Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 19 AL 3785/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 AL 5473/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 30. September 2009 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger Anspruch auf Insolvenzgeld (InsG) hat.
Der am 1944 geborene Kläger war seit 15.01.2006 bei der Firma B d.o.o., die durch den Geschäftsführer R. S. vertreten wurde, als Bauleiter versicherungspflichtig beschäftigt. Mit Beschluss des Amtsgerichts Stuttgart vom 24.10.2006 wurde der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen dieser Firma mangels einer die Kosten des Verfahrens deckenden Masse abgewiesen. Am 14.12.2006 wurde dem Kläger dieser Beschluss des Amtsgerichts Stuttgart zugestellt. Mit Schreiben vom 21.12.2006 wandte sich der Kläger an das Amtsgericht Stuttgart (Insolvenzabteilung) und bat um Mitteilung, wie er seine Gehaltsforderungen - er habe seit Mai 2006 keine Zahlungen mehr erhalten - beitreiben bzw. Insolvenzgeld beziehen könne. Er habe erfahren, dass die Firma B bzw. Herr S. Insolvenz angemeldet habe.
Mit am 01.02.2007 bei der Agentur für Arbeit S. (AA) eingegangenem Schreiben vom 30.01.2007 beantragte der Kläger InsG und gab an, er habe seit Mai 2006 keine Gehaltszahlungen mehr erhalten. Herr S. habe ihm immer wieder versichert, dass er bezahlen würde und habe ihm auch einen Auszahlungsschein seiner Bank übergeben. Sein Konto habe aber kein entsprechendes Guthaben ausgewiesen. Im November 2006 habe er Herrn S. massiv auf die noch ausstehenden Gehaltszahlungen angesprochen. Dieser habe ihn an das Insolvenzgericht verwiesen. Von dort habe er am 14.12.2006 die Mitteilung erhalten, dass der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 24.10.2006 mangels Masse abgewiesen worden sei. Klage beim Arbeitsgericht habe er nicht eingereicht, da er sich auf die Zusagen von Herrn S. verlassen habe. Der Kläger legte eine Kopie der am 06.12.2005 zwischen der Firma B und ihm getroffenen Vereinbarung über die von ihm zu übernehmende technische Leitung der Firma sowie die Vergütungsvereinbarung vom 06.12.2005 (monatliche Vergütung 1.250 EUR bei einer Arbeitszeit von 80 Stunden) und die Gehaltsabrechnung vom Oktober 2006 vor. In dieser heißt es unter Bruttobezüge "bis Insolvenz 25.10.2006 1.022,73 EUR".
Mit Bescheid vom 16.03.2007 lehnte die AA den Antrag des Klägers ab. Nach § 16 (richtig: § 15) Bundesrahmentarifvertrag des Baugewerbes (BRTV-Bau) seien die Ansprüche aus einem Arbeitsverhältnis innerhalb von zwei Monaten nach der Fälligkeit gegenüber der anderen Partei gerichtlich einzuklagen. Da der Kläger seine Ansprüche auf Arbeitsentgelt nicht gerichtlich geltend gemacht habe, sei sein Anspruch auf Arbeitsentgelt verfallen, so dass kein Anspruch auf InsG bestehe.
Dagegen legte der Kläger am 02.04.2007 Widerspruch ein, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20.04.2007 - im Wesentlichen aus den Gründen des angefochtenen Bescheides - als unbegründet zurückwies.
Am 11.05.2007 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG), mit der er im Einzelnen darlegte, aus welchen Gründen er erst am 01.02.2007 den Antrag auf InsG gestellt und auf eine Klage beim Arbeitsgericht verzichtet habe. Er brachte ferner vor, dass er sich nach dem Verlust seines Arbeitsplatzes nicht arbeitslos gemeldet, sondern sofort um eine andere Arbeit bemüht habe. Auf Anfrage des SG teilte er mit (Schreiben vom 27.07.2007), die Gehaltsabrechnungen ab Juli 2006 lägen ihm nicht mehr vor. Die Abrechnung für Oktober 2006 habe er nach dem Bekanntwerden der Insolvenz im Dezember 2006 von der damaligen Bürokraft von Herrn S. erhalten. Der Kläger legte die Gehaltsabrechnung für März 2006 (Bruttobezüge 1.250 EUR) und die mit Vollmacht überschriebene, ihm von Herrn S. zu Lasten dessen Kontos erteilte Empfangsberechtigung über 2.000 EUR vom 26.06.2006 vor. Im Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 31.10.2007 machte er weitere Angaben zu Art und Umfang seiner Tätigkeit für seine Arbeitgeberin in R. (Neubau Fachhochschule), die dort als Subunternehmer der österreichischen Firma H. tätig geworden sei. Zusätzliche Angaben hierzu und zum Zeitpunkt und den Umständen seiner Kenntniserlangung vom Insolvenzereignis machte der Kläger in der mündlichen Verhandlung am 30.09.2009. In der mündlichen Verhandlung legte er auch sein Schreiben vom 21.12.2006 an die Insolvenzabteilung des Amtsgerichts Stuttgart vor.
Die Beklagte trat der Klage entgegen und machte geltend, es lägen keine Nachweise bezüglich eines Entgeltanspruchs des Klägers gegen seine Arbeitgeberin für die Monate Juli bis Oktober 2006 vor. Sie verwies erneut auf § 16 (richtig: § 15) BRTV-Bau, der auch bei der Gewährung von InsG zu berücksichtigen sei.
Mit Urteil vom 30.09.2009 wies das SG die Klage ab. Der Kläger habe keinen Anspruch auf InsG, da er den Antrag auf InsG nicht innerhalb der Ausschlussfrist von zwei Monaten nach dem Insolvenzereignis gestellt und die Versäumung dieser Frist auch zu vertreten habe, da er am 14.12.2006, also noch innerhalb der Antragsfrist, von der Abweisung des Antrages auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse erfahren und trotzdem nicht innerhalb der noch verbleibenden zwei Wochen den Antrag gestellt habe. Es wäre dem Kläger möglich und zumutbar gewesen, innerhalb der Antragsfrist einen Antrag zu stellen.
Gegen das ihm am 31.10.2009 zugestellte Urteil hat der Kläger am 24.11.2009 beim SG Berufung eingelegt, mit der er an seinem Ziel festhält. Er macht geltend, Herr S. habe ihn noch im Januar 2007 in dem Glauben gelassen, dass er seine ausstehenden Gehälter erhalten würde. Am 30.01.2007 - also innerhalb von zwei Monaten, nachdem er von dem Insolvenzereignis erfahren habe (14.12.2006) - habe er den Antrag auf InsG gestellt. Das Arbeitsgericht und das Insolvenzgericht, die er um entsprechende Beratung gebeten habe, hätten ihn nicht bzw. nur unzureichend (Insolvenzgericht: Keine Mitteilung des Insolvenzverwalters und keine Mitteilung, was von ihm zu unternehmen sei) beraten.
Der Kläger beantragt - sinngemäß -,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 30. September 2009 und den Bescheid der Beklagten vom 16. März 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. April 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Insolvenzgeld in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und bringt vor, ein Fehlverhalten der Beklagten, des Arbeitsgerichts und des Amtsgerichts (Insolvenzgericht), das einen Anspruch des Klägers begründen könnte, könne nicht festgestellt werden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz und die Akten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte entscheiden, obgleich der Kläger zum Termin nicht erschienen ist. Der Kläger war ordnungsgemäß geladen und auf diese Möglichkeit in der Ladung hingewiesen worden. Hinderungsgründe hat der Kläger nicht vorgetragen.
Die nach den §§ 143, 144 Abs. 1, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf InsG.
Streitgegenstand ist der Bescheid vom 16.03.2007 (Widerspruchsbescheid vom 20.04.2007), mit dem die Beklagte den Antrag des Klägers auf InsG vom 01.02.2007 abgelehnt hat. Demgegenüber macht der Kläger geltend, dass er Anspruch auf InsG habe. Er habe den Antrag rechtzeitig gestellt.
Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch auf InsG ist § 183 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch - Drittes Buch - (SGB III). Arbeitnehmer haben danach Anspruch auf InsG, wenn sie im Inland beschäftigt waren und bei Abweisung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse für die vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt haben (§ 183 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB III). § 324 Abs. 3 Satz 1 SGB III bestimmt, dass InsG innerhalb einer Ausschlussfrist von zwei Monaten nach dem Insolvenzereignis zu beantragen ist. Hat der Arbeitnehmer die Frist aus Gründen versäumt, die er nicht zu vertreten hat, so wird InsG geleistet, wenn der Antrag innerhalb von zwei Monaten nach Wegfall des Hinderungsgrundes gestellt wird (§ 324 Abs. 3 Satz 2 SGB III). Der Arbeitnehmer hat die Versäumung der Frist zu vertreten, wenn er sich nicht mit der erforderlichen Sorgfalt um die Durchsetzung seiner Ansprüche bemüht hat (§ 324 Abs. 3 Satz 3 SGB III).
Der Kläger hat die Frist des § 324 Abs. 3 Satz 1 SGB III, die eine materielle Ausschlussfrist ist, so dass der Anspruch mit der Fristversäumnis erlischt (vgl. Niesel, SGB III, 5. Auflage, § 324 Rdnr. 18), versäumt. Diese war ausgehend vom Tag des Abweisungsbeschlusses (24.10.2006) gemäß § 26 Abs. 3 Satz 1 SGB X i.V.m. § 187, 188 Bürgerliches Gesetzbuch am 27.12.2006 (Mittwoch) abgelaufen. Der erst am 01.02.2007 bei der Beklagten eingegangene Antrag auf InsG des Klägers wahrte die Antragsfrist somit nicht.
Der Kläger war nicht gehindert, die Frist einzuhalten. Er kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, er habe die 2-Monatsfrist aus Gründen versäumt, die er nicht zu vertreten habe. Seit der am 14.12.2006 an ihn erfolgten Zustellung des Beschlusses des Amtsgerichts Stuttgart vom 24.10.2006 war ihm definitiv bekannt, dass der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Firma B d.o.o. mangels Masse abgewiesen worden war. Von dem den Lauf der Frist auslösenden Insolvenzereignis hatte der Kläger somit seit diesem Zeitpunkt Kenntnis. Er hatte dann noch bis 27.12.2006, mithin noch fast zwei Wochen Zeit, den Antrag rechtzeitig zu stellen. Dies war dem Kläger auch möglich und zumutbar. Dass die Weihnachtsfeiertage zwischen dem Zeitpunkt der positiven Kenntnis vom Insolvenzereignis und dem Ablauf der Antragsfrist lagen, ändert hieran nichts. Der Antrag wäre auch dann noch rechtzeitig gestellt worden, wenn er am 27.12.2006 - also nach den Feiertagen - bei der Beklagten eingegangen wäre. Der Kläger war in der noch verbleibenden Zeit (14.12.2006 bis 27.12.2006) nicht gehindert, den Antrag zu stellen. Etwas anderes ist von ihm nicht vorgebracht worden und auch sonst nicht ersichtlich. Ein ihm nicht vorwerfbarer Grund für die verspätete Antragstellung ist somit nicht erkennbar. Soweit sich der Kläger darauf beruft, er habe von der 2-Monatsfrist des § 324 Abs. 3 Satz 1 SGB III keine Kenntnis gehabt, ist dies rechtlich nicht erheblich. Fehlende Rechtskenntnisse oder rechtsirrige Rechtsansichten sind grundsätzlich zu vertreten (vgl. BSG SozR 4100 § 141 e Nr. 8). Es obliegt jedem im Eigeninteresse, sich zuverlässigen rechtskundigen Rat zu verschaffen, zumal vorliegend der Kläger hinreichenden Anlass hierfür hatte.
Dass der Kläger die Versäumung der Ausschlussfrist zu vertreten hat wird auch dadurch deutlich, dass er nach seinen eigenen Angaben im Antrag auf InsG vom 30.01.2007 vom Geschäftsführer seiner früheren Arbeitgeberin, den er im November 2006 massiv auf die noch ausstehenden Gehaltszahlungen angesprochen hat, an das Insolvenzgericht verwiesen worden ist. Dem Kläger hätte also schon im November 2006 unmissverständlich klar sein müssen, dass er unverzüglich bei der Beklagten InsG beantragen bzw. zumindest Rechtsrat einholen muss.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger Anspruch auf Insolvenzgeld (InsG) hat.
Der am 1944 geborene Kläger war seit 15.01.2006 bei der Firma B d.o.o., die durch den Geschäftsführer R. S. vertreten wurde, als Bauleiter versicherungspflichtig beschäftigt. Mit Beschluss des Amtsgerichts Stuttgart vom 24.10.2006 wurde der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen dieser Firma mangels einer die Kosten des Verfahrens deckenden Masse abgewiesen. Am 14.12.2006 wurde dem Kläger dieser Beschluss des Amtsgerichts Stuttgart zugestellt. Mit Schreiben vom 21.12.2006 wandte sich der Kläger an das Amtsgericht Stuttgart (Insolvenzabteilung) und bat um Mitteilung, wie er seine Gehaltsforderungen - er habe seit Mai 2006 keine Zahlungen mehr erhalten - beitreiben bzw. Insolvenzgeld beziehen könne. Er habe erfahren, dass die Firma B bzw. Herr S. Insolvenz angemeldet habe.
Mit am 01.02.2007 bei der Agentur für Arbeit S. (AA) eingegangenem Schreiben vom 30.01.2007 beantragte der Kläger InsG und gab an, er habe seit Mai 2006 keine Gehaltszahlungen mehr erhalten. Herr S. habe ihm immer wieder versichert, dass er bezahlen würde und habe ihm auch einen Auszahlungsschein seiner Bank übergeben. Sein Konto habe aber kein entsprechendes Guthaben ausgewiesen. Im November 2006 habe er Herrn S. massiv auf die noch ausstehenden Gehaltszahlungen angesprochen. Dieser habe ihn an das Insolvenzgericht verwiesen. Von dort habe er am 14.12.2006 die Mitteilung erhalten, dass der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 24.10.2006 mangels Masse abgewiesen worden sei. Klage beim Arbeitsgericht habe er nicht eingereicht, da er sich auf die Zusagen von Herrn S. verlassen habe. Der Kläger legte eine Kopie der am 06.12.2005 zwischen der Firma B und ihm getroffenen Vereinbarung über die von ihm zu übernehmende technische Leitung der Firma sowie die Vergütungsvereinbarung vom 06.12.2005 (monatliche Vergütung 1.250 EUR bei einer Arbeitszeit von 80 Stunden) und die Gehaltsabrechnung vom Oktober 2006 vor. In dieser heißt es unter Bruttobezüge "bis Insolvenz 25.10.2006 1.022,73 EUR".
Mit Bescheid vom 16.03.2007 lehnte die AA den Antrag des Klägers ab. Nach § 16 (richtig: § 15) Bundesrahmentarifvertrag des Baugewerbes (BRTV-Bau) seien die Ansprüche aus einem Arbeitsverhältnis innerhalb von zwei Monaten nach der Fälligkeit gegenüber der anderen Partei gerichtlich einzuklagen. Da der Kläger seine Ansprüche auf Arbeitsentgelt nicht gerichtlich geltend gemacht habe, sei sein Anspruch auf Arbeitsentgelt verfallen, so dass kein Anspruch auf InsG bestehe.
Dagegen legte der Kläger am 02.04.2007 Widerspruch ein, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20.04.2007 - im Wesentlichen aus den Gründen des angefochtenen Bescheides - als unbegründet zurückwies.
Am 11.05.2007 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG), mit der er im Einzelnen darlegte, aus welchen Gründen er erst am 01.02.2007 den Antrag auf InsG gestellt und auf eine Klage beim Arbeitsgericht verzichtet habe. Er brachte ferner vor, dass er sich nach dem Verlust seines Arbeitsplatzes nicht arbeitslos gemeldet, sondern sofort um eine andere Arbeit bemüht habe. Auf Anfrage des SG teilte er mit (Schreiben vom 27.07.2007), die Gehaltsabrechnungen ab Juli 2006 lägen ihm nicht mehr vor. Die Abrechnung für Oktober 2006 habe er nach dem Bekanntwerden der Insolvenz im Dezember 2006 von der damaligen Bürokraft von Herrn S. erhalten. Der Kläger legte die Gehaltsabrechnung für März 2006 (Bruttobezüge 1.250 EUR) und die mit Vollmacht überschriebene, ihm von Herrn S. zu Lasten dessen Kontos erteilte Empfangsberechtigung über 2.000 EUR vom 26.06.2006 vor. Im Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 31.10.2007 machte er weitere Angaben zu Art und Umfang seiner Tätigkeit für seine Arbeitgeberin in R. (Neubau Fachhochschule), die dort als Subunternehmer der österreichischen Firma H. tätig geworden sei. Zusätzliche Angaben hierzu und zum Zeitpunkt und den Umständen seiner Kenntniserlangung vom Insolvenzereignis machte der Kläger in der mündlichen Verhandlung am 30.09.2009. In der mündlichen Verhandlung legte er auch sein Schreiben vom 21.12.2006 an die Insolvenzabteilung des Amtsgerichts Stuttgart vor.
Die Beklagte trat der Klage entgegen und machte geltend, es lägen keine Nachweise bezüglich eines Entgeltanspruchs des Klägers gegen seine Arbeitgeberin für die Monate Juli bis Oktober 2006 vor. Sie verwies erneut auf § 16 (richtig: § 15) BRTV-Bau, der auch bei der Gewährung von InsG zu berücksichtigen sei.
Mit Urteil vom 30.09.2009 wies das SG die Klage ab. Der Kläger habe keinen Anspruch auf InsG, da er den Antrag auf InsG nicht innerhalb der Ausschlussfrist von zwei Monaten nach dem Insolvenzereignis gestellt und die Versäumung dieser Frist auch zu vertreten habe, da er am 14.12.2006, also noch innerhalb der Antragsfrist, von der Abweisung des Antrages auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse erfahren und trotzdem nicht innerhalb der noch verbleibenden zwei Wochen den Antrag gestellt habe. Es wäre dem Kläger möglich und zumutbar gewesen, innerhalb der Antragsfrist einen Antrag zu stellen.
Gegen das ihm am 31.10.2009 zugestellte Urteil hat der Kläger am 24.11.2009 beim SG Berufung eingelegt, mit der er an seinem Ziel festhält. Er macht geltend, Herr S. habe ihn noch im Januar 2007 in dem Glauben gelassen, dass er seine ausstehenden Gehälter erhalten würde. Am 30.01.2007 - also innerhalb von zwei Monaten, nachdem er von dem Insolvenzereignis erfahren habe (14.12.2006) - habe er den Antrag auf InsG gestellt. Das Arbeitsgericht und das Insolvenzgericht, die er um entsprechende Beratung gebeten habe, hätten ihn nicht bzw. nur unzureichend (Insolvenzgericht: Keine Mitteilung des Insolvenzverwalters und keine Mitteilung, was von ihm zu unternehmen sei) beraten.
Der Kläger beantragt - sinngemäß -,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 30. September 2009 und den Bescheid der Beklagten vom 16. März 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. April 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Insolvenzgeld in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und bringt vor, ein Fehlverhalten der Beklagten, des Arbeitsgerichts und des Amtsgerichts (Insolvenzgericht), das einen Anspruch des Klägers begründen könnte, könne nicht festgestellt werden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz und die Akten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte entscheiden, obgleich der Kläger zum Termin nicht erschienen ist. Der Kläger war ordnungsgemäß geladen und auf diese Möglichkeit in der Ladung hingewiesen worden. Hinderungsgründe hat der Kläger nicht vorgetragen.
Die nach den §§ 143, 144 Abs. 1, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf InsG.
Streitgegenstand ist der Bescheid vom 16.03.2007 (Widerspruchsbescheid vom 20.04.2007), mit dem die Beklagte den Antrag des Klägers auf InsG vom 01.02.2007 abgelehnt hat. Demgegenüber macht der Kläger geltend, dass er Anspruch auf InsG habe. Er habe den Antrag rechtzeitig gestellt.
Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch auf InsG ist § 183 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch - Drittes Buch - (SGB III). Arbeitnehmer haben danach Anspruch auf InsG, wenn sie im Inland beschäftigt waren und bei Abweisung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse für die vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt haben (§ 183 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB III). § 324 Abs. 3 Satz 1 SGB III bestimmt, dass InsG innerhalb einer Ausschlussfrist von zwei Monaten nach dem Insolvenzereignis zu beantragen ist. Hat der Arbeitnehmer die Frist aus Gründen versäumt, die er nicht zu vertreten hat, so wird InsG geleistet, wenn der Antrag innerhalb von zwei Monaten nach Wegfall des Hinderungsgrundes gestellt wird (§ 324 Abs. 3 Satz 2 SGB III). Der Arbeitnehmer hat die Versäumung der Frist zu vertreten, wenn er sich nicht mit der erforderlichen Sorgfalt um die Durchsetzung seiner Ansprüche bemüht hat (§ 324 Abs. 3 Satz 3 SGB III).
Der Kläger hat die Frist des § 324 Abs. 3 Satz 1 SGB III, die eine materielle Ausschlussfrist ist, so dass der Anspruch mit der Fristversäumnis erlischt (vgl. Niesel, SGB III, 5. Auflage, § 324 Rdnr. 18), versäumt. Diese war ausgehend vom Tag des Abweisungsbeschlusses (24.10.2006) gemäß § 26 Abs. 3 Satz 1 SGB X i.V.m. § 187, 188 Bürgerliches Gesetzbuch am 27.12.2006 (Mittwoch) abgelaufen. Der erst am 01.02.2007 bei der Beklagten eingegangene Antrag auf InsG des Klägers wahrte die Antragsfrist somit nicht.
Der Kläger war nicht gehindert, die Frist einzuhalten. Er kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, er habe die 2-Monatsfrist aus Gründen versäumt, die er nicht zu vertreten habe. Seit der am 14.12.2006 an ihn erfolgten Zustellung des Beschlusses des Amtsgerichts Stuttgart vom 24.10.2006 war ihm definitiv bekannt, dass der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Firma B d.o.o. mangels Masse abgewiesen worden war. Von dem den Lauf der Frist auslösenden Insolvenzereignis hatte der Kläger somit seit diesem Zeitpunkt Kenntnis. Er hatte dann noch bis 27.12.2006, mithin noch fast zwei Wochen Zeit, den Antrag rechtzeitig zu stellen. Dies war dem Kläger auch möglich und zumutbar. Dass die Weihnachtsfeiertage zwischen dem Zeitpunkt der positiven Kenntnis vom Insolvenzereignis und dem Ablauf der Antragsfrist lagen, ändert hieran nichts. Der Antrag wäre auch dann noch rechtzeitig gestellt worden, wenn er am 27.12.2006 - also nach den Feiertagen - bei der Beklagten eingegangen wäre. Der Kläger war in der noch verbleibenden Zeit (14.12.2006 bis 27.12.2006) nicht gehindert, den Antrag zu stellen. Etwas anderes ist von ihm nicht vorgebracht worden und auch sonst nicht ersichtlich. Ein ihm nicht vorwerfbarer Grund für die verspätete Antragstellung ist somit nicht erkennbar. Soweit sich der Kläger darauf beruft, er habe von der 2-Monatsfrist des § 324 Abs. 3 Satz 1 SGB III keine Kenntnis gehabt, ist dies rechtlich nicht erheblich. Fehlende Rechtskenntnisse oder rechtsirrige Rechtsansichten sind grundsätzlich zu vertreten (vgl. BSG SozR 4100 § 141 e Nr. 8). Es obliegt jedem im Eigeninteresse, sich zuverlässigen rechtskundigen Rat zu verschaffen, zumal vorliegend der Kläger hinreichenden Anlass hierfür hatte.
Dass der Kläger die Versäumung der Ausschlussfrist zu vertreten hat wird auch dadurch deutlich, dass er nach seinen eigenen Angaben im Antrag auf InsG vom 30.01.2007 vom Geschäftsführer seiner früheren Arbeitgeberin, den er im November 2006 massiv auf die noch ausstehenden Gehaltszahlungen angesprochen hat, an das Insolvenzgericht verwiesen worden ist. Dem Kläger hätte also schon im November 2006 unmissverständlich klar sein müssen, dass er unverzüglich bei der Beklagten InsG beantragen bzw. zumindest Rechtsrat einholen muss.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
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