L 9 U 5983/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 7 U 5484/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 U 5983/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 20. November 2007 sowie der Bescheid der Beklagten vom 25. August 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Oktober 2006 aufgehoben.

Die Beklagte hat dem Kläger dessen außergerichtliche Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger einen Anspruch auf die Gewährung einer Verletztenrente über den 31.08.2006 hinaus hat.

Der 1942 geborene Kläger war am 15.05.2001 bei Schalungsarbeiten von einem ca. 2,20 Meter hohen Gerüst auf den darunterliegenden Betonboden gestürzt (vgl. Unfallanzeige der Firma D. und W. Aktiengesellschaft, Karlsruhe vom 28.05.2001), wobei er sich schwere Kopfverletzungen zuzog.

Die Erstbehandlung erfolgte in der Chirurgischen Universitätsklinik Freiburg, die stationäre Weiterbehandlung in der Universitätsklinik für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde der Universitätsklinik Freiburg (ZMK). Der Kläger wurde am 01.06.2001 in gutem Allgemeinzustand und mit den Diagnosen: "Schädel-Hirn-Trauma mit Kontusionsblutung rechts parietal und traumatischer Subarachnoidalblutung rechts, rechtsseitiges Subduralhämatom und rechtsbetontes Hirnödem, nicht dislozierte Kalottenfraktur links parietal bis in die Temporobasis einstrahlend, occipitale Kopfplatzwunde, Mittelgesichts- bzw. Orbitafraktur links ohne wesentliche Dislokation, Thoraxprellung links, Rückenprellung" aus der stationären Behandlung entlassen. In dem Bericht war vermerkt worden, dass zu den anfänglich geklagten Kopfschmerzen während des weiteren Verlaufs Tinnitusbeschwerden hinzugekommen seien, wobei der Patient nach eigenen Angaben bereits unfallunabhängig vorbestehend einen Tinnitus gehabt habe. Die Ohrgeräusche hätten jedoch posttraumatisch deutlich zugenommen. Bei der Vorstellung in der HNO-Klinik (der Universitätsklinik Freiburg) sei eine Schwerhörigkeit rechts nachgewiesen worden. Unter Therapie sei es zu einer Besserung der Tinnitusbeschwerden und auch zu einer Besserung der Hörschwäche rechts gekommen. Vom 08.06.2001 bis 05.07.2001 befand sich der Kläger im Rahmen einer stationären Rehabilitationsbehandlung in der Fach- und Rehabilitationsklinik für Neurologie der Schwarzwaldklinik Bad Krozingen. Wegen anhaltender Kopfschmerzen und persistierendem Schwindel sowie wegen Klagen über Gefühllosigkeit in den Fingerkuppen D II-IV und Schmerzen in der rechten Hand erfolgten daraufhin ambulante Behandlungen beim Neurologen und Psychiater Dr. W. (Berichte vom 25.07.2001 und 20.09.2001), im ZMK sowie beim HNO-Arzt Dr. Z. (Bericht 12.10.01). Vom 29.11.2001 bis zum 29.12.2001 befand sich der Kläger erneut im Rahmen einer stationären neurologischen Rehabilitationsmaßnahme in der Schwarzwaldklinik Bad Krozingen. In deren Abschlussbericht vom 08.02.2002 wurden eine eingeschränkte Belastbarkeit, eine deutliche Leistungsschwäche, deutliche Störungen der Konzen-tration, der Aufmerksamkeitskapazität, der Merkfähigkeit und des räumlichen Vorstellungsvermögens beschrieben. Es habe sich im Vergleich zur letzen Testung im Juni/Juli 2001 keine eindeutige Verbesserung des Leistungsvermögens ergeben. Insbesondere im Aufmerksamkeits- und Reaktionsbereich sei die Leistungsfähigkeit stark abhängig von der Tagesverfassung geblieben. Zusammenfassend ergebe sich auch allenfalls eine gewisse Linderung der beklagten Schmerzsymptomatik und keine wesentliche Veränderung hinsichtlich der neuropsychologischen Defizite, in psychischer Hinsicht jedoch eine geringfügige Stabilisierung.

In dem daraufhin von der Beklagten in Auftrag gegebenen Gutachten der Fachärztin für Hals-Nasen- und Ohrenkrankheiten Dr. F. vom 23.07.2002 wurde unter Berücksichtigung der Befunde der HNO-Ambulanz der Universitätsklinik Freiburg sowie unter Berücksichtigung audiometrischer Untersuchungen des arbeitsmedizinischen Dienstes der Tiefbau-Berufsgenossenschaft vom 24.06.1999 ausgeführt, dass die Untersuchung ein sehr uneinheitliches Bild ergeben habe. Als Folgen des Unfalles lägen eine Verschlimmerung der bereits vor dem Unfall bestehenden Schwerhörigkeit rechts und eine Verstärkung des ebenfalls vor dem Unfall bereits bestehenden Rauschtinnitus rechts vor. Sie stellte fest, dass das Hörvermögen links im Vergleich zu der Zeit vor dem Unfall weitgehend unverändert sei. Das Hörvermögen rechts habe sich nach dem Unfall um 20% (von 70% auf 90% Hörverlust) verschlechtert. Die ursprüngliche Hörstörung beidseits könne auf eine beruflich bedingte Lärmbelastung zurückzuführen sein, dies müsse aber in einem gesonderten Gutachten mit Lärmanalyse der verschiedenen Arbeitsplätze geklärt werden. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) hierdurch betrage 10 v.H.

In dem ebenfalls von der Beklagten in Auftrag gegebenen nervenärztlichen Gutachten von Dr. B. und Dr. C. vom 15.08.2002 wurden als Folgen des Unfalles vom 15.05.2001 eine abnorme seelische Entwicklung und ein pseudoneurasthenisches Syndrom bei einem Zustand nach Schädel-Hirn-Trauma mit Kontusionsblutung, Subarachnoidalblutung, Subduralhämatom und Hirnödem sowie Kalotten-, Mittelgesichts- und Orbitafraktur links angegeben. Der Kläger habe ein Schädel-Hirn-Trauma erlitten als er von einem Gerüst gestürzt sei. Es habe initial eine kurze Bewusstlosigkeit und eine Amnesie zum Unfallereignis bestanden. Computertomographisch seien Schädelfrakturen, intracranielle Blutungen und ein rechtsbetontes Hirnödem nachgewiesen worden. In der Folge habe sich ein vielschichtiges Beschwerdebild mit Kopfschmerzen und Schwindel, Ohrgeräuschen und Einschränkungen von Merkfähigkeit und Konzentration gezeigt. Die MdE sei ab Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit mit 20 v.H. anzusetzen. In seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 28.01.2003 bewertete Dr. B. dann die MdE mit insgesamt 25 v.H. der Vollrente.

Mit Bescheid vom 21.03.2003 gewährte die Beklagte dem Kläger eine Rente als vorläufige Entschädigung nach einer MdE von 25 v.H. ab dem 12.11.2002 bis auf weiteres. Als Folgen des Arbeitsunfalles anerkannte sie ein pseudoneurasthenisches Syndrom mit allgemeiner Leistungsschwäche und Antriebsminderung, eine Verschlimmerung der vorbestehenden Schwerhörigkeit rechts, eine Verschlimmerung des vorbestehenden Rauschtinnitus rechts sowie glaubhafte Beschwerden nach schwerem Schädel-Hirn-Trauma. Unabhängig vom Arbeitsunfall bestünden ein Teil der Lärmschwerhörigkeit rechts, ein Teil des Tinnitus rechts, ein Carpaltunnelsyndrom rechts sowie eine Kreissägenverletzung am rechten Fuß und an der linken Hand.

Mit einem weiteren Bescheid vom 21.03.2003 stellte sie wegen der Folgen eines Arbeitsunfalles vom 03.03.1982 ab 15.05.2001 eine Verletztenrente nach einer MdE von 10 v.H. aufgrund einer deutlichen Bewegungseinschränkung von Daumen und Zeigefinger der linken Hand, einer Minderung der G.n Kraft der linken Hand, einem verminderten Faustschluss links sowie Ernährungsstörungen und Gefühlstörungen am linken Daumen und am linken Zeigefinger fest.

Mit Bescheid vom 09.09.2003 korrigierte die Beklagte den in dem Bescheid vom 21.03.2003 angegebenen Zeitraum des Jahresarbeitsverdienstes sowie die Höhe des angenommenen Jahresarbeitsverdienstes, betreffend den Unfall vom 15.05.2001.

Mit Widerspruchsbescheid vom 14.10.2003 wies sie den Widerspruch des Klägers, der eine höhere Verletztenrente begehrte, gegen den Bescheid vom 21.03.2003 (Unfall vom 15.05.2001) zurück.

Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) Freiburg (S 10 U 3400/03) gab die Beklagte mit Schriftsatz vom 26.04.2004 unter Berücksichtigung eines von ihr erhobenen neuropsychiatrischen Gutachtens des Facharztes für Neurologie Dr. Sch. vom 08.03.2004 sowie einer gutachterlichen neurologisch-psychiatrischen Stellungnahme nach Aktenlage des Prof. Dr. G., Nürnberg, vom 25.03.2004 mit Schriftsatz vom 26.04.2004 ein Teilanerkenntnis ab, wonach dem Kläger ab 12.11.2002 bis auf weiteres eine Rente auf unbestimmte Zeit nach einer MdE von 30 v.H. unter Anrechnung der seit 12.11.2002 gewährten 25%igen vorläufigen Entschädigung gewährt werden sollte (Unfallfolgen: "Organische psychische Störungen, postkontusionelle vegetative Beschwerden mit Kopfschmerzen und Schwindelerscheinungen, Verschlimmerung der vorbestehenden Schwerhörigkeit rechts und des vorbestehenden Tinnitus rechts sowie glaubhafte Beschwerden"). Dieses Teilanerkenntnis nahm der Kläger nach Vorlage eines weiteren von der Beklagten in Auftrag gegebenen hno-ärztlichen Gutachtens von Prof. Dr. H. vom 20.06.2004 sowie gutachterlichen Stellungnahmen nach Aktenlage des HNO-Arztes Dr. N. vom 14.08.2004 und 01.10.2004 mit Schriftsatz vom 13.04.2005 an. Mit Bescheid vom 31.05.2005 führte die Beklagte dieses Teilanerkenntnis (ohne die im Schriftsatz vom 26.04.2004 bezeichneten Unfallfolgen zu wiederholen) aus und gewährte dem Kläger Rente auf unbestimmte Zeit nach einer MdE von 30 v.H. der Vollrente ab 12.11.2002.

Ferner stellte die Beklagte bereits mit Bescheid vom 10.09.2004 das Bestehen einer Lärmschwerhörigkeit als Berufskrankheit ohne einen Anspruch auf Verletztenrente fest.

Das neuropsychiatrische Gutachten des Dr. Sch. vom 08.03.2004 beschrieb ein leichtes residuales hirnorganisches Psychosyndrom bei einem Zustand nach schwerem Schädel-Hirn-Trauma mit rechtsseitiger Hirnkontusion, Hirnödem, traumatischer Subarachnoidalblutung und Subduralhämatom. Es bestände ein leichtes Psychosyndrom mit begleitenden traumatischen Kopfschmerzen, welche er mit einer MdE von 30 v.H. bewertete. Prof. Dr. G. schloss sich dieser Einschätzung in seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 25.03.2004 nach Aktenlage an, führte aber aus, dass die MdE-Einschätzung mit 30 v.H. unter Berücksichtigung der Schwere der Schädelhirnverletzung zwar nicht unschlüssig, doch aber als "sehr reichlich" einzustufen sei. Nicht nur im hno-ärztlichen Gutachten von Dr. F. werde von einer sehr ausgeprägten Ag-gravationstendenz berichtet. Auch im nervenärztlichen Gutachten von Dr. B. sei eine Verdeutlichung beschrieben worden. Selbst wenn Dr. Sch. eine abnorme Entwicklung in Zweifel ziehe, könnten verdeutlichende Verhaltensweisen nicht völlig außer Acht bleiben. Bei leichtgradigen organischen psychischen Störungen sowie postkontusionellen vegetativen Beschwerden mit Kopfschmerzen und Schwindelerscheinungen komme eine neurologisch-psychiatrische Teil-MdE von 25% sowie unter Berücksichtigung einer hno-ärztlichen Teil-MdE von 10% eine Gesamt-MdE von 30% in Betracht. Das hno-ärztliche Gutachten des Prof. Dr. H. vom 20.06.2004, welches zugleich zu einer beruflich bedingten Lärmschwerhörigkeit Stellung nehmen sollte, kam zusammenfassend zu dem Ergebnis, dass die Höhe der Beeinträchtigung unter Berücksichtigung der zahlreichen auf Aggravation hindeutenden Messungen und die Bewertungen erschwerenden Faktoren dennoch hinsichtlich seines Krankheits- und Beein-trächtigungserlebens sehr ernst genommen werden müsse und eine MdE von 15% aufgrund des durch den Unfall hervorgerufenen Anteils der Hörstörung einschließlich des Tinnitus rechtfertige. Darüber hinaus schätzte er den ursprünglich durch die jahrelange Lärmbelastung hervorgerufenen Anteil der MdE auf 10 v.H.

Der Hals-Nasen-Ohrenarzt Dr. N. führte in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 01.10.2004 für die Beklagte aus, dass die objektiven Messungen unabhängig von der Ursache auf ein annähernd normales Hörvermögen im tiefen und mittleren Frequenzbereich beidseits und einen geringen Hochtonschaden beidseits hinwiesen, womit eine MdE von unter 10% zu veranschlagen sei. Diese MdE von unter 10% sei durch objektive Messungen nachgewiesen und wahrscheinlich zum wesentlichen Teil durch die chronische Lärmbelastung verursacht worden, weil bereits vor dem Unfall ein Hochtonschaden beidseits nachgewiesen sei. Nach den jetzt durchgeführten objektiven Messungen sei gegenüber den Hörkurven vom 24.06.1999 sogar ein geringerer Hörschaden nachgewiesen, weshalb nach den jetzt vorliegenden objektiven Hörprüfungen gegenüber 1999 keine wesentliche Hörverschlechterung nachzuweisen sei.

In einer von der Beklagten in Auftrag gegebenen neurologisch-psychiatrischen Stellungnahme nach Aktenlage vertrat Prof. Dr. G. am 29.07.2005 die Auffassung, dass eine psychogene Hörstörung im Sinne einer Aggravation nicht als Unfallfolge einzuordnen sei. Auch eine psychogene Hörstörung im Sinne eines "übermächtigen Geschehens" könne nicht als wahrscheinlich eingestuft werden. Die MdE-Einschätzung mit 30% sei nach den vorliegenden Aktenunterlagen als reichlich einzustufen, erscheine als Gesamt-MdE aber vertretbar, selbst wenn keine hno-ärztliche Teil-MdE von 10% in die Bewertung einzugehen habe.

In dem von der Beklagten in Auftrag gegebenen neurologischen Gutachten vom 02.11.2005 kamen Dr. K. und Dr. D., MEDIAN Kliniken Bad Krozingen, zu dem Ergebnis, dass eine psychogene Hörstörung nicht vorliege. Der Kläger klage über eine Anakusis rechts, über links parietale Dauerkopfschmerzen, Schwankschwindel bei Orthostase und einen rechtsseitigen Tinnitus. Eine wesentliche Änderung, die zur Festsetzung der laufenden Rente geführt habe, sei nicht eingetreten. Auf neurologischem Fachgebiet sei die Erwerbsfähigkeit um 20% gemindert. Ausschlaggebend hierfür seien die aufgrund der schriftlichen Unterlagen mit schwerem Schädel-Hirn-Trauma glaubhaft vorgetragenen Dauerkopfschmerzen und die Konzentrations- und Gedächtnisminderung, wobei die rechtsseitige Anakusis nicht berücksichtigt sei. In ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 17.11.2005 wiesen Dr. K. und Dr. D. darauf hin, dass aufgrund des klinischen Befundes das Vorliegen einer Anakusis weder bestätigt noch verneint habe werden können. Die deutlich pathologischen akustisch evozierten Potenziale rechtsseitig hätten jedoch einen Hinweis auf eine schwere cochleäre, gegebenenfalls auch eine zusätzliche retrocochleäre Störung, ergeben. Dem Kläger sei nach Auffassung der Sachverständigen zu glauben, insbesondere weil die elektrophysiologischen Zusatzuntersuchungen schwer pathologisch gewesen seien. Aus diesem Grund hielten sie für die vorliegend bestehende An- bzw. Hypakusis des rechten Ohres eine MdE von 15% für angemessen, so dass unter Einbeziehung der MdE von 20% bei schwerem Schädel-Hirn-Trauma eine MdE von 30% gerechtfertigt sei.

Nachdem der Kläger eine (weitere) psychiatrische Begutachtung abgelehnt hatte, gab die Beklagte ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten nach Aktenlage bei Prof. Dr. St., Tübingen, in Auftrag. Prof. Dr. St. führte in dem am 14.07.2006 eingegangenen "Neurologisch-Psychiatrischen Gutachten" aus, dass dem neurologischen Gutachten des Dr. B. nicht zu entnehmen sei, auf welchen konkreten krankhaften Befunde seine MdE-Schätzung beruhe. Das beschriebene rechtsseitige Carpaltunnelsyndrom bestehe unfallunabhängig, die Gangstörung und das deutlich leidende Gebaren des Verletzten sei von Dr. B. als funktionell (d.h. im Sinne einer Beschwerdeausgestaltung) beurteilt worden. Nachvollziehbar seien als Unfallfolge lediglich die von dem Verletzten geklagten Kopfschmerzen nach mehrfachem knöchernem Schädelbruch im Sinne eines Narbenkopfschmerzes. Die hierdurch bedingte MdE könne unter Berücksichtigung der üblichen Bewertungsmaßstäbe für die Dauer von höchstens 2 Jahren mit 10 v.H. angenommen werden. Zum Gutachten des Dr. Sch. führte er aus, dass Verfahren zur Untersuchung der Mitwirkungsbereitschaft und zur Objektivierung der mehrfach vorbeschriebenen Verdeutlichungsversuche nicht durchgeführt worden seien. Der neurologische Befund habe außer einer Minderung der Vibrationswahrnehmung keine Auffälligkeiten gezeigt. Die früher geltend gemachten Koordinationsstörungen seien nicht mehr vorgeführt worden. Unter Einbeziehung der bei den Unfallfolgen nicht aufgeführten Narbenkopfschmerzen habe der Gutachter trotz eines fehlenden objektivierbaren neurologischen Befundes und der geringen Auffälligkeit im psychiatrischen Bereich ein leichtes hirnorganisches Psychosyndrom diagnostiziert und die unfallbedingte MdE mit 30 v.H. eingeschätzt. Im Gutachten der Kliniken Bad Krozingen habe der Kläger über eine völlige Ertaubung rechts, Kopfschmerzen, Schwindel, Ohrgeräusche nun rechts (-früher beidseits-) geklagt. Kognitive Beeinträchtigungen seien nicht mehr geltend gemacht worden, der neurologische Befund habe keine Auffälligkeiten ergeben. Die vorher demonstrierten Gang- und Standunsicherheiten seien nicht mehr geltend gemacht worden. Der neuropsychologische Befund beschreibe keine Auffälligkeiten, eine psychologische Leistungsdiagnostik sei nicht durchgeführt worden. Eine Feststellung der Unfallfolgen finde sich in dem Gutachten nicht, vielmehr enthalte das Gutachten statt der Feststellung der jetzt noch bestehenden Unfallfolgen eine Beschwerdeschilderung des Klägers. In der ergänzenden Stellungnahme sei dann die unfallbedingte MdE nachgeliefert worden mit 20 v.H. Als maßgebliche Unfallfolge für diese Bewertung sei eine Anakusis (ein aufgehobenes Hörvermögen rechts) angegeben worden. Dazu sei auszuführen, dass die geltend gemachte Beeinträchtigung des Hörvermögens sowie das Hörgeräusch bereits von hno-ärztlicher Seite bewertet worden seien. Nach hno-ärztlichen Ausführungen liege jedoch keine unfallbedingte MdE auf hno-fachärztlichem Gebiet vor. Sehr wahrscheinlich sei die Stellungnahme des hno-ärztlichen Beratungsarztes den Ärzten der Kliniken Bad Krozingen nicht bekannt gewesen, so dass sie bei ihrer Einschätzung der Gesamt-MdE davon ausgegangen seien, dass eine unfallbedingte relevante Hörminderung bestehe. Mit einem wesentlich ausgeprägteren hirnorganischen Psychosyndrom in der Folge der unfallbedingt erlittenen Hirngewebsschädigung sei mehr als 5 Jahre nach dem Unfallereignis nicht zu rechnen. Aus dem Gutachten der Frau Dr. K. ergäben sich keine diesbezüglichen krankhaften Befunde. Zusammenfassend lägen gesicherte Unfallfolgen auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet nicht vor, eine messbare unfallbedingte MdE bestehe hier nicht, die Gesamt-MdE unter Berücksichtigung der Unfallfolgen auf neurologisch-psychiatrischem und hno-ärztlichem Gebiet betrage somit unter Gesichtspunkten der Rente auf unbestimmte Zeit ab jetzt weniger als 10 v.H.

Mit Bescheid vom 25.08.2006 entzog die Beklagte nach vorheriger Anhörung des Klägers die gewährte Rente auf unbestimmte Zeit mit Ablauf des Monats August 2006. Zur Begründung führte sie aus, dass sich die dem Bescheid vom 31.05.2005 zugrundeliegenden Verhältnisse wesentlich geändert hätten. Kognitive Beeinträchtigungen lägen nicht mehr vor, die Schwerhörigkeit habe sich, soweit sie durch den Unfall verschlimmert gewesen sei, gebessert. Grundlage dieser Entscheidung bilde die Auswertung des Gutachtens der MEDIAN Klinik Bad Krozingen, bei dem Befunde für eine messbare MdE nicht mehr hätten erhoben werden können. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26.10.2006 zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 06.11.2006 Klage erhoben. Er ist der Auffassung, dass die Beschwerden, die zur Anerkennung des Rentenanspruches geführt hätten, nach wie vor vorhanden sind. Es sei eher eine Verschlimmerung eingetreten als eine Besserung.

Das SG hat Beweis erhoben durch das Einholen eines weiteren neurologisch-psychiatrischen Gutachtens beim Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. B., Karlsbad, welches dieser unter Berücksichtigung eines psychologischen Zusatzgutachtens des Dipl.-Psych. Dr. J. erstellt hat. Dr. B. hat noch geringe hirnorganische Beeinträchtigungen (leichte Einschränkung in der unmittelbaren visuellen Behaltensleistung, leichte Störung im episodischen Gedächtnis) festgestellt, die er mit hinreichender Wahrscheinlichkeit noch als Residuen des unfallbedingten Schädel-Hirn-Traumas ansah. Vorübergehend und aufgrund des schweren Schädel-Hirn-Traumas mit knöchernen Schädelverletzungen hätten nachvollziehbar posttraumatische Kopfschmerzen bestanden. Die noch angegebenen Kopfschmerzen könnten jedoch sechs Jahre nach dem Unfall nicht mehr mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf den Unfall vom 15.05.2001 zurückgeführt werden. Für die vom Kläger noch subjektiv geklagten lageabhängigen Schwindelattacken habe sich bei der gutachterlichen Untersuchung kein Anhalt für eine periphere oder zentrale vestibuläre Läsion ergeben. Im Vergleich zum Gutachten des Dr. Sch. müsse man von einer Besserung der leichten hirnorganischen Beeinträchtigungen ausgehen. Der genaue Zeitpunkt, ab wann die Besserung des leichtgradigen Psychosyndroms eingetreten sei, könne retrospektiv nicht mehr genau angegeben werden. Die MdE hat Dr. B. auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet noch auf 10% eingeschätzt.

Das SG hat weiter Beweis erhoben durch das Einholen eines hno-fachärztlichen Fachgutachtens bei Prof. Dr. St., Karlsruhe. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 05.10.2007 ausgeführt, dass auf hno-ärztlichem Fachgebiet eine kombinierte Schwerhörigkeit rechts mit einem Hörverlust von 80-90% sowie eine reine Innerohrschwerhörigkeit links mit einem Hörverlust von 20% bestehe. Die Funktion der peripheren Gleichgewichtsorgane sei seitengleich normal. Gegenüber einem am 24.04.1999 dokumentierten beidseitigen Hörverlust habe sich das Hörvermögen durch das Trauma nicht weiter verschlechtert. Durch den genannten Arbeitsunfall hervorgerufene Gesundheitsstörungen auf hno-ärztlichem Fachgebiet seien somit bei der jetzigen gutachterlichen Untersuchung nicht feststellbar.

Mit Gerichtsbescheid vom 20.11.2007 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es sich den Gutachten von Dr. B. und Prof. Dr. St. angeschlossen.

Gegen den am 22.11.2007 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 18.12.2007 Berufung eingelegt. Der Kläger ist der Auffassung, dass weder das Gutachten des Dr. B. noch das Gutachten von Prof. Dr. St. geeignet seien, den Entzug der bis 31.08.2006 gewährten Rente zu rechtfertigen. Das Gutachten von Prof. Dr. St. sei widersprüchlich. Seine Aussagen ließen sich mit seiner zusammenfassenden Beurteilung der an ihn gestellten Beweisfragen nicht in Einklang bringen. Nach Vorlage eines weiteren Gutachtens sei durch ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten zur Frage der unfallbedingten Gesamt-MdE Stellung zu nehmen.

In der vom Senat eingeholten ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme teilt Prof. Dr. St. unter dem 20.02.2009 mit, dass als Folge des stumpfen Schädel-Hirn-Traumas auf hno-ärztlichem Fachgebiet eine Verschlechterung des Innenohrhörvermögens rechts im Bereich 1 kHz um 20 dB, entsprechend einer Zunahme einer vorbestehenden Innenohrschwerhörigkeit um 10% bestehe. Am linken Ohr seien keine Folgeerscheinungen des stattgehabten Schädeltraumas erkennbar. Eine Verschlechterung des vorbestehenden rechtsseitigen Tinnitus werde seitens des zu Begutachtenden geschildert, audiometrisch könne diese Angabe nicht näher gestützt, aber auch nicht widerlegt werden. Für eine Hörverlustzunahme rechts um 10% und eine fragliche Verschlechterung eines vorbestehenden Tinnitus rechts könnte keine messbare MdE angegeben werden. Die Schädigungen auf hno-fachärztlichem Fachgebiet, die dem Anerkenntnis vom 26.04.2004 zugrunde gelegen haben, seien dort korrekt wiedergegeben, hätten aber ein zu geringes Ausmaß, um eine eigenständige MdE zu begründen. Die MdE betrage auf neurologisch-psychiatrischem und hno-ärztlichem Fachgebiet insgesamt 10 v.H.

Die Beklagte hat eine beratungsärztliche Stellungnahme von Prof. Dr. St. vom 23.03.2009 vorgelegt. Er führt aus, dass er aufgrund der mitgeteilten Befunde nicht der Meinung sei, dass noch relevante Folgen des Schädel-Hirn-Traumas vorlägen und auch nicht, dass daraus eine messbare MdE auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet resultiere. Die Ausführungen des psychologischen Untersuchers überzeugten nicht, wenn er ausführe, keine Hinweise für Aggravation und Simulation gefunden zu haben, denn er habe diesbezüglich keine Erhebungen angestellt. Seines Erachtens bedinge die unfallbedingte MdE auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet 0 v.H.

In der vom Senat ebenfalls beigezogenen ergänzenden neurologisch-psychiatrischen Stellungnahme des Dr. B. hält dieser unter ausführlicher Begründung des MdE-Ansatzes (ergänzende Stellungnahme vom 02.07.2010) daran fest, dass auf der Grundlage des damals erhobenen Befundes eine MdE von 10% auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet bestehe. Im Vergleich zu den neuropsychologischen Untersuchungen aus dem Jahr 2001 sei bei den Untersuchungen bei ihm eine Besserung der Hirnleistungsfähigkeit eingetreten, er halte es auch für sehr wahrscheinlich, dass diese Besserung am 01.09.2006 bereits vorgelegen habe. Dr. Sch. habe aber keine umfangreicheren testpsychologischen oder neuropsychologischen Untersuchungen durchgeführt, er könne daher auch nicht beurteilen, welche kognitiven-mnestischen Störungen damals vorgelegen haben.

Die Beklagte hat hierauf eine weitere beratungsärztliche Stellungnahme des Facharztes für Neurologie des Facharztes für Psychiatrie Dr. H. vom 02.08.2010 vorgelegt. Er ist zusammenfassend zu dem Ergebnis gekommen, dass selbst bei Annahme einer nur leichten Einschränkung der visuellen Behaltensleistung eine MdE von 10 v.H. hierfür nicht gerechtfertigt sei, nachdem sonst keine gravierenden Ausfälle vorlägen.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 20. November 2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 25. August 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Oktober 2006 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig und begründet. Das angefochtene Urteil und die Entscheidungen der Beklagten waren auf die zulässige Anfechtungsklage des Klägers hin aufzuheben. Eines ausdrücklichen Ausspruches, die Rente über den 31.08.2006 hinaus weiterzugewähren, bedarf es nicht, da der Kläger nach Aufhebung der angefochtenen Bescheide Anspruch auf Zahlung der Rente aus der bewilligten Rente auf unbestimmte Zeit hat. Prüfungsmaßstab für die Rechtmäßigkeit des Herabsetzungsbescheides ist § 48 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X), der die Aufhebung von Verwaltungsakten mit Dauerwirkung bei Änderung der Sach- und Rechtslage regelt. Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Eine Verschlimmerung oder Verbesserung von Unfallfolgen bedeutet nur dann eine wesentliche Änderung der Verhältnisse im Sinne des § 48 SGB X, wenn sich hierdurch der Grad der MdE um mehr als 5 v. H. senkt oder erhöht (§ 73 Abs. 3 SGB VII). Ob eine wesentliche Änderung vorliegt, ist durch einen Vergleich der zum Zeitpunkt des Erlasses des ursprünglichen Verwaltungsaktes maßgeblichen Befunde mit denjenigen zu ermitteln, die zum Zeitpunkt der geltend gemachten Änderung vorliegen (BSG SozR 3-1500 § 54 Nr 18). Maßgeblicher Verwaltungsakt ist insoweit der nach Annahme des im Verfahren S 10 U 3400/03 vor dem Sozialgericht Freiburg abgegebenen Teilanerkenntnisses ergangene Ausführungsbescheid vom 31.05.2005, welcher bestimmte, dass dem Kläger eine Rente auf unbestimmte Zeit nach einer MdE von 30 v.H. der Vollrente aus Anlass des Unfalles vom 15.05.2001 ab 12.11.2002 zu gewähren ist. Nachdem der Kläger in diesem Verfahren keinen weiteren Anspruch mehr geltend gemacht und einen Kostenantrag gestellt hatte, ist hinreichend deutlich geworden, dass er an einem weitergehenden Anspruch nicht mehr festhalten will, weshalb das Verfahren in der Hauptsache mit Annahme des (Teil-)Anerkenntnisses auch erledigt ist.

Der Entscheidung lagen die für eine erstmalige Feststellung einer Rente auf unbestimmte Zeit von der Beklagten in Auftrag gegebenen Gutachten von Dr. Sch. vom 08.03.2004 und das hno-ärztliche Gutachten des Prof Dr. H. vom 20.06.2004 sowie die beratungsärztlichen Stellungnahmen von Dr. N. und Prof Dr. G. zugrunde. Sie mündeten in der Anerkennung von Folgen des Arbeitsunfalles wie folgt:

"Organische psychische Störungen, postkontusionelle vegetative Beschwerden mit Kopfschmerzen und Schwindelerscheinungen, Verschlimmerung der vorbestehenden Schwerhörigkeit rechts und des vorbestehenden Tinnitus rechts sowie glaubhafte Beschwerden"

Im neuropsychiatrischen Gutachten des Dr. Sch. wurden im Rahmen des von ihm erhobenen "psychischen Querschnittsbefundes" Hinweise auf erworbene Einschränkungen des Denktempos, der Konzentrationsfähigkeit und des Gedächtnisses festgestellt, wohingegen sich Belege für eine ausgeprägte Störung der kognitiven Leistungsfähigkeit oder eine organische Wesensänderung nicht ergeben haben. Er ging von einem leichten residualen hirnorganischen Psychosyndrom bei einem Zustand nach schwerem Schädel-Hirn-Trauma mit rechtsseitiger Hirnkontusion, Hirnödem, traumatischer Subarachnoidalblutung und Subduralhämatom aus. Angegebene Beschwerden und das testpsychometrische Störungsprofil sprachen nach Auffassung des Sachverständigen mit hoher Wahrscheinlichkeit für ein leichtes hirnorganisches Syndrom mit kognitiv-mnestischen Störungen, zentral-vegetativen Störungen und posttraumatischen Kopfschmerzen. Gleichzeitig wies er darauf hin, dass die stattgehabte schwere Hirnschädigung in jedem Fall geeignet sei, das aktuelle Beschwerdebild zu erklären und dass diese Beschwerden über das Bild einer Pseudoneurasthenie hinausgingen. Dieser Einschätzung hat sich der von der Beklagten gehörte neurologisch/psychiatrische Beratungsarzt Prof. Dr. G. im Wesentlichen angeschlossen, auch wenn er im Ergebnis die von Dr. Sch. empfohlene MdE als "sehr reichlich" bezeichnete und eine MdE von 30 v.H. zunächst nur unter Einbeziehung der Folgen auf hno-fachärztlichem Gebiet, später aber auch dann, wenn Folgen auf hno-ärztlichem Fachgebiet nicht nachzuweisen wären (vgl. Stellungnahmen vom 01.10.2004 und 29.07.2005) für angemessen erachtete.

Auf ohrenärztlichem Fachgebiet ist die Beklagte bei Abgabe des Anerkenntnisses noch der Einschätzung von Dr. F. gefolgt, wonach eine Verschlimmerung der vorbestehenden Schwerhörigkeit rechts und des vorbestehenden Tinnitus rechts Unfallfolge sei. Sie sah sich an die Abgabe dieses Anerkenntnisses auch nach Vorlage des Gutachtens von Prof. Dr. H. und der beratungsärztlichen Stellungnahme von Dr. N. gebunden, wie das spätere Schreiben der Beklagten an das SG Freiburg vom 18.10.2004 zeigt, obwohl Dr. N. bereits die Auffassung vertreten hatte, eine unfallbedingte periphere Hörstörung könne nicht nachgewiesen werden.

Eine wesentliche Änderung der -wie dargestellt- festgestellten Unfallfolgen lässt sich für die Zeit nach der Feststellung der Rente auf unbestimmte Zeit durch das abgegebene Anerkenntnis und bis zum Erlass des angefochtenen Aufhebungsbescheides am 25.08.2006 nicht positiv feststellen. Die Beklagte will eine solche Besserung dem Gutachten der Median Klinik Bad Krozingen entnommen haben, welches Befunde für eine messbare MdE nicht habe erheben können. Dem stehen zunächst die Schlussfolgerungen des zitierten Gutachtens selbst entgegen, welches nämlich zu dem Ergebnis kam, eine wesentliche Änderung sei im Vergleich zu den Feststellungen im Gutachten von Dr. Sch. und zur Stellungnahme von Prof. Dr. G. nicht eingetreten. Die MdE sei auf neurologischem Fachgebiet mit 20 % zu bewerten und unter Berücksichtigung der MdE auf hno-ärztlichem Fachgebiet insgesamt mit 30 %. Die geschilderten Beschwerden stimmten im Wesentlichen mit den bereits bei Dr. Sch. geklagten überein. Die Sachverständigen stützten die MdE-Empfehlung ebenfalls - wie Dr. Sch. - auf glaubhaft vorgetragene Dauerkopfschmerzen und eine Konzentrations- und Gedächtnisminderung, sie erwähnten ebenfalls die vom Kläger geschilderten Schwindelerscheinungen und hielten (daher) Arbeiten auf Gerüsten und Leitern, sowie Tätigkeiten, die eine gute Standsicherheit erforderten, für nicht mehr leidensgerecht.

Prof. Dr. St. ist in seinem Gutachten nach Aktenlage zuzustimmen, dass man den Eindruck gewinnen kann, dass dieses Gutachten statt der noch bestehenden Unfallfolgen die Beschwerden des Klägers aufführt. Er führt weiter zutreffend aus, dass eine psychologische Leistungsdiagnostik nicht stattgefunden hat. Auch sonst dürfte festzuhalten sein, dass eine kritische Hinterfragung und die Durchführung entsprechender Untersuchungen zur Klärung des Vorliegens und Ausmaßes noch vorliegender Störungen unterblieben waren. Der Nachweis einer wesentlichen Änderung, dessen Fehlen nach Beweislastgrundsätzen von der Beklagten zu tragen ist, kann nicht dadurch als erbracht angesehen werden, dass nunmehr - trotz anerkannter Unfallfolgen - der Ablauf einer Zeitspanne nach Eintritt des Unfallereignisses als wesentliche Änderung anerkannt werden könnte. Dies will Prof. Dr. St. glauben machen, wenn er ausführt, dass Narbenkopfschmerzen etwa (die als solche nicht anerkannt sind) nach mehr als zwei Jahren nach dem Unfallereignis keine MdE von wenigstens 10 % mehr rechtfertigen. Auf eigene Untersuchungen oder Anschauungen (um welche Art von Kopfschmerz handelt es sich, liegt ein außerordentliches Schmerzsyndrom vor, aus welchen Gründen etwa nicht - insoweit darf auf die Befunderhebungen und Erläuterungen in dem später vom SG erhobenen Gutachten des Dr. B. verwiesen werden) kann er sich dabei nicht stützen. Mangels entsprechender Befunderhebungen taugt hierfür auch das Gutachten der Dr. K. nicht. Zumal unter Berücksichtigung des 2 Jahreszeitraumes schon die (erst dann erfolgte) Aufnahme in den Unfalltenor der Rente auf unbestimmte Zeit nicht zu rechtfertigen gewesen wäre. Gleiches gilt auch für das hirnorganische Psychosyndrom, das er ebenfalls ohne eigene Untersuchungen und ohne Befunderhebungen in anderen Gutachten oder Befundberichten als nunmehr 5 Jahre nach dem Unfallereignis als nicht mehr mit Wahrscheinlichkeit vorliegen sieht (" nicht zu rechnen"). Hier muss auf die Untersuchungen des Dr. B. verwiesen werden, der entgegen der Auffassung von Prof. Dr. St. sehr wohl noch Folgen des Schädel-Hirn-Traumas in diesem Bereich feststellen konnte. Liegen Befunde in dem hier maßgeblichen Zeitraum von der Feststellung der Rente auf unbestimmte Zeit und der Unfallfolgen bis zur Bekanntgabe der Aufhebungsentscheidung aber nicht vor, weil sie gerade nicht erhoben worden sind, so kann hierauf der Nachweis einer wesentlichen Besserung anerkannter Unfallfolgen mit Erfolg nicht gestützt werden. Die Beklagte kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, der Kläger habe die entsprechenden Erhebungen dadurch vereitelt, dass er sich einer weiteren Begutachtung verweigert hat. Dies ist keine wesentliche Änderung der Sach- und Rechtslage im Sinne des § 48 SGB X. Insoweit stehen der Beklagten andere verfahrensrechtliche Möglichkeiten offen. Denn nach § 66 Abs. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, wenn derjenige, der eine Sozialleistung beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nicht nachkommt und wenn hierdurch die Sachaufklärung erheblich erschwert wird. Die Mitwirkungsverpflichtung dürfte sich dabei unschwer aus § 62 SGB I ergeben, wonach derjenige, der Sozialleistungen beantragt oder erhält, sich auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers ärztlichen und psychologischen Untersuchungsmaßnahmen unterziehen soll, soweit diese für die Entscheidung über die Leistung erforderlich sind. Von dieser Möglichkeit hat die Beklagte jedoch - aus welchem Grund auch immer - trotz Kenntnis, wie die Begründung im Widerspruchsbescheid zeigt, keinen Gebrauch gemacht.

Auch im Bereich der festgestellten Unfallfolgen auf hno-ärztlichem Bereich liegt der Nachweis einer wesentlichen Änderung der Unfallfolgen nach Erlass des Dauerrentenbescheides und bis zum Zeitpunkt der Aufhebung der Leistungsbewilligung nicht vor. Vielmehr muss in Anbetracht der Ausführungen bereits in der beratungsärztlichen Stellungnahme von Dr. N. und nunmehr aufgrund des Gutachtens von Prof. Dr. St. davon ausgegangen werden, dass bereits von Anfang an keine unfallbedingte relevante Hörverschlechterung vorgelegen hat. Damit kann auch hinsichtlich dieser Unfallfolgen keine wesentliche Änderung der der Gewährung einer Dauerrente zugrunde liegenden Verhältnisse festgestellt werden.

Soweit mit den Feststellungen von Dr. B. eine wesentliche Besserung von Unfallfolgen nachgewiesen sein sollte, sind sie im vorliegenden Verfahren nicht zu berücksichtigen. Zunächst ist festzuhalten, dass Dr. B. auch auf Anfrage des Senats den Zeitpunkt einer wesentlichen Besserung, welche er durch seine Untersuchungen im Vergleich zu dem Gutachten von Dr. Sch. und dem neuropsychologischen Bericht vom 08.02.2002 der Schwarzwaldkliniken Bad Krozingen feststellen konnte, nicht konkret bestimmen konnte. Sofern er mit einer hohen Wahrscheinlichkeit davon ausgeht, dass eine solche bereits zum 01.09.2006 eingetreten war, reicht dies nicht aus, allein hieraus die Überzeugung von einem im Vollbeweis erforderlichen Nachweis einer solchen Tatsache zu gewinnen. Vielmehr fehlt es gerade an entsprechenden Untersuchungen im Vorfeld oder zum Zeitpunkt der Aufhebung der Bewilligungsentscheidung, die durch zeitlich nachfolgende nicht ersetzt werden können. Dabei kommt es auf die Verhältnisse im Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides an. Ist der Bescheid rechtswidrig, weil eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides nicht nachgewiesen ist, so kann bei einer nur gegen den Entziehungsbescheid gerichteten reinen Anfechtungsklage diese Klage nicht deshalb abgewiesen werden, weil eine später aufgrund neuer medizinischer Tatsachen durchgeführte Rentenentziehung rechtmäßig gewesen wäre. Ein zur Zeit seines Erlasses rechtswidriger Verwaltungsakt wird nicht nachträglich durch eine erst später eingetretene Rechtsänderung oder Änderung der Unfallfolgen ab dem Eintritt der Änderung rechtmäßig (vgl. BSG a.a.O.). Die in diesem Urteil angesprochenen Ausnahmen von diesem Grundsatz liegen in vorliegendem Fall nicht vor.

Soweit Prof Dr St. mit denselben Argumenten auch die Feststellungen des Dr. Sch. kommentiert und darauf hinweist, dass unklar bleibe, aufgrund welcher Befunde eine MdE von 30 v.H. empfohlen worden sei, liegt nahe - ihm folgend - davon auszugehen, dass die mit Bescheid vom 31.05.2005 zur Feststellung der Rente auf unbestimmte Zeit herangezogenen Unfallfolgen ganz oder teilweise von Anfang an nicht zutreffend ermittelt waren und diese Feststellungen daher von Anfang an rechtswidrig gewesen sind. Entsprechend hat sich auch Dr. B. geäußert, der darauf hingewiesen hat, dass umfangreichere testpsychologische oder neuropsychologische Untersuchungen auch bei Dr. Sch. nicht durchgeführt wurden.

Eine Umdeutung auf eine Entscheidung nach § 45 SGB X käme in einem solchen Fall jedoch schon deshalb nicht in Betracht, weil die Beklagte selbst nach einer unterstellten (für den Kläger negativen) Vertrauensschutzprüfung eine Ermessensentscheidung zu treffen hätte, die hier nicht vorliegt, weil die Aufhebung nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X als gebundene Entscheidung zu ergehen hat (vgl. § 43 Abs. 1 und 3 SGB X, BSG Urteil v. 09.09.1998, B 13 RJ 41/97 R in Juris). Dieselben Erwägungen gelten, abgesehen davon, dass mit einer Entziehung der Rente nach § 66 SGB I ein anderes Ziel verfolgt werden soll (Durchsetzung von Mitwirkungspflichten), für eine Umdeutung in eine Entscheidung nach § 66 SGB I entsprechend, da auch diese im Ermessen der Beklagten stünde.

Liegen die Voraussetzungen einer Aufhebung der gewährten Rente auf unbestimmte Zeit somit nicht vor, sind die angefochtenen Bescheide sowie das diese bestätigende Urteil aufzuheben. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung. Gründe, die Revision zuzulassen, bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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