Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 19 R 4134/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 4625/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 1.9.2009 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1954 geborene Klägerin hat 1969 eine Lehre als Verkäuferin aufgenommen, die Ausbildung aber nicht abgeschlossen (SG-Akte S. 58). Als Verkäuferin hat sie bis 1973 gearbeitet. Nach Kindererziehungszeiten und Aushilfstätigkeiten bis 1984 war sie als Küchenhilfe und zuletzt seit 1992 als Reinigungskraft versicherungspflichtig beschäftigt.
Am 2.11.2007 beantragte die Klägerin Rente wegen Erwerbsminderung; sie könne (u.a.) wegen Gelenksbeschwerden nicht mehr arbeiten.
Die Beklagte zog Arztunterlagen bei und erhob das Gutachten des Orthopäden Dr. R. vom 11.12.2007. Dieser diagnostizierte ein wiederkehrendes Halswirbelsäulensyndrom mit Schulter-Arm-Syndrom links, ein Ohrgeräusch links, Hypotonie sowie einen muskelschwachen Habitus (Größe 151 cm, Gewicht 39 kg). Als Putzfrau könne die Klägerin nur unter drei Stunden täglich arbeiten, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts (unter qualitativen Einschränkungen) aber noch sechs Stunden täglich und mehr verrichten.
Mit Bescheid vom 14.12.2007 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Nachdem die Klägerin dagegen Widerspruch eingelegt hatte, bewilligte ihr die Beklagte mit Bescheid vom 14.3.2008 eine ganztägig ambulante Leistung zur medizinischen Rehabilitation in der R.-Reha, F., die die Klägerin vom 31.3. bis 25.4.2008 absolvierte. Im Entlassungsbericht vom 29.4.2008 sind die Diagnosen akute Belastungsreaktion mit depressiver Reaktion, muskulär bedingtes HWS-Syndrom und Spreizfuß links festgehalten. Die Klägerin könne als Reinigungskraft sechs Stunden täglich und mehr arbeiten und mittelschwere Tätigkeiten (unter qualitativen Einschränkungen) ebenfalls sechs Stunden täglich und mehr verrichten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 22.7.2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück, worauf die Klägerin am 18.8.2008 Klage beim Sozialgericht Freiburg erhob. Zur Begründung trug sie vor, eine Depressionserkrankung nehme ihr jegliche Kraft, weswegen sie nicht mehr arbeiten könne. Dies sei nicht ausreichend berücksichtigt worden. Körperliche Tätigkeiten seien ihr nicht mehr möglich, weil es dann sofort zu Schmerzen könne.
Das Sozialgericht befragte zunächst behandelnde Ärzte. Der Psychiater und Psychotherapeut Dr. W. gab die Diagnosen rezidivierende depressive Störung, residuale Dysthymia und vaskuläre Enzephalopathie an. Seit der Behandlung in der psychiatrischen Tagesklinik der Universitätsklinik F. vom 26.8. bis 5.12.2008 habe sich das ganz schlimme Depressionstief gebessert, die dysthyme Grundstimmung bestehe aber fort. Die Klägerin habe sich am 3.6. und 11.12.2008 vorgestellt. Eine Leistungseinschätzung sei auf dieser Grundlage nicht möglich (Bericht vom 18.12.2008). Der Allgemeinarzt Dr. H. teilte mit, die Gesamtsituation der Klägerin sei derzeit etwas stabiler, es bestehe aber die Gefährdung einer erneuten Dekompensation, wenn sie sechs Stunden täglich arbeiten müsste (Bericht vom 11.1.2009).
Das Sozialgericht erhob sodann das Gutachten des Psychiaters und Psychotherapeuten Prof. Dr. E. (Leiter der Sektion Forensische Psychiatrie und Psychotherapie der Universitätsklinik F.) vom 15.4.2009. Dieser diagnostizierte eine depressive Episode bei rezidivierender depressiver Störung. Die Klägerin sei zwar verstimmt und zeige eine Antriebsminderung, eine schwere Antriebshemmung liege aber nicht vor. Bei anspruchslosen Tätigkeiten seien daher dem Energieniveau keine vorzeitigen Grenzen gesetzt, die nicht willentlich überwunden werden könnten. Die Klägerin sei in der Lage, leichte Tätigkeiten (unter qualitativen Einschränkungen) mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Ein Heilverfahren zur weiteren Besserung bzw. zur Abwendung von Gefahren für die Leistungsfähigkeit werde empfohlen. Der fluktuierende Verlauf spreche dafür, dass weiterhin Änderungen der depressiven Symptomatik wahrscheinlich seien.
Die Beklagte unterbreitete der Klägerin daraufhin einen Vergleichsvorschlag; sie bot die Gewährung einer stationären Heilbehandlung an, sofern die Klägerin die Klage zurücknehme. Die Klägerin nahm das Vergleichsangebot nicht an.
Mit Gerichtsbescheid vom 1.9.2009 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, die Klägerin sei weder voll noch teilweise erwerbsgemindert (§ 43 Abs. 1 und 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch, SGB VI), da sie leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts (unter qualitativen Einschränkungen) mindestens sechs Stunden täglich verrichten könne. Das gehe namentlich aus dem Gutachten des Prof. Dr. E. überzeugend hervor. Die abweichende Leistungseinschätzung des Dr. H. sei nicht bestätigt worden. Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§ 240 SGB VI) stehe der Klägerin nicht zu, da sie sich breit auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisen lassen müsse.
Auf den ihr am 10.9.2009 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 8.10.2009 Berufung eingelegt. Sie hat zur Begründung vorgebracht, aus dem Gutachten von Prof. Dr. E. ergebe sich, dass die beschriebene psychische Symptomatik auf eine organische Erkrankung des Gehirns zurückzuführen sei. Im MRT ihres Schädels sei eine Marklagerläsion frontal und rechts parietal festgestellt worden. Ihre kognitive Leistungsfähigkeit in Bezug auf Konzentration und Auffassungsvermögen sei deshalb erheblich reduziert. Insoweit verweise sie auf das beigefügte Attest des behandelnden Psychiaters Dr. W. vom 25.08.2010. Vorgelegt wurde von ihr weiterhin der orthopädische Befundbericht von Dr. M. vom 26.4.2010.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 1.9.2009 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 14.12.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.7.2008 zu verurteilen, ihr Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Der vorgelegte Befundbericht des Dr. M. und die Stellungnahme des Dr. W. brächten keine neuen Erkenntnisse, die eine quantitative Leistungsminderung rechtfertigen könnten. Der MRT-Befund sei seit September 2008 bekannt und sei schon von Prof. Dr. E. gutachtlich gewürdigt worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch sonst zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, ihr Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren; sie hat darauf keinen Anspruch.
Das Sozialgericht hat in seinem Gerichtsbescheid zutreffend dargelegt, nach welchen Rechtsvorschriften (§§ 43, 240 SGB VI) das Rentenbegehren der Klägerin zu beurteilen ist, und weshalb ihr danach Rente nicht zusteht. Der Senat nimmt auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Gerichtsbescheids Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend sei angemerkt:
Der Senat teilt die Beweiswürdigung des Sozialgerichts. Auch nach seiner Auffassung geht aus den vorliegenden Gutachten des Dr. R. und des Prof. Dr. E. bzw. dem Entlassungsbericht der R.-Reha, F., vom 29.4.2008 hervor, dass die Klägerin leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts (unter qualitativen Einschränkungen) sechs Stunden täglich und mehr verrichten kann, weshalb sie nicht erwerbsgemindert ist (§ 43 Abs. 3 SGB VI). Prof. Dr. E., der eine depressive Episode bei rezidivierender depressiver Störung diagnostiziert hat, hat zwar eine Verstimmung und eine Antriebsminderung gefunden, eine schwere Antriebshemmung aber nicht festgestellt, weswegen dem Energieniveau für die Verrichtung anspruchsloser Tätigkeiten keine vorzeitigen Grenzen gesetzt sind, die die Klägerin nicht willentlich überwinden könnte. Eine hinreichend gewichtige und rentenberechtigende, Leistungsminderungen begründende Erkrankung des depressiven Formenkreises liegt damit nicht vor. Davon abgesehen sind Erkrankungen dieser Art behandelbar und zu behandeln und führen nicht unbesehen zur Berentung. Prof. Dr. E. hat insoweit ausdrücklich den fluktuierenden Verlauf der Erkrankung betont und hierauf gestützt angenommen, dass weiterhin Änderungen der depressiven Symptomatik wahrscheinlich seien. Er hat ein stationäres Heilverfahren befürwortet, das die Beklagte der Klägerin auch im Rahmen einer vergleichsweisen Erledigung des Rechtsstreits angeboten hat; die Klägerin hat dieses Angebot freilich ausgeschlagen.
Mit den Einschätzungen ihrer behandelnden Ärzte kann die Klägerin einen Rentenanspruch nicht erwirken. Der Psychiater und Psychotherapeut Dr. W. hat unter dem 18.12.2008 (im Gegenteil) über eine Besserung durch die Behandlung in der psychiatrischen Tagesklinik der Universitätsklinik F. (vom 26.8. bis 5.12.2008) berichtet und lediglich das Fortbestehen der dysthymen Grundstimmung angegeben. Eine Leistungseinschätzung hat er bei nur zwei Vorstellungen der Klägerin (am 3.6. und 11.12.2008) nicht abgeben können. Auch der Hausarzt der Klägerin, Dr. H., hat im Bericht vom 11.1.2009 eine etwas stabilere Gesamtsituation der Klägerin mitgeteilt. Dass er ohne nähere Begründung bei sechsstündiger Erwerbstätigkeit die Gefährdung einer erneuten Dekompensation sieht, genügt für den Nachweis einer rentenberechtigenden Leistungsminderung nicht. Vielmehr bleibt es bei der fundiert begründeten sozialmedizinischen Leistungseinschätzung (insbesondere) des Prof. Dr. E ... Gegen dessen Gutachten ist Stichhaltiges nicht eingewandt.
Auch die von der Klägerin zuletzt vorgelegte Berufungsbegründung vermag nicht zu überzeugen. Das Attest des Dr. W. vom 25.08.2010 beinhaltet nichts Neues. Sowohl die Marklagerläsionen als auch die anhaltenden Konzentrations- und Merkfähigkeitsstörungen sind von ihm in der Aussage vom 18.12.2008 bereits beschrieben worden. Die vom SG danach veranlasste Überprüfung des medizinischen Sachverhaltes durch den Sachverständigen Prof. Dr. E. hat bei der Klägerin indes nur eine im Gespräch diskret verminderte Konzentrationsfähigkeit ergeben, Störungen von Merkfähigkeit oder Gedächtnis vermochte der Sachverständige nicht zu finden. Zu Recht weist die Beklagte darauf hin, dass die Marklagerläsion seit September 2008 bekannt war und der Sachverständige Prof. Dr. E. in Kenntnis dieses Befundes seine Leistungsbeurteilung abgegeben hat. Bisher nicht bekannte Befunde werden von Dr. W. in dem Attest vom 25.08.2010 zudem nicht berichtet, weswegen kein Anlass besteht, eine erneute Überprüfung des Leistungsvermögens der Klägerin vorzunehmen. Aus dem gleichen Grund kommt auch dem orthopädischen Bericht des Dr. M. vom 26.04.2010 kein zusätzlicher Beweiswert zu.
Bei dieser Sachlage drängen sich dem Senat angesichts der vorliegenden Arztberichte und Gutachten weitere Ermittlungen, insbesondere weitere Begutachtungen, nicht auf.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weshalb die Berufung der Klägerin erfolglos bleiben muss. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1954 geborene Klägerin hat 1969 eine Lehre als Verkäuferin aufgenommen, die Ausbildung aber nicht abgeschlossen (SG-Akte S. 58). Als Verkäuferin hat sie bis 1973 gearbeitet. Nach Kindererziehungszeiten und Aushilfstätigkeiten bis 1984 war sie als Küchenhilfe und zuletzt seit 1992 als Reinigungskraft versicherungspflichtig beschäftigt.
Am 2.11.2007 beantragte die Klägerin Rente wegen Erwerbsminderung; sie könne (u.a.) wegen Gelenksbeschwerden nicht mehr arbeiten.
Die Beklagte zog Arztunterlagen bei und erhob das Gutachten des Orthopäden Dr. R. vom 11.12.2007. Dieser diagnostizierte ein wiederkehrendes Halswirbelsäulensyndrom mit Schulter-Arm-Syndrom links, ein Ohrgeräusch links, Hypotonie sowie einen muskelschwachen Habitus (Größe 151 cm, Gewicht 39 kg). Als Putzfrau könne die Klägerin nur unter drei Stunden täglich arbeiten, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts (unter qualitativen Einschränkungen) aber noch sechs Stunden täglich und mehr verrichten.
Mit Bescheid vom 14.12.2007 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Nachdem die Klägerin dagegen Widerspruch eingelegt hatte, bewilligte ihr die Beklagte mit Bescheid vom 14.3.2008 eine ganztägig ambulante Leistung zur medizinischen Rehabilitation in der R.-Reha, F., die die Klägerin vom 31.3. bis 25.4.2008 absolvierte. Im Entlassungsbericht vom 29.4.2008 sind die Diagnosen akute Belastungsreaktion mit depressiver Reaktion, muskulär bedingtes HWS-Syndrom und Spreizfuß links festgehalten. Die Klägerin könne als Reinigungskraft sechs Stunden täglich und mehr arbeiten und mittelschwere Tätigkeiten (unter qualitativen Einschränkungen) ebenfalls sechs Stunden täglich und mehr verrichten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 22.7.2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück, worauf die Klägerin am 18.8.2008 Klage beim Sozialgericht Freiburg erhob. Zur Begründung trug sie vor, eine Depressionserkrankung nehme ihr jegliche Kraft, weswegen sie nicht mehr arbeiten könne. Dies sei nicht ausreichend berücksichtigt worden. Körperliche Tätigkeiten seien ihr nicht mehr möglich, weil es dann sofort zu Schmerzen könne.
Das Sozialgericht befragte zunächst behandelnde Ärzte. Der Psychiater und Psychotherapeut Dr. W. gab die Diagnosen rezidivierende depressive Störung, residuale Dysthymia und vaskuläre Enzephalopathie an. Seit der Behandlung in der psychiatrischen Tagesklinik der Universitätsklinik F. vom 26.8. bis 5.12.2008 habe sich das ganz schlimme Depressionstief gebessert, die dysthyme Grundstimmung bestehe aber fort. Die Klägerin habe sich am 3.6. und 11.12.2008 vorgestellt. Eine Leistungseinschätzung sei auf dieser Grundlage nicht möglich (Bericht vom 18.12.2008). Der Allgemeinarzt Dr. H. teilte mit, die Gesamtsituation der Klägerin sei derzeit etwas stabiler, es bestehe aber die Gefährdung einer erneuten Dekompensation, wenn sie sechs Stunden täglich arbeiten müsste (Bericht vom 11.1.2009).
Das Sozialgericht erhob sodann das Gutachten des Psychiaters und Psychotherapeuten Prof. Dr. E. (Leiter der Sektion Forensische Psychiatrie und Psychotherapie der Universitätsklinik F.) vom 15.4.2009. Dieser diagnostizierte eine depressive Episode bei rezidivierender depressiver Störung. Die Klägerin sei zwar verstimmt und zeige eine Antriebsminderung, eine schwere Antriebshemmung liege aber nicht vor. Bei anspruchslosen Tätigkeiten seien daher dem Energieniveau keine vorzeitigen Grenzen gesetzt, die nicht willentlich überwunden werden könnten. Die Klägerin sei in der Lage, leichte Tätigkeiten (unter qualitativen Einschränkungen) mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Ein Heilverfahren zur weiteren Besserung bzw. zur Abwendung von Gefahren für die Leistungsfähigkeit werde empfohlen. Der fluktuierende Verlauf spreche dafür, dass weiterhin Änderungen der depressiven Symptomatik wahrscheinlich seien.
Die Beklagte unterbreitete der Klägerin daraufhin einen Vergleichsvorschlag; sie bot die Gewährung einer stationären Heilbehandlung an, sofern die Klägerin die Klage zurücknehme. Die Klägerin nahm das Vergleichsangebot nicht an.
Mit Gerichtsbescheid vom 1.9.2009 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, die Klägerin sei weder voll noch teilweise erwerbsgemindert (§ 43 Abs. 1 und 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch, SGB VI), da sie leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts (unter qualitativen Einschränkungen) mindestens sechs Stunden täglich verrichten könne. Das gehe namentlich aus dem Gutachten des Prof. Dr. E. überzeugend hervor. Die abweichende Leistungseinschätzung des Dr. H. sei nicht bestätigt worden. Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§ 240 SGB VI) stehe der Klägerin nicht zu, da sie sich breit auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisen lassen müsse.
Auf den ihr am 10.9.2009 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 8.10.2009 Berufung eingelegt. Sie hat zur Begründung vorgebracht, aus dem Gutachten von Prof. Dr. E. ergebe sich, dass die beschriebene psychische Symptomatik auf eine organische Erkrankung des Gehirns zurückzuführen sei. Im MRT ihres Schädels sei eine Marklagerläsion frontal und rechts parietal festgestellt worden. Ihre kognitive Leistungsfähigkeit in Bezug auf Konzentration und Auffassungsvermögen sei deshalb erheblich reduziert. Insoweit verweise sie auf das beigefügte Attest des behandelnden Psychiaters Dr. W. vom 25.08.2010. Vorgelegt wurde von ihr weiterhin der orthopädische Befundbericht von Dr. M. vom 26.4.2010.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 1.9.2009 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 14.12.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.7.2008 zu verurteilen, ihr Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Der vorgelegte Befundbericht des Dr. M. und die Stellungnahme des Dr. W. brächten keine neuen Erkenntnisse, die eine quantitative Leistungsminderung rechtfertigen könnten. Der MRT-Befund sei seit September 2008 bekannt und sei schon von Prof. Dr. E. gutachtlich gewürdigt worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch sonst zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, ihr Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren; sie hat darauf keinen Anspruch.
Das Sozialgericht hat in seinem Gerichtsbescheid zutreffend dargelegt, nach welchen Rechtsvorschriften (§§ 43, 240 SGB VI) das Rentenbegehren der Klägerin zu beurteilen ist, und weshalb ihr danach Rente nicht zusteht. Der Senat nimmt auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Gerichtsbescheids Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend sei angemerkt:
Der Senat teilt die Beweiswürdigung des Sozialgerichts. Auch nach seiner Auffassung geht aus den vorliegenden Gutachten des Dr. R. und des Prof. Dr. E. bzw. dem Entlassungsbericht der R.-Reha, F., vom 29.4.2008 hervor, dass die Klägerin leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts (unter qualitativen Einschränkungen) sechs Stunden täglich und mehr verrichten kann, weshalb sie nicht erwerbsgemindert ist (§ 43 Abs. 3 SGB VI). Prof. Dr. E., der eine depressive Episode bei rezidivierender depressiver Störung diagnostiziert hat, hat zwar eine Verstimmung und eine Antriebsminderung gefunden, eine schwere Antriebshemmung aber nicht festgestellt, weswegen dem Energieniveau für die Verrichtung anspruchsloser Tätigkeiten keine vorzeitigen Grenzen gesetzt sind, die die Klägerin nicht willentlich überwinden könnte. Eine hinreichend gewichtige und rentenberechtigende, Leistungsminderungen begründende Erkrankung des depressiven Formenkreises liegt damit nicht vor. Davon abgesehen sind Erkrankungen dieser Art behandelbar und zu behandeln und führen nicht unbesehen zur Berentung. Prof. Dr. E. hat insoweit ausdrücklich den fluktuierenden Verlauf der Erkrankung betont und hierauf gestützt angenommen, dass weiterhin Änderungen der depressiven Symptomatik wahrscheinlich seien. Er hat ein stationäres Heilverfahren befürwortet, das die Beklagte der Klägerin auch im Rahmen einer vergleichsweisen Erledigung des Rechtsstreits angeboten hat; die Klägerin hat dieses Angebot freilich ausgeschlagen.
Mit den Einschätzungen ihrer behandelnden Ärzte kann die Klägerin einen Rentenanspruch nicht erwirken. Der Psychiater und Psychotherapeut Dr. W. hat unter dem 18.12.2008 (im Gegenteil) über eine Besserung durch die Behandlung in der psychiatrischen Tagesklinik der Universitätsklinik F. (vom 26.8. bis 5.12.2008) berichtet und lediglich das Fortbestehen der dysthymen Grundstimmung angegeben. Eine Leistungseinschätzung hat er bei nur zwei Vorstellungen der Klägerin (am 3.6. und 11.12.2008) nicht abgeben können. Auch der Hausarzt der Klägerin, Dr. H., hat im Bericht vom 11.1.2009 eine etwas stabilere Gesamtsituation der Klägerin mitgeteilt. Dass er ohne nähere Begründung bei sechsstündiger Erwerbstätigkeit die Gefährdung einer erneuten Dekompensation sieht, genügt für den Nachweis einer rentenberechtigenden Leistungsminderung nicht. Vielmehr bleibt es bei der fundiert begründeten sozialmedizinischen Leistungseinschätzung (insbesondere) des Prof. Dr. E ... Gegen dessen Gutachten ist Stichhaltiges nicht eingewandt.
Auch die von der Klägerin zuletzt vorgelegte Berufungsbegründung vermag nicht zu überzeugen. Das Attest des Dr. W. vom 25.08.2010 beinhaltet nichts Neues. Sowohl die Marklagerläsionen als auch die anhaltenden Konzentrations- und Merkfähigkeitsstörungen sind von ihm in der Aussage vom 18.12.2008 bereits beschrieben worden. Die vom SG danach veranlasste Überprüfung des medizinischen Sachverhaltes durch den Sachverständigen Prof. Dr. E. hat bei der Klägerin indes nur eine im Gespräch diskret verminderte Konzentrationsfähigkeit ergeben, Störungen von Merkfähigkeit oder Gedächtnis vermochte der Sachverständige nicht zu finden. Zu Recht weist die Beklagte darauf hin, dass die Marklagerläsion seit September 2008 bekannt war und der Sachverständige Prof. Dr. E. in Kenntnis dieses Befundes seine Leistungsbeurteilung abgegeben hat. Bisher nicht bekannte Befunde werden von Dr. W. in dem Attest vom 25.08.2010 zudem nicht berichtet, weswegen kein Anlass besteht, eine erneute Überprüfung des Leistungsvermögens der Klägerin vorzunehmen. Aus dem gleichen Grund kommt auch dem orthopädischen Bericht des Dr. M. vom 26.04.2010 kein zusätzlicher Beweiswert zu.
Bei dieser Sachlage drängen sich dem Senat angesichts der vorliegenden Arztberichte und Gutachten weitere Ermittlungen, insbesondere weitere Begutachtungen, nicht auf.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weshalb die Berufung der Klägerin erfolglos bleiben muss. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
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