Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 2 R 668/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 4875/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 12. September 2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob der Kläger ab 01. Juni 2007 Rente wegen voller Erwerbsminderung beanspruchen kann.
Der am 1959 geborene, seit 2007 erneut verheiratete Kläger durchlief vom 02. August 1975 bis 31. Januar 1979 erfolgreich eine Ausbildung zum Maschinenbaumechaniker und war sodann als Maschineneinrichter in einer Nadelfabrik, Kontrolleur, Montagearbeiter, Elektromechaniker, unterbrochen durch eine Ausbildung zum Versicherungskaufmann zwischen dem 01. Januar 1991 und 31. Mai 1991, als CNC-Dreher und zuletzt vom 29. September 1991 bis 13. August 2003 als Maschineneinrichter versicherungspflichtig beschäftigt. Ab 14. August 2003 bezog er Krankengeld und anschließend vom 01. Dezember 2004 bis 28. Februar 2006 Arbeitslosengeld. Gleichzeitig übte er vom 01. Dezember 2004 bis 28. Februar 2006 eine geringfügige versicherungsfreie Beschäftigung als Einzelhandelsverkäufer aus. Vom 01. März 2006 bis 30. Juni 2007 war er mit Pflichtbeiträgen zur Rentenversicherung vom 01. März bis 31. Dezember 2006 selbstständig tätig als Fossilien- und Edelsteinhändler. Vom 01. Juli 2007 bis 29. September 2007 bezog der Kläger erneut Arbeitslosengeld, seit 01. Januar 2008 bis zumindest 30. September 2008 erhielt er Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Bei einem Motorradunfall im Jahr 1976 erlitt der Kläger eine komplette Unterschenkelfraktur links, die in Fehlstellung ausheilte und 1997 eine operative Korrektur der Unterschenkelachse erforderlich machte. Vom 16. Oktober bis 20. November 2000 befand sich der Kläger in einer stationären Maßnahme der medizinischen Rehabilitation in der Rehaklinik G. in Glottertal statt. Im Entlassungsbericht des Leitenden Arztes Prof. Dr. H. vom 08. Dezember 2000 wurden als Diagnosen depressive Anpassungsstörung und chronisches Schmerzsyndrom genannt. Aus medizinischer Sicht bestünden Einschränkungen bezüglich außergewöhnlicher Belastungen des Achsenskeletts. Ausgeschlossen sei Heben und Tragen von Gewichten über 30 kg. Seine letzte Tätigkeit als Maschinenbaumechaniker könne der Kläger noch vollschichtig ausüben. Seit 08. Mai 2007 besteht beim Kläger ein Grad der Behinderung (GdB) von 50.
Der Kläger beantragte am 26. Juni 2007 bei der Beklagten Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte erhob ein Gutachten der Internistin, Sozialmedizinerin Dr. M ... Diese diagnostizierte in ihrem Gutachten vom 16. August 2007 unter Berücksichtigung von den den Kläger betreffenden Arztbriefen aus dem Jahr 2007 des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. Z., des Radiologen Dr. Sc. und des Hals-Nasen-Ohrenarztes Dr. G. sowie eines sozialmedizinischen Gutachtens des Dr. B. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) vom 02. März 2004 (Diagnosen: Chronische Lumbalgien, ISG-Syndrom linksbetont, Zustand nach Unfallverletzung mit Fibula- und Tibiatrümmerfraktur "1975" mit persistierenden Schmerzen und leichter Fehlstellung des linken Fußes, Verdacht auf somatoforme Störung (gebessert)) degenerative Kniescheibenveränderungen, deutliche Vernarbungen der Patellasehne und Verknöcherung der Membrana interossea links nach operiertem (Marknagelung) komplettem Unterschenkelbruch links 1976 (privater Verkehrsunfall) mit Refraktur und Fixateurbehandlung 1976 wegen Rotationsfehlstellung und operativer Achskorrektur 1997, normale Beweglichkeit aller Beingelenke links, leichte Beinverkürzung links, eine somatoforme Schmerzstörung bei sozialen Belastungsfaktoren, einen einsegmentalen Bandscheibenschaden der Lendenwirbelsäule ohne neurologische Ausfallserscheinungen, normale Wirbelsäulenbeweglichkeit und eine leichte Hörminderung rechts nach Schädelbasisbruch 1976 ohne Beeinträchtigung der Verständigung in Umgangssprache, eine sensible Engpasssymptomatik des linken Ellennervens und eine geringfügige sensible Engpasssymptomatik des linken Mittelhandnervens. Sie führte aus, bezüglich des Schmerzmittelkonsums sei festzustellen, dass der Kläger bislang keine hochpotenten Schmerzmittel einnehmen müsse und dass Versuche mit einer Schmerzmittelgabe über einen Peridualkatheter die Schmerzen, die er in den linken Unterschenkel lokalisiere, nicht besserten. Schonungszeichen fänden sich nicht. Eine Gehbehinderung liege nicht vor. Die vom Kläger geklagte Schmerzsymptomatik im linken Unterschenkel sei nach ihrer Einschätzung größtenteils als somatoforme Schmerzstörung zu betrachten, wobei ein Organkern vorhanden sei. In Zusammensicht der Befunde und wegen der degenerativen Kniescheibenveränderungen links sei der Kläger nicht mehr für vermehrt kniebelastende Tätigkeiten und wegen seiner psychischen Problematik nicht mehr für Tätigkeiten mit vermehrtem Zeitdruck geeignet. Unter Beachtung dieser Funktionseinschränkungen sei er jedoch für leichte bis mittelschwere Arbeiten weiterhin mindestens sechs Stunden und mehr einsetzbar. Dies gelte auch für den erlernten Beruf als Maschinenbaumechaniker und für die letzte Tätigkeit als selbstständiger Verkäufer. Mit Bescheid vom 20. August 2007 lehnte die Beklagte daraufhin den Rentenantrag ab. Mit dem vorhandenen Leistungsvermögen könnten im angelernten Beruf als selbstständiger Verkäufer Tätigkeiten im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich ausgeübt werden. Es liege daher weder eine volle noch eine teilweise Erwerbsminderung bzw. Berufsunfähigkeit vor.
Der Kläger erhob Widerspruch, den er damit begründete, dass ihm eine Arbeitstätigkeit im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich schlechterdings nicht möglich sei. Seine unterschiedlichen Krankheitsbilder seien im jeweiligen Einzelfall nicht in der Schwere der Erkrankung richtig beurteilt worden und außerdem sei das Zusammenspiel der unterschiedlichen Symptome, die insgesamt zu einer Erwerbsunfähigkeit führten, verkannt worden. Dies gelte insbesondere für die diagnostizierte Schmerzproblematik in Verbindung mit den degenerativen Kniescheibenveränderungen. Die Beklagte erhob hierauf das am 29. Oktober 2007 erstattete Gutachten der Fachärztin für Chirurgie/Unfallchirurgie Dr. Schw ... Die Gutachterin nannte unter Berücksichtigung weiterer Arztbriefe des Radiologen Dr. H. vom 22. August 2007 über eine am Vortag durchgeführte Kernspintomographie der Lendenwirbelsäule (Beurteilung: Akute Osteochondrose mit rechtsseitigem Endplattenödem als Überlastungszeichen im Segment L 4/5, wobei auf dieser Höhe eine leichte dorsale Bandscheibenprotrusion und relative rechtsseitige degenerative Foramenstenose vorliege), des Ambulanzberichts des Ärztlichen Direktors und Chefarztes Prof. Dr. G.-Z., S.-klinik Z., über eine Vorstellung des Klägers in der orthopädischen Ambulanz am 01. August 2007 (Diagnosen: Knöchern konsolidierte Tibia- und Fibulafraktur nach Motorradunfall 1976, verknöcherte Syndesmose im Bereich mittlere Tibia- und Fibula) mit geringfügigen Abweichungen in der Wortwahl dieselben Diagnosen wie Dr. M ... Die Beschwerden des Klägers im linken Unterschenkel und Knie seien aufgrund der Retropatellararthrose sowie des Brückenkallus im Bereich der ehemaligen Fraktur mit leichten kernspintomographisch nachgewiesenen Reizzeichen der Fascie nachvollziehbar. Es bestehe jedoch eine Diskrepanz zwischen der beschriebenen Schmerzintensität und dem weitgehend unauffälligen körperlichen Untersuchungsbefund. Der Kläger nehme nach wie vor nur ein niederpotentes Schmerzmittel. Auch die vom Kläger angegebenen Rückenschmerzen beim Bücken und Anheben schwerer Gegenstände seien nachvollziehbar, durch Erlernen der Regeln der Rückenschule und regelmäßige Krankengymnastik indessen behebbar. Die geschilderten Schmerzen im linken Arm mit einschießenden krampfartigen Schmerzen im Oberarm seien nicht objektivierbar. Halswirbelsäule und Schultergelenke seien völlig frei beweglich ohne Angabe von Schmerzen. Auch die Muskulatur habe keine Auffälligkeiten aufgewiesen. Die grobe Kraft sei seitengleich gewesen. Sensibilitätsstörungen am linken Unterarm und an der ulnaren Handpartie links hätten nicht mehr bestanden. Der Kläger könne weiterhin leichte bis mittelschwere Tätigkeiten über sechs Stunden täglich ausüben. Ausschließlich stehende Tätigkeiten, häufiges Knien und Hocken sowie häufiges Treppensteigen, Klettern und Steigen sollten vermieden werden. Sowohl im erlernten Beruf als Maschinenbaumechaniker als auch als selbstständiger Verkäufer könne er weiterhin, sofern diese Tätigkeit nicht ausschließlich im Stehen erfolge, sechs Stunden und mehr arbeiten. Mit Widerspruchsbescheid vom 30. Januar 2008 wies die Widerspruchsstelle der Beklagten den Widerspruch zurück. Volle bzw. teilweise Erwerbsminderung bzw. teilweise Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit liege nicht vor. Die Beurteilung des Leistungsvermögens durch den sozialmedizinischen Dienst sei schlüssig und nachvollziehbar.
Am 20. Februar 2008 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG) und begehrte Rente wegen voller Erwerbsminderung. Er machte geltend, bei richtiger Bewertung der jeweils vorhandenen Einzelbefunde könne bei ihm von keiner Erwerbsfähigkeit mehr ausgegangen werden. Insbesondere verkenne die Beklagte, dass sich seit Antragstellung die Einzelbefunde laufend verschlechterten und der bei ihm vorhandenen psychosomatischen Belastungsstörung werde keinerlei Relevanz eingeräumt. Er hinke sichtbar und befinde sich in fortlaufender physiotherapeutischer Behandlung. Er legte den Arztbrief des Dr. Sc. vom 21. Februar 2008 über eine Kernspintomographie der Halswirbelsäule vom 19. Februar 2008 (Beurteilung: Deutliche rechtsseitige degenerative Neuroforamenstenose und mittelgradige linksseitige im Segment C 3/4 durch Unkovertebralarthrosen (mit dorsaler Bandscheibenprotrusion), diskrete akute (aktivierte) Osteochondrose in diesem Segment als Überlastungszeichen, relative degenerative Neuroforamenstenosen C 4/5 und C 5/6 (mit dorsalen Bandscheibenprotrusionen), deutliche chronische Osteochondrose und Spondylosis deformans C 6/7 mit dorsaler Bandscheibenprotrusion ohne wesentlichen Kompressionseffekt sowie dorsale Bandscheibenprotrusion C 7/TH 1 ohne wesentlichen Kompressionseffekt) und die von Dr. Z. im Verfahren S 12 SB 4678/07 erteilte sachverständige Zeugenauskunft vom 29. Januar 2008 über seine Behandlung von 2003 bis Juli 2007 vor.
Die Beklagte trat der Klage entgegen und legte die ärztliche Stellungnahme des Chirurgen/Unfallchirurgen Dr. St. vom 09. Juni 2008 vor.
Das SG hörte behandelnde Ärzte als sachverständige Zeugen. Arzt für Anästhesiologie/Spezielle Schmerztherapie Dr. M. (Auskunft vom 17. März 2008) berichtete, der Kläger befinde sich seit dem 08. März 2007 in regelmäßigen Abständen in seiner schmerztherapeutischen Behandlung. Er sei beeinträchtigt durch multiple, degenerative Veränderungen der Hals- und Lendenwirbelsäule sowie eine reduzierte Belastbarkeit des linken Beines bei Zustand nach Unterschenkelfraktur und Osteosynthese und durch eine operativ versorgte Leistenhernie. Durch die vorhandene depressive Verstimmung komme es zu einer Verschlechterung des bio-/psychosozialen Schmerzbildes. Im gegenwärtigen Zeitpunkt sei er nicht in der Lage, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. Re. gab an (Auskunft vom 09. April 2008), er habe beim Kläger die Diagnose eines chronischen Schmerzsyndroms bei Zustand nach Unfall mit deutlich depressiver Entwicklung gestellt. Nach seiner Einschätzung bestehe ein reduziertes Leistungsbild. Dies könne jedoch nur im Rahmen eines ausführlichen Gutachtensauftrags abgeklärt werden.
Orthopäde und Arzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin Dr. He., Leitender Arzt des Orthopädischen Forschungsinstituts S., erstattete das Gutachten vom 26. Juli 2008. Der Kläger gab Dr. He. gegenüber u.a. an, dass er bis vor ungefähr vier Jahren noch alpinskigefahren sei und er sich, nachdem seine jetzige Ehefrau wegen eines Nervenzusammenbruchs seit mehreren Monaten arbeitsunfähig sei, derzeit um den Haushalt kümmere und seinen nunmehr neunmonatigen Säugling überwiegend versorge. Dr. He., der das Gangbild des Klägers als mäßig flott und sicher ohne konstantes Hinken beschrieb, diagnostizierte a) eine schmerzhafte Funktionsstörung des linken Beines nach Unterschenkelfraktur links, Ausheilung in Fehlstellung mit nachfolgender Korrekturosteotomie und jetzt Anzeichen einer beginnenden Arthrose hinter der linken Kniescheibe, derzeit ohne akute Reizerscheinungen, b) wiederkehrende Missempfindungen und Schmerzen im linken Unterarm und in der linken Hand, ellenseitig ohne eindeutiges somatisches Korrelat, c) schmerzhafte Funktionsstörung der Lendenwirbelsäule bei diskreten Verschleißerscheinungen in der Bandscheibe L4/L5 ohne neurologische Begleiterscheinungen und d) eine schmerzhafte Funktionsstörung der Halswirbelsäule ohne neurologische Begleiterscheinung bei diskreten bis mäßiggradigen Verschleißerscheinungen in der unteren Hälfte der Halswirbelsäule. Die subjektiven Beschwerden des Klägers stünden in einem gewissen Spannungsfeld zu den relativ wenig eindrucksvollen objektiven klinischen und radiologischen Befunden. Dieses Spannungsfeld verstärke sich noch, wenn man berücksichtige, dass der Kläger in der Vergangenheit immer wieder unter Hinweis auf gesundheitliche Probleme Arbeitsunfähigkeitszeiten aufweise, während er andererseits im privaten Umfeld durchaus noch zu gewissen Belastungen (z. B. Alpin-Skifahren bis vor vier Jahren) in der Lage gewesen sei. Der Kläger sei noch in der Lage, Tätigkeiten im stündlichen Bewegungswechsel ohne häufiges und mittelschweres Heben und Tragen, lang anhaltende Zwangshaltung der Wirbelsäule, besondere Kniebelastungen wie z.B. längeres Verharren in kniender oder in Hockstellung, häufiges Stehen und Gehen auf sehr unebenem oder rutschigem Gelände und Besteigen von Leitern und Gerüsten mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Eine Tätigkeit als Maschineneinrichter mindestens sechs Stunden täglich sei zumutbar, solange schweres Heben und Tragen ausgeschlossen werden könne. Eine Gehstrecke von viermal 500 m täglich könne der Kläger zweifellos jeweils unter 20 Minuten zurücklegen.
Mit Gerichtsbescheid vom 12. September 2008 wies das SG die Klage ab. Der Kläger könne gestützt auf das Gutachten von Dr. He. zumindest leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts sechs Stunden und mehr pro Tag verrichten. Die gegenteilige Annahme Dr. M.s bleibe ohne Begründung und vermöge eine andere Überzeugung des Gerichts nicht zu begründen. Auch auf Beeinträchtigungen auf nervenärztlichem Gebiet könne die Annahme, dass die medizinischen Voraussetzungen für die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung vorliege, nicht gestützt werden. Dr. Z. habe den Kläger zuletzt im Juli 2007 und damit weitgehend außerhalb des hier streitgegenständlichen Zeitraums behandelt. Im Übrigen resultiere aber auch aus der von Dr. Z. diagnostizierten Depression mit Antriebsstörungen, Ängsten, Anhedonie und Schlafstörungen für sich genommen keine Erwerbsminderung. Das gleiche gelte mit Blick auf die vom gegenwärtig behandelnden Nervenarzt Dr. Re. vorgelegte Zeugenaussage. Konkrete psychische oder kognitive Funktionseinschränkungen würden weder von Dr. Z. noch von Dr. Re. beschrieben. Damit korrespondiere die im anamnestischen Teil des Gutachtens von Dr. He. dokumentierte Befähigung des Klägers zur Haushaltsführung, zur Sorge um den eigenen Sohn im Säuglingsalter und zur Strukturierung des Tagesablaufs. Dies lasse die Annahme schwerwiegender psychischer Beeinträchtigungen mit entsprechenden Auswirkungen auf die berufliche Leistungsfähigkeit in quantitativer Hinsicht nicht zu.
Gegen den seinem Prozessbevollmächtigten am 18. September 2008 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 17. Oktober 2008 Berufung eingelegt. Bereits die tatsächlich vorhandenen und durch Dr. He. festgestellten Befunde würden die Annahme einer zeitlichen Leistungseinschränkung auf unter sechs Stunden täglich rechtfertigen. Auch die bei ihm vorhandenen psychischen Befunde fänden im Gerichtsbescheid keine zutreffende Würdigung. Ergänzend zu dem durch das Schmerzsyndrom verursachten psychischen Befund komme eine hiervon unabhängige latente Depression hinzu. Vor diesem Hintergrund würde auch seine psychische Konstitution zu einer teilweisen Erwerbsminderung führen. Dem Zusammenspiel der psychischen und physischen Beeinträchtigungen werde im Gerichtsbescheid nicht zutreffend Rechnung getragen. Zur Unterstützung seines Begehrens hat der Kläger das ärztliche Attest des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. Sche. vom 09. Oktober 2008 (Verfestigung des Krankheitsbildes in der Zwischenzeit, eine Stunde gehen auf ebener Strecke absolutes Maximum) und den ärztlichen Bericht desselben Arztes zum Antrag auf Leistungen zur Teilhabe vom 14. Januar 2010 (Diagnosen: Chronisches Schmerzsyndrom bei sekundärer Verknöcherung der Gonarthrose beidseits, Reizzustand beider Hüftgelenke, Postherniotomiesyndrom, Depression, HWS-LWS-Syndrom, Zustand nach Hirntrauma, Hämorrhoiden) vorgelegt. Im Laufe des Verfahrens hat der Kläger weiter vorgetragen, dass sich sein Gesundheitszustand weiter verschlechtert habe. Zwischenzeitlich sei ein stationärer Aufenthalt in dem V. P. Hospital R. notwendig gewesen. Offensichtlich bestehe bei ihm auch eine Alkohol- und Nikotinabhängigkeit. Der Kläger hat hierzu den Arztbrief in Kurzform des Stationsarztes/Stationspsychologen C. Ma., V. P. Hospital gGmbH in R., vom 26. August 2010 über den stationären Aufenthalt des Klägers vom 30. Juli bis 27. Juli (richtig wohl August) 2010 (Diagnosen: psychische und Verhaltensstörungen durch Alkohol: Abhängigkeitssyndrom, Persönlichkeitsänderung bei chronischem Schmerzsyndrom, vorbehandelte mittelgradige depressive Episode, psychische und Verhaltensstörung durch Tabak: Abhängigkeitssyndrom, Folgen einer intrakraniellen Verletzung nach Motorradunfall, sonstige Spondylose: Zervikalbereich, Radikulopathie: Zervikalbereich, primäre Arthrose sonstiger Gelenke: Beckenregion und Oberschenkel) vorgelegt.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 12. September 2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 20. August 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. Januar 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 26. Juni 2007 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angegriffenen Gerichtsbescheid und die streitgegenständlichen Bescheide weiterhin für zutreffend. Sie hat den Versicherungsverlauf vom 29. Dezember 2008 und die weitere Stellungnahme des Arztes für Chirurgie Dr. St. vom 02. Dezember 2008 vorgelegt sowie mit (bestandskräftigem) Bescheid vom 11. Februar 2010 vom Kläger beantragte Leistung zur medizinischen Rehabilitation abgelehnt, da diese nicht erforderlich sei.
Der Senat hat behandelnde Ärzte des Klägers als sachverständige Zeugen gehört. Dr. Re. hat berichtet (Auskunft vom 15. April 2009), dass er den Kläger seit dem 27. Juli 2007 regelmäßig behandle. Nach dem 10. April 2008 habe sich der Kläger am 06. Oktober und 27. November 2008 sowie am 20. Januar und 15. April 2009 in seiner ambulanten Behandlung befunden. Er habe die Diagnose eines chronischen Schmerzsyndroms und einer Depression mit deutlichen Chronifizierungstendenzen und einen Zustand nach Schädelhirntrauma gestellt. Nach seiner Einschätzung sei der Kläger während der gesamten Behandlungszeit arbeitsunfähig gewesen. Dr. Sche. hat unter Vorlage der ihm vorliegenden Arztunterlagen unter dem 29. März 2010 ausgeführt, dass beim Kläger im Vordergrund des Beschwerdebildes ein von einer mittel- bis schwergradig ausgeprägten Depression nicht zu trennendes chronisches Schmerzsyndrom stehe. Dr. M. hat unter dem 26. April 2010 unter Nennung einer Vielzahl von Diagnosen mitgeteilt, dass er den Kläger seit dem 22. Juli 2008 24-mal behandelt habe. Dabei sei eine verhaltenstherapeutische Gesprächstherapie, Akupunktur, manuelle Therapie und TENS durchgeführt worden. Außerdem hat der Senat den Entlassungsbericht des Chefarztes Dr. Sv., V. P. Hospital, R., vom 11. Oktober 2010 über den stationären Aufenthalt des Klägers vom 30. Juli bis 27. August 2010 beigezogen. Danach liegen beim Kläger über die Diagnosen im bereits genannten Entlassungsbericht über diesen Aufenthalt in Kurzform hinaus als weitere Diagnosen ein Zustand nach Schädelbasisfraktur 1977 durch Motorradunfall und eine Cox- und Gonarthrose beidseits vor. Nach dem allgemeinen körperlichen Untersuchungsbefund seien Hals- und Lendenwirbelsäule frei beweglich gewesen. Der Finger-Boden-Abstand sei mit null Zentimetern gemessen worden. Das Lasègue’sche Zeichen sei beidseits negativ gewesen. Hüfte und Knie seien beidseits ohne Schmerzangaben frei beweglich, das linke Bein verkürzt gewesen. Es habe ein Klopfschmerz über dem Nierenlager rechts bestanden. Neurologisch sei eine Pallhypästhesie bimalleolär 3/8 und am Handgelenk 7/8 gemessen worden. Ansonsten seien Normalbefunde bei Prüfung der Hirnnerven, der Motorik, der Reflexe, des Gangbildes, der Koordination, Sensibilität und der Sprache erhoben worden. Es sei eine qualifizierte Entgiftungsbehandlung durchgeführt worden. Psychisch habe sich der Kläger zufriedenstellend stabilisieren und eine gute Abstinenz- und Behandlungsmotivation aufbauen können. Aufgrund der vorhandenen komorbiden psychischen Störung plane er eine Weiterbehandlung auf der psychiatrisch-psychotherapeutischen Station im Haus, bis zur Aufnahme müsse er eine Überbrückungszeit zuhause verbringen. Im von der Berichterstatterin am 13. Oktober 2010 durchgeführten Erörterungstermin hat der Kläger hierzu mitgeteilt, dass er sich mittlerweile seit eineinhalb Wochen wieder im V. P. Hospital zu einer sechswöchigen Therapie befinde.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge, die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten (Renten- und Rehabilitationsakte) und auf die vom SG beigezogene Akte S 12 SB 4678/07 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung nach §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG entschieden hat, ist zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 20. August 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. Januar 2008 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Das prozessuale Begehren des Klägers beschränkt sich auf Rente wegen voller Erwerbsminderung. Dies ergibt sich zweifelsfrei aus dem schriftsätzlichen Antrag des rechtskundig vertretenen Klägers im Klage- und Berufungsverfahren.
Versicherte haben gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 01. Januar 2008 geändert durch Art. 1 Nr. 12 des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554), wenn sie voll erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voraussetzung ist, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Nach diesen Maßstäben ist der Kläger nicht voll erwerbsgemindert, weil er unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann.
Beim Kläger bestehen nach einem in Fehlstellung ausgeheilten Unterschenkelbruch links degenerative Veränderungen der Kniescheibe und deutliche Vernarbungen der Patellasehne sowie eine Verknöcherung der Membrana interossea und eine leichte Beinverkürzung. Dies ergibt sich aus den von Dr. M. am 16. August 2007, Dr. Schw. am 29. Oktober 2007 und Dr. He. am 26. Juli 2008 erstatteten Gutachten. Bewegungseinschränkungen wurden insoweit weder von Dr. M. noch von Dr. Schw. und auch nicht im Entlassungsbericht über den stationären Aufenthalt des Klägers im V. P. Krankenhaus in der Zeit vom 30. Juli bis 27. August 2010 beschrieben. Lediglich bei der Untersuchung durch Dr. He. war der Bewegungsumfang des linken Kniegelenks gegenüber rechts minimal eingeschränkt und endgradig offenbar schmerzhaft. Es fanden sich bei allen Untersuchungen reizlose Narbenverhältnisse, kein Erguss und auch keine akuten Reizerscheinungen. Das Gangbild wurde jeweils als sicher, flüssig und zumindest mäßig flott beschrieben. Ein eindeutiges konstantes Hinken konnte nicht beobachtet werden. Die Muskulatur der Beine war jeweils seitengleich. Außerdem besteht beim Kläger auf orthopädischem Gebiet eine Funktionsstörung der Lenden- und Halswirbelsäule. Schwerergradige Funktionseinschränkungen werden jedoch auch insoweit in keinem der genannten Gutachten beschrieben. Das Lasegue’sche Zeichen war bei sämtlichen Begutachtungen jeweils beidseits negativ, der Finger-Boden-Abstand wurde zwischen null und 20 cm gemessen. Die Halswirbelsäule war ebenfalls jeweils frei beweglich. Lediglich Dr. He. und Dr. Schw. fanden mäßige Druck- und Klopfschmerzen und eine verspannte und druckempfindliche paravertebrale Muskulatur im Bereich der Wirbelsäule. Desweiteren beklagte der Kläger den Gutachtern gegenüber einen wechselnd ausgeprägten Dauerschmerz im linken Unterschenkel, phasenweise auftretende unangenehme Missempfindungen im linken Unterarm und in der linken Hand, teilweise verbunden mit Krämpfen, wobei die Schulter- und Ellenbogengelenke jeweils frei beweglich waren, sowie in der Lendenwirbelsäule und der Nackenregion. Hochpotente Schmerzmittel nimmt er indessen bis heute nicht ein.
Ausgehend insbesondere von der subjektiven Beschwerdesymptomatik des Klägers und den von ihm beklagten Schmerzen ergeben sich hieraus qualitative Einschränkungen. Der Kläger kann nur noch in wechselnden Körperhaltungen arbeiten und nicht mehr schwer heben und tragen. Auch lang anhaltende Zwangshaltungen der gesamten Wirbelsäule sollten ebenso wie Kniebelastungen und häufiges Stehen und Gehen auf sehr unebenem oder rutschigem Gelände und Besteigen von Leitern und Gerüsten vermieden werden. Der Senat macht sich insoweit die übereinstimmenden Einschätzungen von Dr. M., Dr. Schw. und Dr. He. zu eigen. Diese gutachtlichen Einschätzungen stützen sich auf sorgfältige Befunderhebungen. Deutlich hiervon abweichende Befunde gehen auch nicht aus dem ärztlichen Attest von Dr. Sche. vom 09. Oktober 2008, seinem Rehabilitationsantrag vom 14. Januar 2010 und seiner sachverständigen Zeugenauskunft vom 29. März 2010 hervor, da er von Seiten der orthopädischen Beeinträchtigungen keine weitergehenden Funktionseinschränkungen beschriebt. Dasselbe gilt auch im Hinblick auf die sachverständigen Zeugenauskünfte des Dr. M. vom 26. April 2010 und des Dr. Re. vom 15. April 2009. Unter Berücksichtigung dieser qualitativen Einschränkungen lässt sich, nachdem Funktionseinschränkungen in der Regel nicht zu konstatieren sind und die Einnahme hochpotenter Schmerzmittel nicht erforderlich ist, eine zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens des Klägers unter den täglichen Umfang von sechs Stunden jedoch nicht begründen. Der Senat folgt auch insoweit den Beurteilungen der Dr. M., Dr. Schw. und Dr. He ...
Des Weiteren besteht beim Kläger eine Depression. Diese Diagnose hat bereits Prof. Dr. H., Rehaklinik G., am 08. Dezember 2000 gestellt. Sie ergibt sich auch aus der sachverständigen Zeugenauskunft des Dr. Z. vom 29. Januar 2008 und den sachverständigen Zeugenauskünften von Dr. Re. vom 09. April 2008, 15. April 2009 und Dr. Sche. vom 29. März 2010 sowie dem Entlassungsbericht des Dr. Sv., Vinzenz von Paul Hospital, vom 11. Oktober 2010. Die Depression wird auch medikamentös behandelt. Die nervenärztlichen Behandlungen erfolgten zwischen 2003 und Juli 2007 in etwa achtwöchigen Abständen bei Dr. Z. und seither bei Dr. Re. in Abständen von über sieben Wochen. Nicht außer Acht gelassen werden darf in diesem Zusammenhang aber, dass der Kläger Dr. He. gegenüber einen strukturierten Tagesablauf schilderte und angab, er würde sich um Haushalt und den Sohn im Säuglingsalter kümmern. Auch aus dem Entlassungsbericht des V. P. Hospital vom 11. Oktober 2010 ergibt sich, dass der Kläger bei der Aufnahme bewusstseinsklar war. Seine Stimmung war zuversichtlich. Er gab an, gern zu leben. Er erschien im Kontakt freundlich, sein Antrieb war nach eigener Einschätzung gut. An den Gruppengesprächen nahm der Kläger durchgängig interessiert und aufmerksam teil. Auch Dr. M. schilderte den Kläger bei ihrer Begutachtung am 15. August 2007 zwar als durchgehend ernst, aber nicht eigentlich depressiv wirkend. Aufgrund der Depression sind dem Gutachten von Dr. M. folgend damit lediglich Arbeiten mit vermehrtem Zeitdruck ausgeschlossen. Quantitative Leistungseinschränkungen lassen sich hierauf ebenfalls nicht stützen.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aufgrund der beim Kläger nunmehr ausweislich des Entlassungsberichts von Dr. Sv., V. P. Hospital, vom 11. Oktober 2010 festgestellten Alkoholabhängigkeit. Abgesehen davon, dass die Abhängigkeit erst anlässlich des stationären Aufenthalts vom 30. Juli bis 27. August 2010 diagnostiziert wurde und es sich somit noch nicht um eine Erkrankung handelt, die schon mindestens sechs Monate vorliegt, ist zu beachten, dass eine qualifizierte Entgiftungsbehandlung durchgeführt wurde sowie der Kläger bereits beim ersten Aufenthalt im V. P. Hospital zufriedenstellend stabilisiert werden konnte und eine gute Abstinenz und Behandlungsmotivation aufbaute. Der Erkrankung kann deshalb damit begegnet werden, dass der Kläger keine Arbeiten mehr verrichtet, die mit dem Umgang von alkoholischen Getränken verbunden sind. Ansonsten steht die Alkoholabhängigkeit einer mindestens sechsstündigen Tätigkeit jedoch nicht entgegen.
Die beim Kläger vorliegende leichte Hörminderung, die noch nicht den Einsatz eines Hörgeräts erfordert, führt ebenfalls zu keinen quantitativen Leistungseinschränkungen. Sie hat allenfalls zur Folge, dass der Kläger keine Tätigkeiten mehr verrichten kann, die genaues Hören erfordern.
Der Senat vermag auch nicht festzustellen, dass beim Kläger aufgrund des Zusammenspiels der psychischen und physischen Beeinträchtigungen eine quantitative Leistungsminderung vorliegt. Zwar wird nicht verkannt, dass Depressionen zur Folge haben können, dass Schmerzen stärker empfunden werden. Doch ist insoweit zu beachten, dass es sich beim Kläger - wie ausgeführt - um keine schwerwiegende Depression handelt und aufgrund des Schmerzsyndroms, das noch nicht mit hochpotenten Schmerzmitteln behandelt wird, dennoch keine Funktionseinschränkungen zu konstatieren sind, sodass mit den genannten Funktionseinschränkungen den Erkrankungen des Klägers auch in der Zusammenschau ausreichend Rechnung getragen ist.
Auch eine Einschränkung der Wegefähigkeit des Klägers besteht nicht. Neben der zeitlich ausreichenden Einsetzbarkeit des Versicherten am Arbeitsplatz gehört zur Erwerbsfähigkeit auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle aufzusuchen. Eine gesundheitliche Beeinträchtigung, die es dem Versicherten nicht erlaubt, täglich viermal eine Fußstrecke von mehr als 500 Meter in jeweils weniger als 20 Minuten zurückzulegen, stellt bei dem anzuwendenden generalisierenden Maßstab eine derart schwere Leistungseinschränkung dar, dass der Arbeitsmarkt trotz vorhandenem vollschichtigen Leistungsvermögen als verschlossen anzusehen ist (vgl. z.B. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 21. März 2006 - B 5 RJ 51/04 R - SozR 4-2600 § 43 Nr. 8). Aus den Gutachten von Dr. M., Dr. Schw. und Dr. He. und dem Entlassungsbericht des Dr. Sv. ergibt sich ein sicheres, flüssiges und zumindest mäßig flottes Gangbild. Dr. He. hat die Gehfähigkeit im rentenrechtlichen Sinne auch ausdrücklich bejaht. Zweifel hieran ergeben sich für den Senat insbesondere auch nicht aufgrund des ärztlichen Attestes des Dr. Sche. vom 09. Oktober 2008, wonach eine Stunde gehen auf ebener Strecke für den Kläger das absolute Maximum der Belastbarkeit darstelle. Denn dies begründet nach den obigen Ausführungen keine Einschränkung der Wegefähigkeit nach den im Rentenrecht anzulegenden Maßstäben. Abgesehen davon ist der Kläger im Besitz eines Führerscheins und eines Kraftfahrzeugs.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob der Kläger ab 01. Juni 2007 Rente wegen voller Erwerbsminderung beanspruchen kann.
Der am 1959 geborene, seit 2007 erneut verheiratete Kläger durchlief vom 02. August 1975 bis 31. Januar 1979 erfolgreich eine Ausbildung zum Maschinenbaumechaniker und war sodann als Maschineneinrichter in einer Nadelfabrik, Kontrolleur, Montagearbeiter, Elektromechaniker, unterbrochen durch eine Ausbildung zum Versicherungskaufmann zwischen dem 01. Januar 1991 und 31. Mai 1991, als CNC-Dreher und zuletzt vom 29. September 1991 bis 13. August 2003 als Maschineneinrichter versicherungspflichtig beschäftigt. Ab 14. August 2003 bezog er Krankengeld und anschließend vom 01. Dezember 2004 bis 28. Februar 2006 Arbeitslosengeld. Gleichzeitig übte er vom 01. Dezember 2004 bis 28. Februar 2006 eine geringfügige versicherungsfreie Beschäftigung als Einzelhandelsverkäufer aus. Vom 01. März 2006 bis 30. Juni 2007 war er mit Pflichtbeiträgen zur Rentenversicherung vom 01. März bis 31. Dezember 2006 selbstständig tätig als Fossilien- und Edelsteinhändler. Vom 01. Juli 2007 bis 29. September 2007 bezog der Kläger erneut Arbeitslosengeld, seit 01. Januar 2008 bis zumindest 30. September 2008 erhielt er Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Bei einem Motorradunfall im Jahr 1976 erlitt der Kläger eine komplette Unterschenkelfraktur links, die in Fehlstellung ausheilte und 1997 eine operative Korrektur der Unterschenkelachse erforderlich machte. Vom 16. Oktober bis 20. November 2000 befand sich der Kläger in einer stationären Maßnahme der medizinischen Rehabilitation in der Rehaklinik G. in Glottertal statt. Im Entlassungsbericht des Leitenden Arztes Prof. Dr. H. vom 08. Dezember 2000 wurden als Diagnosen depressive Anpassungsstörung und chronisches Schmerzsyndrom genannt. Aus medizinischer Sicht bestünden Einschränkungen bezüglich außergewöhnlicher Belastungen des Achsenskeletts. Ausgeschlossen sei Heben und Tragen von Gewichten über 30 kg. Seine letzte Tätigkeit als Maschinenbaumechaniker könne der Kläger noch vollschichtig ausüben. Seit 08. Mai 2007 besteht beim Kläger ein Grad der Behinderung (GdB) von 50.
Der Kläger beantragte am 26. Juni 2007 bei der Beklagten Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte erhob ein Gutachten der Internistin, Sozialmedizinerin Dr. M ... Diese diagnostizierte in ihrem Gutachten vom 16. August 2007 unter Berücksichtigung von den den Kläger betreffenden Arztbriefen aus dem Jahr 2007 des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. Z., des Radiologen Dr. Sc. und des Hals-Nasen-Ohrenarztes Dr. G. sowie eines sozialmedizinischen Gutachtens des Dr. B. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) vom 02. März 2004 (Diagnosen: Chronische Lumbalgien, ISG-Syndrom linksbetont, Zustand nach Unfallverletzung mit Fibula- und Tibiatrümmerfraktur "1975" mit persistierenden Schmerzen und leichter Fehlstellung des linken Fußes, Verdacht auf somatoforme Störung (gebessert)) degenerative Kniescheibenveränderungen, deutliche Vernarbungen der Patellasehne und Verknöcherung der Membrana interossea links nach operiertem (Marknagelung) komplettem Unterschenkelbruch links 1976 (privater Verkehrsunfall) mit Refraktur und Fixateurbehandlung 1976 wegen Rotationsfehlstellung und operativer Achskorrektur 1997, normale Beweglichkeit aller Beingelenke links, leichte Beinverkürzung links, eine somatoforme Schmerzstörung bei sozialen Belastungsfaktoren, einen einsegmentalen Bandscheibenschaden der Lendenwirbelsäule ohne neurologische Ausfallserscheinungen, normale Wirbelsäulenbeweglichkeit und eine leichte Hörminderung rechts nach Schädelbasisbruch 1976 ohne Beeinträchtigung der Verständigung in Umgangssprache, eine sensible Engpasssymptomatik des linken Ellennervens und eine geringfügige sensible Engpasssymptomatik des linken Mittelhandnervens. Sie führte aus, bezüglich des Schmerzmittelkonsums sei festzustellen, dass der Kläger bislang keine hochpotenten Schmerzmittel einnehmen müsse und dass Versuche mit einer Schmerzmittelgabe über einen Peridualkatheter die Schmerzen, die er in den linken Unterschenkel lokalisiere, nicht besserten. Schonungszeichen fänden sich nicht. Eine Gehbehinderung liege nicht vor. Die vom Kläger geklagte Schmerzsymptomatik im linken Unterschenkel sei nach ihrer Einschätzung größtenteils als somatoforme Schmerzstörung zu betrachten, wobei ein Organkern vorhanden sei. In Zusammensicht der Befunde und wegen der degenerativen Kniescheibenveränderungen links sei der Kläger nicht mehr für vermehrt kniebelastende Tätigkeiten und wegen seiner psychischen Problematik nicht mehr für Tätigkeiten mit vermehrtem Zeitdruck geeignet. Unter Beachtung dieser Funktionseinschränkungen sei er jedoch für leichte bis mittelschwere Arbeiten weiterhin mindestens sechs Stunden und mehr einsetzbar. Dies gelte auch für den erlernten Beruf als Maschinenbaumechaniker und für die letzte Tätigkeit als selbstständiger Verkäufer. Mit Bescheid vom 20. August 2007 lehnte die Beklagte daraufhin den Rentenantrag ab. Mit dem vorhandenen Leistungsvermögen könnten im angelernten Beruf als selbstständiger Verkäufer Tätigkeiten im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich ausgeübt werden. Es liege daher weder eine volle noch eine teilweise Erwerbsminderung bzw. Berufsunfähigkeit vor.
Der Kläger erhob Widerspruch, den er damit begründete, dass ihm eine Arbeitstätigkeit im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich schlechterdings nicht möglich sei. Seine unterschiedlichen Krankheitsbilder seien im jeweiligen Einzelfall nicht in der Schwere der Erkrankung richtig beurteilt worden und außerdem sei das Zusammenspiel der unterschiedlichen Symptome, die insgesamt zu einer Erwerbsunfähigkeit führten, verkannt worden. Dies gelte insbesondere für die diagnostizierte Schmerzproblematik in Verbindung mit den degenerativen Kniescheibenveränderungen. Die Beklagte erhob hierauf das am 29. Oktober 2007 erstattete Gutachten der Fachärztin für Chirurgie/Unfallchirurgie Dr. Schw ... Die Gutachterin nannte unter Berücksichtigung weiterer Arztbriefe des Radiologen Dr. H. vom 22. August 2007 über eine am Vortag durchgeführte Kernspintomographie der Lendenwirbelsäule (Beurteilung: Akute Osteochondrose mit rechtsseitigem Endplattenödem als Überlastungszeichen im Segment L 4/5, wobei auf dieser Höhe eine leichte dorsale Bandscheibenprotrusion und relative rechtsseitige degenerative Foramenstenose vorliege), des Ambulanzberichts des Ärztlichen Direktors und Chefarztes Prof. Dr. G.-Z., S.-klinik Z., über eine Vorstellung des Klägers in der orthopädischen Ambulanz am 01. August 2007 (Diagnosen: Knöchern konsolidierte Tibia- und Fibulafraktur nach Motorradunfall 1976, verknöcherte Syndesmose im Bereich mittlere Tibia- und Fibula) mit geringfügigen Abweichungen in der Wortwahl dieselben Diagnosen wie Dr. M ... Die Beschwerden des Klägers im linken Unterschenkel und Knie seien aufgrund der Retropatellararthrose sowie des Brückenkallus im Bereich der ehemaligen Fraktur mit leichten kernspintomographisch nachgewiesenen Reizzeichen der Fascie nachvollziehbar. Es bestehe jedoch eine Diskrepanz zwischen der beschriebenen Schmerzintensität und dem weitgehend unauffälligen körperlichen Untersuchungsbefund. Der Kläger nehme nach wie vor nur ein niederpotentes Schmerzmittel. Auch die vom Kläger angegebenen Rückenschmerzen beim Bücken und Anheben schwerer Gegenstände seien nachvollziehbar, durch Erlernen der Regeln der Rückenschule und regelmäßige Krankengymnastik indessen behebbar. Die geschilderten Schmerzen im linken Arm mit einschießenden krampfartigen Schmerzen im Oberarm seien nicht objektivierbar. Halswirbelsäule und Schultergelenke seien völlig frei beweglich ohne Angabe von Schmerzen. Auch die Muskulatur habe keine Auffälligkeiten aufgewiesen. Die grobe Kraft sei seitengleich gewesen. Sensibilitätsstörungen am linken Unterarm und an der ulnaren Handpartie links hätten nicht mehr bestanden. Der Kläger könne weiterhin leichte bis mittelschwere Tätigkeiten über sechs Stunden täglich ausüben. Ausschließlich stehende Tätigkeiten, häufiges Knien und Hocken sowie häufiges Treppensteigen, Klettern und Steigen sollten vermieden werden. Sowohl im erlernten Beruf als Maschinenbaumechaniker als auch als selbstständiger Verkäufer könne er weiterhin, sofern diese Tätigkeit nicht ausschließlich im Stehen erfolge, sechs Stunden und mehr arbeiten. Mit Widerspruchsbescheid vom 30. Januar 2008 wies die Widerspruchsstelle der Beklagten den Widerspruch zurück. Volle bzw. teilweise Erwerbsminderung bzw. teilweise Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit liege nicht vor. Die Beurteilung des Leistungsvermögens durch den sozialmedizinischen Dienst sei schlüssig und nachvollziehbar.
Am 20. Februar 2008 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG) und begehrte Rente wegen voller Erwerbsminderung. Er machte geltend, bei richtiger Bewertung der jeweils vorhandenen Einzelbefunde könne bei ihm von keiner Erwerbsfähigkeit mehr ausgegangen werden. Insbesondere verkenne die Beklagte, dass sich seit Antragstellung die Einzelbefunde laufend verschlechterten und der bei ihm vorhandenen psychosomatischen Belastungsstörung werde keinerlei Relevanz eingeräumt. Er hinke sichtbar und befinde sich in fortlaufender physiotherapeutischer Behandlung. Er legte den Arztbrief des Dr. Sc. vom 21. Februar 2008 über eine Kernspintomographie der Halswirbelsäule vom 19. Februar 2008 (Beurteilung: Deutliche rechtsseitige degenerative Neuroforamenstenose und mittelgradige linksseitige im Segment C 3/4 durch Unkovertebralarthrosen (mit dorsaler Bandscheibenprotrusion), diskrete akute (aktivierte) Osteochondrose in diesem Segment als Überlastungszeichen, relative degenerative Neuroforamenstenosen C 4/5 und C 5/6 (mit dorsalen Bandscheibenprotrusionen), deutliche chronische Osteochondrose und Spondylosis deformans C 6/7 mit dorsaler Bandscheibenprotrusion ohne wesentlichen Kompressionseffekt sowie dorsale Bandscheibenprotrusion C 7/TH 1 ohne wesentlichen Kompressionseffekt) und die von Dr. Z. im Verfahren S 12 SB 4678/07 erteilte sachverständige Zeugenauskunft vom 29. Januar 2008 über seine Behandlung von 2003 bis Juli 2007 vor.
Die Beklagte trat der Klage entgegen und legte die ärztliche Stellungnahme des Chirurgen/Unfallchirurgen Dr. St. vom 09. Juni 2008 vor.
Das SG hörte behandelnde Ärzte als sachverständige Zeugen. Arzt für Anästhesiologie/Spezielle Schmerztherapie Dr. M. (Auskunft vom 17. März 2008) berichtete, der Kläger befinde sich seit dem 08. März 2007 in regelmäßigen Abständen in seiner schmerztherapeutischen Behandlung. Er sei beeinträchtigt durch multiple, degenerative Veränderungen der Hals- und Lendenwirbelsäule sowie eine reduzierte Belastbarkeit des linken Beines bei Zustand nach Unterschenkelfraktur und Osteosynthese und durch eine operativ versorgte Leistenhernie. Durch die vorhandene depressive Verstimmung komme es zu einer Verschlechterung des bio-/psychosozialen Schmerzbildes. Im gegenwärtigen Zeitpunkt sei er nicht in der Lage, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. Re. gab an (Auskunft vom 09. April 2008), er habe beim Kläger die Diagnose eines chronischen Schmerzsyndroms bei Zustand nach Unfall mit deutlich depressiver Entwicklung gestellt. Nach seiner Einschätzung bestehe ein reduziertes Leistungsbild. Dies könne jedoch nur im Rahmen eines ausführlichen Gutachtensauftrags abgeklärt werden.
Orthopäde und Arzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin Dr. He., Leitender Arzt des Orthopädischen Forschungsinstituts S., erstattete das Gutachten vom 26. Juli 2008. Der Kläger gab Dr. He. gegenüber u.a. an, dass er bis vor ungefähr vier Jahren noch alpinskigefahren sei und er sich, nachdem seine jetzige Ehefrau wegen eines Nervenzusammenbruchs seit mehreren Monaten arbeitsunfähig sei, derzeit um den Haushalt kümmere und seinen nunmehr neunmonatigen Säugling überwiegend versorge. Dr. He., der das Gangbild des Klägers als mäßig flott und sicher ohne konstantes Hinken beschrieb, diagnostizierte a) eine schmerzhafte Funktionsstörung des linken Beines nach Unterschenkelfraktur links, Ausheilung in Fehlstellung mit nachfolgender Korrekturosteotomie und jetzt Anzeichen einer beginnenden Arthrose hinter der linken Kniescheibe, derzeit ohne akute Reizerscheinungen, b) wiederkehrende Missempfindungen und Schmerzen im linken Unterarm und in der linken Hand, ellenseitig ohne eindeutiges somatisches Korrelat, c) schmerzhafte Funktionsstörung der Lendenwirbelsäule bei diskreten Verschleißerscheinungen in der Bandscheibe L4/L5 ohne neurologische Begleiterscheinungen und d) eine schmerzhafte Funktionsstörung der Halswirbelsäule ohne neurologische Begleiterscheinung bei diskreten bis mäßiggradigen Verschleißerscheinungen in der unteren Hälfte der Halswirbelsäule. Die subjektiven Beschwerden des Klägers stünden in einem gewissen Spannungsfeld zu den relativ wenig eindrucksvollen objektiven klinischen und radiologischen Befunden. Dieses Spannungsfeld verstärke sich noch, wenn man berücksichtige, dass der Kläger in der Vergangenheit immer wieder unter Hinweis auf gesundheitliche Probleme Arbeitsunfähigkeitszeiten aufweise, während er andererseits im privaten Umfeld durchaus noch zu gewissen Belastungen (z. B. Alpin-Skifahren bis vor vier Jahren) in der Lage gewesen sei. Der Kläger sei noch in der Lage, Tätigkeiten im stündlichen Bewegungswechsel ohne häufiges und mittelschweres Heben und Tragen, lang anhaltende Zwangshaltung der Wirbelsäule, besondere Kniebelastungen wie z.B. längeres Verharren in kniender oder in Hockstellung, häufiges Stehen und Gehen auf sehr unebenem oder rutschigem Gelände und Besteigen von Leitern und Gerüsten mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Eine Tätigkeit als Maschineneinrichter mindestens sechs Stunden täglich sei zumutbar, solange schweres Heben und Tragen ausgeschlossen werden könne. Eine Gehstrecke von viermal 500 m täglich könne der Kläger zweifellos jeweils unter 20 Minuten zurücklegen.
Mit Gerichtsbescheid vom 12. September 2008 wies das SG die Klage ab. Der Kläger könne gestützt auf das Gutachten von Dr. He. zumindest leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts sechs Stunden und mehr pro Tag verrichten. Die gegenteilige Annahme Dr. M.s bleibe ohne Begründung und vermöge eine andere Überzeugung des Gerichts nicht zu begründen. Auch auf Beeinträchtigungen auf nervenärztlichem Gebiet könne die Annahme, dass die medizinischen Voraussetzungen für die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung vorliege, nicht gestützt werden. Dr. Z. habe den Kläger zuletzt im Juli 2007 und damit weitgehend außerhalb des hier streitgegenständlichen Zeitraums behandelt. Im Übrigen resultiere aber auch aus der von Dr. Z. diagnostizierten Depression mit Antriebsstörungen, Ängsten, Anhedonie und Schlafstörungen für sich genommen keine Erwerbsminderung. Das gleiche gelte mit Blick auf die vom gegenwärtig behandelnden Nervenarzt Dr. Re. vorgelegte Zeugenaussage. Konkrete psychische oder kognitive Funktionseinschränkungen würden weder von Dr. Z. noch von Dr. Re. beschrieben. Damit korrespondiere die im anamnestischen Teil des Gutachtens von Dr. He. dokumentierte Befähigung des Klägers zur Haushaltsführung, zur Sorge um den eigenen Sohn im Säuglingsalter und zur Strukturierung des Tagesablaufs. Dies lasse die Annahme schwerwiegender psychischer Beeinträchtigungen mit entsprechenden Auswirkungen auf die berufliche Leistungsfähigkeit in quantitativer Hinsicht nicht zu.
Gegen den seinem Prozessbevollmächtigten am 18. September 2008 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 17. Oktober 2008 Berufung eingelegt. Bereits die tatsächlich vorhandenen und durch Dr. He. festgestellten Befunde würden die Annahme einer zeitlichen Leistungseinschränkung auf unter sechs Stunden täglich rechtfertigen. Auch die bei ihm vorhandenen psychischen Befunde fänden im Gerichtsbescheid keine zutreffende Würdigung. Ergänzend zu dem durch das Schmerzsyndrom verursachten psychischen Befund komme eine hiervon unabhängige latente Depression hinzu. Vor diesem Hintergrund würde auch seine psychische Konstitution zu einer teilweisen Erwerbsminderung führen. Dem Zusammenspiel der psychischen und physischen Beeinträchtigungen werde im Gerichtsbescheid nicht zutreffend Rechnung getragen. Zur Unterstützung seines Begehrens hat der Kläger das ärztliche Attest des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. Sche. vom 09. Oktober 2008 (Verfestigung des Krankheitsbildes in der Zwischenzeit, eine Stunde gehen auf ebener Strecke absolutes Maximum) und den ärztlichen Bericht desselben Arztes zum Antrag auf Leistungen zur Teilhabe vom 14. Januar 2010 (Diagnosen: Chronisches Schmerzsyndrom bei sekundärer Verknöcherung der Gonarthrose beidseits, Reizzustand beider Hüftgelenke, Postherniotomiesyndrom, Depression, HWS-LWS-Syndrom, Zustand nach Hirntrauma, Hämorrhoiden) vorgelegt. Im Laufe des Verfahrens hat der Kläger weiter vorgetragen, dass sich sein Gesundheitszustand weiter verschlechtert habe. Zwischenzeitlich sei ein stationärer Aufenthalt in dem V. P. Hospital R. notwendig gewesen. Offensichtlich bestehe bei ihm auch eine Alkohol- und Nikotinabhängigkeit. Der Kläger hat hierzu den Arztbrief in Kurzform des Stationsarztes/Stationspsychologen C. Ma., V. P. Hospital gGmbH in R., vom 26. August 2010 über den stationären Aufenthalt des Klägers vom 30. Juli bis 27. Juli (richtig wohl August) 2010 (Diagnosen: psychische und Verhaltensstörungen durch Alkohol: Abhängigkeitssyndrom, Persönlichkeitsänderung bei chronischem Schmerzsyndrom, vorbehandelte mittelgradige depressive Episode, psychische und Verhaltensstörung durch Tabak: Abhängigkeitssyndrom, Folgen einer intrakraniellen Verletzung nach Motorradunfall, sonstige Spondylose: Zervikalbereich, Radikulopathie: Zervikalbereich, primäre Arthrose sonstiger Gelenke: Beckenregion und Oberschenkel) vorgelegt.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 12. September 2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 20. August 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. Januar 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 26. Juni 2007 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angegriffenen Gerichtsbescheid und die streitgegenständlichen Bescheide weiterhin für zutreffend. Sie hat den Versicherungsverlauf vom 29. Dezember 2008 und die weitere Stellungnahme des Arztes für Chirurgie Dr. St. vom 02. Dezember 2008 vorgelegt sowie mit (bestandskräftigem) Bescheid vom 11. Februar 2010 vom Kläger beantragte Leistung zur medizinischen Rehabilitation abgelehnt, da diese nicht erforderlich sei.
Der Senat hat behandelnde Ärzte des Klägers als sachverständige Zeugen gehört. Dr. Re. hat berichtet (Auskunft vom 15. April 2009), dass er den Kläger seit dem 27. Juli 2007 regelmäßig behandle. Nach dem 10. April 2008 habe sich der Kläger am 06. Oktober und 27. November 2008 sowie am 20. Januar und 15. April 2009 in seiner ambulanten Behandlung befunden. Er habe die Diagnose eines chronischen Schmerzsyndroms und einer Depression mit deutlichen Chronifizierungstendenzen und einen Zustand nach Schädelhirntrauma gestellt. Nach seiner Einschätzung sei der Kläger während der gesamten Behandlungszeit arbeitsunfähig gewesen. Dr. Sche. hat unter Vorlage der ihm vorliegenden Arztunterlagen unter dem 29. März 2010 ausgeführt, dass beim Kläger im Vordergrund des Beschwerdebildes ein von einer mittel- bis schwergradig ausgeprägten Depression nicht zu trennendes chronisches Schmerzsyndrom stehe. Dr. M. hat unter dem 26. April 2010 unter Nennung einer Vielzahl von Diagnosen mitgeteilt, dass er den Kläger seit dem 22. Juli 2008 24-mal behandelt habe. Dabei sei eine verhaltenstherapeutische Gesprächstherapie, Akupunktur, manuelle Therapie und TENS durchgeführt worden. Außerdem hat der Senat den Entlassungsbericht des Chefarztes Dr. Sv., V. P. Hospital, R., vom 11. Oktober 2010 über den stationären Aufenthalt des Klägers vom 30. Juli bis 27. August 2010 beigezogen. Danach liegen beim Kläger über die Diagnosen im bereits genannten Entlassungsbericht über diesen Aufenthalt in Kurzform hinaus als weitere Diagnosen ein Zustand nach Schädelbasisfraktur 1977 durch Motorradunfall und eine Cox- und Gonarthrose beidseits vor. Nach dem allgemeinen körperlichen Untersuchungsbefund seien Hals- und Lendenwirbelsäule frei beweglich gewesen. Der Finger-Boden-Abstand sei mit null Zentimetern gemessen worden. Das Lasègue’sche Zeichen sei beidseits negativ gewesen. Hüfte und Knie seien beidseits ohne Schmerzangaben frei beweglich, das linke Bein verkürzt gewesen. Es habe ein Klopfschmerz über dem Nierenlager rechts bestanden. Neurologisch sei eine Pallhypästhesie bimalleolär 3/8 und am Handgelenk 7/8 gemessen worden. Ansonsten seien Normalbefunde bei Prüfung der Hirnnerven, der Motorik, der Reflexe, des Gangbildes, der Koordination, Sensibilität und der Sprache erhoben worden. Es sei eine qualifizierte Entgiftungsbehandlung durchgeführt worden. Psychisch habe sich der Kläger zufriedenstellend stabilisieren und eine gute Abstinenz- und Behandlungsmotivation aufbauen können. Aufgrund der vorhandenen komorbiden psychischen Störung plane er eine Weiterbehandlung auf der psychiatrisch-psychotherapeutischen Station im Haus, bis zur Aufnahme müsse er eine Überbrückungszeit zuhause verbringen. Im von der Berichterstatterin am 13. Oktober 2010 durchgeführten Erörterungstermin hat der Kläger hierzu mitgeteilt, dass er sich mittlerweile seit eineinhalb Wochen wieder im V. P. Hospital zu einer sechswöchigen Therapie befinde.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge, die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten (Renten- und Rehabilitationsakte) und auf die vom SG beigezogene Akte S 12 SB 4678/07 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung nach §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG entschieden hat, ist zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 20. August 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. Januar 2008 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Das prozessuale Begehren des Klägers beschränkt sich auf Rente wegen voller Erwerbsminderung. Dies ergibt sich zweifelsfrei aus dem schriftsätzlichen Antrag des rechtskundig vertretenen Klägers im Klage- und Berufungsverfahren.
Versicherte haben gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 01. Januar 2008 geändert durch Art. 1 Nr. 12 des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554), wenn sie voll erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voraussetzung ist, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Nach diesen Maßstäben ist der Kläger nicht voll erwerbsgemindert, weil er unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann.
Beim Kläger bestehen nach einem in Fehlstellung ausgeheilten Unterschenkelbruch links degenerative Veränderungen der Kniescheibe und deutliche Vernarbungen der Patellasehne sowie eine Verknöcherung der Membrana interossea und eine leichte Beinverkürzung. Dies ergibt sich aus den von Dr. M. am 16. August 2007, Dr. Schw. am 29. Oktober 2007 und Dr. He. am 26. Juli 2008 erstatteten Gutachten. Bewegungseinschränkungen wurden insoweit weder von Dr. M. noch von Dr. Schw. und auch nicht im Entlassungsbericht über den stationären Aufenthalt des Klägers im V. P. Krankenhaus in der Zeit vom 30. Juli bis 27. August 2010 beschrieben. Lediglich bei der Untersuchung durch Dr. He. war der Bewegungsumfang des linken Kniegelenks gegenüber rechts minimal eingeschränkt und endgradig offenbar schmerzhaft. Es fanden sich bei allen Untersuchungen reizlose Narbenverhältnisse, kein Erguss und auch keine akuten Reizerscheinungen. Das Gangbild wurde jeweils als sicher, flüssig und zumindest mäßig flott beschrieben. Ein eindeutiges konstantes Hinken konnte nicht beobachtet werden. Die Muskulatur der Beine war jeweils seitengleich. Außerdem besteht beim Kläger auf orthopädischem Gebiet eine Funktionsstörung der Lenden- und Halswirbelsäule. Schwerergradige Funktionseinschränkungen werden jedoch auch insoweit in keinem der genannten Gutachten beschrieben. Das Lasegue’sche Zeichen war bei sämtlichen Begutachtungen jeweils beidseits negativ, der Finger-Boden-Abstand wurde zwischen null und 20 cm gemessen. Die Halswirbelsäule war ebenfalls jeweils frei beweglich. Lediglich Dr. He. und Dr. Schw. fanden mäßige Druck- und Klopfschmerzen und eine verspannte und druckempfindliche paravertebrale Muskulatur im Bereich der Wirbelsäule. Desweiteren beklagte der Kläger den Gutachtern gegenüber einen wechselnd ausgeprägten Dauerschmerz im linken Unterschenkel, phasenweise auftretende unangenehme Missempfindungen im linken Unterarm und in der linken Hand, teilweise verbunden mit Krämpfen, wobei die Schulter- und Ellenbogengelenke jeweils frei beweglich waren, sowie in der Lendenwirbelsäule und der Nackenregion. Hochpotente Schmerzmittel nimmt er indessen bis heute nicht ein.
Ausgehend insbesondere von der subjektiven Beschwerdesymptomatik des Klägers und den von ihm beklagten Schmerzen ergeben sich hieraus qualitative Einschränkungen. Der Kläger kann nur noch in wechselnden Körperhaltungen arbeiten und nicht mehr schwer heben und tragen. Auch lang anhaltende Zwangshaltungen der gesamten Wirbelsäule sollten ebenso wie Kniebelastungen und häufiges Stehen und Gehen auf sehr unebenem oder rutschigem Gelände und Besteigen von Leitern und Gerüsten vermieden werden. Der Senat macht sich insoweit die übereinstimmenden Einschätzungen von Dr. M., Dr. Schw. und Dr. He. zu eigen. Diese gutachtlichen Einschätzungen stützen sich auf sorgfältige Befunderhebungen. Deutlich hiervon abweichende Befunde gehen auch nicht aus dem ärztlichen Attest von Dr. Sche. vom 09. Oktober 2008, seinem Rehabilitationsantrag vom 14. Januar 2010 und seiner sachverständigen Zeugenauskunft vom 29. März 2010 hervor, da er von Seiten der orthopädischen Beeinträchtigungen keine weitergehenden Funktionseinschränkungen beschriebt. Dasselbe gilt auch im Hinblick auf die sachverständigen Zeugenauskünfte des Dr. M. vom 26. April 2010 und des Dr. Re. vom 15. April 2009. Unter Berücksichtigung dieser qualitativen Einschränkungen lässt sich, nachdem Funktionseinschränkungen in der Regel nicht zu konstatieren sind und die Einnahme hochpotenter Schmerzmittel nicht erforderlich ist, eine zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens des Klägers unter den täglichen Umfang von sechs Stunden jedoch nicht begründen. Der Senat folgt auch insoweit den Beurteilungen der Dr. M., Dr. Schw. und Dr. He ...
Des Weiteren besteht beim Kläger eine Depression. Diese Diagnose hat bereits Prof. Dr. H., Rehaklinik G., am 08. Dezember 2000 gestellt. Sie ergibt sich auch aus der sachverständigen Zeugenauskunft des Dr. Z. vom 29. Januar 2008 und den sachverständigen Zeugenauskünften von Dr. Re. vom 09. April 2008, 15. April 2009 und Dr. Sche. vom 29. März 2010 sowie dem Entlassungsbericht des Dr. Sv., Vinzenz von Paul Hospital, vom 11. Oktober 2010. Die Depression wird auch medikamentös behandelt. Die nervenärztlichen Behandlungen erfolgten zwischen 2003 und Juli 2007 in etwa achtwöchigen Abständen bei Dr. Z. und seither bei Dr. Re. in Abständen von über sieben Wochen. Nicht außer Acht gelassen werden darf in diesem Zusammenhang aber, dass der Kläger Dr. He. gegenüber einen strukturierten Tagesablauf schilderte und angab, er würde sich um Haushalt und den Sohn im Säuglingsalter kümmern. Auch aus dem Entlassungsbericht des V. P. Hospital vom 11. Oktober 2010 ergibt sich, dass der Kläger bei der Aufnahme bewusstseinsklar war. Seine Stimmung war zuversichtlich. Er gab an, gern zu leben. Er erschien im Kontakt freundlich, sein Antrieb war nach eigener Einschätzung gut. An den Gruppengesprächen nahm der Kläger durchgängig interessiert und aufmerksam teil. Auch Dr. M. schilderte den Kläger bei ihrer Begutachtung am 15. August 2007 zwar als durchgehend ernst, aber nicht eigentlich depressiv wirkend. Aufgrund der Depression sind dem Gutachten von Dr. M. folgend damit lediglich Arbeiten mit vermehrtem Zeitdruck ausgeschlossen. Quantitative Leistungseinschränkungen lassen sich hierauf ebenfalls nicht stützen.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aufgrund der beim Kläger nunmehr ausweislich des Entlassungsberichts von Dr. Sv., V. P. Hospital, vom 11. Oktober 2010 festgestellten Alkoholabhängigkeit. Abgesehen davon, dass die Abhängigkeit erst anlässlich des stationären Aufenthalts vom 30. Juli bis 27. August 2010 diagnostiziert wurde und es sich somit noch nicht um eine Erkrankung handelt, die schon mindestens sechs Monate vorliegt, ist zu beachten, dass eine qualifizierte Entgiftungsbehandlung durchgeführt wurde sowie der Kläger bereits beim ersten Aufenthalt im V. P. Hospital zufriedenstellend stabilisiert werden konnte und eine gute Abstinenz und Behandlungsmotivation aufbaute. Der Erkrankung kann deshalb damit begegnet werden, dass der Kläger keine Arbeiten mehr verrichtet, die mit dem Umgang von alkoholischen Getränken verbunden sind. Ansonsten steht die Alkoholabhängigkeit einer mindestens sechsstündigen Tätigkeit jedoch nicht entgegen.
Die beim Kläger vorliegende leichte Hörminderung, die noch nicht den Einsatz eines Hörgeräts erfordert, führt ebenfalls zu keinen quantitativen Leistungseinschränkungen. Sie hat allenfalls zur Folge, dass der Kläger keine Tätigkeiten mehr verrichten kann, die genaues Hören erfordern.
Der Senat vermag auch nicht festzustellen, dass beim Kläger aufgrund des Zusammenspiels der psychischen und physischen Beeinträchtigungen eine quantitative Leistungsminderung vorliegt. Zwar wird nicht verkannt, dass Depressionen zur Folge haben können, dass Schmerzen stärker empfunden werden. Doch ist insoweit zu beachten, dass es sich beim Kläger - wie ausgeführt - um keine schwerwiegende Depression handelt und aufgrund des Schmerzsyndroms, das noch nicht mit hochpotenten Schmerzmitteln behandelt wird, dennoch keine Funktionseinschränkungen zu konstatieren sind, sodass mit den genannten Funktionseinschränkungen den Erkrankungen des Klägers auch in der Zusammenschau ausreichend Rechnung getragen ist.
Auch eine Einschränkung der Wegefähigkeit des Klägers besteht nicht. Neben der zeitlich ausreichenden Einsetzbarkeit des Versicherten am Arbeitsplatz gehört zur Erwerbsfähigkeit auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle aufzusuchen. Eine gesundheitliche Beeinträchtigung, die es dem Versicherten nicht erlaubt, täglich viermal eine Fußstrecke von mehr als 500 Meter in jeweils weniger als 20 Minuten zurückzulegen, stellt bei dem anzuwendenden generalisierenden Maßstab eine derart schwere Leistungseinschränkung dar, dass der Arbeitsmarkt trotz vorhandenem vollschichtigen Leistungsvermögen als verschlossen anzusehen ist (vgl. z.B. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 21. März 2006 - B 5 RJ 51/04 R - SozR 4-2600 § 43 Nr. 8). Aus den Gutachten von Dr. M., Dr. Schw. und Dr. He. und dem Entlassungsbericht des Dr. Sv. ergibt sich ein sicheres, flüssiges und zumindest mäßig flottes Gangbild. Dr. He. hat die Gehfähigkeit im rentenrechtlichen Sinne auch ausdrücklich bejaht. Zweifel hieran ergeben sich für den Senat insbesondere auch nicht aufgrund des ärztlichen Attestes des Dr. Sche. vom 09. Oktober 2008, wonach eine Stunde gehen auf ebener Strecke für den Kläger das absolute Maximum der Belastbarkeit darstelle. Denn dies begründet nach den obigen Ausführungen keine Einschränkung der Wegefähigkeit nach den im Rentenrecht anzulegenden Maßstäben. Abgesehen davon ist der Kläger im Besitz eines Führerscheins und eines Kraftfahrzeugs.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved