L 8 LW 6/09

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 11 LW 5/08
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 8 LW 6/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 18.08.2009 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsrechtszug nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Gewährung eines Zuschusses zur Nachentrichtung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung.

Der am 00.00.1957 geborene Kläger entrichtete vom 01.08.1984 bis zum 31.07.1986, also für 24 Monate Beiträge an die Beklagte. Am 31.07.1986 erfolgte die Betriebsaufgabe seines Iandwirtschaftlichen/gärtnerischen Unternehmens. Mit Bescheid vom 18.12.1986 stellte die Beklagte die Beendigung der Mitgliedschaft und den Wegfall der Beitragspflicht mit Wirkung ab dem 1.8.1986 fest. Der Kläger behauptete später, diesen Bescheid aufgrund der unzutreffenden Angabe seiner Adresse nicht erhalten zu haben.

Unter dem 20.10.1989 wandte sich der Kläger schriftlich mit einer Postkarte an die Beklagte mit der Bitte um Übersendung "der notwendigen Unterlagen für einen Antrag auf Nachentrichtung in die gesetzliche Rentenversicherung". Die Beklagte nahm dieses Schreiben des Klägers zum Anlass, einen Bearbeitungsbogen anzulegen und auszufüllen, in dem der Kläger als Antragsteller vermerkt und unter der Überschrift "Feststellungen zum Antrag auf Gewährung von ..." das handschriftlich hinzu gefügte Kästchen "NA" angekreuzt wurde. Die Beklagte übersandte dem Kläger unter dem 23.10.1989 daraufhin einen "Antrag auf Nachentrichtung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung" sowie einen "Antrag auf Gewährung eines Zuschusses zur Nachentrichtung von Beiträgen zur Rentenversicherung". Unter dem 20.12.1989 erfolgte eine Erinnerung der Beklagten an den Kläger bezüglich der Vorlage der vollständigen Antragsunterlagen. In der Folgezeit fand kein weiterer Schriftwechsel zwischen dem Kläger und der Beklagten statt. Am 15.1.1990 wurde verfügt: "Registratur: NA-Antrag in Reg. und Kartei austragen (a. s. W. erl.)"

Unter dem 14.12.2005 wandte sich der Kläger dann erstmalig wieder an die Beklagte mit dem Ersuchen um verschiedene Auskünfte im Hinblick auf etwaige Ansprüche auf Rente, auf Übertragung der Beiträge auf die Deutsche Rentenversicherung (DRV) Bund und auf Beitragserstattung. Der Kläger gab dabei an, von 1984 bis 1986 Rentenbeiträge an die Beklagte geleistet zu haben. Mit Schreiben vom 16.12.2005 beantwortete die Beklagte das Schreiben des Klägers. Darin führte sie aus, dass weder ein Rentenanspruch gegen sie, die Beklagte noch ein Anspruch auf Beitragsübertragung auf einen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung bestehe. Hinsichtlich einer etwaigen Beitragserstattung werde er eine weitere Nachricht von ihrer Beitragsabteilung erhalten.

Am 5.7.2006 übersandte der Kläger Kopien der (teilweise) ausgefüllten Antragsunterlagen bezüglich der Nachentrichtung von freiwilligen Beiträgen zur Rentenversicherung nebst Anlagen. Die in dem entsprechenden Antragsvordruck vorgesehenen alternativen Antragsvarianten, ob die Nachentrichtung ohne oder mit Zuschussgewährung beantragt werde, blieben unausgefüllt bzw. die dafür vorgesehenen Kästchen unangekreuzt. Die (teilweise) ausgefüllten Antragsunterlagen waren auf den 3.1.1990 datiert. Der Kläger führte aus, er habe die Anträge damals so weit ausgefüllt, wie es ihm möglich gewesen sei. Versuche, Auskünfte einzuholen, was unbedingt noch angegeben werden müsse und welche Variante für ihn die günstigste sei, u. a. Nachentrichtung mit Bundeszuschuss oder ohne, Höhe der Nachentrichtung, Zeitraum usw. seien erfolglos geblieben. Die (damalige) Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA), die in dem ihm von der Beklagten übersandten, seinem Schreiben nunmehr beigefügten Merkblatt als Auskunftsstelle angegeben sei, habe ihm überhaupt nicht weiterhelfen können. Irgendwie sei die Angelegenheit dann weder von ihm noch von der Beklagten weiterverfolgt worden. Er gehe davon aus, dass aufgrund seiner damaligen Anträge noch die Möglichkeit bestehe, Beiträge zu zahlen und er möchte dies gerne tun. Unter dem 3.8.2006 wies der Kläger darauf hin, dass er den Antrag auf Nachentrichtung bei der Beklagten bereits im Oktober 1989 gestellt und die Beklagte ausweislich des erfolgten Schriftwechsels und des von der Beklagten vergebenen Aktenzeichens die Bearbeitung dieses Antrags aufgenommen habe. Er habe die Antragsunterlagen, so gut es ihm möglich gewesen sei, ausgefüllt und der Beklagten unter dem 3.1.1990 übersandt.

Den Antrag des Klägers auf Beitragserstattung lehnte die Beklagte ab (Bescheid vom 6.4.2006, Widerspruchsbescheid vom 13.2.2007).

Der DRV Bund teilte die Beklagte unter dem 5.4.2007 mit, dass der Kläger das ehemalige landwirtschaftliche/gärtnerische Unternehmen nach den einschlägigen Vorschriften des Altershilfegesetzes mit Ablauf des 22.8.2007 abgegeben habe. Er habe es für die Zeit vom 1.8.1984 bis 31.7.1986 als landwirtschaftliches/gärtnerisches Unternehmen iSd Altershilfegesetzes bewirtschaftet.

Mit Bescheid vom 22.8.2007 ließ die DRV Bund den Kläger zur Nachzahlung freiwilliger Beiträge nach § 208 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI - (in der damaligen Fassung) für den Zeitraum von August 1984 bis Juli 1986 zu. Die Nachentrichtung ist noch nicht erfolgt. Das Verfahren ruht insoweit bis zum rechtskräftigen Abschluss vorliegenden Verfahrens bezüglich der Zuschussgewährung.

In einer "Beschwerde" vom 22.10.2007 führte der Kläger aus, er sei überrascht gewesen, dass der Bescheid der DRV Bund vom 22.8.2007 keine Regelung dazu enthalte, inwieweit die Beklagte einen Zuschuss zahle. Er bat, ihm einen Zuschuss zur Nachzahlung der Beiträge zur DRV Bund zu gewähren bzw. im Fall der Weigerung einen rechtsmittelfähigen Bescheid zu erteilen.

Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 1.11.2007 den Antrag auf Gewährung eines Zuschusses zur Nachentrichtung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung mit der Begründung ab, dass ab dem 1.1.1995 kein Anspruch mehr auf die Gewährung eines Zuschusses zur Nachzahlung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung mangels gesetzlicher Grundlage bestehe. Landwirtschaftliche Unternehmer hätten nach § 47 des Gesetzes über eine Altershilfe für Landwirte -GAL- auf Antrag einen Zuschuss aus Bundesmitteln zu den nach den Vorschriften des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch - § 208 SGB VI - nachgezahlten Beiträgen erhalten. Durch das Inkrafttreten des Agrarsozialreformgesetzes (ASRG) 1995 zum 1.1.1995 seien die Regelungen über die Zahlungen eines Zuschusses gestrichen , d.h. nicht in das Nachfolgegesetz (Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte - ALG -) übernommen worden. Im Übrigen habe der Kläger erstmals mit dem Schreiben vom 22.10.2007 einen Antrag auf einen "Nachentrichtungszuschuss" gestellt.

Dagegen erhob der Kläger unter dem 20.11.2007 Widerspruch und trug zur Begründung vor, dass er einen entsprechenden Antrag auf Gewährung eines Zuschusses zur Zahlung freiwilliger Beiträge zur Rentenversicherung bereits telefonisch am 20.10.1989 gestellt habe. Auf seine schriftliche Anforderung unter dem 20.10.2009 seien ihm daraufhin Formulare zugesandt worden, aus denen nicht erkenntlich gewesen sei, dass es sich bei dem Formular, in welchem Ausführungen zur Zuschussgewährung gemacht würden, um einen selbständigen Antrag handeln solle, der unabhängig vom Antrag auf Nachentrichtung gestellt werden solle. Bereits die Vergabe eines einzigen Aktenzeichens für beide Vorgänge erwecke den Eindruck, dass es sich um einen einzigen Antrag handele. Nach der Ausgestaltung der Antragsvordrucke sei nicht zu erkennen, dass es sich hinsichtlich des Zuschusses um einen eigenen Antrag handeln solle, über den zudem noch eine andere Institution, nämlich die Beklagte entscheide, während über die Nachentrichtung die damalige BfA entscheide. Dass die Vordrucke als zwei verschiedene Anträge behandelt würden, über die zwei verschiedene Rentenversicherungsträger entscheiden, habe er erst im Rahmen der Gewährung der Nachentrichtung durch die DRV Bund im August 2007 erfahren. Diese verwirrende Gestaltung der Formulare könne nicht zu seinen Lasten gehen. Es sei ein Antrag auf Nachentrichtung einschließlich Zuschussgewährung gestellt worden.

Im Übrigen habe bei ihm Beratungsbedarf beim Ausfüllen der Anträge bestanden. Die Beklagte sei nicht bereit gewesen, ihm telefonisch beim Ausfüllen der Formulare zu helfen. Er habe keine Möglichkeit gehabt, zur Beratung und zur Inanspruchnahme von Hilfe beim Ausfüllen der Formulare nach Kassel zu kommen. Er habe darauf vertrauen können, dass die Beklagte darauf hinwirke, dass die von ihm gestellten Anträge klar und eindeutig sind (Hinweis auf § 16 Abs. 3 Satz 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch -SGB I-). Ihre Mitarbeiter hätten auf jeden Fall klären müssen - falls es für sie nicht eindeutig gewesen sei, dass er Zuschussgewährung beantragt habe -, ob die Nachentrichtung mit oder ohne Zuschussgewährung beantragt worden sei. Das Formular der Beklagten habe hierzu alternativ eine Angabe verlangt. Aus dem Umstand, dass keines der beiden Felder angekreuzt gewesen sei, könne nicht zu seinen Ungunsten geschlossen werden, dass er keine Zuschussgewährung beantragt habe.

Zudem seien die Angaben in dem dem Antrag auf Nachentrichtung einschließlich Zuschussgewährung beigefügten Merkblatt im 4. Teil unter "Auskünfte" unzutreffend. Dort werde u. a. auf die BfA als Auskunft erteilende Stelle verwiesen. Die BfA habe sich aber nicht in der Lage gesehen, Hilfen beim Ausfüllen der Formulare zu geben.

Er habe im Oktober 1989 mit den Mitarbeitern der Beklagten mehrere Telefonate geführt. Diese hätten ihm erläutert, dass die von ihm an die Beklagte gezahlten Beiträge nur in der Weise für ihn nutzbar gemacht werden könnten, dass er den Antrag auf Nachentrichtung stelle und die Beklagte dann die von ihm geleisteten Beiträge im Wege der Nachentrichtung an die BfA zahle. Auf die Nutzbarmachung der von ihm gezahlten Beiträge sei es ihm angekommen. Dies sei den Mitarbeitern der Beklagten aufgrund der vorangegangenen Telefonate auch klar gewesen. Außerdem hätten die Mitarbeiter im Gegensatz zu ihm den Akten entnehmen können, dass er bereits aus der Alterskasse ausgeschieden sei und insoweit nur ein Antrag auf Nachentrichtung in Verbindung mit Zuschussgewährung in Betracht gekommen sei. Er habe nämlich wegen des Ausscheidens aus der Alterskasse keine Nachteile mehr zu befürchten und erkennbar das Ziel verfolgt, dass sich seine an die Alterskasse gezahlten Beiträge rentenerhöhend auswirken. Anders als durch Zuschussbeantragung habe er seine gezahlten Beiträge nicht für sich nutzbar machen können.

Unter diesen Umständen könne es nicht zweifelhaft sein, dass der Antrag auf Nachentrichtung in Verbindung mit Zuschussgewährung bereits im Oktober 1989 gestellt worden und bis heute von der Beklagten nicht bearbeitet worden sei.

Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15.5.2008 zurück. Darin führte die Beklagte unter anderem aus, dass aus den bei ihr vorliegenden Unterlagen nicht hervorgehe, dass der Kläger bereits am 20.10.1989 einen telefonischen Antrag auf Nachentrichtung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung und einer entsprechenden Zuschussgewährung gestellt habe. Bei einer telefonischen Antragstellung werde vom angerufenen Sachbearbeiter ein entsprechender Gesprächsvermerk gefertigt. Ein solcher Vermerk finde sich jedoch weder in den Unterlagen der Leistungsabteilung noch in den Unterlagen der Beitragsabteilung. Trotz umfassender Ermittlungen habe somit kein Beweis für eine bereits am 20.10.1989 erfolgte Antragstellung gefunden werden können. Bei der Alterskasse sei erstmals am 23.10.1989 eine Postkarte vom 20.10.1989 eingegangen, mit welcher der Kläger um Übersendung von Unterlagen zur Nachentrichtung von Beiträgen in die gesetzliche Rentenversicherung gebeten habe. Die Anforderung von Antragsunterlagen stelle jedoch noch keine Antragstellung dar. Die angeforderten Unterlagen seien zwar von der Beklagten dem Kläger am 23.10.1989 übersandt worden. Diese Unterlagen seien jedoch trotz Erinnerung nicht an die Alterskasse zurückgesandt worden, sondern erstmalig am 14.12.2005 habe sich der Kläger wieder an die Alterskasse gewandt. Erst mit Schreiben vom 22.10.2007 sei dann erneut ein Antrag auf Gewährung eines Zuschusses gestellt worden. Das jetzt gültige ALG sehe jedoch eine solche Leistung nicht mehr vor. Auch im Rahmen eines sogenannten sozialrechtlichen Herstellungsanspruches komme die Fiktion einer rechtzeitigen Antragstellung nicht in Betracht. Ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch setze ein Verschulden der Behörde beispielsweise aufgrund mangelnder Beratung voraus. Dieses sei aber beim Kläger nicht der Fall gewesen. Bereits mit dem am 23.10.1989 übersandten Merkblatt sei der Kläger über die zum damaligen Zeitpunkt bestehende Möglichkeit der Zuschussgewährung durch die Beklagte aufgeklärt worden. An die Übersendung der erforderlichen Unterlagen sei der Kläger sogar erinnert worden, eine weitere Veranlassung des Klägers sei nicht erfolgt. Soweit er sich an die damalige BfA gewandt und dort die Auskunft erhalten habe, dass diese über die Zuschussgewährung nicht entscheiden könne, habe für den Kläger durchaus die Möglichkeit bestanden, sich erneut schriftlich oder telefonisch an die Beklagte zu wenden. Wie er in seinem Schreiben vom 4.7.2006 jedoch selbst angegeben habe, sei die Angelegenheit von ihm nicht weiter verfolgt worden. Die Hinweise in dem angesprochenen Merkblatt auf entsprechende Beratungsstellen seien auch nicht falsch gewesen, da für die Entscheidung über die Nachentrichtung die gesetzliche Rentenversicherung zuständig gewesen sei und auch Auskünfte erteilt habe. Soweit der Kläger bezüglich der Zuschussgewährung an die Beklagte verwiesen worden sei, sei auch diese Auskunft korrekt. Eine mangelnde oder fehlerhafte Beratung durch die Beklagte sei nicht zu erkennen.

Die Gewährung eines Zuschusses zur Nachentrichtung von Beiträgen zur gesetzlichen RV sei wegen der fehlenden rechtzeitigen Antragstellung und der zum heutigen Zeitpunkt fehlenden Rechtsgrundlage mithin nicht möglich.

Der Kläger hat dagegen am 12.06.2008 Klage zum Sozialgericht (SG) Düsseldorf erhoben. Er hat sein bisheriges Vorbringen wiederholt und ergänzend geltend gemacht, die ihm von der Beklagten im Oktober 1989 übersandten Antragsunterlagen habe er, soweit es ihm möglich gewesen sei, ausgefüllt und unter dem 3.1.1990 an die Beklagte geschickt. Danach habe er von der Beklagten nichts mehr gehört. Er sei davon ausgegangen, dass alles seinen Lauf nehme und sich die Beklagte bei eventuellen Rückfragen an ihn wenden würde. Die Beklagte hätte sich zumindest noch einmal an ihn wenden und ihn auf die Folgen fehlender Mitwirkung aufmerksam machen müssen (Hinweis auf § 66 SGB I), wenn bei ihr keine Antwort von ihm - dem Kläger - eingegangen wäre. Der Beklagten sei sein Anliegen, seine gezahlten Rentenversicherungsbeiträge für sich nutzbar zu machen, aufgrund der vorangegangenen Telefonate - so z.B. am 9.10.1989 (hierzu hat der Kläger einen Kurzbrief der Beklagten vom 9.10.1989 in Kopie, mit dem zur Information ein nicht näher bezeichnetes Schriftstück versandt worden ist) - bekannt gewesen. Auf seinen Anruf vom 9.10.1989 sei ihm das Merkblatt übersandt worden, ohne dass von der Beklagten eine Akte angelegt worden sei. Dies sei erst später aufgrund der schriftlichen Anforderung der Antragsunterlagen erfolgt. Das zeige, dass auch die Beklagte von einer Antragstellung und damit der Einleitung eines Verwaltungsverfahrens ausgegangen sei. Dies habe die Zuschussgewährung mit eingeschlossen. Die Beklagte habe ihn nicht ausreichend beraten. Die Übersendung eines Merkblattes reiche nicht aus. Der Klageanspruch ergebe sich daher aus dem Gesichtspunkt des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs. Infolge der fehlerhaften Beratung und Betreuung durch die Beklagte sei es bei ihm zu einer Ablehnung der Zuschussgewährung und damit zu einem Schaden bei ihm gekommen. Fehlerhaftes Verhalten der damaligen BfA sei der Beklagten zuzurechnen.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 1.11.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.5.2008 zu verurteilen, ihm einen Zuschuss zur Nachzahlung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung für die Zeit von August 1984 bis Juli 1986 zu gewähren.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat darauf hingewiesen, dass die Anforderung von Unterlagen bezüglich der Nachentrichtung von Beiträgen keine Antragstellung im Sinne der §§ 16 SGB 1 und 47 GAL darstelle. Die Übersendung der angefochtenen Unterlagen stelle mithin nur ein schlichtes Verwaltungshandeln dar. Im Übrigen sei im Text der Postkarte von der Beantragung der Gewährung eines Zuschusses nicht die Rede. Bei ihr - der Beklagten - sei auch zeitnah nach dem 3.1.1990 kein Antragsvordruck angekommen. Die dem Kläger vorliegenden Antragsunterlagen seien von diesem erst mit Schreiben vom 4.7.2006 übersandt worden und bei ihr am 5.7.2006 eingegangen. Zu diesem Zeitpunkt habe jedoch kein Zuschuss zur Nachentrichtung mehr beantragt werden können. Den Beweis, dass die Unterlagen bereits in 1990 bei ihr eingegangen seien, habe der Kläger bisher nicht führen können. Anträge auf Nachentrichtung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung und auf Zuschuss zur Nachentrichtung habe die Leistungsabteilung versandt und die Anträge auf Zuschuss zur Nachentrichtung seien auch von dort behandelt worden. Der Mitarbeiter - Herr Q -, welcher mit Schreiben vom 9.10.1989 allgemeine Informationen unbekannter Art versandt habe, habe in der Beitragsabteilung für die Alterskasse, Krankenkasse und Berufsgenossenschaft gearbeitet, so dass diesem weder die entsprechenden Formulare noch Merkblätter vorgelegen hätten. An die Mitarbeiter der Leistungsabteilung der Beklagten, die aus den Anschreiben vom 23.10.1989 und 20.12.1989 zu ersehen gewesen seien, habe sich der Kläger jedoch zu keiner Zeit gewandt. Es liege kein Fall der fehlerhaften Beratung vor, da der Beratungspflicht mit der Übersendung des Merkblattes zunächst genüge getan worden sei. Weitere gezielte Fragen seien ihr gegenüber vor dem Jahr 2005 nicht gestellt worden. Es lasse sich auch nicht feststellen, dass ein Beratungsfehler der damaligen BfA vorliege. Im Übrigen hat sie auf die Begründung des Widerspruchsbescheides verwiesen.

Mit Urteil vom 18.8.2009 hat das SG Düsseldorf die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe dieses Urteils wird Bezug genommen.

Gegen das ihm am 12.10.2009 zugestellte Urteil hat der Kläger am 6.11.2009 Berufung eingelegt. Zur Begründung wiederholt er sein bisheriges Vorbringen und trägt ergänzend vor, dass der Anspruch auf Zuschussgewährung nicht verwirkt sei. Es fehle das neben dem Zeitmoment für die Verwirkung notwendige Umstandsmoment. Im Übrigen sei der Anspruch auf Zuschussgewährung auch deshalb nicht verwirkt, weil der Beklagten kein unzumutbarer Nachteil durch die späte Durchsetzung des Anspruchs entstehe. Es gehe lediglich um die Zuschussgewährung für den Zeitraum von zwei Jahren. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass die Beklagte ihm - dem Kläger - nicht mitgeteilt habe, sie werde den Antrag wegen fehlender Mitwirkung ablehnen. Er habe davon ausgehen können, dass die Unterlagen bearbeitet würden. Er habe keine Veranlassung gehabt, sich bei der Beklagten nach seinem Antrag zu erkundigen. Er habe aus seiner Sicht alle notwendigen Schritte in die Wege geleitet, um sich seine Ansprüche gegenüber der Beklagten zu sichern.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 18.8.2009 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 1.11.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.5.2008 zu verurteilen, ihm einen Zuschuss zur Nachzahlung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung für die Zeit von August 1984 bis Juli 1986 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

Der Senat hat die Verwaltungsakte und Kataster-/Beitragsakte der Beklagten sowie die Verwaltungsakte der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Bund jeweils den Kläger betreffend beigezogen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungs- und Kataster-/Beitragsakten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zuschussgewährung zur Nachentrichtung von Beiträgen zur DRV Bund.

Einzige in Betracht kommende Anspruchsgrundlage ist § 94 Abs. 2 ALG iVm § 47 GAL. Nach § 47 Abs. 1 GAL erhielten landwirtschaftliche Unternehmer im Sinne des § 1 Abs. 3 auf Antrag zu den nach Artikel 2 § 52a Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetz und Artikel 2 § 50b Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetz nachentrichteten Beiträgen (Fassung des § 47 Abs. 1 GAL bis 31.12.1991) bzw. zu den nach der Vorschrift des SGB VI über die Nachzahlung für landwirtschaftliche Unternehmer und mitarbeitende Familienangehörige nachgezahlten Beiträgen (Fassung des § 47 Abs. 1 GAL vom 1.2.1992 bis 31.12.1994) einen Zuschuss aus Bundesmitteln. Nach § 94 Abs. 2 ALG ist diese mit Wirkung ab dem 1.1.1995 aufgehobene Vorschrift auf einen bis dahin bestehenden Anspruch anzuwenden, wenn der Anspruch bis zum Ablauf von drei Kalendermonaten nach der Aufhebung, d. h. spätestens bis zum 31.3.1995 geltend gemacht worden ist. Dies ist vorliegend nicht der Fall, denn ein Antrag auf Zuschussgewährung gem. § 47 Abs. 1 GAL ist bis zu dem vorgenannten Zeitpunkt nicht gestellt worden.

Anträge auf Sozialleistungen bedürfen zu ihrer Wirksamkeit keiner bestimmten Form (vgl. BSG, Urteil vom 26.1.2000, B 13 RJ 37/98 R, mwN, SozR 3 - 5910/910 Nr. 7). Sie müssen lediglich in erkennbarer Weise zum Ausdruck bringen, dass von einem Antragsrecht Gebrauch gemacht worden ist (BSG aaO mwN). Um ein Verwaltungsverfahren in Gang zu setzen, reicht es somit aus, dass eine auf Gewährung der Leistung gerichtete Willenserklärung gegenüber dem Sozialleistungsträger abgegeben wird (vgl. BSG aaO mwN).

Nach den vorstehenden Grundsätzen kann ein Antrag auch telefonisch gestellt werden. Die vom Kläger behauptete telefonische Antragstellung im Oktober 1989 ist allerdings nicht feststellbar. Es fehlt hierüber ein Aktenvermerk in den Akten der Beklagten. Beweismittel stehen insoweit nicht zur Verfügung. Der Kläger hat solche (z. B. Zeugen) auch nicht benannt, so dass dem Senat sich insoweit keine Ermittlungen aufdrängen. Die Nichtfeststellbarkeit der telefonischen Antragstellung geht materiell-rechtlich zu Lasten des Klägers, da er insoweit die materielle Beweislast trägt (vgl. BSG, Urt. v. 15.12.1983, 12 RK 37/82, juris).

Eine schriftliche Antragstellung ist ebenfalls nicht feststellbar. Die Postkarte vom 20.10.1989 enthält keinen ausdrücklichen Hinweis auf das Begehren eines Beitragszuschusses. Der Senat kann es daher dahinstehen lassen, ob mit dieser Postkarte überhaupt ein Antrag auf Nachentrichtung von Beiträgen in der gesetzlichen Rentenversicherung gestellt worden ist. Der Kläger hat auch nicht sinngemäß einen Antrag auf Zuschussgewährung gestellt. Zwar ist ein Antrag regelmäßig vom Verwaltungsträger so auszulegen, dass das Begehren des Antragstellers möglichst weitgehend zum Tragen kommt; die Behörde hat alle aufgrund des Sachverhalts zu seinen Gunsten in Betracht kommenden rechtlichen Möglichkeiten (innerhalb ihrer Zuständigkeit) zu erwägen und notfalls auf eine Klärung des Verfahrensgegenstandes durch den Antragsteller hinzuwirken (vgl. BSG, Urteil vom 23.10.1996, 4 RLw 8/96 SozR 3-5850 N 14 Nr. 2). Unter Zugrundelegung dieser Kriterien ist die Postkarte des Klägers vom 20.10.1989 nicht als Antrag auf Zuschussgewährung auszulegen.

Es gibt keine inhaltlichen Anknüpfungspunkte in der Postkarte, die eine Auslegung im Sinne einer Antragstellung rechtfertigen könnten. Auch unter den Gesichtspunkten eines Sachzusammenhangs musste die Beklagte nicht von einer entsprechenden Antragstellung ausgehen. Denn mit dem Antrag auf Nachentrichtung muss nicht zwingend ein solcher auf einen Beitragszuschuss verbunden sein (vgl. zu einem ähnlich gelagerten Fall BSG, Urteil vom 23.10.1996, 4 RLw 8/96, aaO). Es handelt sich vielmehr um zwei verschiedene Verwaltungsverfahren, für die zwei verschiedene Rentenversicherungsträger zuständig und die nicht zwingend beide durchzuführen sind. Für das Nachentrichtungsverfahren besteht die Zuständigkeit der gesetzlichen Rentenversicherungsträger; für das Verfahren auf Zuschussgewährung die der landwirtschaftlichen Alterskassen, worauf der Kläger in dem Merkblatt im 3. Teil zum "Verfahren" hingewiesen worden ist. Der Kläger kann sich in diesem Zusammenhang auch nicht auf den Inhalt angeblich geführter Telefonate berufen, da die Inhalte dieser etwaigen Telefonate nicht feststellbar sind. Es existieren hierzu keine Aktenvermerke. Die jeweiligen Gesprächspartner hat der Kläger nicht benannt, so dass sich Ermittlungen des Senats nicht aufdrängen. Im Übrigen hat der Kläger die ihm von der Beklagten übersandten Antragsunterlagen in Bezug auf den Beitragszuschuss nicht zurückgesandt. Auf die nach seinen Angaben unter dem 3.1.1990 unvollständig ausgefüllten Antragsunterlagen kann der Kläger sich nicht berufen. Ihr Eingang bei der Beklagten ist nicht feststellbar. Die Beweislast für den Eingang bei der Beklagten als einer für ihn günstigen Tatsache trägt nach den allgemeinen Beweislastregeln der Kläger. Auch aus der Vergabe eines Aktenzeichens durch die Beklagte im Zusammenhang mit der Übersendung der Antragsunterlagen kann eine Antragstellung auf Zuschussgewährung nicht hergeleitet werden. Dies besagt nichts darüber, dass sie einen Antrag auf Zuschussgewährung als gestellt angesehen hat. Aus den Eintragungen in dem Bearbeitungsbogen geht allenfalls hervor, dass die Beklagte einen Nachentrichtungsantrag als gestellt angesehen hat. Aus den vorgenannten Gründen führt dies nicht zwingend zur gleichzeitigen Stellung eines Antrags auf Zuschussgewährung.

Der Kläger hat schließlich mit seinem Schreiben vom 4.7.2006 selbst bestätigt, er habe sich nach Erhalt der von der Beklagten im Oktober 1989 übersandten Unterlagen darüber, ob er einen Beitragszuschuss beantragen werde, noch beraten lassen wollen. Er ist also selber davon ausgegangen, einen entsprechenden Antrag auf Zuschussgewährung noch nicht gestellt zu haben. Damit übereinstimmend hat er in dem entsprechenden Formular die beiden Ankreuzalternativen zur Zuschussgewährung offen gelassen. Der Kläger kann sich letztlich nicht darauf berufen, ein Schriftstück sei als Antrag auszulegen, wenn er eingesteht, einen solchen nicht gestellt haben zu wollen.

Auch nach den Grundsätzen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs kann eine Antragstellung bis zum 31.3.1995 nicht fingiert werden.

Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch erfordert eine Pflichtverletzung eines Sozialleistungsträgers und einen hierdurch beim Betroffenen hervorgerufenen rechtlichen Nachteil auf dem Gebiet des Sozialrechts; als Rechtsfolge ist der Zustand wiederherzustellen, der ohne die Pflichtverletzung bestehen würde, wobei dies jedoch nur durch eine zulässige Amtshandlung geschehen darf (statt aller: BSG, Urteil vom 6.5.2010, B 13 R 44/09 R, mwN, juris)

Ein Beratungs- oder Bearbeitungsfehler der Beklagten kann nicht festgestellt werden. Zunächst war die Übersendung des Merkblatts und der Antragsunterlagen an den Kläger ausreichend. Entgegen der Auffassung des Klägers ist das Merkblatt im Hinblick auf die für die Beratung zuständigen Sozialversicherungsträger nicht unrichtig. Im 2. Teil unter "Zuschuß zur Beitragsnachentrichtung" wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass "in jedem Fall bei einer Entscheidung über die Inanspruchnahme des Bundeszuschusses zur Beitragsnachentrichtung der Rat der erfahrenen Fachleute bei den LAKen eingeholt werden sollte". An wen der Kläger sich daher zu wenden hatte, war damit eindeutig. Dass er dieses gemacht hat, ist nicht feststellbar. Es fehlt auch hier die Benennung von Zeugen. Ermittlungen des Senats drängen sich daher nicht auf. Auch Bearbeitungs- oder Beratungsfehler der damaligen BfA sind ebenfalls nicht feststellbar. Da nicht festgestellt werden kann, ob und gegebenenfalls mit welchem Anliegen der Kläger sich an welchen Sozialleistungsträger bis zum 31.3.1995 gewandt hat, können keine weiteren Bearbeitungs- oder Beratungspflichten der Beklagten oder eines anderen Sozialleistungsträgers festgestellt werden, die hätten verletzt werden können.

Eine Antragstellung nach dem 31.3.1995 kann mangels Rechtsgrundlage keinen Anspruch auf Zuschussgewährung mehr begründen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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