L 4 R 6051/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 11 R 2471/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 6051/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 25. November 2008 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt Rente wegen Erwerbsminderung.

Der am 1960 geborene Kläger erlernte in der Zeit vom 25. Juli 1978 bis 29. Januar 1982 den Beruf des Energieanlagenelektronikers und war anschließend noch einen Monat als Energieanlagenelektroniker versicherungspflichtig beschäftigt. Während des sich anschließenden Zivildienstes absolvierte er vom 15. März 1982 bis 21. Mai 1982 einen Lehrgang zum Rettungshelfer. Nach dem Zivildienst war er bis 14. Dezember 1983 arbeitslos und nahm sodann ab 15. Dezember 1983 eine versicherungspflichtige Beschäftigung beim Deutschen Roten Kreuz in R. als Rettungsassistent auf. Vom 18. März 1985 bis 03. Mai 1985 durchlief er den Rettungssanitäterlehrgang der Stufe II und wurde anschließend mit Wirkung vom 04. Mai 1985 vom Deutschen Roten Kreuz in ein unbefristetes Beschäftigungsverhältnis übernommen. Am 16. März 1987 erwarb der Kläger die Desinfektoren-Anerkennung. Ab 30. August 1991 hatte er die Erlaubnis zur Führung der Berufsbezeichnung Rettungsassistent. In der Zeit vom 12. Januar 1991 bis 31. Dezember 1994 war der Kläger als Wachenleiter für die Rettungswachen O. und S. eingesetzt. Im Rahmen des Bewährungsaufstiegs wurde er ab 01. Juli 1993 von der bisherigen Vergütungsgruppe VIb, Fallgruppe 11 in die Vergütungsgruppe Vc, Fallgruppe 43 höhergruppiert. Vom Oktober 2001 bis zum Beginn der Arbeitsunfähigkeit am 19. August 2002 war der Kläger als Rettungsassistent in Teilzeit beschäftigt. Nach Beendigung der Lohnfortzahlung bezog er vom 03. September 2002 bis 12. Dezember 2003 Krankengeld. Seit 01. Oktober 2001 übt der Kläger außerdem eine selbstständige Tätigkeit als Geschäftsführer einer EDV-Firma, der S. GmbH, deren Anteile er zu 100 Prozent hält, aus. In der Firma waren im Juni 2006 sechs Angestellte, davon drei in Teilzeit beschäftigt. Im Jahr 2003 und im Januar 2004 erhielt er als Geschäftsführer ein monatliches Gehalt in Höhe von EUR 1.500,00. Ab Februar 2004 wurde das Gehalt auf EUR 345,00 reduziert. In der Zeit vom 01. März 2005 bis Februar 2009 erzielte er nach der Bescheinigung des Steuerberaters Blocher vom 27. Februar 2009 keine Einkünfte aus dieser Tätigkeit. Rentenversicherungsbeiträge werden von ihm nicht entrichtet.

Am 17. Oktober 2002 beantragte der Kläger wegen einer verminderten Leistungsfähigkeit nach einer im Jahr 1999 durchgemachten Lungenentzündung Rente wegen Erwerbsminderung. Auf Veranlassung der Beklagten erstattete Lungenfacharzt Dr. E. das Gutachten vom 12. Dezember 2002, in dem er nennenswerte Einschränkungen des Klägers auf seinem Fachgebiet ausschloss. Er verneinte bei einem Sauerstoffpartialdruck von 69 und CO2 von 41 mmHg insbesondere auch die beim Kläger von dem Internisten Dr. H. diagnostizierte respiratorische Globalinsuffizienz und begründete dies damit, dass man von einer Globalinsuffizienz nur dann spreche, wenn der Sauerstoffpartialdruck unter 50 und CO2 oberhalb von 45 mmHg liege. Da Dr. E. auf eine psychische Beeinträchtigung des Klägers hinwies, ließ die Beklagte den Kläger im Anschluss daran durch Psychiaterin I. begutachten. Diese stellte in ihrem Gutachten vom 28. Januar 2003 eine Neurasthenie nach einer Mononukleose und Pneumonie 1999 und den Verdacht auf eine Cluster-Migräne fest. Sie fand als Hauptsymptome eine leichte Ermüdbarkeit bereits nach kleinsten körperlichen Anstrengungen verbunden mit einer erheblichen Exacerbation von Kopfschmerzen in belastenden Situationen. Die geistigen Fähigkeiten wie Konzentration und geistige Belastbarkeit seien, sehe man von einer Verstärkung der Migräne und den damit verbundenen Einschränkungen ab, jedoch ungestört. Seine körperlich schwere Tätigkeit als Rettungsassistent könne der Kläger nicht mehr verrichten. Eine leichte Tätigkeit vorwiegend im Sitzen und im gelegentlichen Gehen und Stehen unter Vermeidung von Zeitdruck und Nachtarbeit könne der Kläger jedoch noch über sechs Stunden und mehr täglich ausüben. Mit Bescheid vom 26. Februar 2003 lehnte die Beklagte hierauf den Antrag des Klägers ab. Auf den vom Kläger dagegen erhobenen Widerspruch holte die Beklagte Befundberichte des Internisten Dr. H. vom 28. Mai 2003 und des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. K., eingegangen am 16. Juni 2003, ein. Dr. H. teilte mit, er habe beim Kläger einen Zustand nach Pneumonie und eine mäßige respiratorische Globalinsuffizienz diagnostiziert und ein Asthma bronchiale ausgeschlossen. Er fügte eigene Arztbriefe u.a. vom 30. Mai 2001 und 21. August 2002 bei, in denen er jeweils die Diagnose einer respiratorischen Globalinsuffzienz auf die Blutgasuntersuchung von PO2 mit 70 mmHg bzw. 69 mmHg und PCO2 mit 42 bzw. 41 mmHg stützte. Dr. K. nannte als Diagnosen eine respiratorische Insuffizienz, Erschöpfungssyndrom, Migräne und außerdem eine Atonie der Harnblase bei Meatusenge. Er wies darauf hin, dass der Kläger bei körperlicher Belastung sehr rasch ermüde. Bezüglich der Meatusenge fügte er dem Entlassungsbericht des Prof. Dr. L., Klinik für Urologie im Klinikum der Stadt V.-S., vom 20. Mai 2003, wonach beim Kläger am 06. Mai 2003 eine Harnröhrenbougierung, Sachse-Urethrotomie und Blasenhalsinzision durchgeführt und am 10. Mai 2003 ein Cystofix-Kateter eingelegt wurde, bei. Die Beklagte erhob daraufhin ein Gutachten des Urologen Dr. R ... Dieser diagnostizierte in seinem Gutachten vom 22. Juli 2003 eine Meatus-, Blasenhals- und Harnröhrenenge, einen Zustand nach Harnröhrenbougierung, eine Sachse-Urethrotomie und Blasenhalsinzision, eine Harninkontinenz, den Verdacht auf eine neurogene Harnblasenentleerungsstörung und auf Detrusorhypotonie und einen Zustand nach bzw. Verdacht auf Harnwegsinfektion. Der Cystofix-Harnblasenkatheter habe ca. vier Wochen nach Rückbildung der Harnblasenrestharnmenge wieder entfernt werden können. Seither bestehe eine Dysurie-Symptomatik mit Pollakisurie, imperativem Harndrang und unkontrolliertem Urinverlust. Wiederholt habe eine Harnblaseninfektion antibiotisch behandelt werden müssen. Derzeit bestehe beim Kläger lediglich eine Möglichkeit zur Beschäftigung im zeitlichen Umfang von unter drei Stunden. Hierbei könnten nur körperlich leichte Tätigkeiten unter Vermeidung von Nässe, Zugluft und extrem schwankenden Temperaturen verrichtet werden. Die Beklagte forderte hierauf noch einen weiteren Befundbericht des den Kläger behandelnden Urologen Dr. M. an, der unter dem 26. November 2003 berichtete, dass sich beim Kläger weiterhin sehr hohe Restharnmengen um ca. 250 ml fänden. Er sei zur weiteren Abklärung an das Inkontinenzzentrum Villingen-Schwenningen überwiesen worden. Mit Bescheid vom 15. Januar 2004, der sich nicht in den Akten befindet, bewilligte die Beklagte daraufhin dem Kläger eine Rente wegen voller Erwerbsminderung vom 01. März 2003 bis 31. Dezember 2004.

Am 07. Oktober 2004 beantragte der Kläger, die ihm bewilligte Rente wegen Erwerbsminderung weiterzuzahlen. Mit Bescheid vom 11. November 2004 verfügte die Beklagte, dass wegen der noch andauernden erforderlichen Ermittlungen die Rente über den vorgesehenen Wegfallzeitpunkt hinaus vorerst bis 28. Februar 2005 weitergezahlt werde. Daraufhin ließ die Beklagte den Kläger am 10. Dezember 2004 von dem Urologen Dr. L. untersuchen. In seinem Gutachten vom 11. Januar 2005 führte Dr. L. aus, beim Kläger finde sich derzeit eine Tagesmiktionsfrequenz von sechs- bis achtmal. Abends führe der Kläger einmal einen Selbstkatheterismus durch. Zu Nykturien komme es nicht. In der vom Kläger selbst geführten Restharnstatistik nehme in letzter Zeit die Restharnbildung (70 bis 150 ml) ab. Ein letzter Harnwegsinfekt sei im Juli 2003 aufgetreten. Beim Kläger bestehe eine hyposensitive, hypokontraktile Blase mit Restharnbildung, ein Zustand nach Urethrotomia interna und Meatotomie sowie Blasenhalsinzision 5/2003, rezidivierende Harnwegsinfekte, ein praktizierter intermittierender Selbstkatheterismus und eine retrograde Ejakulation. Als nicht urologische Diagnosen bestünden ein Zustand nach Pneumonie, Zustand nach Pfeiffer’schem Drüsenfieber, eine Hypertonie und Migräne. Als Rettungsassistent könne der Kläger nur unter drei Stunden täglich arbeiten, mittelschwere Arbeiten in abwechselnder Arbeitshaltung könne er jedoch wieder sechs Stunden und mehr täglich verrichten. Beratender Arzt Dr. Me. führte hierzu am 31. Januar 2005 aus, es bestünden nach dem Gutachten keine gravierenden Funktionsstörungen. Auch die Tätigkeit des Rettungsassistenten sei dem Kläger daher wieder sechs Stunden und mehr täglich möglich.

Mit Bescheid vom 17. Februar 2005 lehnte die Beklagte daraufhin den Weitergewährungsantrag ab, weil über den Wegfallmonat Februar 2005 hinaus weder eine volle noch eine teilweise Erwerbsminderung vorliege und auch ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nicht bestehe. Der Kläger sei noch in der Lage, in seinem bisherigen Beruf als Rettungsassistent mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Den hiergegen eingelegten Widerspruch, dessen Begründung vom 29. Juni 2005 mit ärztlichem Attest des Dr. K. vom 29. Mai 2005 (Migräneattacken, respiratorische Globalinsuffizienz, Blasenentleerungsstörungen, Hiatusinsuffizienz, reaktive Depression, regelmäßiges Arbeiten nur weniger als drei Stunden täglich möglich), der bei der Beklagten gebildeten Widerspruchsstelle vor Erlass des Widerspruchsbescheids nicht vorlag, wies die Widerspruchsstelle mit Widerspruchsbescheid vom 11. Juli 2005 zurück.

Hiergegen erhob der Kläger am 25. Juli 2005 Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG) und verwies im Wesentlichen auf die nicht berücksichtigte Widerspruchsbegründung und das ärztliche Attest des Dr. K. vom 29. Mai 2005. Auch für leichte Tätigkeiten sei von einem aufgehobenen Leistungsvermögen auszugehen, da er nicht nur gesundheitliche Beeinträchtigungen auf psychiatrischem Fachgebiet, sondern auch solche auf internistisch/pulmologischem und insbesondere auf urologischem Fachgebiet mit sich bringe. Das Gutachten von Dr. Ku. trage vollumfänglich seinen Klageantrag.

Die Beklagte trat der Klage entgegen. Die Beweisaufnahme habe ergeben, dass der Kläger seinen bisherigen Beruf als Rettungsassistent nicht mehr ausüben könne. Dennoch bestehe aber keine Berufsunfähigkeit im Sinne des Gesetzes. Der Beruf des Rettungssanitäters werde nach der (vorgelegten) berufskundlichen Stellungnahme der Berufskundlichen Beraterin U. vom 22. Mai 2006 zwar einer Facharbeiterqualifikation gleichgesetzt. Als Grundlage der Bewertung in die tarifliche Einstufung sei, nachdem die Vergütungsgruppe Vc nur aufgrund Bewährungsaufstiegs erreicht worden sei, aber die Vergütungsgruppe VIb zu nehmen. Eine Verweisung um zwei Vergütungsgruppen niedriger sei möglich, so dass für den Kläger eine zumutbare Verweisungstätigkeit der Vergütungsgruppe VIII BAT in Betracht kommen. In Betracht komme beispielsweise eine Tätigkeit als Registrator. Auch die von ihm derzeit ausgeübte Tätigkeit als Geschäftsführer sei als sozial zumutbar anzusehen. Gegen das Vorliegen der von Dr. Ku. diagnostizierten mitochondrialen Encephalomyopathie spreche, dass die Erkrankung mit viel schwerwiegenderen und reichhaltigeren Symptomen auf psychiatrischer und neurologischer Ebene einhergehe. Das Erkrankungsbild drücke sich nicht nur in Kopfschmerzen und mentaler oder körperlicher Erschöpfung aus. Typisch seien Augenmuskelparesen, schlaganfallartige Episoden, Bewusstseinsstörungen und mentale Retardierung mit Entwicklung von Demenz.

Das SG hörte Dr. K. als sachverständigen Zeugen. Dieser berichtete (Auskunft vom 24. Oktober 2005), der Kläger leide unter anhaltenden Kopfschmerzen, einer respiratorischen Globalinsuffizienz, wiederkehrenden Oberbauchschmerzen bei Hiatusinsuffizienz und massiven Blasenentleerungsstörungen. Bei vorbestehender verminderter psychischer Belastbarkeit führten die genannten Krankheiten während der letzten Jahre zu zusätzlicher massiver Erschöpfungssymptomatik. Zum jetzigen Zeitpunkt sei der Kläger nicht in der Lage, regelmäßig mindestens sechs Stunden täglich zu arbeiten. Der notwendige Selbstkatheterismus, die wiederkehrenden Kopfschmerzen und die anhaltende belastungsabhängige Atemnot schränkten seine Leistungsfähigkeit zu sehr ein. Die verminderte psychische Belastbarkeit, Belastungsdyspnoe und wiederkehrende Rückenschmerzen machten insbesondere einen Einsatz als Rettungssanitäter unmöglich. Dr. K. fügte ihm zugegangene Arztbriefe aus den Jahren 2004 und 2005 bei.

Das SG zog aus dem Verfahren des Klägers gegen die Unfallkasse des Bundes - S 11 U 450/05 - das von Dr. H. erstattete Gutachten vom 06. Oktober 2005 bei. Darin wies Dr. H. darauf hin, dass die von ihm gestellte Diagnose einer respiratorischen Globalinsuffizienz nicht korrekt gewesen sei. Sie sei vermutlich durch Benutzen eines falschen Textbausteins zustande gekommen. Er diagnostizierte beim Kläger nunmehr einen Zustand nach Mittellappenpneumonie, den Verdacht auf ein chronisches Müdigkeitssyndrom mit reduzierter körperlicher Dauerbelastbarkeit, eine Migräne ohne Aura, Miktionsstörungen und unspezifische Wirbelsäulenbeschwerden.

Arzt für Neurologie, Psychiatrie, Psychotherapie Dr. D. erstattete das Gutachten vom 14. Februar 2006. Beim Kläger bestehe eine Neurasthenie, Persönlichkeit mit kränkbaren, sthenischen und narzisstischen Zügen und eine Migräne ohne Aura sowie der Verdacht auf Spannungskopfschmerzen. Aus psychiatrischer Sicht sei eine Tätigkeit des Klägers im Beruf des Rettungssanitäters bzw. Rettungsassistenten nicht mehr möglich, leichte Arbeiten mindestens sechs Stunden täglich könne der Kläger jedoch weiterhin verrichten.

Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erstattete zunächst noch einmal Urologe Dr. R. das Gutachten vom 11. April 2006. Er führte aus, dass es beim Kläger zu Miktionsintervallen im Tagesverlauf mit zwei bis drei Stunden und lediglich rezidivierend postmiktionell zum tropfenweisen unkontrollierten Urinverlust, der die Benutzung von ein bis zwei Harninkontinenzvorlagen erforderlich mache, komme. Abends führe der Kläger einmalig einen intermittierenden Harnblasenselbstkatheterismus durch. Die Nachtruhe sei nachfolgend ungestört und ohne Inkontinenzsymptomatik. Beim Kläger bestehe eine hyposensitive-hypokontraktile Harnblase, ein praktizierter intermittierender Selbstkatheterismus, ein Zustand nach Urethrotomia interna, Meatotomie und Blasenhalsinzision (Mai 2003), rezidivierende Harnwegsinfektionen und eine Stress-Harninkontinenz 1. Grades. Unter Vermeidung von Heben und Tragen sowie Bewegen von Lasten, Akkord- und Fließbandarbeiten, Wechselschicht/Nachtschicht, Tätigkeiten, die häufiges Bücken erfordern und mit wechselhaften Temperaturen, Zugluft und Nässe verbunden seien, könne der Kläger überwiegend im Sitzen mindestens sechs Stunden täglich arbeiten. Eine Tätigkeit als Rettungssanitäter erscheine nicht mehr möglich.

Internist Dr. Ku. erstattete ein weiteres Gutachten nach § 109 SGG. In seinem Gutachten vom 17. Januar 2007 legte er dar, der Kläger leide unter einer mitochondrialen Encephalo-Neuro-Myopathie mit den sekundären Folgekrankheiten: Migräne und Kopfschmerzen, neurogene Blasenfunktionsschwäche, periphere symmetrische Polyneuropathie, Muskelschwäche und leichte muskuläre Erschöpfbarkeit unter psychischen Belastungen, Hirnleistungseinbußen mit rascher Erschöpfbarkeit, Hiatushernie mit Entzündung der Speiseröhre und wiederkehrenden Lendenwirbelsäulenschmerzen im Sinne einer neurogenen Entzündung mit Auswirkungen auf Beckenorgane, After und Harnblase. Für eine mitochondriale Cytopathie spreche beim Kläger das am 06. Juli 2006 pathologisch hoch nachgewiesene Pyruvat sowie das pathologisch hohe Laktat im Blut und der erhöhte Pyruvatspiegel anlässlich der Begutachtung. Der hohe Pyruvatstau signalisiere eine Verwertungsstörung an Kohlenhydraten und führe zu einer Blockade der Energiebildung. Klinisch würden Betroffene dies an geringen Leistungsreserven merken. Mitochondriale Funktionsstörungen führten zu einer Ansäuerung der Zelle. Derartige Azidosen führten zu einem Verlust alkalischer Elektrolyte wie Kalium und Magnesium aus dem Zellinneren. Bei Mitochondrienschädigung werde verstärkt Stickstoffmonoxid gebildet. Dieses aktiviere Entzündungsreaktionen, die beim Kläger im Bereich der Harnblase und des Afters eine Rolle spielen müssten. Aufgrund der körperlich geringen Energiereserven sei der Kläger nur gering leistungsfähig. Auch unter Ruhebedingungen könne er Parallelhandlungen nicht mehr durchführen, sondern nur noch eine geordnete Tätigkeit ohne Störungen von außen, vorausgesetzt, dass keine Migräneattacken von bis zu einigen Tagen Dauer ihn total handlungsunfähig werden ließen. Im Rahmen seiner selbstständigen Tätigkeit könne er ohne vorhandene Migräne drei bis vier Stunden arbeiten. Jeder weitere Energiebedarf würde zu einer Schädigung von Hirnnervenzellen und Muskelschäden führen. Bei Migräne- bzw. Kopfschmerzattacken bestehe Arbeitsunfähigkeit für ein bis drei Tage. Bei Einbindung in einen Arbeitsprozess durch einen Arbeitgeber wäre damit eine kontinuierliche Arbeit nicht möglich.

Das SG holte hierzu eine ergänzende gutachterliche Äußerung des Dr. D. ein, der unter dem 21. Mai 2007 ausführte, dass er die Diagnose einer mitochondrialen Encephalo-Myopathie nicht bestätigen könne. Beispielsweise werde die Vibrationsempfindung im Gutachten des Dr. Ku. überinterpretiert, wenn hieraus auf eine Neuropathie geschlossen werde. Eine relevante Neuropathie liege beim Kläger mit Sicherheit nicht vor. Auch die Thetawellen im EEG würden überinterpretiert. Außerdem halte er es für gewagt, einer einmal bestimmten leichten CK-Wert-Erhöhung die Bedeutung beizumessen wie Dr. Ku. in seinem Gutachten. Er verblieb bei seinem bisherigen Gutachten, wies aber auch darauf hin, dass das Krankheitsbild der mitochondrialen Encephalomyopathie in der Psychiatrie nur eine randständige Rolle spiele und seinerseits keine Laboruntersuchungen initiiert worden seien, um eine solche Erkrankung zu bestätigen oder zu widerlegen. Er halte ein weiteres Gutachten aber dennoch nicht für notwendig, da Dr. Ku. einseitig die Befunde zusammengetragen und überbewertet habe, die das Krankheitsbild einer mitochondrialen Encephalomyopathie stützten.

Dr. Ku. äußerte sich hierzu auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG am 01. November 2007. Auch er verblieb bei seiner Beurteilung. Die Wertung der EEG-Wellen beruhe in der Zitierung des international anerkannten Neurologen Mummenthaler. Die Bedeutung der CK-Erhöhung, auch wenn nicht extrem pathologisch erhöht, weise darauf hin, dass eine Myelopathie vorliegen müsse.

Neurologe/Neuropsychologe Prof. Dr. A. erstattete daraufhin das Gutachten nach Aktenlage vom 09. Oktober 2008. Er diagnostizierte beim Kläger auf neurologisch-nervenärztlichem Gebiet eine Migräne ohne Aura und eine Neurasthenie bei Persönlichkeit mit kränkbaren, sthenischen und narzisstischen Zügen. Auf internistischem Gebiet fänden sich eine Hiatusinsuffizienz und auf Seiten des urologischen Fachgebiets eine hyposensitiv/hypokontraktile Harnblase mit Entleerungsstörungen und eine Stress-Harninkontinenz I. Grades sowie eine retrograde Ejakulation. Aufgrund der Art und des Verlaufs der Beschwerden des Klägers und der bislang erhobenen Untersuchungsbefunde ergebe sich nicht einmal der Verdacht auf das Vorliegen einer mitochondrialen Erkrankung. Die Gesundheitsstörungen führten nicht zu einer quantitativen Einschränkung der Erwerbsfähigkeit des Klägers. Der Kläger könne leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts mehr als sechs Stunden täglich verrichten. Nicht mehr zumutbar sei ihm das Heben, Tragen oder Bewegen schwerer Lasten ohne Hilfsmittel, häufiges Bücken sowie Tätigkeiten in Hitze, Kälte und Zugluft und Tätigkeiten, die mit besonderer Verantwortung oder erheblicher geistiger Beanspruchung einhergingen. Den von Dr. D. gemachten Ausführungen zum Gutachten des Dr. Ku. sei in allen Punkten zuzustimmen.

Mit Urteil vom 25. November 2008 wies das SG die Klage ab. Der Kläger könne zwar im Beruf des Rettungsassistenten, der einer Facharbeitertätigkeit gleichzusetzen sei, nicht mehr mindestens sechsstündig arbeitstäglich erwerbstätig sein. Er könne jedoch noch die ihm zumutbare Verweisungstätigkeit eines Registrators oder einer Bürokraft in der Verwaltung mindestens sechs Stunden verrichten. Er sei damit nicht berufsunfähig. Auch andere leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts könnten noch mindestens sechsstündig von ihm ausgeübt werden. Zu dieser Überzeugung gelange es (das SG) auf der Grundlage der Gutachten von Dr. D., Dr. L. und Prof. A ... Weiter ziehe es das Gutachten des Dr. H. heran.

Gegen das seinen Prozessbevollmächtigten am 15. Dezember 2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 24. Dezember 2008 Berufung eingelegt und weiterhin Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab 01. März 2005 begehrt. In seinem Gesundheitszustand hätten sich seit der letzten Rentengewährung keine gesundheitlichen Verbesserungen eingestellt, sodass die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung über das Jahr 2005 hinaus vorlägen. Sein Leistungsvermögen sei reduziert bzw. aufgehoben. Zumindest nach Ablauf von 1,5 Stunden sei ihm ein Toilettengang zu ermöglichen. Überdies gebiete die gesundheitliche Beeinträchtigung auf urologischem Fachgebiet eine einmal täglich stattfindende Selbstkatheterisierung. Allein hierdurch sei sein Leistungsvermögen eingeschränkt, es komme zu arbeitsunüblichen Pausen. Hinzu komme eine starke Beeinträchtigung durch seine Leistungsschwäche, das Müdigkeitssyndrom und die häufig auftretenden Kopfschmerzen im Sinne einer Migräne. Auch diese führten zu arbeitsunüblichen Pausen. Auch sei bei seinem Krankheitsbild damit zu rechnen, dass er bei Aufnahme einer Tätigkeit Arbeitsunfähigkeitszeiten aufweisen würde, die 50 v.H. seiner Arbeitszeit überstiegen. Die noch mögliche Alltagsbewältigung sei lediglich durch Hilfe der Familie möglich. Eine selbstständige Tätigkeit werde von ihm nur in geringem Umfang ausgeübt. Einkünfte hieraus habe er seit 01. März 2005 bis heute nicht erzielt. Die geringe Behandlungsintensität gründe darauf, dass er aufgrund seiner Vorkenntnisse und medikamentösen Einstellung ohne große Behandlungsintensität zurechtkomme. Unstreitig könne er auf jeden Fall nicht mehr als Rettungsassistent arbeiten. Die vom SG genannten Verweisungstätigkeiten als Registrator oder als Bürokraft in der Verwaltung seien ihm aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich. Auch fehle es ihm an der entsprechenden Vorbildung. Aufgrund seines fortgeschrittenen Alters seien ihm diese Tätigkeiten ebenfalls nicht mehr zumutbar.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 25. November 2008 und den Bescheid der Beklagten vom 17. Februar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. Juli 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm über den 01. März 2005 hinaus Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verbleibt bei ihrem bisherigen Standpunkt. Die Notwendigkeit zusätzlicher Pausen sei beim Kläger nicht attestiert. Jedem Arbeitnehmer müsse gestattet sein, während der Arbeitszeit jederzeit die Toilette aufzusuchen. Auch seien Arbeitnehmern in der Nähe des Arbeitsplatzes nach der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) besondere Räume mit einer ausreichenden Zahl von Toiletten und Handwaschbecken zur Verfügung zu stellen. Der Tätigkeit einer Bürokraft nach der Vergütungsgruppe VIII BAT (Entgeltgruppe 3 Tarifvertrag Öffentlicher Dienst - TVöD -) sei er gesundheitlich gewachsen, sie sei ihm auch sozial zumutbar und er verfüge über ausreichende Kenntnisse. Er könne die Tätigkeit nach dreimonatiger Einarbeitungszeit vollwertig auszuüben. Letzteres zeige sich darin, dass er in nennenswertem Umfang und mit wirtschaftlichem Erfolg ein Unternehmen selbstständig geführt habe. Ergänzend hat die Beklagte ein Gutachten von M. F., Agentur für Arbeit N. vom 04. August 2004 im Verfahren des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern L 4 RA 123/02 zur Verweisungstätigkeit einer Bürohilfskraft und eines Registrators vorgelegt.

Der Senat hat aus den Akten des Unfallstreitverfahrens des Klägers, das beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) unter dem Aktenzeichen L 2 U 1138/09 anhängig ist und in dem streitig ist, ob eine Berufskrankheit nach Nr. 3101 der Berufskrankheiten-Verordnung festzustellen ist, das internistisch, pneumologische und schlafmedizinische Gutachten der Chefärztin Prof. Dr. Or., T.-krankenhaus und S. H. Klinik H., vom 05. August 2010 zur Akte genommen. Prof. Dr. Or. hat einen Zustand nach Mittellappenpneumonie 1999, ein chronisches Müdigkeitssyndrom ohne schlafbezogene Atmungsstörungen, eine erhaltene Schlafarchitektur, eine Migräne ohne Aura und eine Harnblasenstörung diagnostiziert. Der Kläger hat der Sachverständigen gegenüber über eine chronische Müdigkeit und Erschöpfung berichtet und angegeben, er besuche regelmäßig ein Fitness-Studio und fahre in seiner Freizeit gerne Mountain-Bike. Die Sachverständige hat bei der körperlichen Untersuchung über der Lunge wie auch im Übrigen körperlichen Untersuchungsstatus keine internistischen Auffälligkeiten gefunden. Die durchgeführte Belastungsuntersuchung hat bis 150 Watt unauffällige Messergebnisse ergeben. Die anaerobe Schwelle, welche sich bei 100 Watt ergeben hat, hat eine gute körperliche und muskuläre Leistungsbreite gezeigt. Weder bei der polysomnographischen noch bei der Fahrsimulator-Analyse haben sich Hinweise auf das Vorliegen einer schlafbezogenen Atmungsstörung ergeben.

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung nach §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG entschieden hat, ist zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 17. Februar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. Juli 2005 ist rechtmäßig. Der Kläger hat ab 01. März 2005 weder Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung noch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.

1.) Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung.

Versicherte haben gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 01. Januar 2008 geändert durch Art. 1 Nr. 12 des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554), wenn sie voll erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voraussetzung ist, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).

Da die frühere Bewilligung von Rente wegen voller Erwerbsminderung bis 28. Februar 2005 befristet war (vgl. § 102 Abs. 2 Satz 1 SGB VI), endete sie kraft Gesetzes nach § 102 Abs. 1 Satz 1 SGB VI an diesem Tag. Im Hinblick auf den Verlängerungsantrag des Klägers ist daher die (streitige) volle Erwerbsminderung ab 01. März 2005 originär zu prüfen, ohne dass es des Nachweises einer wesentlichen Besserung des Gesundheitszustands des Klägers und seines Leistungsvermögens im Sinne des § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) ab 01. März 2005 bedurfte.

Der Schwerpunkt der Beschwerden des Klägers liegt in der von ihm beklagten Müdigkeit bzw. Erschöpfung bereits nach geringer Belastung, die von Dr. D., Prof. Dr. A. und auch bereits von der Psychiaterin I., die den Kläger bereits im Jahr 2003 begutachtet hat, als Ausdruck einer Neurasthenie, von Dr. Ku. als Folge einer mitochondrialen Encephalo-Neuro-Myopathie diagnostiziert wurde. Hinsichtlich der Diagnose folgt der Senat den gerichtlichen Sachverständigen Dr. D. und Prof. Dr. A. sowie der Psychiaterin I ... Die von Dr. Ku. gestellte Diagnose einer mitochondrialen Encephalo-Neuro-Myopathie ist nicht überzeugend. Insbesondere Prof. Dr. A. hat in seinem Gutachten vom 09. Oktober 2008 nachvollziehbar dargelegt, dass die Art und der Verlauf der Beschwerden des Klägers und die bislang erhobenen Untersuchungsbefunde gegen das Vorliegen einer mitochondrialen Erkrankung sprechen. Deshalb vermag der Senat der Leistungsbeurteilung des Dr. Ku. nicht zu folgen.

Dr. D. hat anlässlich der Begutachtung des Klägers am 12. Januar 2006 ein gutes Durchhaltevermögen bei ihm festgestellt, was durch die Untersuchung durch Prof. Dr. Or. im April/Mai 2010, wo der Kläger bis 150 Watt belastet werden konnte, bestätigt wird. Die anaerobe Schwelle bei 100 Watt zeigte bei der Untersuchung durch Prof. Dr. Or. eine gute körperliche und muskuläre Leistungsbreite. Nicht außer Acht gelassen werden darf insoweit auch, dass der Kläger regelmäßig ein Fitnessstudio besucht und täglich Fahrrad fährt, joggt oder schwimmt. Entsprechende Angaben zu den letztgenannten sportlichen Aktivitäten machte der Kläger auch gegenüber den gerichtlichen Sachverständigen des vorliegenden Berufungsverfahrens. Auch von Seiten der Lunge des Klägers ergaben sich weder bei der Untersuchung durch Dr. E., die bereits im Dezember 2002 stattfand, noch bei der Begutachtung durch Dr. H. im Unfallstreitverfahren im Oktober 2005 und auch nicht bei der Untersuchung durch Prof. Dr. Or. nennenswerte Einschränkungen. Insbesondere besteht beim Kläger auch keine respiratorische Globalinsuffizienz. Zwar wurde eine solche von Dr. H. zunächst in seinen Arztbriefen vom 30. Mai 2001 und 21. August 2002 erwähnt und von Dr. K. auch so übernommen, doch handelte es sich insoweit um eine Falschdiagnose. Die von Dr. H. ermittelten Werte bei der Blutgasuntersuchung stützen diese Diagnose nicht. Auch Dr. H. hat in seinem Gutachten vom 06. Oktober 2005 im Unfallstreitverfahren ausgeführt, dass die von ihm gestellte Diagnose einer respiratorischen Globalinsuffizienz nicht korrekt gewesen sei. Auch schlafbezogene Atmungsstörungen konnten bei der Untersuchung durch Prof. Dr. Or. ausgeschlossen werden. Bei der am 10. Mai 2010 durchgeführten Polysomnographie fand sich ein weitgehend physiologischer Schlaf mit erhaltener Schlafarchitektur und auch die Fahrsimulationstestung war ohne Hinweise auf das Vorliegen einer schlafbezogenen Atmungsstörung.

Ausgehend hiervon ergeben sich qualitative Einschränkungen. Der Kläger kann nur noch leichte Tätigkeiten vorwiegend im Sitzen und im gelegentlichen Gehen und Stehen unter Vermeidung von Zeitdruck und Nachtarbeit verrichten. Auch Tätigkeiten, die mit besonderer Verantwortung oder erheblicher geistiger Beanspruchung einhergehen, sind nicht mehr zumutbar. Der Senat macht sich insoweit insbesondere die Einschätzung von Psychiaterin I. vom 28. Januar 2003 und des Dr. D., der jedoch nur eine Einschränkung im Hinblick auf mittelschwere und schwere Tätigkeiten machte, und des Prof. Dr. A., der nur schwere Tätigkeiten ausschloss, zu eigen. Diese gutachtlichen Einschätzungen stützen sich auf sorgfältige Befunderhebungen bzw. Auswertung der Aktenlage.

Unter Berücksichtigung dieser qualitativen Einschränkungen lässt sich eine zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens des Klägers unter den täglichen Umfang von sechs Stunden jedoch nicht begründen. Dies ergibt sich ebenfalls aus dem von Dr. D., Prof. Dr. A. und der Psychiaterin I. erstatteten Gutachten. Diese Beurteilung wird auch darin gestützt, dass der Kläger bereits seit Oktober 2001 eine selbstständige Tätigkeit als Geschäftsführer einer EDV-Firma mit mehreren Mitarbeitern auch unter seiner Mitarbeit führte. Etwas anderes ergibt sich auch nicht deshalb, weil die Erkrankung nach dem Vortrag des Klägers zu arbeitsunüblichen Pausen führe, denn hierfür gibt es keine Belege. Dasselbe gilt auch im Hinblick auf zukünftig auftretende Arbeitsunfähigkeitszeiten. Das Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit ist zumindest seit März 2005 nicht ärztlicherseits bestätigt. Der Senat verkennt insoweit nicht, dass dies im Hinblick darauf, dass der Kläger selbstständig tätig war, auch nicht notwendig war, doch lässt auch das Krankheitsbild des Klägers einen Schluss auf zukünftig auftretende Arbeitsunfähigkeitszeiten nicht zu. Auch aus der Tatsache, dass der Kläger als Rettungsassistent ab 19. August 2002 arbeitsunfähig krank war, lässt sich nichts anderes folgern, nachdem auch der Senat wie die Beklagte, der Kläger und das SG davon ausgeht, dass der Kläger nicht mehr als Rettungsassistent mindestens sechs Stunden täglich arbeiten kann, da es sich hierbei um eine schwere Tätigkeit handelt. Auf die in der Vergangenheit bescheinigten Arbeitsunfähigkeitszeiten für die Tätigkeit als Rettungsassistent kommt es deshalb nicht an. Auch dass der Kläger dem Berufungsvortrag entsprechend den Alltag nur noch mithilfe der Familie bewältigen kann, findet keine Bestätigung in dem von Dr. D. erstatteten Gutachten, in dem der Tagesablauf des Klägers ausführlich geschildert wird. Im Übrigen legt der Kläger auch nicht weiter dar, inwieweit er der Hilfe der Familie bedarf.

Weitere Gesundheitsstörungen des Klägers bedingen ebenfalls keine Leistungseinschränkung in zeitlicher Hinsicht.

Die beim Kläger bestehende Migräne wird auch nach dem Gutachten von Prof. Dr. Or. nicht gezielt behandelt. Der Kläger nimmt nach der jüngsten Medikamentenanamnese von Prof. Dr. Or. lediglich Minerale und Vitamine ein. Es findet weder eine medikamentöse Prophylaxe statt, noch wird ein Entspannungsverfahren durchgeführt. Dies belegt, dass der Leidensdruck des Klägers aufgrund der Migräne nicht so ausgeprägt ist, dass er wegen der Kopfschmerzen ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen muss, weshalb sich hierauf auch keine quantitative Einschränkung des Leistungsvermögens stützen lässt.

Des Weiteren besteht beim Kläger nach wie vor eine Erkrankung auf urologischem Gebiet. Er leidet unter einer hyposensitiven und hypokontraktilen Harnblase mit Entleerungsstörungen und einer Stress-Harninkontinenz I. Grades. Abends führt der Kläger eine Selbstkatheterismus durch. Dies ergibt sich aus den von Dr. L. am 11. Januar 2005, Dr. R. am 11. April 2006 und auch Prof. Dr. A. am 09. Oktober 2008 erstatteten Gutachten. Nach dem von Dr. R. erstatteten Gutachten kommt es beim Kläger im Tagesverlauf zu Miktionsintervallen mit zwei bis drei Stunden. Eine Nykturie tritt nicht auf. Bei der Begutachtung durch Dr. D. am 12. Januar 2006 gab der Kläger an, er gehe alle zwei Stunden - nach der Uhr - zum WC. Anlässlich der Begutachtung bei Prof. Dr. Or. im April/Mai 2010 erwähnte der Kläger insoweit lediglich, dass er sich wegen eines häufig auftretenden Harnverhalts selbst katheterisiere. Aufgrund des rezidivierenden postmiktionell tropfenweise unkontrollierten Urinverlusts ist die Benutzung von ein bis zwei Harninkontinenzvorlagen erforderlich.

Damit liegen qualitative Auswirkungen auf das Leistungsvermögen des Klägers vor. Der Kläger kann keine Lasten mehr heben und tragen sowie bewegen und er kann keine Tätigkeiten mehr verrichten, die mit Wechsel-/Nachtschicht, häufigem Bücken, wechselhaften Temperaturen, Zugluft und Nässe sowie Akkord- und Fließbandarbeiten verbunden sind. Der Senat macht sich insoweit die übereinstimmenden Einschätzungen von Dr. L., Dr. R. und auch Prof. Dr. A. zu eigen. Konkrete Auswirkungen auf das zeitliche Leistungsvermögen des Klägers haben die Gutachter jedoch nicht beschrieben. Dies ist auch für den Senat nicht ersichtlich.

Wegen der Harnblasenstörung liegt beim Kläger auch keine schwere spezifische Leistungseinschränkung vor. Trotz dieser Krankheit benötigt der Kläger keine betriebsunüblichen Arbeitsbedingungen. Der Senat geht insoweit davon aus, dass der Kläger bei einem sechsstündigen Arbeitstag - alle zwei Stunden die Toilette aufsuchen muss. Er legt insoweit den vom Kläger Dr. D. gegenüber angegebenen Wert zugrunde. Dass sich mittlerweile die Frequenz verkürzt hat und der Kläger nunmehr entsprechend dem Berufungsvortrag alle 1,5 Stunden die Toilette aufsuchen muss, ist nicht belegt. Eine Verschlechterung der Erkrankung auf urologischem Fachgebiet wird auch vom Kläger nicht geltend gemacht. Die Dauer eines solchen Toilettenbesuchs schätzt der Senat auf drei Minuten ein, zu einer solchen Schätzung ist der Senat nach § 202 SGG i. V. mit § 287 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) befugt (vgl. Beschluss des erkennenden Senats vom 16. April 2010 - L 4 R 2563/08 -). Der Senat berücksichtigt hierbei die gesetzlichen Vorschriften zur Entfernung zwischen Arbeitsplatz und Toilette: Nach § 6 Abs. 2 Satz 1 der ArbStättV hat der Arbeitgeber Toilettenräume bereitzustellen. Nach Nr. 4.1 Abs. 1 Satz 2 der Anlage zur ArbStättV müssen sich diese Toilettenräume sowohl in der Nähe der Arbeitsplätze als auch in der Nähe von Pausen- und Bereitschaftsräumen, Wasch- und Umkleideräumen befinden. Nach Nr. 3 der Arbeitsstätten-Richtline 37/1 (vgl. § 7 Abs. 4 ArbStättV) sind die Toilettenräume bzw. die Toiletten unabhängig von Nr. 2 der Vorschrift innerhalb einer Arbeitsstätte so zu verteilen, dass sie von ständigen Arbeitsplätzen nicht mehr als 100 Meter und, sofern keine Fahrtreppen vorhanden sind, höchstens eine Geschosshöhe entfernt sind, der Weg von ständigen Arbeitsplätzen in Gebäuden zu Toiletten soll nicht durchs Freie führen. Daraus ergibt sich, dass der Kläger seine Arbeit alle zwei Stunden für drei Minuten unterbrechen müsste. Diese Frequenz ist mit den Anforderungen des allgemeinen Arbeitsmarktes ohne weiteres vereinbar. Zur Bestimmung des Begriffs betriebsübliche Arbeitsbedingungen kann die Rechtsprechung zu § 119 Abs. 4 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) bzw. zum früheren § 103 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) herangezogen werden (BSG SozR 3-2200 § 1247 Nr. 14). Danach muss auch die Dauer, Lage und Verteilung der Pausen arbeitszeitüblichen Bedingungen entsprechen (vgl. BSG SozR 4100 § 134 Nr. 3; SozR 4100 § 103 Nr. 17 und 23). Nach § 4 Arbeitszeitgesetz (ArbzG) steht Beschäftigten mit einer Tätigkeit von mehr als sechs Stunden täglich eine Ruhepause von 30 Minuten bzw. zweimal 15 Minuten zu. Bereits hiernach kann z.B. ein sechseinhalbstündiger Arbeitstag alle zwei Stunden und zehn Minuten für je 15 Minuten unterbrochen werden. Neben den betriebsüblichen Pausen werden den Arbeitnehmern in gewissem Umfang auch noch so genannte Verteilzeiten zugestanden, so z.B. den Weg vom Zeiterfassungsgerät zum Arbeitsplatz, das Vorbereiten bzw. Aufräumen des Arbeitsplatzes, den Gang zur Toilette, Unterbrechungen durch Störungen durch Dritte. Diese können z.B. im Bürobereich mit bis zu sieben Minuten pro Stunde veranschlagt werden. Entsprechend haben auch andere Landessozialgerichte bereits entschieden, dass sogar eine Dranginkontinenz mit regelmäßigen Toilettenbesuchen alle 60 bis 90 Minuten (Landessozialgericht Berlin, Urteil vom 30. Juli 2003, S 17 RA 39/02, veröffentlicht in Juris, RdNr. 43), mit ein bis zwei Toilettenbesuchen je Stunde (Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15. August 2003, L 14 RJ 137/01, veröffentlicht in Juris, RdNr. 38) betriebsüblichen Arbeitsbedingungen entspricht. Die gleiche Ansicht hat auch der 11. Senat des LSG (Urteil vom 20. März 2007, L 11 R 684/06) für kurzfristige Unterbrechungen der Arbeitszeit zur Nahrungsaufnahme von zehn Minuten alle zwei Stunden vertreten (zum Ganzen vgl. Beschluss des erkennenden Senats vom 16. April 2010 m.w.N.). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aufgrund der Notwendigkeit der Selbstkatheterisierung. Denn diese erfolgt abends und damit außerhalb der Arbeitszeit.

2.) Der Kläger kann auch keine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab 01. März 2005 verlangen.

Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit haben nach § 240 Abs. 1 SGB VI bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Erreichung der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 01. Januar 2008 geändert durch Art. 1 Nr. 61 des RV-Altergrenzenanpassungsgesetzes vom 20. April 2007, BGBl. I, 554) auch Versicherte, die vor dem 02. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind nach § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach dem die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihm unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs unter besonderen Anforderung ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Bisheriger Beruf ist nach ständiger Rechtsprechung des BSG in der Regel die letzte, nicht nur vorübergehend vollwertig ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit (z. B. BSG, Urteil vom 29. März 1994 - 13 RJ 35/93 - SozR 3-2200 § 1246 Nr. 45; Urteil vom 18. Februar 1998 - B 5 RJ 34/97 R, SozR 3-2200 § 1246 Nr. 61; Urteil vom 20. Juli 2005 - B 13 RJ 19/04 R - in Juris). Bisheriger Beruf des Klägers war danach die Tätigkeit als Rettungsassistent.

Diese Tätigkeit kann der Kläger nicht mehr verrichten. Dies begründet jedoch noch keine Berufsunfähigkeit. Denn der Kläger ist zumutbar auf die Tätigkeit als Registrator verweisbar, die ihm auch medizinisch möglich ist.

Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zur Erleichterung dieser Beurteilung hat die Rechtsprechung des BSG (vgl. z.B. Urteil vom 29. März 1994 - 13 RJ 35/93 - SozR 3-2200 § 1246 Nr. 45; Urteil vom 25. Juli 2001 - B 8 KN 14/00 R - SozR 3-2600 § 43 Nr. 26) die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufs haben, gebildet worden. Entsprechend diesem so genannten Mehrstufenschema werden die Arbeiterberufe durch Gruppen mit den Leitberufen des Facharbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert. Die Einordnung eines bestimmten Berufs in dieses Mehrstufenschema erfolgt aber nicht ausschließlich nach der Dauer der absolvierten förmlichen Berufsausbildung. Ausschlaggebend hierfür ist vielmehr allein die Qualität der verrichteten Arbeit, d.h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Es kommt auf das Gesamtbild an. Eine Verweisung kann nur auf einen Beruf derselben qualitativen Stufe oder der nächst niedrigeren erfolgen (BSG, Urteil vom 29. Juli 2004 - B 4 RA 5/04 R - in Juris).

Die vom Kläger zuletzt verrichtete Tätigkeit als Rettungsassistent ist als Facharbeitertätigkeit anzusehen. Hiervon gehen nicht nur der Kläger und das SG, sondern inzwischen auch die Beklagte aus.

Als Facharbeiter kann der Kläger auf Tätigkeiten der nächstniedrigeren Berufsgruppe des genannten Mehrstufenschemas bzw. auf solche Tätigkeiten verwiesen werden, die eine betriebliche Anlernzeit von wenigstens drei Monaten erfordern oder sich aus dem Kreis der ungelernten Tätigkeiten nach der tariflichen Eingruppierung und aufgrund besonderer qualitativer Merkmale hervorheben und deshalb einer Anlerntätigkeit gleichstehen, wobei der betreffende Versicherte im Stande sein muss, die Tätigkeit nach einer Einweisungszeit von höchstens drei Monaten vollwertig zu verrichten. All das wäre hinsichtlich der Tätigkeit des Registrators der Fall.

Die Wertigkeit der Arbeit des Registrators als für Facharbeiter zumutbare Verweisungstätigkeit folgt aus ihrer Einstufung in das nach Qualitätsmerkmalen geordnete Lohngruppengefüge der einschlägigen Tarifverträge; darin spiegelt sich ihr qualitativer Rang wider. Im öffentlichen Dienst wurden Registratoren nach Vergütungsgruppe VIII BAT - im Rahmen der Überleitung vom BAT zum Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) Entgeltgruppe 4 - und im privaten Versicherungsgewerbe nach Gehaltsgruppe II des Manteltarifvertrages der privaten Versicherungswirtschaft entlohnt, weshalb sich Facharbeiter auf diese Tätigkeit sozial zumutbar verweisen lassen müssen (zur Verweisung eines Facharbeiters auf Tätigkeiten der Vergütungsgruppe VIII BAT vgl. grundlegend BSG, Urteil vom 12. September 1991 - 5 RJ 34/90 - SozR 3-2200 § 1246 Nr. 17; vgl. auch BSG, Urteil vom 27. November 1991, - 5 RJ 91/98 -; ständige Rechtsprechung der Senate des LSG Baden-Württemberg, z.B.: Urteil vom 25. Januar 2005, - L 11 RJ 4993/03 - veröffentlicht in www.sozialgerichtsbarkeit.de; Urteil vom 11. Oktober 2006, - L 5 R 4635/05; Urteile des erkennenden Senats vom 26. Januar 2007 - L 4 R 4256/03 - und 18. Januar 2008 - L 4 R 1019/05 -). Dass sich an dieser Bewertung des genannten Berufs in neuerer Zeit etwas geändert hätte, ist nicht ersichtlich, insbesondere vom Kläger nicht behauptet worden.

Der Kläger kann dem fachlichen Leistungsprofil des genannten Verweisungsberufs gerecht werden. Das fachliche Leistungsprofil der Tätigkeit eines Registrators wird gekennzeichnet durch die Mitwirkung bei der Bearbeitung laufender oder gleichartiger Geschäfte nach Anleitung, das Entwerfen von dabei zu erledigenden Schreiben nach skizzierten Angaben, die Erledigung ständig wiederkehrender Arbeiten in Anlehnung an ähnliche Vorgänge, auch ohne Anleitung, das Führen von Brieftagebüchern schwieriger Art und von nach technischen oder wissenschaftlichen Merkmalen geordneten Karteien und ähnliche Arbeiten. Es müssen von den zuständigen Sachbearbeitern zu bearbeitende Schriftstücke nach den Vorgaben von Aktenplänen oder anderen Organisationsmerkmalen sortiert oder betriebsintern weitergeleitet, Statistiken oder Terminüberwachungslisten und Karteien geführt, Ordner oder Akten gezogen und abgestellt werden. Insgesamt handelt sich im Wesentlichen um eine einfach strukturierte Bürotätigkeit, für die keine geistigen Anforderungen erforderlich sind, die über das normal übliche Maß hinausgehen (vgl. hierzu insbesondere Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 25. Januar 2005, - L 11 RJ 4993/03 - unter Hinweis auf die Auskunft des damaligen Landesarbeitsamts Baden-Württemberg vom 16. August 2000. Für die Verrichtung der genannten Tätigkeiten mag eine abgeschlossene Ausbildung, etwa in einem kaufmännischen- oder Verwaltungsberuf, von Vorteil sein (so etwa BERUFENET Registrator/in der Bundesagentur für Arbeit); sie ist aber nicht Voraussetzung für den Zugang zu diesem Beruf.

Auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Kläger keine Ausbildung zum Verwaltungsfachangestellten absolviert hat, verfügt er nach Auffassung des Senats angesichts seiner beruflichen Ausbildung und der Tatsache, dass er zumindest zeitweise als Wachenleiter eingesetzt war und insbesondere aufgrund seiner mehrjährigen Tätigkeit als Geschäftsführer einer eigenen EDV-Firma mit teilweise sechs Angestellten über Kenntnisse, die es ihm ermöglichen, qualifizierte Tätigkeiten in der Registratur, die der Vergütungsgruppe VIII BAT entsprechen, in einer dreimonatigen Einarbeitungszeit zu erlernen. Mit dem oben beschriebenen Leistungsvermögen ist es dem Kläger auch möglich, mindestens sechs Stunden täglich als Registrator zu arbeiten. Schwere Tätigkeiten sind mit der Tätigkeit eines Registrators nicht verbunden und auch Zeitdruck, Nachtarbeit, besondere Verantwortung, erhebliche geistige Beanspruchung, häufiges Bücken, wechselhafte Temperaturen und Zugluft sowie Nässe gehen mit der Tätigkeit nicht einher. Der Kläger ist nach seinen körperlichen, psychischen und geistigen Fähigkeiten aus den getroffenen Feststellungen in der Lage, eine solche Tätigkeit sechsstündig zu verrichten.

3.) Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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