Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 6 R 776/05
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 1 R 390/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
AAÜG, fiktive Einbeziehung, betriebliche Voraussetzung, VEB Korrosionsschutz Eisleben
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 23. August 2007 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten, Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVltech) festzustellen.
Der 1953 geborene Kläger erwarb nach eigenen Angaben am Juli 1977 den Abschluss eines Ingenieurs und war nach der Urkunde der Technischen Hochschule M vom Juli 1984 berechtigt, die Berufsbezeichnung eines Diplomingenieurs zu führen. Nach den Eintragungen im Sozialversicherungsausweis (SVA) arbeitete er von September 1977 bis Ende Dezember 1978 als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Institut für Lacke und Farben und von Januar 1979 bis Ende August 1981 ebenfalls als wissenschaftlicher Mitarbeiter im VEB Forschung und Rationalisierung Lacke und Farben. Vom 7. September 1981 bis zum 9. Oktober 1981 war er als Ofenarbeiter im VEB Harzer Werke B, Heizkesselwerk Sch., tätig. Ab 26. Oktober 1981 war er als Themenbearbeiter im VEB Korrosionsschutz Eisleben beschäftigt. Diese Tätigkeit übte er auch noch im Juni 1990 aus. Der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung trat er mit Wirkung zum 1. Februar 1988 bei. Eine Zusatzversorgungszusage erhielt er nicht.
Am 8. Juni 2004 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften. Mit Bescheid vom 14. Dezember 2004 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Eine Versorgungsanwartschaft im Sinne von § 1 Abs. 1 des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) sei nicht entstanden. Weder habe eine positive Versorgungszusage (Anwartschaft) zu Zeiten der DDR vorgelegen, noch sei am 30. Juni 1990 (Schließung der Zusatzversorgungssysteme) eine Beschäftigung ausgeübt worden, die – aus bundesrechtlicher Sicht – dem Kreis der obligatorisch Versorgungsberechtigten zuzuordnen sei. Das AAÜG sei daher nicht anwendbar. Am 6. Januar 2005 erhob der Kläger Widerspruch. Zur Begründung trug er vor, bei seinem Beschäftigungsbetrieb habe es sich um einen Produktionsbetrieb des VEB Kombinat Lacke und Farben gehandelt. Mit Widerspruchsbescheid vom 4. Juli 2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der VEB Korrosionsschutz Eisleben sei der Wirtschaftsgruppe 15559 (Reparatur- und Montagebetriebe für Metallkonstruktionen) zugeordnet gewesen. Dem Betrieb habe daher weder die industrielle Fertigung (Fabrikation, Herstellung oder Produktion) von Sachgütern das Gepräge gegeben, noch sei sein Hauptzweck die Massenproduktion von Bauwerken gewesen.
Am 4. August 2005 hat der Kläger Klage bei dem Sozialgericht Halle erhoben. Er hat ausgeführt, es habe im VEB Korrosionsschutz Eisleben eine industrielle Fertigung gegeben. Die Einordnung des Betriebes innerhalb der Systematik der Volkswirtschaftszweige der DDR treffe keine Aussage dazu. Der Betrieb sei auch an die Massenproduktion von Bauwerken angeschlossen gewesen. Es habe sich demgegenüber weder um einen Dienstleistungsbetrieb noch um einen Betrieb des Malerhandwerks gehandelt. Es seien im Betrieb bis zu 800 Mitarbeiter beschäftigt gewesen. 65% der Mitarbeiter seien auf Montagebaustellen an Bauwerken, bei der Fassadensanierung und bei Brückenkonstruktionen oder Ähnlichem eingesetzt gewesen. 35% seien im Werk u. a. in der Abteilung Technik, wo Stahlkonstruktionen hergestellt worden seien, beschäftigt gewesen. Das Sozialgericht hat die Registerakte des VEB Korrosionsschutz Eisleben beigezogen. Außerdem hat es von der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben Unterlagen zum VEB Korrosionsschutz Eisleben beigezogen (Registerauszug aus dem Register der volkseigenen Wirtschaft, Bilanz des VEB Korrosionsschutz Eisleben zum 30. April 1990, Handelsregisterauszug des Nachfolgeunternehmens (Korrosionsschutz GmbH), Darstellung der Korrosionsschutz GmbH vom 13. November 1990).
Mit Urteil vom 23. August 2007 hat das Sozialgericht Halle die Klage abgewiesen und zur Begründung u. a. ausgeführt, der Hauptzweck des VEB Korrosionsschutz Eisleben habe nicht in der industriellen Sachgüterproduktion oder in der Massenherstellung von Bauwerken bestanden. Dies ergebe sich bereits aus dem Vortrag des Klägers und dem Namen des Betriebes. Der Betrieb habe Dienstleistungen für andere Betriebe, die Industrie- bzw. Baubetriebe gewesen seien, erbracht. Hauptbetriebszweck sei nicht die Sachgüterproduktion gewesen, da hierfür Voraussetzung das Erschaffen neuer Erzeugnisse auf industrielle Art bzw. die standardisierte Massenproduktion von Sachgütern nach dem sogenannten fordistischen Produktionsmodell gewesen sei. Nach dem Handelsregistereintrag des Nachfolgebetriebes seien durch diesen zwar auch Apparate, Behälter, Rohrleitungen und Stahlbau angeboten worden, dies habe aber nach der Darstellung des Rechtsnachfolgers nicht den Hauptzweck ausgemacht. Dass der Betriebscharakter des VEB bis zum 30. Juni 1990 ein anderer gewesen sei, sei selbst nach dem Vortrag des Klägers nicht ersichtlich. Der Betrieb sei auch nicht unmittelbar an der Massenproduktion von Bauwerken beteiligt gewesen, sondern habe Montageleistungen erbracht, Fassaden saniert und sei bei Brückenkonstruktionen eingesetzt gewesen. Ein Betrieb, der hauptsächlich die bestehende Bausubstanz erhalten habe, werde nicht von der Zusatzversorgung erfasst.
Gegen das ihm am 3. September 2007 zugestellte Urteil hat der Kläger am 2. Oktober 2007 Berufung bei dem Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt. Er trägt vor, bei dem VEB Korrosionsschutz Eisleben habe es sich um einen Industriebetrieb gehandelt, in dem in industriellem Maßstab Produkte gefertigt und Leistungen erbracht worden seien. Der tatsächliche Hauptzweck des Betriebes erschließe sich nicht aus den vom Sozialgericht beigezogenen Unterlagen, sondern vielmehr aus den konkreten Tätigkeiten des Betriebes selber. Unter Produktion, insbesondere der industriellen Produktion, sei die Gesamtheit der in den Betrieben der Industrie und anderer Wirtschaftsbereiche erzeugten industriellen Produkte und Leistungen (industrielle Warenproduktion) zu verstehen. Die industrielle Warenproduktion wiederum habe alle in den Betrieben hergestellten und zum Absatz bestimmten Fertigerzeugnisse sowie alle fertig gestellten Leistungen umfasst. Unter diesem Begriff seien auch alle abgeschlossenen materiellen Leistungen industrieller Art für fremde Auftraggeber, wie Lohnarbeiten, Reparaturen und Montagearbeiten zu verstehen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 23. August 2007 und den Bescheid der Beklagten vom 14. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Juli 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Beschäftigungszeit vom 1. Juli 1977 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz (Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG) sowie die in dieser Zeit erzielten Entgelte festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend. Sie weist darauf hin, dass der Begriff der industriellen Warenproduktion, der auch sonstige Leistungen, Reparaturen und Montagearbeiten umfasst habe, nicht dem engen Begriffsverständnis des Bundessozialgerichts (BSG) und dessen rechtlich maßgeblichem Produktionsbegriff entspreche.
Der Senat hat die Registerakte des VEB Kombinat Lacke und Farben Berlin beigezogen. Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung hat keinen Erfolg.
Die Berufung ist unbegründet, weil der ablehnende Bescheid der Beklagten vom 14. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Juli 2005 rechtmäßig ist und den Kläger nicht im Sinne der §§ 157, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert.
Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass gem. § 8 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 und § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG Zugehörigkeitszeiten zu einem Zusatzversorgungssystem festgestellt werden. Er unterfällt nicht dem Geltungsbereich des § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG, weil er weder tatsächlich noch im Wege der Unterstellung dem Zusatzvorsorgungssystem nach Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG angehörte.
Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG gilt das Gesetz für Ansprüche und Anwartschaften, die aufgrund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden sind. Der Kreis der potentiell vom AAÜG erfassten Personen umfasst diejenigen Personen, die entweder (1.) durch einen nach Art. 19 Einigungsvertrag (EVertr) bindend gebliebenen Verwaltungsakt der DDR oder einer ihrer Untergliederungen oder (2.) später durch eine Rehabilitierungsentscheidung oder (3.) nach Art. 19 Satz 2 oder 3 EVertr (wieder) in ein Versorgungssystem einbezogen waren (BSG, Urteil vom 9. April 2002, Az: B 4 RA 31/01 R, SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 2, S. 11).
Der Kläger erfüllt keine dieser Voraussetzungen. Weder ist ihm von Organen der DDR eine Versorgung zugesagt worden noch ist er aufgrund einer Rehabilitierungsentscheidung in ein Versorgungssystem einbezogen worden. Auch ein rechtsstaatswidriger Entzug einer Versorgungsanwartschaft hat in seinem Falle nicht stattgefunden. Im Ergebnis kommt es nicht darauf an, dass der Senat nicht der Rechtsprechung des früheren 4. Senats des BSG folgt, wonach die Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG auch im Wege der Unterstellung vorliegen kann (siehe unter I.), da auch die dafür vom BSG aufgestellten Voraussetzungen nicht vorliegen (II.).
I.
Der Senat ist zum Einen nicht der Auffassung, dass das AAÜG den Kreis der "potenziell vom AAÜG ab 1. August 1991 erfassten" Personen erweitert und das Neueinbeziehungsverbot modifiziert hat (so aber BSG, Urteil vom 9. April 2002, Az: B 4 RA 31/01 R, SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 2, S. 12). Erst diese Annahme führt jedoch zu einer vom BSG behaupteten Ungleichbehandlung ("Wertungswiderspruch"), die durch eine verfassungskonforme Auslegung des § 1 Abs. 1 AAÜG zu korrigieren sei. Zum Anderen ist der Senat der Ansicht, dass, wenn die Annahme des BSG tatsächlich zutreffen sollte und mit dem AAÜG der einbezogene Personenkreis erweitert worden ist, zumindest keine verfassungskonforme Auslegung erforderlich ist, da die behauptete Ungleichbehandlung zu rechtfertigen wäre. Im Übrigen hätte das Bundessozialgericht wegen des von ihm unterstellten "Wertungswiderspruchs" keine erweiternde Auslegung vornehmen dürfen, sondern eine konkrete Normenkontrolle an das Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) veranlassen müssen. Denn die vom Bundessozialgericht vorgenommene Rechtsfortbildung überschreitet nach Auffassung des erkennenden Senats die sich aus Art. 20 Abs. 2 und 3 GG ergebenden Grenzen der richterlichen Entscheidungsbefugnis, weil der eindeutige Wortlaut des § 1 Abs. 1 AAÜG die vom BSG vorgenommene Interpretation nicht hergibt. Es ist deshalb schon nicht möglich, die bei einem unklaren oder nicht eindeutigen Wortlaut heranzuziehenden einschlägigen Auslegungskriterien anzuwenden (BSG, Urteil vom 19. Februar 2009, Az: B 10 EG 1/08 R, dokumentiert in juris, Rdnr. 19).
In den Gesetzesmaterialien findet sich kein Hinweis dafür, dass durch das AAÜG außer den Personen, die durch einen nach Art. 19 EVertr bindend gebliebenen Verwaltungsakt der DDR oder einer ihrer Untergliederungen oder später durch eine Rehabilitierungsentscheidung oder nach Art. 19 Satz 2 oder 3 EVertr (wieder) in ein Versorgungssystem einbezogen worden waren (BSG, Urteil vom 9. April 2002, Az: B 4 RA 31/01 R, a. a. O., S. 11), weitere Personen einbezogen werden sollten (siehe BTDrs. 12/405, S. 113, 146; BTDrs. 12/786, S. 139; II A, IV A; BTDrs. 12/826, S. 4, 5, 10, 11, 21). Vielmehr wird in den Gesetzesmaterialien immer auf den EVertr Bezug genommen. Zwar wird dann ausgeführt, dass die Einhaltung der Vorgaben des EVertr zu nicht sachgerechten und zu nicht nur sozialpolitisch unvertretbaren Ergebnissen führen müsste und sich deshalb die Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung ergebe (BTDrs. 12/405, S. 113). Aus der weiteren Gesetzesbegründung ist jedoch ohne Schwierigkeiten ablesbar, dass sich diese Regelungen auf die Bereiche der Rentenberechnung, Leistungsbegrenzung, Abschmelzung laufender Leistungen, des Besitzschutzes bei der Neufeststellung von Leistungen, der Auszahlungen von Leistungen, eines Vorbehaltes der Einzelüberprüfung und der Kostenerstattung durch den Bund beziehen (a. a. O., S. 113, 114). Nicht angesprochen ist hingegen eine Ausweitung des erfassten Personenkreises. Auch bei der Begründung des § 1 AAÜG wird ausgeführt, dass diese Vorschrift den Geltungsbereich der nach dem EVertr vorgeschriebenen Überführung (und gerade keine darüber hinausgehende) festlegt (BTDrs. 12/405, S. 146).
Auch überzeugt den Senat nicht, dass aus dem Wortlaut von § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG auf eine Modifizierung des Verbots der Neueinbeziehung zu schließen sei (BSG, Urteil vom 9. April 2002, Az: B 4 RA 31/01 R, a. a. O., S. 12). In den Gesetzesmaterialien findet sich nämlich kein Anhaltspunkt für die vom BSG vorgenommene Unterscheidung zwischen "Einbeziehung in ein Versorgungssystem" und der "Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem". Der Gesetzgeber benutzt im Gegenteil auch zur Beschreibung des Personenkreises des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG, der auch nach Ansicht des BSG konkret einbezogen war (BSG, a. a. O., S. 12), den Terminus "Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem" (BTDrs. 12/826, S. 21) und nicht etwa "Einbeziehung in ein Versorgungssystem".
Der Gesetzgeber ging auch, soweit erkennbar, nicht davon aus, dass die in § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG angesprochene Personengruppe eine Erweiterung der "potenziell vom AAÜG ab 1. August 1991 erfassten" Personen darstellt. Ursprünglich war Satz 2 in der Gesetzesvorlage nicht enthalten (BTDrs. 12/405, S. 77). Erst in den Ausschussberatungen wurde dann die Anfügung des Satzes 2 empfohlen (BTDrs. 12/786, S. 139). Zur Begründung wurde ausgeführt, dass diese Anfügung nur eine Klarstellung bedeute (BTDrs. 12/826, S. 21). Der Gesetzgeber nahm also an, dass diese Personengruppe ohnehin von Satz 1 und vom Überführungsauftrag des EVertr umfasst ist.
Auch mit einer verfassungskonformen Auslegung des § 1 Abs. 1 AAÜG (über den Wortlaut hinaus) lässt sich ein Anspruch auf eine fiktive Einbeziehung nicht begründen (so aber BSG, Urteil vom 9. April 2002, Az: B 4 RA 31/01 R, a. a. O., S. 12).
Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist jedoch nicht jede Differenzierung ausgeschlossen. Das Grundrecht wird jedoch verletzt, wenn eine Gruppe von Rechtsanwendungsbetroffenen anders als eine andere behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (z. B. BVerfG, Beschluss vom 26. Oktober 2005, Az: 1 BvR 1921/04 u. a., dokumentiert in juris, Rdnr. 36).
Für den Senat ist bereits nicht nachvollziehbar, weshalb das BSG der Personengruppe des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG, also der Personen, die irgendwann vor dem 30. Juni 1990 (aber nicht am 30. Juni 1990) konkret einbezogen waren (BSG, a. a. O.), die Personengruppe gegenüberstellt, die nie konkret einbezogen war, aber zumindest am 30. Juni 1990 nach den Regeln der Versorgungssysteme alle Voraussetzungen für die Einbeziehung an diesem Stichtag erfüllt hatte. Verfassungsrechtlich relevant ist nämlich nur die Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem (z. B. BVerfG, Beschluss vom 13. März 2007, Az: 1 BvF 1/05, dokumentiert in juris, Rdnr. 89). Hier unterscheiden sich jedoch die Tatbestände in wesentlichen Gesichtspunkten. § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG knüpft nämlich an ein in der Vergangenheit verliehenes Versorgungsprivileg an, welches ein Bedürfnis nach der im AAÜG vorgesehenen Sonderprüfung der Rentenwirksamkeit erzielter Arbeitsentgelte anzeigt. Bei Personen, die nie in ein Zusatzversorgungssystem einbezogen waren, besteht ein solches Bedürfnis hingegen nicht.
Richtiger wäre es nach Ansicht des Senats ohnehin, der Personengruppe des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG als Vergleichsgruppe die Personen gegenüberzustellen, die nicht konkret einbezogen waren, irgendwann vor dem – aber nicht am – 30. Juni 1990 jedoch alle Voraussetzungen für die Einbeziehung erfüllt hatten.
Das Bundesverfassungsgericht führt zum Vergleich dieser Personengruppen aus (Beschluss vom 26. Oktober 2005, a. a. O., Rdnr. 45):
"Der von § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG erfasste Personenkreis hat seine Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem als Folge eines Ausscheidens vor dem Leistungsfall verloren. Es bestanden also zunächst nach dem Recht der Deutschen Demokratischen Republik rechtlich gesicherte Anwartschaften. Diese wollte der gesamtdeutsche Gesetzgeber erhalten (vgl. BTDrs. 12/826, S. 21). Der hier in Frage stehende Personenkreis (gemeint ist der Personenkreis, der irgendwann vor dem 30. Juni 1990, aber nicht am 30. Juni 1990 alle Voraussetzungen für die Einbeziehung erfüllt hatte) hatte dagegen solche Rechtspositionen im Recht der Deutschen Demokratischen Republik zu keinem Zeitpunkt inne. Für eine rechtlich gesicherte Verbesserung der Altersversorgung über die Leistungen der Sozialpflichtversicherung hinaus stand dem betroffenen Personenkreis im Rentenrecht der Deutschen Demokratischen Republik der Beitritt zur Freiwilligen Zusatzrentenversicherung offen, war dort allerdings - anders als in vielen Systemen der Zusatzversorgung - mit eigenen Beitragsleistungen verbunden. Es bestand daher keine verfassungsrechtliche Verpflichtung der gesamtdeutschen Gesetzgebung und Rechtsprechung, diesen Personenkreis den durch § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG begünstigten Personen gleichzustellen und insoweit die Grundentscheidung des Gesetzgebers abzuschwächen, eine Einbeziehung von Sozialpflichtversicherten in die Zusatzversorgungssysteme über den 30. Juni 1990 hinaus im Interesse einer schnellen Herbeiführung der rentenrechtlichen Renteneinheit zu untersagen."
Die gleichen Überlegungen gelten für einen Vergleich zwischen den von § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG betroffenen Personen und denjenigen, die nach der Rechtsprechung des BSG vom fiktiven Anspruch profitieren sollen. Auch die fiktiv in den Anwendungsbereich des AAÜG Einbezogenen hatten zu Zeiten der DDR keine Rechtsposition inne, die ihnen einen Zugang zu einer zusätzlichen Altersversorgung aus einem Zusatzversorgungssystem ermöglicht hätte. Auch ihnen stand die Möglichkeit offen, der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung beizutreten. Diese Punkte lässt das BVerfG genügen, um eine Ungleichbehandlung mit den von § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG erfassten Personen zu rechtfertigen. Dasselbe muss dann auch bei einem Vergleich der von § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG erfassten Personen und den Personen gelten, die am 30. Juni 1990 die Voraussetzungen für die Einbeziehung in ein Zusatzversorgungssystem erfüllt hatten.
Im Übrigen hat auch die Bundesregierung mehrfach betont, dass das AAÜG nach dem ursprünglichen Willen des Gesetzgebers nur anwendbar sein sollte, wenn eine ausdrückliche Versorgungszusage vorliegt (Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage, BTDrs. 16/11127 vom 28. November 2008; Antwort des Staatssekretärs im Bundesministerium für Arbeit und Soziales Franz-Josef Lersch-Mense auf eine Frage der Abgeordneten Dr. Martina Bunge, BTDrs. 16/13916 vom 21. August 2009). Sie hat darauf hingewiesen, dass Verdienste oberhalb von 600 Mark für Beschäftigungszeiten ab März 1971 ohne Versorgungszusage wie bei allen übrigen Versicherten, die keinem Zusatz- oder Sonderversorgungssystem angehört haben, nur bei entsprechenden Beitragszahlungen zur Freiwilligen Zusatzrentenversicherung rentenrechtlich hätten berücksichtigt werden können. Dieser Hinweis der Bundesregierung auf die Freiwillige Zusatzrentenversicherung ähnelt der soeben dargestellten Argumentation des Bundesverfassungsgerichts.
II.
Nach der Rechtsprechung des früheren 4. Senats des BSG hängt der Anspruch auf eine fiktive Einbeziehung im hier allein in Frage kommenden Fall gemäß § 1 der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17. August 1950 (GBl. I S. 844, VO-AVItech) i. V. m. § 1 Abs. 1 Satz 1 der Zweiten Durchführungsbestimmung zur VO-AVItech (GBl. I S. 487, 2. DB) von drei Voraussetzungen ab, die alle zugleich vorliegen müssen. Generell war dieses Versorgungssystem eingerichtet für (1.) Personen, die berechtigt waren, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung) und (2.) die entsprechende Tätigkeit tatsächlich ausgeübt haben (sachliche Voraussetzung), und zwar (3.) in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens oder einem gleichgestellten Betrieb (betriebliche Voraussetzung).
Nach der Rechtsprechung des BSG müssen diese drei Voraussetzungen, damit das AAÜG überhaupt anwendbar ist, am 30. Juni 1990 vorgelegen haben. Bei Beachtung dieser Voraussetzungen hatte der Kläger am 1. August 1991 (dem Tag des Inkrafttretens des AAÜG) keinen fiktiven Anspruch auf Einbeziehung in das Versorgungssystem der AVItech, da die betriebliche Voraussetzung nicht erfüllt ist. Der Kläger war nämlich am 30. Juni 1990 nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens beschäftigt. Eine Versorgungsanwartschaft konnte nur bei einer Beschäftigung in einem volkseigenen Produktionsbetrieb in der Industrie oder im Bauwesen (oder in einem gleichgestellten Betrieb) erworben werden (BSG, Urteil vom 10. April 2002, Az: B 4 RA 10/02 R, SozR 3–8570 § 1 Nr. 5, S. 30). Der Begriff des Produktionsbetriebes erfasst nach der Rechtsprechung des BSG nur solche Betriebe, die Sachgüter im Hauptzweck industriell gefertigt haben. Der Betrieb muss auf die industrielle Fertigung, Fabrikation, Herstellung bzw. Produktion von Sachgütern ausgerichtet gewesen sein (BSG, Urteil vom 9. April 2002, Az: B 4 RA 41/01 R, SozR 3–8570 § 1 Nr. 6 S. 47; Urteil vom 27. Juli 2004, Az: B 4 RA 11/04 R, dokumentiert in juris). Im Bereich des Bauwesens erfasst der Begriff des Produktionsbetriebes nur solche Betriebe, deren Hauptzweck in der Massenproduktion von Bauwerken liegt, die dabei standardisierte Produkte massenhaft ausstoßen und eine komplette Serienfertigung von gleichartigen Bauwerken zum Gegenstand haben (BSG, Urteil vom 8. Juni 2004, Az: B 4 RA 57/03 R, SozR 4-8570 § 1 Nr. 3 S. 20 f.).
Der VEB Korrosionsschutz Eisleben hat weder überwiegend industriell Sachgüter gefertigt, noch hat er im Hauptzweck die Massenproduktion von Bauwerken betrieben. Die von dem Sozialgericht beigezogenen Unterlagen sind dabei, entgegen der Ansicht des Klägers, geeignet, den Hauptzweck des Betriebes zu bestimmen. Es kommt auch nicht darauf an, wie in der DDR der Produktionsbegriff verstanden worden ist, sondern darauf, wie das BSG diesen Begriff für den von ihm geschaffenen Tatbestand definiert hat.
Schon nach den Darstellungen der Korrosionsschutz GmbH Eisleben, dem Nachfolgebetrieb des VEB Korrosionsschutz Eisleben, hat es sich bei dem Beschäftigungsbetrieb des Klägers nicht um einen Produktionsbetrieb gehandelt. Dort wird nämlich der Betrieb als ein " Dienstleistungsunternehmen mit 40jähriger Tradition " beschrieben. Das BSG hat die Dienstleistungsbetriebe eindeutig von den Produktionsbetrieben unterschieden (BSG, Urteil vom 9. April 2002, Az: B 4 RA 41/01 R, SozR 3–8570 § 1 Nr. 6, Leisatz). Der Kläger selber hat vorgetragen, dass 65%, also deutlich mehr als die Hälfte der Beschäftigten, auf Montage an Bauwerken, bei der Fassadensanierung und bei Brückenkonstruktionen eingesetzt waren. Der Senat hat bereits entschieden, dass ein Betrieb, der im Schwerpunkt Montageleistungen erbracht hat, kein Produktionsbetrieb i. S. der Rechtsprechung des BSG war (Urteil vom 9. April 2008, L 1 R 34/05). Auch bei der Sanierung von Fassaden und der Mitwirkung bei Brückenkonstruktionen werden keine Sachgüter hergestellt. Ob möglicherweise in dem Beschäftigungsbetrieb serienmäßig Stahlkonstruktionen gefertigt worden sind, kann dahingestellt bleiben, da dies nach der vom Kläger mitgeteilten Beschäftigtenanzahl nicht den Hauptzweck des Betriebes ausgemacht haben kann.
Auch der Gegenstand des Nachfolgeunternehmens lässt nicht darauf schließen, dass der VEB Korrosionsschutz Eisleben im Hauptzweck seriell Sachgüter gefertigt hat. Danach war der Gegenstand des Unternehmens die Ausführung von Leistungen des passiven Korrosionsschutzes wie Oberflächenvorbehandlung, Anstrichstoffbeschichtung, Spezialbeschichtung, Spritzmetallisierung und Fassadenbeschichtung sowie die dazu gehörigen Gerüstbauleistungen sowohl unter stationären als auch unter Montagebedingungen. Außerdem wurden Leistungen der Stahl- und Blechverarbeitung in den Bereichen des Chemischen Apparatebaus, Behälterbaus, Rohrleitungsbaus sowie Stahlbaus erbracht und Serviceleistungen für Korrosionsschutzapplikationstechnik angeboten. Dies bestätigt zwar, dass möglicherweise auch Sachgüter hergestellt worden sind. Der Schluss, dass diese überwiegend und in Serie gefertigt worden sind, lässt sich hingegen nicht ziehen. Vielmehr drängt sich wegen der Nennung an zweiter Stelle auf, dass wie beim VEB Korrosionsschutz Eisleben der Stahlbau den anderen Bereichen nachgeordnet war.
Auch die Eintragung in der Systematik der Volkswirtschaftszweige der DDR in der Wirtschaftsgruppe 15559 spricht als Indiz dafür, dass es sich bei dem Betrieb nicht um einen Produktionsbetrieb im Sinne der Rechtsprechung des BSG gehandelt hat. Die Einordnung als Reparatur- und Montagebetrieb für Metallkonstruktionen deutet darauf hin, dass keine finalen Endprodukte gefertigt, sondern vielmehr Reparaturen durchgeführt wurden oder aber etwas montiert worden ist.
Der Betrieb hat auch selber keine Bauwerke errichtet, sondern hat vielmehr nur an Bauwerken Leistungen erbracht. Nach den Darstellungen in den Unterlagen des Betriebes und nach den Ausführungen des Klägers war der Betrieb gar nicht in der Lage, eigene Bauleistungen in Form von Rohbauten oder Ähnlichem zu erbringen. Deshalb ist der Betrieb auch kein Baubetrieb im Sinne der Rechtsprechung des BSG.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1, 2 SGG bestehen nicht.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten, Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVltech) festzustellen.
Der 1953 geborene Kläger erwarb nach eigenen Angaben am Juli 1977 den Abschluss eines Ingenieurs und war nach der Urkunde der Technischen Hochschule M vom Juli 1984 berechtigt, die Berufsbezeichnung eines Diplomingenieurs zu führen. Nach den Eintragungen im Sozialversicherungsausweis (SVA) arbeitete er von September 1977 bis Ende Dezember 1978 als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Institut für Lacke und Farben und von Januar 1979 bis Ende August 1981 ebenfalls als wissenschaftlicher Mitarbeiter im VEB Forschung und Rationalisierung Lacke und Farben. Vom 7. September 1981 bis zum 9. Oktober 1981 war er als Ofenarbeiter im VEB Harzer Werke B, Heizkesselwerk Sch., tätig. Ab 26. Oktober 1981 war er als Themenbearbeiter im VEB Korrosionsschutz Eisleben beschäftigt. Diese Tätigkeit übte er auch noch im Juni 1990 aus. Der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung trat er mit Wirkung zum 1. Februar 1988 bei. Eine Zusatzversorgungszusage erhielt er nicht.
Am 8. Juni 2004 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften. Mit Bescheid vom 14. Dezember 2004 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Eine Versorgungsanwartschaft im Sinne von § 1 Abs. 1 des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) sei nicht entstanden. Weder habe eine positive Versorgungszusage (Anwartschaft) zu Zeiten der DDR vorgelegen, noch sei am 30. Juni 1990 (Schließung der Zusatzversorgungssysteme) eine Beschäftigung ausgeübt worden, die – aus bundesrechtlicher Sicht – dem Kreis der obligatorisch Versorgungsberechtigten zuzuordnen sei. Das AAÜG sei daher nicht anwendbar. Am 6. Januar 2005 erhob der Kläger Widerspruch. Zur Begründung trug er vor, bei seinem Beschäftigungsbetrieb habe es sich um einen Produktionsbetrieb des VEB Kombinat Lacke und Farben gehandelt. Mit Widerspruchsbescheid vom 4. Juli 2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der VEB Korrosionsschutz Eisleben sei der Wirtschaftsgruppe 15559 (Reparatur- und Montagebetriebe für Metallkonstruktionen) zugeordnet gewesen. Dem Betrieb habe daher weder die industrielle Fertigung (Fabrikation, Herstellung oder Produktion) von Sachgütern das Gepräge gegeben, noch sei sein Hauptzweck die Massenproduktion von Bauwerken gewesen.
Am 4. August 2005 hat der Kläger Klage bei dem Sozialgericht Halle erhoben. Er hat ausgeführt, es habe im VEB Korrosionsschutz Eisleben eine industrielle Fertigung gegeben. Die Einordnung des Betriebes innerhalb der Systematik der Volkswirtschaftszweige der DDR treffe keine Aussage dazu. Der Betrieb sei auch an die Massenproduktion von Bauwerken angeschlossen gewesen. Es habe sich demgegenüber weder um einen Dienstleistungsbetrieb noch um einen Betrieb des Malerhandwerks gehandelt. Es seien im Betrieb bis zu 800 Mitarbeiter beschäftigt gewesen. 65% der Mitarbeiter seien auf Montagebaustellen an Bauwerken, bei der Fassadensanierung und bei Brückenkonstruktionen oder Ähnlichem eingesetzt gewesen. 35% seien im Werk u. a. in der Abteilung Technik, wo Stahlkonstruktionen hergestellt worden seien, beschäftigt gewesen. Das Sozialgericht hat die Registerakte des VEB Korrosionsschutz Eisleben beigezogen. Außerdem hat es von der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben Unterlagen zum VEB Korrosionsschutz Eisleben beigezogen (Registerauszug aus dem Register der volkseigenen Wirtschaft, Bilanz des VEB Korrosionsschutz Eisleben zum 30. April 1990, Handelsregisterauszug des Nachfolgeunternehmens (Korrosionsschutz GmbH), Darstellung der Korrosionsschutz GmbH vom 13. November 1990).
Mit Urteil vom 23. August 2007 hat das Sozialgericht Halle die Klage abgewiesen und zur Begründung u. a. ausgeführt, der Hauptzweck des VEB Korrosionsschutz Eisleben habe nicht in der industriellen Sachgüterproduktion oder in der Massenherstellung von Bauwerken bestanden. Dies ergebe sich bereits aus dem Vortrag des Klägers und dem Namen des Betriebes. Der Betrieb habe Dienstleistungen für andere Betriebe, die Industrie- bzw. Baubetriebe gewesen seien, erbracht. Hauptbetriebszweck sei nicht die Sachgüterproduktion gewesen, da hierfür Voraussetzung das Erschaffen neuer Erzeugnisse auf industrielle Art bzw. die standardisierte Massenproduktion von Sachgütern nach dem sogenannten fordistischen Produktionsmodell gewesen sei. Nach dem Handelsregistereintrag des Nachfolgebetriebes seien durch diesen zwar auch Apparate, Behälter, Rohrleitungen und Stahlbau angeboten worden, dies habe aber nach der Darstellung des Rechtsnachfolgers nicht den Hauptzweck ausgemacht. Dass der Betriebscharakter des VEB bis zum 30. Juni 1990 ein anderer gewesen sei, sei selbst nach dem Vortrag des Klägers nicht ersichtlich. Der Betrieb sei auch nicht unmittelbar an der Massenproduktion von Bauwerken beteiligt gewesen, sondern habe Montageleistungen erbracht, Fassaden saniert und sei bei Brückenkonstruktionen eingesetzt gewesen. Ein Betrieb, der hauptsächlich die bestehende Bausubstanz erhalten habe, werde nicht von der Zusatzversorgung erfasst.
Gegen das ihm am 3. September 2007 zugestellte Urteil hat der Kläger am 2. Oktober 2007 Berufung bei dem Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt. Er trägt vor, bei dem VEB Korrosionsschutz Eisleben habe es sich um einen Industriebetrieb gehandelt, in dem in industriellem Maßstab Produkte gefertigt und Leistungen erbracht worden seien. Der tatsächliche Hauptzweck des Betriebes erschließe sich nicht aus den vom Sozialgericht beigezogenen Unterlagen, sondern vielmehr aus den konkreten Tätigkeiten des Betriebes selber. Unter Produktion, insbesondere der industriellen Produktion, sei die Gesamtheit der in den Betrieben der Industrie und anderer Wirtschaftsbereiche erzeugten industriellen Produkte und Leistungen (industrielle Warenproduktion) zu verstehen. Die industrielle Warenproduktion wiederum habe alle in den Betrieben hergestellten und zum Absatz bestimmten Fertigerzeugnisse sowie alle fertig gestellten Leistungen umfasst. Unter diesem Begriff seien auch alle abgeschlossenen materiellen Leistungen industrieller Art für fremde Auftraggeber, wie Lohnarbeiten, Reparaturen und Montagearbeiten zu verstehen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 23. August 2007 und den Bescheid der Beklagten vom 14. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Juli 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Beschäftigungszeit vom 1. Juli 1977 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz (Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG) sowie die in dieser Zeit erzielten Entgelte festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend. Sie weist darauf hin, dass der Begriff der industriellen Warenproduktion, der auch sonstige Leistungen, Reparaturen und Montagearbeiten umfasst habe, nicht dem engen Begriffsverständnis des Bundessozialgerichts (BSG) und dessen rechtlich maßgeblichem Produktionsbegriff entspreche.
Der Senat hat die Registerakte des VEB Kombinat Lacke und Farben Berlin beigezogen. Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung hat keinen Erfolg.
Die Berufung ist unbegründet, weil der ablehnende Bescheid der Beklagten vom 14. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Juli 2005 rechtmäßig ist und den Kläger nicht im Sinne der §§ 157, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert.
Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass gem. § 8 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 und § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG Zugehörigkeitszeiten zu einem Zusatzversorgungssystem festgestellt werden. Er unterfällt nicht dem Geltungsbereich des § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG, weil er weder tatsächlich noch im Wege der Unterstellung dem Zusatzvorsorgungssystem nach Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG angehörte.
Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG gilt das Gesetz für Ansprüche und Anwartschaften, die aufgrund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden sind. Der Kreis der potentiell vom AAÜG erfassten Personen umfasst diejenigen Personen, die entweder (1.) durch einen nach Art. 19 Einigungsvertrag (EVertr) bindend gebliebenen Verwaltungsakt der DDR oder einer ihrer Untergliederungen oder (2.) später durch eine Rehabilitierungsentscheidung oder (3.) nach Art. 19 Satz 2 oder 3 EVertr (wieder) in ein Versorgungssystem einbezogen waren (BSG, Urteil vom 9. April 2002, Az: B 4 RA 31/01 R, SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 2, S. 11).
Der Kläger erfüllt keine dieser Voraussetzungen. Weder ist ihm von Organen der DDR eine Versorgung zugesagt worden noch ist er aufgrund einer Rehabilitierungsentscheidung in ein Versorgungssystem einbezogen worden. Auch ein rechtsstaatswidriger Entzug einer Versorgungsanwartschaft hat in seinem Falle nicht stattgefunden. Im Ergebnis kommt es nicht darauf an, dass der Senat nicht der Rechtsprechung des früheren 4. Senats des BSG folgt, wonach die Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG auch im Wege der Unterstellung vorliegen kann (siehe unter I.), da auch die dafür vom BSG aufgestellten Voraussetzungen nicht vorliegen (II.).
I.
Der Senat ist zum Einen nicht der Auffassung, dass das AAÜG den Kreis der "potenziell vom AAÜG ab 1. August 1991 erfassten" Personen erweitert und das Neueinbeziehungsverbot modifiziert hat (so aber BSG, Urteil vom 9. April 2002, Az: B 4 RA 31/01 R, SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 2, S. 12). Erst diese Annahme führt jedoch zu einer vom BSG behaupteten Ungleichbehandlung ("Wertungswiderspruch"), die durch eine verfassungskonforme Auslegung des § 1 Abs. 1 AAÜG zu korrigieren sei. Zum Anderen ist der Senat der Ansicht, dass, wenn die Annahme des BSG tatsächlich zutreffen sollte und mit dem AAÜG der einbezogene Personenkreis erweitert worden ist, zumindest keine verfassungskonforme Auslegung erforderlich ist, da die behauptete Ungleichbehandlung zu rechtfertigen wäre. Im Übrigen hätte das Bundessozialgericht wegen des von ihm unterstellten "Wertungswiderspruchs" keine erweiternde Auslegung vornehmen dürfen, sondern eine konkrete Normenkontrolle an das Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) veranlassen müssen. Denn die vom Bundessozialgericht vorgenommene Rechtsfortbildung überschreitet nach Auffassung des erkennenden Senats die sich aus Art. 20 Abs. 2 und 3 GG ergebenden Grenzen der richterlichen Entscheidungsbefugnis, weil der eindeutige Wortlaut des § 1 Abs. 1 AAÜG die vom BSG vorgenommene Interpretation nicht hergibt. Es ist deshalb schon nicht möglich, die bei einem unklaren oder nicht eindeutigen Wortlaut heranzuziehenden einschlägigen Auslegungskriterien anzuwenden (BSG, Urteil vom 19. Februar 2009, Az: B 10 EG 1/08 R, dokumentiert in juris, Rdnr. 19).
In den Gesetzesmaterialien findet sich kein Hinweis dafür, dass durch das AAÜG außer den Personen, die durch einen nach Art. 19 EVertr bindend gebliebenen Verwaltungsakt der DDR oder einer ihrer Untergliederungen oder später durch eine Rehabilitierungsentscheidung oder nach Art. 19 Satz 2 oder 3 EVertr (wieder) in ein Versorgungssystem einbezogen worden waren (BSG, Urteil vom 9. April 2002, Az: B 4 RA 31/01 R, a. a. O., S. 11), weitere Personen einbezogen werden sollten (siehe BTDrs. 12/405, S. 113, 146; BTDrs. 12/786, S. 139; II A, IV A; BTDrs. 12/826, S. 4, 5, 10, 11, 21). Vielmehr wird in den Gesetzesmaterialien immer auf den EVertr Bezug genommen. Zwar wird dann ausgeführt, dass die Einhaltung der Vorgaben des EVertr zu nicht sachgerechten und zu nicht nur sozialpolitisch unvertretbaren Ergebnissen führen müsste und sich deshalb die Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung ergebe (BTDrs. 12/405, S. 113). Aus der weiteren Gesetzesbegründung ist jedoch ohne Schwierigkeiten ablesbar, dass sich diese Regelungen auf die Bereiche der Rentenberechnung, Leistungsbegrenzung, Abschmelzung laufender Leistungen, des Besitzschutzes bei der Neufeststellung von Leistungen, der Auszahlungen von Leistungen, eines Vorbehaltes der Einzelüberprüfung und der Kostenerstattung durch den Bund beziehen (a. a. O., S. 113, 114). Nicht angesprochen ist hingegen eine Ausweitung des erfassten Personenkreises. Auch bei der Begründung des § 1 AAÜG wird ausgeführt, dass diese Vorschrift den Geltungsbereich der nach dem EVertr vorgeschriebenen Überführung (und gerade keine darüber hinausgehende) festlegt (BTDrs. 12/405, S. 146).
Auch überzeugt den Senat nicht, dass aus dem Wortlaut von § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG auf eine Modifizierung des Verbots der Neueinbeziehung zu schließen sei (BSG, Urteil vom 9. April 2002, Az: B 4 RA 31/01 R, a. a. O., S. 12). In den Gesetzesmaterialien findet sich nämlich kein Anhaltspunkt für die vom BSG vorgenommene Unterscheidung zwischen "Einbeziehung in ein Versorgungssystem" und der "Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem". Der Gesetzgeber benutzt im Gegenteil auch zur Beschreibung des Personenkreises des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG, der auch nach Ansicht des BSG konkret einbezogen war (BSG, a. a. O., S. 12), den Terminus "Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem" (BTDrs. 12/826, S. 21) und nicht etwa "Einbeziehung in ein Versorgungssystem".
Der Gesetzgeber ging auch, soweit erkennbar, nicht davon aus, dass die in § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG angesprochene Personengruppe eine Erweiterung der "potenziell vom AAÜG ab 1. August 1991 erfassten" Personen darstellt. Ursprünglich war Satz 2 in der Gesetzesvorlage nicht enthalten (BTDrs. 12/405, S. 77). Erst in den Ausschussberatungen wurde dann die Anfügung des Satzes 2 empfohlen (BTDrs. 12/786, S. 139). Zur Begründung wurde ausgeführt, dass diese Anfügung nur eine Klarstellung bedeute (BTDrs. 12/826, S. 21). Der Gesetzgeber nahm also an, dass diese Personengruppe ohnehin von Satz 1 und vom Überführungsauftrag des EVertr umfasst ist.
Auch mit einer verfassungskonformen Auslegung des § 1 Abs. 1 AAÜG (über den Wortlaut hinaus) lässt sich ein Anspruch auf eine fiktive Einbeziehung nicht begründen (so aber BSG, Urteil vom 9. April 2002, Az: B 4 RA 31/01 R, a. a. O., S. 12).
Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist jedoch nicht jede Differenzierung ausgeschlossen. Das Grundrecht wird jedoch verletzt, wenn eine Gruppe von Rechtsanwendungsbetroffenen anders als eine andere behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (z. B. BVerfG, Beschluss vom 26. Oktober 2005, Az: 1 BvR 1921/04 u. a., dokumentiert in juris, Rdnr. 36).
Für den Senat ist bereits nicht nachvollziehbar, weshalb das BSG der Personengruppe des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG, also der Personen, die irgendwann vor dem 30. Juni 1990 (aber nicht am 30. Juni 1990) konkret einbezogen waren (BSG, a. a. O.), die Personengruppe gegenüberstellt, die nie konkret einbezogen war, aber zumindest am 30. Juni 1990 nach den Regeln der Versorgungssysteme alle Voraussetzungen für die Einbeziehung an diesem Stichtag erfüllt hatte. Verfassungsrechtlich relevant ist nämlich nur die Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem (z. B. BVerfG, Beschluss vom 13. März 2007, Az: 1 BvF 1/05, dokumentiert in juris, Rdnr. 89). Hier unterscheiden sich jedoch die Tatbestände in wesentlichen Gesichtspunkten. § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG knüpft nämlich an ein in der Vergangenheit verliehenes Versorgungsprivileg an, welches ein Bedürfnis nach der im AAÜG vorgesehenen Sonderprüfung der Rentenwirksamkeit erzielter Arbeitsentgelte anzeigt. Bei Personen, die nie in ein Zusatzversorgungssystem einbezogen waren, besteht ein solches Bedürfnis hingegen nicht.
Richtiger wäre es nach Ansicht des Senats ohnehin, der Personengruppe des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG als Vergleichsgruppe die Personen gegenüberzustellen, die nicht konkret einbezogen waren, irgendwann vor dem – aber nicht am – 30. Juni 1990 jedoch alle Voraussetzungen für die Einbeziehung erfüllt hatten.
Das Bundesverfassungsgericht führt zum Vergleich dieser Personengruppen aus (Beschluss vom 26. Oktober 2005, a. a. O., Rdnr. 45):
"Der von § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG erfasste Personenkreis hat seine Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem als Folge eines Ausscheidens vor dem Leistungsfall verloren. Es bestanden also zunächst nach dem Recht der Deutschen Demokratischen Republik rechtlich gesicherte Anwartschaften. Diese wollte der gesamtdeutsche Gesetzgeber erhalten (vgl. BTDrs. 12/826, S. 21). Der hier in Frage stehende Personenkreis (gemeint ist der Personenkreis, der irgendwann vor dem 30. Juni 1990, aber nicht am 30. Juni 1990 alle Voraussetzungen für die Einbeziehung erfüllt hatte) hatte dagegen solche Rechtspositionen im Recht der Deutschen Demokratischen Republik zu keinem Zeitpunkt inne. Für eine rechtlich gesicherte Verbesserung der Altersversorgung über die Leistungen der Sozialpflichtversicherung hinaus stand dem betroffenen Personenkreis im Rentenrecht der Deutschen Demokratischen Republik der Beitritt zur Freiwilligen Zusatzrentenversicherung offen, war dort allerdings - anders als in vielen Systemen der Zusatzversorgung - mit eigenen Beitragsleistungen verbunden. Es bestand daher keine verfassungsrechtliche Verpflichtung der gesamtdeutschen Gesetzgebung und Rechtsprechung, diesen Personenkreis den durch § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG begünstigten Personen gleichzustellen und insoweit die Grundentscheidung des Gesetzgebers abzuschwächen, eine Einbeziehung von Sozialpflichtversicherten in die Zusatzversorgungssysteme über den 30. Juni 1990 hinaus im Interesse einer schnellen Herbeiführung der rentenrechtlichen Renteneinheit zu untersagen."
Die gleichen Überlegungen gelten für einen Vergleich zwischen den von § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG betroffenen Personen und denjenigen, die nach der Rechtsprechung des BSG vom fiktiven Anspruch profitieren sollen. Auch die fiktiv in den Anwendungsbereich des AAÜG Einbezogenen hatten zu Zeiten der DDR keine Rechtsposition inne, die ihnen einen Zugang zu einer zusätzlichen Altersversorgung aus einem Zusatzversorgungssystem ermöglicht hätte. Auch ihnen stand die Möglichkeit offen, der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung beizutreten. Diese Punkte lässt das BVerfG genügen, um eine Ungleichbehandlung mit den von § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG erfassten Personen zu rechtfertigen. Dasselbe muss dann auch bei einem Vergleich der von § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG erfassten Personen und den Personen gelten, die am 30. Juni 1990 die Voraussetzungen für die Einbeziehung in ein Zusatzversorgungssystem erfüllt hatten.
Im Übrigen hat auch die Bundesregierung mehrfach betont, dass das AAÜG nach dem ursprünglichen Willen des Gesetzgebers nur anwendbar sein sollte, wenn eine ausdrückliche Versorgungszusage vorliegt (Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage, BTDrs. 16/11127 vom 28. November 2008; Antwort des Staatssekretärs im Bundesministerium für Arbeit und Soziales Franz-Josef Lersch-Mense auf eine Frage der Abgeordneten Dr. Martina Bunge, BTDrs. 16/13916 vom 21. August 2009). Sie hat darauf hingewiesen, dass Verdienste oberhalb von 600 Mark für Beschäftigungszeiten ab März 1971 ohne Versorgungszusage wie bei allen übrigen Versicherten, die keinem Zusatz- oder Sonderversorgungssystem angehört haben, nur bei entsprechenden Beitragszahlungen zur Freiwilligen Zusatzrentenversicherung rentenrechtlich hätten berücksichtigt werden können. Dieser Hinweis der Bundesregierung auf die Freiwillige Zusatzrentenversicherung ähnelt der soeben dargestellten Argumentation des Bundesverfassungsgerichts.
II.
Nach der Rechtsprechung des früheren 4. Senats des BSG hängt der Anspruch auf eine fiktive Einbeziehung im hier allein in Frage kommenden Fall gemäß § 1 der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17. August 1950 (GBl. I S. 844, VO-AVItech) i. V. m. § 1 Abs. 1 Satz 1 der Zweiten Durchführungsbestimmung zur VO-AVItech (GBl. I S. 487, 2. DB) von drei Voraussetzungen ab, die alle zugleich vorliegen müssen. Generell war dieses Versorgungssystem eingerichtet für (1.) Personen, die berechtigt waren, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung) und (2.) die entsprechende Tätigkeit tatsächlich ausgeübt haben (sachliche Voraussetzung), und zwar (3.) in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens oder einem gleichgestellten Betrieb (betriebliche Voraussetzung).
Nach der Rechtsprechung des BSG müssen diese drei Voraussetzungen, damit das AAÜG überhaupt anwendbar ist, am 30. Juni 1990 vorgelegen haben. Bei Beachtung dieser Voraussetzungen hatte der Kläger am 1. August 1991 (dem Tag des Inkrafttretens des AAÜG) keinen fiktiven Anspruch auf Einbeziehung in das Versorgungssystem der AVItech, da die betriebliche Voraussetzung nicht erfüllt ist. Der Kläger war nämlich am 30. Juni 1990 nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens beschäftigt. Eine Versorgungsanwartschaft konnte nur bei einer Beschäftigung in einem volkseigenen Produktionsbetrieb in der Industrie oder im Bauwesen (oder in einem gleichgestellten Betrieb) erworben werden (BSG, Urteil vom 10. April 2002, Az: B 4 RA 10/02 R, SozR 3–8570 § 1 Nr. 5, S. 30). Der Begriff des Produktionsbetriebes erfasst nach der Rechtsprechung des BSG nur solche Betriebe, die Sachgüter im Hauptzweck industriell gefertigt haben. Der Betrieb muss auf die industrielle Fertigung, Fabrikation, Herstellung bzw. Produktion von Sachgütern ausgerichtet gewesen sein (BSG, Urteil vom 9. April 2002, Az: B 4 RA 41/01 R, SozR 3–8570 § 1 Nr. 6 S. 47; Urteil vom 27. Juli 2004, Az: B 4 RA 11/04 R, dokumentiert in juris). Im Bereich des Bauwesens erfasst der Begriff des Produktionsbetriebes nur solche Betriebe, deren Hauptzweck in der Massenproduktion von Bauwerken liegt, die dabei standardisierte Produkte massenhaft ausstoßen und eine komplette Serienfertigung von gleichartigen Bauwerken zum Gegenstand haben (BSG, Urteil vom 8. Juni 2004, Az: B 4 RA 57/03 R, SozR 4-8570 § 1 Nr. 3 S. 20 f.).
Der VEB Korrosionsschutz Eisleben hat weder überwiegend industriell Sachgüter gefertigt, noch hat er im Hauptzweck die Massenproduktion von Bauwerken betrieben. Die von dem Sozialgericht beigezogenen Unterlagen sind dabei, entgegen der Ansicht des Klägers, geeignet, den Hauptzweck des Betriebes zu bestimmen. Es kommt auch nicht darauf an, wie in der DDR der Produktionsbegriff verstanden worden ist, sondern darauf, wie das BSG diesen Begriff für den von ihm geschaffenen Tatbestand definiert hat.
Schon nach den Darstellungen der Korrosionsschutz GmbH Eisleben, dem Nachfolgebetrieb des VEB Korrosionsschutz Eisleben, hat es sich bei dem Beschäftigungsbetrieb des Klägers nicht um einen Produktionsbetrieb gehandelt. Dort wird nämlich der Betrieb als ein " Dienstleistungsunternehmen mit 40jähriger Tradition " beschrieben. Das BSG hat die Dienstleistungsbetriebe eindeutig von den Produktionsbetrieben unterschieden (BSG, Urteil vom 9. April 2002, Az: B 4 RA 41/01 R, SozR 3–8570 § 1 Nr. 6, Leisatz). Der Kläger selber hat vorgetragen, dass 65%, also deutlich mehr als die Hälfte der Beschäftigten, auf Montage an Bauwerken, bei der Fassadensanierung und bei Brückenkonstruktionen eingesetzt waren. Der Senat hat bereits entschieden, dass ein Betrieb, der im Schwerpunkt Montageleistungen erbracht hat, kein Produktionsbetrieb i. S. der Rechtsprechung des BSG war (Urteil vom 9. April 2008, L 1 R 34/05). Auch bei der Sanierung von Fassaden und der Mitwirkung bei Brückenkonstruktionen werden keine Sachgüter hergestellt. Ob möglicherweise in dem Beschäftigungsbetrieb serienmäßig Stahlkonstruktionen gefertigt worden sind, kann dahingestellt bleiben, da dies nach der vom Kläger mitgeteilten Beschäftigtenanzahl nicht den Hauptzweck des Betriebes ausgemacht haben kann.
Auch der Gegenstand des Nachfolgeunternehmens lässt nicht darauf schließen, dass der VEB Korrosionsschutz Eisleben im Hauptzweck seriell Sachgüter gefertigt hat. Danach war der Gegenstand des Unternehmens die Ausführung von Leistungen des passiven Korrosionsschutzes wie Oberflächenvorbehandlung, Anstrichstoffbeschichtung, Spezialbeschichtung, Spritzmetallisierung und Fassadenbeschichtung sowie die dazu gehörigen Gerüstbauleistungen sowohl unter stationären als auch unter Montagebedingungen. Außerdem wurden Leistungen der Stahl- und Blechverarbeitung in den Bereichen des Chemischen Apparatebaus, Behälterbaus, Rohrleitungsbaus sowie Stahlbaus erbracht und Serviceleistungen für Korrosionsschutzapplikationstechnik angeboten. Dies bestätigt zwar, dass möglicherweise auch Sachgüter hergestellt worden sind. Der Schluss, dass diese überwiegend und in Serie gefertigt worden sind, lässt sich hingegen nicht ziehen. Vielmehr drängt sich wegen der Nennung an zweiter Stelle auf, dass wie beim VEB Korrosionsschutz Eisleben der Stahlbau den anderen Bereichen nachgeordnet war.
Auch die Eintragung in der Systematik der Volkswirtschaftszweige der DDR in der Wirtschaftsgruppe 15559 spricht als Indiz dafür, dass es sich bei dem Betrieb nicht um einen Produktionsbetrieb im Sinne der Rechtsprechung des BSG gehandelt hat. Die Einordnung als Reparatur- und Montagebetrieb für Metallkonstruktionen deutet darauf hin, dass keine finalen Endprodukte gefertigt, sondern vielmehr Reparaturen durchgeführt wurden oder aber etwas montiert worden ist.
Der Betrieb hat auch selber keine Bauwerke errichtet, sondern hat vielmehr nur an Bauwerken Leistungen erbracht. Nach den Darstellungen in den Unterlagen des Betriebes und nach den Ausführungen des Klägers war der Betrieb gar nicht in der Lage, eigene Bauleistungen in Form von Rohbauten oder Ähnlichem zu erbringen. Deshalb ist der Betrieb auch kein Baubetrieb im Sinne der Rechtsprechung des BSG.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1, 2 SGG bestehen nicht.
Rechtskraft
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SAN
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