L 10 AL 366/07

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 13 AL 145/07
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 10 AL 366/07
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zur Frage der kurzzeitigen Beschäftigung eines Lehrers
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 20.11.2007 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.



Tatbestand:


Der Kläger wendet sich gegen die Rückforderung von Arbeitslosengeld (Alg) für den Zeitraum vom 17.02.2007 bis 25.03.2007.

Der Kläger meldete sich mit Wirkung zum 11.09.2006 arbeitslos und beantragte die Bewilligung von Alg. Mit der Antragsabgabe am 18.09.2006 bestätigte er durch Unterschrift das Merkblatt 1 für Arbeitslose erhalten und zur Kenntnis genommen zu haben. Die Beklagte bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 18.09.2006 Alg nach einem Bemessungsentgelt von 81,77 EUR, aus dem sich ein täglicher Leistungssatz von 30,51 EUR ergab.

Aufgrund einer Überschneidungsmitteilung kam der Beklagten zur Kenntnis, der Kläger habe in der Zeit vom 04.12.2006 bis 16.02.2007 eine versicherungspflichtige Beschäftigung am B. aufgenommen. Auf Anhörung teilte der Kläger mit, die Aufnahme der Tätigkeit habe er bereits mitgeteilt. Zahlungen seitens seines Arbeitsgebers seien durch das C. erst im Februar 2007 erfolgt. Der Arbeitgeber bestätigte die Beschäftigungszeit und teilte mit, der Kläger habe als Lehrer auf der Grundlage eines Teilzeitarbeitsvertrages 14 Unterrichtsstunden wöchentlich zu erbringen gehabt. Ein vergleichbarer Vollzeitbeschäftigter habe 24 Unterrichtsstunden abzuleisten.

Mit bestandskräftigem Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 23.04.2007 in Bezug auf den Zeitraum 04.12.2006 bis 16.02.2007 forderte die Beklagte Alg in Höhe von 2.227,23 EUR zurück.

Mit Bescheid vom 23.04.2007 hob die Beklagte die Leistungsbewilligung für den Zeitraum 17.02.2007 bis 25.03.2007 auf. Die Aufnahme einer mehr als geringfügigen Beschäftigung für die Zeit ab dem 17.02.2007 habe zum Wegfall der Arbeitslosmeldung (§ 122 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - SGB III) als Anspruchsvoraussetzungen für den Leistungsbezug geführt. Erst für die Zeit ab der persönlichen Vorsprache am 26.03.2007 habe wieder ein Anspruch auf Leistungen bestanden. Zu Unrecht erbrachtes Alg sei in Höhe von 1.189,89 EUR zurückzuerstatten. Mit weiterem Bescheid vom 23.04.2007 machte die Beklagte auch die Erstattung von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 389,89 EUR bzw. 43,37 EUR (insgesamt 436,26 EUR) gegenüber dem Kläger geltend. Mit seinem Widerspruch dagegen machte der Kläger geltend, er habe der Beklagten die Aufnahme seiner kurzfristigen Beschäftigung per E-Mail angezeigt. Grobe Fahrlässigkeit sei ihm daher nicht vorzuwerfen. Er sei nicht bereit, den geforderten Betrag von 1.626,15 EUR (Alg 1.189,89 EUR zzgl. Sozialversicherung 436,26 EUR) zu erstatten. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15.05.2007 zurück. Der Kläger habe seine Mitteilungspflicht in Bezug auf die Aufnahme der mehr als geringfügigen Beschäftigung zumindest grob fahrlässig verletzt. Dies habe zum Erlöschen der Arbeitslosmeldung geführt, sodass trotz Beschäftigungslosigkeit auch für die Zeit ab dem 17.02.2007 kein Anspruch auf Alg bestanden habe.

Mit der hiergegen zum Sozialgericht Würzburg (SG) erhobenen Klage hat der Kläger vorgetragen, nach seinem Arbeitsvertrag habe er 14 Unterrichtsstunden in der Woche abzuleisten gehabt. Der Staat berechne die Arbeitsstunde eines Lehrers mit 45 Minuten Unterrichtszeit sowie 15 Minuten Vor- und Nachbereitungszeit. Unentgeltliche Mehrstunden, wie von der Beklagten unterstellt, seien nicht zu berücksichtigen. Nachdem durch die Aufnahme der Tätigkeit die Arbeitslosigkeit nicht weggefallen sei, habe eine Mitteilungspflicht nicht bestanden. Das SG hat die Klage mit Urteil vom 20.11.2007 abgewiesen. Die Aufnahme der Tätigkeit ab dem 04.12.2006 habe zum Wegfall der Arbeitslosigkeit geführt, denn die Tätigkeit sei mehr als geringfügig gewesen. Mit 14 Unterrichtsstunden im Vergleich zu einer Vollzeitkraft mit 24 Unterrichtsstunden entspreche dies einem Arbeitszeitanteil von 35 Wochenstunden (gemeint ist wohl aufgerundet 25 Stunden). Bei gewissenhafter Vor- und Nacharbeit werde jedenfalls ein wöchentlicher Arbeitsumfang von 15 Stunden überschritten. Der Kläger habe seine Mitteilungspflicht grob fahrlässig verletzt, denn im Hinblick auf den widersprüchlichen Vortrag liege es nahe, dass keine Meldung erfolgt sei. Aus den Hinweisen im Merkblatt für Arbeitslose seien dem Kläger die Mitteilungspflichten bekannt gewesen.

Zur Begründung der hiergegen zum Bayerischen Landessozialgericht eingelegten Berufung hat der Kläger vorgetragen, die reine Unterrichtszeit habe nach seinem Arbeitsvertrag 10,5 Stunden (= 14 x 45 Minuten) in der Woche betragen. Aufgrund seiner Erfahrung seien die Vor- und Nacharbeit auf ein Minimum beschränkbar gewesen, so dass er weniger als 15 Wochenstunden gearbeitet habe. Seit 21.01.2007 sei er ohnehin nicht mehr arbeitsfähig gewesen. Bewertungen der Schüler seien nicht erforderlich gewesen, denn die Noten hätten bereits festgestanden. Eine Elternsprechstunde sei nicht vorgesehen gewesen. Stundenpläne könne er nicht mehr vorlegen. Seine Gesamtarbeitszeit schätze er auf ca. 13 Wochenstunden.

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichtes Würzburg vom 20.11.2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 23.04.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.05.2007 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend.

Der Senat hat Beweis erhoben durch die schriftliche Befragung des Schulleiters des Gymnasiums B-Stadt. Der Kläger habe 14 Unterrichtsstunden samt entsprechender Leistungstests abzuhalten, an Klassenkonferenzen teilzunehmen und Elternsprechstunden bei Bedarf abzuhalten gehabt. Mit einer Unterrichtsstunde (45 Minuten) sei unter Berücksichtigung dieser Aufgaben sowie der Korrektur-, Vor- und Nacharbeiten ein zeitlicher Aufwand von zwei Stunden verbunden.

Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die beigezogene Personalakte des Klägers, die Akten der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.



Entscheidungsgründe:


Die form- und fristgerechte Berufung (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG) ist zulässig. Das Rechtsmittel ist jedoch unbegründet. Zurecht hat die Beklagte mit den Bescheiden vom 23.04.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.05.2007 den Bewilligungsbescheid vom 18.09.2006 in Bezug auf das Alg für den Zeitraum vom 17.02.2007 bis 25.03.2007 aufgehoben und die Erstattung der überzahlten Leistungen sowie der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung gefordert. Der Kläger war aufgrund seiner mehr als zeitlich geringfügigen (kurzzeitigen) Beschäftigung als Lehrer, die er der Beklagten nicht mitgeteilt hat, für die Zeit ab dem 17.02.2007 nicht mehr arbeitslos gemeldet, so dass ein Leistungsanspruch trotz tatsächlicher Beschäftigungslosigkeit entfallen war. Der weitere Bescheid vom 23.04.2007 (Aufhebung für die Zeit vom 04.12.2006 bis 16.02.2007) ist bestandskräftig geworden.

Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben, soweit der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist (§ 48 Abs 1 Satz 2 Nr. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB X - i.V.m. § 330 Abs 3 Satz 1 SGB III).

Der Kläger hatte in der Zeit ab dem 17.02.2007 bis zu seiner erneuten Arbeitslosmeldung am 26.03.2007 keinen Anspruch auf Alg, denn er war trotz tatsächlicher Beschäftigungslosigkeit nicht arbeitslos gemeldet. Aufgrund seiner der Beklagten nicht gemeldeten Arbeitsaufnahme zum 04.12.2006 war die mit Wirkung zum 11.09.2006 erfolgte Arbeitslosmeldung erloschen.

Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit haben Arbeitnehmer, die sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet haben (§ 118 Abs 1 Nr. 2 SGB III). Der Arbeitslose hat sich persönlich bei der zuständigen Agentur für Arbeit arbeitslos zu melden (§ 122 Abs 1 Satz 1 SGB III). Die Wirkung der Meldung erlischt mit der Aufnahme der Beschäftigung, selbständigen Tätigkeit oder Tätigkeit als mithelfender Familienangehöriger, wenn der Arbeitslose diese der Agentur für Arbeit nicht unverzüglich mitgeteilt hat (§ 122 Abs 2 Nr. 2 SGB III).

Der Kläger hat am 04.12.2006 eine Tätigkeit als Lehrer am B. aufgenommen, die er der Beklagten nicht angezeigt hat. In diesem Zusammenhang ist zwar nicht auf die Versicherungspflicht des Beschäftigungsverhältnisses abzustellen, die vorliegend gegeben war. Entgegen der Auffassung des Klägers war das Beschäftigungsverhältnis gegenüber der Beklagten jedoch wegen des zeitlichen Umfanges mitteilungspflichtig, denn es war mehr als kurzzeitig iSd § 119 Abs 3 SGB III und damit geeignet, die Arbeitslosigkeit des Klägers zu beenden. Derartige Beschäftigungsverhältnisse führen jedoch - wie vorliegend - im Falle ihrer Nichtanzeige dazu, dass die Wirkung der persönlichen Arbeitslosmeldung grundsätzlich nicht fortwirkt (vgl. BSG, Urteil vom 29.10.2008 -
B 11 AL 44/07 R - SozR 4-4300 § 118 Nr. 3). Mit dem Erlöschen der Arbeitslosmeldung durch Aufnahme der mehr als kurzzeitigen Tätigkeit waren die Anspruchsvoraussetzungen für den Leistungsbezug auch ab dem 17.02.2007 weggefallen.

Es bestehen in diesem Zusammenhang keine Zweifel, dass die Tätigkeit des Klägers mehr als kurzeitig im Sinne des § 119 Abs 3 SGB III war und dessen Arbeitslosigkeit zum 04.12.2006 beendet hat. Die Ausübung einer Beschäftigung, selbständigen Tätigkeit oder Tätigkeit als mithelfender Familienangehöriger (Erwerbstätigkeit) schließt die Beschäftigungslosigkeit lediglich dann nicht aus, wenn die Arbeits- oder Tätigkeitszeit (Arbeitszeit) weniger als 15 Stunden wöchentlich umfasst; gelegentliche Abweichungen von geringer Dauer bleiben unberücksichtigt (§ 119 Abs 3 SGB III).

Auch wenn der Kläger vorbringt, er sei in der Lage gewesen, die im Teilzeitarbeitsvertrag vereinbarte Wochenstundenzahl von 14 Unterrichtsstunden in ca. 13 Wochenstunden abzuarbeiten, führt dies nicht dazu, seine Tätigkeit als zeitlich geringfügig zu qualifizieren. Insoweit ist nicht auf die individuellen Fähigkeiten des Klägers sondern darauf abzustellen, ob ein durchschnittlich begabter Lehrer mit durchschnittlicher Fertigkeit bei normalem Ablauf der Ereignisse unter üblichen Arbeitsbedingungen einschließlich der Vor- und Nacharbeit sowie unter Berücksichtigung der individuellen Besonderheiten der von ihm auszuführenden Arbeiten weniger als 15 Arbeitsstunden wöchentlich benötigt (vgl. BSG, Urteil vom 08.09.1988 - 11/7 RAr 65/87 - SozR 4000 § 102 Nr. 8). Ausgangspunkt für diese Einschätzung ist der Arbeitsvertrag des Klägers vom 30.01.2007, der allerdings keine Hinweise dazu enthält, in welchem Umfang Vor- und Nacharbeiten gefordert werden. Ausgehend von der Überlegung, dass eine Vollzeitkraft - wie arbeitsvertraglich geregelt - 24 Unterrichtsstunden zu leisten hat, ist im Falle des Klägers mit einer vereinbarten Arbeitszeit von 14 Schulstunden eine überhälftige Tätigkeit anzunehmen. Demgegenüber hat ein Angestellter im öffentlichen Dienst zwischen 38 1/2 und 40 Wochenstunden regulär abzuleisten, so dass die Überlegung des SG, der Kläger habe ca. 25 Arbeitsstunden (einschließlich Vor- und Nacharbeit) - bei den vom SG angegebenen 35 Stunden handelt es sich um einen Schreib- oder Rechenfehler - abzuleisten gehabt, nicht zu beanstanden ist. Dies deckt sich auch im Wesentlichen mit den Ermittlungen des Senates, denn der Schulleiter des Gymnasiums in B-Stadt, an dem der Kläger in der Zeit vom 04.12.2006 bis 16.02.2007 angestellt war, hat bestätigt, dass bei ordnungsgemäßer und sachgerechter Durchführung des Lehrauftrages ca. 120 Minuten Arbeitsaufwand je Schulstunde zu veranschlagen sind, mithin ein wöchentlicher Arbeitsaufwand von insgesamt ca. 28 Wochenstunden bezogen auf 14 Unterrichtsstunden.

Aber auch die eigenen Angaben des Klägers führen nicht dazu, eine Wochenarbeitszeit von weniger als 15 Stunden nachvollziehbar zu machen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass nicht auf die tatsächlich erbrachte Arbeitsleistung abzustellen ist, sondern auf den bei Arbeitsaufnahme zu prognostizierenden Arbeitsumfang, denn allein hiervon hängt ab, ob das aufgenommene Beschäftigungsverhältnis der Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung unterliegt, und welche Konsequenzen aus der Beschäftigungsaufnahme für den bisherigen Bezug von Sozialleistungen zu ziehen sind.

Hierbei war - entgegen dem Vorbringen des Klägers - festzustellen, dass in den Klassen, die der Kläger zum 04.12.2006 übernommen hat, die Noten nicht bereits festgestanden haben, so dass er nur noch den Unterricht habe halten müssen. Nach den Angaben des Gymnasiums B-Stadt waren in fünf der sieben Klassen, die der Kläger zu betreuen hatte, noch Stegreifaufgaben zu schreiben. Insgesamt waren in den Klassen 5a (27 Schüler), 5c (27 Schüler), 7a (29 Schüler), 8c (29 Schüler) und 10d (32 Schüler) 144 Arbeiten zu entwerfen und zu korrigieren, wobei der Arbeitsaufwand bereits nach den eigenen Angaben des Klägers mindestens 864 Minuten (= 6 Minuten x 144 Arbeiten), d.h. ca. 14 1/2 Stunden betragen hätte. Zudem hätte der Kläger an den Klassenkonferenzen zum Halbjahreszeugnis teilnehmen müssen, wofür ca. 3 1/2 Stunden (= 7 x 1/2 Stunde) anfallen wären, so dass der Kläger neben der Untersichtszeit (45 Minuten) und der selbst vorgetragenen Vor- und Nachbereitungszeit (15 Minuten je Schulstunde) noch ca. 18 Stunden in der Laufzeit seines Arbeitsvertrages abzuleisten hatte. Berücksichtigt man hierbei, dass der Kläger in der Zeit vom 23.12.2006 bis 07.01.2007 während der Weihnachtsferien (wegen Urlaubsgewährung und Freistellung vom Dienst) nicht zur Arbeitsleistung verpflichtet war, war die mit der Notenermittlung verbundene Arbeitszeit von 18 Stunden in den übrigen 9 Wochen der Beschäftigung (04.12.2006 bis 19.12.2006 und 08.01.2007 bis 16.02.2007) zu erbringen. Insgesamt hatte der Kläger daher auch nach seinen eigenen - kaum nachvollziehbaren - Angaben neben den 14 Arbeitsstunden (= 45 Minuten (Unterricht) x 14 + 15 Minuten (Vor- und Nachbereitung) x 14) je Woche mindestens zwei weitere Wochenstunden (= 18 Stunden: 9 Wochen) an Arbeitsaufwand, die zwanglos den Schluss auf eine Wochenarbeitszeit von mindestens 16 Stunden durchschnittlich zulassen.

Im Ergebnis bestehen daher sowohl bei individualisierter als auch bei generalisierender Betrachtungsweise keine Zweifel, dass die Beschäftigung des Klägers mehr als kurzeitig war, d.h. mindestens 15 Wochenstunden umfasst hat.

Die Aufnahme dieser Beschäftigung hat der Kläger der Beklagten auch nicht angezeigt, so dass mit der Aufnahme dieser Tätigkeit, die Wirkung der Arbeitslosmeldung, die auch Grundlage der Alg-Bewilligung für die Zeit ab dem 17.02.2007 war, weggefallen ist.

Der Umstand, dass der Kläger unterlassen hat, die Beschäftigungsaufnahme gegenüber der Beklagten anzuzeigen, rechtfertigt auch den Leistungsbescheid vom 18.09.2006 für die Zeit ab dem 17.02.2007 mit Wirkung für die Vergangenheit aufzuheben, denn der Kläger hat seine diesbezügliche Mitteilungspflicht zumindest grob fahrlässig verletzt. Grobe Fahrlässigkeit liegt nach der Legaldefinition (§ 45 Abs 2 Satz 3 Nr.3 2.HS SGB X) vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, insbesondere wenn er naheliegende Überlegungen, die jedem einleuchten müssen, nicht in Betracht gezogen hat.

Dieses Maß an Verletzung seiner Sorgfaltspflichten hat der Kläger verwirklicht, denn mit dem Antrag auf Alg zum 11.09.2006 hat er durch Unterschrift bestätigt das Merkblatt 1 für Arbeitslose erhalten und zur Kenntnis genommen zu haben. Ausweislich dieses Merkblattes Punkt 8.2 (Mitwirkungs- und Mitteilungspflichten) werden die Leistungsempfänger unter Nr. 2 ebenso wie unter Punkt 2.3 /Beschäftigungslos sein) ausdrücklich darauf hingewiesen, dass leistungsrelevante Umstände, insbesondere jede Aufnahme einer Beschäftigung anzuzeigen sind, denn die Agentur für Arbeit habe bei jeder Aufnahme einer Beschäftigung oder Tätigkeit zu überprüfen, ob die Arbeitslosigkeit und damit der Anspruch auf Alg entfällt. Darüber hinaus werden Leistungsempfänger auch über die Konsequenzen der sich aus § 122 Abs 2 Nr. 2 SGB III ergebenden Mitteilungspflicht informiert. Unter Punkt 2.3 (Beschäftigungslos sein - besondere Hinweise) wird klar strukturiert, objektiv nachvollziehbar und auch für den Kläger - mit den intellektuellen Fähigkeiten eines promovierten Theologen - verständlich dargelegt, dass durch die Aufnahme einer mindestens 15 Wochenstunden umfassenden Beschäftigung die Arbeitslosigkeit unterbrochen wird und für den weiteren Leistungsbezug eine erneute Arbeitslosmeldung erforderlich ist, wenn die Unterbrechung mehr als sechs Wochen andauert. Hierbei soll die in § 122 Abs 2 Nr. 2 SGB III normierte Mitteilungspflicht verhindern, dass Leistungsempfänger, die der Agentur für Arbeit die Aufnahme einer Beschäftigung verschweigen, ungerechtfertigte Vorteile erwachsen (vgl. BSG, Urteil vom 09.02.2006 - B 7a AL 58/05 R - juris). Das Vorbringen des Klägers im Widerspruchsverfahren, er habe die Aufnahme der Beschäftigung gegenüber der Beklagten angezeigt, lässt zudem den Schluss zu, dass der Kläger diese Pflicht auch dem Grunde nach kannte.

Belege dafür, dass er diese Mitteilungspflicht erfüllt hat, finden sich nach Lage der Akten jedoch nicht. Insbesondere hat es der Kläger versäumt Belege vorzulegen (z.B. Ausdrucke aus seinem E-Mail-Konto über die Mitteilung der Beschäftigungsaufnahme zum 04.12.2006), die eine Erfüllung seiner Mitteilungspflichten nachvollziehbar machen würden. Soweit der Kläger im Klage- und Berufungsverfahren vorträgt, eine Mitteilungspflicht habe nicht bestanden, lässt dies vielmehr den Schluss zu, der Kläger habe seine Pflichten dem Grunde nach zwar gekannt, diese jedoch bewusst nicht erfüllt, weil er sich über die Notwendigkeit der Mitteilung geirrt hat. Ein derartiger Rechtsirrtum wäre jedoch durch eine Rückfrage bei der Beklagten ohne weiteres vermeidbar gewesen, und wird Leistungsempfängern in Zweifelfällen auch nahegelegt (Punkt 2.3 des Merkblattes - Besondere Hinweise). Eine derartige Rückfrage wäre auch deshalb naheliegend gewesen, weil unabhängig von der Wochenarbeitszeit, das aus der Lehrertätigkeit bezogene Einkommen auf den Alg-Anspruch anzurechnen gewesen wäre. Auch hierzu hat der Kläger eine Mitteilung unterlassen, so dass dessen Angaben zur Erfüllung der Mitteilungspflicht weder glaubhaft noch nachvollziehbar sind. Soweit sich der Kläger in diesem Zusammenhang auf seine eigenen, nicht hinreichenden Rechtskenntnisse verlassen und deshalb eine Mitteilung an die Beklagte unterlassen haben sollte, hat er die einfache und naheliegende Überlegung ignoriert, er könne mit seiner Rechtsansicht und der Beurteilung der Sachlage falsch liegen. Er hat billigend in Kauf genommen, Alg zu Unrecht zu beziehen.

Mit dem Bescheid vom 23.04.2007 hat die Beklagte die für eine Aufhebung einzuhaltende Jahresfrist gewahrt (§ 48 Abs 4 Satz 1 i.V.m. § 45 Abs 4 Satz 2 SGB X), denn sie hat erst im März 2007 von den für die Aufhebungsentscheidung maßgeblichen Tatsachen Kenntnis erlangt.

Mit der Aufhebung der Leistungsbewilligungen hat der Kläger die zu Unrecht gezahlten Leistungen zu erstatten (§ 50 Abs 1 Satz 1 SGB X).

Darüber hinaus hat der Kläger der Beklagten mit der Aufhebung der Leistungsbewilligung - mangels eines weiteren Pflichtversicherungsverhältnisses (§ 335 Abs 1 Satz 2 SGB III) - auch die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung für den Zeitraum 17.02.2007 bis 25.03.2007 zu erstatten (§ 335 Abs 1 Satz 1, Abs 5 SGB III). Aufgrund des pflichtwidrigen Verhaltens des Klägers hatte die Beklagte auch nicht aus Gründen der Billigkeit von einer Rückforderung der Versicherungsbeiträge abzusehen (vgl. hierzu Düe in Niesel/ Brand, SGB III, 5. Aufl., § 335 Rn.9 unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 21.11.2002 - B 11 AL 79/01 R - SozR 3 - 4300 § 335 Nr. 2).

Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Berechung der Erstattungsbeträge sind nach Lage der Akten nicht ersichtlich und werden vom Kläger auch nicht geltend gemacht, so dass er verpflichtet ist, die überzahlten Leistungen (1.189,89 EUR) sowie Beiträge zur Kranken- und Pflegversicherung (436,26 EUR) zu erstatten.

Nachdem der Kläger lediglich bis 03.12.2006 Alg rechtmäßig bezogen hat, hat er für den Zeitraum vom 04.12.2006 bis 25.03.2007 die zu Unrecht erbrachten Leistungen zu erstatten. Hierbei entfiel auf den Dezember 2006 ein Betrag von 823,77 EUR (= Monatsbetrag 915,30 EUR = 30 Tage a 30,51 EUR - abzgl. des rechtmäßigen Bezuges von 91,53 = EUR 3 Tage a 30,51 EUR für Dezember 2006), auf den Januar 2007 ein Betrag von 915,30 EUR und auf die Zeit bis 16.02.2007 ein Betrag von 488,16 EUR (=16 Tage a 30,51 EUR). Den hieraus resultierenden Gesamtbetrag von 2.227,23 EUR hat die Beklagte bereits mit bestandskräftigem Bescheid vom 23.04.2007 zurückgefordert. Im Rahmen des anhängigen Verfahrens hat der Kläger daher den noch offenen Betrag für Februar 2007 in Höhe von 427,14 EUR (=Monatsbetrag 915,30 EUR (= 30 Tage a 30,51 EUR abzgl. der bereits festgestellten Rückforderung von 488,16 EUR) sowie für März 2007 einen Betrag von 762,75 EUR (= 25 Tage a 30,51 EUR) zu erstatten.

Auch die Berechnung der Krankenversicherungsbeiträge in Höhe von 392,89 EUR sowie Pflegeversicherungsbeiträge in Höhe von 43,37 EUR ist nicht zu beanstanden. Nach § 232a Abs 1 Satz 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) sowie des § 57 Abs 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) war das der Beitragsberechnung zugrunde zu legende Arbeitsentgelt (KV- Entgelt) in Bezug auf das Alg aus 80 v.H. des dem Leistungsbezug zugrundeliegenden Bemessungsentgeltes (BE) zu berechnen. Das KV- Entgelt beträgt für den Zeitraum 17.02.2007 bis 25.03.2007 (39 Tage Leistungsbezug) 2.551,22 EUR (= 39 x 81,77 EUR x 80 v.H.), so dass bei einem Beitragssatz der Krankenversicherung von 15,4 % bzw. der Pflegeversicherung von 1,7 % die von der Beklagten geforderten Beträge zutreffend ermittelt sind.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG und ergibt sich aus dem Unterliegen des Klägers.

Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs 2 Nr.1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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