Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
22
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 17 R 1874/07 Berlin
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 22 R 8/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid vom 17. Dezember 2007 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungs-verfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten ein höheres Übergangsgeld ohne Anrechnung ihrer Verletztenrente.
Die 1955 geborene Klägerin war am 31. Mai 2001 aus ihrer Beschäftigung bei der D AG ausgeschieden und danach bis heute arbeitslos bzw. arbeitsunfähig gewesen. Lediglich vom 13. Juli 2004 bis zum 15. Mai 2005 war sie noch in einem Zeitungsladen mit Lottoannahmestelle beschäftigt gewesen.
Mit Bescheid vom 04. April 2006 gewährte die Beklagte der Klägerin eine berufliche Trainingsmaßnahme als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben. Nachdem die Beklagte vom ehemaligen Arbeitgeber der Klägerin, der D AG, eine Entgeltbescheinigung zur Berechnung von Übergangsgeld sowie Angaben zum tariflichen bzw. ortsüblichen Arbeitsentgelt eingeholt und die Verwaltungsberufsgenossenschaft den monatlichen Zahlbetrag der Rente der Klägerin wegen eines Arbeitsunfalls vom 09. November 1999 mitgeteilt hatte, bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 04. September 2006 für die Zeit ab 06. September 2006 für die vorgesehene Dauer der Maßnahme (halbes Jahr) ein kalendertägliches Übergangsgeld von 34,35 EUR. Dabei rechnete sie als Einkommen die Verletztenrente der Klägerin von 404,52 EUR monatlich abzüglich eines monatlichen Grundrentenbetrages von 78,67 EUR, im Ergebnis also einen kalendertäglichen Betrag von 10,86 EUR, für die vorgesehene Dauer der Maßnahme vom 06. September 2006 bis 05. März 2007 an.
Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch, den sie in der Folge im Wesentlichen damit begründete, dass ihre Unfallrente auf das Übergangsgeld angerechnet worden sei und bei der Berechnung nicht beachtet worden sei, dass die Klägerin 50 % schwerbehindert sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 08. Februar 2007 wies die Beklagte den Widerspruch zurück: Die vorgenommene Anrechnung der Rente wegen Berufsunfähigkeit (fälschlich für die Verletztenrente der Klägerin) nach § 52 Abs. 1 Nr. 4 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX) sei nicht zu beanstanden.
Gegen den bei dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 12. Februar 2007 eingegangenen Widerspruchsbescheid hat die Klägerin am 12. März 2007 Klage beim Sozialgericht Berlin (SG) erhoben und ihr Begehren auf höheres Übergangsgeld wegen fehlerhafter Berechnung des Einkommens der Klägerin, da bei dieser ein Betrag von 78,67 EUR an monatlicher Grundrente als Einkommen berücksichtigt worden sei, weiterverfolgt.
Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 04. September 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. Februar 2007 aufzuheben und der Klägerin ohne Anrechnung einer Grundrente in Höhe von 78,67 EUR ein höheres Übergangsgeld zu gewähren.
Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat im Wesentlichen nochmals auf ihre Berechnung im angegriffenen Bescheid und ihre dazu im Verwaltungsverfahren gegebenen Erläuterungen verwiesen.
Nach Anhörung der Beteiligten hat das SG durch Gerichtsbescheid vom 17. Dezember 2007 die Klage abgewiesen. Die zulässige Klage sei unbegründet. Im Einzelnen hat es ausgeführt:
"Die von der Beklagten vorgenommene Berechnung des Übergangsgeldes gemäß § 48 SGB IX beruht auf § 48 Satz 1 Nr. 3 SGB IX, da der letzte Tag des Bemessungszeitraums im Sinne des § 47 SGB IX bei Beginn der Leistung des Übergangsgeldes am 06. September 2006 bereits länger als drei Jahre zurücklag. Ferner war auf das zu ermittelnde Übergangsgeld die von der Verwaltungsberufsgenossenschaft bezogene Rente in Höhe des sich aus § 18 a Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) ergebenden Betrages anzurechnen. Nach § 52 Abs. 1 Nr. 4 SGB IX werden auf das Übergangsgeld u. a. eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung als Rehabilitationsträger nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 SGB IX Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder Verletztenrenten in Höhe des sich aus § 18 a Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB IV ergebenden Betrages angerechnet, wenn sich die Minderung der Erwerbsfähigkeit auf die Höhe der Berechnungsgrundlage für das Übergangsgeld nicht ausgewirkt hat.
Dies ist vorliegend der Fall. Bei der von der VBG bezogenen Rente im Sinne des § 56 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) handelt es sich um eine Verletztenrente in diesem Sinne (siehe Jabben in Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching, Beck’scher Onlinekommentar, § 52 Rdnr. 7).
Die Minderung der Erwerbsfähigkeit hat sich vorliegend auch nicht auf die Höhe des Übergangsgeldes ausgewirkt, das gemäß § 48 SGB IX fiktiv aus einem tariflichen Entgelt berechnet wurde, das die Klägerin ohne die Behinderung im letzten Kalendermonat vor Beginn der beruflichen Weiterbildung hätte erzielen können (siehe Majerski Pahlen, Sozialgesetzbuch IX, Kommentar, 11. Auflage 2005, § 52 Rdnr. 12).
Es war noch bezüglich der bei der Klägerin vorliegenden Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 v. H. in Anwendung von § 18 a Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGB IV i. V. m. § 31 Bundesversorgungsgesetz (BVG) in der bis zum 30. Juni 2007 geltenden Fassung von der Verletztenrente der Klägerin in Höhe von 404,52 EUR zwei Drittel des Betrags der in § 31 BVG festgelegten Mindestgrundrente von 118,00 EUR, mithin aufgerundet 78,67 EUR, in Abzug zu bringen.
Eine gesetzliche Grundlage, auf der bei der Höhe des Übergangsgeldes oder bei der Anrechnung der Verletztenrente ein Grad der Schwerbehinderung zu berücksichtigen wäre, ist nicht ersichtlich ..."
Gegen den den Beteiligten am 20. Dezember 2007 zugestellten Gerichtsbescheid ist am 02. Januar 2008 Berufung beim Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg eingelegt worden.
Die Klägerin ist der Meinung, dass die Anrechnung der Verletztenrente gegen den Grundsatz der Gleichberechtigung von Behinderten und Nichtbehinderten verstoße. Auch die mangelnde Berücksichtigung des Grades der Behinderung in Höhe von 50 % sei nicht mit dem verfassungsrechtlich verankerten Grundsatz des Sozialstaates zu vereinbaren.
Die Klägerin beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 17. Dezember 2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 04. September 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. Februar 2007 aufzuheben und der Klägerin ein Übergangsgeld ohne Anrechnung der Verletztenrente als Einkommen in Höhe von täglich 45,21 EUR zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Gerichts ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakte der Beklagten (Az.: ), die dem Senat bei seiner Entscheidung vorgelegen haben.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz SGG ) eingelegt worden. Sie ist nicht beschränkt, da der Wert des Beschwerdegegenstandes der Klage, die hier einen auf eine Geldleistung gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR übersteigt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG). Der Wert des Beschwerdegegenstandes liegt hier bei 1 954,80 EUR, errechnet aus dem Unterschiedsbetrag zwischen dem von der Klägerin im Berufungsverfahren geltend gemachten kalendertäglichen Übergangsgeld von 45,21 EUR und dem von der Beklagten gewährten in Höhe von 34,35 EUR (= 10,86 EUR), woraus sich ein um 325,80 EUR erhöhtes Übergangsgeld pro Monat ergibt (10,86 x 30 Kalendertage), also für den Zeitraum vom 06. September 2006 bis 05. März 2007 ein Betrag von 1 954,80 EUR (325,80 EUR x 6 Monate).
Die Berufung ist unbegründet.
Der Senat sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und verweist auf die Entscheidungsgründe des Gerichtsbescheides vom 17. Dezember 2007.
Soweit die Klägerin, die die rechnerische Richtigkeit der Übergangsgeldberechnung der Beklagten nicht angreift und für deren Unrichtigkeit auch nichts erkennbar ist, im Berufungsverfahren allein einen Verstoß gegen die Verfassung wegen der Anrechnung der Verletztenrente geltend macht, verweist der Senat auf die Parallele zu § 96 a Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI); § 96 a SGB VI ist, sofern danach die Anrechnung von Erwerbsersatzeinkommen auf eine Rente wegen Erwerbsminderung normiert wird - wie in § 52 Abs. 1 Nr. 4 SGB IX auch -, nicht verfassungswidrig. Die Anrechnung von Erwerbsersatzeinkommen (vgl. § 18 a Abs. 3 Nr. 4 SGB IV, auf den § 52 Abs. 1 Nr. 4 SGB IX Bezug nimmt) ist als solche nicht verfassungswidrig. Der aus § 52 SGB IX - ebenso wie aus § 96 a SGB VI - folgende "Übersicherungseinwand" – das Übergangsgeld als Entgeltersatzleistung soll die wirtschaftliche Sicherung des Rehabilitanden gewährleisten, soweit diese nicht anderweitig sichergestellt ist (Majerski-Pahlen, in Neumann/Pahlen/Majerski-Pahlen, SGB IX, 12. Auflage 2010, § 52 Rz. 3) – verstößt weder gegen Art. 14 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz (GG) noch gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Bezogen auf die Vorschrift des § 96 a Abs. 1 SGB VI hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in seiner Entscheidung vom 14. Juni 2007 (1 BvR 154/05, zitiert nach juris) hierzu ausgeführt:
"Die Einführung von Hinzuverdienstgrenzen für den Bezug von Erwerbsunfähigkeitsrenten verfolgt in einer dem Verhältnismäßigkeits-grundsatz entsprechenden Weise den legitimen Zweck, deren Lohnersatzfunktion zu stärken. Sie verhindern, dass durch den gleichzeitigen Bezug von Arbeitsentgelt und einer als Ersatz für Arbeitsentgelt konzipierten Erwerbsunfähigkeitsrente möglicherweise sogar ein höheres Einkommen erzielt wird als vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit. Die Regelungen bewirken einen angemessenen, insbesondere hinreichend differenzierten Ausgleich der infrage stehenden Interessen ..."
Die in § 18 a SGB IV getroffene Unterscheidung zwischen anzurechnenden und nicht anzurechnenden Arten von Einkommen verletzt ebenfalls den Gleichheitssatz nicht. Die Abgrenzung erfolgt nach sachgerechten Kriterien, wie das BVerfG in seiner Entscheidung vom 18. Februar 1998 (1 BvR 1318/85, 1 BvR 1484/86, zitiert nach juris) festgestellt hat.
Auch die Freibetragsregelungen des § 18 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB IV in der Fassung des Gesetzes zur Sicherung der nachhaltigen Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung vom 21. Juli 2004 (RV Nachhaltigkeitsgesetz), wonach der Betrag von der Anrechnung auszunehmen ist, der bei gleichem Grad der MdE als Grundrente nach § 31 i. V. m. § 84 a Satz 1 und 2 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) geleistet würde, ist verfassungsmäßig, wobei bei der Anrechnung einer Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung - im entschiedenen Fall des BSG auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, hier auf das Übergangsgeld - bei Anwendung des § 52 Abs. 1 Nr. 4 SGB IX i. V. m. § 18 a Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB IV für das Beitrittsgebiet ein besonderer - abgesenkter - Freibetrag ("Ost") – hier in Höhe von 78,67 EUR (S. 01 der Anlage des Bescheides vom 04. September 2006) – zu berücksichtigen ist (BSG, Urteil vom 13. November 2008, B 13 R 129/08 R, zitiert nach juris).
Soweit die Klägerin das spezielle Gleichheitsrecht des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG, wonach niemand wegen seiner Behinderung benachteiligt werden darf, verletzt sieht, ist schon nicht erkennbar, worin die behinderungsbezogene Ungleichbehandlung bei der Anwendung des § 52 Abs. 1 Nr. 4 SGB IX liegen soll, die zu einem Nachteil für den Behinderten führt. Soweit die Klägerin aufgrund ihrer Schwerbehinderung eine Bevorzugung in dem Sinne, dass ihre Verletztenrente auf das Übergangsgeld nicht angerechnet werden dürfte, für geboten hält, kann hierfür Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG nicht die Rechtsgrundlage sein. Abgesehen davon, dass nach der Rechtsprechung des BVerfG durchaus offen ist, ob aus Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG überhaupt originäre Leistungsansprüche erwachsen (vgl. zuletzt Kammerbeschluss vom 28. März 2000, 1 BvR 1460/99), hat der Gesetzgeber durch das SGB IX eine Vielzahl von Leistungen für behinderte Menschen zur Teilhabe am Arbeitleben normiert (Kapitel V des SGB IX). Bei der Umsetzung des Förderungsauftrages kommt dem Staat im Übrigen ein erheblicher Spielraum zu (Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 05. April 2006, 9 C 1/05, zitiert nach juris), der hier nicht überschritten ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, da die Voraussetzungen hierfür nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten ein höheres Übergangsgeld ohne Anrechnung ihrer Verletztenrente.
Die 1955 geborene Klägerin war am 31. Mai 2001 aus ihrer Beschäftigung bei der D AG ausgeschieden und danach bis heute arbeitslos bzw. arbeitsunfähig gewesen. Lediglich vom 13. Juli 2004 bis zum 15. Mai 2005 war sie noch in einem Zeitungsladen mit Lottoannahmestelle beschäftigt gewesen.
Mit Bescheid vom 04. April 2006 gewährte die Beklagte der Klägerin eine berufliche Trainingsmaßnahme als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben. Nachdem die Beklagte vom ehemaligen Arbeitgeber der Klägerin, der D AG, eine Entgeltbescheinigung zur Berechnung von Übergangsgeld sowie Angaben zum tariflichen bzw. ortsüblichen Arbeitsentgelt eingeholt und die Verwaltungsberufsgenossenschaft den monatlichen Zahlbetrag der Rente der Klägerin wegen eines Arbeitsunfalls vom 09. November 1999 mitgeteilt hatte, bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 04. September 2006 für die Zeit ab 06. September 2006 für die vorgesehene Dauer der Maßnahme (halbes Jahr) ein kalendertägliches Übergangsgeld von 34,35 EUR. Dabei rechnete sie als Einkommen die Verletztenrente der Klägerin von 404,52 EUR monatlich abzüglich eines monatlichen Grundrentenbetrages von 78,67 EUR, im Ergebnis also einen kalendertäglichen Betrag von 10,86 EUR, für die vorgesehene Dauer der Maßnahme vom 06. September 2006 bis 05. März 2007 an.
Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch, den sie in der Folge im Wesentlichen damit begründete, dass ihre Unfallrente auf das Übergangsgeld angerechnet worden sei und bei der Berechnung nicht beachtet worden sei, dass die Klägerin 50 % schwerbehindert sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 08. Februar 2007 wies die Beklagte den Widerspruch zurück: Die vorgenommene Anrechnung der Rente wegen Berufsunfähigkeit (fälschlich für die Verletztenrente der Klägerin) nach § 52 Abs. 1 Nr. 4 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX) sei nicht zu beanstanden.
Gegen den bei dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 12. Februar 2007 eingegangenen Widerspruchsbescheid hat die Klägerin am 12. März 2007 Klage beim Sozialgericht Berlin (SG) erhoben und ihr Begehren auf höheres Übergangsgeld wegen fehlerhafter Berechnung des Einkommens der Klägerin, da bei dieser ein Betrag von 78,67 EUR an monatlicher Grundrente als Einkommen berücksichtigt worden sei, weiterverfolgt.
Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 04. September 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. Februar 2007 aufzuheben und der Klägerin ohne Anrechnung einer Grundrente in Höhe von 78,67 EUR ein höheres Übergangsgeld zu gewähren.
Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat im Wesentlichen nochmals auf ihre Berechnung im angegriffenen Bescheid und ihre dazu im Verwaltungsverfahren gegebenen Erläuterungen verwiesen.
Nach Anhörung der Beteiligten hat das SG durch Gerichtsbescheid vom 17. Dezember 2007 die Klage abgewiesen. Die zulässige Klage sei unbegründet. Im Einzelnen hat es ausgeführt:
"Die von der Beklagten vorgenommene Berechnung des Übergangsgeldes gemäß § 48 SGB IX beruht auf § 48 Satz 1 Nr. 3 SGB IX, da der letzte Tag des Bemessungszeitraums im Sinne des § 47 SGB IX bei Beginn der Leistung des Übergangsgeldes am 06. September 2006 bereits länger als drei Jahre zurücklag. Ferner war auf das zu ermittelnde Übergangsgeld die von der Verwaltungsberufsgenossenschaft bezogene Rente in Höhe des sich aus § 18 a Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) ergebenden Betrages anzurechnen. Nach § 52 Abs. 1 Nr. 4 SGB IX werden auf das Übergangsgeld u. a. eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung als Rehabilitationsträger nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 SGB IX Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder Verletztenrenten in Höhe des sich aus § 18 a Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB IV ergebenden Betrages angerechnet, wenn sich die Minderung der Erwerbsfähigkeit auf die Höhe der Berechnungsgrundlage für das Übergangsgeld nicht ausgewirkt hat.
Dies ist vorliegend der Fall. Bei der von der VBG bezogenen Rente im Sinne des § 56 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) handelt es sich um eine Verletztenrente in diesem Sinne (siehe Jabben in Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching, Beck’scher Onlinekommentar, § 52 Rdnr. 7).
Die Minderung der Erwerbsfähigkeit hat sich vorliegend auch nicht auf die Höhe des Übergangsgeldes ausgewirkt, das gemäß § 48 SGB IX fiktiv aus einem tariflichen Entgelt berechnet wurde, das die Klägerin ohne die Behinderung im letzten Kalendermonat vor Beginn der beruflichen Weiterbildung hätte erzielen können (siehe Majerski Pahlen, Sozialgesetzbuch IX, Kommentar, 11. Auflage 2005, § 52 Rdnr. 12).
Es war noch bezüglich der bei der Klägerin vorliegenden Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 v. H. in Anwendung von § 18 a Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGB IV i. V. m. § 31 Bundesversorgungsgesetz (BVG) in der bis zum 30. Juni 2007 geltenden Fassung von der Verletztenrente der Klägerin in Höhe von 404,52 EUR zwei Drittel des Betrags der in § 31 BVG festgelegten Mindestgrundrente von 118,00 EUR, mithin aufgerundet 78,67 EUR, in Abzug zu bringen.
Eine gesetzliche Grundlage, auf der bei der Höhe des Übergangsgeldes oder bei der Anrechnung der Verletztenrente ein Grad der Schwerbehinderung zu berücksichtigen wäre, ist nicht ersichtlich ..."
Gegen den den Beteiligten am 20. Dezember 2007 zugestellten Gerichtsbescheid ist am 02. Januar 2008 Berufung beim Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg eingelegt worden.
Die Klägerin ist der Meinung, dass die Anrechnung der Verletztenrente gegen den Grundsatz der Gleichberechtigung von Behinderten und Nichtbehinderten verstoße. Auch die mangelnde Berücksichtigung des Grades der Behinderung in Höhe von 50 % sei nicht mit dem verfassungsrechtlich verankerten Grundsatz des Sozialstaates zu vereinbaren.
Die Klägerin beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 17. Dezember 2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 04. September 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. Februar 2007 aufzuheben und der Klägerin ein Übergangsgeld ohne Anrechnung der Verletztenrente als Einkommen in Höhe von täglich 45,21 EUR zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Gerichts ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakte der Beklagten (Az.: ), die dem Senat bei seiner Entscheidung vorgelegen haben.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz SGG ) eingelegt worden. Sie ist nicht beschränkt, da der Wert des Beschwerdegegenstandes der Klage, die hier einen auf eine Geldleistung gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR übersteigt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG). Der Wert des Beschwerdegegenstandes liegt hier bei 1 954,80 EUR, errechnet aus dem Unterschiedsbetrag zwischen dem von der Klägerin im Berufungsverfahren geltend gemachten kalendertäglichen Übergangsgeld von 45,21 EUR und dem von der Beklagten gewährten in Höhe von 34,35 EUR (= 10,86 EUR), woraus sich ein um 325,80 EUR erhöhtes Übergangsgeld pro Monat ergibt (10,86 x 30 Kalendertage), also für den Zeitraum vom 06. September 2006 bis 05. März 2007 ein Betrag von 1 954,80 EUR (325,80 EUR x 6 Monate).
Die Berufung ist unbegründet.
Der Senat sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und verweist auf die Entscheidungsgründe des Gerichtsbescheides vom 17. Dezember 2007.
Soweit die Klägerin, die die rechnerische Richtigkeit der Übergangsgeldberechnung der Beklagten nicht angreift und für deren Unrichtigkeit auch nichts erkennbar ist, im Berufungsverfahren allein einen Verstoß gegen die Verfassung wegen der Anrechnung der Verletztenrente geltend macht, verweist der Senat auf die Parallele zu § 96 a Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI); § 96 a SGB VI ist, sofern danach die Anrechnung von Erwerbsersatzeinkommen auf eine Rente wegen Erwerbsminderung normiert wird - wie in § 52 Abs. 1 Nr. 4 SGB IX auch -, nicht verfassungswidrig. Die Anrechnung von Erwerbsersatzeinkommen (vgl. § 18 a Abs. 3 Nr. 4 SGB IV, auf den § 52 Abs. 1 Nr. 4 SGB IX Bezug nimmt) ist als solche nicht verfassungswidrig. Der aus § 52 SGB IX - ebenso wie aus § 96 a SGB VI - folgende "Übersicherungseinwand" – das Übergangsgeld als Entgeltersatzleistung soll die wirtschaftliche Sicherung des Rehabilitanden gewährleisten, soweit diese nicht anderweitig sichergestellt ist (Majerski-Pahlen, in Neumann/Pahlen/Majerski-Pahlen, SGB IX, 12. Auflage 2010, § 52 Rz. 3) – verstößt weder gegen Art. 14 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz (GG) noch gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Bezogen auf die Vorschrift des § 96 a Abs. 1 SGB VI hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in seiner Entscheidung vom 14. Juni 2007 (1 BvR 154/05, zitiert nach juris) hierzu ausgeführt:
"Die Einführung von Hinzuverdienstgrenzen für den Bezug von Erwerbsunfähigkeitsrenten verfolgt in einer dem Verhältnismäßigkeits-grundsatz entsprechenden Weise den legitimen Zweck, deren Lohnersatzfunktion zu stärken. Sie verhindern, dass durch den gleichzeitigen Bezug von Arbeitsentgelt und einer als Ersatz für Arbeitsentgelt konzipierten Erwerbsunfähigkeitsrente möglicherweise sogar ein höheres Einkommen erzielt wird als vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit. Die Regelungen bewirken einen angemessenen, insbesondere hinreichend differenzierten Ausgleich der infrage stehenden Interessen ..."
Die in § 18 a SGB IV getroffene Unterscheidung zwischen anzurechnenden und nicht anzurechnenden Arten von Einkommen verletzt ebenfalls den Gleichheitssatz nicht. Die Abgrenzung erfolgt nach sachgerechten Kriterien, wie das BVerfG in seiner Entscheidung vom 18. Februar 1998 (1 BvR 1318/85, 1 BvR 1484/86, zitiert nach juris) festgestellt hat.
Auch die Freibetragsregelungen des § 18 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB IV in der Fassung des Gesetzes zur Sicherung der nachhaltigen Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung vom 21. Juli 2004 (RV Nachhaltigkeitsgesetz), wonach der Betrag von der Anrechnung auszunehmen ist, der bei gleichem Grad der MdE als Grundrente nach § 31 i. V. m. § 84 a Satz 1 und 2 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) geleistet würde, ist verfassungsmäßig, wobei bei der Anrechnung einer Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung - im entschiedenen Fall des BSG auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, hier auf das Übergangsgeld - bei Anwendung des § 52 Abs. 1 Nr. 4 SGB IX i. V. m. § 18 a Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB IV für das Beitrittsgebiet ein besonderer - abgesenkter - Freibetrag ("Ost") – hier in Höhe von 78,67 EUR (S. 01 der Anlage des Bescheides vom 04. September 2006) – zu berücksichtigen ist (BSG, Urteil vom 13. November 2008, B 13 R 129/08 R, zitiert nach juris).
Soweit die Klägerin das spezielle Gleichheitsrecht des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG, wonach niemand wegen seiner Behinderung benachteiligt werden darf, verletzt sieht, ist schon nicht erkennbar, worin die behinderungsbezogene Ungleichbehandlung bei der Anwendung des § 52 Abs. 1 Nr. 4 SGB IX liegen soll, die zu einem Nachteil für den Behinderten führt. Soweit die Klägerin aufgrund ihrer Schwerbehinderung eine Bevorzugung in dem Sinne, dass ihre Verletztenrente auf das Übergangsgeld nicht angerechnet werden dürfte, für geboten hält, kann hierfür Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG nicht die Rechtsgrundlage sein. Abgesehen davon, dass nach der Rechtsprechung des BVerfG durchaus offen ist, ob aus Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG überhaupt originäre Leistungsansprüche erwachsen (vgl. zuletzt Kammerbeschluss vom 28. März 2000, 1 BvR 1460/99), hat der Gesetzgeber durch das SGB IX eine Vielzahl von Leistungen für behinderte Menschen zur Teilhabe am Arbeitleben normiert (Kapitel V des SGB IX). Bei der Umsetzung des Förderungsauftrages kommt dem Staat im Übrigen ein erheblicher Spielraum zu (Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 05. April 2006, 9 C 1/05, zitiert nach juris), der hier nicht überschritten ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, da die Voraussetzungen hierfür nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
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