Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 15 R 3383/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 764/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 14. Oktober 2009 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung streitig.
Der 1949 geborene Kläger hat eine Maurerlehre absolviert, die er nicht abgeschlossen hat. Im Anschluss daran war er zunächst für etwa 4 Jahre als Maurer, dann als Gipser bis Oktober 2002 abhängig beschäftigt gewesen. Im Juni 2003 wurde eine Bandscheibenoperation mit Spondylodese L4/5 durchgeführt. Auf seinen Antrag vom 20.01.2003 gewährte ihm die Beklagte (Bescheid vom 22.03.2004, Widerspruchsbescheid vom 24.06.2004) eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab 01.11.2002. Vom 19.05.2005 bis 17.07.2007 bezog er Arbeitslosengeld über die Agentur für Arbeit Göppingen. Seit dem 01.10.2009 bezieht er von der Beklagten eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen (Bescheid v. 29.10.2009).
Grundlage der Gewährung der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit war das Gutachten des Chirurgen Dr. R. (Untersuchung am 28.11.2003), der wegen Restbeschwerden nach der Bandscheibenoperation und der Spondylodese im Juni 2003, einer Zervikobrachialgie bei degenerativen Veränderungen der HWS (C6/7) und einem akuten Weichteilreiz im Bereich des rechten Schultergelenks mit Funktionseinschränkung für die letzte Tätigkeit als Gipser ein unter dreistündiges Leistungsvermögen attestierte. Für eine leichte bis mittelschwere Tätigkeit in wechselnden Körperhaltungen bestünde jedoch unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen eine Leistungsfähigkeit von 6 Stunden und mehr. In dem sich anschließenden Klageverfahren (Sozialgericht [SG] Stuttgart, S 5 RJ 4642/04) hatte das SG sachverständige Zeugen gehört und auf Antrag des Klägers das Gutachten des Orthopäden Dr. W. erhoben. Während der Internist Dr. St. in seiner sachverständigen Zeugenaussage vom 16.08.2004 aufgrund der Einschränkungen von Seiten der Wirbelsäule auch für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt keine Leistungsfähigkeit von mehr als 3 Stunden täglich für zumutbar erachtete, hatte der behandelnde Orthopäde Dr. Sch. in seiner sachverständigen Zeugenaussage vom 26.08.2004 Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung (Wechseln zwischen Gehen, Stehen und Sitzen) noch ganztägig für möglich gehalten. Auszuschließen seien aber Tätigkeiten, die mit schwerem Heben und Tragen verbunden seien, sowie Tätigkeiten, die in einseitigen Körperhaltungen ausgeführt werden müssten. Der Sachverständige Dr. W. beschrieb in seinem Gutachten vom 22.08.2005 eine ausgeprägte schmerzhafte Bewegungseinschränkung der LWS, ein versteiftes LWS-Segment L4/L5 und neben sensomotorischen Defiziten eine deutliche schmerzhafte Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule, eine ausgeprägte schmerzhafte Bewegungseinschränkung in der rechten Schulter, eine asymptomatische O-Beinstellung beidseits, asymptomatische Senk-, Spreizfüße beidseits sowie eine Instabilität der Bauchdenke bei einer Rectusdiastase. Schwere körperliche Tätigkeiten, wie z. B. im Beruf des Maurers oder der zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Gipser, seien nur weniger als 3 Stunden zumutbar; mittelschwere Tätigkeiten seien bei dem aktuell klinischen radiologischen Befund 3 bis 6 Stunden realisierbar, leichte körperliche Tätigkeiten hingegen vollschichtig. Zu unterlassen seien das Heben und Tragen von Lasten von mehr als 10 kg sowie extreme Körperpositionen. Mit dem rechten Arm könnten Lasten nur noch bis zu 5 kg gehoben oder getragen werden. Mit Schriftsatz vom 27.09.2005 nahm der Bevollmächtigte des Klägers die Klage hierauf zurück.
Mit den Schriftsätzen vom 10.07.2007 und 23.07.2007 beantragte der Kläger die Überprüfung der vorliegenden Entscheidung mit der Begründung, er könne aufgrund seines Lebensalters und seiner gesundheitlichen Beeinträchtigungen auch keine 3 bis 6 Stunden pro Tag mehr arbeiten. Der Arbeitsmarkt sei für ihn verschlossen. Demzufolge müsse ihm eine Rente wegen voller Erwerbsminderung gewährt werden.
Mit Bescheid vom 24.09.2007 hielt die Beklagte daran fest, dass mit dem vorhandenen Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Arbeiten vollschichtig ausgeübt werden könnten. Es verbliebe bei der bisherigen Leistungsbeurteilung, wonach der Kläger einen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit habe. Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch machte der Kläger geltend, die bislang vorliegenden Gutachten berücksichtigten den bei ihm vorliegenden Bluthochdruck und den medikamentös eingestellten Diabetes mellitus sowie ein am 28.11.2007 festgestelltes leichtes Sulcus ulnaris Syndrom beidseits nicht hinreichend. In dem daraufhin von der Beklagten in Auftrag gegebenen Gutachten stellte der Chirurg Dr. R. aufgrund der Untersuchung vom 27.08.2007 anhaltende LWS-Beschwerden nach knöchern konsolidierter Spondylodese L4/5 mit epiduraler Narbenbildung ohne Wurzelreizzeichen und mit einer leichten Funktionseinschränkung sowie Zervikobrachialgien bei ausgeprägten degenerativen Veränderungen C6/7 mit leichter Funktionseinschränkung und ein Engpass-Syndrom am rechten Schultergelenk mit Funktionseinschränkung fest. Er hielt an seiner Beurteilung der Leistungsfähigkeit aus dem Jahr 2003 fest. Im ebenfalls von der Beklagten in Auftrag gegebenen Gutachten des Internisten Dr. B. vom 06.12.2007 beschrieb dieser ein metabolisches Syndrom mit nicht vollständig befriedigend eingestelltem Bluthochdruck mit beginnender hypertensiver Herzerkrankung, diätetisch behandeltem Diabetes mellitus Typ II b und zweitgradiger Adipositas. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung seien 6 Stunden und mehr zumutbar. Daraufhin wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 23.04.2008 zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 07.05.2008 Klage zum SG Stuttgart erhoben und die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung in gesetzlicher Höhe ab dem 01.08.2007 begehrt. Die Beklagte gehe zu Unrecht davon aus, dass er leichte bis mittelschwere Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich verrichten könne. Er hat auf erhebliche Beeinträchtigungen durch die Beschwerden an der Wirbelsäule sowie im Bereich der Schultergelenke hingewiesen und auch Beeinträchtigungen durch den diagnostizierten Diabetes mellitus Typ II und durch rezidivierende Parästhesien der Finger vier und fünf beidseits geltend gemacht.
Das SG hat Beweis erhoben durch das Einholen eines unfallchirurgisch-orthopädischen Gutachtens (auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) bei Dr. B., Nürtingen. Der Sachverständige hat eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung im Bereich der Lendenwirbelsäule, sowohl im Bereich des thoracolumbalen Überganges als auch im Bereich des lumbosacralen Überganges bei Zustand nach Spondylodese des Segments L4/L5 mit knöchern stabil verheilten Cages, beschrieben, sowie narbige Verwachsungen peridural auf der Höhe L4/L5, eine Bandscheibenprotrusion L5/S1, einen kleinen Rotatorenmanschettendefekt im Bereich der rechten Schulter mit endgradiger Bewegungseinschränkung für die Elevation, Abduktion und Rotation festgestellt. Die Leistungsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt werde durch die Versteifung des Segments L4/L5 und der Bewegungseinschränkung im Bereich der Lendenwirbelsäule deutlich eingeschränkt. Auch die Funktionseinschränkung an der rechten Schulter trage zur Minderung der Leistungsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bei. Gegenstände mit einem Gewicht von über 10 kg sollten nicht bewegt werden, eine Arbeitsposition in einer Rumpfvorbeugung sei nicht möglich. Tätigkeiten in der Hocke und auf Gerüsten oder Leitern könnten nicht ausgeführt werden, Überkopfarbeiten seien aufgrund der Funktionsminderung des rechten Armes nicht möglich. Gegenstände von mehr als 5 kg könnten nicht gehoben oder getragen werden. Daraus folge, dass der Kläger keine mittelschweren und schweren körperlichen Arbeiten ausführen könne. Er sei in der Lage, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens 3 bis 6 Stunden pro Tag auszuüben, wobei sitzende Tätigkeiten im Wechsel mit kurzen Phasen des Stehens und Gehens zu bevorzugen seien. Im Gutachten von Dr. W. seien ähnliche Befunde erhoben worden, weshalb er davon ausgehen könne, dass die Leistungseinschränkung seit dieser Begutachtung bestehe. Im Vergleich zu diesem Vorgutachten habe sich lediglich ergeben, dass die Sensibilitätsstörungen jetzt rechts bestünden und die sensomotorischen Ausfälle auf der linken Seite abgeklungen seien. Eine Auswirkung auf die Leistungsfähigkeit ergebe sich hierdurch jedoch nicht. Nach Angaben des Klägers hinsichtlich seiner Gehstrecke, die durch ihn gutachtlich nicht überprüfbar sei, könne eine Wegstrecke von 500 m innerhalb von 20 Minuten nicht zurückgelegt werden, auch die Benutzung von Verkehrsmitteln scheine unter diesem Aspekt nicht möglich zu sein.
Unter Vorlage einer sozialmedizinischen Stellungnahme von Dr. G. hat die Beklagte an ihrem Klageabweisungsantrag festgehalten. Dr. G. hat ausgeführt, in der Zusammenschau der Gutachten Dr. B. und Dr. R. bzw. Dr. W. ergebe sich, dass die Funktionseinschränkungen an der Wirbelsäule samt neurologischen Befunden und die Funktionseinschränkung im rechten Schultergelenk nicht so gravierend ausgeprägt seien, dass dem Kläger nicht noch leichte Arbeiten vollschichtig zugemutet werden könnten, wobei Einschränkungen für langes Stehen und häufiges Bücken sowie Knien, Hocken und Überkopfarbeit beachtet werden müssten. Eine geäußerte Einschränkung des Leistungsvermögens auf 3- unter 6stündigem Umfang und die Verkürzung der Gehstrecke im Gutachten Dr. B. ergebe sich aus dem Gutachten nicht zwingend, weil sich im Vergleich zur Begutachtung durch Dr. W., welcher noch ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte Arbeiten gegeben gesehen habe, keine wesentliche Änderung ergeben habe.
In der vom SG veranlassten ergänzenden Stellungnahme teilte Dr. B. mit, nur auf die "auf Seite 5" geäußerten Einschätzungen (des Dr. G.) eingehen zu wollen. Seine Einschätzung hinsichtlich der Verkürzung der Gehstrecke ergebe sich nicht aus der Zusammenschau der einzelnen Untersuchungsbefunde sondern aus dem Gesamteindruck, den er vom Kläger bei der Untersuchung gewonnen habe. Die Beobachtung des Gangs zu den Untersuchungsräumen wie auch das motorische Verhalten während des gesamten Untersuchungsgangs lasse seines Erachtens eine Einschätzung zu, ob ein Proband in der Lage sei, eine bestimmte Gehstrecke von 500 m täglich viermal innerhalb von 20 Minuten zurücklegen zu können.
Hierauf hat nochmals Dr. G. für die Beklagte Stellung genommen.
Mit Urteil vom 14.10.2009 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Überzeugung des Gerichts stehe fest, dass der Kläger im Zeitpunkt der maßgeblichen Behördenentscheidung im Jahr 2004 noch in der Lage gewesen sei, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen mindestens 6 Stunden täglich zu verrichten. Gegenüber dem Vorgutachten von Dr. W. habe sich, wie Dr. B. in seinem Gutachten vom 10.11.2008 angegeben habe, lediglich ergeben, dass die Sensibilitätsstörungen jetzt rechts bestünden und die sensomotorischen Ausfälle auf der linken Seite abgeklungen seien. Aufgrund der genannten Gesundheitsstörungen sei der Kläger nicht mehr in der Lage gewesen, mittelschwere bis schwere körperliche Arbeiten, Tätigkeiten, die dauernd im Stehen oder Sitzen verrichtet werden müssen, sowie gleichförmige, eintönige Körperhaltungen erfordernde Tätigkeit auszuüben. Gleichfalls zu meiden seien extreme Körperpositionen wie Rumpfvorbeuge, tiefe Hocke und Arbeiten in überstreckter Rückenhaltung. Das Heben und Tragen von Gegenständen über 10 kg sei nicht mehr zuzumuten. Diese Einschränkungen entnehme das Gericht sowohl dem Gutachten von Dr. W. als auch dem Gutachten von Dr. B ... Beide kämen übereinstimmend zum Ergebnis, dass die Leistungsfähigkeit durch die Versteifung im Segment L4/L5, der Bewegungseinschränkung im Bereich der Lendenwirbelsäule sowie der Funktionseinschränkung der rechten Schulter eingeschränkt werde. Darüber hinaus folge das Gericht nicht der Einschätzung des Dr. B., wonach der Kläger nicht mehr in der Lage sei, eine Gehstrecke von 500 m in 20 Minuten ohne Gefährdung seiner Gesundheit viermal täglich zu Fuß zurückzulegen. Die Einschätzung beruhe laut dem Gutachten ausschließlich auf den subjektiven Angaben des Klägers.
Gegen das ihm am 14.01.2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am Montag, den 15.02.2010 Berufung eingelegt. Zur Begründung stützt er sich auf die Ausführungen des Dr. B., wonach er nur noch in der Lage sei, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt 3 bis unter 6 Stunden täglich auszuüben. Darüber hinaus sei er auch nicht mehr in der Lage, eine Gehstrecke von 500 m in 20 Minuten ohne Gefährdung seiner Gesundheit viermal täglich zu Fuß zurückzulegen.
Der Kläger legt eine Stellungnahme des Dr. B. vom 01.07.2010 vor, worin dieser ausführt, in seiner Stellungnahme vom 14.04.2009 tatsächlich sprachlich nur zur Verkürzung der Gehstrecke Stellung genommen zu haben. Gemeint habe er aber sowohl das Leistungsvermögen als auch die Verkürzung der Gehstrecke. Er habe seiner Einschätzung die Zusammenschau der einzelnen Untersuchungsbefunde einerseits aber auch den Gesamteindruck des Probanden andererseits zugrunde gelegt. Auch nach der langen Zeit habe er eine Erinnerung an die erhebliche Beeinträchtigung des Klägers, nicht zuletzt wegen seiner Adipositas. Er sei davon überzeugt, jeder Gutachter werde sich der Einschätzung anschließen, der Kläger könne nicht mehr mehr als 3 bis unter 6 Stunden erwerbstätig sein. Eine neue Würdigung der einzelnen Untersuchungsbefunde könne er nach der langen Zeit seit der Begutachtung aber nicht mehr abgeben.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 14.10.2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 24.09.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.04.2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilten, ihm unter Zurücknahme des Bescheides vom 22.03.2004 vom 01.08.2007 an Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist zur Begründung auf ihren Vortrag im erstinstanzlichen Verfahren sowie auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten sowie die Akten erster Instanz (S 5 RJ 4642/04, S 15 R 3383/08) sowie die Senatsakten verwiesen.
II.
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.
Gemäß § 153 Abs. 4 SGG kann das LSG - nach vorheriger Anhörung der Beteiligten - die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Im vorliegenden Fall sind die Berufsrichter des Senats einstimmig zum Ergebnis gekommen, dass die Berufung unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Mit Schreiben vom 12.08.2010 hat der Senat die Beteiligten auch auf die Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG hingewiesen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Eine Zustimmung der Beteiligten ist nicht erforderlich.
Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, weil der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung hat. Soweit er geltend macht, bereits mit Bescheid vom 22.03.2004 hätte ihm eine Rente wegen voller Erwerbsminderung gewährt werden müssen, ist weder nachgewiesen, dass die Beklagte von einem unrichtigen Sachverhalt im Sinne des § 44 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) ausgegangen ist und deshalb Sozialleistungen - seit 01.08.2007, wie beantragt - zu Unrecht nicht erbracht wurden, noch ist im Vergleich zu den Feststellungen, die der Entscheidung vom 22.03.2004 zugrunde lagen, eine so erhebliche Änderung im Gesundheitszustand des Klägers eingetreten, dass ab diesem Zeitpunkt (oder später) eine Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren wäre.
Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres bzw. bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (s. hierzu § 43 Abs. 2 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI -).
Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI).
Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres bzw. bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (s. hierzu § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI).
Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI).
Darüber hinaus ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI generell nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstägig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Dem Kläger steht nach den vorliegenden Gutachten und der nach Klagerücknahme im Verfahren S 5 RJ 4642/04 vor dem SG bestandskräftigen Entscheidung der Beklagten unstreitig eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu. Doch weder aufgrund der zum Leistungsfall 28.10.2002 vorliegenden Befunde noch aufgrund der nachfolgenden Befunderhebungen der behandelnden Ärzte und der gehörten Sachverständigen lässt sich eine für die Anerkennung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung erforderliche Leistungsminderung selbst für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auf unter 6 Stunden begründen.
Grundlage der Entscheidung der Beklagten für die Gewährung der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit war im Wesentlichen das Gutachten des Chirurgen Dr. R. vom 28.11.2003, der aufgrund von Restbeschwerden nach einer Bandscheibenoperation und Spondylodese im Juni 2003, Zervikobrachialgien bei degenerativen Veränderungen des HWS C 6/7 und einem akuten Weichteilschmerz im Bereich des rechten Schultergelenks mit Funktionseinschränkung schlüssig und überzeugend zu dem Ergebnis gelangte, die letzte - körperlich schwere - Tätigkeit als Gipser könne aufgrund der Wirbelsäulenveränderungen nicht mehr ausgeübt werden; leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne häufige Zwangshaltungen vollschichtig hingegen schon. Denn bei dieser Untersuchung fanden sich nur mäßige Funktionseinschränkungen im Bereich der HWS und deutlichere im Bereich der LWS, wobei der Kläger über Gefühlsstörungen im Bereich des rechten Oberschenkels und am linken äußeren Unterschenkel geklagt hat, sichere motorische Ausfälle fanden sich jedoch nicht. Dieser Leistungseinschätzung hat sich im Übrigen auch der behandelnde Orthopäde Dr. Sch. in seiner sachverständigen Zeugenaussage vor dem SG Stuttgart vom 26.08.2004 angeschlossen und sie wurde letztlich durch das auf Antrag des Klägers eingeholte Gutachten des Orthopäden Dr. W. bestätigt. Letzterer führte ebenfalls nur qualitative Einschränkungen in Folge der Wirbelsäulenbeschwerden und der Einschränkungen im Bereich des rechten Schulter an (Minderung bezüglich der Belastung beim Heben und Tragen von mehr als 10 kg, bei konstanten Arbeitspositionen [z.B. langem Sitzen], Tragen von Lasten von mehr als 5 kg mit dem rechten Arm und bei Überkopfarbeiten). Eine quantitative Leistungsminderung bestand unter Berücksichtigung dieser Vorgaben aus seiner Sicht ebenfalls nicht. Soweit der Arzt für Innere Medizin Dr. St. in seiner sachverständigen Zeugenaussage vom 16.08.2004 zu einer anderen Leistungsbeurteilung kam, überzeugt diese fachfremd abgegebene Beurteilung angesichts der vorliegenden sachverständigen Äußerungen nicht, zumal sie nicht erläutert, woraus sich die auch bei Berücksichtigung der genannten qualitativen Einschränkungen beschriebene zeitliche Limitierung ergeben soll.
Ein wesentlich veränderter Befund ergibt sich auch nicht aus den nach der Antragstellung im Juli 2007 beigezogenen Unterlagen. Das im Auftrag der Beklagten eingeholte orthopädische Gutachten von Dr. R. beschrieb mit den Diagnosen "anhaltende LWS-Beschwerden nach knöchern konsolidierter Spondylodese L 4/5 mit epiduraler Narbenbildung, keine Wurzelreizzeichen, leichte Funktionseinschränkung; Zervikobrachialgien bei ausgeprägten degenerativen Veränderungen C 6/7, leichte Funktionseinschränkung; Engpass-Syndrom rechtes Schultergelenk mit Funktionseinschränkung" keinen wesentlich anderen Befund. Die in der Anamnese wiedergegebenen Beschwerden des Klägers unterscheiden sich dabei auch nicht wesentlich von denen, die bereits in den Gutachten Dr. R. und Dr. W. wiedergegeben wurden. Danach klagt der Kläger über Kreuzschmerzen im Sitzen, Stehen und Liegen, über eine gestörte Nachtruhe und Schulterbeschwerden beim Anheben über die Horizontale und Überstrecken nach hinten. Die von Dr. W. im Vergleich zur Voruntersuchung feststellbare Verschlechterung der Funktion der Wirbelsäule (Einschränkung der Rotation und der Seitneigung der Wirbelsäule um 2/3) rechtfertigt nicht die Anerkennung einer zeitlichen Leistungseinschränkung. Ihr kann vielmehr, wie der Sachverständige dargelegt hat, unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen begegnet werden (kein Heben und Tragen von Gewichten mit mehr als 10 kg, keine konstante Arbeitshaltung im Sitzen oder Stehen, keine extremen Körperpositionen, wie Arbeiten in gebückter Haltung, in der Hocke oder Arbeiten über Kopf, bzw. oberhalb der horizontalen Armposition, kein Anheben von Gewichten über 5 kg mit dem rechten Arm). Das auf internistischem Fachgebiet erhobene Gutachten des Dr. B. vom 06.12.2007 ergab darüber hinaus aufgrund des festgestellten metabolischen Syndroms mit nicht vollständig befriedigend eingestelltem Bluthochdruck und beginnender hypertensiver Herzerkrankung, diätetisch behandeltem Diabetes mellitus Typ II b und zweitgradiger Adipositas ebenfalls keinen Anhalt für eine wesentliche quantitative Einschränkung des Leistungsvermögens.
Die vorliegenden Leistungsbeurteilungen sind schlüssig. Eine fachärztliche Schmerzbehandlung findet offensichtlich nicht statt, schwerwiegende neurologische Funktionsstörungen in Form von Lähmungen in Folge der Wirbelsäulenerkrankung werden weder in den vorliegenden Befundberichten noch in den Gutachten beschrieben. Es ist daher bereits nicht nachvollziehbar, woraus sich eine quantitative Leistungsminderung für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auf unter 6 Stunden/Tag ableiten soll.
Der Kläger vermag seinen Anspruch auch nicht auf das auf seinen Antrag hin eingeholte Gutachten des Dr. B. zu stützen. Denn abweichende Diagnosen lassen sich diesem Gutachten nicht entnehmen, die Befunderhebungen sind weitgehend deckungsgleich mit denen, die bereits Dr. W. erhoben und beschrieben hat. Dr. B. beschreibt ausdrücklich, einzige Abweichung zum Gutachten Dr. W. sei, dass die sensomotorischen Defizite auf der linken Seite abgeklungen seien und Sensibilitätsstörungen nunmehr rechts bestünden. Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit habe dies aber nicht. Seine Leistungsbeurteilung mit 3 bis unter 6 Stunden auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, wobei sitzende Tätigkeiten im Wechsel mit kurzen Phasen des Stehens und Gehens zu bevorzugen wären, vermag angesichts dessen nicht zu überzeugen. Weshalb er aus den vorliegenden Befunden auf eine zeitliche Leistungseinschränkung entgegen der vorliegenden Vorbegutachtungen schließt, erläutert Dr. B., abgesehen von dem Hinweis auf den persönlichen Eindruck, den er gewonnen habe, auch auf Nachfrage des SG nicht. Seine vom Kläger vorgelegte Stellungnahme vom 01.07.2010 überzeugt den Senat ebenfalls nicht. Eine plausible Begründung dafür, welche objektiven Untersuchungsbefunde den von ihm gewonnenen Gesamteindruck bestärken, neben den von ihm beschriebenen qualitativen Leistungseinschränkungen liege auch eine quantitative vor, hat er auch in dieser nicht gegeben. Angesichts der Tatsache, dass drei Gutachten vor ihm eine solche nicht bestätigen konnten, führt der Hinweis, dass sich seiner Überzeugung nach jeder Gutachter seiner Einschätzung anschließen werde, nicht weiter.
Nicht zu folgen vermag der Senat auch der von Dr. B. vertretenen Einschätzung, der Kläger sei nicht mehr in der Lage viermal täglich Wegstrecken von mehr als 500 m innerhalb von 20 Minuten zurückzulegen und zweimal pro Tag öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen. Diese Einschätzung beruht allein auf den Angaben des Klägers, wie die Antwort des Sachverständigen auf die Frage 7 des Gutachtensauftrages belegt. Befunde, die eine solche Einschränkung nachvollziehbar machen, hat er in diesem Zusammenhang nicht angegeben. Aus welchem Grund er die Angaben des Klägers für glaubhaft oder gar belegt hält, hat er weder in dem Gutachten selbst, noch auf Nachfrage des SG oder in der nun vorgelegten Stellungnahme ausgeführt. Veranlassung hierfür hätte aber schon deshalb bestanden, weil - wie dem Sachverständigen aufgrund der Aktenlage bekannt war - die Gutachten vor ihm zu einer anderen Einschätzung gekommen waren. So sind neurologische Ausfälle im Bereich der unteren Extremitäten bislang weder in den vorliegenden Befundberichten noch in den Gutachten beschrieben worden. Selbst Dr. St. hat in seiner sachverständigen Zeugenaussage vom 16.08.2004 normales Gehen bis zur Dauer von einer Stunde bestätigt. Im Gutachten von Dr. W. vom 22.08.2005 wurde diese Frage ebenfalls ohne Einschränkungen bejaht. Dass es insoweit im Vergleich zu den Voruntersuchungen zu einer nachvollziehbaren Verschlimmerung gekommen ist, ergibt sich weder aus den objektiv vorliegenden Befunden noch aus den Ausführungen des Dr. B ... Letztlich kann dies aber dahingestellt bleiben, nachdem der Kläger einen Führerschein hat und im Besitz eines Kraftfahrzeuges ist, wie sich dem Gutachten des Dr. B. entnehmen lässt. Denn bei der Beurteilung der Mobilität des Versicherten sind alle ihm tatsächlich zur Verfügung stehenden Hilfsmittel (zB Gehstützen) und Beförderungsmöglichkeiten zu berücksichtigen, wie das BSG in ständiger Rechtsprechung entschieden hat (vgl. Urteil v. 28.08.2002, B 5 RJ 12/02 R, zitiert nach Juris, m.w.N.). Dazu gehört auch die zumutbare Benutzung eines vorhandenen, ggfs. im Rahmen der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben subventionierten Kraftfahrzeugs. Dass dem Kläger die Benutzung eines Kraftfahrzeugs unmöglich oder unzumutbar ist, ergibt sich weder aus den vorliegenden Berichten noch ist dieses aufgrund der vorliegenden Einschränkungen für die regelmäßig zu erwartenden Fahrstrecken zu erwarten.
Eine Notwendigkeit weiterer Ermittlungen von Amts wegen besteht nicht. Angesichts der vorliegenden Befunde und Gutachten ist der Sachverhalt geklärt, zumal der Kläger Leistungen für die Vergangenheit geltend macht (er bezieht zwischenzeitlich Altersrente für schwerbehinderte Menschen). Einen Antrag nach § 109 SGG hat er nicht gestellt. Im Hinblick auf das beim SG erhobene Gutachten, welches bereits auf Antrag des Klägers in Auftrag gegeben wurde, wäre ein solcher auch abgelehnt worden, da besondere Gründe für eine wiederholte Antragstellung weder dargelegt wurden noch ersichtlich sind (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer §109 Rz 10b).
Dem Kläger ist somit keine Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren, und zwar unabhängig davon, ob die für ihn zuständige Arbeitsagentur einen seinem Leistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatz anbieten könnte oder hätte anbieten können. Denn das Risiko, keinen offenen Arbeitsplatz zu finden, ist nicht von der Renten-, sondern grundsätzlich von der Arbeitslosenversicherung zu tragen (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 137 m.w.N.). Es liegt auch keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen und auch keine schwere spezifische Leistungsbehinderung vor. Denn bei den genannten Einschränkungen handelt es sich im Wesentlichen um solche, denen durch die Begrenzung auf leichte körperliche Arbeit hinreichend Rechnung getragen wird.
Der Senat weist die Berufung deshalb zurück.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung streitig.
Der 1949 geborene Kläger hat eine Maurerlehre absolviert, die er nicht abgeschlossen hat. Im Anschluss daran war er zunächst für etwa 4 Jahre als Maurer, dann als Gipser bis Oktober 2002 abhängig beschäftigt gewesen. Im Juni 2003 wurde eine Bandscheibenoperation mit Spondylodese L4/5 durchgeführt. Auf seinen Antrag vom 20.01.2003 gewährte ihm die Beklagte (Bescheid vom 22.03.2004, Widerspruchsbescheid vom 24.06.2004) eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab 01.11.2002. Vom 19.05.2005 bis 17.07.2007 bezog er Arbeitslosengeld über die Agentur für Arbeit Göppingen. Seit dem 01.10.2009 bezieht er von der Beklagten eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen (Bescheid v. 29.10.2009).
Grundlage der Gewährung der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit war das Gutachten des Chirurgen Dr. R. (Untersuchung am 28.11.2003), der wegen Restbeschwerden nach der Bandscheibenoperation und der Spondylodese im Juni 2003, einer Zervikobrachialgie bei degenerativen Veränderungen der HWS (C6/7) und einem akuten Weichteilreiz im Bereich des rechten Schultergelenks mit Funktionseinschränkung für die letzte Tätigkeit als Gipser ein unter dreistündiges Leistungsvermögen attestierte. Für eine leichte bis mittelschwere Tätigkeit in wechselnden Körperhaltungen bestünde jedoch unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen eine Leistungsfähigkeit von 6 Stunden und mehr. In dem sich anschließenden Klageverfahren (Sozialgericht [SG] Stuttgart, S 5 RJ 4642/04) hatte das SG sachverständige Zeugen gehört und auf Antrag des Klägers das Gutachten des Orthopäden Dr. W. erhoben. Während der Internist Dr. St. in seiner sachverständigen Zeugenaussage vom 16.08.2004 aufgrund der Einschränkungen von Seiten der Wirbelsäule auch für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt keine Leistungsfähigkeit von mehr als 3 Stunden täglich für zumutbar erachtete, hatte der behandelnde Orthopäde Dr. Sch. in seiner sachverständigen Zeugenaussage vom 26.08.2004 Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung (Wechseln zwischen Gehen, Stehen und Sitzen) noch ganztägig für möglich gehalten. Auszuschließen seien aber Tätigkeiten, die mit schwerem Heben und Tragen verbunden seien, sowie Tätigkeiten, die in einseitigen Körperhaltungen ausgeführt werden müssten. Der Sachverständige Dr. W. beschrieb in seinem Gutachten vom 22.08.2005 eine ausgeprägte schmerzhafte Bewegungseinschränkung der LWS, ein versteiftes LWS-Segment L4/L5 und neben sensomotorischen Defiziten eine deutliche schmerzhafte Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule, eine ausgeprägte schmerzhafte Bewegungseinschränkung in der rechten Schulter, eine asymptomatische O-Beinstellung beidseits, asymptomatische Senk-, Spreizfüße beidseits sowie eine Instabilität der Bauchdenke bei einer Rectusdiastase. Schwere körperliche Tätigkeiten, wie z. B. im Beruf des Maurers oder der zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Gipser, seien nur weniger als 3 Stunden zumutbar; mittelschwere Tätigkeiten seien bei dem aktuell klinischen radiologischen Befund 3 bis 6 Stunden realisierbar, leichte körperliche Tätigkeiten hingegen vollschichtig. Zu unterlassen seien das Heben und Tragen von Lasten von mehr als 10 kg sowie extreme Körperpositionen. Mit dem rechten Arm könnten Lasten nur noch bis zu 5 kg gehoben oder getragen werden. Mit Schriftsatz vom 27.09.2005 nahm der Bevollmächtigte des Klägers die Klage hierauf zurück.
Mit den Schriftsätzen vom 10.07.2007 und 23.07.2007 beantragte der Kläger die Überprüfung der vorliegenden Entscheidung mit der Begründung, er könne aufgrund seines Lebensalters und seiner gesundheitlichen Beeinträchtigungen auch keine 3 bis 6 Stunden pro Tag mehr arbeiten. Der Arbeitsmarkt sei für ihn verschlossen. Demzufolge müsse ihm eine Rente wegen voller Erwerbsminderung gewährt werden.
Mit Bescheid vom 24.09.2007 hielt die Beklagte daran fest, dass mit dem vorhandenen Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Arbeiten vollschichtig ausgeübt werden könnten. Es verbliebe bei der bisherigen Leistungsbeurteilung, wonach der Kläger einen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit habe. Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch machte der Kläger geltend, die bislang vorliegenden Gutachten berücksichtigten den bei ihm vorliegenden Bluthochdruck und den medikamentös eingestellten Diabetes mellitus sowie ein am 28.11.2007 festgestelltes leichtes Sulcus ulnaris Syndrom beidseits nicht hinreichend. In dem daraufhin von der Beklagten in Auftrag gegebenen Gutachten stellte der Chirurg Dr. R. aufgrund der Untersuchung vom 27.08.2007 anhaltende LWS-Beschwerden nach knöchern konsolidierter Spondylodese L4/5 mit epiduraler Narbenbildung ohne Wurzelreizzeichen und mit einer leichten Funktionseinschränkung sowie Zervikobrachialgien bei ausgeprägten degenerativen Veränderungen C6/7 mit leichter Funktionseinschränkung und ein Engpass-Syndrom am rechten Schultergelenk mit Funktionseinschränkung fest. Er hielt an seiner Beurteilung der Leistungsfähigkeit aus dem Jahr 2003 fest. Im ebenfalls von der Beklagten in Auftrag gegebenen Gutachten des Internisten Dr. B. vom 06.12.2007 beschrieb dieser ein metabolisches Syndrom mit nicht vollständig befriedigend eingestelltem Bluthochdruck mit beginnender hypertensiver Herzerkrankung, diätetisch behandeltem Diabetes mellitus Typ II b und zweitgradiger Adipositas. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung seien 6 Stunden und mehr zumutbar. Daraufhin wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 23.04.2008 zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 07.05.2008 Klage zum SG Stuttgart erhoben und die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung in gesetzlicher Höhe ab dem 01.08.2007 begehrt. Die Beklagte gehe zu Unrecht davon aus, dass er leichte bis mittelschwere Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich verrichten könne. Er hat auf erhebliche Beeinträchtigungen durch die Beschwerden an der Wirbelsäule sowie im Bereich der Schultergelenke hingewiesen und auch Beeinträchtigungen durch den diagnostizierten Diabetes mellitus Typ II und durch rezidivierende Parästhesien der Finger vier und fünf beidseits geltend gemacht.
Das SG hat Beweis erhoben durch das Einholen eines unfallchirurgisch-orthopädischen Gutachtens (auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) bei Dr. B., Nürtingen. Der Sachverständige hat eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung im Bereich der Lendenwirbelsäule, sowohl im Bereich des thoracolumbalen Überganges als auch im Bereich des lumbosacralen Überganges bei Zustand nach Spondylodese des Segments L4/L5 mit knöchern stabil verheilten Cages, beschrieben, sowie narbige Verwachsungen peridural auf der Höhe L4/L5, eine Bandscheibenprotrusion L5/S1, einen kleinen Rotatorenmanschettendefekt im Bereich der rechten Schulter mit endgradiger Bewegungseinschränkung für die Elevation, Abduktion und Rotation festgestellt. Die Leistungsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt werde durch die Versteifung des Segments L4/L5 und der Bewegungseinschränkung im Bereich der Lendenwirbelsäule deutlich eingeschränkt. Auch die Funktionseinschränkung an der rechten Schulter trage zur Minderung der Leistungsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bei. Gegenstände mit einem Gewicht von über 10 kg sollten nicht bewegt werden, eine Arbeitsposition in einer Rumpfvorbeugung sei nicht möglich. Tätigkeiten in der Hocke und auf Gerüsten oder Leitern könnten nicht ausgeführt werden, Überkopfarbeiten seien aufgrund der Funktionsminderung des rechten Armes nicht möglich. Gegenstände von mehr als 5 kg könnten nicht gehoben oder getragen werden. Daraus folge, dass der Kläger keine mittelschweren und schweren körperlichen Arbeiten ausführen könne. Er sei in der Lage, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens 3 bis 6 Stunden pro Tag auszuüben, wobei sitzende Tätigkeiten im Wechsel mit kurzen Phasen des Stehens und Gehens zu bevorzugen seien. Im Gutachten von Dr. W. seien ähnliche Befunde erhoben worden, weshalb er davon ausgehen könne, dass die Leistungseinschränkung seit dieser Begutachtung bestehe. Im Vergleich zu diesem Vorgutachten habe sich lediglich ergeben, dass die Sensibilitätsstörungen jetzt rechts bestünden und die sensomotorischen Ausfälle auf der linken Seite abgeklungen seien. Eine Auswirkung auf die Leistungsfähigkeit ergebe sich hierdurch jedoch nicht. Nach Angaben des Klägers hinsichtlich seiner Gehstrecke, die durch ihn gutachtlich nicht überprüfbar sei, könne eine Wegstrecke von 500 m innerhalb von 20 Minuten nicht zurückgelegt werden, auch die Benutzung von Verkehrsmitteln scheine unter diesem Aspekt nicht möglich zu sein.
Unter Vorlage einer sozialmedizinischen Stellungnahme von Dr. G. hat die Beklagte an ihrem Klageabweisungsantrag festgehalten. Dr. G. hat ausgeführt, in der Zusammenschau der Gutachten Dr. B. und Dr. R. bzw. Dr. W. ergebe sich, dass die Funktionseinschränkungen an der Wirbelsäule samt neurologischen Befunden und die Funktionseinschränkung im rechten Schultergelenk nicht so gravierend ausgeprägt seien, dass dem Kläger nicht noch leichte Arbeiten vollschichtig zugemutet werden könnten, wobei Einschränkungen für langes Stehen und häufiges Bücken sowie Knien, Hocken und Überkopfarbeit beachtet werden müssten. Eine geäußerte Einschränkung des Leistungsvermögens auf 3- unter 6stündigem Umfang und die Verkürzung der Gehstrecke im Gutachten Dr. B. ergebe sich aus dem Gutachten nicht zwingend, weil sich im Vergleich zur Begutachtung durch Dr. W., welcher noch ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte Arbeiten gegeben gesehen habe, keine wesentliche Änderung ergeben habe.
In der vom SG veranlassten ergänzenden Stellungnahme teilte Dr. B. mit, nur auf die "auf Seite 5" geäußerten Einschätzungen (des Dr. G.) eingehen zu wollen. Seine Einschätzung hinsichtlich der Verkürzung der Gehstrecke ergebe sich nicht aus der Zusammenschau der einzelnen Untersuchungsbefunde sondern aus dem Gesamteindruck, den er vom Kläger bei der Untersuchung gewonnen habe. Die Beobachtung des Gangs zu den Untersuchungsräumen wie auch das motorische Verhalten während des gesamten Untersuchungsgangs lasse seines Erachtens eine Einschätzung zu, ob ein Proband in der Lage sei, eine bestimmte Gehstrecke von 500 m täglich viermal innerhalb von 20 Minuten zurücklegen zu können.
Hierauf hat nochmals Dr. G. für die Beklagte Stellung genommen.
Mit Urteil vom 14.10.2009 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Überzeugung des Gerichts stehe fest, dass der Kläger im Zeitpunkt der maßgeblichen Behördenentscheidung im Jahr 2004 noch in der Lage gewesen sei, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen mindestens 6 Stunden täglich zu verrichten. Gegenüber dem Vorgutachten von Dr. W. habe sich, wie Dr. B. in seinem Gutachten vom 10.11.2008 angegeben habe, lediglich ergeben, dass die Sensibilitätsstörungen jetzt rechts bestünden und die sensomotorischen Ausfälle auf der linken Seite abgeklungen seien. Aufgrund der genannten Gesundheitsstörungen sei der Kläger nicht mehr in der Lage gewesen, mittelschwere bis schwere körperliche Arbeiten, Tätigkeiten, die dauernd im Stehen oder Sitzen verrichtet werden müssen, sowie gleichförmige, eintönige Körperhaltungen erfordernde Tätigkeit auszuüben. Gleichfalls zu meiden seien extreme Körperpositionen wie Rumpfvorbeuge, tiefe Hocke und Arbeiten in überstreckter Rückenhaltung. Das Heben und Tragen von Gegenständen über 10 kg sei nicht mehr zuzumuten. Diese Einschränkungen entnehme das Gericht sowohl dem Gutachten von Dr. W. als auch dem Gutachten von Dr. B ... Beide kämen übereinstimmend zum Ergebnis, dass die Leistungsfähigkeit durch die Versteifung im Segment L4/L5, der Bewegungseinschränkung im Bereich der Lendenwirbelsäule sowie der Funktionseinschränkung der rechten Schulter eingeschränkt werde. Darüber hinaus folge das Gericht nicht der Einschätzung des Dr. B., wonach der Kläger nicht mehr in der Lage sei, eine Gehstrecke von 500 m in 20 Minuten ohne Gefährdung seiner Gesundheit viermal täglich zu Fuß zurückzulegen. Die Einschätzung beruhe laut dem Gutachten ausschließlich auf den subjektiven Angaben des Klägers.
Gegen das ihm am 14.01.2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am Montag, den 15.02.2010 Berufung eingelegt. Zur Begründung stützt er sich auf die Ausführungen des Dr. B., wonach er nur noch in der Lage sei, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt 3 bis unter 6 Stunden täglich auszuüben. Darüber hinaus sei er auch nicht mehr in der Lage, eine Gehstrecke von 500 m in 20 Minuten ohne Gefährdung seiner Gesundheit viermal täglich zu Fuß zurückzulegen.
Der Kläger legt eine Stellungnahme des Dr. B. vom 01.07.2010 vor, worin dieser ausführt, in seiner Stellungnahme vom 14.04.2009 tatsächlich sprachlich nur zur Verkürzung der Gehstrecke Stellung genommen zu haben. Gemeint habe er aber sowohl das Leistungsvermögen als auch die Verkürzung der Gehstrecke. Er habe seiner Einschätzung die Zusammenschau der einzelnen Untersuchungsbefunde einerseits aber auch den Gesamteindruck des Probanden andererseits zugrunde gelegt. Auch nach der langen Zeit habe er eine Erinnerung an die erhebliche Beeinträchtigung des Klägers, nicht zuletzt wegen seiner Adipositas. Er sei davon überzeugt, jeder Gutachter werde sich der Einschätzung anschließen, der Kläger könne nicht mehr mehr als 3 bis unter 6 Stunden erwerbstätig sein. Eine neue Würdigung der einzelnen Untersuchungsbefunde könne er nach der langen Zeit seit der Begutachtung aber nicht mehr abgeben.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 14.10.2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 24.09.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.04.2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilten, ihm unter Zurücknahme des Bescheides vom 22.03.2004 vom 01.08.2007 an Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist zur Begründung auf ihren Vortrag im erstinstanzlichen Verfahren sowie auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten sowie die Akten erster Instanz (S 5 RJ 4642/04, S 15 R 3383/08) sowie die Senatsakten verwiesen.
II.
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.
Gemäß § 153 Abs. 4 SGG kann das LSG - nach vorheriger Anhörung der Beteiligten - die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Im vorliegenden Fall sind die Berufsrichter des Senats einstimmig zum Ergebnis gekommen, dass die Berufung unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Mit Schreiben vom 12.08.2010 hat der Senat die Beteiligten auch auf die Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG hingewiesen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Eine Zustimmung der Beteiligten ist nicht erforderlich.
Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, weil der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung hat. Soweit er geltend macht, bereits mit Bescheid vom 22.03.2004 hätte ihm eine Rente wegen voller Erwerbsminderung gewährt werden müssen, ist weder nachgewiesen, dass die Beklagte von einem unrichtigen Sachverhalt im Sinne des § 44 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) ausgegangen ist und deshalb Sozialleistungen - seit 01.08.2007, wie beantragt - zu Unrecht nicht erbracht wurden, noch ist im Vergleich zu den Feststellungen, die der Entscheidung vom 22.03.2004 zugrunde lagen, eine so erhebliche Änderung im Gesundheitszustand des Klägers eingetreten, dass ab diesem Zeitpunkt (oder später) eine Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren wäre.
Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres bzw. bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (s. hierzu § 43 Abs. 2 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI -).
Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI).
Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres bzw. bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (s. hierzu § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI).
Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI).
Darüber hinaus ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI generell nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstägig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Dem Kläger steht nach den vorliegenden Gutachten und der nach Klagerücknahme im Verfahren S 5 RJ 4642/04 vor dem SG bestandskräftigen Entscheidung der Beklagten unstreitig eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu. Doch weder aufgrund der zum Leistungsfall 28.10.2002 vorliegenden Befunde noch aufgrund der nachfolgenden Befunderhebungen der behandelnden Ärzte und der gehörten Sachverständigen lässt sich eine für die Anerkennung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung erforderliche Leistungsminderung selbst für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auf unter 6 Stunden begründen.
Grundlage der Entscheidung der Beklagten für die Gewährung der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit war im Wesentlichen das Gutachten des Chirurgen Dr. R. vom 28.11.2003, der aufgrund von Restbeschwerden nach einer Bandscheibenoperation und Spondylodese im Juni 2003, Zervikobrachialgien bei degenerativen Veränderungen des HWS C 6/7 und einem akuten Weichteilschmerz im Bereich des rechten Schultergelenks mit Funktionseinschränkung schlüssig und überzeugend zu dem Ergebnis gelangte, die letzte - körperlich schwere - Tätigkeit als Gipser könne aufgrund der Wirbelsäulenveränderungen nicht mehr ausgeübt werden; leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne häufige Zwangshaltungen vollschichtig hingegen schon. Denn bei dieser Untersuchung fanden sich nur mäßige Funktionseinschränkungen im Bereich der HWS und deutlichere im Bereich der LWS, wobei der Kläger über Gefühlsstörungen im Bereich des rechten Oberschenkels und am linken äußeren Unterschenkel geklagt hat, sichere motorische Ausfälle fanden sich jedoch nicht. Dieser Leistungseinschätzung hat sich im Übrigen auch der behandelnde Orthopäde Dr. Sch. in seiner sachverständigen Zeugenaussage vor dem SG Stuttgart vom 26.08.2004 angeschlossen und sie wurde letztlich durch das auf Antrag des Klägers eingeholte Gutachten des Orthopäden Dr. W. bestätigt. Letzterer führte ebenfalls nur qualitative Einschränkungen in Folge der Wirbelsäulenbeschwerden und der Einschränkungen im Bereich des rechten Schulter an (Minderung bezüglich der Belastung beim Heben und Tragen von mehr als 10 kg, bei konstanten Arbeitspositionen [z.B. langem Sitzen], Tragen von Lasten von mehr als 5 kg mit dem rechten Arm und bei Überkopfarbeiten). Eine quantitative Leistungsminderung bestand unter Berücksichtigung dieser Vorgaben aus seiner Sicht ebenfalls nicht. Soweit der Arzt für Innere Medizin Dr. St. in seiner sachverständigen Zeugenaussage vom 16.08.2004 zu einer anderen Leistungsbeurteilung kam, überzeugt diese fachfremd abgegebene Beurteilung angesichts der vorliegenden sachverständigen Äußerungen nicht, zumal sie nicht erläutert, woraus sich die auch bei Berücksichtigung der genannten qualitativen Einschränkungen beschriebene zeitliche Limitierung ergeben soll.
Ein wesentlich veränderter Befund ergibt sich auch nicht aus den nach der Antragstellung im Juli 2007 beigezogenen Unterlagen. Das im Auftrag der Beklagten eingeholte orthopädische Gutachten von Dr. R. beschrieb mit den Diagnosen "anhaltende LWS-Beschwerden nach knöchern konsolidierter Spondylodese L 4/5 mit epiduraler Narbenbildung, keine Wurzelreizzeichen, leichte Funktionseinschränkung; Zervikobrachialgien bei ausgeprägten degenerativen Veränderungen C 6/7, leichte Funktionseinschränkung; Engpass-Syndrom rechtes Schultergelenk mit Funktionseinschränkung" keinen wesentlich anderen Befund. Die in der Anamnese wiedergegebenen Beschwerden des Klägers unterscheiden sich dabei auch nicht wesentlich von denen, die bereits in den Gutachten Dr. R. und Dr. W. wiedergegeben wurden. Danach klagt der Kläger über Kreuzschmerzen im Sitzen, Stehen und Liegen, über eine gestörte Nachtruhe und Schulterbeschwerden beim Anheben über die Horizontale und Überstrecken nach hinten. Die von Dr. W. im Vergleich zur Voruntersuchung feststellbare Verschlechterung der Funktion der Wirbelsäule (Einschränkung der Rotation und der Seitneigung der Wirbelsäule um 2/3) rechtfertigt nicht die Anerkennung einer zeitlichen Leistungseinschränkung. Ihr kann vielmehr, wie der Sachverständige dargelegt hat, unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen begegnet werden (kein Heben und Tragen von Gewichten mit mehr als 10 kg, keine konstante Arbeitshaltung im Sitzen oder Stehen, keine extremen Körperpositionen, wie Arbeiten in gebückter Haltung, in der Hocke oder Arbeiten über Kopf, bzw. oberhalb der horizontalen Armposition, kein Anheben von Gewichten über 5 kg mit dem rechten Arm). Das auf internistischem Fachgebiet erhobene Gutachten des Dr. B. vom 06.12.2007 ergab darüber hinaus aufgrund des festgestellten metabolischen Syndroms mit nicht vollständig befriedigend eingestelltem Bluthochdruck und beginnender hypertensiver Herzerkrankung, diätetisch behandeltem Diabetes mellitus Typ II b und zweitgradiger Adipositas ebenfalls keinen Anhalt für eine wesentliche quantitative Einschränkung des Leistungsvermögens.
Die vorliegenden Leistungsbeurteilungen sind schlüssig. Eine fachärztliche Schmerzbehandlung findet offensichtlich nicht statt, schwerwiegende neurologische Funktionsstörungen in Form von Lähmungen in Folge der Wirbelsäulenerkrankung werden weder in den vorliegenden Befundberichten noch in den Gutachten beschrieben. Es ist daher bereits nicht nachvollziehbar, woraus sich eine quantitative Leistungsminderung für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auf unter 6 Stunden/Tag ableiten soll.
Der Kläger vermag seinen Anspruch auch nicht auf das auf seinen Antrag hin eingeholte Gutachten des Dr. B. zu stützen. Denn abweichende Diagnosen lassen sich diesem Gutachten nicht entnehmen, die Befunderhebungen sind weitgehend deckungsgleich mit denen, die bereits Dr. W. erhoben und beschrieben hat. Dr. B. beschreibt ausdrücklich, einzige Abweichung zum Gutachten Dr. W. sei, dass die sensomotorischen Defizite auf der linken Seite abgeklungen seien und Sensibilitätsstörungen nunmehr rechts bestünden. Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit habe dies aber nicht. Seine Leistungsbeurteilung mit 3 bis unter 6 Stunden auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, wobei sitzende Tätigkeiten im Wechsel mit kurzen Phasen des Stehens und Gehens zu bevorzugen wären, vermag angesichts dessen nicht zu überzeugen. Weshalb er aus den vorliegenden Befunden auf eine zeitliche Leistungseinschränkung entgegen der vorliegenden Vorbegutachtungen schließt, erläutert Dr. B., abgesehen von dem Hinweis auf den persönlichen Eindruck, den er gewonnen habe, auch auf Nachfrage des SG nicht. Seine vom Kläger vorgelegte Stellungnahme vom 01.07.2010 überzeugt den Senat ebenfalls nicht. Eine plausible Begründung dafür, welche objektiven Untersuchungsbefunde den von ihm gewonnenen Gesamteindruck bestärken, neben den von ihm beschriebenen qualitativen Leistungseinschränkungen liege auch eine quantitative vor, hat er auch in dieser nicht gegeben. Angesichts der Tatsache, dass drei Gutachten vor ihm eine solche nicht bestätigen konnten, führt der Hinweis, dass sich seiner Überzeugung nach jeder Gutachter seiner Einschätzung anschließen werde, nicht weiter.
Nicht zu folgen vermag der Senat auch der von Dr. B. vertretenen Einschätzung, der Kläger sei nicht mehr in der Lage viermal täglich Wegstrecken von mehr als 500 m innerhalb von 20 Minuten zurückzulegen und zweimal pro Tag öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen. Diese Einschätzung beruht allein auf den Angaben des Klägers, wie die Antwort des Sachverständigen auf die Frage 7 des Gutachtensauftrages belegt. Befunde, die eine solche Einschränkung nachvollziehbar machen, hat er in diesem Zusammenhang nicht angegeben. Aus welchem Grund er die Angaben des Klägers für glaubhaft oder gar belegt hält, hat er weder in dem Gutachten selbst, noch auf Nachfrage des SG oder in der nun vorgelegten Stellungnahme ausgeführt. Veranlassung hierfür hätte aber schon deshalb bestanden, weil - wie dem Sachverständigen aufgrund der Aktenlage bekannt war - die Gutachten vor ihm zu einer anderen Einschätzung gekommen waren. So sind neurologische Ausfälle im Bereich der unteren Extremitäten bislang weder in den vorliegenden Befundberichten noch in den Gutachten beschrieben worden. Selbst Dr. St. hat in seiner sachverständigen Zeugenaussage vom 16.08.2004 normales Gehen bis zur Dauer von einer Stunde bestätigt. Im Gutachten von Dr. W. vom 22.08.2005 wurde diese Frage ebenfalls ohne Einschränkungen bejaht. Dass es insoweit im Vergleich zu den Voruntersuchungen zu einer nachvollziehbaren Verschlimmerung gekommen ist, ergibt sich weder aus den objektiv vorliegenden Befunden noch aus den Ausführungen des Dr. B ... Letztlich kann dies aber dahingestellt bleiben, nachdem der Kläger einen Führerschein hat und im Besitz eines Kraftfahrzeuges ist, wie sich dem Gutachten des Dr. B. entnehmen lässt. Denn bei der Beurteilung der Mobilität des Versicherten sind alle ihm tatsächlich zur Verfügung stehenden Hilfsmittel (zB Gehstützen) und Beförderungsmöglichkeiten zu berücksichtigen, wie das BSG in ständiger Rechtsprechung entschieden hat (vgl. Urteil v. 28.08.2002, B 5 RJ 12/02 R, zitiert nach Juris, m.w.N.). Dazu gehört auch die zumutbare Benutzung eines vorhandenen, ggfs. im Rahmen der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben subventionierten Kraftfahrzeugs. Dass dem Kläger die Benutzung eines Kraftfahrzeugs unmöglich oder unzumutbar ist, ergibt sich weder aus den vorliegenden Berichten noch ist dieses aufgrund der vorliegenden Einschränkungen für die regelmäßig zu erwartenden Fahrstrecken zu erwarten.
Eine Notwendigkeit weiterer Ermittlungen von Amts wegen besteht nicht. Angesichts der vorliegenden Befunde und Gutachten ist der Sachverhalt geklärt, zumal der Kläger Leistungen für die Vergangenheit geltend macht (er bezieht zwischenzeitlich Altersrente für schwerbehinderte Menschen). Einen Antrag nach § 109 SGG hat er nicht gestellt. Im Hinblick auf das beim SG erhobene Gutachten, welches bereits auf Antrag des Klägers in Auftrag gegeben wurde, wäre ein solcher auch abgelehnt worden, da besondere Gründe für eine wiederholte Antragstellung weder dargelegt wurden noch ersichtlich sind (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer §109 Rz 10b).
Dem Kläger ist somit keine Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren, und zwar unabhängig davon, ob die für ihn zuständige Arbeitsagentur einen seinem Leistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatz anbieten könnte oder hätte anbieten können. Denn das Risiko, keinen offenen Arbeitsplatz zu finden, ist nicht von der Renten-, sondern grundsätzlich von der Arbeitslosenversicherung zu tragen (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 137 m.w.N.). Es liegt auch keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen und auch keine schwere spezifische Leistungsbehinderung vor. Denn bei den genannten Einschränkungen handelt es sich im Wesentlichen um solche, denen durch die Begrenzung auf leichte körperliche Arbeit hinreichend Rechnung getragen wird.
Der Senat weist die Berufung deshalb zurück.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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