskräftig geworden. Der Antragsteller habe nicht nachgewiesen, dass durch die Aufrechnung Hilfebedürftigkeit eintrete. Auf den diesbezüglichen ausdrücklichen Hinweis im Anhörungsschreiben werde hingewiesen.
Das Gericht hat mit Verfügung vom 12.10.2010 um Übersendung einer Bedarfsbescheinigung gebeten. Eine solche hat der Antragsteller bislang nicht vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen Verwaltungsakte der Antragsgegnerin sowie der Gerichtsakten S 8 KN 8/05 und S 4 AL 69/06, die bei der Entscheidung vorgelegen haben, Bezug genommen.
II.
Der zulässige Antrag ist unbegründet.
Nach § 86 b Abs. 1 S. 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung durch Beschluss gemäß § 86 b Abs. 4 SGG ganz oder teilweise anordnen.
Die Klage des Antragstellers hat gemäß § 86 a Abs. 2 Nr. 3 SGG als Klage gegen einen Verwaltungsakt in Angelegenheiten der Sozialversicherung, der eine laufende Leistung herabsetzt, keine aufschiebende Wirkung.
§ 86 b Abs. 1 S. 1 SGG regelt allerdings nicht, unter welchen Voraussetzungen das Gericht die aufschiebende Wirkung anordnen kann. Im Falle des § 86 a Abs. 2 Nr. 1 SGG bestimmt § 86 a Abs. 3 S. 2 SGG, dass die Aussetzung der Vollziehung erfolgen soll, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Die Regelung des § 86 a Abs. 3 S. 2 SGG betrifft hingegen nicht die Fälle des § 86 a Abs. 2 Nr. 2 bis 4 SGG. Die Lücke ist unter Berücksichtigung der Regelung in § 86 a Abs. 2 Nr. 5 SGG zu schließen (Binder in HK-SGG, § 86 b, Rn. 13). Das Gericht nimmt insoweit eine rechtlich gebundene Interessenabwägung zwischen dem privaten Interesse des Einzelnen an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung und dem Interesse der Allgemeinheit an der sofortigen Vollziehung vor. Im Rahmen der Interessenabwägung ist nach der Systematik der Regelung im SGG zu berücksichtigen, dass in den Fällen des § 86 a Abs. 2 SGG, auf den der § 86 b Abs. 1 SGG verweist, ein Regel-Ausnahme-Verhältnis besteht. Hiernach hat im Zweifel das Vollzugsinteresse Vorrang. Dies folgt daraus, dass der Gesetzgeber zunächst einmal ein Entfallen der aufschiebenden Wirkung angeordnet hat. Es besteht in diesen Fällen nur dann ein hinreichender Grund von dem Regel-Ausnahme-Verhältnis abzuweichen, wenn ein überwiegendes Interesse des durch den Verwaltungsakt Belasteten feststellbar ist. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung muss dabei eine Ausnahme bleiben, die nur mit gewichtigen Argumenten zu begründen ist. So muss zur Begründung eines überwiegenden Interesses eine offenbare Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes vorliegen. Die Abschätzung der Erfolgsaussichten ist nach summarischer Prüfung vorzunehmen. Bei nicht eindeutig absehbaren Erfolgsaussichten bleibt es bei der allgemeinen Interessenabwägung, wobei die Aussichten des Hauptsacheverfahrens mit berücksichtigt werden können. Damit stehen Erfolgsaussichten und Interessenabwägung in einer Wechselbeziehung, so dass bei steigenden Erfolgsaussichten sinkende Anforderungen an das Aussetzungsinteresse des Antragstellers zu stellen sind. Damit wird dem verfassungsrechtlich gebotenen Anspruch auf effektiven Rechtsschutz gemäß Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG) entsprochen. Hiernach sind die Bürger vor irreparablen Entscheidungen zu schützen. Neben dem vom Gesetzgeber vorgegebenen Vorrang des Vollzugsinteresses können folgende Gesichtspunkte für die Interessenabwägung beachtlich sein: die wirtschaftlichen Verhältnisse der Betroffenen, insbesondere eine unbillige Härte; eine eventuell gegebene general- oder spezialpräventive Wirkung der sofortigen Geltung des Verwaltungsaktes; das Verhalten der Behörde; eine Betroffenheit von Grundrechten sowie der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Dabei ist hinsichtlich der Abschätzung der Folgen auf die sogenannte Doppelhypothese des Bundesverfassungsgerichts abzustellen, wonach die Folgen, die eintreten würden, wenn die begehrte Eilentscheidung nicht erginge, der Widerspruch oder die Klage aber später Erfolg hätte, mit den Folgen abzuwägen sind, die entstünden, wenn die begehrte Eilentscheidung erginge, die Klage aber erfolglos bliebe.
Hiervon ausgehend hat der Antragsteller keinen Anspruch auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage vom 18.06.2010 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 18.01.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.05.2010 glaubhaft gemacht. Die erforderliche Interessenabwägung geht zulasten des Antragstellers aus. Der angegriffene Bescheid ist nach der im einstweiligen Rechtsschutz gebotenen summarischen Prüfung nicht zu beanstanden.
Rechtsgrundlage für die Aufrechnung ist § 51 Abs. 2 SGB I. Hiernach kann der zuständige Leistungsträger Ansprüche auf Erstattung zu Unrecht erbrachter Sozialleistungen mit Ansprüchen auf laufende Geldleistungen bis zu deren Hälfte aufrechnen, wenn der Leistungsberechtigte nicht nachweist, dass er dadurch hilfebedürftig im Sinne der Vorschriften des SGB XII über die Hilfe zum Lebensunterhalt oder der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II wird.
Es besteht zunächst eine Aufrechnungslage. Die Antragsgegnerin hat gegen den Antragsteller einen Anspruch auf Erstattung zu Unrecht erbrachter Rente wegen voller Erwerbsminderung. Der Rückforderungsanspruch der Antragsgegnerin in Höhe von noch 9.998,61 EUR steht im Gegenseitigkeitsverhältnis zum Anspruch des Antragstellers auf Regelaltersrente in Höhe von monatlich 1.000,70 EUR, denn die Antragsgegnerin ist Gläubigerin des Rückforderungsanspruches und Schuldnerin des Rentenanspruchs; der Antragsteller ist Schuldner des Rückforderungsanspruches und Gläubiger des Rentenanspruchs. Der Gegenstand der Leistung ist auch gleichartig, da es sich jeweils um öffentlich-rechtliche Geldforderungen handelt.
Der Rückforderungsanspruch der Antragsgegnerin ist auch vollwirksam und fällig. Der Antragsteller hatte sich vergleichsweise im Verfahren S 8 KN 8/05 verpflichtet, überzahlte Rente wegen Erwerbsminderung zurückzuzahlen, nachdem seinem Antrag im dortigen Klageverfahren entsprechend der die Rente wegen voller Erwerbsminderung gewährende Bescheid durch die Antragsgegnerin aufgehoben wurde. Gründe, die gegen die Wirksamkeit des Vergleichs sprechen könnten, sind nicht ersichtlich. Der entsprechende Ausführungsbescheid der Antragsgegnerin vom 04.07.2006 ist bestandskräftig.
Der Rückforderungsanspruch der Antragsgegnerin ist somit vollwirksam und fällig; der Rentenanspruch des Antragstellers ist erfüllbar.
Der Antragsteller hat auch nicht glaubhaft gemacht, dass er durch die Aufrechnung hilfebedürftig im Sinne der Vorschriften des SGB XII oder SGB II würde. Eine entsprechende Bescheinigung des Sozialleistungsträgers hat er trotz Aufforderung des Gerichts nicht vorgelegt. Ein weiteres Zuwarten im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes kommt nicht in Betracht. Es steht dem Antragsteller frei, eine entsprechende Bescheinigung im Hauptsacheverfahren vorzulegen. Aus dem gesamten Akteninhalt lässt sich ebenfalls nicht erkennen, dass der Antragsteller durch die Aufrechnung hilfebedürftig im Sinne des SGB XII oder SGB II würde.
Ermessensfehler der Antragsgegnerin sind nicht ersichtlich.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 SGG in entsprechender Anwendung.
Gründe:
I.
Der Antragsteller wendet sich im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Aufrechnung der Antragsgegnerin wegen eines Rückzahlungsanspruches mit der Hälfte der laufenden Altersrente.
Der am 00.00.1942 geborene Antragsteller beantragte am 23.04.2004 die Gewährung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation. Die Antragsgegnerin prüfte im Laufe dieses Verfahrens die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung gemäß § 116 SGB VI und gewährte schließlich mit Bescheid vom 21.10.2004 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 01.04.2004. Hiergegen legte der Antragsteller am 19.11.2004 Widerspruch ein, den die Antragsgegnerin mit Widerspruchsbescheid vom 24.01.2005 als unbegründet zurückwies. Im anschließenden Klageverfahren S 8 KN 8/05 schlossen die Beteiligten im Termin zur mündlichen Verhandlung am 04.05.2006 folgenden Vergleich:
1.Die Beklagte hebt den Bescheid vom 21.10.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.01.2005 auf. 2.Der Kläger verpflichtet sich zur Rückgewähr aller durch die aufgehobenen Bescheide erhaltenen Leistungen, soweit sie nicht durch Leistungsansprüche anderer Sozialleistungsträger anderweitig getilgt sind. 3.Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben. 4.Die Beteiligten sind hiermit einverstanden und erklären den Rechtsstreit in vollem Umfang für erledigt.
Mit Bescheid vom 04.07.2006 hob die Antragsgegnerin sodann den Bescheid vom 21.10.2004 auf und forderte von dem Antragsteller einen Betrag von 22.785,00 EUR für den Zeitraum vom 01.04.2004 bis 30.06.2006 zurück. Mit Schreiben vom 20.12.2006 teilte die Antragsgegnerin sodann mit, dass nach Zahlungen der AOK Westfalen-Lippe und der Agentur für Arbeit Bielefeld noch eine Überzahlung in Höhe von 9.998,61 EUR bestünde. Diese wurde zunächst gestundet. Der verbleibende Betrag resultierte daraus, dass die Bundesagentur für Arbeit für den Zeitraum vom 01.11.2004 bis 24.10.2005 die Gewährung von Arbeitslosengeld ablehnte und daher für diesen Zeitraum ein Erstattungsanspruch nicht bestand; das hiergegen geführte Klageverfahren (Az.: S 4 AL 69/06 und L 19 AL 9/08) blieb erfolglos.
Am 10.09.2007 beantragte der Antragsteller die Gewährung von Regelaltersrente, die die Antragsgegnerin seit dem 01.01.2008 mit einem monatlichen Zahlbetrag von 1.000,70 EUR netto gewährt.
Mit Bescheid vom 18.01.2010 erklärte die Antragsgegnerin die Aufrechnung gemäß § 51 Abs. 2 SGB I des zu erstattenden Betrages von 9.998,61 EUR mit der Hälfte der monatlichen Rente in Höhe von 500,35 EUR. Hiergegen legte der Antragsteller am 16.02.2010 Widerspruch ein, den die Antragsgegnerin mit Widerspruchsbescheid vom 06.05.2010 als unbegründet zurückwies. Am 18.06.2010 erhob der Antragsteller hiergegen Klage. Das Verfahren wird unter dem Aktenzeichen S 8 KN 59/10 geführt. Die Antragsgegnerin habe den Leistungsbezug, den sie gegenüber dem Antragsteller durch Aufrechnung zurückzuführen suche, selbst rechtswidrig verursacht. Zudem werde er durch die Aufrechnung hilfebedürftig.
Am 14.09.2010 hat der Antragsteller um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht. Die Klage sei zulässig und begründet; die Antragsgegnerin habe gleichwohl mit Wirkung für Juli und August 2010 die Aufrechnung durchgeführt.
Der Antragsteller beantragt schriftsätzlich,
die aufschiebende Wirkung der Klage vom 18.06.2010 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 18.01.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.05.2010 anzuordnen.
Die Antragsgegnerin beantragt schriftsätzlich,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung führt sie aus: Der Antragsteller habe sich in dem vorangegangenen Rechtsstreit zur Rückzahlung der Rentenleistungen verpflichtet. Der diesbezügliche Ausführungsbescheid sei bestandskräftig geworden. Der Antragsteller habe nicht nachgewiesen, dass durch die Aufrechnung Hilfebedürftigkeit eintrete. Auf den diesbezüglichen ausdrücklichen Hinweis im Anhörungsschreiben werde hingewiesen.
Das Gericht hat mit Verfügung vom 12.10.2010 um Übersendung einer Bedarfsbescheinigung gebeten. Eine solche hat der Antragsteller bislang nicht vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen Verwaltungsakte der Antragsgegnerin sowie der Gerichtsakten S 8 KN 8/05 und S 4 AL 69/06, die bei der Entscheidung vorgelegen haben, Bezug genommen.
II.
Der zulässige Antrag ist unbegründet.
Nach § 86 b Abs. 1 S. 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung durch Beschluss gemäß § 86 b Abs. 4 SGG ganz oder teilweise anordnen.
Die Klage des Antragstellers hat gemäß § 86 a Abs. 2 Nr. 3 SGG als Klage gegen einen Verwaltungsakt in Angelegenheiten der Sozialversicherung, der eine laufende Leistung herabsetzt, keine aufschiebende Wirkung.
§ 86 b Abs. 1 S. 1 SGG regelt allerdings nicht, unter welchen Voraussetzungen das Gericht die aufschiebende Wirkung anordnen kann. Im Falle des § 86 a Abs. 2 Nr. 1 SGG bestimmt § 86 a Abs. 3 S. 2 SGG, dass die Aussetzung der Vollziehung erfolgen soll, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Die Regelung des § 86 a Abs. 3 S. 2 SGG betrifft hingegen nicht die Fälle des § 86 a Abs. 2 Nr. 2 bis 4 SGG. Die Lücke ist unter Berücksichtigung der Regelung in § 86 a Abs. 2 Nr. 5 SGG zu schließen (Binder in HK-SGG, § 86 b, Rn. 13). Das Gericht nimmt insoweit eine rechtlich gebundene Interessenabwägung zwischen dem privaten Interesse des Einzelnen an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung und dem Interesse der Allgemeinheit an der sofortigen Vollziehung vor. Im Rahmen der Interessenabwägung ist nach der Systematik der Regelung im SGG zu berücksichtigen, dass in den Fällen des § 86 a Abs. 2 SGG, auf den der § 86 b Abs. 1 SGG verweist, ein Regel-Ausnahme-Verhältnis besteht. Hiernach hat im Zweifel das Vollzugsinteresse Vorrang. Dies folgt daraus, dass der Gesetzgeber zunächst einmal ein Entfallen der aufschiebenden Wirkung angeordnet hat. Es besteht in diesen Fällen nur dann ein hinreichender Grund von dem Regel-Ausnahme-Verhältnis abzuweichen, wenn ein überwiegendes Interesse des durch den Verwaltungsakt Belasteten feststellbar ist. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung muss dabei eine Ausnahme bleiben, die nur mit gewichtigen Argumenten zu begründen ist. So muss zur Begründung eines überwiegenden Interesses eine offenbare Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes vorliegen. Die Abschätzung der Erfolgsaussichten ist nach summarischer Prüfung vorzunehmen. Bei nicht eindeutig absehbaren Erfolgsaussichten bleibt es bei der allgemeinen Interessenabwägung, wobei die Aussichten des Hauptsacheverfahrens mit berücksichtigt werden können. Damit stehen Erfolgsaussichten und Interessenabwägung in einer Wechselbeziehung, so dass bei steigenden Erfolgsaussichten sinkende Anforderungen an das Aussetzungsinteresse des Antragstellers zu stellen sind. Damit wird dem verfassungsrechtlich gebotenen Anspruch auf effektiven Rechtsschutz gemäß Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG) entsprochen. Hiernach sind die Bürger vor irreparablen Entscheidungen zu schützen. Neben dem vom Gesetzgeber vorgegebenen Vorrang des Vollzugsinteresses können folgende Gesichtspunkte für die Interessenabwägung beachtlich sein: die wirtschaftlichen Verhältnisse der Betroffenen, insbesondere eine unbillige Härte; eine eventuell gegebene general- oder spezialpräventive Wirkung der sofortigen Geltung des Verwaltungsaktes; das Verhalten der Behörde; eine Betroffenheit von Grundrechten sowie der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Dabei ist hinsichtlich der Abschätzung der Folgen auf die sogenannte Doppelhypothese des Bundesverfassungsgerichts abzustellen, wonach die Folgen, die eintreten würden, wenn die begehrte Eilentscheidung nicht erginge, der Widerspruch oder die Klage aber später Erfolg hätte, mit den Folgen abzuwägen sind, die entstünden, wenn die begehrte Eilentscheidung erginge, die Klage aber erfolglos bliebe.
Hiervon ausgehend hat der Antragsteller keinen Anspruch auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage vom 18.06.2010 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 18.01.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.05.2010 glaubhaft gemacht. Die erforderliche Interessenabwägung geht zulasten des Antragstellers aus. Der angegriffene Bescheid ist nach der im einstweiligen Rechtsschutz gebotenen summarischen Prüfung nicht zu beanstanden.
Rechtsgrundlage für die Aufrechnung ist § 51 Abs. 2 SGB I. Hiernach kann der zuständige Leistungsträger Ansprüche auf Erstattung zu Unrecht erbrachter Sozialleistungen mit Ansprüchen auf laufende Geldleistungen bis zu deren Hälfte aufrechnen, wenn der Leistungsberechtigte nicht nachweist, dass er dadurch hilfebedürftig im Sinne der Vorschriften des SGB XII über die Hilfe zum Lebensunterhalt oder der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II wird.
Es besteht zunächst eine Aufrechnungslage. Die Antragsgegnerin hat gegen den Antragsteller einen Anspruch auf Erstattung zu Unrecht erbrachter Rente wegen voller Erwerbsminderung. Der Rückforderungsanspruch der Antragsgegnerin in Höhe von noch 9.998,61 EUR steht im Gegenseitigkeitsverhältnis zum Anspruch des Antragstellers auf Regelaltersrente in Höhe von monatlich 1.000,70 EUR, denn die Antragsgegnerin ist Gläubigerin des Rückforderungsanspruches und Schuldnerin des Rentenanspruchs; der Antragsteller ist Schuldner des Rückforderungsanspruches und Gläubiger des Rentenanspruchs. Der Gegenstand der Leistung ist auch gleichartig, da es sich jeweils um öffentlich-rechtliche Geldforderungen handelt.
Der Rückforderungsanspruch der Antragsgegnerin ist auch vollwirksam und fällig. Der Antragsteller hatte sich vergleichsweise im Verfahren S 8 KN 8/05 verpflichtet, überzahlte Rente wegen Erwerbsminderung zurückzuzahlen, nachdem seinem Antrag im dortigen Klageverfahren entsprechend der die Rente wegen voller Erwerbsminderung gewährende Bescheid durch die Antragsgegnerin aufgehoben wurde. Gründe, die gegen die Wirksamkeit des Vergleichs sprechen könnten, sind nicht ersichtlich. Der entsprechende Ausführungsbescheid der Antragsgegnerin vom 04.07.2006 ist bestandskräftig.
Der Rückforderungsanspruch der Antragsgegnerin ist somit vollwirksam und fällig; der Rentenanspruch des Antragstellers ist erfüllbar.
Der Antragsteller hat auch nicht glaubhaft gemacht, dass er durch die Aufrechnung hilfebedürftig im Sinne der Vorschriften des SGB XII oder SGB II würde. Eine entsprechende Bescheinigung des Sozialleistungsträgers hat er trotz Aufforderung des Gerichts nicht vorgelegt. Ein weiteres Zuwarten im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes kommt nicht in Betracht. Es steht dem Antragsteller frei, eine entsprechende Bescheinigung im Hauptsacheverfahren vorzulegen. Aus dem gesamten Akteninhalt lässt sich ebenfalls nicht erkennen, dass der Antragsteller durch die Aufrechnung hilfebedürftig im Sinne des SGB XII oder SGB II würde.
Ermessensfehler der Antragsgegnerin sind nicht ersichtlich.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 SGG in entsprechender Anwendung.
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