L 8 SB 3824/09

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 1 SB 1878/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 3824/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
für Recht erkannt: Tenor: Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 23. Juli 2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des Grades der Behinderung (GdB) nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) streitig.

Der am 1970 geborene Kläger stellte erstmals am 12.07.2007 einen Antrag nach § 69 SGB IX - Schwerbehindertenrecht und legte hierzu verschiedene Berichte der ihn behandelnden Ärzte vor. Diese wurden mit der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 04.10.2007 ausgewertet. Danach lagen folgende Funktionsbeeinträchtigungen vor: Coronare Herzkrankheit, Stentimplantation GdB 20 Funktionsbehinderung der Wirbelsäule GdB 10 Der Gesamt-GdB wurde mit 20 beurteilt.

Mit Bescheid vom 09.10.2007 stellte das Landratsamt S. - Versorgungsamt - (VA) den GdB mit 20 seit 12.07.2007 fest. Damit liege keine Schwerbehinderteneigenschaft im Sinne des § 2 Abs.2 SGB IX vor, ein Schwerbehindertenausweis könne nicht ausgestellt werden.

Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein und fügte ihm den Befund des Facharztes für Innere Medizin - Kardiologie Dr. M. , R. , vom 21.01.2008 bei.

Mit der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 07.03.2008 wurde der Herzbefund ausgewertet und folgende Funktionsbeeinträchtigungen zur Entscheidung vorgeschlagen:

Seelische Störung, Somatisierungsstörung GdB 30; coronare Herzkrankheit, Stentimplantation GdB 20; Funktionsbehinderung der Wirbelsäule GdB 10. Der Gesamt-GdB wurde mit 40 beurteilt.

Mit Teil-Abhilfebescheid vom 03.04.2008 stellte VA den GdB mit 40 seit 12.07.2007 fest. Des Weiteren wurde ausgeführt, dass die vorliegende Behinderung zu einer dauernden Einbuße der körperlichen Beweglichkeit im Sinne des § 33b Einkommensteuergesetz geführt habe; diese bestehe seit 12.07.2007. Gesundheitliche Merkmale (Merkzeichen) hätten nicht festgestellt werden können, da die Schwerbehinderteneigenschaft nicht vorliege.

Mit Widerspruchsbescheid vom 16.06.2008 wurde im Übrigen der Widerspruch des Klägers zurückgewiesen.

Dagegen erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG) mit dem Begehren, bei ihm die Schwerbehinderteneigenschaft festzustellen. Er machte weitere Funktionsbeeinträchtigungen geltend.

Das SG hörte die den Kläger behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen (Arzt für Allgemeinmedizin Dr. Ma. vom 04.08.2008; Facharzt für Innere Medizin - Kardiologie Dr. M. vom 12.08.2008; Neurologin Dr. B.-L. vom 10.11.2008 und Priv. Doz. Dr. S. - Chefarzt der Abteilung für Innere Medizin des Kreiskrankenhauses S. - vom 10.03.2009); außerdem wurden verschiedene Arztberichte aus dem Rentenverfahren (S 5 R 1791/08) beigezogen.

Die Arztunterlagen und Auskünfte der sachverständigen Zeugen wurden seitens des Beklagten mit der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 09.06.2009 ausgewertet. Danach ergaben sich daraus keine neuen Gesichtspunkte. Hingewiesen wurde darauf, dass beim stationären Aufenthalt des Klägers im Oktober 2008 im Kreiskrankenhaus S. eine ergometrische Belastungsuntersuchung bis 150 Watt ohne objektiven Ischämienachweis durchführbar gewesen sei. Ein messbarer GdB sei von den Internisten nicht gesehen worden. Aus diesem Grunde sei der bislang vergebene GdB-Wert von 20 für die Herzerkrankung als weitreichend bemessen anzusehen. Bezüglich der obstruktiven Lungenerkrankung sei unter medikamentöser Behandlung die Lungenfunktionsprüfung unauffällig gewesen, ein messbarer GdB sei deswegen nicht anzunehmen. Hinsichtlich der im Februar 2009 festgestellten Refluxerkrankung der Speiseröhre mit Magengeschwür sei unter der eingeleiteten medikamentösen Behandlung eine deutliche Besserung bis Ausheilung zu erwarten, weshalb ein messbarer GdB hierdurch nicht verursacht werde.

Mit Gerichtsbescheid vom 23.07.2009 wies das SG die Klage ab. In den Entscheidungsgründen ist ausgeführt, ein höherer Gesamt-GdB als 40 liege beim Kläger nicht vor. Für die Erkrankungen auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet sei ein höherer Einzel-GdB als 30 nicht gerechtfertigt. Dieser Teil-GdB von 30 entspreche einer stärker behindernden Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit. Der Kläger sei im Januar 2007 wegen einer Somatisierungsstörung in der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie des Krankenhauses S. behandelt worden. Es sei eine weitere psychotherapeutische Behandlung empfohlen worden. Den Angaben des Klägers sowie den Auskünften der behandelnden Ärzte lasse sich jedoch nicht entnehmen, dass der Kläger wegen einer Erkrankung auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet behandelt werde. Es sei daher fraglich, ob der Einzel-GdB von 30 überhaupt noch gerechtfertigt sei. Es lasse sich somit nichts erkennen, was die Zuerkennung eines höheren GdB für das psychiatrische Fachgebiet rechtfertigen könnte. Für die coronare Herzkrankheit und die Stentimplantation habe der Beklagte einen Einzel-GdB von 20 angenommen. Dies entspreche einer Leistungsbeeinträchtigung bei mittelschwerer Belastung (z.B. forsches Gehen oder mittelschwerer körperlicher Arbeit), Beschwerden und Auftreten pathologischer Messdaten bei Ergometerbelastung von 75 Watt. Beim letzten stationären Aufenthalt des Klägers von Oktober 2008 habe jedoch eine Ergometrie bis 150 Watt ohne objektiven Ischämienachweis durchgeführt werden können. Somit habe sich der Gesundheitszustand des Klägers gebessert. Dementsprechend hätten Privatdozent Dr. S. und Dr. F. für die Herzerkrankung des Klägers keinen GdB mehr angenommen. Soweit der Beklagte für die Herzerkrankung einen Teil-GdB von 20 zugrunde gelegt habe, erscheine dies als großzügig. Ein höherer GdB lasse sich jedenfalls nicht begründen. Der aus den Teil-GdB-Werten von 30 und 20 gewonnene Gesamt-GdB mit 40 sei nicht zu beanstanden.

Gegen den - dem Bevollmächtigten des Klägers am 28.07.2009 zugestellten - Gerichtsbescheid hat der Kläger am 21.08.2009 Berufung eingelegt und die Bewilligung von PKH für die zweite Instanz beantragt.

Mit Beschluss vom 23.10.2009 hat der Senat den Antrag des Klägers auf Bewilligung von PKH für das Berufungsverfahren abgelehnt, da nicht von einer hinreichenden Erfolgsaussicht der Berufung des Klägers ausgegangen werden könne.

Der Kläger verfolgt sein Begehren unter Vorlage der Bescheinigung von Dr. Ma. vom 14.07.2009, des Entlassungsberichts des Kreiskrankenhauses Bad S. vom 29.07.2009, des Befundberichts von Dr. B.-L. vom 09.04.2010 und der Erklärung von Dr. Ma. vom 02.12.2009 weiter.

Am 15.10.2010 ist der Kläger in nichtöffentlicher Sitzung durch den Berichterstatter angehört worden.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 23. Juli 2009 aufzuheben, den Bescheid des Beklagten vom 9. Oktober 2007 in der Gestalt des Bescheides vom 3.April 2008 und des Widerspruchsbescheides vom 16. Juni 2008 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, einen GdB von 50 seit 12. Juli 2007 festzustellen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und verweist auf die versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. G. vom 21.09.2009.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten des Beklagten, der Akten des SG Konstanz und der Senatsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat gemäß § 124 Abs. 2 SGG mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.

Der angegriffene Bescheid des Beklagten vom 09.10.2007 in der Gestalt des Teil-Abhilfe-Bescheides vom 12.07.2007, mit dem der GdB beim Kläger mit 40 ab 12.07.2007 festgestellt worden ist, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Dem Kläger steht gegen den Beklagten kein Anspruch auf Feststellung eines GdB von 50 zu. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG ist nicht zu beanstanden.

Das SG hat in der angefochtenen Entscheidung die für den Rechtsstreit maßgeblichen Rechtsvorschriften und Grundsätze vollständig und zutreffend dargestellt. Es hat weiter ausführlich begründet, dass beim Kläger ein höherer Einzel-GdB als 30 für die Erkrankungen auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet in Form der seelischen Störung und Somatisierungsstörung nicht gerechtfertigt ist, dass der Einzel-GdB-Wert von 20 für die coronare Herzkrankheit und die Stentimplantation angesichts des zuletzt während des stationären Aufenthalts von Oktober 2008 erhobenen Befundes bei der ergometrischen Belastung bis 150 Watt ohne objektiven Ischämienachweis schon als sehr großzügig erscheint und jedenfalls einen höheren Teil-GdB als 20 nicht rechtfertigt, dass die Wirbelsäulenbeschwerden einen Einzel-GdB-Wert von 10 nach sich ziehen und dass ein höherer Gesamt-GdB als 40 nicht gerechtfertigt ist. Der Senat schließt sich nach eigener Überprüfung zur Begründung seiner Entscheidung den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheides voll an, auf die er zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug nimmt (§ 153 Abs. 2 SGG). Hinsichtlich der im Berufungsverfahren erneut geltend gemachten Wirbelsäulenbeschwerden ergibt sich keine andere Bewertung. Der von Dr. B.-L. erhobene Lendenwirbelsäulen- (schriftliche Aussage vor dem SG vom 10.11.2008) und Halswirbelsäulenbefund (Arztbrief vom 09.04.2010) läßt keine funktionellen Ausfälle erkennen, die eine mittelgradige Ausprägung haben und die die Einstufung nach einem GdB von mindestens 20 rechtfertigen würden.

Nach alledem konnte die Berufung des Klägers keinen Erfolg haben und sie war mit der Kostenentscheidung aus § 193 SGG zurückzuweisen. Von der Auferlegung von Kosten gemäß § 192 SGG hat der Senat im Rahmen des ihm zustehenden Ermessens abgesehen.

Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht.
Rechtskraft
Aus
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