L 9 R 2575/09

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 7 R 682/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 2575/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 30. April 2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Zulassung zur Nachentrichtung freiwilliger Beiträge im Zeitraum vom 01. Oktober 1979 bis 31. August 1983.

Bei dem 1952 geborenen Kläger sind an rentenrechtlichen Zeiten die Zeiträume vom 01. September 1968 bis 29. Februar 1972 (berufliche Ausbildung) und 01. April 1972 bis 30. Juni 1973 (Wehrdienst, Zivildienst) als Pflichtbeitragszeiten anerkannt. Danach hat er im Zeitraum vom 02. Juli 1973 bis 30. September 1979 - mit Unterbrechungen, u. a. wegen Arbeitslosigkeit - bis 30. September 1979 Pflichtbeiträge, u.a. zur Seekasse, nach deren Zusammenschluss mit der Bahnversicherungsanstalt und der Bundesknappschaft zum 01. Oktober 2005 jetzt Deutsche Rentenversicherung Knappschaft Bahn See (Beklagte), auf Grund versicherungspflichtiger Beschäftigung entrichtet. Danach arbeitete er zeitweilig im Ausland (ohne Beitragsentrichtung zur deutschen Rentenversicherung). Zur gesetzlichen Rentenversicherung wurden Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung noch vom 01. bis 31. Dezember 1980, 01. bis 07. April 1981, 22. Juni bis 13. August 1982 und dann wieder ab 01. September 1983 entrichtet. Für die Zeit vom 01. Dezember 1980 bis 30. April 1981 sind außerdem Pflichtbeiträge wegen Zeiten der Kindererziehung vorgemerkt. Ab 07. November 1983 war der Kläger dann zeitweilig krank bzw. arbeitsunfähig oder arbeitslos. Vom 01. Juni 1984 bis 30. September 1986 entrichtete er freiwillige Beiträge und vom 01. Oktober 1986 bis 31. Dezember 2006 war er - mit Unterbrechungen - versicherungspflichtig beschäftigt. Wegen der Einzelheiten der anerkannten versicherungsrechtlichen Zeiten wird auf den in den Akten der Beklagten enthaltenen Versicherungsverlauf vom 30. März 2007 verwiesen.

Im April 1989 bat der Kläger bei der damaligen LVA Württemberg um eine Rentenauskunft, da er sich eventuell zusätzlich privat versichern wolle. Die Rentenauskunft wurde von der Seekasse unter dem 08. August 1989 erteilt. Außerdem wurden mit Bescheid vom selben Tag Versicherungszeiten für die Zeit bis 31. Dezember 1982 festgestellt. Mit Bescheid vom 25. August 1997 entschied die Seekasse über Kindererziehungszeiten, wobei nach Widerspruch und erfolgloser Klage die Seekasse im Berufungsverfahren L 9 RJ 4720/00 mit Urteil vom 11. Dezember 2001 unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen zur Vormerkung der Zeit vom 01. Dezember 1980 bis 07. April 1981 als Kindererziehungs- und -berücksichtigungszeit verurteilt wurde. Die von ihm im Februar 2002, für den Fall, dass es vorteilhafter sei, erstrebte Zuordnung der Kindererziehungszeiten zum Versicherungskonto seiner Ehefrau blieb erfolglos (Bescheid vom 04. März 2002, Widerspruchsbescheid vom 06. Dezember 2002, Klage zum Sozialgericht Konstanz [SG], S 4 RA 4/03, Rücknahme der anschließenden Berufung L 9 RA 46/04 am 26. Oktober 2004).

Mit am 30. November 2004 bei der Seekasse eingegangenem Schreiben bat der Kläger um Prüfung seines Versicherungsverlaufs und Mitteilung, ob eine Erhöhung der Rente durch Nachzahlung freiwilliger Beiträge wegen seiner Auslandstätigkeit und für Zeiten schulischer Ausbildung möglich sei.

Die Seekasse teilte dem Kläger mit Schreiben vom 03. Dezember 2004 mit, die Nachzahlung von Beiträgen gemäß § 207 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) betreffe Zeiten einer schulischen Ausbildung nach dem 16. Lebensjahr, die nicht als Anrechnungszeiten berücksichtigt werden könnten. Zur Prüfung des Antrags auf Nachzahlung und Erstellung von Probeberechnungen seien zunächst alle vorliegenden Schulzeiten nach dem 16. Lebensjahr festzustellen und der Versicherungsverlauf vollständig zu klären. Sie bitte für die betreffenden Zeiträume um entsprechende Nachweise und bitte ferner den beigefügten Antrag auf Kontenklärung ausgefüllt und unterschrieben zurückzusenden.

Nach weiterem Schriftwechsel, u. a. zur Prüfung des Antrags auf Nachentrichtung von Beiträgen für Ausbildungszeiten, lehnte dann die Beklagte mit Bescheid vom 19. März 2007 die Zulassung der Nachentrichtung freiwilliger Beiträge für Zeiten ab 1979 ab. Freiwillige Beiträge seien nur wirksam, wenn sie bis zum 31. Dezember des Jahres, für das sie gelten sollen, gezahlt würden. Im Versicherungskonto des Klägers bestünden ab 01. Januar 1984 keine Beitragslücken. Den Antrag auf Nachzahlung von Ausbildungszeiten aus dem Jahr 2004 habe der Kläger mit Telefonat vom 27. Oktober 2006 zurückgenommen. Nur in Fällen besonderer Härte sei auf Antrag des Versicherten die Zahlung von Beiträgen auch nach Ablauf der genannten Frist zuzulassen, wenn die Versicherten an der rechtzeitigen Beitragszahlung ohne Verschulden gehindert gewesen seien. Mit Bescheid vom 30. März 2007 stellte die Beklagte die bis dahin anerkannten Versicherungszeiten und im beigefügten Versicherungsverlauf enthaltenen Daten bis 31. Dezember 2000 nach § 149 Abs. 5 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) verbindlich fest.

Gegen beide Bescheide erhob der Kläger am 16. April 2007 Widerspruch und machte geltend, er habe im Jahr 2004 einen Antrag auf Nachzahlung freiwilliger Beiträge für Fehlzeiten gestellt, nachdem er erfahren habe, dass 45-jährige und Ältere nur noch bis 31. Dezember 2004 durch Nachzahlung freiwilliger Beiträge Fehlzeiten ausgleichen könnten. Nun werde ihm mitgeteilt, die Nachentrichtung sei nicht möglich. Andererseits werde - soweit ihm bekannt - die Rente wegen Fehlzeiten verweigert.

Den Widerspruch gegen den Bescheid vom 30. März 2007 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23. Oktober 2007 als unzulässig zurück, da er lediglich hinsichtlich der verbindlich festgestellten Zeiten bis 31. Dezember 2000 eine Regelung treffe, nicht aber über die Nachzahlung freiwilliger Beiträge.

Der Kläger hat wegen des Widerspruchsbescheids vom 23. Oktober 2007, den er nach seinen Angaben am 30. November 2007 erhalten hat, am 20. Dezember 2007 Klage beim Sozialgericht Freiburg (S 2 KNR 6566/07) erhoben, das den Rechtsstreit mit Beschluss vom 05. März 2008 an das SG verwiesen hat.

Während des Klageverfahrens vor dem SG hat die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 19. März 2007 mit Widerspruchsbescheid vom 28. November 2008 zurückgewiesen. Freiwillige Beiträge seien nur wirksam, wenn sie bis 31. März des Jahres, das dem Jahr folge, für das sie gelten sollten, gezahlt würden. Diese Frist sei für die Nachentrichtung freiwilliger Beiträge in den Jahren 1979 bis 1983 abgelaufen. Im Übrigen lägen auch nicht die Voraussetzungen einer besonderen Härte vor. Sie sei insbesondere bei drohendem Verlust der Anwartschaft auf eine Rente anzunehmen, wenn der Versicherte an der rechtzeitigen Zahlung ohne Verschulden gehindert gewesen sei und den Antrag innerhalb von drei Monaten nach Wegfall des Hinderungsgrundes gestellt habe. Durch die unterbliebenen Beitragszahlungen sei der Versicherungsschutz für eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit bzw. Berufsunfähigkeit nicht entfallen und die fehlende Beitragszahlung führe nicht zu einem außergewöhnlichen sozialversicherungsrechtlichen Schaden

Der Kläger hat mit seinen Klagen gegen die Entscheidungen die Zulassung der Nachentrichtung freiwilliger Beiträge weiterverfolgt. Er stehe sei 31. Mai 1989 mit der Seekasse wegen der Klärung seines Rentenkontos in Kontakt. Den Ablauf der Fristen für eine Nachzahlung, wie im Widerspruchsbescheid ausgeführt, habe man ihm nicht mitgeteilt. Seit es die Rentenversicherung gebe, hätten ca. 25 Reformen stattgefunden, um Defizite auf die Versicherten abzuwälzen, u.a. mit der Folge der Kürzung von Renten. Da durch die letzte Reform auch Beitragszeiten sehr wichtig seien, wolle er die Defizite ausgleichen. Hierzu hat er u.a. Kopien seines Schreibens vom 01. November 2006 und ein Schreiben von ihm vom 13. Juni 2001, das in den Verwaltungsakten nicht auffindbar ist, sowie das Schreiben der Beklagten vom 31. Mai 1989 (Hinweis auf "im beiliegenden Vordruck angeführte Lücken" im Versicherungskonto und Bitte um nähere Angaben zu diesen Zeiten) vorgelegt.

Das SG hat die gegen die Bescheide vom 19. und 30. März 2007 und die Widerspruchsbescheide vom 23. Oktober 2007 und 28. November 2008 erhobene Klage (gemeint wohl Klagen) auf Zulassung der Nachentrichtung freiwilliger Beiträge für nicht belegte Zeiten ab 1979 mit Gerichtsbescheid vom 30. April 2009 abgewiesen. Gegenstand des Verfahrens seien beide Bescheide und beide Widerspruchsbescheide. Durch den Erlass des Widerspruchsbescheids vom 28. November 2008 sei auch die Klage gegen den Bescheid vom 19. März 2007 zulässig. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Zulassung der Nachentrichtung freiwilliger Beiträge, da die Frist hierfür abgelaufen sei und auch die Voraussetzungen für die Zulassung nach Fristablauf, das Vorliegen einer besonderen Härte, nicht vorlägen. Der Kläger habe die Nachentrichtung freiwilliger Beiträge erst im November 2004, mithin viele Jahre nach Ablauf der erforderlichen Frist gestellt. Eine Wiedereinsetzung sei ausgeschlossen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Ausführungen im Gerichtsbescheid verwiesen.

Gegen den am 06. Mai 2009 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 05. Juni 2009 Berufung eingelegt, mit welcher er sein Begehren weiter verfolgt und unter Vertiefung seines bisherigen Vorbringens geltend macht, durch laufende Gesetzesänderungen werde er benachteiligt und in seinen Grundrechten diskriminiert. Er wolle weiterhin die Beiträge nachentrichten, damit er nach 45 Arbeitsjahren abschlagsfrei bei Bedarf in Rente gehen könne.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 30. April 2009 aufzuheben sowie die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 19. März 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. November 2008 und des Bescheides vom 30. März 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Oktober 2007 zu verurteilen, die Nachentrichtung freiwilliger Beiträge für die Zeiträume vom 01. Oktober 1979 bis 31. März 1981, 01. Mai 1981 bis 31. Mai 1982 sowie 01. Oktober 1982 bis 31. August 1983 zuzulassen. Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie bezieht sich auf ihr bisheriges Vorbringen.

Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet.

Das SG hat zu Recht die Klage gegen die angefochtenen Bescheide abgewiesen. Der Kläger begehrt vorliegend die Zulassung der Nachentrichtung freiwilliger Beiträge für die Zeiträume vom 01. Oktober 1979 bis 31. März 1981, 01. Mai 1981 bis 31. Mai 1982 sowie 01. Oktober 1982 bis 31. August 1983.

Es kann dahinstehen, ob die Klage gegen den Bescheid vom 30. März 2007 und den Widerspruchsbescheid vom 23. Oktober 2007 mit dem Ziel der Zulassung der Nachentrichtung von Beiträgen zulässig ist, da diese Entscheidungen eine entsprechende, dieses Begehren ablehnende Regelung nicht enthalten und es deshalb an einer für ein Rechtsschutzbedürfnis erforderlichen Beschwer fehlt, denn jedenfalls hat der Kläger auch keinen Anspruch auf Zulassung der Nachentrichtung von Beiträgen für die strittigen Zeiträume.

Soweit der Kläger die Zulassung der die Nachentrichtung freiwilliger Beiträge ablehnenden und mit der Klage angefochtenen Entscheidungen vom 19. März 2007 und 28. November 2008 begehrt, ist dieses Begehren zulässig, aber unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn der Kläger hat keinen Anspruch auf Zulassung der Nachentrichtung freiwilliger Beiträge für die geltend gemachten Zeiträume.

Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier vom Kläger beanspruchte Zulassung der Nachentrichtung freiwilliger Beiträge - §§ 197 SGB VI bzw. vor dem 01. Januar 1992 § 1418 Reichsversicherungsordnung (RVO) - dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass die Voraussetzungen für eine Nachentrichtung freiwilliger Beiträge nicht erfüllt sind, weil sie nicht innerhalb der gesetzlichen Frist gezahlt worden sind bzw. gezahlt werden können und auch kein Fall einer besonderen Härte vorliegt, der es gebieten würde, die Nachentrichtung nachträglich zuzulassen. Der Senat schließt sich dem nach eigener Überprüfung und Berücksichtigung auch des Vorbringens im Berufungsverfahren uneingeschränkt an, sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.

Ergänzend ist lediglich anzumerken, dass sowohl nach den Bestimmungen des bis 31. Dezember 1991 geltenden § 1418 Abs. 1 RVO, als auch den ab 01. Januar 1992 geltenden Bestimmungen des § 197 Abs. 2 SGB VI die Frist für die Nachentrichtung freiwilliger Beiträge bei Antragstellung bereits abgelaufen war. Die Frist für eine Entrichtung der Beiträge bis zum Ablauf des Kalenderjahres, für das sie gelten sollten (§ 1418 Abs. 1 RVO) bzw. bis zum 31. März des Jahres nach Ablauf des Jahres, für das sie gelten sollen (§ 197 Abs. 2 SGB VI) war für das letzte der hier strittigen Jahre (1983) bei der Antragstellung bereits abgelaufen. Der Kläger hat auch weder im Jahr 1983, noch bis 31. März 1984, sondern erst im November 2004 die Nachentrichtung freiwilliger Beiträge beantragt. Ein entsprechender früherer Antrag innerhalb der möglichen Fristen, die im Jahr 2004 längst verstrichen waren, ist weder den Verwaltungsakten zu entnehmen, noch vom Kläger dargetan. Im Übrigen liegt - wie vom SG zutreffend ausgeführt - im vorliegenden Fall auch keine unzumutbare Härte vor, da durch die fehlende Beitragsentrichtung der Versicherungsschutz für den Fall der Erwerbsminderung und Berufsunfähigkeit nicht entfällt und auch keine unzumutbaren Nachteile entstehen.

Soweit der Kläger auf Änderungen im Rentenrecht verweist, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Die vom Gesetzgeber vorgenommenen Änderungen im Rentenrecht verstoßen, soweit sie die vorliegende Problematik betreffen, nicht gegen höherrangiges Recht. Insbesondere war der Gesetzgeber auch nicht gehalten, insoweit eine Änderung der Bestimmungen für die Nachentrichtung freiwilliger Beiträge vorzunehmen.

Da das SG somit zu Recht die Klage abgewiesen hat, weist der Senat die Berufung zurück. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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