Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
19
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 35 AL 448/08
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 19 AL 106/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 26.02.2010 wird zurückgewiesen. Die Klage auf Bewilligung von Arbeitslosengeld wird abgewiesen. Kosten des Klägers sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung der Bewilligung eines Gründungszuschusses für die Zeit vom 01.07.2007 bis 31.03.2008 und die Rückforderung eines Betrages von 11.417,40 EUR.
Der am 00.00.1962 geborene Kläger war in der Zeit vom 01.00.2003 bis 00.00.2007 als Arzt in den F Kliniken H GmbH beschäftigt. Laut Arbeitgeberbescheinigung vom 29.05.2007 bezog er in der Zeit vom 22.11.2004 bis 28.02.2007 wegen Krankheit kein Arbeitsentgelt.
Am 28.03.2007 schloss der Kläger einen unbefristeten Dienstvertrag mit dem F Klinikum O gGmbH (im Folgenden Klinikum O) über die Tätigkeit als Assistenzarzt für die Zeit ab dem 01.04.2007. In § 7 des Dienstvertrages war vereinbart, dass die Ausübung von Nebentätigkeiten der schriftlichen Einwilligung des Chefarztes und des Krankenhausträgers bedarf. Die Ausübung einer freiberuflichen Tätigkeit in eigener Praxis war dem Kläger untersagt. Der Kläger erzielte im April 2007 ein Arbeitsentgelt von 4.333,78 EUR, im Mai 2007 von 4.448,61 EUR sowie im Juni und Juli 2007 jeweils in Höhe von 5.250,00 EUR. Die Arbeitgeberin kündigte das Arbeitsverhältnis innerhalb der Probezeit am 10.07.2007 zum 31.07.2007.
Durch eine Überschneidungsmitteilung erfuhr die Beklagte, dass dem Rentenversicherungsträger eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung des Klägers im Klinikum O in der Zeit vom 01.04. bis 31.07.2007 gemeldet war. In der Arbeitgeberbescheinigung vom 02.01.2008 gab das Klinikum O an, dass der Kläger in der Zeit vom 01.04. bis 31.07.2007 als Assistenzarzt mit einer Arbeitszeit von 38,5 Stunden in der Woche beschäftigt war. Der Kläger erklärte, dass es sich nur um eine geringfügige, stundenweise Tätigkeit bis zum 30.06.2007 gehandelt habe, der Tätigkeitsumfang habe "0-5-10 Stunden" betragen. Ab dem 01.07.2007 sei er nicht mehr tätig gewesen. Seine Tätigkeit habe lediglich dazu gedient, Kontakte zu knüpfen, um extern als Gutachter Aufträge zu erhalten. Durch Bescheid vom 29.01.2008 hob die Beklagte die Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosengeld ab dem 31.05.2007 ganz auf und forderte das für die Zeit vom 31.05. bis 30.06.2007 geleistete Arbeitslosengeld in Höhe von insgesamt 1.656,33 EUR zurück. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 27.05.2008 zurück. Die dagegen eingelegte Klage, S 35 AL 264/08, wies das Sozialgericht Dortmund durch Urteil vom 26.02.2010 rechtskräftig ab.
Am 25.05.2007 beantragte der Kläger die Gewährung eines Gründungszuschusses zur Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit als Arzt in der ambulanten Psychotherapie zum 01.07.2007 nach § 57 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III). In dem am 01.07.2007 unterschriebenen Antragsformular verneinte der Kläger die Frage, ob er noch eine andere bzw. weitere Beschäftigung ausübe. Durch Bescheid vom 10.08.2007 bewilligte die Beklagte dem Kläger für die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit am 01.07.2007 einen Gründungszuschuss für die Zeit vom 01.07.2007 bis 31.03.2008 in Höhe von 1.902,90 EUR mtl ... Die Erstattungsforderung aus dem Bescheid vom 10.08.2007 in Höhe von 1.932,98 EUR verrechnete sie mit dem Gründungszuschuss. Nach Eingang der Überschneidungsmitteilung vom 28.11.2007 verfügte die Beklagte die Einstellung der Auszahlung des Gründungszuschusses mit Wirkung zum 01.01.2008.
Nach Anhörung des Klägers hob die Beklagte mit Bescheid vom 18.01.2008 die Entscheidung über die Bewilligung von Gründungszuschuss ab dem 01.07.2007 unter Berufung auf § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 und Nr. 4 Zehntes Buch (SGB X) ganz auf und forderte den für die Zeit vom 01.07. bis 31.12.2007 geleisteten Gründungszuschuss in Höhe von 11.417,40 EUR nach § 50 SGB X zurück. Sie führte aus, dass der Kläger bis zum 31.07.2007 beruflich tätig gewesen sei. Damit seien die Voraussetzungen für den Bezug des Gründungszuschusses ab dem 01.07.2007 weggefallen.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Er trug vor, dass seine geringfügige Tätigkeit Anfang Juli 2007 geendet habe. Auf telefonische Nachfrage erklärte das Klinikum O, dass die in der Arbeitsbescheinigung vom 02.01.2008 gemachten Angaben richtig seien. Der Kläger sei innerhalb der Probezeit zum 31.07.2007 gekündigt worden und bis dahin in Vollzeit beschäftigt gewesen. Nach Mitteilung des Ergebnisses des Telefongesprächs gab der Kläger ant, dass die Angaben der Klinikverwaltung nicht objektiv seien. Diese beinhalteten nur die maximal mögliche Stundenzahl, es komme aber auf die Realität an. Die Chefärztin der Abteilung könne bestätigen, dass er in den Monaten Juni/Juli 2007 maximal 15 Stunden wöchentlich in der Abteilung gearbeitet habe. Für ihn selbst sei die Tätigkeit in der Klinik nur interessant gewesen, um Kontakte zu knüpfen und aufzufrischen sowie um seine selbstständige Tätigkeit als Arzt einen Kooperationspartner zu gewinnen, der ihm beispielsweise Gutachteraufträge oder Vertretungsarbeiten zukommen ließe. Arbeitskollegen in der Klinik könnten sicher bestätigen, dass seine Angaben zuträfen. Auf erneute Anfrage der Beklagten teilte die Arbeitgeberin mit, dass die wöchentliche Arbeitszeit des Klägers vom 01.04. bis 30.06.2007 38,5 Stunden und ab dem 01.07.2007 42 Stunden betragen habe. Der Kläger habe zusätzlich am Bereitschaftsdienst teilgenommen. Durch Widerspruchsbescheid vom 21.08.2008 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Rechtsgrundlage für die Aufhebungsentscheidung sei § 45 SGB X i.V.m. § 330 SGB III. Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbstständigen, hauptberuflichen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beendeten, hätten nach § 57 Abs. 1 SGB III zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung Anspruch auf einen Gründungszuschuss. Gefördert werde nur die Aufnahme und die Ausübung einer selbstständigen Beschäftigung, die hauptberuflich ausgeübt werde und der Gewinnerzielung diene. Da der Kläger in der Zeit vom 01.04. bis 31.07.2007 als Arzt in Vollzeit abhängig beschäftigt gewesen sei und zusätzlich noch am Bereitschaftsdienst teilgenommen habe, könne nicht davon ausgegangen werden, dass er zum 01.07.2007 eine hauptberuflich ausgeübte selbstständige Tätigkeit ausgeübt habe.
Am 20.09.2008 hat der Kläger Klage erhoben. Er hat vorgetragen, dass er die Tätigkeit im Klinikum nur deshalb aufgenommen habe, um in der Vorbereitung auf seine selbstständige Arbeit entsprechende Kontakte zu knüpfen und aufzufrischen. Er sei auch ab April 2007 tatsächlich damit beschäftigt gewesen, seine selbstständige Tätigkeit aufzubauen. Er habe sein Arbeitsverhältnis zum 31.07.2007 beendet, so dass zumindest ab dem 01.08.2007 die Voraussetzungen für die Gewährung eines Gründungszuschusses vorgelegen hätten und zumindest insoweit die Bescheide aufzuheben seien.
Durch Urteil vom 26.02.2010 hat das Sozialgericht Dortmund die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Gegen das am 03.03.2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 06.04.2010 Berufung eingelegt. Er trägt vor, dass die ausgeübte angestellte Tätigkeit keinen vollzeitlichen Inhalt gehabt habe. Sie habe nur als Mittel zum Requirieren von Aufträgen in Form der Auffrischung eines alten Kontakts zur vollen Ausübung der beabsichtigten selbstständigen Tätigkeit gedient. Bereits nach zwei bis drei Tagen sei erkennbar gewesen, dass die angestrebte Kontaktaufnahme zum Scheitern verurteilt und keinesfalls tragfähig gewesen sei. Insbesondere ab dem 01.06.2007 sei die angestrebte Tätigkeit zunehmend eingestellt worden. Er habe zunächst nur noch maximal 20 Stunden die Woche, ab dem 01.07.2007 de facto gar nicht mehr gearbeitet. Offiziell habe seine Tätigkeit mit schriftlicher Kündigung der Arbeitsvereinbarung zum 31.07.2007 geendet. Mithin habe er ab dem 01.08.2007 keine angestellte Nebentätigkeit ausgeübt und damit habe 100%ige Arbeitslosigkeit bestanden. Die völlige Rückforderung des Gründungszuschusses beachte nicht die für die Selbstständigkeit wichtige Kontaktaufnahme mit potentiellen Auftraggebern, ebenso die Möglichkeit der kurzen limitierten scheinbaren angestellten Tätigkeit im Sinne der Entfaltung der Selbstständigkeit im freien Beruf bei Vakanzen. Im Rahmen der Selbstständigkeit sei die zeitliche Vakanz und Planbarkeit für Nebentätigkeiten gegeben. Die Höhe des erzielbaren Einkommens sei unlimitiert und die Nebentätigkeit hätte jeden Tag beendet werden können. Ebenso sei zu berücksichtigen, dass ab dem 01.08.2007 die angestellte Nebentätigkeit geendet habe, sodass ab diesem Zeitpunkt auch der Anspruch auf Arbeitslosengeld absolut bestanden habe, damit auch für den Gründungszuschuss, was aber in der Gesamtforderung seitens des Arbeitsamtes absolut ignoriert werde und keinesfalls richtig sein könne. Er beantrage, die Rückforderung des Gründungszuschusses durch die Beklagte auszusetzen und ihm den Gründungszuschuss zu Recht voll oder teilweise zu gewähren oder ihm alternativ ab dem 01.08.2007 Arbeitslosengeld zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Der Senat hat die Personalakte des Klägers vom Klinikum O über den Kläger beigezogen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Verwaltungsakte der Beklagten, der beigezogenen Personalakte des Klägers und der Akte des Sozialgerichts Dortmund, S 35 AL 264/08, Bezug genommen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte in Abwesenheit des Klägers verhandeln und entscheiden (§ 110 Abs. 1 Satz 2, 126, 153 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG -), da er mit der ordnungsgemäßen Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist. Das persönliche Erscheinen des Klägers, der hinreichend Gelegenheit hatte, sich schriftsätzlich zu äußern, ist auch nicht zum Zweck einer weiteren Sachverhaltsaufklärung angeordnet gewesen. Einen Vertagungsantrag hat der Kläger nicht gestellt.
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Der Kläger ist nicht beschwert i.S.v. § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 18.01.2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21.08.2008 ist rechtmäßig.
Die Voraussetzungen für die vollständige Rücknahme des Bescheides vom 10.08.2007 über die Bewilligung eines Gründungszuschusses ab dem 01.07.2007 sind nach §§ 330 Abs. 2 SGB III, 45 Abs. 1, Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X gegeben.
Soweit ein begünstigender Verwaltungsakt, rechtswidrig ist, ist er danach, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 des § 45 SGB X ganz oder teilweise mit Wirkung oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
Der Bescheid vom 10.08.2007 über die Bewilligung eines Gründungszuschusses ab dem 01.07.2007 ist als begünstigender Dauerverwaltungsakt zum Zeitpunkt seines Erlasses rechtswidrig gewesen. Nach § 57 Abs. 1 SGB IIII i.d.F. ab dem 01.08.2006 (Art. 2 Nr. 4a des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.07.2006, BGBl. I, 1706) hat ein Arbeitnehmer, der durch die Aufnahme einer selbstständigen, hauptberuflichen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beendet, zur Sicherung seines Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung Anspruch auf einen Gründungszuschuss.
Der Kläger hat durch die Aufnahme seiner selbständigen Tätigkeit - Tätigkeit als niedergelassener Psychiater und Psychotherapeut für Privatpatienten und Selbstzahler - seine Arbeitslosigkeit nicht beendet. Zum 01.07.2007 ist der Kläger nicht arbeitslos i.S.d. § 119 Abs. 1 Nr. 1 SGB III gewesen, da er in einem Beschäftigungsverhältnis mit dem Klinikum O gestanden hat. Aufgrund eines unbefristeten Arbeitsvertrages ist er ab dem 01.07.2007 verpflichtet gewesen, als Assistenzarzt mit einer Arbeitszeit vom 42 Stunden wöchentlich im Betrieb des Klinikums O tätig zu sein. Der Senat sieht es als erwiesen an, dass der Umfang der im Dienstvertrag vom 28.03.2007 vereinbarten Arbeitszeit - Vollzeit - nicht aufgrund einer nachträglichen vertraglichen Vereinbarung zwischen dem Kläger und seiner Arbeitgeberin reduziert worden ist. Anhaltspunkte für das Bestehen einer solchen Vereinbarung ergeben sich weder aus der beigezogenen Personalakte des Klägers noch aus den Angaben der Arbeitgeberin, wobei zu berücksichtigen ist, dass nach § 10 des Dienstvertrages Änderungen und Ergänzungen des Vertrages zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform bedürfen. Auch hat die Arbeitgeberin für Juli 2007 das volle Gehalt - 5.250,00 EUR - an den Kläger ausgezahlt. Das Arbeitsverhältnis ist von ihr erst am 10.07.2007 mit Wirkung zum 31.07.2007 gekündigt worden. Die Arbeitgeberin hat zum 01.07.2007 nicht die Verfügungsgewalt über den Kläger aufgegeben (siehe zur Definition des Beschäftigungsverhältnisses: BSG Urteil vom 13.07.2006 - B 7a AL 16/05 R = SozR 4 - 4300 § 122 Nr. 5). Deshalb kann dahinstehen, ob der Kläger wegen einer bescheinigten Arbeitsunfähigkeit im Juli 2007 tatsächlich eine Tätigkeit für seine Arbeitgeberin ausgeübt hat.
Die Beklagte ist nach § 45 Abs. 4 Satz 1 SGB X berechtigt gewesen, den Bewilligungsbescheid vom 10.08.2007 mit Wirkung für die Vergangenheit und die Zukunft vollständig zurückzunehmen. Der Kläger kann sich nicht auf den Vertrauensschutz nach § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X berufen. Denn er hat, wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt, seine Mitteilungspflicht i.S.v. § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X verletzt. Er hat der Beklagten nicht mitgeteilt, dass er sowohl zum Zeitpunkt der Antragstellung am 25.05.2007 als auch in der Zeit nach dem 01.07.2007 eine abhängige Beschäftigung mit einer Arbeitszeit von mehr als 15 Stunden wöchentlich ausgeübt hat. Zu dieser Mitteilung ist der Kläger jedoch nach § 60 Abs. 1 Nr. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) verpflichtet gewesen. Danach hat, wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind. Diese Mitteilungspflicht nach § 60 Abs. 1 SGB I besteht bis zum Abschluss des Antragsverfahrens durch eine Entscheidung des Leistungsträgers und bezieht sich auch auf Änderungen in den Verhältnissen, die während des Antragsverfahrens eintreten.
Vorliegend hat der Kläger weder das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses mit dem Klinikum O noch die Kündigung dieses Arbeitsverhältnisses durch die Arbeitgeberin am 10.07.2007 der Beklagten mitgeteilt. Vielmehr hat er das Bestehen des Arbeitsverhältnisses mit dem Klinikum O sowohl im Antragsverfahren auf Gewährung von Arbeitslosengeld als auch in demjenigen auf Bewilligung eines Gründungszuschusses gegenüber der Beklagten verschwiegen. Damit hat er die Mitteilungspflicht aus § 60 Abs. 1 Nr. 1 SGB I zumindest grob fahrlässig verletzt. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maß verletzt hat (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X) und schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht anstellt bzw. nicht beachtet, was in jedem Fall einleuchten muss (BSG Urteil vom 19.02.1986 - 7 RAr 55/84 = SozR 3-1300 § 48 Nr. 22). Dabei ist das Maß der Fahrlässigkeit insbesondere nach der persönlichen Urteils- und Kritikfähigkeit, dem Einsichtsvermögen des Beteiligten sowie den besonderen Umständen des Falles zu beurteilen. Vorliegend hat der Kläger die Frage, ob er noch eine andere bzw. weitere Beschäftigung ausübe, am 01.07.2007 im Antragsformular verneint. Er wusste aber, dass er aufgrund eines ungekündigten und unbefristeten Arbeitsvertrages zu einer Vollzeittätigkeit als Assistenzarzt im Klinikum O verpflichtet war und er von seiner Arbeitgeberin die volle Gehaltszahlung, zuletzt einen Betrag von 5.250,00 EUR, erhalten würde. Für den Senat ergeben sich aus dem Akteninhalt und dem Vortrag des Klägers keine Anhaltspunkte für eine Einschränkung seiner Urteils- und Kritikfähigkeit oder seines Einsichtsvermögens. Allein aufgrund seiner intellektuellen Fähigkeiten, die durch den erreichten Bildungsabschluss dokumentiert werden, musste es sich ihm aufdrängen, dass seine vertraglichen Beziehungen mit dem Klinikum O, insbesondere der Erhalt der vollen Gehaltszahlung, für die Beklagte zur Beurteilung des Sachverhalts relevant sind.
Der Kläger ist von der Beklagten nach § 24 SGB X angehört worden. Die Fristen des § 45 Abs. 3 SGB X sind gewahrt. Die Beklagte hat die Jahresfrist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X eingehalten, da sie innerhalb eines Jahres nach der Anhörung des Klägers den Bescheid vom 18.01.2008 erlassen hat.
Der Kläger ist verpflichtet, der Beklagten den für die Zeit vom 01.07 bis 31.12.2007 geleisteten Gründungszuschuss von 11.417,40 EUR nach § 50 Abs. 1 Satz. 1 SGB X zu erstatten.
Der im Berufungsverfahren gestellte Hilfsantrag auf Gewährung von Arbeitslosengeld ab dem 01.08.2007 ist als erstinstanzlich erhobene Klage im Berufungsverfahren wegen Fehlens einer Verwaltungsentscheidung unzulässig. Die Beklagte hat die Bewilligung von Arbeitslosengeld für die Zeit ab 31.05.2007 durch den Bescheid vom 29.01.2008 i.d.F. des Widerspruchsbescheides vom 27.05.2008 aufgehoben. Die hiergegen vom Kläger erhobene Klage hat das Sozialgericht Dortmund mit Urteil vom 26.02.2010 - S 35 AL 264/08 - abgewiesen. Dieses Urteil ist rechtskräftig und die Entscheidung über die Aufhebung der Leistungsbewilligung für die Beteiligten bindend. Eine erneute Entscheidung über einen Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld ab dem 01.08.2007 hat die Beklagte nicht getroffen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Anlass, die Revision nach § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, besteht nicht.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung der Bewilligung eines Gründungszuschusses für die Zeit vom 01.07.2007 bis 31.03.2008 und die Rückforderung eines Betrages von 11.417,40 EUR.
Der am 00.00.1962 geborene Kläger war in der Zeit vom 01.00.2003 bis 00.00.2007 als Arzt in den F Kliniken H GmbH beschäftigt. Laut Arbeitgeberbescheinigung vom 29.05.2007 bezog er in der Zeit vom 22.11.2004 bis 28.02.2007 wegen Krankheit kein Arbeitsentgelt.
Am 28.03.2007 schloss der Kläger einen unbefristeten Dienstvertrag mit dem F Klinikum O gGmbH (im Folgenden Klinikum O) über die Tätigkeit als Assistenzarzt für die Zeit ab dem 01.04.2007. In § 7 des Dienstvertrages war vereinbart, dass die Ausübung von Nebentätigkeiten der schriftlichen Einwilligung des Chefarztes und des Krankenhausträgers bedarf. Die Ausübung einer freiberuflichen Tätigkeit in eigener Praxis war dem Kläger untersagt. Der Kläger erzielte im April 2007 ein Arbeitsentgelt von 4.333,78 EUR, im Mai 2007 von 4.448,61 EUR sowie im Juni und Juli 2007 jeweils in Höhe von 5.250,00 EUR. Die Arbeitgeberin kündigte das Arbeitsverhältnis innerhalb der Probezeit am 10.07.2007 zum 31.07.2007.
Durch eine Überschneidungsmitteilung erfuhr die Beklagte, dass dem Rentenversicherungsträger eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung des Klägers im Klinikum O in der Zeit vom 01.04. bis 31.07.2007 gemeldet war. In der Arbeitgeberbescheinigung vom 02.01.2008 gab das Klinikum O an, dass der Kläger in der Zeit vom 01.04. bis 31.07.2007 als Assistenzarzt mit einer Arbeitszeit von 38,5 Stunden in der Woche beschäftigt war. Der Kläger erklärte, dass es sich nur um eine geringfügige, stundenweise Tätigkeit bis zum 30.06.2007 gehandelt habe, der Tätigkeitsumfang habe "0-5-10 Stunden" betragen. Ab dem 01.07.2007 sei er nicht mehr tätig gewesen. Seine Tätigkeit habe lediglich dazu gedient, Kontakte zu knüpfen, um extern als Gutachter Aufträge zu erhalten. Durch Bescheid vom 29.01.2008 hob die Beklagte die Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosengeld ab dem 31.05.2007 ganz auf und forderte das für die Zeit vom 31.05. bis 30.06.2007 geleistete Arbeitslosengeld in Höhe von insgesamt 1.656,33 EUR zurück. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 27.05.2008 zurück. Die dagegen eingelegte Klage, S 35 AL 264/08, wies das Sozialgericht Dortmund durch Urteil vom 26.02.2010 rechtskräftig ab.
Am 25.05.2007 beantragte der Kläger die Gewährung eines Gründungszuschusses zur Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit als Arzt in der ambulanten Psychotherapie zum 01.07.2007 nach § 57 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III). In dem am 01.07.2007 unterschriebenen Antragsformular verneinte der Kläger die Frage, ob er noch eine andere bzw. weitere Beschäftigung ausübe. Durch Bescheid vom 10.08.2007 bewilligte die Beklagte dem Kläger für die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit am 01.07.2007 einen Gründungszuschuss für die Zeit vom 01.07.2007 bis 31.03.2008 in Höhe von 1.902,90 EUR mtl ... Die Erstattungsforderung aus dem Bescheid vom 10.08.2007 in Höhe von 1.932,98 EUR verrechnete sie mit dem Gründungszuschuss. Nach Eingang der Überschneidungsmitteilung vom 28.11.2007 verfügte die Beklagte die Einstellung der Auszahlung des Gründungszuschusses mit Wirkung zum 01.01.2008.
Nach Anhörung des Klägers hob die Beklagte mit Bescheid vom 18.01.2008 die Entscheidung über die Bewilligung von Gründungszuschuss ab dem 01.07.2007 unter Berufung auf § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 und Nr. 4 Zehntes Buch (SGB X) ganz auf und forderte den für die Zeit vom 01.07. bis 31.12.2007 geleisteten Gründungszuschuss in Höhe von 11.417,40 EUR nach § 50 SGB X zurück. Sie führte aus, dass der Kläger bis zum 31.07.2007 beruflich tätig gewesen sei. Damit seien die Voraussetzungen für den Bezug des Gründungszuschusses ab dem 01.07.2007 weggefallen.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Er trug vor, dass seine geringfügige Tätigkeit Anfang Juli 2007 geendet habe. Auf telefonische Nachfrage erklärte das Klinikum O, dass die in der Arbeitsbescheinigung vom 02.01.2008 gemachten Angaben richtig seien. Der Kläger sei innerhalb der Probezeit zum 31.07.2007 gekündigt worden und bis dahin in Vollzeit beschäftigt gewesen. Nach Mitteilung des Ergebnisses des Telefongesprächs gab der Kläger ant, dass die Angaben der Klinikverwaltung nicht objektiv seien. Diese beinhalteten nur die maximal mögliche Stundenzahl, es komme aber auf die Realität an. Die Chefärztin der Abteilung könne bestätigen, dass er in den Monaten Juni/Juli 2007 maximal 15 Stunden wöchentlich in der Abteilung gearbeitet habe. Für ihn selbst sei die Tätigkeit in der Klinik nur interessant gewesen, um Kontakte zu knüpfen und aufzufrischen sowie um seine selbstständige Tätigkeit als Arzt einen Kooperationspartner zu gewinnen, der ihm beispielsweise Gutachteraufträge oder Vertretungsarbeiten zukommen ließe. Arbeitskollegen in der Klinik könnten sicher bestätigen, dass seine Angaben zuträfen. Auf erneute Anfrage der Beklagten teilte die Arbeitgeberin mit, dass die wöchentliche Arbeitszeit des Klägers vom 01.04. bis 30.06.2007 38,5 Stunden und ab dem 01.07.2007 42 Stunden betragen habe. Der Kläger habe zusätzlich am Bereitschaftsdienst teilgenommen. Durch Widerspruchsbescheid vom 21.08.2008 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Rechtsgrundlage für die Aufhebungsentscheidung sei § 45 SGB X i.V.m. § 330 SGB III. Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbstständigen, hauptberuflichen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beendeten, hätten nach § 57 Abs. 1 SGB III zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung Anspruch auf einen Gründungszuschuss. Gefördert werde nur die Aufnahme und die Ausübung einer selbstständigen Beschäftigung, die hauptberuflich ausgeübt werde und der Gewinnerzielung diene. Da der Kläger in der Zeit vom 01.04. bis 31.07.2007 als Arzt in Vollzeit abhängig beschäftigt gewesen sei und zusätzlich noch am Bereitschaftsdienst teilgenommen habe, könne nicht davon ausgegangen werden, dass er zum 01.07.2007 eine hauptberuflich ausgeübte selbstständige Tätigkeit ausgeübt habe.
Am 20.09.2008 hat der Kläger Klage erhoben. Er hat vorgetragen, dass er die Tätigkeit im Klinikum nur deshalb aufgenommen habe, um in der Vorbereitung auf seine selbstständige Arbeit entsprechende Kontakte zu knüpfen und aufzufrischen. Er sei auch ab April 2007 tatsächlich damit beschäftigt gewesen, seine selbstständige Tätigkeit aufzubauen. Er habe sein Arbeitsverhältnis zum 31.07.2007 beendet, so dass zumindest ab dem 01.08.2007 die Voraussetzungen für die Gewährung eines Gründungszuschusses vorgelegen hätten und zumindest insoweit die Bescheide aufzuheben seien.
Durch Urteil vom 26.02.2010 hat das Sozialgericht Dortmund die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Gegen das am 03.03.2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 06.04.2010 Berufung eingelegt. Er trägt vor, dass die ausgeübte angestellte Tätigkeit keinen vollzeitlichen Inhalt gehabt habe. Sie habe nur als Mittel zum Requirieren von Aufträgen in Form der Auffrischung eines alten Kontakts zur vollen Ausübung der beabsichtigten selbstständigen Tätigkeit gedient. Bereits nach zwei bis drei Tagen sei erkennbar gewesen, dass die angestrebte Kontaktaufnahme zum Scheitern verurteilt und keinesfalls tragfähig gewesen sei. Insbesondere ab dem 01.06.2007 sei die angestrebte Tätigkeit zunehmend eingestellt worden. Er habe zunächst nur noch maximal 20 Stunden die Woche, ab dem 01.07.2007 de facto gar nicht mehr gearbeitet. Offiziell habe seine Tätigkeit mit schriftlicher Kündigung der Arbeitsvereinbarung zum 31.07.2007 geendet. Mithin habe er ab dem 01.08.2007 keine angestellte Nebentätigkeit ausgeübt und damit habe 100%ige Arbeitslosigkeit bestanden. Die völlige Rückforderung des Gründungszuschusses beachte nicht die für die Selbstständigkeit wichtige Kontaktaufnahme mit potentiellen Auftraggebern, ebenso die Möglichkeit der kurzen limitierten scheinbaren angestellten Tätigkeit im Sinne der Entfaltung der Selbstständigkeit im freien Beruf bei Vakanzen. Im Rahmen der Selbstständigkeit sei die zeitliche Vakanz und Planbarkeit für Nebentätigkeiten gegeben. Die Höhe des erzielbaren Einkommens sei unlimitiert und die Nebentätigkeit hätte jeden Tag beendet werden können. Ebenso sei zu berücksichtigen, dass ab dem 01.08.2007 die angestellte Nebentätigkeit geendet habe, sodass ab diesem Zeitpunkt auch der Anspruch auf Arbeitslosengeld absolut bestanden habe, damit auch für den Gründungszuschuss, was aber in der Gesamtforderung seitens des Arbeitsamtes absolut ignoriert werde und keinesfalls richtig sein könne. Er beantrage, die Rückforderung des Gründungszuschusses durch die Beklagte auszusetzen und ihm den Gründungszuschuss zu Recht voll oder teilweise zu gewähren oder ihm alternativ ab dem 01.08.2007 Arbeitslosengeld zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Der Senat hat die Personalakte des Klägers vom Klinikum O über den Kläger beigezogen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Verwaltungsakte der Beklagten, der beigezogenen Personalakte des Klägers und der Akte des Sozialgerichts Dortmund, S 35 AL 264/08, Bezug genommen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte in Abwesenheit des Klägers verhandeln und entscheiden (§ 110 Abs. 1 Satz 2, 126, 153 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG -), da er mit der ordnungsgemäßen Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist. Das persönliche Erscheinen des Klägers, der hinreichend Gelegenheit hatte, sich schriftsätzlich zu äußern, ist auch nicht zum Zweck einer weiteren Sachverhaltsaufklärung angeordnet gewesen. Einen Vertagungsantrag hat der Kläger nicht gestellt.
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Der Kläger ist nicht beschwert i.S.v. § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 18.01.2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21.08.2008 ist rechtmäßig.
Die Voraussetzungen für die vollständige Rücknahme des Bescheides vom 10.08.2007 über die Bewilligung eines Gründungszuschusses ab dem 01.07.2007 sind nach §§ 330 Abs. 2 SGB III, 45 Abs. 1, Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X gegeben.
Soweit ein begünstigender Verwaltungsakt, rechtswidrig ist, ist er danach, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 des § 45 SGB X ganz oder teilweise mit Wirkung oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
Der Bescheid vom 10.08.2007 über die Bewilligung eines Gründungszuschusses ab dem 01.07.2007 ist als begünstigender Dauerverwaltungsakt zum Zeitpunkt seines Erlasses rechtswidrig gewesen. Nach § 57 Abs. 1 SGB IIII i.d.F. ab dem 01.08.2006 (Art. 2 Nr. 4a des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.07.2006, BGBl. I, 1706) hat ein Arbeitnehmer, der durch die Aufnahme einer selbstständigen, hauptberuflichen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beendet, zur Sicherung seines Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung Anspruch auf einen Gründungszuschuss.
Der Kläger hat durch die Aufnahme seiner selbständigen Tätigkeit - Tätigkeit als niedergelassener Psychiater und Psychotherapeut für Privatpatienten und Selbstzahler - seine Arbeitslosigkeit nicht beendet. Zum 01.07.2007 ist der Kläger nicht arbeitslos i.S.d. § 119 Abs. 1 Nr. 1 SGB III gewesen, da er in einem Beschäftigungsverhältnis mit dem Klinikum O gestanden hat. Aufgrund eines unbefristeten Arbeitsvertrages ist er ab dem 01.07.2007 verpflichtet gewesen, als Assistenzarzt mit einer Arbeitszeit vom 42 Stunden wöchentlich im Betrieb des Klinikums O tätig zu sein. Der Senat sieht es als erwiesen an, dass der Umfang der im Dienstvertrag vom 28.03.2007 vereinbarten Arbeitszeit - Vollzeit - nicht aufgrund einer nachträglichen vertraglichen Vereinbarung zwischen dem Kläger und seiner Arbeitgeberin reduziert worden ist. Anhaltspunkte für das Bestehen einer solchen Vereinbarung ergeben sich weder aus der beigezogenen Personalakte des Klägers noch aus den Angaben der Arbeitgeberin, wobei zu berücksichtigen ist, dass nach § 10 des Dienstvertrages Änderungen und Ergänzungen des Vertrages zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform bedürfen. Auch hat die Arbeitgeberin für Juli 2007 das volle Gehalt - 5.250,00 EUR - an den Kläger ausgezahlt. Das Arbeitsverhältnis ist von ihr erst am 10.07.2007 mit Wirkung zum 31.07.2007 gekündigt worden. Die Arbeitgeberin hat zum 01.07.2007 nicht die Verfügungsgewalt über den Kläger aufgegeben (siehe zur Definition des Beschäftigungsverhältnisses: BSG Urteil vom 13.07.2006 - B 7a AL 16/05 R = SozR 4 - 4300 § 122 Nr. 5). Deshalb kann dahinstehen, ob der Kläger wegen einer bescheinigten Arbeitsunfähigkeit im Juli 2007 tatsächlich eine Tätigkeit für seine Arbeitgeberin ausgeübt hat.
Die Beklagte ist nach § 45 Abs. 4 Satz 1 SGB X berechtigt gewesen, den Bewilligungsbescheid vom 10.08.2007 mit Wirkung für die Vergangenheit und die Zukunft vollständig zurückzunehmen. Der Kläger kann sich nicht auf den Vertrauensschutz nach § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X berufen. Denn er hat, wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt, seine Mitteilungspflicht i.S.v. § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X verletzt. Er hat der Beklagten nicht mitgeteilt, dass er sowohl zum Zeitpunkt der Antragstellung am 25.05.2007 als auch in der Zeit nach dem 01.07.2007 eine abhängige Beschäftigung mit einer Arbeitszeit von mehr als 15 Stunden wöchentlich ausgeübt hat. Zu dieser Mitteilung ist der Kläger jedoch nach § 60 Abs. 1 Nr. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) verpflichtet gewesen. Danach hat, wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind. Diese Mitteilungspflicht nach § 60 Abs. 1 SGB I besteht bis zum Abschluss des Antragsverfahrens durch eine Entscheidung des Leistungsträgers und bezieht sich auch auf Änderungen in den Verhältnissen, die während des Antragsverfahrens eintreten.
Vorliegend hat der Kläger weder das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses mit dem Klinikum O noch die Kündigung dieses Arbeitsverhältnisses durch die Arbeitgeberin am 10.07.2007 der Beklagten mitgeteilt. Vielmehr hat er das Bestehen des Arbeitsverhältnisses mit dem Klinikum O sowohl im Antragsverfahren auf Gewährung von Arbeitslosengeld als auch in demjenigen auf Bewilligung eines Gründungszuschusses gegenüber der Beklagten verschwiegen. Damit hat er die Mitteilungspflicht aus § 60 Abs. 1 Nr. 1 SGB I zumindest grob fahrlässig verletzt. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maß verletzt hat (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X) und schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht anstellt bzw. nicht beachtet, was in jedem Fall einleuchten muss (BSG Urteil vom 19.02.1986 - 7 RAr 55/84 = SozR 3-1300 § 48 Nr. 22). Dabei ist das Maß der Fahrlässigkeit insbesondere nach der persönlichen Urteils- und Kritikfähigkeit, dem Einsichtsvermögen des Beteiligten sowie den besonderen Umständen des Falles zu beurteilen. Vorliegend hat der Kläger die Frage, ob er noch eine andere bzw. weitere Beschäftigung ausübe, am 01.07.2007 im Antragsformular verneint. Er wusste aber, dass er aufgrund eines ungekündigten und unbefristeten Arbeitsvertrages zu einer Vollzeittätigkeit als Assistenzarzt im Klinikum O verpflichtet war und er von seiner Arbeitgeberin die volle Gehaltszahlung, zuletzt einen Betrag von 5.250,00 EUR, erhalten würde. Für den Senat ergeben sich aus dem Akteninhalt und dem Vortrag des Klägers keine Anhaltspunkte für eine Einschränkung seiner Urteils- und Kritikfähigkeit oder seines Einsichtsvermögens. Allein aufgrund seiner intellektuellen Fähigkeiten, die durch den erreichten Bildungsabschluss dokumentiert werden, musste es sich ihm aufdrängen, dass seine vertraglichen Beziehungen mit dem Klinikum O, insbesondere der Erhalt der vollen Gehaltszahlung, für die Beklagte zur Beurteilung des Sachverhalts relevant sind.
Der Kläger ist von der Beklagten nach § 24 SGB X angehört worden. Die Fristen des § 45 Abs. 3 SGB X sind gewahrt. Die Beklagte hat die Jahresfrist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X eingehalten, da sie innerhalb eines Jahres nach der Anhörung des Klägers den Bescheid vom 18.01.2008 erlassen hat.
Der Kläger ist verpflichtet, der Beklagten den für die Zeit vom 01.07 bis 31.12.2007 geleisteten Gründungszuschuss von 11.417,40 EUR nach § 50 Abs. 1 Satz. 1 SGB X zu erstatten.
Der im Berufungsverfahren gestellte Hilfsantrag auf Gewährung von Arbeitslosengeld ab dem 01.08.2007 ist als erstinstanzlich erhobene Klage im Berufungsverfahren wegen Fehlens einer Verwaltungsentscheidung unzulässig. Die Beklagte hat die Bewilligung von Arbeitslosengeld für die Zeit ab 31.05.2007 durch den Bescheid vom 29.01.2008 i.d.F. des Widerspruchsbescheides vom 27.05.2008 aufgehoben. Die hiergegen vom Kläger erhobene Klage hat das Sozialgericht Dortmund mit Urteil vom 26.02.2010 - S 35 AL 264/08 - abgewiesen. Dieses Urteil ist rechtskräftig und die Entscheidung über die Aufhebung der Leistungsbewilligung für die Beteiligten bindend. Eine erneute Entscheidung über einen Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld ab dem 01.08.2007 hat die Beklagte nicht getroffen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Anlass, die Revision nach § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, besteht nicht.
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