Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
1
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 2 AS 822/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 AS 2934/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 17. Februar 2010 abgeändert. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger für Oktober 2007 147,13 EUR Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu gewähren. Des Weiteren wird die Beklagte verurteilt, unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts den Antrag des Klägers vom 5. Oktober 2007 auf Förderung der beruflichen Weiterbildung durch die Übernahme der Kosten für den Kurs "CNC-Maschinenbediener" neu zu bescheiden. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 3/4.
Tatbestand:
Im Streit steht ein Anspruch des Klägers auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ab 5. Oktober 2007 sowie die Verpflichtung der Beklagten zur Kostentragung für einen CNC-Weiterbildungskurs.
Der 1969 geborene Kläger, der sich von 1987 bis 1990 in einer Ausbildung für den Beruf des Zerspanungsmechanikers befunden hatte, ohne diese Ausbildung jedoch abzuschließen, befand sich ab 1996 in Haft, anschließend - auch über den hier streitigen Zeitraum hinaus - im Maßregelvollzug, seit März 2004 im Zentrum für Psychiatrie E. (ZPE). Bereits vom 4. bis 28. Oktober 2005 war der Kläger als Freigänger in einem Betriebspraktikum tätig, ab Mai 2006 bis Februar 2007 in unterschiedlichen Beschäftigungen ebenfalls im Status eines Freigängers. Vom 8. Oktober 2007 bis 11. Januar 2008 nahm er an einem CNC-Weiterbildungskurs beim Internationalen Bund (IB) Freiburg teil.
Am 26. Juli 2007 schlossen das ZPE und der Kläger folgende Vereinbarung:
"1. Es wird Herrn U. ermöglicht, in der Zeit ab 4. Oktober 2007 am CNC Lern Center F. den dort angebotenen Kurs als CNC-Maschinenbediener durchzuführen. Die Kosten in Höhe von 2.450,- EUR werden durch das ZPE bezahlt. 2. Herr U. verpflichtet sich nach Abschluss der Maßnahme für den Fall, dass er eine Arbeitsstelle als CNC-Maschinenbediener oder eine damit vergleichbare Arbeitsstelle erhält, den unter Ziff. 1 genannten Betrag von 2.450,- EUR an das ZPE in monatlichen Raten zurückzahlen. Die Höhe der monatlichen Raten richtet sich nach der finanziellen Zumutbarkeit".
Bis 31. Oktober 2007 befand sich der Kläger in vollstationärer Versorgung auf der Stammstation und erhielt während dieser Zeit Vollverpflegung und Unterkunft als Sachleistungen, dazu den Barbetrag von 94,23 EUR monatlich, Bekleidungspauschale von 23,- EUR sowie eine Regio-Fahrkarte im Wert von 44,- EUR; daneben wurde ihm eine Aufwandsentschädigung aus Anlass der Qualifizierungsmaßnahme von 90,- EUR gewährt. Ab 1. November 2007 wechselte der Kläger in eine offene Wohngruppe. Für die Selbstversorgung in der Wohngruppe wurde die Unterkunft gestellt; an Geldleistungen wurden monatlich 287,- EUR für Verpflegung, eine Regiokarte (44,- EUR) sowie die Aufwandsentschädigung von 90,- EUR gewährt.
Der Kläger verpflichtete sich am 23. Januar 2008 gegenüber dem ZPE erneut, entsprechend der Vereinbarung vom 26. Juli 2007 den Betrag von 2.393,94 EUR in monatlichen Raten zurück zu bezahlen, sobald er über eigenes Einkommen verfüge. Ab März 2008 bis 30. November 2009 war der Kläger in Vollzeit erwerbstätig. Ab Juli 2008 entstanden dem Kläger für die Unterbringung in einer offenen forensischen Wohngemeinschaft Mietkosten von 168,30 EUR monatlich. Von November 2007 bis März 2008 erhielt der Kläger monatlich 278,- EUR zum Lebensunterhalt und eine Regio-Plus-Karte im Wert von 44,- EUR monatlich.
Mit Schreiben vom 4. Oktober 2007 wandte sich das ZPE an die Beklagte und teilte dieser mit, der Kläger sei gerichtlich in der Abteilung für Forensische Psychiatrie und Psychotherapie untergebracht. Bereits von August 2006 bis Januar 2007 habe der Kläger in einer versicherungspflichtigen Beschäftigung gestanden. Er stehe auch jetzt dem Arbeitsmarkt wieder uneingeschränkt zur Verfügung. Er sei vom ZPE zur besseren Vermittlung auf dem Arbeitsmarkt bei einem am 8. Oktober 2007 beginnenden Qualifizierungskurs als CNC-Maschinenbediener beim IB in Freiburg angemeldet worden. Der Kurs dauere 4 Monate und koste 2.450,- EUR plus Fahrtkosten. Man bitte um Überprüfung von Leistungsansprüchen.
Aktenkundig ist des Weiteren ein Aktenvermerk vom 5. Oktober 2007. Danach habe der Kläger vorgesprochen. Er wolle "unbedingt einen Leistungsantrag stellen". Es sei versucht worden ihm deutlich zu machen, dass er aufgrund der Unterbringung in der Forensik keinen Anspruch gegen die Beklagte habe. Der Kläger wolle dennoch Antrag stellen. Der Aktenvermerk ist nicht unterschrieben.
Mit Bescheid vom 11. Oktober 2007 lehnte die Beklagte den Antrag vom 5. Oktober 2007 auf Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ab. Der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 4 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) greife, da er untergebracht sei. Daher bestehe kein Leistungsanspruch, auch wenn er dem Arbeitsmarkt uneingeschränkt zur Verfügung stehe. Da er keinen Anspruch nach dem SGB II habe, könne auch die berufliche Qualifizierung nicht gefördert werden. Er solle sich an die Agentur für Arbeit wenden.
Dagegen erhob der Kläger Widerspruch und brachte zur Begründung vor, er habe den Status eines Freigängers; die Teilnahme an der Qualifizierungsmaßnahme diene der Verbesserung seiner Wiedereingliederung. Mit Widerspruchsbescheid vom 21. Januar 2008 wurde der Widerspruch zurückgewiesen.
Dagegen hat der Kläger am 19. Februar 2008 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben. Die damalige Kammervorsitzende hat am 29. Juli 2008 einen Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage durchgeführt und darin u.a. auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 6. September 2007 (B 14/7b AS 60/06 R) zur Frage des Leistungsausschlusses im Rahmen des § 7 Abs. 4 Satz 1 bzw. Satz 2 SGB II hingewiesen.
Mit Schriftsatz vom 5. August 2008 hat die Beklagte daraufhin ausgeführt, als Freigänger sei der Kläger zwar durchaus als Berechtigter im Sinne des § 7 SGB II anzusehen, so dass ihm grundsätzlich ein Leistungsanspruch zustehen könnte. Allerdings erhalte der Kläger Leistungen nach dem Unterbringungsgesetz; Kostenträger hierfür sei das Sozialministerium des Landes Baden-Württemberg, das sowohl die Kosten für den Lebensunterhalt als auch die der Eingliederung in Arbeit trage. Dazu zählten auch die Kosten der Weiterbildungsmaßnahme als therapeutische Maßnahme im Maßregelvollzug. Jedenfalls sei der Kläger aber aufgrund "Leistungen eines anderen Sozialleistungsträgers" nicht hilfebedürftig, so dass kein Leistungsanspruch nach dem SGB II bestehe.
Der Klägerbevollmächtigte hat daraufhin erwidert, dass der Kläger seit Aufnahme seiner Tätigkeit im März 2008 keine Leistungen von der Unterbringungseinrichtung erhalte. Er müsse vielmehr 168,30 EUR monatlich an Wohnkosten zahlen. Es sei auch nicht nachvollziehbar, wenn die Beklagte vortrage, es handle sich bei dem Kurs um eine "therapeutische Maßnahme". Es werde im Übrigen auch bestritten, dass der Kläger von irgendeinem anderen Sozialleistungsträger Geld erhalte.
Mit Urteil vom 17. Februar 2010 hat das SG die Beklagte verurteilt, dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Zeitraum November 2007 bis Ende März 2008 im Umfang der damals geltenden Regelleistung im Sinne des § 20 SGB II unter Berücksichtigung des damals erzielten Einkommens zu bewilligen unter Klagabweisung im Übrigen. Der Kläger habe Anspruch auf Arbeitslosengeld II. Die Unterbringung im ZPE während des Freigängerstatus stehe einem Leistungsbezug nicht entgegen. Auch sei der Kläger im fraglichen Zeitraum hilfebedürftig gewesen. Bis Juli 2008 habe der Kläger zwar mietfrei gewohnt; allerdings würden sich keine Anhaltspunkte dafür geben, dass der Kläger ab November 2007 noch an der Verpflegung im ZPE teilgenommen habe. Aber selbst wenn dem so wäre, würde es sich als Sachleistung nicht um Einkommen handeln. Daher habe der Kläger lediglich - soweit ersichtlich - über monatliches Einkommen von 278,- EUR verfügt, was weniger als die im fraglichen Zeitraum maßgebliche Regelleistung sei, so dass daher Hilfebedürftigkeit vorliege.
Was die Kosten der Weiterbildungsmaßnahme anbelange, fehle es jedoch bereits an einem Bedarf. Dies ergebe sich aus der Vereinbarung zwischen dem Kläger und dem ZPE, da der Kläger während des Leistungszeitraums keinem fälligen und durchsetzbaren Rückzahlungsanspruch des ZPE ausgesetzt gewesen sei.
Gegen das dem Klägerbevollmächtigten am 15. Mai 2010 zugestellte Urteil hat dieser am 15. Juni 2010 beim SG Berufung eingelegt, die am 24. Juni 2010 beim LSG eingegangen ist. Zur Begründung trägt der Bevollmächtigte vor, angesichts der Dauer der Haft bzw. Unterbringung des Klägers sei die Durchführung eines CNC-Kurses für die berufliche Wiedereingliederung erforderlich gewesen. Der Kläger habe danach auch unmittelbar eine Arbeitsstelle gefunden, sodass die Sinnhaftigkeit der Maßnahme belegt werde. Der Kläger habe die Kursgebühren nur darlehensweise vom ZPE erhalten und mittlerweile rund die Hälfte der Kosten an das ZPE zurück erstattet.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 17. Februar 2010 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm Leistungen der Grundsicherung für Oktober 2007 zu gewähren und die Kosten für die Weiterbildung zum CNC-Maschinenbediener (8. Oktober 2007 bis 10. Januar 2008) zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Auf die gerichtliche Aufklärungsverfügung vom 13. September 2010 hat die Beklagte ausgeführt, man sei nach nochmaliger Prüfung zum Schluss gekommen, dass man zum damaligen Zeitpunkt die Lehrgangskosten nicht übernommen hätte. Die Situation auf dem Arbeitsmarkt sei im Oktober 2007 sehr gut gewesen. Gerade im Metallbereich habe es an Facharbeitern gemangelt. Man hätte dem Kläger ohne Weiteres mehrere Stellen im Metallbereich anbieten können, die er aufgrund seines Werdegangs sicherlich hätte ausüben können, auch wenn der Kläger kein "Facharbeiter im klassischen Sinne" gewesen sei. Beigefügt ist der "Arbeitsmarktreport Berichtsmonat Oktober 2007" der Bundesagentur für Arbeit, Agentur für Arbeit Freiburg. Auf der letzten Seite des Reports ist unter anderem ausgeführt: "Einen Rückgang [der Arbeitslosenquote] verzeichnet die Agentur für Arbeit E ... Geschäftsstellenleiter H. kann einen deutlichen Anstieg bei den offenen Stellen verzeichnen, vor allem im Bereich Arbeitnehmerüberlassung. "LKW-Fahrer mit Erfahrung werden gesucht und Produktionshelfer haben gute Chancen über Zeitarbeitsfirmen", sagt H., "hingegen mangelt es an Facharbeitern im Metallbereich, vor allem mit CNC-Kenntnissen, auf dem Markt".
Auf Anfrage des Gerichts hat der Sozialdienst des ZPE unter dem 28. Oktober 2010 Stellung zu den dem Kläger gewährten finanziellen Leistungen, seinem Status als Freigänger sowie zu dem vom ZPE als Teil der Therapie angebotenen Maßnahmen Stellung genommen. Auf das Schreiben wird inhaltlich Bezug genommen. Auf telefonische Nachfrage des Gerichts hat der Sozialdienst des ZPE ergänzend Auskunft über die Zweckbestimmung der dem Kläger gewährten Geldleistungen gegeben. Auf die Telefonnotiz vom 18. November 2010, die den Beteiligten übermittelt worden ist, wird ebenfalls inhaltlich Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten und der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und nach § 151 SGG im Übrigen zulässige Berufung ist begründet. Die Beklagte hat ermessensfehlerhaft abgelehnt, dem Kläger die Weiterbildungsmaßnahme zum CNC-Maschinenbediener zu fördern.
Die Beklagte und nicht die Agentur für Arbeit ist zuständiger Leistungsträger, denn § 22 Abs. 4 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) schließt u.a. die Förderung der beruflichen Weiterbildung (6. Abschnitt des IV. Kapitels, § 77 ff SGB III) aus Steuermitteln für SGB II-Leistungsberechtigte aus.
Zur Eingliederung in Arbeit erbringt die Agentur für Arbeit Leistungen nach § 35 des Dritten Buches. Sie kann die übrigen im Dritten Kapitel, im Ersten bis Dritten und Sechsten Abschnitt des Vierten Kapitels, im Fünften Kapitel, im Ersten, Fünften und Siebten Abschnitt des Sechsten Kapitels und die in den §§ 417, 421f, 421g, 421i, 421k, 421m, 421n, 421o, 421p und 421q des Dritten Buches geregelten Leistungen erbringen (§ 16 Abs. 1 Sätze 1 und 2 SGB II in der Fassung des Art. 2 des 2. SGB II-Änderungsgesetzes vom 10. Oktober 2007 (BGBl I 2329), mit Wirkung vom 1. Oktober 2007 in Kraft). Soweit dieses Buch nichts Abweichendes regelt, gelten für die Leistungen nach Absatz 1 die Voraussetzungen und Rechtsfolgen des Dritten Buches mit Ausnahme der Anordnungsermächtigungen für die Bundesagentur und mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Arbeitslosengeldes das Arbeitslosengeld II tritt (§ 16 Abs. 1 a SGB II).
Voraussetzung für die Gewährung von Leistungen nach § 16 SGB II i.V.m. dem SGB III ist die grundsätzliche Anspruchsberechtigung des Antragstellers im Sinne des SGB II, d.h. die Voraussetzungen des § 7 SGB II müssen erfüllt sein (vgl. Eicher, in: Eicher/Spellbrink, Kommentar zum SGB II, § 16 Rn. 16; Voelzke, in: Hauck/Noftz, SGB II, K § 16 Rz. 53 ff, insbes. 57; BSG Urteil vom 13. Juli 2010 – B 8 SO 14/09 R).
Der Kläger war im Zeitpunkt der Antragstellung am 5. Oktober 2007 anspruchsberechtigt. Denn er hatte das 15. Lebensjahr vollendet, die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht, war auch erwerbsfähig und hatte seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland (§ 7 Abs. 1 Nrn. 1, 2 und 4 SGB II). Auch die stationäre Unterbringung infolge des Maßregelvollzugs im ZPE stand gemäß § 7 Abs. 4 Satz 3 Ziff. 2 SGB II dem Leistungsbezug nicht entgegen. Der Kläger war insbesondere auch hilfebedürftig im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 3 SGB II i.V.m. §§ 9 Abs. 1, 11 SGB II, obwohl er im Oktober volle Unterkunft und Verpflegung im ZPE sowie diverse Barleistungen erhalten hatte. Denn das nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II zu berücksichtigende Einkommen des Klägers schloss die Hilfebedürftigkeit nicht aus.
Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II sind als Einkommen zu berücksichtigen Einnahmen in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach dem SGB II, der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des BVG vorsehen und der Renten oder Beihilfe, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben sowie an Körper und Gesundheit erbracht werden, bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem BVG. Als Einkommen sind daher alle eingehenden geldwerten Leistungen, unabhängig von ihrer Bezeichnung und ihrem Rechtscharakter zu berücksichtigen (BSG; Urteil vom 6. Dezember 2007 - B 14/7b AS 16/06 R; BSGE 99, 240).
Im Oktober 2007 hat der Kläger Unterkunft und Verpflegung als Sachleistung vom ZPE erhalten. Ob die ihm gewährte Vollverpflegung anzurechnendes Einkommen im Sinne des § 11 SGB II darstellt und wenn ja in welcher Höhe, war in Literatur und Rechtsprechung heftig umstritten (vgl. die umfassende Darstellung von Hengelhaupt, in: Hauck/Noftz, K § 11 Rz. 289 ff). In seinen Entscheidungen vom 18. Juni 2008 (B 14 AS 22/07 R = BSGE 101,70) und vom 16. Dezember 2008 (B 4 AS 9/08 R) hat das BSG ausgeführt, dass § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II i.V.m. der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Alg II-V 2005, 2005/1 bzw. 2005/2 keine hinreichend klare und bestimmte Rechtsgrundlage für die Berücksichtigung von im Rahmen eines stationären Aufenthalts gewährter Vollverpflegung als Einkommen vorsah. Mit dem neu angefügten § 1 Abs. 1 Nr. 11 Alg II-V 2008/1 hat der Verordnungsgeber rückwirkend zum 1. Januar 2008 geregelt, dass außerhalb von Arbeitsverhältnissen bereitgestellte Verpflegung nicht mehr als Einkommen berücksichtigt wird.
Als Einkommen, das dem Kläger im Oktober 2007 zugeflossen ist, ist daher nur zu berücksichtigen der Barbetrag in Höhe von 94,23 EUR und die Bekleidungspauschale in Höhe von 23,- EUR. Es handelt sich um Einkommen im Sinne des § 11 Abs. 1 SGB II, das nicht von der Anrechnung ausgenommen ist.
Anzurechnen ist auch die Aufwandsentschädigung von 90,- EUR. Sie ist nicht von der Berücksichtigung als Einkommen auszunehmen; insbesondere liegt keine zweckbestimmte Einnahme vor, die anderen als existenzsichernden Belangen zugeführt werden sollte (§ 11 Abs. 3 Nr. 1 SGB II; § 13 Abs. 1 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 1 Ziff. 2 Alg II-V 2005/2 in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung).
Die Nichtberücksichtigung von Einnahmen erfolgt nur unter engen Voraussetzungen, die ausdrücklich durch den Zweck der Einnahme gerechtfertigt sein müssen. Es darf keine Zweckidentität mit den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vorliegen. Doppelleistungen sollen so verhindert werden (zusammenfassend mit zahlreichen Nachweisen BSG, Urteil vom 1. Juni 2010 - B 4 AS 89/09 R, zitiert nach Juris).
Wie anhand der Auskunft des ZPE feststeht, handelt es sich nicht um eine – anrechnungsfreie – zweckbestimmte Leistung. Der "Aufwendungsersatz" wurde aus Motivationsgesichtspunkten gewährt, um die Untergebrachten auch zur Aufnahme unbezahlter Beschäftigungen/Praktika/Fortbildungsmaßnahmen außerhalb der Anstalt zu bewegen und sie damit finanziell denjenigen gleichstellen, die innerhalb der Anstalt arbeitstherapeutisch eingegliedert werden und aus Anlass ihrer dort erbrachten Leistungen ein geringes Entgelt erhalten. Mit diesem motivatorischen Ansatz ging zugleich einher die Freiheit für den Kläger, die 90,- EUR zu jedem ihm beliebigen Zweck zu verwenden. Er hatte weder Nachweis- noch Rechenschaftspflichten über die Mittelverwendung gegenüber dem ZPE. Eine Zweckbestimmung lag dem zugeflossenen Geld damit nicht zugrunde (weder aus öffentlichem noch aus privatem Recht), so dass auch die 90,- EUR nicht anrechnungsfrei sind.
Was die dem Kläger weiter gewährten 44,- EUR für den Kauf einer Fahrkarte anbelangt, kann offen bleiben, ob es sich um eine zweckbestimmte Einnahme handelt. Denn nach § 11 Abs. 2 Nr. 5 SGB II sind jedenfalls die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben vom Einkommen abzusetzen. Da der Kläger die Pauschale von 90,- EUR nur erhalten hat, weil er außerhalb der Einrichtung an einer (nicht entlohnten) Fortbildungsmaßnahme teilgenommen hat, sind die für die Teilnahme an der Maßnahme aufzuwendenden Fahrkosten in Höhe von monatlich 44,- EUR (sog. RegioKarte) jedenfalls vom Einkommen des Klägers abzusetzen, so dass insoweit kein zu berücksichtigendes Einkommen verbleibt.
Damit verbleiben als zu berücksichtigendes Einkommen des Klägers im Oktober 2007 insgesamt 207,23 EUR. Abzüglich des Pauschbetrags von 30,- EUR nach § 13 Abs. 1 SGB II i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 1 Alg II-V in der hier maßgeblichen Fassung verbleiben als anzurechnendes Einkommen somit 177,23 EUR, so dass dem Kläger für Oktober 2007 bei einem Regelsatz von damals 347,- EUR für einen alleinstehenden Hilfebedürftigen 169,77 EUR für den gesamten Monat zu gewähren wären. Da der Kläger jedoch erst am 5. Oktober 2007 einen Antrag gestellt hat, stehen ihm für Oktober 2007 anteilig (§ 41 Abs. 1 Satz 1 SGB II) Leistungen in Höhe von 147,13 EUR zu.
Dass der Kläger ab 1. November 2007 nicht mehr hilfebedürftig war (er erhielt 287,- EUR zur Sicherung des Lebensunterhalts und 90,- EUR Aufwendungsersatz, was abzüglich des Freibetrags von 30,- EUR nach § 6 Abs. 1 Nr.1 Alg II-V einem Einkommen in Höhe des damals geltenden Regelsatzes von 347,- EUR entsprach) ist für die Beurteilung der Anspruchsberechtigung im Rahmen des § 16 SGB II zunächst ohne Belang, da die Beklagte dies lediglich im Rahmen ihrer Prüfung nach § 16 Abs. 4 SGB II in der bis zum 31. Dezember 2008 geltenden Fassung bzw. nach § 16g Abs. 1 SGB II zu berücksichtigen hat.
Da die Beklagte keine (Anschluss-)Berufung eingelegt hat, war ihre Verurteilung zur Leistungsgewährung ab 1. November 2007 einer gerichtlichen Überprüfung entzogen.
Die Beklagte hat nicht ermessensfehlerfrei über den Antrag des Klägers vom 4. bzw. 5. Oktober 2007 entschieden. Die angefochtenen Bescheide waren deshalb aufzuheben, denn sie verletzen den Kläger in seinen Rechten.
Bei den Eingliederungsleistungen nach § 16 Abs. 1 Satz 2 SGB II handelt es sich um Ermessensleistungen hinsichtlich des "Ob" (Entschließungsermessen). Dies gilt auch dann, wenn es sich bei den Vorschriften, auf die sich die Verweisung erstreckt, um Pflichtleistungen handelt. Die Ermessensausübung ist darauf beschränkt, aber auch daraufhin auszurichten, ob die im SGB III näher ausgestalteten Leistungen nach ihren dort aufgeführten Inhalten gewährt werden (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 18. Dezember 2008 – L 7 AS 3614/08 mwN). Anders als vom SG angenommen ist deshalb nicht im Rahmen der Anspruchsprüfung nach dem SGB III eine weitere Prüfung der Hilfebedürftigkeit durchzuführen. Für eine Prüfung der Hilfebedürftigkeit im Rahmen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 77 SGB III gibt das Gesetz keinen Anhaltspunkt. Allenfalls im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens kann die Beklagte in ihre Überlegungen einstellen, ob und wenn ja in welchem Umfang der Bedarf des Klägers an Leistungen möglicherweise durch das vom ZPE gewährte Darlehen gedeckt war.
Die Beklagte hat von dem ihr zustehenden Ermessen keinen bzw. allenfalls rechtsfehlerhaft Gebrauch gemacht.
Im Ausgangsbescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheids hat die Beklagte bereits deshalb die Finanzierung der Maßnahme abgelehnt, weil sie rechtsfehlerhaft davon ausgegangen war, der sich im Maßregelvollzug befindliche Kläger habe deshalb keinen Leistungsanspruch nach dem SGB II und damit auch keinen Anspruch auf Förderung einer beruflichen Weiterbildung, unabhängig von seinen Eingliederungschancen auf dem Arbeitsmarkt. Im Klageverfahren wurde die Ablehnung auf das Argument gestützt, der Kläger sei bereits nicht hilfebedürftig im Sinne des SGB II, so dass auch hier kein Ermessen ausgeübt worden ist. Soweit die Beklagte zuletzt im Berufungsverfahren ausgeführt hat, der Kläger möge zwar die Leistungsvoraussetzungen nach dem SGB II erfüllen, man hätte den Kläger aber dennoch nicht gefördert, weil auch ohne Weiterbildung eine Vermittlung hätte erfolgen können, vermag auch diese Begründung die Mängel der angefochtenen Bescheide nicht zu heilen.
Offen bleiben kann, ob in diesen weiteren Erwägungen überhaupt noch ein zulässiges Nachschieben von Ermessenserwägungen liegen kann. Denn in den angefochtenen Entscheidungen wurde – wie ausgeführt – keinerlei Ermessen ausgeübt. Erst mit den im Berufungsverfahren vorgebrachten Argumenten wurde auf die Förderfähigkeit der beantragten Weiterbildung eingegangen. Denn selbst wenn man von einer Heilungsmöglichkeit ausgehen würde, hätte die Beklagte das Ermessen rechtsfehlerhaft ausgeübt.
Gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 SGB III können Arbeitnehmer bei beruflicher Weiterbildung durch Übernahme der Weiterbildungskosten gefördert werden, wenn die Weiterbildung notwendig ist, um sie bei Arbeitslosigkeit beruflich einzugliedern, eine ihnen drohende Arbeitslosigkeit abzuwenden oder weil bei ihnen wegen fehlenden Berufsabschlusses die Notwendigkeit der Weiterbildung anerkannt (Nr. 1), vor Beginn der Teilnahme eine Beratung durch die Agentur für Arbeit erfolgt (Nr. 2) und die Maßnahme und der Träger der Maßnahme für die Förderung zugelassen ist (Nr. 3). Dabei wird die Notwendigkeit der Weiterbildung bei Arbeitnehmern wegen fehlenden Berufsabschlusses anerkannt, wenn sie nicht über einen Berufsabschluss verfügen, für den nach bundes- oder landesrechtlichen Vorschriften eine Ausbildungsdauer von mindestens zwei Jahren festgelegt ist. Arbeitnehmer ohne Berufsabschluss, die noch nicht drei Jahre beruflich tätig gewesen sind, können nur gefördert werden wenn eine berufliche Ausbildung oder eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme aus in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen nicht möglich oder nicht zumutbar ist (§ 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 SGB III).
Zur Feststellung der Voraussetzungen des § 77 Abs. 1 SGB III ist eine Prognoseentscheidung erforderlich, ob die Maßnahme der beruflichen Weiterbildung die Eingliederungschancen erhöht. Insoweit steht der Beklagten ein Beurteilungsspielraum zu, der der gerichtlichen Kontrolle nur insoweit unterliegt, ob die Verwaltungsentscheidung tatsächlich unter Berücksichtigung aller verfügbarer Daten in einer dem Sachverhalt angemessenen und methodisch einwandfreien Weise erarbeitet worden ist. Liegen die Voraussetzungen des § 77 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 SGB III vor, hat die Beklagte ihr pflichtgemäßes Ermessen auszuüben, ob die Teilnahme an einer Maßnahme und wenn ja, welcher und in welchem Umfang, gefördert wird. Als Beurteilungszeitpunkt hat die Rechtsprechung für den Fall, dass – wie hier – die Maßnahme vor Erlass des Widerspruchsbescheids begonnen wird, auf den Erlass des Widerspruchsbescheids abgestellt (umfassend BSG vom 3. Juli 2003 - 7 AS 66/02 R = SozR 4-4300 § 77 Nr. 1 mwN).
Die von der Beklagten vorgebrachten Gesichtspunkte tragen diesen Anforderungen nicht Rechnung. Der Kläger hat seine Ausbildung zum Dreher nicht mit Abschluss beendet, ist daher Ungelernter. Die Notwendigkeit einer beruflichen Weiterbildung dürfte deshalb bereits nach § 77 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 2 SGB III zu bejahen sein. Da der Kläger im Anschluss an die abgebrochene Ausbildung auch mehr als drei Jahre berufstätig war, steht auch § 77 Abs. 2 Satz 2 SGB III einer Förderung der Weiterbildung nicht entgegen. Soweit vorgebracht worden ist, man hätte den Kläger auch ohne Weiterbildung sofort vermitteln können und ihr Vorbringen auf den "Arbeitsmarktreport Oktober 2007" stützt, rechtfertigt dies keine abweichende Beurteilung. Dem Arbeitsmarktreport kommt zum einen schon keine, die gesetzliche Grundwertung des § 77 Abs. 3 SGB III aufhebende Wirkung zu. Zum anderen wird in dem Report ausdrücklich erwähnt, dass gerade Facharbeiter gesucht werden, vor allem solche mit CNC-Kenntnissen. Vor dem Hintergrund, dass der Kläger 1996 das letzte Mal im Metallbereich gearbeitet hat und über ein Berufspraktikum 2004/2005 hinaus keine aktuelle Berufserfahrung vorweisen kann, ist die Ablehnung der Förderung ermessensfehlerhaft. Denn die Beklagte hat nicht alle relevanten Gesichtspunkte in ihre Beurteilung eingestellt.
Die Ablehnung der Förderung kann auch nicht darauf gestützt werden, dass der Kläger Anspruch auf berufliche Weiterbildung gegenüber Dritten, insbesondere dem ZPE, gehabt hätte bzw. dass die berufliche Weiterbildung Bestandteil der im Maßregelvollzug durchgeführten Therapie ist. Wie auch der Auskunft des ZPE gegenüber dem Gericht entnommen werden kann, werden insbesondere Maßnahmen der beruflichen (Wieder-)Eingliederung nur in Zusammenarbeit mit externen Trägern durchgeführt; die Einrichtung des Maßregelvollzugs selbst ist insoweit lediglich unterstützend tätig. Die Aufgabe des Maßregelvollzugs liegt im Wesentlichen darin, die in der Grunderkrankung liegende Gefährlichkeit der untergebrachten Straftäter zu verringern bzw. abzubauen und sie zu heilen (vgl. § 136 Strafvollzugsgesetz).
Dass vor Beginn der Teilnahme keine Beratung durch die Agentur für Arbeit stattgefunden hat (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB III) dürfte die Beklagte dem Anspruch des Klägers schon deshalb nicht entgegen halten können, weil sie bei seiner Vorsprache am 5. Oktober 2007 und damit vor Maßnahmebeginn jegliche Ansprüche des Klägers verneint und sich aufgrund seiner Unterbringung im Maßregelvollzug schon nicht für zuständig erachtet hat. Es dürfte daher als widersprüchliches Verhalten anzusehen sein, wenn sie sich nunmehr auf die fehlende Beratung stützen würde. Im Übrigen wird sie bei der zu treffenden Prognoseentscheidung nicht nur den im Arbeitsmarktreport beschriebenen Bedarf an CNC-Personal, sondern auch den Umstand zu berücksichtigen haben, dass der Kläger im Anschluss an die Maßnahme tatsächlich in diesem Bereich eine Beschäftigung gefunden hatte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 3/4.
Tatbestand:
Im Streit steht ein Anspruch des Klägers auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ab 5. Oktober 2007 sowie die Verpflichtung der Beklagten zur Kostentragung für einen CNC-Weiterbildungskurs.
Der 1969 geborene Kläger, der sich von 1987 bis 1990 in einer Ausbildung für den Beruf des Zerspanungsmechanikers befunden hatte, ohne diese Ausbildung jedoch abzuschließen, befand sich ab 1996 in Haft, anschließend - auch über den hier streitigen Zeitraum hinaus - im Maßregelvollzug, seit März 2004 im Zentrum für Psychiatrie E. (ZPE). Bereits vom 4. bis 28. Oktober 2005 war der Kläger als Freigänger in einem Betriebspraktikum tätig, ab Mai 2006 bis Februar 2007 in unterschiedlichen Beschäftigungen ebenfalls im Status eines Freigängers. Vom 8. Oktober 2007 bis 11. Januar 2008 nahm er an einem CNC-Weiterbildungskurs beim Internationalen Bund (IB) Freiburg teil.
Am 26. Juli 2007 schlossen das ZPE und der Kläger folgende Vereinbarung:
"1. Es wird Herrn U. ermöglicht, in der Zeit ab 4. Oktober 2007 am CNC Lern Center F. den dort angebotenen Kurs als CNC-Maschinenbediener durchzuführen. Die Kosten in Höhe von 2.450,- EUR werden durch das ZPE bezahlt. 2. Herr U. verpflichtet sich nach Abschluss der Maßnahme für den Fall, dass er eine Arbeitsstelle als CNC-Maschinenbediener oder eine damit vergleichbare Arbeitsstelle erhält, den unter Ziff. 1 genannten Betrag von 2.450,- EUR an das ZPE in monatlichen Raten zurückzahlen. Die Höhe der monatlichen Raten richtet sich nach der finanziellen Zumutbarkeit".
Bis 31. Oktober 2007 befand sich der Kläger in vollstationärer Versorgung auf der Stammstation und erhielt während dieser Zeit Vollverpflegung und Unterkunft als Sachleistungen, dazu den Barbetrag von 94,23 EUR monatlich, Bekleidungspauschale von 23,- EUR sowie eine Regio-Fahrkarte im Wert von 44,- EUR; daneben wurde ihm eine Aufwandsentschädigung aus Anlass der Qualifizierungsmaßnahme von 90,- EUR gewährt. Ab 1. November 2007 wechselte der Kläger in eine offene Wohngruppe. Für die Selbstversorgung in der Wohngruppe wurde die Unterkunft gestellt; an Geldleistungen wurden monatlich 287,- EUR für Verpflegung, eine Regiokarte (44,- EUR) sowie die Aufwandsentschädigung von 90,- EUR gewährt.
Der Kläger verpflichtete sich am 23. Januar 2008 gegenüber dem ZPE erneut, entsprechend der Vereinbarung vom 26. Juli 2007 den Betrag von 2.393,94 EUR in monatlichen Raten zurück zu bezahlen, sobald er über eigenes Einkommen verfüge. Ab März 2008 bis 30. November 2009 war der Kläger in Vollzeit erwerbstätig. Ab Juli 2008 entstanden dem Kläger für die Unterbringung in einer offenen forensischen Wohngemeinschaft Mietkosten von 168,30 EUR monatlich. Von November 2007 bis März 2008 erhielt der Kläger monatlich 278,- EUR zum Lebensunterhalt und eine Regio-Plus-Karte im Wert von 44,- EUR monatlich.
Mit Schreiben vom 4. Oktober 2007 wandte sich das ZPE an die Beklagte und teilte dieser mit, der Kläger sei gerichtlich in der Abteilung für Forensische Psychiatrie und Psychotherapie untergebracht. Bereits von August 2006 bis Januar 2007 habe der Kläger in einer versicherungspflichtigen Beschäftigung gestanden. Er stehe auch jetzt dem Arbeitsmarkt wieder uneingeschränkt zur Verfügung. Er sei vom ZPE zur besseren Vermittlung auf dem Arbeitsmarkt bei einem am 8. Oktober 2007 beginnenden Qualifizierungskurs als CNC-Maschinenbediener beim IB in Freiburg angemeldet worden. Der Kurs dauere 4 Monate und koste 2.450,- EUR plus Fahrtkosten. Man bitte um Überprüfung von Leistungsansprüchen.
Aktenkundig ist des Weiteren ein Aktenvermerk vom 5. Oktober 2007. Danach habe der Kläger vorgesprochen. Er wolle "unbedingt einen Leistungsantrag stellen". Es sei versucht worden ihm deutlich zu machen, dass er aufgrund der Unterbringung in der Forensik keinen Anspruch gegen die Beklagte habe. Der Kläger wolle dennoch Antrag stellen. Der Aktenvermerk ist nicht unterschrieben.
Mit Bescheid vom 11. Oktober 2007 lehnte die Beklagte den Antrag vom 5. Oktober 2007 auf Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ab. Der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 4 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) greife, da er untergebracht sei. Daher bestehe kein Leistungsanspruch, auch wenn er dem Arbeitsmarkt uneingeschränkt zur Verfügung stehe. Da er keinen Anspruch nach dem SGB II habe, könne auch die berufliche Qualifizierung nicht gefördert werden. Er solle sich an die Agentur für Arbeit wenden.
Dagegen erhob der Kläger Widerspruch und brachte zur Begründung vor, er habe den Status eines Freigängers; die Teilnahme an der Qualifizierungsmaßnahme diene der Verbesserung seiner Wiedereingliederung. Mit Widerspruchsbescheid vom 21. Januar 2008 wurde der Widerspruch zurückgewiesen.
Dagegen hat der Kläger am 19. Februar 2008 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben. Die damalige Kammervorsitzende hat am 29. Juli 2008 einen Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage durchgeführt und darin u.a. auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 6. September 2007 (B 14/7b AS 60/06 R) zur Frage des Leistungsausschlusses im Rahmen des § 7 Abs. 4 Satz 1 bzw. Satz 2 SGB II hingewiesen.
Mit Schriftsatz vom 5. August 2008 hat die Beklagte daraufhin ausgeführt, als Freigänger sei der Kläger zwar durchaus als Berechtigter im Sinne des § 7 SGB II anzusehen, so dass ihm grundsätzlich ein Leistungsanspruch zustehen könnte. Allerdings erhalte der Kläger Leistungen nach dem Unterbringungsgesetz; Kostenträger hierfür sei das Sozialministerium des Landes Baden-Württemberg, das sowohl die Kosten für den Lebensunterhalt als auch die der Eingliederung in Arbeit trage. Dazu zählten auch die Kosten der Weiterbildungsmaßnahme als therapeutische Maßnahme im Maßregelvollzug. Jedenfalls sei der Kläger aber aufgrund "Leistungen eines anderen Sozialleistungsträgers" nicht hilfebedürftig, so dass kein Leistungsanspruch nach dem SGB II bestehe.
Der Klägerbevollmächtigte hat daraufhin erwidert, dass der Kläger seit Aufnahme seiner Tätigkeit im März 2008 keine Leistungen von der Unterbringungseinrichtung erhalte. Er müsse vielmehr 168,30 EUR monatlich an Wohnkosten zahlen. Es sei auch nicht nachvollziehbar, wenn die Beklagte vortrage, es handle sich bei dem Kurs um eine "therapeutische Maßnahme". Es werde im Übrigen auch bestritten, dass der Kläger von irgendeinem anderen Sozialleistungsträger Geld erhalte.
Mit Urteil vom 17. Februar 2010 hat das SG die Beklagte verurteilt, dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Zeitraum November 2007 bis Ende März 2008 im Umfang der damals geltenden Regelleistung im Sinne des § 20 SGB II unter Berücksichtigung des damals erzielten Einkommens zu bewilligen unter Klagabweisung im Übrigen. Der Kläger habe Anspruch auf Arbeitslosengeld II. Die Unterbringung im ZPE während des Freigängerstatus stehe einem Leistungsbezug nicht entgegen. Auch sei der Kläger im fraglichen Zeitraum hilfebedürftig gewesen. Bis Juli 2008 habe der Kläger zwar mietfrei gewohnt; allerdings würden sich keine Anhaltspunkte dafür geben, dass der Kläger ab November 2007 noch an der Verpflegung im ZPE teilgenommen habe. Aber selbst wenn dem so wäre, würde es sich als Sachleistung nicht um Einkommen handeln. Daher habe der Kläger lediglich - soweit ersichtlich - über monatliches Einkommen von 278,- EUR verfügt, was weniger als die im fraglichen Zeitraum maßgebliche Regelleistung sei, so dass daher Hilfebedürftigkeit vorliege.
Was die Kosten der Weiterbildungsmaßnahme anbelange, fehle es jedoch bereits an einem Bedarf. Dies ergebe sich aus der Vereinbarung zwischen dem Kläger und dem ZPE, da der Kläger während des Leistungszeitraums keinem fälligen und durchsetzbaren Rückzahlungsanspruch des ZPE ausgesetzt gewesen sei.
Gegen das dem Klägerbevollmächtigten am 15. Mai 2010 zugestellte Urteil hat dieser am 15. Juni 2010 beim SG Berufung eingelegt, die am 24. Juni 2010 beim LSG eingegangen ist. Zur Begründung trägt der Bevollmächtigte vor, angesichts der Dauer der Haft bzw. Unterbringung des Klägers sei die Durchführung eines CNC-Kurses für die berufliche Wiedereingliederung erforderlich gewesen. Der Kläger habe danach auch unmittelbar eine Arbeitsstelle gefunden, sodass die Sinnhaftigkeit der Maßnahme belegt werde. Der Kläger habe die Kursgebühren nur darlehensweise vom ZPE erhalten und mittlerweile rund die Hälfte der Kosten an das ZPE zurück erstattet.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 17. Februar 2010 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm Leistungen der Grundsicherung für Oktober 2007 zu gewähren und die Kosten für die Weiterbildung zum CNC-Maschinenbediener (8. Oktober 2007 bis 10. Januar 2008) zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Auf die gerichtliche Aufklärungsverfügung vom 13. September 2010 hat die Beklagte ausgeführt, man sei nach nochmaliger Prüfung zum Schluss gekommen, dass man zum damaligen Zeitpunkt die Lehrgangskosten nicht übernommen hätte. Die Situation auf dem Arbeitsmarkt sei im Oktober 2007 sehr gut gewesen. Gerade im Metallbereich habe es an Facharbeitern gemangelt. Man hätte dem Kläger ohne Weiteres mehrere Stellen im Metallbereich anbieten können, die er aufgrund seines Werdegangs sicherlich hätte ausüben können, auch wenn der Kläger kein "Facharbeiter im klassischen Sinne" gewesen sei. Beigefügt ist der "Arbeitsmarktreport Berichtsmonat Oktober 2007" der Bundesagentur für Arbeit, Agentur für Arbeit Freiburg. Auf der letzten Seite des Reports ist unter anderem ausgeführt: "Einen Rückgang [der Arbeitslosenquote] verzeichnet die Agentur für Arbeit E ... Geschäftsstellenleiter H. kann einen deutlichen Anstieg bei den offenen Stellen verzeichnen, vor allem im Bereich Arbeitnehmerüberlassung. "LKW-Fahrer mit Erfahrung werden gesucht und Produktionshelfer haben gute Chancen über Zeitarbeitsfirmen", sagt H., "hingegen mangelt es an Facharbeitern im Metallbereich, vor allem mit CNC-Kenntnissen, auf dem Markt".
Auf Anfrage des Gerichts hat der Sozialdienst des ZPE unter dem 28. Oktober 2010 Stellung zu den dem Kläger gewährten finanziellen Leistungen, seinem Status als Freigänger sowie zu dem vom ZPE als Teil der Therapie angebotenen Maßnahmen Stellung genommen. Auf das Schreiben wird inhaltlich Bezug genommen. Auf telefonische Nachfrage des Gerichts hat der Sozialdienst des ZPE ergänzend Auskunft über die Zweckbestimmung der dem Kläger gewährten Geldleistungen gegeben. Auf die Telefonnotiz vom 18. November 2010, die den Beteiligten übermittelt worden ist, wird ebenfalls inhaltlich Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten und der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und nach § 151 SGG im Übrigen zulässige Berufung ist begründet. Die Beklagte hat ermessensfehlerhaft abgelehnt, dem Kläger die Weiterbildungsmaßnahme zum CNC-Maschinenbediener zu fördern.
Die Beklagte und nicht die Agentur für Arbeit ist zuständiger Leistungsträger, denn § 22 Abs. 4 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) schließt u.a. die Förderung der beruflichen Weiterbildung (6. Abschnitt des IV. Kapitels, § 77 ff SGB III) aus Steuermitteln für SGB II-Leistungsberechtigte aus.
Zur Eingliederung in Arbeit erbringt die Agentur für Arbeit Leistungen nach § 35 des Dritten Buches. Sie kann die übrigen im Dritten Kapitel, im Ersten bis Dritten und Sechsten Abschnitt des Vierten Kapitels, im Fünften Kapitel, im Ersten, Fünften und Siebten Abschnitt des Sechsten Kapitels und die in den §§ 417, 421f, 421g, 421i, 421k, 421m, 421n, 421o, 421p und 421q des Dritten Buches geregelten Leistungen erbringen (§ 16 Abs. 1 Sätze 1 und 2 SGB II in der Fassung des Art. 2 des 2. SGB II-Änderungsgesetzes vom 10. Oktober 2007 (BGBl I 2329), mit Wirkung vom 1. Oktober 2007 in Kraft). Soweit dieses Buch nichts Abweichendes regelt, gelten für die Leistungen nach Absatz 1 die Voraussetzungen und Rechtsfolgen des Dritten Buches mit Ausnahme der Anordnungsermächtigungen für die Bundesagentur und mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Arbeitslosengeldes das Arbeitslosengeld II tritt (§ 16 Abs. 1 a SGB II).
Voraussetzung für die Gewährung von Leistungen nach § 16 SGB II i.V.m. dem SGB III ist die grundsätzliche Anspruchsberechtigung des Antragstellers im Sinne des SGB II, d.h. die Voraussetzungen des § 7 SGB II müssen erfüllt sein (vgl. Eicher, in: Eicher/Spellbrink, Kommentar zum SGB II, § 16 Rn. 16; Voelzke, in: Hauck/Noftz, SGB II, K § 16 Rz. 53 ff, insbes. 57; BSG Urteil vom 13. Juli 2010 – B 8 SO 14/09 R).
Der Kläger war im Zeitpunkt der Antragstellung am 5. Oktober 2007 anspruchsberechtigt. Denn er hatte das 15. Lebensjahr vollendet, die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht, war auch erwerbsfähig und hatte seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland (§ 7 Abs. 1 Nrn. 1, 2 und 4 SGB II). Auch die stationäre Unterbringung infolge des Maßregelvollzugs im ZPE stand gemäß § 7 Abs. 4 Satz 3 Ziff. 2 SGB II dem Leistungsbezug nicht entgegen. Der Kläger war insbesondere auch hilfebedürftig im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 3 SGB II i.V.m. §§ 9 Abs. 1, 11 SGB II, obwohl er im Oktober volle Unterkunft und Verpflegung im ZPE sowie diverse Barleistungen erhalten hatte. Denn das nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II zu berücksichtigende Einkommen des Klägers schloss die Hilfebedürftigkeit nicht aus.
Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II sind als Einkommen zu berücksichtigen Einnahmen in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach dem SGB II, der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des BVG vorsehen und der Renten oder Beihilfe, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben sowie an Körper und Gesundheit erbracht werden, bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem BVG. Als Einkommen sind daher alle eingehenden geldwerten Leistungen, unabhängig von ihrer Bezeichnung und ihrem Rechtscharakter zu berücksichtigen (BSG; Urteil vom 6. Dezember 2007 - B 14/7b AS 16/06 R; BSGE 99, 240).
Im Oktober 2007 hat der Kläger Unterkunft und Verpflegung als Sachleistung vom ZPE erhalten. Ob die ihm gewährte Vollverpflegung anzurechnendes Einkommen im Sinne des § 11 SGB II darstellt und wenn ja in welcher Höhe, war in Literatur und Rechtsprechung heftig umstritten (vgl. die umfassende Darstellung von Hengelhaupt, in: Hauck/Noftz, K § 11 Rz. 289 ff). In seinen Entscheidungen vom 18. Juni 2008 (B 14 AS 22/07 R = BSGE 101,70) und vom 16. Dezember 2008 (B 4 AS 9/08 R) hat das BSG ausgeführt, dass § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II i.V.m. der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Alg II-V 2005, 2005/1 bzw. 2005/2 keine hinreichend klare und bestimmte Rechtsgrundlage für die Berücksichtigung von im Rahmen eines stationären Aufenthalts gewährter Vollverpflegung als Einkommen vorsah. Mit dem neu angefügten § 1 Abs. 1 Nr. 11 Alg II-V 2008/1 hat der Verordnungsgeber rückwirkend zum 1. Januar 2008 geregelt, dass außerhalb von Arbeitsverhältnissen bereitgestellte Verpflegung nicht mehr als Einkommen berücksichtigt wird.
Als Einkommen, das dem Kläger im Oktober 2007 zugeflossen ist, ist daher nur zu berücksichtigen der Barbetrag in Höhe von 94,23 EUR und die Bekleidungspauschale in Höhe von 23,- EUR. Es handelt sich um Einkommen im Sinne des § 11 Abs. 1 SGB II, das nicht von der Anrechnung ausgenommen ist.
Anzurechnen ist auch die Aufwandsentschädigung von 90,- EUR. Sie ist nicht von der Berücksichtigung als Einkommen auszunehmen; insbesondere liegt keine zweckbestimmte Einnahme vor, die anderen als existenzsichernden Belangen zugeführt werden sollte (§ 11 Abs. 3 Nr. 1 SGB II; § 13 Abs. 1 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 1 Ziff. 2 Alg II-V 2005/2 in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung).
Die Nichtberücksichtigung von Einnahmen erfolgt nur unter engen Voraussetzungen, die ausdrücklich durch den Zweck der Einnahme gerechtfertigt sein müssen. Es darf keine Zweckidentität mit den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vorliegen. Doppelleistungen sollen so verhindert werden (zusammenfassend mit zahlreichen Nachweisen BSG, Urteil vom 1. Juni 2010 - B 4 AS 89/09 R, zitiert nach Juris).
Wie anhand der Auskunft des ZPE feststeht, handelt es sich nicht um eine – anrechnungsfreie – zweckbestimmte Leistung. Der "Aufwendungsersatz" wurde aus Motivationsgesichtspunkten gewährt, um die Untergebrachten auch zur Aufnahme unbezahlter Beschäftigungen/Praktika/Fortbildungsmaßnahmen außerhalb der Anstalt zu bewegen und sie damit finanziell denjenigen gleichstellen, die innerhalb der Anstalt arbeitstherapeutisch eingegliedert werden und aus Anlass ihrer dort erbrachten Leistungen ein geringes Entgelt erhalten. Mit diesem motivatorischen Ansatz ging zugleich einher die Freiheit für den Kläger, die 90,- EUR zu jedem ihm beliebigen Zweck zu verwenden. Er hatte weder Nachweis- noch Rechenschaftspflichten über die Mittelverwendung gegenüber dem ZPE. Eine Zweckbestimmung lag dem zugeflossenen Geld damit nicht zugrunde (weder aus öffentlichem noch aus privatem Recht), so dass auch die 90,- EUR nicht anrechnungsfrei sind.
Was die dem Kläger weiter gewährten 44,- EUR für den Kauf einer Fahrkarte anbelangt, kann offen bleiben, ob es sich um eine zweckbestimmte Einnahme handelt. Denn nach § 11 Abs. 2 Nr. 5 SGB II sind jedenfalls die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben vom Einkommen abzusetzen. Da der Kläger die Pauschale von 90,- EUR nur erhalten hat, weil er außerhalb der Einrichtung an einer (nicht entlohnten) Fortbildungsmaßnahme teilgenommen hat, sind die für die Teilnahme an der Maßnahme aufzuwendenden Fahrkosten in Höhe von monatlich 44,- EUR (sog. RegioKarte) jedenfalls vom Einkommen des Klägers abzusetzen, so dass insoweit kein zu berücksichtigendes Einkommen verbleibt.
Damit verbleiben als zu berücksichtigendes Einkommen des Klägers im Oktober 2007 insgesamt 207,23 EUR. Abzüglich des Pauschbetrags von 30,- EUR nach § 13 Abs. 1 SGB II i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 1 Alg II-V in der hier maßgeblichen Fassung verbleiben als anzurechnendes Einkommen somit 177,23 EUR, so dass dem Kläger für Oktober 2007 bei einem Regelsatz von damals 347,- EUR für einen alleinstehenden Hilfebedürftigen 169,77 EUR für den gesamten Monat zu gewähren wären. Da der Kläger jedoch erst am 5. Oktober 2007 einen Antrag gestellt hat, stehen ihm für Oktober 2007 anteilig (§ 41 Abs. 1 Satz 1 SGB II) Leistungen in Höhe von 147,13 EUR zu.
Dass der Kläger ab 1. November 2007 nicht mehr hilfebedürftig war (er erhielt 287,- EUR zur Sicherung des Lebensunterhalts und 90,- EUR Aufwendungsersatz, was abzüglich des Freibetrags von 30,- EUR nach § 6 Abs. 1 Nr.1 Alg II-V einem Einkommen in Höhe des damals geltenden Regelsatzes von 347,- EUR entsprach) ist für die Beurteilung der Anspruchsberechtigung im Rahmen des § 16 SGB II zunächst ohne Belang, da die Beklagte dies lediglich im Rahmen ihrer Prüfung nach § 16 Abs. 4 SGB II in der bis zum 31. Dezember 2008 geltenden Fassung bzw. nach § 16g Abs. 1 SGB II zu berücksichtigen hat.
Da die Beklagte keine (Anschluss-)Berufung eingelegt hat, war ihre Verurteilung zur Leistungsgewährung ab 1. November 2007 einer gerichtlichen Überprüfung entzogen.
Die Beklagte hat nicht ermessensfehlerfrei über den Antrag des Klägers vom 4. bzw. 5. Oktober 2007 entschieden. Die angefochtenen Bescheide waren deshalb aufzuheben, denn sie verletzen den Kläger in seinen Rechten.
Bei den Eingliederungsleistungen nach § 16 Abs. 1 Satz 2 SGB II handelt es sich um Ermessensleistungen hinsichtlich des "Ob" (Entschließungsermessen). Dies gilt auch dann, wenn es sich bei den Vorschriften, auf die sich die Verweisung erstreckt, um Pflichtleistungen handelt. Die Ermessensausübung ist darauf beschränkt, aber auch daraufhin auszurichten, ob die im SGB III näher ausgestalteten Leistungen nach ihren dort aufgeführten Inhalten gewährt werden (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 18. Dezember 2008 – L 7 AS 3614/08 mwN). Anders als vom SG angenommen ist deshalb nicht im Rahmen der Anspruchsprüfung nach dem SGB III eine weitere Prüfung der Hilfebedürftigkeit durchzuführen. Für eine Prüfung der Hilfebedürftigkeit im Rahmen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 77 SGB III gibt das Gesetz keinen Anhaltspunkt. Allenfalls im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens kann die Beklagte in ihre Überlegungen einstellen, ob und wenn ja in welchem Umfang der Bedarf des Klägers an Leistungen möglicherweise durch das vom ZPE gewährte Darlehen gedeckt war.
Die Beklagte hat von dem ihr zustehenden Ermessen keinen bzw. allenfalls rechtsfehlerhaft Gebrauch gemacht.
Im Ausgangsbescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheids hat die Beklagte bereits deshalb die Finanzierung der Maßnahme abgelehnt, weil sie rechtsfehlerhaft davon ausgegangen war, der sich im Maßregelvollzug befindliche Kläger habe deshalb keinen Leistungsanspruch nach dem SGB II und damit auch keinen Anspruch auf Förderung einer beruflichen Weiterbildung, unabhängig von seinen Eingliederungschancen auf dem Arbeitsmarkt. Im Klageverfahren wurde die Ablehnung auf das Argument gestützt, der Kläger sei bereits nicht hilfebedürftig im Sinne des SGB II, so dass auch hier kein Ermessen ausgeübt worden ist. Soweit die Beklagte zuletzt im Berufungsverfahren ausgeführt hat, der Kläger möge zwar die Leistungsvoraussetzungen nach dem SGB II erfüllen, man hätte den Kläger aber dennoch nicht gefördert, weil auch ohne Weiterbildung eine Vermittlung hätte erfolgen können, vermag auch diese Begründung die Mängel der angefochtenen Bescheide nicht zu heilen.
Offen bleiben kann, ob in diesen weiteren Erwägungen überhaupt noch ein zulässiges Nachschieben von Ermessenserwägungen liegen kann. Denn in den angefochtenen Entscheidungen wurde – wie ausgeführt – keinerlei Ermessen ausgeübt. Erst mit den im Berufungsverfahren vorgebrachten Argumenten wurde auf die Förderfähigkeit der beantragten Weiterbildung eingegangen. Denn selbst wenn man von einer Heilungsmöglichkeit ausgehen würde, hätte die Beklagte das Ermessen rechtsfehlerhaft ausgeübt.
Gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 SGB III können Arbeitnehmer bei beruflicher Weiterbildung durch Übernahme der Weiterbildungskosten gefördert werden, wenn die Weiterbildung notwendig ist, um sie bei Arbeitslosigkeit beruflich einzugliedern, eine ihnen drohende Arbeitslosigkeit abzuwenden oder weil bei ihnen wegen fehlenden Berufsabschlusses die Notwendigkeit der Weiterbildung anerkannt (Nr. 1), vor Beginn der Teilnahme eine Beratung durch die Agentur für Arbeit erfolgt (Nr. 2) und die Maßnahme und der Träger der Maßnahme für die Förderung zugelassen ist (Nr. 3). Dabei wird die Notwendigkeit der Weiterbildung bei Arbeitnehmern wegen fehlenden Berufsabschlusses anerkannt, wenn sie nicht über einen Berufsabschluss verfügen, für den nach bundes- oder landesrechtlichen Vorschriften eine Ausbildungsdauer von mindestens zwei Jahren festgelegt ist. Arbeitnehmer ohne Berufsabschluss, die noch nicht drei Jahre beruflich tätig gewesen sind, können nur gefördert werden wenn eine berufliche Ausbildung oder eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme aus in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen nicht möglich oder nicht zumutbar ist (§ 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 SGB III).
Zur Feststellung der Voraussetzungen des § 77 Abs. 1 SGB III ist eine Prognoseentscheidung erforderlich, ob die Maßnahme der beruflichen Weiterbildung die Eingliederungschancen erhöht. Insoweit steht der Beklagten ein Beurteilungsspielraum zu, der der gerichtlichen Kontrolle nur insoweit unterliegt, ob die Verwaltungsentscheidung tatsächlich unter Berücksichtigung aller verfügbarer Daten in einer dem Sachverhalt angemessenen und methodisch einwandfreien Weise erarbeitet worden ist. Liegen die Voraussetzungen des § 77 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 SGB III vor, hat die Beklagte ihr pflichtgemäßes Ermessen auszuüben, ob die Teilnahme an einer Maßnahme und wenn ja, welcher und in welchem Umfang, gefördert wird. Als Beurteilungszeitpunkt hat die Rechtsprechung für den Fall, dass – wie hier – die Maßnahme vor Erlass des Widerspruchsbescheids begonnen wird, auf den Erlass des Widerspruchsbescheids abgestellt (umfassend BSG vom 3. Juli 2003 - 7 AS 66/02 R = SozR 4-4300 § 77 Nr. 1 mwN).
Die von der Beklagten vorgebrachten Gesichtspunkte tragen diesen Anforderungen nicht Rechnung. Der Kläger hat seine Ausbildung zum Dreher nicht mit Abschluss beendet, ist daher Ungelernter. Die Notwendigkeit einer beruflichen Weiterbildung dürfte deshalb bereits nach § 77 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 2 SGB III zu bejahen sein. Da der Kläger im Anschluss an die abgebrochene Ausbildung auch mehr als drei Jahre berufstätig war, steht auch § 77 Abs. 2 Satz 2 SGB III einer Förderung der Weiterbildung nicht entgegen. Soweit vorgebracht worden ist, man hätte den Kläger auch ohne Weiterbildung sofort vermitteln können und ihr Vorbringen auf den "Arbeitsmarktreport Oktober 2007" stützt, rechtfertigt dies keine abweichende Beurteilung. Dem Arbeitsmarktreport kommt zum einen schon keine, die gesetzliche Grundwertung des § 77 Abs. 3 SGB III aufhebende Wirkung zu. Zum anderen wird in dem Report ausdrücklich erwähnt, dass gerade Facharbeiter gesucht werden, vor allem solche mit CNC-Kenntnissen. Vor dem Hintergrund, dass der Kläger 1996 das letzte Mal im Metallbereich gearbeitet hat und über ein Berufspraktikum 2004/2005 hinaus keine aktuelle Berufserfahrung vorweisen kann, ist die Ablehnung der Förderung ermessensfehlerhaft. Denn die Beklagte hat nicht alle relevanten Gesichtspunkte in ihre Beurteilung eingestellt.
Die Ablehnung der Förderung kann auch nicht darauf gestützt werden, dass der Kläger Anspruch auf berufliche Weiterbildung gegenüber Dritten, insbesondere dem ZPE, gehabt hätte bzw. dass die berufliche Weiterbildung Bestandteil der im Maßregelvollzug durchgeführten Therapie ist. Wie auch der Auskunft des ZPE gegenüber dem Gericht entnommen werden kann, werden insbesondere Maßnahmen der beruflichen (Wieder-)Eingliederung nur in Zusammenarbeit mit externen Trägern durchgeführt; die Einrichtung des Maßregelvollzugs selbst ist insoweit lediglich unterstützend tätig. Die Aufgabe des Maßregelvollzugs liegt im Wesentlichen darin, die in der Grunderkrankung liegende Gefährlichkeit der untergebrachten Straftäter zu verringern bzw. abzubauen und sie zu heilen (vgl. § 136 Strafvollzugsgesetz).
Dass vor Beginn der Teilnahme keine Beratung durch die Agentur für Arbeit stattgefunden hat (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB III) dürfte die Beklagte dem Anspruch des Klägers schon deshalb nicht entgegen halten können, weil sie bei seiner Vorsprache am 5. Oktober 2007 und damit vor Maßnahmebeginn jegliche Ansprüche des Klägers verneint und sich aufgrund seiner Unterbringung im Maßregelvollzug schon nicht für zuständig erachtet hat. Es dürfte daher als widersprüchliches Verhalten anzusehen sein, wenn sie sich nunmehr auf die fehlende Beratung stützen würde. Im Übrigen wird sie bei der zu treffenden Prognoseentscheidung nicht nur den im Arbeitsmarktreport beschriebenen Bedarf an CNC-Personal, sondern auch den Umstand zu berücksichtigen haben, dass der Kläger im Anschluss an die Maßnahme tatsächlich in diesem Bereich eine Beschäftigung gefunden hatte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
Aus
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BWB
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