Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
68
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 68 U 144/08
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der Bescheid der Beklagten vom 30. November 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Januar 2008 wird aufgehoben.
Die Beklagte wird verpflichtet, über die Höhe der dem Kläger im vierten und fünften Laufjahr zustehenden Übergangsleistungen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Weitergewährung und Rückforderung von Übergangsleistungen. Der im Jahr 1966 geborene Kläger gab am 3. November 2003 seine Tätigkeit als Bäcker aus gesundheitlichen Gründen auf. Mit Bescheid vom 3. Mai 2004 erkannte die Beklagte die Erkrankung des Klägers als Berufskrankheit nach Nr. 4301 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) an. Der Bescheid enthielt das Merkblatt für Übergangsleistungen gemäß § 3 Abs. 2 BKV. Im Merkblatt wurde ausgeführt, dass der Kläger ein Anspruch auf die Gewährung von Übergangsleistungen habe, über dessen Höhe die Beklagte im Rahmen ihres pflichtgemäßen Ermessens entscheide. Die Beklagte gewährte dem Kläger im Folgenden ab dem 4. November 2003 Übergangsleistungen nach § 3 Abs. 2 BKV, zuletzt mit Bescheid vom 31. Oktober 2006 für das vierte Laufjahr vom 1. November 2006 bis 31. Oktober 2007 in Höhe von monatlich 604,70 Euro. Der Kläger war nach Aufgabe seiner Tätigkeit als Bäcker zunächst arbeitslos. Auf Vermittlung der Beklagten schloss der Kläger am 3. September 2007 einen Arbeitsvertrag mit der Leiharbeitnehmer-Firma F GmbH & Co.KG. Der Vertrag sah eine Probearbeit vom 10. September 2007 bis zum 7. Oktober 2007 sowie daran anschließend eine Probezeit bis zum 9. März 2008 vor. Als Entgelt war ein Bruttolohn in Höhe von 875,14 Euro im Monat vereinbart. Mit Schreiben vom 4. September 2007 teilte der Arbeitsvermittler D der Beklagten mit, dass der Einsatz des Klägers für die Probearbeit in G erfolgen solle. Dort werde der Kläger unter Berücksichtigung seiner gesundheitlichen Einschränkungen im Lager eingearbeitet. Er werde dabei den Staplerschein erhalten. Der Arbeitsort sei gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen. Arbeitskleidung werde gestellt. Nach erfolgreicher Einarbeitung sei nach der Probearbeit ein Einsatz als Kommissionierer im Lager einer Kaffeerösterei in B N vorgesehen. In Anbetracht der bevorstehenden Arbeitsaufnahme wurde die Auszahlung des Übergangsgeldes für Oktober 2007 zunächst zurückgestellt. Der Kläger nahm das Arbeitsverhältnis am 10. September 2007 auf und kündigte es zwei Tage später am 12. September 2007. Als Grund gab er an, dass ihm die Arbeit nicht liege. Mit Schreiben vom 12. September 2007 teilte der Arbeitsvermittler D der Beklagten mit, dass der Kläger bei der Arbeit nach Aussage der Firma F ... einen sehr schlechten und unmotivierten Eindruck gemacht habe. Er sei am 12. September 2007 erst um 8:30 Uhr anstatt wie vereinbart um 6:00 Uhr zur Arbeit erschienen. Er habe sich zudem beschwert, dass die Ausbildung zum Staplerfahrer nach drei Arbeitstagen noch nicht begonnen habe. Mit Bescheid vom 30. November 2007 führte die Beklagte aus: "Die Berechnung für das 4. Laufjahr der Übergangsleistung gemäß § 3 BKV wurde fertiggestellt.
Sie haben vom 04.11.06 bis 30.09.07 Übergangsleistung 2 erhalten. Der Anspruch ist hiermit abgegolten. Am 10.09.2007 haben Sie eine durch die Job-BG vermittelte Stelle aufgenommen Es handelt sich dabei um eine nicht schädigende und Ihnen zumutbare Tätigkeit. Diese Tätigkeit haben Sie mit Datum 12.09.2007 aus persönlichen Gründen aufgegeben. Damit sind Sie ihrer Schadensminderungspflicht nicht nachgekommen. Ein innerer Zusammenhang zwischen dem jetzt entstandenen Minderverdienst und der Berufskrankheit besteht nicht mehr. Die Grundvoraussetzung für die Übergangsleistung gemäß § 3 BKV ist folglich nicht mehr erfüllt. Wir stellen hiermit die Leistung ein und fordern den Ihnen bereits ausgezahlten Betrag für September 2007 anteilig ab dem 12. September 2007 zurück. Sie sind verpflichtet, den Rückforderungsbetrag in Höhe von 382,98 Euro an eins unserer unten genannten Konten zurückzuleisten."
Mit Schreiben vom 14. Dezember 2007 legte der Kläger gegen den Bescheid vom 30. November 2007 Widerspruch ein. Zur Begründung führte er aus, der Arbeitgeber habe die Absprachen nicht eingehalten. Zudem habe es sich um eine Leiharbeitnehmerfirma gehandelt. Der damit einhergehende ständige Einsatzortwechsel sei mit seiner Berufskrankheit nicht zu vereinbaren. Er beziehe seit Oktober 2007 Hartz IV. Daher sei er auch nicht in der Lage, einen Betrag in Höhe von 382,89 Euro zurückzuzahlen. Mit Widerspruchsbescheid vom 15. Januar 2008 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Zur Begründung führte die Beklagte aus, die Ablehnung der Tätigkeit sei aus rein persönlichen Gründen erfolgt. Ein Nachweis, dass gesundheitliche Gründe bestehen, sei von dem Kläger nicht erbracht worden. Diese seien in der kurzen Zeit auch nicht aufgetreten. Die Arbeitsbedingungen seien dem Kläger bei Abschluss des Arbeitsvertrages bekannt gewesen. Mit seiner am 25. Januar 2008 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Zur Klagegründung führte der Prozessbevollmächtigte des Klägers ergänzend aus, dass der Kläger für eine einfache Strecke zu seinem Einsatzort 70-80 Minuten gebraucht habe. Diese Entfernung sei dem Kläger unzumutbar gewesen. Der Kläger sei am 12. Oktober 2007 zwar zu spät zur Arbeit erschienen, jedoch nur 20 Minuten. Dem Kläger sei absprachewidrig auch keine Berufskleidung gestellt worden. Auch sei eine Einarbeitung nicht erfolgt. Dem Kläger sei zudem mitgeteilt worden, dass nicht sicher sei, ob überhaupt eine Ausbildung zum Gabelstapler erfolge. Der Kläger beantragt,
1. den Bescheid der Beklagten vom 30. November 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Januar 2008 aufzuheben. 2. Die Beklagte zu verurteilen, über die Höhe der dem Kläger im 4. und im 5. Laufjahr zustehenden Übergangsleistungen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung trägt die Beklagte ergänzend vor, mit Aufgabe der Tätigkeit bei der Firma F sei bereits der Grundanspruch auf Übergangsleistungen erloschen, da es nach der Kündigung an einer Kausalität zwischen der Berufskrankheit und dem Minderverdienst fehle. Dem Kläger seien die Art und der Ort der Arbeit bei Vertragsschluss bekannt gewesen. Die Vertragsbedingungen seien dem Kläger zumutbar. Anderenfalls hätte er den Vertrag auch nicht unterzeichnet. Nach zwei Tagen an einem neuen Arbeitsplatz sei ein Arbeitnehmer noch nicht in der Lage, die tatsächlichen Verhältnisse der Tätigkeit realistisch einzuschätzen. Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte haben vorgelegen. Wegen der Einzelheiten wird auf sie ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist als Verpflichtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig und begründet. Streitgegenstand der vorliegenden Klage ist der Anspruch des Klägers auf Übergangsleistung gemäß § 3 Abs. 2 BKV über den 12. September 2007 hinaus. Über diesen Anspruch hat die Beklagte mit Bescheid vom 30. November 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Januar 2008 entschieden. Der Regelungsgehalt dieses Bescheids bedarf jedoch der Auslegung. Die Beklagte hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung ausgeführt, mit dem Bescheid sei über den Anspruch des Klägers auf Übergangsleistung dem Grunde nach entschieden und festgestellt worden, dass der Anspruch mit Aufgabe der vermittelten Tätigkeit dem Grunde nach erloschen sei. Diese Auslegung vermag die Kammer nicht zu überzeugen. Wie das Bundessozialgericht (BSG) mit Urteil vom 12. Januar 2010 – B 2 U 33/08 R – ausgeführt hat, regelt § 3 Abs. 2 BKV bei Vorliegen der dort genannten Tatbestandsvoraussetzungen einen gebunden Anspruch auf Übergangsleistung, deren Höhe, Dauer und Zahlungsart allerdings im Ermessen des Unfallversicherungsträgers steht. § 3 Abs. 2 Satz 1 BKV sieht vor, dass Versicherte, die die gefährdende Tätigkeit unterlassen, weil die Gefahr fortbesteht, zum Ausgleich hierdurch verursachter Minderungen des Verdienstes oder sonstiger wirtschaftlicher Nachteile gegen den Unfallversicherungsträger einen Anspruch auf Übergangsleistungen haben. Der Kläger hätte aus der vermittelten Tätigkeit bei der Firma F einen Nettolohn erzielt, der deutlich hinter einem Zwölftel der ihm zustehenden Vollrente zurückgeblieben wäre. Warum die Aufgabe der Tätigkeit vor diesem Hintergrund dazu führen soll, dass bereits der von § 3 Abs. 2 Satz 1 BKV als Tatbestandsvoraussetzung geforderte kausale Minderverdienst nicht mehr gegeben sein soll und der gebundene Grundanspruch erlischt, ist für die Kammer nicht nachvollziehbar. Die Frage, in welchem Umfang, dem Kläger während der 5-jährigen Laufzeit auch über den 12. September 2007 hinaus Übergangsleistungen zu zahlen sind, ist aus Sicht der Kammer ausschließlich eine Frage nach der Höhe der dem Kläger zu bewilligenden Leistungen. Bei sachdienlicher Auslegung ist der Bescheid vom 30. November 2007 somit dahingehend zu verstehen, dass die Beklagte mit dem Bescheid allein den Umfang der dem Kläger noch zustehenden Übergangsleistungen festlegen wollte. Hierfür spricht im Übrigen auch die Formulierung in dem Bescheid, die davon spricht, dass die "Berechnung" für das vierte Laufjahr fertig gestellt worden sei. In Anbetracht des Umstandes, dass die Beklagte in dem Bescheid weiter ausgeführt hat, dass der Anspruch nunmehr abgegolten sei, erfasst der Regelungsgehalt des Bescheids vom 30. November 2007 über seinen ausdrücklichen Wortlaut hinaus aus Sicht der Kammer jedoch auch bereits das 5. Laufjahr und legt insofern als Höhe der zu leistenden Übergangsleistungen sinngemäß den Wert "0 Euro" fest. Der so verstandene Bescheid ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Die Beklagte hat von dem ihr durch § 3 Abs. 2 Satz 2 BKV eingeräumten Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht, § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG. Zwar ist aus Sicht der Kammer nicht zu beanstanden, dass die Beklagte in Bezug auf die Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers von einem Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht des Klägers ausgeht, der die Beklagte berechtigt, die dem Kläger zu gewährenden Übergangsleistungen zu kürzen. Die Kammer stimmt mit der Beklagten überein, dass der Kläger die Arbeitsbedingungen bei der Firma F nach Ablauf von zwei Tagen noch nicht realistisch bewerten konnte. Dies gilt umso mehr, als zu Beginn einer Anstellung regelmäßig Abstimmungsprobleme auftreten und sich ein geregelter Arbeitsablauf erst einstellen muss. Sofern der Kläger ausgeführt hat, dass Absprachen nicht eingehalten worden seien, ist dem entgegenzuhalten, dass allenfalls die Befürchtung bestand, dass dem so sein könnte. Der Kläger hätte die Einhaltung von Absprachen zudem zunächst von der Firma einfordern müssen. Ermessensfehlerhaft war die Entscheidung der Beklagten aus Sicht der Kammer jedoch insoweit, als sie infolge der Kündigung durch den Kläger die Gewährung von Übergangsleistung komplett eingestellt hat. Dies kommt einem Sanktionstatbestand gleich, den § 3 Abs. 2 BKV nicht kennt. Die Beklagte wäre im Rahmen ihrer Ermessensausübung vielmehr gehalten gewesen, gerade auch über denjenigen Anspruch des Klägers auf Übergangsleistung zu entscheiden, der sich aus der Differenz zwischen einem Zwölftel der Vollrente des Klägers und dem (fiktiven) Nettoeinkommen ergibt, dass der Kläger bei Fortsetzung seiner Tätigkeit für die Firma F erzielt hätte. Warum dem Kläger dieser Betrag nicht mehr als Übergangsleistung zustehen soll, obwohl er auch dann angefallen wäre, wenn der Kläger seiner Schadensminderungspflicht vollumfänglich nachgekommen wäre und die Tätigkeit fortgesetzt hätte, geht aus dem Bescheid vom 30. November 2007 auch in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Januar 2008 nicht hervor. Insofern liegt ein Ermessensausfall vor. Dass der Kläger vor dem Hintergrund der vorstehenden Ausführungen zwingend einen Anspruch auf die volle Höhe der Differenz hat, ist für die Kammer jedoch ebenfalls nicht ersichtlich. Da eine Ermessensreduzierung auf Null damit ausscheidet, war die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 30. November 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Januar 2008 allein zur Neubescheidung zu verurteilen. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Die Beklagte wird verpflichtet, über die Höhe der dem Kläger im vierten und fünften Laufjahr zustehenden Übergangsleistungen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Weitergewährung und Rückforderung von Übergangsleistungen. Der im Jahr 1966 geborene Kläger gab am 3. November 2003 seine Tätigkeit als Bäcker aus gesundheitlichen Gründen auf. Mit Bescheid vom 3. Mai 2004 erkannte die Beklagte die Erkrankung des Klägers als Berufskrankheit nach Nr. 4301 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) an. Der Bescheid enthielt das Merkblatt für Übergangsleistungen gemäß § 3 Abs. 2 BKV. Im Merkblatt wurde ausgeführt, dass der Kläger ein Anspruch auf die Gewährung von Übergangsleistungen habe, über dessen Höhe die Beklagte im Rahmen ihres pflichtgemäßen Ermessens entscheide. Die Beklagte gewährte dem Kläger im Folgenden ab dem 4. November 2003 Übergangsleistungen nach § 3 Abs. 2 BKV, zuletzt mit Bescheid vom 31. Oktober 2006 für das vierte Laufjahr vom 1. November 2006 bis 31. Oktober 2007 in Höhe von monatlich 604,70 Euro. Der Kläger war nach Aufgabe seiner Tätigkeit als Bäcker zunächst arbeitslos. Auf Vermittlung der Beklagten schloss der Kläger am 3. September 2007 einen Arbeitsvertrag mit der Leiharbeitnehmer-Firma F GmbH & Co.KG. Der Vertrag sah eine Probearbeit vom 10. September 2007 bis zum 7. Oktober 2007 sowie daran anschließend eine Probezeit bis zum 9. März 2008 vor. Als Entgelt war ein Bruttolohn in Höhe von 875,14 Euro im Monat vereinbart. Mit Schreiben vom 4. September 2007 teilte der Arbeitsvermittler D der Beklagten mit, dass der Einsatz des Klägers für die Probearbeit in G erfolgen solle. Dort werde der Kläger unter Berücksichtigung seiner gesundheitlichen Einschränkungen im Lager eingearbeitet. Er werde dabei den Staplerschein erhalten. Der Arbeitsort sei gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen. Arbeitskleidung werde gestellt. Nach erfolgreicher Einarbeitung sei nach der Probearbeit ein Einsatz als Kommissionierer im Lager einer Kaffeerösterei in B N vorgesehen. In Anbetracht der bevorstehenden Arbeitsaufnahme wurde die Auszahlung des Übergangsgeldes für Oktober 2007 zunächst zurückgestellt. Der Kläger nahm das Arbeitsverhältnis am 10. September 2007 auf und kündigte es zwei Tage später am 12. September 2007. Als Grund gab er an, dass ihm die Arbeit nicht liege. Mit Schreiben vom 12. September 2007 teilte der Arbeitsvermittler D der Beklagten mit, dass der Kläger bei der Arbeit nach Aussage der Firma F ... einen sehr schlechten und unmotivierten Eindruck gemacht habe. Er sei am 12. September 2007 erst um 8:30 Uhr anstatt wie vereinbart um 6:00 Uhr zur Arbeit erschienen. Er habe sich zudem beschwert, dass die Ausbildung zum Staplerfahrer nach drei Arbeitstagen noch nicht begonnen habe. Mit Bescheid vom 30. November 2007 führte die Beklagte aus: "Die Berechnung für das 4. Laufjahr der Übergangsleistung gemäß § 3 BKV wurde fertiggestellt.
Sie haben vom 04.11.06 bis 30.09.07 Übergangsleistung 2 erhalten. Der Anspruch ist hiermit abgegolten. Am 10.09.2007 haben Sie eine durch die Job-BG vermittelte Stelle aufgenommen Es handelt sich dabei um eine nicht schädigende und Ihnen zumutbare Tätigkeit. Diese Tätigkeit haben Sie mit Datum 12.09.2007 aus persönlichen Gründen aufgegeben. Damit sind Sie ihrer Schadensminderungspflicht nicht nachgekommen. Ein innerer Zusammenhang zwischen dem jetzt entstandenen Minderverdienst und der Berufskrankheit besteht nicht mehr. Die Grundvoraussetzung für die Übergangsleistung gemäß § 3 BKV ist folglich nicht mehr erfüllt. Wir stellen hiermit die Leistung ein und fordern den Ihnen bereits ausgezahlten Betrag für September 2007 anteilig ab dem 12. September 2007 zurück. Sie sind verpflichtet, den Rückforderungsbetrag in Höhe von 382,98 Euro an eins unserer unten genannten Konten zurückzuleisten."
Mit Schreiben vom 14. Dezember 2007 legte der Kläger gegen den Bescheid vom 30. November 2007 Widerspruch ein. Zur Begründung führte er aus, der Arbeitgeber habe die Absprachen nicht eingehalten. Zudem habe es sich um eine Leiharbeitnehmerfirma gehandelt. Der damit einhergehende ständige Einsatzortwechsel sei mit seiner Berufskrankheit nicht zu vereinbaren. Er beziehe seit Oktober 2007 Hartz IV. Daher sei er auch nicht in der Lage, einen Betrag in Höhe von 382,89 Euro zurückzuzahlen. Mit Widerspruchsbescheid vom 15. Januar 2008 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Zur Begründung führte die Beklagte aus, die Ablehnung der Tätigkeit sei aus rein persönlichen Gründen erfolgt. Ein Nachweis, dass gesundheitliche Gründe bestehen, sei von dem Kläger nicht erbracht worden. Diese seien in der kurzen Zeit auch nicht aufgetreten. Die Arbeitsbedingungen seien dem Kläger bei Abschluss des Arbeitsvertrages bekannt gewesen. Mit seiner am 25. Januar 2008 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Zur Klagegründung führte der Prozessbevollmächtigte des Klägers ergänzend aus, dass der Kläger für eine einfache Strecke zu seinem Einsatzort 70-80 Minuten gebraucht habe. Diese Entfernung sei dem Kläger unzumutbar gewesen. Der Kläger sei am 12. Oktober 2007 zwar zu spät zur Arbeit erschienen, jedoch nur 20 Minuten. Dem Kläger sei absprachewidrig auch keine Berufskleidung gestellt worden. Auch sei eine Einarbeitung nicht erfolgt. Dem Kläger sei zudem mitgeteilt worden, dass nicht sicher sei, ob überhaupt eine Ausbildung zum Gabelstapler erfolge. Der Kläger beantragt,
1. den Bescheid der Beklagten vom 30. November 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Januar 2008 aufzuheben. 2. Die Beklagte zu verurteilen, über die Höhe der dem Kläger im 4. und im 5. Laufjahr zustehenden Übergangsleistungen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung trägt die Beklagte ergänzend vor, mit Aufgabe der Tätigkeit bei der Firma F sei bereits der Grundanspruch auf Übergangsleistungen erloschen, da es nach der Kündigung an einer Kausalität zwischen der Berufskrankheit und dem Minderverdienst fehle. Dem Kläger seien die Art und der Ort der Arbeit bei Vertragsschluss bekannt gewesen. Die Vertragsbedingungen seien dem Kläger zumutbar. Anderenfalls hätte er den Vertrag auch nicht unterzeichnet. Nach zwei Tagen an einem neuen Arbeitsplatz sei ein Arbeitnehmer noch nicht in der Lage, die tatsächlichen Verhältnisse der Tätigkeit realistisch einzuschätzen. Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte haben vorgelegen. Wegen der Einzelheiten wird auf sie ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist als Verpflichtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig und begründet. Streitgegenstand der vorliegenden Klage ist der Anspruch des Klägers auf Übergangsleistung gemäß § 3 Abs. 2 BKV über den 12. September 2007 hinaus. Über diesen Anspruch hat die Beklagte mit Bescheid vom 30. November 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Januar 2008 entschieden. Der Regelungsgehalt dieses Bescheids bedarf jedoch der Auslegung. Die Beklagte hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung ausgeführt, mit dem Bescheid sei über den Anspruch des Klägers auf Übergangsleistung dem Grunde nach entschieden und festgestellt worden, dass der Anspruch mit Aufgabe der vermittelten Tätigkeit dem Grunde nach erloschen sei. Diese Auslegung vermag die Kammer nicht zu überzeugen. Wie das Bundessozialgericht (BSG) mit Urteil vom 12. Januar 2010 – B 2 U 33/08 R – ausgeführt hat, regelt § 3 Abs. 2 BKV bei Vorliegen der dort genannten Tatbestandsvoraussetzungen einen gebunden Anspruch auf Übergangsleistung, deren Höhe, Dauer und Zahlungsart allerdings im Ermessen des Unfallversicherungsträgers steht. § 3 Abs. 2 Satz 1 BKV sieht vor, dass Versicherte, die die gefährdende Tätigkeit unterlassen, weil die Gefahr fortbesteht, zum Ausgleich hierdurch verursachter Minderungen des Verdienstes oder sonstiger wirtschaftlicher Nachteile gegen den Unfallversicherungsträger einen Anspruch auf Übergangsleistungen haben. Der Kläger hätte aus der vermittelten Tätigkeit bei der Firma F einen Nettolohn erzielt, der deutlich hinter einem Zwölftel der ihm zustehenden Vollrente zurückgeblieben wäre. Warum die Aufgabe der Tätigkeit vor diesem Hintergrund dazu führen soll, dass bereits der von § 3 Abs. 2 Satz 1 BKV als Tatbestandsvoraussetzung geforderte kausale Minderverdienst nicht mehr gegeben sein soll und der gebundene Grundanspruch erlischt, ist für die Kammer nicht nachvollziehbar. Die Frage, in welchem Umfang, dem Kläger während der 5-jährigen Laufzeit auch über den 12. September 2007 hinaus Übergangsleistungen zu zahlen sind, ist aus Sicht der Kammer ausschließlich eine Frage nach der Höhe der dem Kläger zu bewilligenden Leistungen. Bei sachdienlicher Auslegung ist der Bescheid vom 30. November 2007 somit dahingehend zu verstehen, dass die Beklagte mit dem Bescheid allein den Umfang der dem Kläger noch zustehenden Übergangsleistungen festlegen wollte. Hierfür spricht im Übrigen auch die Formulierung in dem Bescheid, die davon spricht, dass die "Berechnung" für das vierte Laufjahr fertig gestellt worden sei. In Anbetracht des Umstandes, dass die Beklagte in dem Bescheid weiter ausgeführt hat, dass der Anspruch nunmehr abgegolten sei, erfasst der Regelungsgehalt des Bescheids vom 30. November 2007 über seinen ausdrücklichen Wortlaut hinaus aus Sicht der Kammer jedoch auch bereits das 5. Laufjahr und legt insofern als Höhe der zu leistenden Übergangsleistungen sinngemäß den Wert "0 Euro" fest. Der so verstandene Bescheid ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Die Beklagte hat von dem ihr durch § 3 Abs. 2 Satz 2 BKV eingeräumten Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht, § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG. Zwar ist aus Sicht der Kammer nicht zu beanstanden, dass die Beklagte in Bezug auf die Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers von einem Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht des Klägers ausgeht, der die Beklagte berechtigt, die dem Kläger zu gewährenden Übergangsleistungen zu kürzen. Die Kammer stimmt mit der Beklagten überein, dass der Kläger die Arbeitsbedingungen bei der Firma F nach Ablauf von zwei Tagen noch nicht realistisch bewerten konnte. Dies gilt umso mehr, als zu Beginn einer Anstellung regelmäßig Abstimmungsprobleme auftreten und sich ein geregelter Arbeitsablauf erst einstellen muss. Sofern der Kläger ausgeführt hat, dass Absprachen nicht eingehalten worden seien, ist dem entgegenzuhalten, dass allenfalls die Befürchtung bestand, dass dem so sein könnte. Der Kläger hätte die Einhaltung von Absprachen zudem zunächst von der Firma einfordern müssen. Ermessensfehlerhaft war die Entscheidung der Beklagten aus Sicht der Kammer jedoch insoweit, als sie infolge der Kündigung durch den Kläger die Gewährung von Übergangsleistung komplett eingestellt hat. Dies kommt einem Sanktionstatbestand gleich, den § 3 Abs. 2 BKV nicht kennt. Die Beklagte wäre im Rahmen ihrer Ermessensausübung vielmehr gehalten gewesen, gerade auch über denjenigen Anspruch des Klägers auf Übergangsleistung zu entscheiden, der sich aus der Differenz zwischen einem Zwölftel der Vollrente des Klägers und dem (fiktiven) Nettoeinkommen ergibt, dass der Kläger bei Fortsetzung seiner Tätigkeit für die Firma F erzielt hätte. Warum dem Kläger dieser Betrag nicht mehr als Übergangsleistung zustehen soll, obwohl er auch dann angefallen wäre, wenn der Kläger seiner Schadensminderungspflicht vollumfänglich nachgekommen wäre und die Tätigkeit fortgesetzt hätte, geht aus dem Bescheid vom 30. November 2007 auch in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Januar 2008 nicht hervor. Insofern liegt ein Ermessensausfall vor. Dass der Kläger vor dem Hintergrund der vorstehenden Ausführungen zwingend einen Anspruch auf die volle Höhe der Differenz hat, ist für die Kammer jedoch ebenfalls nicht ersichtlich. Da eine Ermessensreduzierung auf Null damit ausscheidet, war die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 30. November 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Januar 2008 allein zur Neubescheidung zu verurteilen. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
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