Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG Nürnberg (FSB)
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
9
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 9 EG 20/08
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Der Bescheid des Beklagten vom 14.12.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.03.2008 wird abgeändert. Der Beklagte wird verpflichtet, bei der Berechnung der Höhe des Elterngeldes des Klägers weitere 835,02 Euro brutto zu Grunde zu legen.
II. Der Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
III. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Höhe des dem Kläger zustehenden Elterngeldes nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) im ersten und zweiten sowie siebten bis elften Lebensmonat; streitig ist insbesondere, ob der Beklagte verpflichtet ist, weitere 835,02 Euro brutto für Mehrarbeit der Berechnung des Elterngeldes zu Grunde zu legen.
Der am 20.11.1958 geborene Kläger, der bei der Firma S. teilzeitbeschäftigt ist, beantragte für seine Tochter Julika (06.11.2007) am 05.12.2007 Elterngeld für den ersten und zweiten sowie siebten bis elften Lebensmonat; die Mutter von Julika, A. S. (26.06.1968), beantragte Elterngeld für den ersten bis siebten Lebensmonat; ihr wurde mit bestandskräftigem Bescheid vom 14.12.2007 Elterngeld in Höhe von 1.057,17 Euro unter Berücksichtigung von gezahltem Mutterschaftsgeld und dem Zuschuss des Arbeitgebers zum Mutterschaftsgeld sowie eines Geschwisterbonuses aufgrund des älteren Kindes Yannik (18.03.2005) bewilligt.
Das Zentrum Bayern Familie und Soziales (ZBFS), Region M., bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 14.12.2007 antragsgemäß Elterngeld für den ersten und zweiten sowie siebten bis elften Lebensmonat. Grundlage waren dabei die für den Kläger erstellten Lohnbescheinigungen der Firma S. für den Zeitraum von November 2006 bis November 2007. Unter Zugrundelegung des Bemessungszeitraumes von November 2006 bis Oktober 2007 bewilligte der Beklagte dem Kläger Elterngeld in Höhe von monatlich 1.482,42 Euro (vgl. Berechnung Blatt 31 der Elterngeld-Akten).
Dagegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 03.01.2008 Widerspruch. Zur Begründung führte er aus, die im Oktober 2007 geleisteten und dem Beklagten mit der Novemberabrechnung 2007 mitgeteilten Überstunden seien bei der Berechnungsgrundlage nicht berücksichtigt worden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 25.03.2008 wurde der Widerspruch des Klägers mit der Begründung zurückgewiesen, Grundlage der Einkommensermittlung seien nach § 2 Abs. 7 Satz 4 BEEG die entsprechenden monatlichen Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Arbeitgebers. Entscheidend für die Berücksichtigung nach dem BEEG sei das Einkommen, das im maßgeblichen Zwölf-Monats-Zeitraum zugeflossen sei. Nachberechnungen außerhalb dieses Zwölf-Monats-Zeitraums könnten nicht berücksichtigt werden. Damit könne die im November 2007 zugeflossene Nachzahlung für die im Oktober 2007 geleisteten Überstunden nicht berücksichtigt werden.
Dagegen haben die Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Telefax vom 25.04.2008, das an diesem Tag beim Sozialgericht Nürnberg eingegangen ist, Klage erhoben. Das Sozialgericht hat Akteneinsicht gewährt. Die Prozessbevollmächtigten haben die Klage unter dem 23.06.2008 begründet; die Auffassung des Beklagten, die im November 2007 zugeflossene Nachzahlung für Oktober 2007 nicht in Ansatz zu bringen, sei fehlerhaft. Nach Sinn und Zweck der Vorschrift seien zur Berechnung der Höhe des Elterngeldes die Einkünfte der letzten zwölf Monate maßgeblich; hierbei könne nicht allein auf den tatsächlichen Zahlungszufluss abgestellt werden. Zwar stelle dies eine einfache und nachvollziehbare Bezugsgröße dar, in vielerlei Hinsicht verhalte es sich jedoch so, dass im Arbeitsleben Zahlungen, die auf Tätigkeiten der Arbeitnehmer bzw. Erwerbstätigen in den maßgeblichen Bemessungszeitraum zurückzuführen seien, erst zu einem späteren Zeitpunkt tatsächlich zuflössen. Nach Sinn und Zweck des Gesetzes seien solche Beträge ebenfalls in die Berechnung einzustellen. Umgekehrt müssten dann solche Zahlungen unberücksichtigt bleiben, die auf Erwerbstätigkeiten außerhalb des maßgeblichen Zeitraums zurückgingen. Hier seien Überstunden im Monat Oktober 2007 geleistet worden seien. Es ergebe sich eine monatliche Nachzahlung von 23,87 Euro, somit ein Gesamtbetrag von 167,12 Euro (23,87 Euro x 7 Monate).
Der Kläger beantragt, den Bescheid des Beklagten vom 14.12.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.03.2008 abzuändern mit der Maßgabe, den Beklagten zu verpflichten, bei der Berechnung der Höhe des Elterngeldes weitere 835,02 Euro brutto zu berücksichtigen, die der Kläger als Mehrarbeitsvergütung für Oktober 2007 im November 2007 erhalten hat.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen, hilfsweise die Berufung zuzulassen.
Das Sozialgericht hat die Elterngeld-Akten beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht. Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die Gerichts- und Beklagtenakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet.
Der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 14.12.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.03.2008 hält einer gerichtlichen Überprüfung nicht stand. Der Beklagte ist verpflichtet, beim Kläger im Bemessungszeitraum von November 2006 bis Oktober 2007 weitere 835,02 Euro brutto der Berechnung des Elterngeldes zu Grunde zu legen.
Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 BEEG wird Elterngeld in Höhe von 67 Prozent des in den zwölf Kalendermonaten vor der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit bis zu einem Höchstbetrag von 1.800 Euro monatlich für volle Monate ausgezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt. Gemäß § 2 Abs. 7 Satz 1 BEEG ist als Einkommen aus nicht selbstständiger Arbeit der um die auf dieses Einkommen entfallenden Steuern und die aufgrund dieser Erwerbstätigkeit geleisteten Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung in Höhe des gesetzlichen Anteils der beschäftigten Person einschließlich der Beiträge zur Arbeitsförderung verminderte Überschuss der Einnahmen in Geld oder Geldeswert über die mit einem Zwölftel des Pauschbetrags nach § 9 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a des Einkommensteuergesetzes (EStG) anzusetzenden Werbungskosten zu berücksichtigen. Gemäß § 2 Abs. 7 Satz 2 BEEG sind sonstige Bezüge im Sinne von § 38 a Abs. 1 Satz 3 EStG nicht als Einnahmen zu berücksichtigen. Gemäß § 2 Abs. 7 Satz 4 BEEG sind Grundlage der Einkommensermittlung die entsprechenden monatlichen Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Arbeitgebers.
Zutreffend hat der Beklagte den Bemessungszeitraum von November 2006 bis Oktober 2007 ermittelt, der -wie hier- bei Inanspruchnahme des Elterngeldes durch mehrere Berechtigte individuell zu bestimmen ist und daher vom anderen Elternteil abweichen kann. Der angefochtene Bescheid ist insoweit rechtswidrig, als bei der Bemessung des Elterngeldes nicht das für Oktober 2007 abgerechnete und ausgezahlte Erwerbseinkommen für die im Oktober 2007 geleisteten Überstunden berücksichtigt worden ist. Der Beklagte beruft sich nach Auffassung der Kammer zu Unrecht auf ein strenges Zuflussprinzip; die gesetzliche Entwicklungsgeschichte des § 2 Abs. 7 BEEG zeigt (vgl. Bundestags-Drucksache 16/1889 vom 20.06.2006), dass die ursprüngliche vorgesehene Fassung des § 2 Abs. 7 BEEG wie folgt lautete: "Die Einnahmen aus Erwerbstätigkeit sind bis zum Erlass einer Rechtsverordnung nach § 12 Abs. 3 unter entsprechender Anwendung der Ar-beitslosengeld-II-/Sozialgeld-Verordnung zu ermitteln." Die entsprechende Gesetzesbe-gründung lautete: "Es soll das Einkommen berücksichtigt werden, das der anspruchsberechtigten Person zuletzt tatsächlich monatlich zur Verfügung stand und das nun wegen der Unterbrechung oder Einschränkung der Erwerbstätigkeit nicht mehr zur Verfügung steht. Gleichzeitig soll im Interesse einer stärkeren Zusammenführung der vorhandenen Regelungen des Sozialrechts auf die Schaffung eines neuen Einkommensbegriffs verzichtet werden. Mit dem Einkommensbegriff des SGB II steht ein geeigneter Nettoeinkommensbegriff zur Verfügung. Dieser wird so weit wie möglich übernommen. Über die Bezugnahme auf die Arbeitslosengeld-II-/Sozialgeld-Verordnung kann bis zum Erlass einer auf die besonderen Bedingungen des Elterngeldes abgestimmten eigenen Rechtsverordnung nach § 12 Abs. 3 auf vorhandene und in der Praxis erprobte Regeln zur Einkommensermittlung zurückgegriffen werden." Die beabsichtigte Regelung hat jedoch in der Gesetzesfassung keinen Niederschlag gefunden. § 2 Abs. 7 Satz 4 BEEG hat folgenden Wortlaut: "Grundlage der Einkommensermittlung sind die entsprechenden monatlichen Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Arbeitgebers". Diese Vorschrift beinhaltet nach Auffassung der Kammer kein starres Zuflussprinzip, sondern regelt in einer verwaltungsökonomisch handhabbaren Weise, wie das Bruttoentgelt im maßgeblichen, gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 7 Satz 5 und 6 BEEG zu bestimmenden Bezugszeitraum zu ermitteln ist. Ergibt sich -wie hier-, dass laufende Entgeltzahlungen (darum handelt es sich bei der Zahlung von Überstunden bzw. bei der Abgeltung von Mehrarbeit) aufgrund der vorgelegten Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Arbeitgebers konkret für Zeiträume des Bemessungszeitraums erfolgen, dann müssen auch die monatlichen Lohn- und Gehaltsbescheinigungen, die zeitlich nach dem Bemessungszeitraum erstellt werden, aber erkennbar gesonderte Abrechnungen für den Bemessungszeitraum enthalten, bei der Ermittlung des dem Elterngeld zu Grunde zu legenden Einkommens mit berücksichtigt werden. Die vom Kläger vorgelegte Lohn- und Gehaltsbescheinigung für November 2007 ist eine "entsprechende" Bescheinigung für den Oktober 2007 im Sinne des § 2 Abs. 7 Satz 4 BEEG, soweit darin unter der Rubrik "Abrechnungsdaten für Oktober 2007" die Mehrarbeitsvergütung gesondert ausgewiesen und abgerechnet wird. Aus der Gehaltsbescheinigung des Klägers für November 2007 ergibt sich, dass sich die Höhe der Mehrarbeitsvergütung für Oktober 2007 als laufende Entgeltzahlung insgesamt auf einen Betrag von 835,02 Euro brutto belief, der vom Arbeitgeber des Klägers als "laufendes Steuerbrutto" steuerlich behandelt wurde. Ein starres Zuflussprinzip, das ausschließlich darauf abstellt, welche Zahlungen im Bemessungszeitraum zugeflossen sind - dann jedoch zulasten der Antragsteller gleichwohl Vergleichsberechnungen anstellt, wenn Überstundenvergütungen vom Antragsteller zielgerichtet in den Bemessungszeitraum verschoben werden -, ist dem BEEG nach Auffassung der Kammer nicht zu entnehmen. Es ist vielmehr das Arbeitsentgelt zu berücksichtigen, das dem Elterngeldberechtigten im Bemessungszeitraum zugestanden hat, weil er es im Bemessungszeitraum erarbeitet hat; dies gilt zur Überzeugung der Kammer jedenfalls dann, wenn die Mehrarbeitsvergütung noch im laufenden Kalenderjahr ausgezahlt und aufgrund der eingereichten Lohn- und Gehaltsbescheinigungen nachvollziehbar ersichtlich ist, für welche konkreten Zeiträume im Bemessungszeitraum nachträgliches Entgelt gezahlt wurde (noch weitergehend: SG Aachen, Urteil vom 16.12.2008 - S 13 EG 13/07).
Damit war die Klage mit dem zuletzt gestellten Antrag erfolgreich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).
Im Hinblick auf die grundsätzliche Bedeutung der Sache, die vom Beklagten im Hinblick auf eine Vielzahl gleichgelagerter Fälle nachvollziehbar vorgetragen wurde, hat die Kammer die Berufung gemäß § 144 Abs. 2 Nr. 1 BEEG zugelassen.
II. Der Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
III. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Höhe des dem Kläger zustehenden Elterngeldes nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) im ersten und zweiten sowie siebten bis elften Lebensmonat; streitig ist insbesondere, ob der Beklagte verpflichtet ist, weitere 835,02 Euro brutto für Mehrarbeit der Berechnung des Elterngeldes zu Grunde zu legen.
Der am 20.11.1958 geborene Kläger, der bei der Firma S. teilzeitbeschäftigt ist, beantragte für seine Tochter Julika (06.11.2007) am 05.12.2007 Elterngeld für den ersten und zweiten sowie siebten bis elften Lebensmonat; die Mutter von Julika, A. S. (26.06.1968), beantragte Elterngeld für den ersten bis siebten Lebensmonat; ihr wurde mit bestandskräftigem Bescheid vom 14.12.2007 Elterngeld in Höhe von 1.057,17 Euro unter Berücksichtigung von gezahltem Mutterschaftsgeld und dem Zuschuss des Arbeitgebers zum Mutterschaftsgeld sowie eines Geschwisterbonuses aufgrund des älteren Kindes Yannik (18.03.2005) bewilligt.
Das Zentrum Bayern Familie und Soziales (ZBFS), Region M., bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 14.12.2007 antragsgemäß Elterngeld für den ersten und zweiten sowie siebten bis elften Lebensmonat. Grundlage waren dabei die für den Kläger erstellten Lohnbescheinigungen der Firma S. für den Zeitraum von November 2006 bis November 2007. Unter Zugrundelegung des Bemessungszeitraumes von November 2006 bis Oktober 2007 bewilligte der Beklagte dem Kläger Elterngeld in Höhe von monatlich 1.482,42 Euro (vgl. Berechnung Blatt 31 der Elterngeld-Akten).
Dagegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 03.01.2008 Widerspruch. Zur Begründung führte er aus, die im Oktober 2007 geleisteten und dem Beklagten mit der Novemberabrechnung 2007 mitgeteilten Überstunden seien bei der Berechnungsgrundlage nicht berücksichtigt worden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 25.03.2008 wurde der Widerspruch des Klägers mit der Begründung zurückgewiesen, Grundlage der Einkommensermittlung seien nach § 2 Abs. 7 Satz 4 BEEG die entsprechenden monatlichen Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Arbeitgebers. Entscheidend für die Berücksichtigung nach dem BEEG sei das Einkommen, das im maßgeblichen Zwölf-Monats-Zeitraum zugeflossen sei. Nachberechnungen außerhalb dieses Zwölf-Monats-Zeitraums könnten nicht berücksichtigt werden. Damit könne die im November 2007 zugeflossene Nachzahlung für die im Oktober 2007 geleisteten Überstunden nicht berücksichtigt werden.
Dagegen haben die Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Telefax vom 25.04.2008, das an diesem Tag beim Sozialgericht Nürnberg eingegangen ist, Klage erhoben. Das Sozialgericht hat Akteneinsicht gewährt. Die Prozessbevollmächtigten haben die Klage unter dem 23.06.2008 begründet; die Auffassung des Beklagten, die im November 2007 zugeflossene Nachzahlung für Oktober 2007 nicht in Ansatz zu bringen, sei fehlerhaft. Nach Sinn und Zweck der Vorschrift seien zur Berechnung der Höhe des Elterngeldes die Einkünfte der letzten zwölf Monate maßgeblich; hierbei könne nicht allein auf den tatsächlichen Zahlungszufluss abgestellt werden. Zwar stelle dies eine einfache und nachvollziehbare Bezugsgröße dar, in vielerlei Hinsicht verhalte es sich jedoch so, dass im Arbeitsleben Zahlungen, die auf Tätigkeiten der Arbeitnehmer bzw. Erwerbstätigen in den maßgeblichen Bemessungszeitraum zurückzuführen seien, erst zu einem späteren Zeitpunkt tatsächlich zuflössen. Nach Sinn und Zweck des Gesetzes seien solche Beträge ebenfalls in die Berechnung einzustellen. Umgekehrt müssten dann solche Zahlungen unberücksichtigt bleiben, die auf Erwerbstätigkeiten außerhalb des maßgeblichen Zeitraums zurückgingen. Hier seien Überstunden im Monat Oktober 2007 geleistet worden seien. Es ergebe sich eine monatliche Nachzahlung von 23,87 Euro, somit ein Gesamtbetrag von 167,12 Euro (23,87 Euro x 7 Monate).
Der Kläger beantragt, den Bescheid des Beklagten vom 14.12.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.03.2008 abzuändern mit der Maßgabe, den Beklagten zu verpflichten, bei der Berechnung der Höhe des Elterngeldes weitere 835,02 Euro brutto zu berücksichtigen, die der Kläger als Mehrarbeitsvergütung für Oktober 2007 im November 2007 erhalten hat.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen, hilfsweise die Berufung zuzulassen.
Das Sozialgericht hat die Elterngeld-Akten beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht. Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die Gerichts- und Beklagtenakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet.
Der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 14.12.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.03.2008 hält einer gerichtlichen Überprüfung nicht stand. Der Beklagte ist verpflichtet, beim Kläger im Bemessungszeitraum von November 2006 bis Oktober 2007 weitere 835,02 Euro brutto der Berechnung des Elterngeldes zu Grunde zu legen.
Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 BEEG wird Elterngeld in Höhe von 67 Prozent des in den zwölf Kalendermonaten vor der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit bis zu einem Höchstbetrag von 1.800 Euro monatlich für volle Monate ausgezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt. Gemäß § 2 Abs. 7 Satz 1 BEEG ist als Einkommen aus nicht selbstständiger Arbeit der um die auf dieses Einkommen entfallenden Steuern und die aufgrund dieser Erwerbstätigkeit geleisteten Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung in Höhe des gesetzlichen Anteils der beschäftigten Person einschließlich der Beiträge zur Arbeitsförderung verminderte Überschuss der Einnahmen in Geld oder Geldeswert über die mit einem Zwölftel des Pauschbetrags nach § 9 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a des Einkommensteuergesetzes (EStG) anzusetzenden Werbungskosten zu berücksichtigen. Gemäß § 2 Abs. 7 Satz 2 BEEG sind sonstige Bezüge im Sinne von § 38 a Abs. 1 Satz 3 EStG nicht als Einnahmen zu berücksichtigen. Gemäß § 2 Abs. 7 Satz 4 BEEG sind Grundlage der Einkommensermittlung die entsprechenden monatlichen Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Arbeitgebers.
Zutreffend hat der Beklagte den Bemessungszeitraum von November 2006 bis Oktober 2007 ermittelt, der -wie hier- bei Inanspruchnahme des Elterngeldes durch mehrere Berechtigte individuell zu bestimmen ist und daher vom anderen Elternteil abweichen kann. Der angefochtene Bescheid ist insoweit rechtswidrig, als bei der Bemessung des Elterngeldes nicht das für Oktober 2007 abgerechnete und ausgezahlte Erwerbseinkommen für die im Oktober 2007 geleisteten Überstunden berücksichtigt worden ist. Der Beklagte beruft sich nach Auffassung der Kammer zu Unrecht auf ein strenges Zuflussprinzip; die gesetzliche Entwicklungsgeschichte des § 2 Abs. 7 BEEG zeigt (vgl. Bundestags-Drucksache 16/1889 vom 20.06.2006), dass die ursprüngliche vorgesehene Fassung des § 2 Abs. 7 BEEG wie folgt lautete: "Die Einnahmen aus Erwerbstätigkeit sind bis zum Erlass einer Rechtsverordnung nach § 12 Abs. 3 unter entsprechender Anwendung der Ar-beitslosengeld-II-/Sozialgeld-Verordnung zu ermitteln." Die entsprechende Gesetzesbe-gründung lautete: "Es soll das Einkommen berücksichtigt werden, das der anspruchsberechtigten Person zuletzt tatsächlich monatlich zur Verfügung stand und das nun wegen der Unterbrechung oder Einschränkung der Erwerbstätigkeit nicht mehr zur Verfügung steht. Gleichzeitig soll im Interesse einer stärkeren Zusammenführung der vorhandenen Regelungen des Sozialrechts auf die Schaffung eines neuen Einkommensbegriffs verzichtet werden. Mit dem Einkommensbegriff des SGB II steht ein geeigneter Nettoeinkommensbegriff zur Verfügung. Dieser wird so weit wie möglich übernommen. Über die Bezugnahme auf die Arbeitslosengeld-II-/Sozialgeld-Verordnung kann bis zum Erlass einer auf die besonderen Bedingungen des Elterngeldes abgestimmten eigenen Rechtsverordnung nach § 12 Abs. 3 auf vorhandene und in der Praxis erprobte Regeln zur Einkommensermittlung zurückgegriffen werden." Die beabsichtigte Regelung hat jedoch in der Gesetzesfassung keinen Niederschlag gefunden. § 2 Abs. 7 Satz 4 BEEG hat folgenden Wortlaut: "Grundlage der Einkommensermittlung sind die entsprechenden monatlichen Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Arbeitgebers". Diese Vorschrift beinhaltet nach Auffassung der Kammer kein starres Zuflussprinzip, sondern regelt in einer verwaltungsökonomisch handhabbaren Weise, wie das Bruttoentgelt im maßgeblichen, gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 7 Satz 5 und 6 BEEG zu bestimmenden Bezugszeitraum zu ermitteln ist. Ergibt sich -wie hier-, dass laufende Entgeltzahlungen (darum handelt es sich bei der Zahlung von Überstunden bzw. bei der Abgeltung von Mehrarbeit) aufgrund der vorgelegten Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Arbeitgebers konkret für Zeiträume des Bemessungszeitraums erfolgen, dann müssen auch die monatlichen Lohn- und Gehaltsbescheinigungen, die zeitlich nach dem Bemessungszeitraum erstellt werden, aber erkennbar gesonderte Abrechnungen für den Bemessungszeitraum enthalten, bei der Ermittlung des dem Elterngeld zu Grunde zu legenden Einkommens mit berücksichtigt werden. Die vom Kläger vorgelegte Lohn- und Gehaltsbescheinigung für November 2007 ist eine "entsprechende" Bescheinigung für den Oktober 2007 im Sinne des § 2 Abs. 7 Satz 4 BEEG, soweit darin unter der Rubrik "Abrechnungsdaten für Oktober 2007" die Mehrarbeitsvergütung gesondert ausgewiesen und abgerechnet wird. Aus der Gehaltsbescheinigung des Klägers für November 2007 ergibt sich, dass sich die Höhe der Mehrarbeitsvergütung für Oktober 2007 als laufende Entgeltzahlung insgesamt auf einen Betrag von 835,02 Euro brutto belief, der vom Arbeitgeber des Klägers als "laufendes Steuerbrutto" steuerlich behandelt wurde. Ein starres Zuflussprinzip, das ausschließlich darauf abstellt, welche Zahlungen im Bemessungszeitraum zugeflossen sind - dann jedoch zulasten der Antragsteller gleichwohl Vergleichsberechnungen anstellt, wenn Überstundenvergütungen vom Antragsteller zielgerichtet in den Bemessungszeitraum verschoben werden -, ist dem BEEG nach Auffassung der Kammer nicht zu entnehmen. Es ist vielmehr das Arbeitsentgelt zu berücksichtigen, das dem Elterngeldberechtigten im Bemessungszeitraum zugestanden hat, weil er es im Bemessungszeitraum erarbeitet hat; dies gilt zur Überzeugung der Kammer jedenfalls dann, wenn die Mehrarbeitsvergütung noch im laufenden Kalenderjahr ausgezahlt und aufgrund der eingereichten Lohn- und Gehaltsbescheinigungen nachvollziehbar ersichtlich ist, für welche konkreten Zeiträume im Bemessungszeitraum nachträgliches Entgelt gezahlt wurde (noch weitergehend: SG Aachen, Urteil vom 16.12.2008 - S 13 EG 13/07).
Damit war die Klage mit dem zuletzt gestellten Antrag erfolgreich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).
Im Hinblick auf die grundsätzliche Bedeutung der Sache, die vom Beklagten im Hinblick auf eine Vielzahl gleichgelagerter Fälle nachvollziehbar vorgetragen wurde, hat die Kammer die Berufung gemäß § 144 Abs. 2 Nr. 1 BEEG zugelassen.
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