Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 14 R 1184/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 R 3993/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 24. Juli 2008 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1954 geborene bosnische Klägerin, die keinen Beruf erlernt hat, zog 1975 in die Bundesrepublik Deutschland zu. Sie war vom 01.04.1993 bis 28.02.2000 als Haushälterin und Reinigungsfrau und vom 06.03.2000 bis 30.04.2004 als Poliererin in einer Schmuckfabrik (A. B. GmbH, C.) versicherungspflichtig beschäftigt. Vom 01.05.2004 bis 28.08.2006 bezog sie Arbeitslosen- bzw. Krankengeld. Vom 21.11.2004 bis 31.01.2005 war sie geringfügig beschäftigt. Seitdem ist sie arbeitslos und lebt von der Rente ihres Mannes. Ihr Mann und sie leben in einer abbezahlten 100 qm großen Eigentumswohnung. Eines ihrer drei erwachsenen Kinder wohnt "teilweise" noch im Haushalt. Zwei ihrer Enkelkinder besuchen sie regelmäßig über Nacht. Der bei ihr festgestellte Grad der Behinderung beträgt 40 seit 27.01.2005.
Dr. D., Ärztin der Agentur für Arbeit Pforzheim, Betriebsmedizin/Sozialmedizin, führte in ihrem Gutachten für die Agentur für Arbeit Pforzheim vom 15.02.2005 aus, bei der Klägerin seien u.a. ein somatoformes Schmerzsyndrom, eine "Jammerdepression", eine chronische Lumboischialgie mit degenerativen Veränderungen der LWS sowie erhebliches Übergewicht zu diagnostizieren. Die Stimmungslage sei massiv auffällig gewesen; die Klägerin habe ohne Unterbrechung mit erheblichen, von ihr willentlich nicht mehr zu beeinflussenden Verdeutlichungstendenzen gejammert. Aufgrund der Schwere der Symptomatik sei auch eine stationäre psychosomatische Behandlung zu erwägen. Insgesamt sei die Klägerin krank im Sinne der Krankenversicherung und behandlungsbedürftig; berufliche Maßnahmen kämen erst nach Abschluss der medizinischen Rehabilitation in Frage. Für voraussichtlich bis zu 6 Monaten sei die Klägerin täglich weniger als 3 Stunden leistungsfähig.
Vom 17.05. bis 18.06.2005 befand sich die Klägerin zur medizinischen Rehabilitation in der Rheintalklinik Bad E ... Ausweislich des Entlassberichtes vom 20.06.2005 wurde sie für 6 Stunden und mehr leistungsfähig sowohl hinsichtlich ihrer letzten beruflichen Tätigkeit als Goldpoliererin als auch für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten in Tagesschicht, ohne Heben und Tragen von schweren Lasten, ohne Arbeiten in körperlicher Zwangshaltung, zeitweise im Stehen, Gehen und/oder Sitzen entlassen. Zu diagnostizieren seien 1. deg. Lumbalsyndrom mit rez. Lumboischialgien li. bei Fehlhaltung und muskulären Dysbalancen, 2. deg. Cervicobrachialgiesyndrom li. mehr als re. bei Fehlhaltung und muskulären Dysbalancen sowie 3. Übergewicht. Die Klägerin sei nur unzureichend über ihre Krankheit und die Diagnosen informiert und vermöge die funktionellen Zusammenhänge nur schwer nachzuvollziehen. Aus orthopädischer Sicht würden sich die Beschwerden der Klägerin nicht mit den objektiven Befunden decken. Zur endgültigen Klärung des Leistungsvermögens sei die Klägerin noch nervenärztlich zu untersuchen.
Am 31.08.2006 beantragte die Klägerin die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte zog daraufhin unter anderem einen ärztlichen Befundbericht von Dr. F., Facharzt für Neurologie, Psychiatrie, psychotherapeutische Medizin vom 09.03.2006 bei, wonach die Klägerin "nach wie vor" an Depressionen leide, die sich durch eine langfristige Fluocetin-Behandlung ganz gut stabilisieren ließen; zu diagnostizieren sei eine rezidivierende depressive Störung als mittelgradige Episode.
Die Beklagte veranlasste sodann zwei Begutachtungen; eine durch die Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. G. sowie eine weitere durch die Ärztin für Anästhesie/Sozialmedizin Dr. H ...
Dr. G. stellte in ihrem Gutachten vom 06.11.2006 nach Untersuchung der Klägerin am 13.10.2006 folgende Diagnosen: Somatoforme Schmerzstörung, mittelgradige depressive Episode, histrionische Persönlichkeitsstörung, degeneratives Lumbalsyndrom ohne radikuläre Defizite und Adipositas permagna. Der aktuelle psychopathologische Befund sei von depressiver Affektlage, erheblicher Somatisierung, gedanklicher Fixierung auf die Beschwerden, Aggravation und mäßig reduzierter psychomentaler Belastbarkeit geprägt. Das Beschwerdeerleben der Klägerin sei vor dem Hintergrund einer histrionischen Persönlichkeitsstörung und der sehr schlichten Grundstruktur zu sehen. Da laborchemisch der Wirkspiegel des Neuroleptikums sehr niedrig gelegen habe, sei von einer unzureichenden bis fehlenden Compliance auszugehen. Die Klägerin sei mit langsam schleppendem Gang in das Untersuchungszimmer gekommen, zunächst immer wieder stehen geblieben, um ihren Schmerzen Ausdruck zu verleihen und habe sich nur sehr zögerlich und erst nach mehrmaliger Aufforderung hingesetzt. Zahlreiche Fragen habe sie nicht oder höchst ungenau beantwortet, da sie kontinuierlich mit Klagen und Jammern beschäftigt gewesen sei. Zwischendurch habe sie die Hände aufeinander gepresst, zu hyperventilieren begonnen und dann wieder laut zu stöhnen. Bei ihr liege starke psychomotorische Unruhe und hochgradige Somatisierung vor. Zum Tagesablauf habe sie wenig Angaben gemacht. Ihr bei der Untersuchung anwesender Ehemann habe berichtet, der Haushalt werde überwiegend von der Tochter und zum Teil von ihm versorgt, während seine Frau den ganzen Tag "irgendwo" sitze und klage sowie gelegentlich mit einem ihrer Kinder telefoniere. Auch wenn die psychomentale Belastbarkeit der Klägerin reduziert sei, bestehe aus nervenärztlicher Sicht ein positives Leistungsvermögen von täglich 6 Stunden und mehr für körperlich leichte Tätigkeiten im Wechsel von Sitzen und Stehen, ohne besondere psychische und/oder geistige Beanspruchung, Nacht- oder Wechselschicht, ohne Zwangshaltung oder hohen Zeitdruck.
In ihrem Gutachten vom 16.11.2006 diagnostizierte Dr. H. bei der Klägerin eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, eine mittelgradige depressive Episode, eine histrionische Persönlichkeitsstörung, ein degeneratives Lumbalsyndrom ohne radikuläre Defizite sowie Adipositas Grad 2. Ergänzend zum nervenärztlichen Zusatzgutachten von Dr. G. seien Rehabilitationsmaßnahmen nicht indiziert, zumal bei ausgeprägtem Versorgungswunsch der Versicherten von einer eingeschränkten Compliance sowohl während eines stationären Heilverfahrens als auch einer beruflichen Reha-Leistung auszugehen sei. Zudem seien die ambulanten kassenärztlichen Maßnahmen nicht ausgeschöpft. Vor dem Hintergrund, dass die Klägerin ihre antidepressiven Medikamente nicht einnehme, sei deren Leidensdruck zweifelhaft.
Mit Bescheid vom 23.11.2006 lehnte die Beklagte daraufhin den Rentenantrag ab, weil weder eine teilweise noch eine volle Erwerbsminderung und auch keine Berufsunfähigkeit vorliege. Den hiergegen eingelegten Widerspruch, den die Klägerin damit begründete, aufgrund ihrer erheblichen gesundheitlichen Leistungsbeeinträchtigungen sei sie nur unter halbschichtig leistungsfähig, zudem sei der Sachverhalt auf nervenärztlichem und orthopädischem Fachgebiet weiter aufzuklären, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15.02.2007 zurück.
Hiergegen hat die Klägerin am 07.03.2007 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Zur Begründung hat sie auf einen Befundbericht von Dr. F. vom 29.01.2007, wonach sie jeglichen Kontakt vermeide und erheblich depressiv sei, sowie auf einen Arztbericht des Facharztes für innere Medizin, Pneumologie, Allergologie Dr. K. vom 02.02.2007 verwiesen.
Das SG hat Dr. K., Dr. F. und den Arzt für Orthopädie Dr. I. als sachverständige Zeugen gehört.
Dr. K. hat am 09.05.2007 berichtet, die Klägerin könne leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt maximal 7 Stunden pro Tag tätig sein, bei Vermeidung einer Exposition von inhalativen Reizstoffen, Temperaturschwankungen und Zugluft. Das für die Beurteilung der beruflichen Leistungsfähigkeit maßgebliche Leiden liege auf dem Fachgebiet der Neurologie/Psychiatrie. Die Schilderung der Symptomatik durch die Klägerin erscheine nicht immer glaubwürdig, so dass die angegebenen Beschwerden möglicherweise auch funktionell bedingt seien.
Dr. F. hat am 18.05.2007 mitgeteilt, die Klägerin, die seit dem 21.01.2005 in seiner Behandlung stehe, sei aufgrund ihrer schweren körperlichen Erkrankung und ihrer schweren Depression weder in der Lage, als Schmuckpoliererin zu arbeiten, noch fähig, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten. Die Gesamtsymptomatik sei aus neurologischer und psychiatrischer Sicht nicht zu erklären.
Dr. I. hat am 20.06.2007 berichtet, bei der Klägerin eine Varusgonarthrose li., V.a. degenerative Meniskopathie, ein chronisches lumbales Syndrom und V.a. somatisierte Depression diagnostiziert zu haben. Die Klägerin sei in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten teils sitzend, teils stehend "mit bestimmten Einschränkungen" vier bis sechs Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auszuüben.
Im Anschluss daran hat das SG den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. L. mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. Dieser hat die Klägerin - nachdem sie einen erstmaligen Untersuchungstermin aufgrund Auslandsaufenthaltes nicht wahrgenommen hat - am 22. und 25.10.2007 ambulant untersucht. In seinem Gutachten vom 20.11.2007 hat er bei ihr eine schwere depressive Episode im Rahmen einer rezidivierenden depressiven Störung und eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung diagnostiziert. Es lägen Konzentrations-, Auffassungs- und Gedächtnisstörungen sowie eine Verlangsamung des formalen Gedankenganges vor. Affektiv bestehe eine ausgeprägte depressive Herabstimmung mit Freudlosigkeit, erheblicher Antriebsstörung, Interessenverarmung, sozialem Rückzugsverhalten, Schlafstörung mit Alpträumen sowie Affektlabilität mit dysphorischem Ausdrucksverhalten und Angstzuständen, insbesondere Verlustängsten. Die Persönlichkeit zeige dependente, teilweise auch histrionische Merkmale bei niedrigem Strukturniveau auf. Die Mitschwingungsfähigkeit sei erheblich eingeschränkt. Suizidale Tendenzen seien vorhanden und würden häufiger thematisiert. Auffällig sei eine durchgehende psychosomatische Anspannung mit teilweiser psychomotorischer Hemmung und Agitation. Im Vordergrund der Klagen stünden die körperlichen Beschwerden in Form von Wirbelsäulenschmerzen, linksseitigen Bein-/Kopfschmerzen und Atemnot. Aufgrund der depressiven Störung und der anhaltenden somatoformen Schmerzstörung sei die Klägerin in ihrem Durchhaltevermögen, ihrer Anpassungsfähigkeit und ihrer psychomentalen Belastbarkeit erheblich eingeschränkt. Bei einer sechsstündigen und darüber liegenden Leistungsanforderung würde sie weiter dekompensieren und sich das Krankheitsbild noch mehr chronifizieren. Allerdings sei von einer gewissen Restleistungsfähigkeit insofern auszugehen, als dass sie noch körperlich wenig belastende Tätigkeiten im Rahmen einer strukturierten Umgebung durchführen könne. Ihr Gesundheitszustand habe sich nach ihrem Verlust des Arbeitsplatzes im Jahre 2004 zunehmend verschlechtert. Eine Besserung der Leistungsfähigkeit sei aufgrund des erheblichen Chronifizierungsgrades und der eingeschränkten persönlichen Voraussetzungen für eine kontinuierliche Psychotherapie nicht zu erwarten, zumal sich das Krankheitsbild bislang (trotz einer kontinuierlichen nervenärztlichen Behandlung unter antidepressiver Medikation) nicht wesentlich gebessert habe. Die Leistungsbeurteilung der Reha-Klinik in Bad E. vom Juni 2005 teile er nicht, da hierin die seelischen Gesundheitsstörungen nicht berücksichtigt worden seien. Auch wenn er mit der diagnostischen Einschätzung von Dr. G. übereinstimme, schließe er sich deren gutachtlichen Leistungsbeurteilung nicht an. Die depressive Störung und die somatoforme Schmerzstörung seien nämlich wesentlich schwerer einzuschätzen. Der Leistungseinschätzung des behandelnden Nervenarztes Dr. F. stimme er nicht gänzlich zu. Im Hinblick auf die Tagesstrukturierung habe sich doch noch eine gewisse Leistungsfähigkeit ableiten lassen.
Bei der Untersuchung habe die Klägerin berichtet, seit drei Jahren "furchtbare körperliche Schmerzen" zu haben, die jetzt noch zugenommen hätten. Zudem habe sie angegeben, es gehe ihr "ganz schlecht, ich will nur allein sein, ich will nix mehr leben". Auch habe sie berichtet, seit dem Bosnienkrieg 1992/1993 "ganz kaputt" zu sein und unter ständigen Alpträumen zu leiden, nachdem seinerzeit sowohl ihr Vater als auch nahezu die gesamte Verwandtschaft ihres Ehemannes ermordet worden seien und ihre Mutter erkrankt sei. Bei dieser Schilderung sei die Klägerin in verzweifeltes Weinen ausgebrochen und habe nur schwer beruhigt werden können. Auch die Nacht vor der Untersuchung habe sie wieder von ihm geträumt (bei dieser Schilderung habe sie - so Dr. L. - zu schreien angefangen). 2004 sei ihr von der Firma B. gekündigt worden, da sie schon längere Zeit über körperliche Beschwerden geklagt habe und ihr Arbeitgeber Personal habe abbauen müssen. Darüber hinaus habe sie mitgeteilt, Angst vor dem Alleinsein zu haben und sich vor dem Tod ihrer Mutter und ihres Mannes zu fürchten (hierbei habe sie - so Dr. L. - aufgeschrien und sich dann zur Seite gedreht). Ihre beiden Enkelkinder würden sie immer seltener besuchen, da dies ihre Kinder nicht mehr zuließen. Sie könne sich nicht mehr konzentrieren, lese weder Zeitungen noch Bücher mehr und schaue kein Fernsehen. Ihren Mann müsse sie immer an ihrer Seite haben, sonst gehe es ihr "ganz schlecht". Von sonstigen sozialen Beziehungen habe sie sich schon lange zurückgezogen. Sie merke auch immer, dass "mit mir niemand schwätzen will". Antrieb habe sie ebenfalls keinen, "was soll ich unternehmen?" (hierbei habe sie - so Dr. L. - angefangen zu zittern). Gefragt zur Tagesstrukturierung habe die Klägerin angegeben, gegen sieben Uhr aufzustehen und zusammen mit ihrem Mann das von diesem vorbereitete Frühstück einzunehmen; anschließend sitze sie herum, lege die Wäsche zusammen, gehe mit ihrem Mann einkaufen und müsse sich anschließend wieder ausruhen. Hausarbeiten könne sie kaum mehr machen, hier würden ihre Kinder dabei helfen. Ihr Mann bereite auch das Mittagessen zu, sie mache dabei nur einige Handgriffe. Anschließend würde sie zehn Minuten mit ihrem Mann spazieren gehen - länger laufen könne sie nicht mehr. Hiernach lege sie sich hin und wolle die ganze Zeit allein sein, häufig weinend, "was soll ich sonst machen?". Nachts wache sie immer wieder auf und laufe in der Wohnung herum. Dr. L. zufolge habe die Klägerin bei der Untersuchung zeitweise abwesend, quasi in ihren Schmerz versunken gewirkt. Affektiv habe eine ausgeprägte depressive Herabstimmung mit Freudlosigkeit, Antriebsstörung, Interessenverarmung, sozialem Rückzugsverhalten und Einschränkung der Vitalgefühle vorgeherrscht. Psychomotorisch sei eine deutliche Unruhe auffällig gewesen, die sich bei belastenden Themen deutlich gesteigert habe. Die Persönlichkeit der Klägerin zeige depressiv-dependente Merkmale bei niedrigem Strukturniveau. Durch Kriegserfahrung und Verlust der Familienangehörigen erheblich traumatisiert lasse sich eine erhebliche Belastung ableiten, welche die Klägerin offensichtlich nicht hinreichend verarbeitet habe. Die Einschränkungen der Klägerin würden sich auch in der Alltagsbewältigung widerspiegeln, bei der ein unproduktives Verhalten, eine eingeschränkte Belastbarkeit zur Bewältigung der Hausarbeiten und ein Rückzugsverhalten mit resultierender Passivität auffielen. Die anhaltende somatoforme Schmerzstörung und die depressive Störung seien erheblich chronifiziert. Zusammenfassend seien zumindest seit Antragstellung am 31.08.2006 nur noch leichte körperliche Arbeiten drei bis unter sechs Stunden täglich möglich mit qualitativen Einschränkungen (Heben und Tragen von Lasten nicht mehr als 7 kg, nur abwechslungsreiche Körperhaltung, ohne überwiegendes Stehen und Gehen, ohne Zwangshaltungen, ohne häufiges Bücken und Treppensteigen, ohne Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, ohne Einwirkung von Nässe, Kälte, Staub und Gasen, ohne Tätigkeiten unter Zeitdruck, mit nervlicher Belastung und mit Publikumsverkehr).
Am 16.01.2008 hat die Ärztin für Psychiatrie Dr. M. für die Beklagte kritisch Stellung genommen. Zwar enthalte das Gutachten von Dr. L. eine relativ umfangreiche Anamnese. Zu wenig spezifisch hinterfragt sei aber die dramatische und theatralische Darstellung der psychischen Beschwerden. Insgesamt bleibe das Bild der Klägerin etwas diffus und wenig greifbar. Auffällig sei insbesondere die geringe Inanspruchnahme von Behandlungsmaßnahmen. Dr. L. habe sich nicht damit auseinandergesetzt, dass im Verwaltungsverfahren die dortigen Gutachter einen ausgeprägten Versorgungswunsch und auffällige Aggravationstendenzen beschrieben hätten sowie dass von einer Nichteinnahme der verschriebenen antidepressiven Medikation auszugehen sei. Ebenso habe der Sachverständige nicht erwähnt, dass die Klägerin aufgrund einer Urlaubsreise den ersten Begutachtungstermin nicht wahrgenommen habe. Die von Dr. L. angenommene Einschränkung des Durchhaltevermögens, der Anpassungsfähigkeit und der psychomentalen Belastbarkeit selbst für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sei nicht nachzuvollziehen. Unter zumutbarer Willensanspannung und intensivierter Inanspruchnahme von psychiatrisch-psychotherapeutischen Behandlungsmöglichkeiten einschließlich einer tatsächlich eingenommenen antidepressiven Medikation stünde einer leichten vollschichtigen Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nichts im Wege.
Dr. L. hat daraufhin am 25.02.2008 ergänzend zu den Einwendungen von Dr. M. Stellung genommen. Ein depressives Störungsbild könne durchaus theatralisch wirken. Im Vorgutachten von Dr. G., auf das sich Dr. M. beziehe, sei nicht auf die biographische Anamnese - wesentliches Kernstück eines psychiatrischen Gutachtens - eingegangen worden. Die seelischen Gesundheitsstörungen der Klägerin würden aber gerade in den kriegsbedingten Verlustereignissen und der Kündigung des Arbeitsplatzes - ein weiteres Verlustereignis - wurzeln. Bei der Untersuchung habe er keine Hinweise auf eine Aggravationstendenz feststellen können, vielmehr hätten die Angaben der Klägerin durchgehend authentisch und erlebniskongruent gewirkt. Wesentliche Voraussetzungen für eine psychotherapeutische Intervention wie Motivation, Introspektions- und Reflektionsfähigkeit würden fehlen. Möglicherweise sei deshalb noch keine Psychotherapiemaßnahme eingeleitet worden.
In ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 26.03.2008 hat Dr. M. sich für die Beklagte mit der ergänzenden gutachtlichen Stellungnahme von Dr. L. auseinandergesetzt. Nach wie vor kontrastiere bei der Klägerin die Intensität der bisherigen Behandlungsmaßnahmen erheblich mit der angegebenen Schwere der Symptomatik. Es sei widersprüchlich, dass Dr. L. "auch eindeutig Suizidgedanken" beschrieben, aber keine psychiatrische Akutbehandlung im stationären Rahmen für indiziert gehalten habe. Dass es sich um eine schwere oder auch mittelschwere Ausprägung der depressiven Symptomatik handle, sei bereits deshalb zu bezweifeln, weil die Klägerin aufgrund einer Urlaubsreise den ersten Begutachtungstermin bei Dr. L. nicht habe wahrnehmen können. Insgesamt bestehe bei ihr eine "große therapeutische Reserve", die noch nicht in Anspruch genommen worden sei. Bei der nun bestehenden Gefahr der Chronifizierung seien allerdings intensivierte therapeutische Optionen - ggfs. im Rahmen eines psychosomatischen Heilverfahrens - zu erwägen, die bei einer durch Klagerücknahme zum Ausdruck gebrachten Therapiemotivation erfolgversprechend seien.
Dr. F. hat am 22.07.2008 ergänzend über 16 Behandlungstermine im Zeitraum vom 21.01.2005 bis 14.05.2007 berichtet und mitgeteilt, von Belastungen der Klägerin durch Kriegsereignisse in Bosnien wisse er nichts. Ihm lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Klägerin die von ihm verordneten Medikamente nicht oder nur unregelmäßig einnehme; ebenso habe er auch keinen Grund, bei der Klägerin eine Aggravation anzunehmen.
Mit Urteil vom 24.07.2008 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 29.11.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.02.2007 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 01.08.2006 und Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit vom 01.08.2006 bis 31.07.2009 zu gewähren, wobei nur die höhere Rente zu zahlen sei, und im Übrigen die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin sei mindestens seit Beginn der Behandlung bei Dr. F. im Januar 2005 nicht mehr in der Lage, eine wenigstens sechs Stunden täglich umfassende Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auszuüben. Bereits Dr. H. habe in ihrem Gutachten vom Jahre 2006 eine mittelgradige Depression festgestellt. Die von ihr zusätzlich festgestellte histrionische Persönlichkeitsstörung habe Dr. L. überzeugend verneint. Eine zeitliche Einschränkung der Leistungsfähigkeit der Klägerin selbst für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ergebe sich aus der im Sachverständigengutachten dargestellten Tagesstruktur der Klägerin. Insbesondere, dass sie Hausarbeiten nur noch in geringem Umfang erledige und die Mahlzeiten von ihrem Mann zubereitet würden. Hiermit stimme überein, dass sich die Klägerin nach dem Mittagessen hinlege, die ganze Zeit allein sein wolle und nicht einmal fernsehe. Vor dem Hintergrund, dass Dr. L. eine erhebliche Aggravation ausgeschlossen habe, sei es überzeugend, dass er das von anderen Gutachtern als auffällig bezeichnete theatralische Verhalten der Klägerin statt auf eine histrionische Persönlichkeitsstörung vielmehr auf eine dependente Persönlichkeitsstruktur zurückgeführt habe. Die von Dr. L. gefundene Erklärung aus der Biographie der Klägerin (Verlust des Vaters im Bosnienkrieg sowie Verlust des Arbeitsplatzes) erscheine ebenfalls schlüssig. Soweit Dr. K. angenommen habe, bei Vermeidung einer Exposition gegenüber inhalativen Reizstoffen und gegenüber Temperaturschwankungen und Zugluft könne die Klägerin noch täglich sieben Stunden arbeiten, betreffe diese Leistungseinschätzung offensichtlich nur die Erkrankungen auf seinem Fachgebiet. Die Leistungsminderung lasse sich nicht deswegen ablehnen, weil die Klägerin ihre Erkrankung nicht bzw. nicht in ausreichendem Maße behandeln lasse. Maßgeblich für den Rentenanspruch der Klägerin sei nämlich der tatsächliche Gesundheitszustand und die daraus abgeleitete Leistungsfähigkeit und nicht diejenige Leistungsfähigkeit, die bei einer ordnungsgemäßen Behandlung eintreten könne. Zwar sei es grundsätzlich nicht ausgeschlossen, bei einem völligen Fehlen der Behandlung auf einen fehlenden Leidensdruck und damit auf eine geringere Schwere der Erkrankung zurückzuschließen. Vorliegend habe jedoch Dr. L. ausgeführt, eine Therapie sei deswegen nicht eingeleitet worden, weil es bei der Klägerin an den persönlichen Voraussetzungen fehle. Demnach sei die Nichtinanspruchnahme ärztlicher Leistungen Teil des Krankheitsbildes der Klägerin. Aufgrund des verbleibenden Leistungsvermögens von mindestens drei bis unter sechs Stunden täglich sei der Klägerin demnach eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung auf Dauer ab 01.08.2006 zu gewähren. Die Rente sei nicht zu befristen gewesen, weil unwahrscheinlich sei, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit gemäß § 102 Abs. 2 Satz 4 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) behoben werden könne. Nach der überzeugenden Feststellung des Gutachters Dr. L. lägen nämlich bei der Klägerin wesentliche Voraussetzungen für die Therapiefähigkeit nicht vor; eine Besserung der Leistungsfähigkeit sei nicht zu erwarten. Die von Dr. L. festgestellte Leistungsminderung auf unter sechs Stunden täglich bestehe bereits mehr als drei Monate vor Beginn des Monats der Beantragung der Rente am 31.08.2006, insbesondere da sich die Klägerin bereits im Januar 2005 in nervenärztliche Behandlung bei Dr. F. begeben habe. Als Rentenbeginn sei demnach der 01.08.2006 maßgebend. Bei Zugrundelegung eines Leistungsfalls im Januar 2005 habe die Klägerin auch Anspruch auf befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 01.08.2006. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) liege wegen der allgemeinen Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarktes nämlich eine volle Erwerbsminderung auch dann vor, wenn der Versicherte zwar noch mindestens drei Stunden täglich, nicht aber sechs Stunden erwerbstätig sein könne und tatsächlich - wie hier - keine seinem Leistungsvermögen entsprechende Teilzeittätigkeit ausübe. Demnach sei der Rentenanspruch nach § 102 Abs. 2 Satz 4 SGB VI auf längstens drei Jahre, mithin für die Zeit vom 01.08.2006 bis 31.07.2009 zu befristen gewesen.
Gegen das ihr am 11.08.2008 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 19.08.2008 Berufung eingelegt und auf eine Stellungnahme von Dr. M. vom 14.08.2008 verwiesen. Hiernach spreche die Nichtumsetzung von Behandlungsvorschlägen für im Durchschnitt nur leichtgradige Beeinträchtigungen, die keine stärkeren therapeutischen Bemühungen notwendig machten. Neben den fehlenden bzw. sehr schlichten therapeutischen Maßnahmen sei daran zu erinnern, dass der erste Begutachtungstermin im September 2007 von der Klägerin nicht habe wahrgenommen werden können, weil sie sich noch im Urlaub befunden habe. Eine so schwerkranke Frau - wie im Gutachten von Dr. L. beschrieben - werde erfahrungsgemäß aber keine Urlaubsreise ins Ausland machen können.
Der Senat hat zwei weitere nervenärztliche Gutachten in Auftrag gegeben, eines von Amts wegen beim Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin N., ein weiteres auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bei der Fachärztin für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Dr. O.-P., Oberärztin der Klinik für Psychiatrie und Psychosomatik, Universitätsklinikum Freiburg.
Der Sachverständige N. hat bei der Klägerin im Gutachten vom 25.01.2009 den Verdacht auf eine somatoforme Schmerzstörung sowie ein depressives Syndrom, das angesichts gravierender Aggravation nicht eindeutig, am ehesten im Sinne einer Anpassungsstörung nach Verlust des Arbeitsplatzes einzuordnen sei, diagnostiziert. Bezüglich der Wirbelsäulenbeschwerden bestünden weder Anhaltspunkte für eine Nervenwurzelkompression oder -irritation noch für eine Spinalkanalstenosensymptomatik. Bei der Exploration habe die Klägerin keine nachlassende Aufmerksamkeit gezeigt. Befragt nach ihrer Tagesstruktur habe sie angegeben, eine ihrer drei Töchter besuche sie regelmäßig mit ihren Enkelkindern, die dann auch bei ihr übernachteten. Hierüber freue sie sich sehr. Das Frühstück bereite sie mit ihrem Mann gemeinsam zu. Danach räume sie die Geschirrspüle ein, wische Staub etc. Manchmal koche sie, manchmal habe sie hierzu aber auch keine Kraft. Bei gutem Wetter gehe sie mit ihrem Mann regelmäßig eine Stunde spazieren ("einmal ums Dorf herum"). Freunde habe sie schon, sie verstehe sich mit allen gut. Der alte Chef ihres Mannes komme zu Besuch. Auch sie "gehe mal irgendwohin zu Besuch", aber "nicht jeden Tag". Die Einkäufe erledige sie mit ihrem Mann zusammen. Ab und zu lese sie etwas, in Werbeblättchen oder in einem Wochenblatt. Ihr Mann lese aber wesentlich mehr und informiere sie dann immer darüber. Im Fernsehen wolle sie die Nachrichten nicht sehen, das interessiere sie nicht. Dem Gutachten zufolge sind in der körperlichen Untersuchung erhebliche Differenzen zwischen organisch erklärbarem Befund und Spontanverhalten einerseits und demonstriertem Befund andererseits zu Tage getreten. Hierbei handle es sich um Differenzen, die auf eine aktive, der freien Willensbildung zugängliche Handlung zurückgingen. Es sei schwer zu beurteilen, an was die Klägerin leide. Sie habe beispielsweise berichtet, überhaupt nicht sitzen zu können. In der Untersuchungssituation selbst habe sich dies nicht bemerkbar gemacht. Es sei kaum nachvollziehbar, warum jemand, der vor Schmerzen kaum zu sitzen vermöge, eine mehr als 24-stündige Busfahrt auf sich nehme. Testpsychologisch habe sich bei der Untersuchung am 11.12.2008 eindeutig eine Simulation neurokognitiver Defizite nachweisen lassen. Weder im Wartezimmer noch im Untersuchungszimmer seien häufige Lagewechsel zu beobachten gewesen. Während sich die Klägerin nach Aufforderung zur Prüfung des Finger-Boden-Abstandes überhaupt nicht nach vorne habe beugen können, habe sie bei Streckung des Beines (die potenziell einen Dehnungsschmerz der unteren Lendenwirbelsäule auslösen könnte) keine Schmerzen geäußert. Zum Ende der körperlichen Untersuchung habe sie gebeten, ihren Mann mit hereinzuholen, damit er ihr beim Anziehen helfe, da sie dies nicht selbst bewältigen könne. Nach Aufforderung, dies doch allein durchzuführen, sei sie dem auch problemlos nachgekommen. Die gravierenden Differenzen zwischen direkt beobachtbarem Verhalten, der Beschwerdeschilderung und der Demonstration von Bewegungseinschränkungen bei entsprechender Aufforderung in der Untersuchungssituation einerseits sowie dem Spontanverhalten andererseits ließen auf eine bewusste willentliche Steuerung des Verhaltens (Aggravation) schließen und sprächen gegen eine somatoforme Störung als Ursache. Sowohl eine endgültige Ablehnung der Rente als auch eine Dauerberentung seien am ehesten geeignet, das aggravatorische Verhalten der Klägerin zu beenden. Körperlich leichte Tätigkeiten seien ihr bei allgemein geminderter Stressbelastbarkeit aber noch mindestens acht Stunden täglich an fünf Tagen in der Woche ohne Gefährdung ihrer Gesundheit zumutbar, ohne Heben und Tragen von Lasten von über 15 kg, ohne andauernde oder häufige Zwangshaltung wie häufiges Bücken oder Arbeiten in häufig gebückter Haltung, ohne Arbeiten mit häufigen Überkopfarbeiten, ohne sehr hohen Zeitdruck sowie ohne Nachtschicht. Ob der Gesundheitszustand der Klägerin sich nachhaltig so bessern werde, dass die angegebenen Leistungseinschränkungen ganz oder teilweise wegfielen, sei aufgrund der im Vordergrund stehenden Aggravation ebenso wenig beurteilbar wie das Ausmaß des tatsächlichen subjektiven Leidens. Sollte tatsächlich ein subjektives Leiden vorliegen, könnte dieses durch eine entsprechende nervenärztliche oder psychotherapeutische Behandlung wesentlich gebessert werden. Ausgesprochen ungünstig sei, dass die Untersuchung durch Dr. L. ohne Dolmetscher, hingegen im Beisein und unter Mithilfe des Ehemannes erfolgt sei. Dr. L. habe es offensichtlich zugelassen, die Anamnese im Wesentlichen über den bei der dortigen Untersuchung anwesenden Ehemann der Klägerin zu erheben. Dadurch habe er bei der Anamneseerhebung auch weniger beobachten können, ob die Klägerin in der Lage sei, sich auf seine Fragen und die Situation einzustellen, und ob sich dann ihre Affektivität verändere. Dr. L. habe ein möglicherweise vorbereitetes Agieren der Klägerin zugelassen, ohne dieses zu hinterfragen. Auch bei Beginn der heutigen Untersuchung habe die Klägerin ein ähnliches Verhalten gezeigt. Hierzu passe, dass der hinzugerufene Dolmetscher zu Beginn der Untersuchung mehrmals angegeben habe, er habe "mit dem Ehepaar ein Vorgespräch geführt" und den "Auftrag, einiges unabhängig von der Untersuchungssituation zunächst dem Gutachter zu erklären bzw. während der Untersuchung erklärend einzufügen". Dr. L. habe es versäumt, testpsychologisch zu untermauern, weshalb er keinen Anhalt für eine Aggravation erkenne. Was die Arztbriefe und die Aussagen von Dr. F. beträfen, sei widersprüchlich, dass er auf der einen Seite eine schwere depressive Episode diagnostiziere, andererseits die Klägerin aber nur sehr selten zur Untersuchung und Behandlung einbestelle. Dr. F. habe auch nicht kontrolliert, ob die Antidepressiva wirkten, obgleich dies auf der Hand gelegen hätte.
Dem Gutachten des Sachverständigen N. war ein Arztbrief von Dr. F. von 05.12.2008 beigefügt, wonach die Klägerin nicht allein in die Stadt gehe, da sie Angst habe, alleine zu bleiben und ohne ihren Ehemann eigentlich nichts machen könne.
Dr. O.-P. hat in ihrem Gutachten vom 27.09.2010 nach ambulanter Untersuchung am 26.03.2010 unter Zuhilfenahme einer vereidigten Dolmetscherin für die bosnische Sprache bei der Klägerin eine posttraumatische Belastungsstörung, eine schwere depressive Episode und eine Somatisierungsstörung diagnostiziert. Die Klägerin sei insbesondere von den ihr geschilderten Ereignissen um den Tod des Vaters "gefangen", die ihr in Träumen sowie wiederhallenden Erinnerungen immer wieder auftauchten und bei deren Schilderungen sie erregt und agitiert in ihre Muttersprache falle. Sie habe sich vom Alltagsleben und von der Gemeinschaft zurückgezogen, wirke emotional wenig schwingungsfähig. Sie fühle sich verzweifelt, hilf- und nutzlos, könne sich nicht mehr freuen, es fehle jeglicher Antrieb, alltägliche Verrichtungen zu übernehmen. Bei der Befunderhebung habe die Klägerin ihre Beschwerden und ihre damit verbundenen Todesängste als organisch bedingt angesehen. Diese körperlichen Beschwerden erfüllten bei ihr die Funktion, ihren durch psychische Beschwerden bedingten sozialen Rückzug zu legitimieren. Kulturbedingt verdeutliche sie ihr Leiden und erfülle damit auch kommunikative Funktionen. Bereits seit Juni 2006 sei sie nicht mehr arbeitsfähig. Eine Veränderung des Gesundheitszustandes sei angesichts der Schwere der Erkrankung und der mittlerweile eingetretenen Chronifizierung höchstens durch eine akute stationäre psychosomatisch-psychotherapeutische Behandlung zu erwarten. Von früheren Gutachten weiche sie in ihrer Einschätzung ab, da sie in ihrer Untersuchungsmethode eine ausführliche Exploration, eine testpsychologische Untersuchung und die Würdigung der Vorbefunde "zusammengeführt" und auf Plausibilität geprüft habe. Es habe sich vertrauensfördernd ausgewirkt, dass sowohl die Sachverständige als auch die Dolmetscherin Frauen seien. Zur aktuellen Situation befragt habe die Klägerin angegeben, eine Tochter mache ihr die Haare, die andere mache bei ihr und ihrem Mann sauber, die älteste mache die Wäsche. Sie selber vergesse viel, lasse auch mal etwas anbrennen. Sie könne "nichts machen", habe auch kein Interesse mehr an Gemeinschaft oder gar am Feiern. An aktuellen Beschwerden habe die Klägerin angegeben "ich bin krank, spucke Blut, es ist schlimm, Flecken auf der Lunge, letzte Jahr habe ich eine Operation gehabt ( ) ich muss immer wieder husten und husten, jetzt habe ich Krebs ( ...)". Die Kinder hätten Angst vor ihr, weil sie immer "heule". Seit der OP fühle sie sich total krank, nichts gehe vorwärts, sie huste, es kratze im Hals und sie habe Brechreiz. Sie habe Angst, sterben zu müssen. Den im Krieg von Serben hingerichteten Vater sehe sie häufig im Traum, die geschilderten Ereignisse überwältigten sie immer wieder; während des Sprechens darüber sei sie - laut Dr. O.-P. - sichtlich erregt gewesen, wie abwesend, stotternd. Redefluss und Stimmung seien verändert gewesen. Nach ihrer Biographie gefragt habe sie angegeben, früher ein normales Leben geführt zu haben. 1992 seien serbische Paramilitärs (hierunter auch frühere Nachbarn und Schulkameraden) gekommen. Diese hätten "die Männer" mit einem großen Eisennagel durch den Bauch auf den Boden festgenagelt und sodann mit Messern Körperteile abgeschnitten. "Die Frauen" seien gezwungen worden, zuzuschauen und anschließend das Essen für die Paramilitärs zuzubereiten. Vergewaltigungen hingegen seien keine geschehen, wohl "weil man sich gekannt habe". Beim Thema der Kriegsereignisse habe die Klägerin nur noch in ihrer Muttersprache gesprochen und äußerst erregt, agitiert, jammernd, weinend gewirkt, so als ob sie ihre Umgebung vergessen habe. Bei anderen Themen hingegen sei sie eher gehemmt, resigniert, deutlich depressiv, nicht auslenkbar, antriebsgehemmt gewesen. Passive Todeswünsche mit Sehnsucht nach dem umgebrachten Vater habe sie deutlich geäußert.
In seiner sozialmedizinischen Stellungnahme vom 14.10.2010 bemängelt Medizinaldirektor Q. für die Beklagte, die Sachverständige Dr. O.-P. habe sich nicht mit den Vorgutachten auseinandergesetzt. Einerseits sei sie der Meinung, eine Aggravation oder Simulation sei zweifelsfrei auszuschließen, andererseits mache sie jedoch im Gegensatz zu dem Sachverständigen N. keine Anstrengung, dies durch Tests zu untermauern. Ebenso wie Dr. L. scheine Dr. O.-P. die subjektiven Angaben der Klägerin unkritisch übernommen zu haben. Ihre anders lautende Leistungsbeurteilung gegenüber früheren Gutachten begründe sie pauschal und wenig aussagekräftig damit, ihre Untersuchungsmethode habe eine ausführliche Exploration und eine testpsychologische Untersuchung eingeschlossen. Das Gutachten des Sachverständigen N. sei aber in jeder Hinsicht weit ausführlicher. Möglicherweise resultierten die Mängel des Gutachtens von Dr. O.-P. daraus, dass zwischen Untersuchungstermin und Gutachtensfertigstellung fast sieben Monate gelegen hätten.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 24. Juli 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Sie macht geltend, sie reise nach Bosnien immer mit dem Pkw, wobei sich die neben ihr mitfahrenden Personen beim Lenken abwechselten. Deshalb bleibe genügend Zeit für Pausen. Seit einem stationären Eingriff in der Klinik Schillerhöhe vom 27.07. bis 01.08.2009 bereite ihr das Sprechen große Schwierigkeiten. Sie verweist auf einen Entlassbericht der Klinik Schillerhöhe vom 07.08.2009, wonach ein verkalkter Rundherd linker Lungenoberlappen, postoperativ Heiserkeit und V.a. Recurrensparese diagnostiziert worden seien und ein Bronchialkarzinom nicht habe festgestellt werden können. Zudem legt sie einen Arztbrief des Robert-Bosch-Krankenhauses in Gerlingen vom 27.10.2009 vor, wonach sie noch "etwas Husten" bei zusätzlich geringgradigerer Heiserkeit habe. Desweiteren reicht sie einen radiologischen Befundbericht vom 30.06.2009 des Krankenhauses Leonberg sowie einen Befundbericht von Dr. F. vom 13.07.2009 ein.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet. Das Urteil des SG ist aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die angegriffenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Denn sie hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung, da sie nach der Überzeugung des Senates (weiterhin) leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mit gewissen qualitativen Einschränkungen noch mindestens sechs Stunden täglich verrichten kann.
Gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI - haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie 1. teilweise erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Teilweise erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie 1. voll erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Voll erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Dahinstehen kann, ob die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bzw. nach Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI bei Rentenantragstellung vorgelegen haben. Denn die Klägerin ist weder teilweise noch voll erwerbsgemindert. Erwerbsgemindert ist nämlich nach § 43 Abs. 3 SGB VI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen. So ist es hier. Nach der Überzeugung des Senats ist die Klägerin seit Rentenantragstellung durchgehend in der Lage, leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen sechs Stunden täglich zu verrichten.
Diese Überzeugung des Senats stützt sich vor allem auf das ausführliche nervenärztliche Gutachten des Sachverständigen N ... Die Klägerin hat bei der Untersuchung durch diesen keine nachlassende Aufmerksamkeit gezeigt. Die von ihm festgehaltene Tagesstruktur der Klägerin zeigt, dass sie sich weder von ihrem sozialen Umfeld noch von alltäglicher Mitarbeit im Haushalt zurückgezogen hat. So hat sie bei der Untersuchung durch selbst angegeben, regelmäßig (auch über Nacht) Besuch von ihren Enkelkindern zu bekommen, das Frühstück mit ihrem Mann gemeinsam vorzubereiten, danach die Geschirrspüle einzuräumen, Staub zu wischen, die Einkäufe mit ihrem Mann zusammen zu erledigen und regelmäßig mit ihrem Mann eine Stunde spazieren zu gehen. Demgegenüber sind in der körperlichen Untersuchung durch den Sachverständigen erhebliche Differenzen zwischen organisch erklärbarem Befund und Spontanverhalten einerseits und demonstriertem Befund andererseits zu Tage getreten. Während sich die Klägerin nach Aufforderung zur Prüfung des Finger-Boden-Abstandes überhaupt nicht nach vorne hat beugen können, hat sie bei Streckung des Beines (welche einen Dehnungsschmerz der unteren Lendenwirbelsäule auszulösen vermag) keine Schmerzen geäußert. Hierzu passt, dass die Klägerin bei der Untersuchung durch den Sachverständigen N. geltend gemacht hat, überhaupt nicht sitzen zu können, während sich diese behauptete Einschränkung in der Untersuchungssituation (z.B. durch häufige Lagewechsel) nicht bemerkbar gemacht hat. Im Übrigen ist es nicht nachvollziehbar, warum die Klägerin, die angeblich vor Schmerzen kaum zu sitzen vermag, immer wieder lang anhaltende Reisen nach Bosnien auf sich nimmt. Dass es sich bei dem Verhalten der Klägerin während der Untersuchung durch den Sachverständigen N. um Differenzen handelt, die auf eine aktive, der freien Willensbildung zugängliche Handlung (Aggravation) zurückgehen, ergibt sich auch daraus, dass sich testpsychologisch bei der Untersuchung am 11.12.2008 eindeutig eine Simulation neurokognitiver Defizite hat nachweisen lassen.
Hingegen vermag weder das Gutachten von Dr. L. noch dasjenige von Dr. O.-P. zu überzeugen.
Dr. L. stützt sich bei seiner Leistungseinschätzung von unter 3 Stunden im Wesentlichen nur auf die Angaben der Klägerin zu ihren aktuellen Beschwerden und auf diejenigen ihres Ehemannes. Auch hat er die Klägerin nicht mit einem Dolmetscher, sondern im Beisein und unter Mithilfe des Ehemannes untersucht. Dadurch hat er bei der Anamneseerhebung - im Vergleich zum Gutachten des Nervenarztes N. - weniger beobachten können, inwieweit die Klägerin in der Lage ist, sich auf seine Fragen und die Situation einzustellen, und ob sich dann ihre Affektivität verändert. Auch hat er es versäumt, testpsychologisch zu untermauern, weshalb er keinen Anhalt für eine Aggravation gesehen hat. Zwar enthält dieses Gutachten eine relativ umfangreiche Anamnese. Zu wenig spezifisch hinterfragt ist aber die dramatische und theatralische Darstellung der psychischen Beschwerden. Auch hat sich Dr. L. nicht damit auseinandergesetzt, dass im Verwaltungsverfahren die dortigen Gutachter einen ausgeprägten Versorgungswunsch und auffällige Aggravationstendenzen beschrieben haben sowie dass von einer Nichteinnahme der verschriebenen antidepressiven Medikation auszugehen ist. Die von ihm angenommene Einschränkung des Durchhaltevermögens, der Anpassungsfähigkeit und der psychomentalen Belastbarkeit selbst für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ist vor diesem Hintergrund nicht nachzuvollziehen.
Die Sachverständige Dr. O.-P. hat sich ebenfalls nicht mit den Vorgutachten auseinandergesetzt, obwohl dies aufgrund der unterschiedlichen nervenärztlichen Gutachten im Vorfeld auf der Hand gelegen hätte. Ihre anders lautende Leistungsbeurteilung gegenüber früheren Gutachten begründet sie lediglich pauschal und wenig aussagekräftig damit, ihre Untersuchungsmethode habe eine ausführliche Exploration und eine testpsychologische Untersuchung eingeschlossen. Das Gutachten des Sachverständigen N. ist aber - wie aufgezeigt - in jeder Hinsicht weit ausführlicher. Auch erscheint es widersprüchlich, einerseits eine Aggravation oder Simulation zweifelsfrei auszuschließen, andererseits - im Gegensatz zum Sachverständigen N. - diese Einschätzung nicht durch Tests zu untermauern. Offensichtlich hat Dr. O.-P. (ebenso wie schon Dr. L.) die subjektiven Angaben der Klägerin unkritisch übernommen. Dabei kann dahin stehen, ob die beschriebenen Mängel im Gutachten von Dr. O.-P. möglicherweise daraus herrühren, dass zwischen Untersuchungstermin und Gutachtensfertigstellung fast sieben Monate gelegen haben.
Der Senat hält auch die von der Sachverständigen ihrer Leistungsbeurteilung zugrunde gelegte Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung nicht für nachgewiesen. Wie Med.Dir Q. in der sozialmedizinischen Stellungnahme vom 14.10.2010 ausgeführt hat, setzt diese Diagnose das unmittelbare Erleben des belastenden Ereignisses unabdingbar voraus. Nach der Definition gem. ICD 10: F43.1 folgt der Beginn dem Trauma mit einer Latenz, die wenige Wochen bis Monate dauern kann. Demgegenüber hat die Klägerin die Kriegsereignisse in Bosnien im Jahr 1992 nicht unmittelbar selbst miterlebt. Nach ihren Angaben hat sie sich danach erstmals im Jahr 2000 wieder in Bosnien aufgehalten. Auch der Vortrag der Klägerin, seither an entsprechenden Symptomen zu leiden, lässt sich den medizinischen Unterlagen nicht entnehmen. So hat der die Klägerin seit 2005 behandelnde Dr. F. ausgeführt, die Klägerin habe zwar über den Verlust des Arbeitsplatzes gesprochen, Gespräche über den Verlust der Angehörigen im Bosnien-Krieg seien ihm jedoch nicht mehr erinnerlich. Auch im Entlassbericht der Rheintalklinik Bad E. vom 20.06.2005 wird hinsichtlich des psychischen Befundes lediglich der Verdacht auf das Vorliegen eines depressiven Syndroms mit generalisiertem Schmerzsyndrom geäußert, Hinweise auf eine posttraumatische Belastungsstörung sind jedoch nicht festgestellt worden.
Nach alledem vermag der Senat auch nicht den Leistungseinschätzungen der behandelnden Ärzte Dr. F. und Dr. I. sowie derjenigen von Dr. D. zu folgen. Was die Arztbriefe und die Aussage von Dr. F. betreffen, erscheint es widersprüchlich, dass er auf der einen Seite eine schwere depressive Episode diagnostiziert, andererseits die Klägerin nur gelegentlich (in größeren zeitlichen Abständen) zur Untersuchung und Behandlung einbestellt und hierbei noch nicht einmal kontrolliert, ob die von ihm verordneten Antidepressiva wirken. Bezüglich der Wirbelsäulenbeschwerden bestehen weder Anhaltspunkte für eine Nervenwurzelkompression oder -irritation noch für eine Spinalkanalstenosensymptomatik, weshalb das von Dr. I. lediglich mit vier bis sechs Stunden täglich angenommene Leistungsvermögen für leichte körperliche Tätigkeiten nicht zu überzeugen vermag.
Für den Senat steht hiernach fest, dass die Klägerin noch in der Lage ist, leichte Tätigkeiten unter Beachtung qualitativer Funktionseinschränkungen täglich noch mindestens sechs Stunden zu verrichten. Durch die qualitativen Leistungseinschränkungen wird ihre Fähigkeit, leichte Arbeiten zu verrichten, nicht zusätzlich in erheblichem Umfang eingeschränkt, so dass weder Anhaltspunkte für eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen noch für eine schwere spezifische Leistungseinschränkung vorliegen. Eine konkrete Verweisungstätigkeit war daher von der Beklagten nicht zu benennen.
Die Klägerin hat ferner keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Berufsunfähig sind gemäß § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nach § 240 Abs. 2 Satz 4 SGB VI nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen. Da die Klägerin über keinen Berufsabschluss verfügt und während ihres Berufslebens nur Tätigkeiten mit einer Anlernzeit von weniger als einem Jahr, mithin angelernte Tätigkeiten des unteren Bereichs verrichtet hat, ist sie auf den allgemeinen Arbeitsmarkt, auf dem sie unter Beachtung der genannten qualitativen Einschränkungen täglich sechs Stunden tätig sein kann, verweisbar, ohne dass es der Nennung einer konkreten Verweisungstätigkeit bedarf (st. Rspr.; zum Mehrstufenschema BSG, Urteil vom 29.03.1994 - B 13 RJ 35/93 -, m.w.N., zit. nach Juris).
Auf die Berufung der Beklagten war das Urteil des SG daher aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1954 geborene bosnische Klägerin, die keinen Beruf erlernt hat, zog 1975 in die Bundesrepublik Deutschland zu. Sie war vom 01.04.1993 bis 28.02.2000 als Haushälterin und Reinigungsfrau und vom 06.03.2000 bis 30.04.2004 als Poliererin in einer Schmuckfabrik (A. B. GmbH, C.) versicherungspflichtig beschäftigt. Vom 01.05.2004 bis 28.08.2006 bezog sie Arbeitslosen- bzw. Krankengeld. Vom 21.11.2004 bis 31.01.2005 war sie geringfügig beschäftigt. Seitdem ist sie arbeitslos und lebt von der Rente ihres Mannes. Ihr Mann und sie leben in einer abbezahlten 100 qm großen Eigentumswohnung. Eines ihrer drei erwachsenen Kinder wohnt "teilweise" noch im Haushalt. Zwei ihrer Enkelkinder besuchen sie regelmäßig über Nacht. Der bei ihr festgestellte Grad der Behinderung beträgt 40 seit 27.01.2005.
Dr. D., Ärztin der Agentur für Arbeit Pforzheim, Betriebsmedizin/Sozialmedizin, führte in ihrem Gutachten für die Agentur für Arbeit Pforzheim vom 15.02.2005 aus, bei der Klägerin seien u.a. ein somatoformes Schmerzsyndrom, eine "Jammerdepression", eine chronische Lumboischialgie mit degenerativen Veränderungen der LWS sowie erhebliches Übergewicht zu diagnostizieren. Die Stimmungslage sei massiv auffällig gewesen; die Klägerin habe ohne Unterbrechung mit erheblichen, von ihr willentlich nicht mehr zu beeinflussenden Verdeutlichungstendenzen gejammert. Aufgrund der Schwere der Symptomatik sei auch eine stationäre psychosomatische Behandlung zu erwägen. Insgesamt sei die Klägerin krank im Sinne der Krankenversicherung und behandlungsbedürftig; berufliche Maßnahmen kämen erst nach Abschluss der medizinischen Rehabilitation in Frage. Für voraussichtlich bis zu 6 Monaten sei die Klägerin täglich weniger als 3 Stunden leistungsfähig.
Vom 17.05. bis 18.06.2005 befand sich die Klägerin zur medizinischen Rehabilitation in der Rheintalklinik Bad E ... Ausweislich des Entlassberichtes vom 20.06.2005 wurde sie für 6 Stunden und mehr leistungsfähig sowohl hinsichtlich ihrer letzten beruflichen Tätigkeit als Goldpoliererin als auch für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten in Tagesschicht, ohne Heben und Tragen von schweren Lasten, ohne Arbeiten in körperlicher Zwangshaltung, zeitweise im Stehen, Gehen und/oder Sitzen entlassen. Zu diagnostizieren seien 1. deg. Lumbalsyndrom mit rez. Lumboischialgien li. bei Fehlhaltung und muskulären Dysbalancen, 2. deg. Cervicobrachialgiesyndrom li. mehr als re. bei Fehlhaltung und muskulären Dysbalancen sowie 3. Übergewicht. Die Klägerin sei nur unzureichend über ihre Krankheit und die Diagnosen informiert und vermöge die funktionellen Zusammenhänge nur schwer nachzuvollziehen. Aus orthopädischer Sicht würden sich die Beschwerden der Klägerin nicht mit den objektiven Befunden decken. Zur endgültigen Klärung des Leistungsvermögens sei die Klägerin noch nervenärztlich zu untersuchen.
Am 31.08.2006 beantragte die Klägerin die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte zog daraufhin unter anderem einen ärztlichen Befundbericht von Dr. F., Facharzt für Neurologie, Psychiatrie, psychotherapeutische Medizin vom 09.03.2006 bei, wonach die Klägerin "nach wie vor" an Depressionen leide, die sich durch eine langfristige Fluocetin-Behandlung ganz gut stabilisieren ließen; zu diagnostizieren sei eine rezidivierende depressive Störung als mittelgradige Episode.
Die Beklagte veranlasste sodann zwei Begutachtungen; eine durch die Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. G. sowie eine weitere durch die Ärztin für Anästhesie/Sozialmedizin Dr. H ...
Dr. G. stellte in ihrem Gutachten vom 06.11.2006 nach Untersuchung der Klägerin am 13.10.2006 folgende Diagnosen: Somatoforme Schmerzstörung, mittelgradige depressive Episode, histrionische Persönlichkeitsstörung, degeneratives Lumbalsyndrom ohne radikuläre Defizite und Adipositas permagna. Der aktuelle psychopathologische Befund sei von depressiver Affektlage, erheblicher Somatisierung, gedanklicher Fixierung auf die Beschwerden, Aggravation und mäßig reduzierter psychomentaler Belastbarkeit geprägt. Das Beschwerdeerleben der Klägerin sei vor dem Hintergrund einer histrionischen Persönlichkeitsstörung und der sehr schlichten Grundstruktur zu sehen. Da laborchemisch der Wirkspiegel des Neuroleptikums sehr niedrig gelegen habe, sei von einer unzureichenden bis fehlenden Compliance auszugehen. Die Klägerin sei mit langsam schleppendem Gang in das Untersuchungszimmer gekommen, zunächst immer wieder stehen geblieben, um ihren Schmerzen Ausdruck zu verleihen und habe sich nur sehr zögerlich und erst nach mehrmaliger Aufforderung hingesetzt. Zahlreiche Fragen habe sie nicht oder höchst ungenau beantwortet, da sie kontinuierlich mit Klagen und Jammern beschäftigt gewesen sei. Zwischendurch habe sie die Hände aufeinander gepresst, zu hyperventilieren begonnen und dann wieder laut zu stöhnen. Bei ihr liege starke psychomotorische Unruhe und hochgradige Somatisierung vor. Zum Tagesablauf habe sie wenig Angaben gemacht. Ihr bei der Untersuchung anwesender Ehemann habe berichtet, der Haushalt werde überwiegend von der Tochter und zum Teil von ihm versorgt, während seine Frau den ganzen Tag "irgendwo" sitze und klage sowie gelegentlich mit einem ihrer Kinder telefoniere. Auch wenn die psychomentale Belastbarkeit der Klägerin reduziert sei, bestehe aus nervenärztlicher Sicht ein positives Leistungsvermögen von täglich 6 Stunden und mehr für körperlich leichte Tätigkeiten im Wechsel von Sitzen und Stehen, ohne besondere psychische und/oder geistige Beanspruchung, Nacht- oder Wechselschicht, ohne Zwangshaltung oder hohen Zeitdruck.
In ihrem Gutachten vom 16.11.2006 diagnostizierte Dr. H. bei der Klägerin eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, eine mittelgradige depressive Episode, eine histrionische Persönlichkeitsstörung, ein degeneratives Lumbalsyndrom ohne radikuläre Defizite sowie Adipositas Grad 2. Ergänzend zum nervenärztlichen Zusatzgutachten von Dr. G. seien Rehabilitationsmaßnahmen nicht indiziert, zumal bei ausgeprägtem Versorgungswunsch der Versicherten von einer eingeschränkten Compliance sowohl während eines stationären Heilverfahrens als auch einer beruflichen Reha-Leistung auszugehen sei. Zudem seien die ambulanten kassenärztlichen Maßnahmen nicht ausgeschöpft. Vor dem Hintergrund, dass die Klägerin ihre antidepressiven Medikamente nicht einnehme, sei deren Leidensdruck zweifelhaft.
Mit Bescheid vom 23.11.2006 lehnte die Beklagte daraufhin den Rentenantrag ab, weil weder eine teilweise noch eine volle Erwerbsminderung und auch keine Berufsunfähigkeit vorliege. Den hiergegen eingelegten Widerspruch, den die Klägerin damit begründete, aufgrund ihrer erheblichen gesundheitlichen Leistungsbeeinträchtigungen sei sie nur unter halbschichtig leistungsfähig, zudem sei der Sachverhalt auf nervenärztlichem und orthopädischem Fachgebiet weiter aufzuklären, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15.02.2007 zurück.
Hiergegen hat die Klägerin am 07.03.2007 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Zur Begründung hat sie auf einen Befundbericht von Dr. F. vom 29.01.2007, wonach sie jeglichen Kontakt vermeide und erheblich depressiv sei, sowie auf einen Arztbericht des Facharztes für innere Medizin, Pneumologie, Allergologie Dr. K. vom 02.02.2007 verwiesen.
Das SG hat Dr. K., Dr. F. und den Arzt für Orthopädie Dr. I. als sachverständige Zeugen gehört.
Dr. K. hat am 09.05.2007 berichtet, die Klägerin könne leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt maximal 7 Stunden pro Tag tätig sein, bei Vermeidung einer Exposition von inhalativen Reizstoffen, Temperaturschwankungen und Zugluft. Das für die Beurteilung der beruflichen Leistungsfähigkeit maßgebliche Leiden liege auf dem Fachgebiet der Neurologie/Psychiatrie. Die Schilderung der Symptomatik durch die Klägerin erscheine nicht immer glaubwürdig, so dass die angegebenen Beschwerden möglicherweise auch funktionell bedingt seien.
Dr. F. hat am 18.05.2007 mitgeteilt, die Klägerin, die seit dem 21.01.2005 in seiner Behandlung stehe, sei aufgrund ihrer schweren körperlichen Erkrankung und ihrer schweren Depression weder in der Lage, als Schmuckpoliererin zu arbeiten, noch fähig, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten. Die Gesamtsymptomatik sei aus neurologischer und psychiatrischer Sicht nicht zu erklären.
Dr. I. hat am 20.06.2007 berichtet, bei der Klägerin eine Varusgonarthrose li., V.a. degenerative Meniskopathie, ein chronisches lumbales Syndrom und V.a. somatisierte Depression diagnostiziert zu haben. Die Klägerin sei in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten teils sitzend, teils stehend "mit bestimmten Einschränkungen" vier bis sechs Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auszuüben.
Im Anschluss daran hat das SG den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. L. mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. Dieser hat die Klägerin - nachdem sie einen erstmaligen Untersuchungstermin aufgrund Auslandsaufenthaltes nicht wahrgenommen hat - am 22. und 25.10.2007 ambulant untersucht. In seinem Gutachten vom 20.11.2007 hat er bei ihr eine schwere depressive Episode im Rahmen einer rezidivierenden depressiven Störung und eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung diagnostiziert. Es lägen Konzentrations-, Auffassungs- und Gedächtnisstörungen sowie eine Verlangsamung des formalen Gedankenganges vor. Affektiv bestehe eine ausgeprägte depressive Herabstimmung mit Freudlosigkeit, erheblicher Antriebsstörung, Interessenverarmung, sozialem Rückzugsverhalten, Schlafstörung mit Alpträumen sowie Affektlabilität mit dysphorischem Ausdrucksverhalten und Angstzuständen, insbesondere Verlustängsten. Die Persönlichkeit zeige dependente, teilweise auch histrionische Merkmale bei niedrigem Strukturniveau auf. Die Mitschwingungsfähigkeit sei erheblich eingeschränkt. Suizidale Tendenzen seien vorhanden und würden häufiger thematisiert. Auffällig sei eine durchgehende psychosomatische Anspannung mit teilweiser psychomotorischer Hemmung und Agitation. Im Vordergrund der Klagen stünden die körperlichen Beschwerden in Form von Wirbelsäulenschmerzen, linksseitigen Bein-/Kopfschmerzen und Atemnot. Aufgrund der depressiven Störung und der anhaltenden somatoformen Schmerzstörung sei die Klägerin in ihrem Durchhaltevermögen, ihrer Anpassungsfähigkeit und ihrer psychomentalen Belastbarkeit erheblich eingeschränkt. Bei einer sechsstündigen und darüber liegenden Leistungsanforderung würde sie weiter dekompensieren und sich das Krankheitsbild noch mehr chronifizieren. Allerdings sei von einer gewissen Restleistungsfähigkeit insofern auszugehen, als dass sie noch körperlich wenig belastende Tätigkeiten im Rahmen einer strukturierten Umgebung durchführen könne. Ihr Gesundheitszustand habe sich nach ihrem Verlust des Arbeitsplatzes im Jahre 2004 zunehmend verschlechtert. Eine Besserung der Leistungsfähigkeit sei aufgrund des erheblichen Chronifizierungsgrades und der eingeschränkten persönlichen Voraussetzungen für eine kontinuierliche Psychotherapie nicht zu erwarten, zumal sich das Krankheitsbild bislang (trotz einer kontinuierlichen nervenärztlichen Behandlung unter antidepressiver Medikation) nicht wesentlich gebessert habe. Die Leistungsbeurteilung der Reha-Klinik in Bad E. vom Juni 2005 teile er nicht, da hierin die seelischen Gesundheitsstörungen nicht berücksichtigt worden seien. Auch wenn er mit der diagnostischen Einschätzung von Dr. G. übereinstimme, schließe er sich deren gutachtlichen Leistungsbeurteilung nicht an. Die depressive Störung und die somatoforme Schmerzstörung seien nämlich wesentlich schwerer einzuschätzen. Der Leistungseinschätzung des behandelnden Nervenarztes Dr. F. stimme er nicht gänzlich zu. Im Hinblick auf die Tagesstrukturierung habe sich doch noch eine gewisse Leistungsfähigkeit ableiten lassen.
Bei der Untersuchung habe die Klägerin berichtet, seit drei Jahren "furchtbare körperliche Schmerzen" zu haben, die jetzt noch zugenommen hätten. Zudem habe sie angegeben, es gehe ihr "ganz schlecht, ich will nur allein sein, ich will nix mehr leben". Auch habe sie berichtet, seit dem Bosnienkrieg 1992/1993 "ganz kaputt" zu sein und unter ständigen Alpträumen zu leiden, nachdem seinerzeit sowohl ihr Vater als auch nahezu die gesamte Verwandtschaft ihres Ehemannes ermordet worden seien und ihre Mutter erkrankt sei. Bei dieser Schilderung sei die Klägerin in verzweifeltes Weinen ausgebrochen und habe nur schwer beruhigt werden können. Auch die Nacht vor der Untersuchung habe sie wieder von ihm geträumt (bei dieser Schilderung habe sie - so Dr. L. - zu schreien angefangen). 2004 sei ihr von der Firma B. gekündigt worden, da sie schon längere Zeit über körperliche Beschwerden geklagt habe und ihr Arbeitgeber Personal habe abbauen müssen. Darüber hinaus habe sie mitgeteilt, Angst vor dem Alleinsein zu haben und sich vor dem Tod ihrer Mutter und ihres Mannes zu fürchten (hierbei habe sie - so Dr. L. - aufgeschrien und sich dann zur Seite gedreht). Ihre beiden Enkelkinder würden sie immer seltener besuchen, da dies ihre Kinder nicht mehr zuließen. Sie könne sich nicht mehr konzentrieren, lese weder Zeitungen noch Bücher mehr und schaue kein Fernsehen. Ihren Mann müsse sie immer an ihrer Seite haben, sonst gehe es ihr "ganz schlecht". Von sonstigen sozialen Beziehungen habe sie sich schon lange zurückgezogen. Sie merke auch immer, dass "mit mir niemand schwätzen will". Antrieb habe sie ebenfalls keinen, "was soll ich unternehmen?" (hierbei habe sie - so Dr. L. - angefangen zu zittern). Gefragt zur Tagesstrukturierung habe die Klägerin angegeben, gegen sieben Uhr aufzustehen und zusammen mit ihrem Mann das von diesem vorbereitete Frühstück einzunehmen; anschließend sitze sie herum, lege die Wäsche zusammen, gehe mit ihrem Mann einkaufen und müsse sich anschließend wieder ausruhen. Hausarbeiten könne sie kaum mehr machen, hier würden ihre Kinder dabei helfen. Ihr Mann bereite auch das Mittagessen zu, sie mache dabei nur einige Handgriffe. Anschließend würde sie zehn Minuten mit ihrem Mann spazieren gehen - länger laufen könne sie nicht mehr. Hiernach lege sie sich hin und wolle die ganze Zeit allein sein, häufig weinend, "was soll ich sonst machen?". Nachts wache sie immer wieder auf und laufe in der Wohnung herum. Dr. L. zufolge habe die Klägerin bei der Untersuchung zeitweise abwesend, quasi in ihren Schmerz versunken gewirkt. Affektiv habe eine ausgeprägte depressive Herabstimmung mit Freudlosigkeit, Antriebsstörung, Interessenverarmung, sozialem Rückzugsverhalten und Einschränkung der Vitalgefühle vorgeherrscht. Psychomotorisch sei eine deutliche Unruhe auffällig gewesen, die sich bei belastenden Themen deutlich gesteigert habe. Die Persönlichkeit der Klägerin zeige depressiv-dependente Merkmale bei niedrigem Strukturniveau. Durch Kriegserfahrung und Verlust der Familienangehörigen erheblich traumatisiert lasse sich eine erhebliche Belastung ableiten, welche die Klägerin offensichtlich nicht hinreichend verarbeitet habe. Die Einschränkungen der Klägerin würden sich auch in der Alltagsbewältigung widerspiegeln, bei der ein unproduktives Verhalten, eine eingeschränkte Belastbarkeit zur Bewältigung der Hausarbeiten und ein Rückzugsverhalten mit resultierender Passivität auffielen. Die anhaltende somatoforme Schmerzstörung und die depressive Störung seien erheblich chronifiziert. Zusammenfassend seien zumindest seit Antragstellung am 31.08.2006 nur noch leichte körperliche Arbeiten drei bis unter sechs Stunden täglich möglich mit qualitativen Einschränkungen (Heben und Tragen von Lasten nicht mehr als 7 kg, nur abwechslungsreiche Körperhaltung, ohne überwiegendes Stehen und Gehen, ohne Zwangshaltungen, ohne häufiges Bücken und Treppensteigen, ohne Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, ohne Einwirkung von Nässe, Kälte, Staub und Gasen, ohne Tätigkeiten unter Zeitdruck, mit nervlicher Belastung und mit Publikumsverkehr).
Am 16.01.2008 hat die Ärztin für Psychiatrie Dr. M. für die Beklagte kritisch Stellung genommen. Zwar enthalte das Gutachten von Dr. L. eine relativ umfangreiche Anamnese. Zu wenig spezifisch hinterfragt sei aber die dramatische und theatralische Darstellung der psychischen Beschwerden. Insgesamt bleibe das Bild der Klägerin etwas diffus und wenig greifbar. Auffällig sei insbesondere die geringe Inanspruchnahme von Behandlungsmaßnahmen. Dr. L. habe sich nicht damit auseinandergesetzt, dass im Verwaltungsverfahren die dortigen Gutachter einen ausgeprägten Versorgungswunsch und auffällige Aggravationstendenzen beschrieben hätten sowie dass von einer Nichteinnahme der verschriebenen antidepressiven Medikation auszugehen sei. Ebenso habe der Sachverständige nicht erwähnt, dass die Klägerin aufgrund einer Urlaubsreise den ersten Begutachtungstermin nicht wahrgenommen habe. Die von Dr. L. angenommene Einschränkung des Durchhaltevermögens, der Anpassungsfähigkeit und der psychomentalen Belastbarkeit selbst für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sei nicht nachzuvollziehen. Unter zumutbarer Willensanspannung und intensivierter Inanspruchnahme von psychiatrisch-psychotherapeutischen Behandlungsmöglichkeiten einschließlich einer tatsächlich eingenommenen antidepressiven Medikation stünde einer leichten vollschichtigen Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nichts im Wege.
Dr. L. hat daraufhin am 25.02.2008 ergänzend zu den Einwendungen von Dr. M. Stellung genommen. Ein depressives Störungsbild könne durchaus theatralisch wirken. Im Vorgutachten von Dr. G., auf das sich Dr. M. beziehe, sei nicht auf die biographische Anamnese - wesentliches Kernstück eines psychiatrischen Gutachtens - eingegangen worden. Die seelischen Gesundheitsstörungen der Klägerin würden aber gerade in den kriegsbedingten Verlustereignissen und der Kündigung des Arbeitsplatzes - ein weiteres Verlustereignis - wurzeln. Bei der Untersuchung habe er keine Hinweise auf eine Aggravationstendenz feststellen können, vielmehr hätten die Angaben der Klägerin durchgehend authentisch und erlebniskongruent gewirkt. Wesentliche Voraussetzungen für eine psychotherapeutische Intervention wie Motivation, Introspektions- und Reflektionsfähigkeit würden fehlen. Möglicherweise sei deshalb noch keine Psychotherapiemaßnahme eingeleitet worden.
In ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 26.03.2008 hat Dr. M. sich für die Beklagte mit der ergänzenden gutachtlichen Stellungnahme von Dr. L. auseinandergesetzt. Nach wie vor kontrastiere bei der Klägerin die Intensität der bisherigen Behandlungsmaßnahmen erheblich mit der angegebenen Schwere der Symptomatik. Es sei widersprüchlich, dass Dr. L. "auch eindeutig Suizidgedanken" beschrieben, aber keine psychiatrische Akutbehandlung im stationären Rahmen für indiziert gehalten habe. Dass es sich um eine schwere oder auch mittelschwere Ausprägung der depressiven Symptomatik handle, sei bereits deshalb zu bezweifeln, weil die Klägerin aufgrund einer Urlaubsreise den ersten Begutachtungstermin bei Dr. L. nicht habe wahrnehmen können. Insgesamt bestehe bei ihr eine "große therapeutische Reserve", die noch nicht in Anspruch genommen worden sei. Bei der nun bestehenden Gefahr der Chronifizierung seien allerdings intensivierte therapeutische Optionen - ggfs. im Rahmen eines psychosomatischen Heilverfahrens - zu erwägen, die bei einer durch Klagerücknahme zum Ausdruck gebrachten Therapiemotivation erfolgversprechend seien.
Dr. F. hat am 22.07.2008 ergänzend über 16 Behandlungstermine im Zeitraum vom 21.01.2005 bis 14.05.2007 berichtet und mitgeteilt, von Belastungen der Klägerin durch Kriegsereignisse in Bosnien wisse er nichts. Ihm lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Klägerin die von ihm verordneten Medikamente nicht oder nur unregelmäßig einnehme; ebenso habe er auch keinen Grund, bei der Klägerin eine Aggravation anzunehmen.
Mit Urteil vom 24.07.2008 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 29.11.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.02.2007 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 01.08.2006 und Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit vom 01.08.2006 bis 31.07.2009 zu gewähren, wobei nur die höhere Rente zu zahlen sei, und im Übrigen die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin sei mindestens seit Beginn der Behandlung bei Dr. F. im Januar 2005 nicht mehr in der Lage, eine wenigstens sechs Stunden täglich umfassende Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auszuüben. Bereits Dr. H. habe in ihrem Gutachten vom Jahre 2006 eine mittelgradige Depression festgestellt. Die von ihr zusätzlich festgestellte histrionische Persönlichkeitsstörung habe Dr. L. überzeugend verneint. Eine zeitliche Einschränkung der Leistungsfähigkeit der Klägerin selbst für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ergebe sich aus der im Sachverständigengutachten dargestellten Tagesstruktur der Klägerin. Insbesondere, dass sie Hausarbeiten nur noch in geringem Umfang erledige und die Mahlzeiten von ihrem Mann zubereitet würden. Hiermit stimme überein, dass sich die Klägerin nach dem Mittagessen hinlege, die ganze Zeit allein sein wolle und nicht einmal fernsehe. Vor dem Hintergrund, dass Dr. L. eine erhebliche Aggravation ausgeschlossen habe, sei es überzeugend, dass er das von anderen Gutachtern als auffällig bezeichnete theatralische Verhalten der Klägerin statt auf eine histrionische Persönlichkeitsstörung vielmehr auf eine dependente Persönlichkeitsstruktur zurückgeführt habe. Die von Dr. L. gefundene Erklärung aus der Biographie der Klägerin (Verlust des Vaters im Bosnienkrieg sowie Verlust des Arbeitsplatzes) erscheine ebenfalls schlüssig. Soweit Dr. K. angenommen habe, bei Vermeidung einer Exposition gegenüber inhalativen Reizstoffen und gegenüber Temperaturschwankungen und Zugluft könne die Klägerin noch täglich sieben Stunden arbeiten, betreffe diese Leistungseinschätzung offensichtlich nur die Erkrankungen auf seinem Fachgebiet. Die Leistungsminderung lasse sich nicht deswegen ablehnen, weil die Klägerin ihre Erkrankung nicht bzw. nicht in ausreichendem Maße behandeln lasse. Maßgeblich für den Rentenanspruch der Klägerin sei nämlich der tatsächliche Gesundheitszustand und die daraus abgeleitete Leistungsfähigkeit und nicht diejenige Leistungsfähigkeit, die bei einer ordnungsgemäßen Behandlung eintreten könne. Zwar sei es grundsätzlich nicht ausgeschlossen, bei einem völligen Fehlen der Behandlung auf einen fehlenden Leidensdruck und damit auf eine geringere Schwere der Erkrankung zurückzuschließen. Vorliegend habe jedoch Dr. L. ausgeführt, eine Therapie sei deswegen nicht eingeleitet worden, weil es bei der Klägerin an den persönlichen Voraussetzungen fehle. Demnach sei die Nichtinanspruchnahme ärztlicher Leistungen Teil des Krankheitsbildes der Klägerin. Aufgrund des verbleibenden Leistungsvermögens von mindestens drei bis unter sechs Stunden täglich sei der Klägerin demnach eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung auf Dauer ab 01.08.2006 zu gewähren. Die Rente sei nicht zu befristen gewesen, weil unwahrscheinlich sei, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit gemäß § 102 Abs. 2 Satz 4 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) behoben werden könne. Nach der überzeugenden Feststellung des Gutachters Dr. L. lägen nämlich bei der Klägerin wesentliche Voraussetzungen für die Therapiefähigkeit nicht vor; eine Besserung der Leistungsfähigkeit sei nicht zu erwarten. Die von Dr. L. festgestellte Leistungsminderung auf unter sechs Stunden täglich bestehe bereits mehr als drei Monate vor Beginn des Monats der Beantragung der Rente am 31.08.2006, insbesondere da sich die Klägerin bereits im Januar 2005 in nervenärztliche Behandlung bei Dr. F. begeben habe. Als Rentenbeginn sei demnach der 01.08.2006 maßgebend. Bei Zugrundelegung eines Leistungsfalls im Januar 2005 habe die Klägerin auch Anspruch auf befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 01.08.2006. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) liege wegen der allgemeinen Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarktes nämlich eine volle Erwerbsminderung auch dann vor, wenn der Versicherte zwar noch mindestens drei Stunden täglich, nicht aber sechs Stunden erwerbstätig sein könne und tatsächlich - wie hier - keine seinem Leistungsvermögen entsprechende Teilzeittätigkeit ausübe. Demnach sei der Rentenanspruch nach § 102 Abs. 2 Satz 4 SGB VI auf längstens drei Jahre, mithin für die Zeit vom 01.08.2006 bis 31.07.2009 zu befristen gewesen.
Gegen das ihr am 11.08.2008 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 19.08.2008 Berufung eingelegt und auf eine Stellungnahme von Dr. M. vom 14.08.2008 verwiesen. Hiernach spreche die Nichtumsetzung von Behandlungsvorschlägen für im Durchschnitt nur leichtgradige Beeinträchtigungen, die keine stärkeren therapeutischen Bemühungen notwendig machten. Neben den fehlenden bzw. sehr schlichten therapeutischen Maßnahmen sei daran zu erinnern, dass der erste Begutachtungstermin im September 2007 von der Klägerin nicht habe wahrgenommen werden können, weil sie sich noch im Urlaub befunden habe. Eine so schwerkranke Frau - wie im Gutachten von Dr. L. beschrieben - werde erfahrungsgemäß aber keine Urlaubsreise ins Ausland machen können.
Der Senat hat zwei weitere nervenärztliche Gutachten in Auftrag gegeben, eines von Amts wegen beim Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin N., ein weiteres auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bei der Fachärztin für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Dr. O.-P., Oberärztin der Klinik für Psychiatrie und Psychosomatik, Universitätsklinikum Freiburg.
Der Sachverständige N. hat bei der Klägerin im Gutachten vom 25.01.2009 den Verdacht auf eine somatoforme Schmerzstörung sowie ein depressives Syndrom, das angesichts gravierender Aggravation nicht eindeutig, am ehesten im Sinne einer Anpassungsstörung nach Verlust des Arbeitsplatzes einzuordnen sei, diagnostiziert. Bezüglich der Wirbelsäulenbeschwerden bestünden weder Anhaltspunkte für eine Nervenwurzelkompression oder -irritation noch für eine Spinalkanalstenosensymptomatik. Bei der Exploration habe die Klägerin keine nachlassende Aufmerksamkeit gezeigt. Befragt nach ihrer Tagesstruktur habe sie angegeben, eine ihrer drei Töchter besuche sie regelmäßig mit ihren Enkelkindern, die dann auch bei ihr übernachteten. Hierüber freue sie sich sehr. Das Frühstück bereite sie mit ihrem Mann gemeinsam zu. Danach räume sie die Geschirrspüle ein, wische Staub etc. Manchmal koche sie, manchmal habe sie hierzu aber auch keine Kraft. Bei gutem Wetter gehe sie mit ihrem Mann regelmäßig eine Stunde spazieren ("einmal ums Dorf herum"). Freunde habe sie schon, sie verstehe sich mit allen gut. Der alte Chef ihres Mannes komme zu Besuch. Auch sie "gehe mal irgendwohin zu Besuch", aber "nicht jeden Tag". Die Einkäufe erledige sie mit ihrem Mann zusammen. Ab und zu lese sie etwas, in Werbeblättchen oder in einem Wochenblatt. Ihr Mann lese aber wesentlich mehr und informiere sie dann immer darüber. Im Fernsehen wolle sie die Nachrichten nicht sehen, das interessiere sie nicht. Dem Gutachten zufolge sind in der körperlichen Untersuchung erhebliche Differenzen zwischen organisch erklärbarem Befund und Spontanverhalten einerseits und demonstriertem Befund andererseits zu Tage getreten. Hierbei handle es sich um Differenzen, die auf eine aktive, der freien Willensbildung zugängliche Handlung zurückgingen. Es sei schwer zu beurteilen, an was die Klägerin leide. Sie habe beispielsweise berichtet, überhaupt nicht sitzen zu können. In der Untersuchungssituation selbst habe sich dies nicht bemerkbar gemacht. Es sei kaum nachvollziehbar, warum jemand, der vor Schmerzen kaum zu sitzen vermöge, eine mehr als 24-stündige Busfahrt auf sich nehme. Testpsychologisch habe sich bei der Untersuchung am 11.12.2008 eindeutig eine Simulation neurokognitiver Defizite nachweisen lassen. Weder im Wartezimmer noch im Untersuchungszimmer seien häufige Lagewechsel zu beobachten gewesen. Während sich die Klägerin nach Aufforderung zur Prüfung des Finger-Boden-Abstandes überhaupt nicht nach vorne habe beugen können, habe sie bei Streckung des Beines (die potenziell einen Dehnungsschmerz der unteren Lendenwirbelsäule auslösen könnte) keine Schmerzen geäußert. Zum Ende der körperlichen Untersuchung habe sie gebeten, ihren Mann mit hereinzuholen, damit er ihr beim Anziehen helfe, da sie dies nicht selbst bewältigen könne. Nach Aufforderung, dies doch allein durchzuführen, sei sie dem auch problemlos nachgekommen. Die gravierenden Differenzen zwischen direkt beobachtbarem Verhalten, der Beschwerdeschilderung und der Demonstration von Bewegungseinschränkungen bei entsprechender Aufforderung in der Untersuchungssituation einerseits sowie dem Spontanverhalten andererseits ließen auf eine bewusste willentliche Steuerung des Verhaltens (Aggravation) schließen und sprächen gegen eine somatoforme Störung als Ursache. Sowohl eine endgültige Ablehnung der Rente als auch eine Dauerberentung seien am ehesten geeignet, das aggravatorische Verhalten der Klägerin zu beenden. Körperlich leichte Tätigkeiten seien ihr bei allgemein geminderter Stressbelastbarkeit aber noch mindestens acht Stunden täglich an fünf Tagen in der Woche ohne Gefährdung ihrer Gesundheit zumutbar, ohne Heben und Tragen von Lasten von über 15 kg, ohne andauernde oder häufige Zwangshaltung wie häufiges Bücken oder Arbeiten in häufig gebückter Haltung, ohne Arbeiten mit häufigen Überkopfarbeiten, ohne sehr hohen Zeitdruck sowie ohne Nachtschicht. Ob der Gesundheitszustand der Klägerin sich nachhaltig so bessern werde, dass die angegebenen Leistungseinschränkungen ganz oder teilweise wegfielen, sei aufgrund der im Vordergrund stehenden Aggravation ebenso wenig beurteilbar wie das Ausmaß des tatsächlichen subjektiven Leidens. Sollte tatsächlich ein subjektives Leiden vorliegen, könnte dieses durch eine entsprechende nervenärztliche oder psychotherapeutische Behandlung wesentlich gebessert werden. Ausgesprochen ungünstig sei, dass die Untersuchung durch Dr. L. ohne Dolmetscher, hingegen im Beisein und unter Mithilfe des Ehemannes erfolgt sei. Dr. L. habe es offensichtlich zugelassen, die Anamnese im Wesentlichen über den bei der dortigen Untersuchung anwesenden Ehemann der Klägerin zu erheben. Dadurch habe er bei der Anamneseerhebung auch weniger beobachten können, ob die Klägerin in der Lage sei, sich auf seine Fragen und die Situation einzustellen, und ob sich dann ihre Affektivität verändere. Dr. L. habe ein möglicherweise vorbereitetes Agieren der Klägerin zugelassen, ohne dieses zu hinterfragen. Auch bei Beginn der heutigen Untersuchung habe die Klägerin ein ähnliches Verhalten gezeigt. Hierzu passe, dass der hinzugerufene Dolmetscher zu Beginn der Untersuchung mehrmals angegeben habe, er habe "mit dem Ehepaar ein Vorgespräch geführt" und den "Auftrag, einiges unabhängig von der Untersuchungssituation zunächst dem Gutachter zu erklären bzw. während der Untersuchung erklärend einzufügen". Dr. L. habe es versäumt, testpsychologisch zu untermauern, weshalb er keinen Anhalt für eine Aggravation erkenne. Was die Arztbriefe und die Aussagen von Dr. F. beträfen, sei widersprüchlich, dass er auf der einen Seite eine schwere depressive Episode diagnostiziere, andererseits die Klägerin aber nur sehr selten zur Untersuchung und Behandlung einbestelle. Dr. F. habe auch nicht kontrolliert, ob die Antidepressiva wirkten, obgleich dies auf der Hand gelegen hätte.
Dem Gutachten des Sachverständigen N. war ein Arztbrief von Dr. F. von 05.12.2008 beigefügt, wonach die Klägerin nicht allein in die Stadt gehe, da sie Angst habe, alleine zu bleiben und ohne ihren Ehemann eigentlich nichts machen könne.
Dr. O.-P. hat in ihrem Gutachten vom 27.09.2010 nach ambulanter Untersuchung am 26.03.2010 unter Zuhilfenahme einer vereidigten Dolmetscherin für die bosnische Sprache bei der Klägerin eine posttraumatische Belastungsstörung, eine schwere depressive Episode und eine Somatisierungsstörung diagnostiziert. Die Klägerin sei insbesondere von den ihr geschilderten Ereignissen um den Tod des Vaters "gefangen", die ihr in Träumen sowie wiederhallenden Erinnerungen immer wieder auftauchten und bei deren Schilderungen sie erregt und agitiert in ihre Muttersprache falle. Sie habe sich vom Alltagsleben und von der Gemeinschaft zurückgezogen, wirke emotional wenig schwingungsfähig. Sie fühle sich verzweifelt, hilf- und nutzlos, könne sich nicht mehr freuen, es fehle jeglicher Antrieb, alltägliche Verrichtungen zu übernehmen. Bei der Befunderhebung habe die Klägerin ihre Beschwerden und ihre damit verbundenen Todesängste als organisch bedingt angesehen. Diese körperlichen Beschwerden erfüllten bei ihr die Funktion, ihren durch psychische Beschwerden bedingten sozialen Rückzug zu legitimieren. Kulturbedingt verdeutliche sie ihr Leiden und erfülle damit auch kommunikative Funktionen. Bereits seit Juni 2006 sei sie nicht mehr arbeitsfähig. Eine Veränderung des Gesundheitszustandes sei angesichts der Schwere der Erkrankung und der mittlerweile eingetretenen Chronifizierung höchstens durch eine akute stationäre psychosomatisch-psychotherapeutische Behandlung zu erwarten. Von früheren Gutachten weiche sie in ihrer Einschätzung ab, da sie in ihrer Untersuchungsmethode eine ausführliche Exploration, eine testpsychologische Untersuchung und die Würdigung der Vorbefunde "zusammengeführt" und auf Plausibilität geprüft habe. Es habe sich vertrauensfördernd ausgewirkt, dass sowohl die Sachverständige als auch die Dolmetscherin Frauen seien. Zur aktuellen Situation befragt habe die Klägerin angegeben, eine Tochter mache ihr die Haare, die andere mache bei ihr und ihrem Mann sauber, die älteste mache die Wäsche. Sie selber vergesse viel, lasse auch mal etwas anbrennen. Sie könne "nichts machen", habe auch kein Interesse mehr an Gemeinschaft oder gar am Feiern. An aktuellen Beschwerden habe die Klägerin angegeben "ich bin krank, spucke Blut, es ist schlimm, Flecken auf der Lunge, letzte Jahr habe ich eine Operation gehabt ( ) ich muss immer wieder husten und husten, jetzt habe ich Krebs ( ...)". Die Kinder hätten Angst vor ihr, weil sie immer "heule". Seit der OP fühle sie sich total krank, nichts gehe vorwärts, sie huste, es kratze im Hals und sie habe Brechreiz. Sie habe Angst, sterben zu müssen. Den im Krieg von Serben hingerichteten Vater sehe sie häufig im Traum, die geschilderten Ereignisse überwältigten sie immer wieder; während des Sprechens darüber sei sie - laut Dr. O.-P. - sichtlich erregt gewesen, wie abwesend, stotternd. Redefluss und Stimmung seien verändert gewesen. Nach ihrer Biographie gefragt habe sie angegeben, früher ein normales Leben geführt zu haben. 1992 seien serbische Paramilitärs (hierunter auch frühere Nachbarn und Schulkameraden) gekommen. Diese hätten "die Männer" mit einem großen Eisennagel durch den Bauch auf den Boden festgenagelt und sodann mit Messern Körperteile abgeschnitten. "Die Frauen" seien gezwungen worden, zuzuschauen und anschließend das Essen für die Paramilitärs zuzubereiten. Vergewaltigungen hingegen seien keine geschehen, wohl "weil man sich gekannt habe". Beim Thema der Kriegsereignisse habe die Klägerin nur noch in ihrer Muttersprache gesprochen und äußerst erregt, agitiert, jammernd, weinend gewirkt, so als ob sie ihre Umgebung vergessen habe. Bei anderen Themen hingegen sei sie eher gehemmt, resigniert, deutlich depressiv, nicht auslenkbar, antriebsgehemmt gewesen. Passive Todeswünsche mit Sehnsucht nach dem umgebrachten Vater habe sie deutlich geäußert.
In seiner sozialmedizinischen Stellungnahme vom 14.10.2010 bemängelt Medizinaldirektor Q. für die Beklagte, die Sachverständige Dr. O.-P. habe sich nicht mit den Vorgutachten auseinandergesetzt. Einerseits sei sie der Meinung, eine Aggravation oder Simulation sei zweifelsfrei auszuschließen, andererseits mache sie jedoch im Gegensatz zu dem Sachverständigen N. keine Anstrengung, dies durch Tests zu untermauern. Ebenso wie Dr. L. scheine Dr. O.-P. die subjektiven Angaben der Klägerin unkritisch übernommen zu haben. Ihre anders lautende Leistungsbeurteilung gegenüber früheren Gutachten begründe sie pauschal und wenig aussagekräftig damit, ihre Untersuchungsmethode habe eine ausführliche Exploration und eine testpsychologische Untersuchung eingeschlossen. Das Gutachten des Sachverständigen N. sei aber in jeder Hinsicht weit ausführlicher. Möglicherweise resultierten die Mängel des Gutachtens von Dr. O.-P. daraus, dass zwischen Untersuchungstermin und Gutachtensfertigstellung fast sieben Monate gelegen hätten.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 24. Juli 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Sie macht geltend, sie reise nach Bosnien immer mit dem Pkw, wobei sich die neben ihr mitfahrenden Personen beim Lenken abwechselten. Deshalb bleibe genügend Zeit für Pausen. Seit einem stationären Eingriff in der Klinik Schillerhöhe vom 27.07. bis 01.08.2009 bereite ihr das Sprechen große Schwierigkeiten. Sie verweist auf einen Entlassbericht der Klinik Schillerhöhe vom 07.08.2009, wonach ein verkalkter Rundherd linker Lungenoberlappen, postoperativ Heiserkeit und V.a. Recurrensparese diagnostiziert worden seien und ein Bronchialkarzinom nicht habe festgestellt werden können. Zudem legt sie einen Arztbrief des Robert-Bosch-Krankenhauses in Gerlingen vom 27.10.2009 vor, wonach sie noch "etwas Husten" bei zusätzlich geringgradigerer Heiserkeit habe. Desweiteren reicht sie einen radiologischen Befundbericht vom 30.06.2009 des Krankenhauses Leonberg sowie einen Befundbericht von Dr. F. vom 13.07.2009 ein.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet. Das Urteil des SG ist aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die angegriffenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Denn sie hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung, da sie nach der Überzeugung des Senates (weiterhin) leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mit gewissen qualitativen Einschränkungen noch mindestens sechs Stunden täglich verrichten kann.
Gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI - haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie 1. teilweise erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Teilweise erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie 1. voll erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Voll erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Dahinstehen kann, ob die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bzw. nach Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI bei Rentenantragstellung vorgelegen haben. Denn die Klägerin ist weder teilweise noch voll erwerbsgemindert. Erwerbsgemindert ist nämlich nach § 43 Abs. 3 SGB VI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen. So ist es hier. Nach der Überzeugung des Senats ist die Klägerin seit Rentenantragstellung durchgehend in der Lage, leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen sechs Stunden täglich zu verrichten.
Diese Überzeugung des Senats stützt sich vor allem auf das ausführliche nervenärztliche Gutachten des Sachverständigen N ... Die Klägerin hat bei der Untersuchung durch diesen keine nachlassende Aufmerksamkeit gezeigt. Die von ihm festgehaltene Tagesstruktur der Klägerin zeigt, dass sie sich weder von ihrem sozialen Umfeld noch von alltäglicher Mitarbeit im Haushalt zurückgezogen hat. So hat sie bei der Untersuchung durch selbst angegeben, regelmäßig (auch über Nacht) Besuch von ihren Enkelkindern zu bekommen, das Frühstück mit ihrem Mann gemeinsam vorzubereiten, danach die Geschirrspüle einzuräumen, Staub zu wischen, die Einkäufe mit ihrem Mann zusammen zu erledigen und regelmäßig mit ihrem Mann eine Stunde spazieren zu gehen. Demgegenüber sind in der körperlichen Untersuchung durch den Sachverständigen erhebliche Differenzen zwischen organisch erklärbarem Befund und Spontanverhalten einerseits und demonstriertem Befund andererseits zu Tage getreten. Während sich die Klägerin nach Aufforderung zur Prüfung des Finger-Boden-Abstandes überhaupt nicht nach vorne hat beugen können, hat sie bei Streckung des Beines (welche einen Dehnungsschmerz der unteren Lendenwirbelsäule auszulösen vermag) keine Schmerzen geäußert. Hierzu passt, dass die Klägerin bei der Untersuchung durch den Sachverständigen N. geltend gemacht hat, überhaupt nicht sitzen zu können, während sich diese behauptete Einschränkung in der Untersuchungssituation (z.B. durch häufige Lagewechsel) nicht bemerkbar gemacht hat. Im Übrigen ist es nicht nachvollziehbar, warum die Klägerin, die angeblich vor Schmerzen kaum zu sitzen vermag, immer wieder lang anhaltende Reisen nach Bosnien auf sich nimmt. Dass es sich bei dem Verhalten der Klägerin während der Untersuchung durch den Sachverständigen N. um Differenzen handelt, die auf eine aktive, der freien Willensbildung zugängliche Handlung (Aggravation) zurückgehen, ergibt sich auch daraus, dass sich testpsychologisch bei der Untersuchung am 11.12.2008 eindeutig eine Simulation neurokognitiver Defizite hat nachweisen lassen.
Hingegen vermag weder das Gutachten von Dr. L. noch dasjenige von Dr. O.-P. zu überzeugen.
Dr. L. stützt sich bei seiner Leistungseinschätzung von unter 3 Stunden im Wesentlichen nur auf die Angaben der Klägerin zu ihren aktuellen Beschwerden und auf diejenigen ihres Ehemannes. Auch hat er die Klägerin nicht mit einem Dolmetscher, sondern im Beisein und unter Mithilfe des Ehemannes untersucht. Dadurch hat er bei der Anamneseerhebung - im Vergleich zum Gutachten des Nervenarztes N. - weniger beobachten können, inwieweit die Klägerin in der Lage ist, sich auf seine Fragen und die Situation einzustellen, und ob sich dann ihre Affektivität verändert. Auch hat er es versäumt, testpsychologisch zu untermauern, weshalb er keinen Anhalt für eine Aggravation gesehen hat. Zwar enthält dieses Gutachten eine relativ umfangreiche Anamnese. Zu wenig spezifisch hinterfragt ist aber die dramatische und theatralische Darstellung der psychischen Beschwerden. Auch hat sich Dr. L. nicht damit auseinandergesetzt, dass im Verwaltungsverfahren die dortigen Gutachter einen ausgeprägten Versorgungswunsch und auffällige Aggravationstendenzen beschrieben haben sowie dass von einer Nichteinnahme der verschriebenen antidepressiven Medikation auszugehen ist. Die von ihm angenommene Einschränkung des Durchhaltevermögens, der Anpassungsfähigkeit und der psychomentalen Belastbarkeit selbst für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ist vor diesem Hintergrund nicht nachzuvollziehen.
Die Sachverständige Dr. O.-P. hat sich ebenfalls nicht mit den Vorgutachten auseinandergesetzt, obwohl dies aufgrund der unterschiedlichen nervenärztlichen Gutachten im Vorfeld auf der Hand gelegen hätte. Ihre anders lautende Leistungsbeurteilung gegenüber früheren Gutachten begründet sie lediglich pauschal und wenig aussagekräftig damit, ihre Untersuchungsmethode habe eine ausführliche Exploration und eine testpsychologische Untersuchung eingeschlossen. Das Gutachten des Sachverständigen N. ist aber - wie aufgezeigt - in jeder Hinsicht weit ausführlicher. Auch erscheint es widersprüchlich, einerseits eine Aggravation oder Simulation zweifelsfrei auszuschließen, andererseits - im Gegensatz zum Sachverständigen N. - diese Einschätzung nicht durch Tests zu untermauern. Offensichtlich hat Dr. O.-P. (ebenso wie schon Dr. L.) die subjektiven Angaben der Klägerin unkritisch übernommen. Dabei kann dahin stehen, ob die beschriebenen Mängel im Gutachten von Dr. O.-P. möglicherweise daraus herrühren, dass zwischen Untersuchungstermin und Gutachtensfertigstellung fast sieben Monate gelegen haben.
Der Senat hält auch die von der Sachverständigen ihrer Leistungsbeurteilung zugrunde gelegte Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung nicht für nachgewiesen. Wie Med.Dir Q. in der sozialmedizinischen Stellungnahme vom 14.10.2010 ausgeführt hat, setzt diese Diagnose das unmittelbare Erleben des belastenden Ereignisses unabdingbar voraus. Nach der Definition gem. ICD 10: F43.1 folgt der Beginn dem Trauma mit einer Latenz, die wenige Wochen bis Monate dauern kann. Demgegenüber hat die Klägerin die Kriegsereignisse in Bosnien im Jahr 1992 nicht unmittelbar selbst miterlebt. Nach ihren Angaben hat sie sich danach erstmals im Jahr 2000 wieder in Bosnien aufgehalten. Auch der Vortrag der Klägerin, seither an entsprechenden Symptomen zu leiden, lässt sich den medizinischen Unterlagen nicht entnehmen. So hat der die Klägerin seit 2005 behandelnde Dr. F. ausgeführt, die Klägerin habe zwar über den Verlust des Arbeitsplatzes gesprochen, Gespräche über den Verlust der Angehörigen im Bosnien-Krieg seien ihm jedoch nicht mehr erinnerlich. Auch im Entlassbericht der Rheintalklinik Bad E. vom 20.06.2005 wird hinsichtlich des psychischen Befundes lediglich der Verdacht auf das Vorliegen eines depressiven Syndroms mit generalisiertem Schmerzsyndrom geäußert, Hinweise auf eine posttraumatische Belastungsstörung sind jedoch nicht festgestellt worden.
Nach alledem vermag der Senat auch nicht den Leistungseinschätzungen der behandelnden Ärzte Dr. F. und Dr. I. sowie derjenigen von Dr. D. zu folgen. Was die Arztbriefe und die Aussage von Dr. F. betreffen, erscheint es widersprüchlich, dass er auf der einen Seite eine schwere depressive Episode diagnostiziert, andererseits die Klägerin nur gelegentlich (in größeren zeitlichen Abständen) zur Untersuchung und Behandlung einbestellt und hierbei noch nicht einmal kontrolliert, ob die von ihm verordneten Antidepressiva wirken. Bezüglich der Wirbelsäulenbeschwerden bestehen weder Anhaltspunkte für eine Nervenwurzelkompression oder -irritation noch für eine Spinalkanalstenosensymptomatik, weshalb das von Dr. I. lediglich mit vier bis sechs Stunden täglich angenommene Leistungsvermögen für leichte körperliche Tätigkeiten nicht zu überzeugen vermag.
Für den Senat steht hiernach fest, dass die Klägerin noch in der Lage ist, leichte Tätigkeiten unter Beachtung qualitativer Funktionseinschränkungen täglich noch mindestens sechs Stunden zu verrichten. Durch die qualitativen Leistungseinschränkungen wird ihre Fähigkeit, leichte Arbeiten zu verrichten, nicht zusätzlich in erheblichem Umfang eingeschränkt, so dass weder Anhaltspunkte für eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen noch für eine schwere spezifische Leistungseinschränkung vorliegen. Eine konkrete Verweisungstätigkeit war daher von der Beklagten nicht zu benennen.
Die Klägerin hat ferner keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Berufsunfähig sind gemäß § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nach § 240 Abs. 2 Satz 4 SGB VI nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen. Da die Klägerin über keinen Berufsabschluss verfügt und während ihres Berufslebens nur Tätigkeiten mit einer Anlernzeit von weniger als einem Jahr, mithin angelernte Tätigkeiten des unteren Bereichs verrichtet hat, ist sie auf den allgemeinen Arbeitsmarkt, auf dem sie unter Beachtung der genannten qualitativen Einschränkungen täglich sechs Stunden tätig sein kann, verweisbar, ohne dass es der Nennung einer konkreten Verweisungstätigkeit bedarf (st. Rspr.; zum Mehrstufenschema BSG, Urteil vom 29.03.1994 - B 13 RJ 35/93 -, m.w.N., zit. nach Juris).
Auf die Berufung der Beklagten war das Urteil des SG daher aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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