L 4 KR 48/05

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 1 KR 313/04
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 4 KR 48/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 18. April 2005 wird aufgehoben und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin für die teilstationäre Behandlung des Versicherten M. vom 5. bis 18. November 2002 1.590.80 EUR nebst 4 % Zinsen seit 23. Juni 2003 zu zahlen.

Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird auf 1.590,80 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Umstritten ist der Vergütungsanspruch aus einer teilstationären Krankenhausbehandlung.

Die Klägerin ist Trägerin des Klinikums B. (im Folgenden: Krankenhaus), das in den Krankenhausplan des Landes Sachsen-Anhalt aufgenommen ist. Der 1958 geborene und bei der Beklagten versicherte M. (im Folgenden: Versicherte) wurde auf Grund der Einweisung des praktischen Arztes Dr. K. vom 21. Oktober 2002 als Notfall wegen eines akuten Alkoholabusus vollstationär im Krankenhaus aufgenommen. Hieran schloss sich in der in der Zeit vom 5. bis 18. November 2002 eine teilstationäre Behandlung an, deren Vergütung zwischen den Beteiligten streitig ist. Im Kostenübernahmeantrag vom 23. Oktober 2002 gab das Krankenhaus als voraussichtlichen Entlassungstermin des Versicherten den 4. November 2002 an. Am 1. November 2002 beantragten die Ärzte des Krankenhauses für den Versicherten u.a. eine Entwöhnungsbehandlung und die Vorbereitung auf eine teilstationäre Belastungserprobung. Dr. B. beschrieb die bisherigen Maßnahmen des Krankenhauses und diagnostizierte beim Versicherten u.a. ein Alkoholentzugssyndrom bei Alkoholabhängigkeit nach Alkoholintoxikation, einen Diabetes mellitus, eine Adipositas, eine Leberzirrhose und einen Zustand nach Pankreatitis.

Die Beklagte beauftragte den Gutachter des Medizinischen Dienstes der Krankenkasse (MDK) und Facharzt für Innere Medizin H. Drake mit der medizinischen Prüfung. Dieser sprach sich am 13. November handschriftlich für eine Verlängerung bis 1. November, jedoch "max. 2.12.02" (gemeint: 2. November 2002) aus. Außerdem vermerkte er "sekundär fehlbelegt" und wies auf die Möglichkeit ambulanter Kontrollen hin (Bl. 7 d. VA). Am 15. November 2002 erhielt die Beklagte den Kostenübernahmeantrag für eine teilstationäre Krankenhausbehandlung des Versicherten vom 5. bis voraussichtlich 20. November 2002. Ferner beantragte der Chefarzt der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie des Krankenhauses Privatdozent (PD) Dr. B. am 29. November 2002 eine Alkoholentwöhnungsbehandlung. Nach der Entlassungsanzeige des Krankenhauses vom 19. November 2002 hatte der Versicherte am 18. November 2002 die teilstationäre Behandlung mit der Diagnose einer psychischen Störung durch Alkohol sowie eines Alkoholsyndroms verlassen. Ab 2. Dezember musste er im Krankenhaus nochmals wegen eines akuten Alkoholabusus vollstationär bis zum 7. Dezember 2002 behandelt werden. Zwischen den Beteiligten bestand eine Pflegesatzvereinbarung für das Jahr 2002, deren § 9 folgende Zahlungsbestimmung enthielt:

"Der Rechnungsbetrag ist spätestens am 21. Kalendertag nach Eingang der Rechnung fällig. Die Fälligkeit tritt am 28. Kalendertag unter Berücksichtigung eines Post- und Banklaufweges von 7 Tagen ab Rechnungsdatum ein. Nach Mahnung können bei Überschreitung des Fälligkeitstermins Verzugszinsen in Höhe von 4 % p.a. erhoben werden. Die Rechnungen sind kontinuierlich und vollständig mit den Daten nach § 301 SGB V zu legen."

Die Beklagte beauftragte den MDK Niedersachsen mit einem Sozialmedizinischen Gutachten vom 19. Dezember 2002. Der bzw. die Gutachter/in H. wertete dabei den vom MDK angeforderten Entlassungsbericht des Krankenhauses aus und gab an: Nach einem Bericht vom 9. Dezember 2002 (nicht in der Verwaltungsakte enthalten) habe die teilstationäre tagesklinische Behandlung vom 5. bis 18. November 2002 den Merkmalen einer ambulanten Entwöhnungsbehandlung entsprochen. Am 5. November sei die Entgiftung abgeschlossen gewesen. Die gesetzliche Krankenversicherung sei für diese Behandlung unzuständig. Vielmehr sei in diesem Fall der zuständige Rentenversicherungsträger der richtige Kostenträger. Eine Kostenübernahme sei daher aus medizinischen Gründen nicht geboten. Daraufhin lehnte die Beklagte am 23. Dezember 2002 die Kostenübernahme unter Hinweis auf diese Stellungnahme ab. Das Krankenhaus stellte der Beklagten mit Teilrechnung vom 17. November 2003 1.590,80 EUR für die teilstationäre Behandlung vom 5. bis 18. November 2002 in Rechnung. Mit Schreiben vom 28. Januar 2003 wandte es sich gegen die Ablehnung der Kostenübernahme und bat um eine nähere Erläuterung. Daraufhin übersandte die Beklagte das sozialmedizinische Gutachten. Mit weiterem Schreiben vom 27. Januar 2003 legte das Krankenhaus dagegen "Widerspruch" ein. Unter dem 25. Februar 2003 lehnte U. H. (MDK) eine nochmalige Überprüfung seiner bisherigen Bewertung ab, da neue Erkenntnisse oder Fakten fehlten. Mit weiterem Schreiben vom 26. Februar 2003 hielt die Beklagte gegenüber dem Krankenhaus an der bisherigen Ablehnung des Kostenantrages für eine teilstationäre Krankenhausbehandlung fest. Auf eine Erinnerung des Krankenhauses vom 17. April 2003 erfolgte von Seiten der Beklagten keine weitere Reaktion.

Mit der am 23. Juni 2003 beim Sozialgericht Magdeburg erhobenen Klage hat die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 1.590,80 EUR nebst Zinsen begehrt und geltend gemacht: Nach ordnungsgemäßer Rechnungslegung vom 17. Januar 2003 sei die Beklagte gemäß § 9 Pflegesatzvereinbarung zur Zahlung der Rechnung verpflichtet. Soweit sie den Rentenversicherungsträger für leistungspflichtig halte, bleibe es ihr unbenommen, einen entsprechenden Kostenerstattungsanspruch geltend zu machen. Zur Bekräftigung ihres Sachvortrages hat die Klägerin eine Stellungnahme von PD Dr. B. vom 24. November 2003 vorgelegt, der ausgeführt hat: In der Psychiatrie und Psychotherapie bestehe bei der Suchtkrankenbehandlung eine breite Überlappung zwischen Behandlung und Rehabilitation. Eine methodische Trennung sei daher nicht möglich. Aus der Psychiatriepersonalverordnung ergebe sich, dass eine rehabilitative Behandlung zu den Aufgaben des Krankenhauses gehöre und durchgeführt werden müsse. Hier habe das Krankenhaus im Übrigen auch die kostengünstigere teilstationäre Behandlungsform gewählt.

Die Beklagte hat entgegnet, es bestehe für sie keine unmittelbare Zahlungsverpflichtung. Es werde angeregt, die Prüfung der Krankenhausakte nachzuholen. Auf die Vereinbarung über die Zusammenarbeit der Krankenkassen und Rentenversicherungsträger bei der Akutbehandlung (Entzugsbehandlung) und medizinischen Rehabilitation (Entwöhnungsbehandlung) Abhängigkeitskranker werde Bezug genommen. Hiernach findet sich in § 5 Abs. 1 folgende Vereinbarung:

Für die Bewilligung der Entwöhnungsbehandlung (§ 3) ist zuständig

1. der Rentenversicherungsträger, wenn die persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nach §§ 9 bis 11 SGB VI (§§ 7 und 8 ALG) erfüllt sind und kein gesetzlicher Ausschlusstatbestand gegeben ist,

2. die Krankenkasse, wenn die Voraussetzungen nach Nr. 1 nicht vorliegen, jedoch die Voraussetzungen der §§ 27 und 40 SGB V erfüllt sind.

Mit Beschluss vom 11. Mai 2004 hat sich das Sozialgericht Magdeburg für örtlich unzuständig erklärt und das Verfahren an das Sozialgericht Halle verwiesen. Das Sozialgericht Halle hat die Beteiligten über eine fehlende Schweigepflichtentbindungserklärung des Versicherten informiert. Es werde daher eine Auswertung der Patientenakte des Versicherten durch den MDK angeregt. In einem am 9. November 2004 eingegangenen Schreiben hat die Beklagte gegenüber dem Sozialgericht Halle beantragt, die komplette Krankenhausakte vom MDK Braunschweig auswerten zu lassen. Dem hat die Klägerin mit Schreiben vom 13. Dezember 2004 unter Hinweis auf verfahrensrechtliche Gesichtspunkte und die bisherige Verfahrensdauer widersprochen und um einen rechtlichen Hinweis gebeten, falls dieser Rechtsauffassung nicht gefolgt werde. Hierzu hat sich das Sozialgericht Halle nicht geäußert.

Die Beklagte hat im Schreiben vom 22. Februar 2005 (erneut) Einsicht in die Krankenunterlagen begehrt und angegeben, es gehe im vorliegenden Fall zentral um die Abgrenzung zwischen einer stationären Krankenhausbehandlung und einer Rehabilitationsbehandlung. Dies begründe die Zuständigkeit des Rentenversicherungsträgers.

In der mündlichen Verhandlung vom 18. April 2005 hat die Klägerin einen Entlassungsbericht von PD Dr. B. vom 9. Dezember 2002 an den behandelnden Hausarzt des Versicherten vorgelegt. Darin wird angegeben: Der stark übergewichtige (134,8 kg bei 173 cm Körperlänge) Versicherte habe seit ca. zehn Jahren ein problematisches Trinkverhalten. 1996 habe er sich einer Entgiftungsbehandlung unterzogen. Nach einer Phase des kontrollierten Trinkens komme es seit einem halben Jahr zu stärkeren Alkoholrückfällen. Der Versicherte habe zeitweise eine Flasche Schnaps und zehn Flaschen Bier am Tag getrunken. Bei seiner Notfallaufnahme sei ein Atemalkoholgehalt von 2,38 Promille gemessen worden. An seiner letzten Arbeitsstelle sei ihm noch in der Probezeit wegen Alkohol am Arbeitsplatz fristlos gekündigt worden. Nach einer langsamen körperlichen Stabilisierung sei der krankheitseinsichtige und abstinenzmotivierte Versicherte am achten Behandlungstag in das suchtspezifische Behandlungsprogramm integriert worden. Konkrete Vorstellungen von Therapie- und Suchthilfemöglichkeiten bestünden bei ihm nicht. Er sei sehr angepasst und devot. Seine Fähigkeiten zur Selbstreflexion seien eingeschränkt und ihm fehle auch die Fähigkeit, die eigenen Gedanken und Gefühle gegenüber Dritten zu äußern. Er habe die Fortsetzung der Therapie im teilstationären Bereich zur Belastungserprobung gewünscht und dabei ein euphorisches und optimistisches Zukunftsbild beschrieben. Zukünftig plane er den Besuch einer Selbsthilfegruppe. Am 2. Dezember 2002 sei er nochmals im Rahmen einer Krisenintervention mit 1,58 Promille Atemalkohol als Notfall in das Krankenhaus aufgenommen worden. Grund sei ein schwerer Verkehrsunfall seiner Cousine gewesen, in dessen Folge es bei ihm zu einem Alkoholrückfall, einer Trunkenheitsfahrt und zu einer Entziehung der Fahrerlaubnis gekommen sei. Wegen des langjährigen Verlaufs ohne die Inanspruchnahme ambulanter oder stationärer Suchthilfemöglichkeiten und des sofortigen Rückfalls nach der ersten suchtspezifischen Behandlung sei beim Versicherten von einer unzureichenden Frustrationstoleranz und einer fehlenden Abstinenzstrategie auszugehen. Die Kontrolle im häuslichen Milieu sei daher nicht als verlässlich anzusehen. Der Verlust des Führerscheins weise auf einen Verlust von sozialer Integrität hin. Eine psychotherapeutische Behandlung sei dringend geboten.

Mit Urteil vom gleichen Tage hat das Sozialgericht Halle die Klage abgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt: Es bestehe kein Vergütungsanspruch für die durchgeführte teilstationäre Behandlung. Ein auffälliger psycho-pathologischer Befund werde von den behandelnden Krankenhausärzten nicht angegeben. Auch werde der Versicherte als krankheitseinsichtig und abstinenzmotiviert geschildert. Weitere Gesundheitsstörungen, die eine teilstationäre Behandlung hätten rechtfertigen können, seien nicht erkennbar. Auch sei der Rentenversicherungsträger im vorliegenden Fall der richtige Kostenträger.

Die Klägerin hat gegen das ihr am 15. Juni 2005 zugestellte Urteil rechtzeitig am 8. Juli 2005 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt. Sie trägt vor: Wegen der langjährigen Alkoholabhängigkeit und dem schnellen Rückfall des Versicherten sei die tagesklinische Behandlung notwendig gewesen. Bei Alkoholerkrankungen sei die Phase zwischen Entgiftung und psychotherapeutischer Behandlung zur Beseitigung der "süchtigen Fehlhaltung" besonders kritisch zu sehen. Die Einschätzung der behandelnden Krankenhausärzte, zur Abwehr eines möglichen Rückfalls eine tagesklinische Behandlung vorzunehmen, sei nachvollziehbar und richtig. Der Beklagten seien zudem schwere Verstöße gegen das Prüfverfahren vorzuwerfen. Schließlich habe sich der MDK mit dem Entlassungsbericht des Krankenhauses zufrieden gegeben und die Patientenakte nicht angefordert. Nach Abschluss des Prüfverfahrens des MDK sei die Beklagte zur unbedingten Zahlung verpflichtet. Den ihr möglichen Weg einer Aufrechnung mit einem Rückforderungsanspruch habe sie nicht gewählt. Zudem sei allein der MDK zur Einsicht in die Patientenakte befugt.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 18. April 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an sie für die teilstationäre Behandlung des Versicherten M. vom 5. bis 18. November 2002 1.590,80 EUR nebst 4 % Zinsen ab dem 23. Juni 2003 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung der Vorinstanz für zutreffend.

Nach einem Wechsel der Berichterstattung ist die Klägerin aufgefordert worden, die Patientenakte zu übersenden. Mit Schriftsatz vom 22. Juni 2007 hat sie dem widersprochen und eine Auswertung der Patientenakte wegen des langen Zeitablaufs und der fehlenden substantiierten Einwände der Beklagten für nicht erforderlich angesehen. Dem Schreiben war eine Kopie der Patientenakte als Anlage beigefügt.

Am 5. Februar 2008 hat die Beklagte um Zusendung der Patientenakte gebeten. Das Gericht hat die Patientenunterlagen im verschlossenen Umschlag an die Beklagte versandt, die sie an den MDK weitergeleitet hat. Der MDK-Gutachter Dr. W. hat unter dem 2. April 2008 die Unterlagen ausgewertet und folgende Einschätzung abgegeben: Hinweise auf körperliche oder psychische Dekompensationen fänden sich in den Unterlagen nicht. Eine ärztliche Intervention in der streitigen Zeitspanne sei daher nicht belegt. Die Blutdruckkontrollen, Laborkontrollen, Gewichtskontrollen hätten auch ambulant vorgenommen werden können. Dies gelte auch für die durchgeführten therapeutischen Maßnahmen.

Die Klägerin ist dem MDK-Gutachten entgegen getreten und hat eine weitere Stellungnahme von PD Dr. B. vom 23. Juni 2008 vorgelegt: Es sei nicht richtig, eine teilstationäre Krankenhausbehandlung nur dann für notwendig zu erklären, wenn die Umstellung einer Medikation oder eine ärztliche oder psychologische Krisenintervention zu erfolgen habe. Die Notwendigkeit der Behandlung dürfe nicht im Nachhinein nach dem jeweiligen Verlauf bewertet werden, sondern sei aus einer ex ante Sicht zu beurteilen. Zum Zeitpunkt der Behandlung sei der Verlauf der Therapie gerade nicht bekannt und könne auch nicht zuverlässig vorhergesagt werden. Die Indikation für eine tagesklinische Behandlung ergebe sich aus der Psychiatrie-Personalverordnung. Hierbei sei insbesondere die Position "S 6 Tagesklinische Behandlung" zu beachten. Den behandelnden Krankenhausärzten sei es um die Sicherung der Abstinenz des Versicherten gegangen und damit um die Befähigung zu einer weiterführenden ambulanten Behandlung. Hierzu seien insbesondere auch die täglichen Kontrollen der Alkoholabstinenz bedeutsam, die vom MDK-Gutachter nicht einmal erwähnt worden seien. Der pauschale Hinweis auf ambulante Kontrollmöglichkeiten sei unzutreffend. In der Region seien zu dieser Zeit nur Suchtberatungsstellen, Selbsthilfegruppen, der sozialpsychiatrische Dienst, der Hausarzt und eine Tagesstätte für seelisch behinderte Menschen zugänglich gewesen. Eine Fortsetzung der Behandlung im Anschluss an die stationäre Krankenhausbehandlung habe nur unter den Bedingungen einer kontrollierten Abstinenz erfolgen können und daher einer tagesklinischen Behandlung im Krankenhaus bedurft.

Auf gerichtliche Nachfrage hat die Klägerin am 4. November 2008 erklärt, ihr sei die Patientenakte vom MDK nicht zugesandt worden. Nach weiteren gerichtlichen Ermittlungen erklärte der MDK unter dem 6. Januar 2009, dass sich die Akte nicht mehr dort befinde und an den Auftraggeber zurückgeschickt worden sei. Am 20. Februar 2009 erklärte die Klägerin: Ihr liege die Original-Patientenakte nicht vor. Eine Rekonstruktion der Akte sei nicht möglich. Lediglich Teile der Patientenakte gelangten dann als Ablichtung zur Gerichtsakte.

Der Senat hat den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie/Psychotherapie Dipl.-Med. J. ein Sachverständigengutachten nach Aktenlage erstellen lassen. In seinem Gutachten vom 16. April 2010 hat dieser ausgeführt: Nach der ärztlichen Verlaufsdokumentation habe der Versicherte am 30. Oktober 2002 angegeben, es gehe ihm sehr gut und er wünsche eine 14-tägige Behandlung in einer Tagesklinik. Am 7. November 2002 habe er angegeben, es gehe ihm "bombig" und er habe Aussicht auf einen Job, am 8. November, er habe keine Angst vor Freiräumen und halte Gespräche in der Familie für möglich. Für den 11. November und 13. November 2002 sei vermerkt, der Versicherte mache sich Gedanken über seine Weiterbehandlung und sein bisheriges Leben und habe festgestellt, dass er früher nicht darüber habe reden können. Am 18. November 2002 habe er mitgeteilt, er wolle eine Suchtberatung aufsuchen. In den psychiatrischen Anordnungsblättern werde einmal erwähnt, er sei in einer Gruppenstunde völlig verschlossen gewesen und habe weder von sich erzählen noch von Dritten etwas erfahren wollen. Auch habe er sich trotz Aufforderung nicht an einer Patientensprecherwahl beteiligt. Nach Einschätzung des Sachverständigen habe es sich bei der tagesklinischen Entzugsbehandlung um eine Fortsetzung des akuten Entzuges zur Festigung der Abstinenz und Motivation und zur Vorbreitung der Entwöhnungsbehandlung gehandelt. Hierfür sprächen der zeitlich nahtlose Übergang sowie die stufenweise Abstinenzerprobung unter gelockerten Bedingungen. Dies habe einer gesprächstherapeutischen Vorbereitung zwischen Entlassung und weiterführender Entwöhnungstherapie gedient. Üblicherweise würden nur die ersten vierzehn Tage der Entzugsbehandlung von den Krankenkassen getragen. Danach werde – mit Ausnahme besonderes begründeter Einzelfälle – die Behandlung ambulant fortgesetzt und häufig durch den gesetzlichen Rentenversicherer getragen. Beim Versicherten seien Besonderheiten, wie z.B. ein Trinkdruck oder andere konkrete Umstände, die auf einen unmittelbar bevorstehenden Rückfall hingedeutet hätten, nicht erkennbar. Allerdings sei offensichtlich seine Behandlungsmotivation schwankend gewesen. Soziale Schwierigkeiten, rasche Frustrierbarkeit, schwankende Motivation sowie fehlende Bewältigungsstrategien seien in diesen Fällen jedoch eher die Regel als die Ausnahme. Inwieweit die von der Klägerin angeführte Psychiatrie-Personalverordnung eine Verpflichtung zur Kostentragung begründen könne, entziehe sich seiner Kenntnis. Bei langjährigen Suchtpatienten bestehe typischerweise ein Zeitproblem in der Behandlung, da Änderungsprozesse Zeit benötigten. Dies gelte gerade für die Entwicklung neuer Sichtweisen, den Aufbau eines zwischenmenschlichen Vertrauensverhältnisses sowie für die Schaffung einer notwendigen Motivationsgrundlage. Nach der Leitlinie der Arbeitsgemeinschaft der wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften (u.a. Deutsche Gesellschaft für Suchtforschung und Suchttherapie e.V., Deutsche Gesellschaft für Psychotherapie, Psychotherapie und Nervenheilkunde e.V.) werde bei alkoholbezogenen Störungen zwischen der Akutbehandlung und der Postakutbehandlung unterschieden. Nach den Maßnahmen der Entgiftung habe sich regelmäßig eine qualifizierte Entzugsbehandlung anzuschließen. Diese habe das Ziel beim Patienten eine Krankheitseinsicht zu erreichen, erste Techniken im Umgang mit der Abhängigkeitserkrankung zu vermitteln und in eine Entwöhnungs- und dauerhafte Abstinenzphase zu führen. Nach den Leitlinien sei eine Behandlungsdauer von drei bis vier Wochen für eine qualifizierte Entzugsbehandlung als besonders wirksam und kosteneffizient nachgewiesen. Eine ambulante oder teilstationäre Behandlung sei bei einem ausreichend stabilen sozialen Umfeld zu empfehlen. Die teilstationäre Rehabilitation sei in Deutschland noch nicht flächendeckend vorhanden, jedoch sei ihre Effektivität bereits nachgewiesen. Die tagesklinische suchtspezifische Behandlung entspreche zwar nicht den geltenden Bestimmungen und Regelungen und werde von den Krankenkassen auch nur einzelfallbezogen bezahlt. Aus medizinischer und psychotherapeutischer Sicht sei aber gerade diese Behandlung bei erstbehandelten Suchtpatienten wie dem Versicherten sinnvoll, da sie das Rückfallrisiko minimiere und die postakute Behandlung besser vorbereite. Nach den Leitlinien sei die qualifizierte Entzugsbehandlung als Regelbehandlung nach einem Alkoholentzug anzusehen.

Die Klägerin hat sich den Ausführungen des Gutachters zumindest teilweise angeschlossen. Zur Bekräftigung ihres Sachvortrages hat sie eine weitere Stellungnahme von PD Dr. B. vom 12. Juni 2010 vorgelegt. Hiernach sei in allein fünf Studien belegt, dass eine Alkoholsuchtbehandlung eine vollstationäre Behandlungsdauer von drei bis acht Wochen benötige. Die durchgeführte Behandlung des Versicherten bewege sich daher an der unteren zeitlichen Grenze. Der tagesklinische Ansatz ermögliche eine größere Alltagsnähe und erreiche einen besseren Transfer der neu erworbenen Strategien und Techniken des Suchtkranken. Gerade bei sozial noch integrierten Patienten, die über Bewältigungsressourcen verfügen oder bei Patienten mit einem protrahierten Entzugssyndrom (depressive Verstimmung) sei der rasche Übergang von der stationären Behandlung in den Lebensalltag mit einem hohen Rückfallrisiko verbunden. Der Versicherte habe in seiner Motivation deutlich geschwankt. Es habe Hinweise auf eine Selbstüberschätzung sowie auf eine Kritikschwäche und Zweifel am Sinn der Behandlung gegeben. Im Übrigen habe er bereits wenige Tage nach seiner Entlassung wieder stationär aufgenommen werden müssen. Die vorgenommene therapeutische Intervention habe daher nicht ausgereicht. Vielmehr habe beim Versicherten tatsächlich ein deutlich höheres Rückfallrisiko bestanden.

Die Beklagte ist dem mit Schreiben vom 12. Juli 2010 entgegengetreten und hat zur weiteren Ergänzung ihres Sachvortrages auf eine gutachterliche Stellungnahme von Dr. R. (MDK) vom 9. Juni 2010 Bezug genommen. Dieser wiederholte im Wesentlichen die Ausführungen der früheren MDK-Gutachter.

Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte sowie ein Teil der Patientenakte haben dem Senat vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte sowie der Patientenakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist nach §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 2 SGG statthaft, denn der Beschwerdewert von 500,- EUR wird überschritten. Sie ist auch form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 151 SGG) und damit zulässig.

Die Berufung ist auch begründet.

Die Klägerin macht den Anspruch auf Zahlung der Vergütung für erbrachte Krankenhausleistungen gegen die Beklagte zutreffend mit der (echten) Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 5 SGG geltend. Die Klage eines Krankenhausträgers wie der Klägerin auf Zahlung der Behandlungskosten eines Versicherten gegen eine Krankenkasse ist ein sog. Beteiligtenstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt, kein Vorverfahren durchzuführen und keine Klagefrist zu beachten ist (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 10. April 2008 – B 3 KR 19/05 R).

Die Klägerin hat ihren Zahlungsanspruch in der Rechnung vom 17. Januar 2003 konkret beziffert. Diesen hat die Beklagte nicht beglichen. Rechtsgrundlage des Vergütungsanspruchs ist § 109 Abs. 4 Satz 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) i.V.m. der Pflegesatzvereinbarung der Beteiligten für das Jahr 2002. Nähere vertragliche Regelungen i.S. von § 112 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 SGB V über die allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung sowie die Überprüfung ihrer Notwendigkeit und Dauer existieren gerichtsbekannt für Sachsen-Anhalt nicht und werden von den Beteiligten auch nicht behauptet.

Entgegen der Ansicht der Beklagten ist die streitige teilstationäre Krankenhausbehandlung nicht als medizinische Rehabilitation im Sinne des § 40 Abs. 1, 2 SGB V anzusehen. Eine vorrangige Zuständigkeit des Rentenversicherers nach § 40 Abs. 4 SGB V besteht nicht (im Folgenden 1.). Die vom BSG aufgestellten Grundsätze zur Erforderlichkeit einer vollstationären Krankenhausbehandlung sind sinngemäß auf die teilstationäre Behandlung zu übertragen, die ihrerseits gegenüber der noch kostengünstigeren ambulanten Behandlung abzugrenzen ist (im Folgenden 2.). Die Auswertung der unvollständigen Patientenakte bestätigt die medizinische Notwendigkeit der teilstationären Behandlung des Versicherten (im Folgenden 3.). Erhebliche Einwände gegen diesen Vergütungsanspruch wegen einer möglichen Verletzung von Mitwirkungspflichten durch die Klägerin stehen der Beklagten nicht zu (dazu im Folgenden 4.). 1. Die teilstationäre Behandlung des Krankenhauses im November 2002 kann nicht als Rehabilitationsleistung im Sinne des § 40 SGB V angesehen werden. Die Abgrenzung zwischen teilstationärer Krankenhausbehandlung und teilstationärer Rehabilitation ist im Wesentlichen nach der Art der Einrichtung, den Behandlungsmethoden und dem Hauptziel der Behandlung vorzunehmen (vgl. BSG, Urteil vom 20. Januar 2005 – B 3 KR 9/03 R sowie Urteil vom 10. April 2008 – B 3 KR 14/07 R, jeweils zitiert nach juris). Hier besteht nach der überzeugend begründeten Ansicht des gerichtlichen Sachverständigen kein Zweifel daran, dass es sich bei der teilstationären Krankenhausbehandlung um eine Fortsetzung des akuten Entzuges zur Festigung der Abstinenz, der Schaffung einer Motivationsgrundlage und zur Vorbereitung einer weiteren Entwöhnungsbehandlung gehandelt hat. Hierfür sprechen der zeitlich nahtlose Übergang sowie die stufenweise Abstinenzerprobung unter gelockerten Bedingungen, um eine weiterführende Entwöhnungstherapie vorzubereiten und einem zumindest latenten Rückfall des Versicherten entgegenzuwirken. Im Gegensatz zu einer Rehabilitationseinrichtung musste beim Versicherten die Behandlung mit jederzeit verfügbarem ärztlichem Pflege-, Funktions- und medizinisch/technischem Personal kontrolliert gesichert werden. Dies gilt insbesondere für die ständige Alkoholkontrolle sowie die Überprüfung der Reaktionen des Versicherten im Verlauf der therapeutischen Behandlung. Damit standen ärztliche und pflegerische Hilfeleistungen im Vordergrund. Es handelte sich mithin um eine teilstationäre Akutbehandlung. Auf die von der Beklagten vorgetragenen Vereinbarungen mit den Trägern der Rentenversicherung kann es daher nicht ankommen.

2. Der Vergütungsanspruch eines Krankenhauses für (teil-)stationäre Leistungen korrespondiert mit dem Behandlungsanspruch des Versicherten. Die Rechtsprechung des BSG zur Frage, wann eine vollstationäre Krankenhausbehandlung erforderlich ist, ist grundsätzlich auch auf die lediglich teilstationäre Krankenhausbehandlung übertragbar.

Das Gesetz regelt die Voraussetzungen des Anspruchs auf vollstationäre Krankenhausbehandlung in § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V. Danach muss die Aufnahme des Patienten in das Krankenhaus bzw. seine weitere vollstationäre Behandlung erforderlich sein, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- oder nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Nach dem Wortlaut dieser Regelung steht fest, dass der Aufenthalt im Krankenhaus einem Behandlungszweck dienen muss und die Krankenkasse nicht leistungspflichtig ist, wenn der Patient aktuell keiner stationären Behandlung (mehr) bedarf, sondern ggf. aus anderen Gründen, etwa wegen Hilflosigkeit oder Pflegebedürftigkeit im Krankenhaus behalten wird (Großer Senat des BSG, Beschluss vom 25. September 2007, GS 1/06, S. 8 des Umdrucks [Abs. 16]). Für teilstationäre Behandlungen – wie beim Versicherten – gilt dabei nichts grundlegend anderes. Dadurch, dass der Wortlaut des § 39 Abs. 1 SGB V auch die teilstationäre Behandlung ausdrücklich umfasst, kann die Ablehnung einer Übernahme von Kosten einer teilstationären Behandlung nur nach den gesetzlichen Voraussetzungen des § 39 SGB V erfolgen.

Der 6. Senat des BSG (Urteil vom 28. Januar 2009 – B 6 KA 61/07 R, zitiert nach juris) hat nochmals die gesetzgeberische Intention der Aufnahme einer teilstationären Behandlung in das SGB V verdeutlicht. Hiernach wurden die teilstationären Behandlungen im zum 1. 1. 1989 in Kraft getretenen SGB V wieder ausdrücklich erwähnt (so in § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V in der Fassung des Gesundheits-Reformgesetzes vom 20. 12. 1988, BGBl I S. 2477; ebenso in § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB V in der Fassung des Gesundheitsstrukturgesetzes vom 21. 12. 1992, BGBl I S. 2266). Gerade im psychiatrischen Bereich hatte sich in besonderem Maße ein Bedarf nach teilstationären Versorgungsformen (sowohl in Tages- als auch in Nachtkliniken) gezeigt. Die noch in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts für psychisch Kranke lediglich bestehende Alternative zwischen ambulanter und vollstationärer Versorgung hielt der Gesetzgeber für nicht mehr zeitgemäß. In den Fällen, in denen eine ambulante Versorgung nicht mehr ausreichte, konnte nur zwischen einer unzureichenden Versorgung oder evtl. einer nicht unbedingt erforderlichen "Vollhospitalisierung" gewählt werden. So gab (und gibt) es Fälle, in denen psychisch Kranke bei plötzlichen Krisen nicht bereit waren, die in Wohnortnähe niedergelassenen Psychiater oder Nervenärzte aufzusuchen und/oder bei denen eine nur punktuelle ambulante Versorgung medizinisch nicht ausreichte, andererseits aber eine vollstationäre Behandlung nicht erforderlich war. Weiterhin gab (und gibt) es Konstellationen, in denen eine vollstationäre Unterbringung bei ausreichendem Abklingen der akuten Krankheitssymptomatik nicht mehr unbedingt notwendig war, sondern in Form einer teilstationären Versorgung fortgesetzt werden konnte. Als Ziel wurde deshalb formuliert, es gelte eine unnötige Vollhospitalisierung zu vermeiden, aber eine ausreichende medizinische Versorgung anzubieten (dazu besonders deutlich die Psychiatrie-Enquête, a.a.O., S. 222; ebenso BT-Drucks 10/4533 S. 10 f; siehe auch, anknüpfend an die Psychiatrie-Enquête, BSG USK 9589 S. 488). Deshalb hat der Gesetzgeber nicht nur die Möglichkeiten ambulanter Behandlungen durch vollstationäre Einrichtungen, sondern auch Möglichkeiten teilstationärer Behandlungen und teilstationär behandelnder Tages- bzw. Nachtkliniken geschaffen (vgl. BSG a.a.O.). Der Begriff der erforderlichen Behandlung im Sinne der vollstationären Aufnahme eines Versicherten ist daher auch für die teilstationäre Behandlung anzuwenden. Die vom Großen Senat des BSG vorgenommen Bewertungen, wann eine vollstationäre Behandlung im Sinne des § 39 SGB V erforderlich ist, sind daher auf die teilstationäre Behandlung, die gegenüber der vollstationären Behandlung die weniger kostenträchtige darstellt, zu übertragen und gegenüber der noch kostengünstigeren ambulanten Behandlung unter Erforderlichkeitsgesichtspunkten abzugrenzen.

Ob eine voll- oder teilstationäre Krankenhausbehandlung aus medizinischen Gründen notwendig ist, hat das Gericht im Streitfall grundsätzlich uneingeschränkt zu überprüfen. Es hat dabei von dem im Behandlungszeitpunkt verfügbaren Wissens- und Kenntnisstand des verantwortlichen Krankenhausarztes auszugehen. Eine "Einschätzungsprärogative" kommt dem Krankenhausarzt nicht zu (Großer Senat des BSG, a. a. O., Leitsatz 2). Die Entscheidung darüber, ob dem Versicherten ein Anspruch auf Gewährung voll- oder teilstationärer Krankenhausbehandlung als Sachleistung zusteht und darin eingeschlossen die Entscheidung, ob eine voll- oder teilstationäre Behandlung aus medizinischen Gründen notwendig ist, obliegt nicht dem Krankenhaus, sondern der Krankenkasse, gegen die sich der Anspruch richtet (Großer Senat des BSG, a. a. O., Seite 11 des Umdrucks [Abs. 28]).

Sowohl in den Fällen, in denen der Versicherte vorab die Genehmigung einer gemäß § 73 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 i. V. mit Abs. 4 SGB V vertragsärztlich verordneten Krankenhausbehandlung beantragt, als auch dann, wenn zu einem späteren Zeitpunkt über die Verlängerung des Krankenhausaufenthalts zu befinden ist, hat die Krankenkasse vor ihrer Entscheidung die Erforderlichkeit der voll- oder teilstationären Behandlung eigenständig und ohne Bindung an die Beurteilung des zuständigen Krankenhausarztes zu prüfen. Nichts anderes gilt für das Gericht, das ggf. in einem nachfolgenden Rechtsstreit über den Behandlungsanspruch des Versicherten oder den Vergütungsanspruch des Krankenhauses zu entscheiden hat (Großer Senat des BSG, a. a. O., Seite 11 des Umdrucks [Abs. 28]).

Ob die Aufnahme ins Krankenhaus oder die Fortführung der stationären Behandlung oder der Übergang in die teilstationäre Behandlung über einen bestimmten Zeitpunkt hinaus nach objektiven Maßstäben medizinisch geboten war, lässt sich mit sachverständiger Hilfe auch rückschauend klären. Zu den praktischen Problemen, die bei der rückwirkenden Aufklärung der medizinischen Sachverhalte auftreten können, hat der Große Senat des BSG (a. a. O., Seite 13 des Umdrucks [Abs. 32]) ausgeführt: "Nicht in rechtlicher, wohl aber in tatsächlicher Hinsicht, also im Rahmen der Beweiswürdigung, wird allerdings in Grenz- oder Zweifelsfällen bei einer nachträglichen Prüfung der Beurteilung des behandelnden Arztes besonderes Gewicht zukommen können, weil sich die in der Vergangenheit liegende Behandlungssituation auch bei einer ordnungsgemäßen Dokumentation des Krankheitsgeschehens und des Behandlungsverlaufs unter Umständen nur begrenzt nachvollziehen lässt und der Krankenhausarzt im Zeitpunkt der Behandlung in Kenntnis des Patienten und aller für die medizinische Versorgung relevanten Umstände im Zweifel am ehesten einschätzen konnte, welche Maßnahmen medizinisch veranlasst waren. Das relativiert die Befürchtung, die Krankenkasse könne mit Hilfe eines vom MDK "am grünen Tisch" erstatteten Gutachtens jederzeit noch Wochen oder Monate nach Abschluss einer Behandlung deren Berechtigung in Zweifel ziehen oder ihre Leistungspflicht bestreiten".

In seinem grundlegenden Urteil vom 10. April 2008 – B 3 KR 19/05 R hat der 3. Senat des BSG diese Entscheidung des Großen Senats bestätigt und in seiner praktischen Konsequenz für die Tatsachengerichte verdeutlicht. Hiernach ist die Beurteilung der Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit durch den verantwortlichen Krankenhausarzt im Abrechnungsstreit zwischen Krankenhaus und Krankenkasse immer daraufhin zu überprüfen, ob nach den objektiven medizinischen Befunden und wissenschaftlichen Erkenntnissen zum Zeitpunkt der Behandlung und dem damals verfügbaren Wissens- und Kenntnisstand des Krankenhausarztes - ex ante - eine Krankenhausbehandlung erforderlich war, seine Beurteilung also den medizinischen Richtlinien, Leitlinien und Standards entsprach und nicht im Widerspruch zur allgemeinen oder besonderen ärztlichen Erfahrung stand (BSG, Urteil vom 10. April 2008 – B 3 KR 19/05 R, a.a.O., RdNr. 41, zitiert nach juris).

Entscheidend ist danach immer das medizinische Erfordernis im Einzelfall; Maßstab kann nicht ein "objektiver Patient" und dessen abstrakte Krankheitsgeschichte sein. Eine Krankenbehandlung, die nicht der besonderen Mittel eines Krankenhauses bedarf, ist grundsätzlich ambulant durchzuführen; insbesondere die vollstationäre Krankenhausbehandlung ist nachrangig gegenüber allen anderen Arten der Krankenbehandlung (vgl. § 39 Abs 1 Satz 2 SGB V "weil ... nicht"). Ob die notwendige medizinische Versorgung nur mit den besonderen Mitteln eines Krankenhauses durchgeführt werden kann, ist immer an Hand der Umstände des konkreten Einzelfalles zu beurteilen; es kommt auf die Art und Schwere der Krankheit im Einzelfall an und ob dafür die medizinische Versorgung eines Versicherten gerade im Krankenhaus notwendig ist. Schon der 1. Senat des BSG hat im Urteil vom 4. April 2006 (BSGE 96, 161, 169) darauf hingewiesen, dass für die ärztliche Entscheidung, Behandlungsverfahren ambulant oder stationär durchzuführen, vor allem Risikoabwägungen ausschlaggebend sind. Dabei kommt es insbesondere auf den Gesundheitszustand des Versicherten an, aber auch andere Faktoren können eine Rolle spielen - denn eine medizinische Versorgung, die als solche nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse in der Regel ambulant vorgenommen wird, kann gleichwohl auf Grund besonderer Gegebenheiten des Einzelfalles eine stationäre Krankenhausbehandlung erfordern (Urteil des BSG vom 19. November 1997, SozR 3-2500 § 107 Nr. 1 S. 7 ). Entscheidend ist zudem, dass eine nach den Regeln der ärztlichen Kunst geeignete ambulante Variante überhaupt zur Verfügung steht, und zwar so, dass sie für den Versicherten verfügbar und in zumutbarer Weise erreichbar ist (vgl. dazu BSG, Urteil vom 10. April 2008 – B 3 KR 19/05 R, zitiert nach juris).

3. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme im Berufungsverfahren und der Auswertung der verbliebenen Teile der Patientenakte durch den MDK und durch den gerichtlichen Sachverständigen sowie nach den zahlreichen Stellungnahmen von PD Dr. B. besteht der Vergütungsanspruch der Klägerin für den teilstationären Behandlungszeitraum vom 5. November 2001 bis 18. November 2001. Erhebliche Einwände der Beklagten liegen nicht vor.

Unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls geht der Senat von einem medizinischen Sachverhalt aus, der nach Art und Schwere der Erkrankung, unter Risikogesichtspunkten sowie nach den für die teilstationäre Behandlung von Suchtkranken vorliegenden Leitlinien und den weiteren Umständen des Einzelfalls eine teilstationäre Versorgung des Versicherten vom 5. bis 18. November 2002 erforderte und von der Beklagten zu vergüten ist.

Bei der Auslegung des Begriffs "erforderlich" im Sinne von § 39 Abs. 1 SGB V sind die Besonderheiten der teilstationären Behandlung einer psychiatrischen Erkrankung besonders zu beachten. So hat bereits der 3. Senat des BSG (Urteil vom 10. April 2008 – B 3 KR 20/07, zitiert nach juris) überzeugend auf die besonderen Probleme bei der Abgrenzung zwischen stationärer und ambulanter Behandlung gerade im Bereich psychiatrischer Erkrankungen hingewiesen. Versicherte mit einem schweren psychiatrischen Leiden haben nach der Rechtsprechung des BSG Anspruch auf stationäre Krankenhausbehandlung, wenn nur auf diese Weise ein erforderlicher komplexer Behandlungsansatz durch das Zusammenwirken eines multiprofessionellen Teams unter fachärztlicher Leitung Erfolg versprechend verwirklicht werden kann (BSGE 94, 139 = SozR 4-2500 § 112 Nr. 4; BSGE 94, S. 161). Vor allem bei einer psychiatrischen Behandlung kann der Einsatz von krankenhausspezifischen Gerätschaften in den Hintergrund treten und allein schon die Notwendigkeit des kombinierten Einsatzes von Ärzten, therapeutischen Hilfskräften und Pflegepersonal sowie die Art der Medikation die Möglichkeit einer ambulanten Behandlung ausschließen und eine stationäre Behandlung erforderlich machen. Dabei ist auch zu überprüfen, ob der erforderliche komplexe Behandlungsansatz nach den Regeln der ärztlichen Kunst ambulant überhaupt realisierbar war und für den Versicherten in Anbetracht seines Gesundheitszustandes in zumutbarer Weise zur Verfügung gestanden hätte (BSG a.a.O.). Diese Bewertung ist auch auf die teilstationäre Krankenhausbehandlung von psychisch Kranken übertragbar.

Auf dieser Grundlage sieht der Senat unter Beachtung der vom BSG aufgestellten Kriterien den Nachweis einer Erforderlichkeit der teilstationären Behandlung im streitigen Zeitraum als gegeben an.

Zunächst ist unter Beachtung der bestehenden Leitlinien der Behandlung von Alkoholsuchtkranken von der Erforderlichkeit der tagesklinischen Behandlung auszugehen. Sowohl der gerichtliche Sachverständige Dipl.-Med. J. als auch PD Dr. B. haben überzeugend auf Leitlinien diverser psychiatrischer Fachgesellschaften und Studien verwiesen, die bei einer akuten Entgiftung sowie einer bestehenden Alkoholerkrankung eine stationäre Behandlung von mindestens sechs bis zwölf Wochen empfehlen. Die tatsächliche Aufenthaltsdauer des Versicherten von lediglich zwei Wochen stationärer und zwei Wochen tagesklinischer Behandlung bewegt sich damit zeitlich deutlich unterhalb dieser Leitlinien. Gerade bei erstbehandelten Suchtpatienten (so Dipl.-Med. J.) wie beim Versicherten kann über den tagesklinischen Ansatz ein Rückfallrisiko verringert und eine Weiterbehandlung am besten vorbereitet werden. Nach den Leitlinien ist eine Behandlungsdauer von drei bis vier Wochen für die qualifizierte Entzugsbehandlung alkoholkranker Menschen in ihrer Wirksamkeit und Kosteneffizienz unbestritten und als wirtschaftlich anzusehen. Hiernach bewegte sich die Behandlungszeit des Versicherten in einem völlig üblichen Zeitrahmen für einen Alkoholerkrankungsfall nach einer Notfalleinweisung. Dies gälte auch, wenn die genannten Richtlinien erst nach dem vorliegenden Behandlungsfall festgelegt worden wären. Denn gerade bei Patienten, die sich erstmals unter vollstationären Bedingungen mit einer psychiatrischen Suchtbehandlung auseinandersetzen müssen, sind nach Auffassung des gerichtlichen Sachverständigen längere Behandlungszeiten zu erwarten. Bei diesen Erstpatienten ist eine Prognose, wie hoch das tatsächliche Rückfallrisiko konkret ist, schwer zu stellen. Die behandelnden Ärzte müssen daher mit den betroffenen Suchtkranken zunächst eine Erfahrungsbasis erarbeiten, um eine hinreichend sichere Einschätzung der genauen Gefahrenlage abgeben zu können. Dies ist typischerweise mit längeren Zeiträumen verbunden, den die Klägerin in jedem Fall eingehalten hat.

Auch die Art und Schwere der Erkrankung des Versicherten machte eine längere intensive Behandlung erforderlich. So hat der gerichtliche Sachverständige Dipl.-Med. J. auf die besondere zeitliche Problematik in der Behandlung von Alkoholsuchtkranken hingewiesen. Gerade die Veränderung suchtgeprägter falscher Sichtweisen, der Aufbau eines Vertrauensverhältnisses und die Schaffung einer Motivationsgrundlage benötigen längere Zeit, um zu einer Stabilisierung der Erkrankung zu gelangen. Die Besonderheiten dieser Erkrankung erfordern damit – wie dies bereits die oben genannten Leitlinien empfehlen – typischerweise längere Behandlungszeiträume.

Auch unter Risikogesichtspunkten ist die tagesklinische Fortsetzung der Behandlung vom 5. bis 18. November 2001 als erforderlich anzusehen. Die Annahme des gerichtlichen Sachverständigen, beim Versicherten habe kein Trinkdruck und kein Anzeichen für die Gefahr eines unmittelbaren Rückfalls bestanden, kann zwar als Hinweis dafür angesehen werden, dass eine vollstationäre Fortsetzung der Behandlung tatsächlich nicht mehr erforderlich war. Bei einer gegenüber der vollstationären Behandlung kostengünstigeren tagesklinischen, d.h. bloß teilstationären Behandlung ist jedoch der Begriff der Erforderlichkeit nicht am vollen Maßstab der vollstationären Behandlung zu orientieren, die in der vorliegenden Sachverhaltskonstellation eine akut dokumentierte Rückfallproblematik hätte belegen müssen. Vielmehr ist der Begriff der Erforderlichkeit gegenüber der noch kostengünstigeren ambulanten Behandlung abzugrenzen. Die teilstationäre Behandlung erstreckt sich dabei über einen längeren Zeitraum, die nicht zwingend die ununterbrochene Anwesenheit des Versicherten erfordert und benötigt jedoch – im Vergleich zur ambulanten Behandlung – die medizinisch-organisatorische Struktur des Krankenhauses (vgl. Becker/Kingreen, SGB V, 1. Aufl. 2008, § 39 Rdn. 16). Die tagesklinische Suchtbehandlung von Alkoholkranken ist daher bereits dann als erforderlich anzusehen, wenn nur auf diese Weise die bei Suchtkranken nach der Entgiftung bestehende latente Rückfallgefahr entsprechend den zeitlichen Vorgaben der Leitlinien endgültig eingeschätzt werden kann und der tagesklinische Ansatz gegenüber der lediglich ambulanten Behandlung konkrete Behandlungsvorteile aufgewiesen hat.

Hiervon ist nach Ansicht des Senats auszugehen. Die tagesklinische Behandlung des Krankenhauses diente der psycho-sozialen Belastungserprobung des Versicherten. Erst durch die ständigen Alkoholkontrollen konnte abschließend eingeschätzt werden, ob er voraussichtlich auch während seiner kurzzeitigen Entlassungen ins häusliche Umfeld ohne Alkoholkonsum den alltäglichen Anforderungen gerecht werden konnte oder ob er konkret rückfallgefährdet war. Eine lediglich ambulante Behandlung hätte vorausgesetzt, dass der körperliche und psychische Zustand des Versicherten sich so weit stabilisiert hätte, dass eine engmaschige tagesklinische Behandlung nicht mehr notwendig gewesen wäre. Nach den überzeugenden Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen und von PD Dr. B. war der Versicherte jedoch hierfür noch nicht hinreichend stabil genug. So wies er nach den übereinstimmenden Angaben beider Ärzte noch deutliche Schwankungen in seinem Verhalten auf. Den euphorischen Phasen schlossen sich immer Situationen mit Rückzugsverhalten und teilweise sogar völliger Gesprächsverweigerung an, die seine vorgegebene Abstinenzbereitschaft und Therapiemotivation wieder in Zweifel gezogen haben. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass sich der Versicherte in der psychiatrischen Erstbehandlung befunden hat. Ihm fehlten daher jegliche Erfahrungen, sich seiner Suchterkrankung unter psychiatrischen Aspekten zu stellen. Dies ist mit tiefgreifenden Veränderungsprozessen verbunden, die nach einer bloßen Entgiftung unter vollstationären Bedingungen regelmäßig noch nicht abgeschlossen sind. Für eine Fortsetzung der Behandlung des Versicherten unter teilstationären Bedingungen sprachen auch die deutlichen Hinweise einer Selbstüberschätzung sowie seine fehlende Kritikfähigkeit. Erst am 18. November 2002 vermochte er sich uneingeschränkt positiv zur Notwendigkeit einer Suchtberatung zu äußern. Für die behandelnden Krankenhausärzte war es mangels aussagefähiger Vorbefunde und Behandlungserfahrung schwierig, die Rückfallgefahr des Versicherten zutreffend einzuschätzen. Ihre Zurückhaltung, zunächst das Ergebnis einer psychosozialen Belastungserprobung unter teilstationären Bedingungen abzuwarten, war vor diesem Hintergrund nachvollziehbar. Die gesundheitliche Situation des Versicherten war aus Sicht der Krankenhausärzte keineswegs als objektiv hinreichend rückfallstabil einzuschätzen. Hierfür spricht im Übrigen deutlich der bereits Anfang Dezember eingetretene schwere Alkoholrückfall des Versicherten, der wieder eine vollstationäre Behandlung erforderte. Selbst die von der Klägerin durchgeführte tagesklinische Behandlung war daher noch nicht ausreichend, um einen Rückfall zu verhindern. Das tatsächliche Rückfallrisiko des Versicherten war daher viel höher als ursprünglich von den Krankenhausärzten erwartet und hätte wohl sogar einer vollstationären Weiterbehandlung im November 2002 bedurft (vgl. PD Dr. B.). Wegen dieses schnellen und schweren Rückfalls des Versicherten wäre die von der Beklagten geforderte ambulante Behandlung keinesfalls ausreichend gewesen.

Demgegenüber kann die nicht eingehend begründete Annahme des gerichtlichen Sachverständigen, eine tagesklinische Behandlung im Abschluss an die unkomplizierte vollstationäre Behandlung entspreche nicht den geltenden Bestimmungen, nicht überzeugen. Sie gründet sich auf einer irrigen rechtlichen Bewertung, die vom Senat nicht geteilt wird. Damit bleibt zunächst festzuhalten, dass der teilstationäre Behandlungsansatz beim Versicherten medizinisch "sinnvoll" war (so Dipl.-Med. J.), den Leitlinien entsprach und wegen der höheren und unklaren Risikolage auch erforderlich gewesen ist, um einem drohenden Rückfall bei einer instabilen Persönlichkeit entscheidend entgegenwirken. Dies genügt, um von der Erforderlichkeit der tagesklinischen Behandlung auszugehen.

Der Hinweis der Beklagten, eine ambulante Behandlung hätte im vorliegenden Fall genügt, ist auch vor dem Hintergrund der konkreten Umstände des Einzelfalls wenig überzeugend. Zunächst hat sie im Rahmen der Prüfung durch den MDK keine Versuche unternommen, den Sachverhalt in diesem Punkt eingehend medizinisch zu überprüfen. Stattdessen hat sie sich auf die vermeintliche Zuständigkeit des Rentenversicherungsträgers berufen. Damit war dem Krankenhaus jedoch die Möglichkeit genommen, sich zeitnah mit möglichen ambulanten Behandlungsalternativen auseinanderzusetzen. Im Übrigen ist die Beklagte der überzeugenden Einschätzung von PD Dr. B., es habe damals in der Region tatsächlich keine Möglichkeit gegeben, den Versicherten unter kontrollierten Bedingungen ambulant zu behandeln, nicht entgegengetreten. Erschwerend kommt hinzu, dass im Verantwortungsbereich des MDK die Patientenakte zumindest teilweise in Verlust geraten ist und auf diese Weise der Klägerin ihre Beweisführung nachhaltig erschwert worden ist. Dieser Aktenteilverlust wäre dem Verantwortungsbereich der Beklagten zuzurechnen. Die Gesamtumstände haben die Beweisführung so weit zu Lasten der Klägerin verschlechtert, dass es nicht mehr genügt, wenn die Beklagte im Berufungsverfahren lediglich pauschal behauptet, es hätten ausreichend ambulante Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung gestanden. Die von PD Dr. B. aufgeworfene Frage, ob der Psychiatrie-Personalverordnung für die Auslegung des Begriffs "erforderlich" im Sinne des § 39 SGB V bedeutsam sein kann, bedarf daher keiner abschließenden Entscheidung.

4. Der Beklagten stehen keine Einwände gegen diesen Anspruch aus einer Verletzung von Mitwirkungspflichten der Klägerin zu. Vielmehr hat die Beklagte selbst die gesetzlichen Vorgaben des Prüfverfahrens in beachtlicher Weise verletzt, so dass die pflichtwidrige Weigerung der Klägerin, die Patientenakte frühzeitig im Gerichtsverfahren zu übersenden und an der medizinischen Aufklärung der Erforderlichkeit der Behandlung mitzuwirken, hier ausnahmsweise ohne Folgen bleibt.

Die Beteiligten haben in den Krankenhausfällen bei der Durchführung des Prüfverfahrens wechselseitig bestimmte gesetzliche Pflichten einzuhalten. Wegen der inhaltlichen Gestaltung der Pflegesatzvereinbarung und den damit verbundenen unmittelbaren Zahlungspflichten musste die Beklagte ihre Zahlungsverweigerung hinreichend begründen (vgl. zu den Folgen von Fehlern im Prüfverfahren BSG, Urteil vom 30. Juni 2009 – B 1 KR 24/08 R, zitiert nach juris). Hiervon ist nach dem vorliegenden Sachverhalt nicht auszugehen.

In der Bewertung des Prüfverfahrens der Krankenkassen geht das BSG von folgenden Grundsätzen aus: Das Krankenhaus hat grundsätzlich im Rahmen der wechselseitigen Leistungsbeziehungen zur Krankenkasse diejenigen Angaben zu machen und Unterlagen beizubringen, die zur Beurteilung der Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit im Einzelfall erforderlich sind. Die Auskunftsverpflichtung der Klägerin ergibt sich nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 22. April 2009 – B 3 KR 24/07 R, zitiert nach juris) grundsätzlich aus § 100 Abs. 1 Satz 3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – Verwaltungsverfahren – (SGB X) und hier speziell aus § 301 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V. Nach § 100 Abs. 1 S. 3 SGB X ist das Krankenhaus verpflichtet, dem Leistungsträger "im Einzelfall auf Verlangen Auskunft zu erteilen, soweit es für die Durchführung von dessen Aufgaben nach diesem Gesetzbuch erforderlich" ist und entweder der Betroffene eingewilligt hat (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB X) oder dies gesetzlich zugelassen ist (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB X); ausgenommen hiervon sind nach § 100 Abs. 2 SGB X nur Angaben, die den Arzt oder ihm nahe stehende Personen der Gefahr aussetzen würden, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden. Nach den zwingenden gesetzlichen Auskunftspflichten aus § 284 Abs. 1 Nr. 4 und 7 SGB V (in der Fassung vom 12.12.1996, BGBl. I S. 1859, die vom 1. Januar 1997 bis 31. Dezember 2001 gültig war) war die Erhebung von Sozialdaten im Versorgungszeitraum für die Zwecke der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zugelassen, soweit sie nach Maßgabe der Prüfaufträge von Krankenkasse und SMD u. a. für die "Prüfung der Leistungspflicht und die Gewährung von Leistungen an Versicherte (§§ 2 und 11)" und für die "Beteiligung des Medizinischen Dienstes (§ 275)" erforderlich waren. Die Vorschrift ist auch im Folgenden insoweit im Wesentlichen unverändert geblieben.

Gesetzlich im Sinne von § 100 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB X zugelassen und damit für den Krankenhausträger zwingend sind die Angaben nach § 301 Abs. 1 SGB V (in der insoweit unveränderten Fassung vom 22.12.1999, BGBl. I S. 2626). Danach besteht die Pflicht, der Krankenkasse bei Krankenhausbehandlung u. a. den Grund der Aufnahme sowie die Einweisungsdiagnose, die Aufnahmediagnose, die voraussichtliche Dauer der Krankenhausbehandlung sowie, falls diese überschritten wird, auf Verlangen der Krankenkasse die medizinische Begründung zu übermitteln (§ 301 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V). Hiermit ist aus datenschutzrechtlichen Gründen abschließend und enumerativ aufgelistet, welche Angaben der Krankenkasse bei einer Krankenhausbehandlung ihrer Versicherten auf jeden Fall zu übermitteln sind (vgl. BT-Drucks. 12/3608, S. 124). In dieser Vorschrift werden die Mindestangaben bezeichnet, die die Krankenkasse insbesondere zur ordnungsgemäßen Abrechnung und zur Überprüfung der Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung benötigt (vgl. BT-Drucks. 12/3608, S. 124). Genügt die Anzeige schon diesen (Mindest-)Anforderungen nicht, fehlt es bereits an der Fälligkeit der Vergütungsforderung (BSG SozR 4-2500 § 109 Nr. 1 Rdn. 12).

Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 22. April 2009 – B 3 KR 24/07 R, Rdn. 18, zitiert nach juris) ist ein Prüfverfahren nach § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V (hier anwendbar ebenfalls in der insoweit unveränderten Fassung vom 22.12.1999, BGBl I S. 2626) erst auf einer zweiten Stufe der Sachverhaltserhebung einzuleiten, wenn sich die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung oder weitere Abrechnungsvoraussetzungen den - medizinisch in der Regel nicht besonders ausgebildeten - Mitarbeitern der Krankenkasse aufgrund der Angaben nach § 301 SGB V nicht selbst erschließen. Bei der Einleitung des Prüfverfahrens nebst Anforderung von Unterlagen oder Auskünften haben Krankenkasse und/oder MDK/SMD allerdings besondere Begründungspflichten zu beachten. Der 3. Senat des BSG hat in seiner Entscheidung vom 22. April 2009 (Az.: B 3 KR 24/07 R, zitiert nach juris) aus dem Rechtsgedanken des § 35 SGB X eine Begründungspflicht des MDK bzw. SMD hergeleitet, wenn das Krankenhaus Behandlungsunterlagen zur Prüfung vorlegen soll. Denn das Krankenhaus ist im Verhältnis zu seinen Patienten auf der Grundlage des Behandlungsvertrages und zur Meidung strafrechtlicher Sanktionen nach § 203 Abs. 1 Nr. 1 StGB verpflichtet, die Rechtmäßigkeit solcher Anforderungen zu prüfen.

Rechtsgrundlage für das Prüfverfahren ist nach der zitierten Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 22. April 2009, a.a.O.) § 276 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 SGB V (in der Fassung vom 13.06.1994, BGBl I S. 1229, in Kraft vom 1. Januar 1995 bis zum 31. Dezember 2003). Danach galt: "Haben die Krankenkassen nach § 275 Abs. 1 bis 3 eine gutachtliche Stellungnahme oder Prüfung durch den Medizinischen Dienst veranlasst, sind die Leistungserbringer verpflichtet, Sozialdaten auf Anforderung des Medizinischen Dienstes unmittelbar an diesen zu übermitteln, soweit dies für die gutachtliche Stellungnahme und Prüfung erforderlich ist." Auf dieser Grundlage ist der MDK bzw. der SMD ermächtigt, die erforderlichen Sozialdaten bei den Krankenhäusern anzufordern (vgl. BSG, Urteil vom 23. Juli 2002 – B 3 KR 64/01 R, zitiert nach juris = BSGE 90, 1 = SozR 3-2500 § 112 Nr. 3), und das Krankenhaus ist zu deren Vorlage verpflichtet, soweit auch mit medizinischer Expertise nur durch die Angaben gemäß § 301 SGB V eine zuverlässige Beurteilung der Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit oder anderer Fragen der Abrechnung nicht möglich ist.

Die Ausgestaltung des Abrechnungsverfahrens nach den §§ 301, 275 und § 276 SGB V i. V. mit der Pflegesatzvereinbarung zielt darauf ab, unter den Bedingungen der Massenabrechnung von Krankenhausaufenthalten eine für Krankenhäuser, Krankenkassen und SMD gleichermaßen tragfähige wie nach den Kriterien des § 39 SGB V inhaltlich zutreffende Überprüfung von Krankenhausabrechnungen sicherzustellen. Sie legen den Beteiligten besondere gegenseitige Obhutspflichten auf. Demgemäß hat das Krankenhaus bereits bei der Erklärung nach § 301 SGB V dafür Sorge zu tragen, dass der Krankenkasse nach Möglichkeit ohne Einleitung eines Prüfverfahrens nach §§ 275, 276 SGB V alle entscheidungserheblichen Angaben zur Verfügung stehen. Andernfalls hat es dem SMD zur Vermeidung weiterer Sanktionen alle für dessen Prüfung erforderlichen Krankenbehandlungsunterlagen zur Verfügung zu stellen. Das enthebt das Krankenhaus zwar nicht von der Prüfung, ob die Weitergabe im Sinne von § 276 Abs. 2 Satz 1 SGB V erforderlich und damit zulässig ist. Jedoch verstößt es schwerwiegend gegen seine gesetzlichen Pflichten, wenn es die Weitergabe angeforderter Unterlagen ohne substantiierten Hinweis auf bereits vorliegende, eine zuverlässige Beurteilung ermöglichende Unterlagen nur formelhaft ablehnt oder sie grundlos verweigert (vgl. BSG, Urteil vom 22. April 2009, a.a.O.).

Auf dieser rechtlichen Grundlage muss das Prüfverfahren der Beklagten unter Beteiligung des MDK als fehlerhaft beanstandet werden. Die Beklagte hat zwar umgehend nach Eingang der Verlängerungsanzeige vom 27. November 2002, d.h. zeitlich deutlich vor der eigentlichen Rechnung der Klägerin vom 17. Januar 2003, den MDK mit der Prüfung des medizinischen Sachverhaltes beauftragt. Die Prüfung und Beurteilung des bzw. der MDK-Gutachter/in H. vom 19. Dezember 2002 geht jedoch an der entscheidenden Frage, unter welchen gesetzlichen Voraussetzungen eine teilstationäre Behandlung nach § 39 SGB V erfolgen kann, vollständig vorbei. Nach der klaren gesetzlichen Formulierung des § 39 Abs. 1 SGB V wird die Krankenhausbehandlung u.a. vollstationär, teilstationär bzw. vor- oder nachstationär (§ 115 a SGB V) oder ambulant (§ 115 b SGB V b) erbracht. Die teilstationäre Behandlung, die gerade auf dem Feld der Psychiatrie ihre besondere Berechtigung hat (vgl. Becker/Kingreen, a.a.O., § 39 Rdn. 15), ist in § 39 SGB V ausdrücklich als mögliche Behandlungsform erwähnt. Die Beklagte hätte daher in Abgrenzung zur noch kostengünstigeren ambulanten Behandlung begründen müssen, warum hier eine ambulante Behandlung ausgereicht hätte. Diese Prüfung hat der MDK jedoch zunächst nicht vorgenommen, sondern sich auf die unzutreffende und ihm auch nicht zustehende Rechtsansicht berufen, für Entwöhnungsbehandlungen sei generell der Rentenversicherungsträger zuständig. Damit hat er verkannt, dass es sich hier um keine Rehabilitationsleistung gehandelt hat. Der Senat kann dabei offenlassen, ob die Beklagte ggf. den Weg eines Erstattungsanspruchs gegenüber dem zuständigen Rentenversicherungsträger hätte beschreiten können. Denn es steht fest, wie der gerichtliche Sachverständige überzeugend herausgearbeitet hat, dass sich die tagesklinische Behandlung des Versicherten als unmittelbare Fortsetzung der akuten Entzugsbehandlung angeschlossen hat. Sie war daher nach den Gesamtumständen eine reine Krankenhaus- und keine Rehabilitationsbehandlung. Wegen der unzutreffenden Prüfung des MDK und der unterbliebenen Auseinandersetzung mit der medizinischen Fragestellung dieses Falles lag keine ausreichende Begründung der Beklagten für eine rechtmäßige Zahlungsverweigerung vor. Die Verletzung des Prüfverfahrens ist auch durch die vorübergehende Weigerung der Klägerin, die Patientenakte nicht vorzulegen, nicht "geheilt" worden. Selbst im Schreiben vom 22. Februar 2005 hat die Beklagte noch daran festgehalten, es sei hier von einer Reha-Maßnahme auszugehen. Mit ihrem Antrag im gerichtlichen Verfahren auf Einsicht in die Patientenakte ist sie nicht in das rechtskonforme Prüfverfahren zurückgekehrt. Die an sich pflichtwidrige Weigerung der Klägerin, die Patientenakte im gerichtlichen Verfahren erster Instanz zu übersenden und ihren Mitwirkungspflichten nachzukommen, bleibt daher - in diesem Einzelfall - ohne Rechtfolgen.

Der Verzugszinsanspruch steht der Klägerin in beantragter Höhe zu. Hierbei kann es der Senat offenlassen, ob sich dieser Zinsanspruch aus der Pflegesatzvereinbarung und/oder als Prozesszinsanspruch aus einer entsprechenden Anwendung des § 291 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ergibt. Mit Eingang der Klage beim Sozialgericht Magdeburg am 23. Juni 2003 ist eine Verzugslage eingetreten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 SGG liegen nicht vor. Nach der grundlegenden Entscheidung des Großen Senats des BSG vom 25. September 2007 (GS 1/06) und den zahlreichen Folgeentscheidungen des BSG (insbesondere die Entscheidung des 3. Senats des BSG vom 10. April 2008 – B 3 KR 21/05 R (zitiert nach juris) sind die Krankenhausabrechnungsstreitigkeiten weitgehend geklärt.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 63 Abs. 2, § 52 Abs. 1 und § 47 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG).
Rechtskraft
Aus
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