Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 8 KR 2702/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 478/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 15.12.2009 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist, ob der Kläger bei der beklagten Krankenkasse im Zeitraum vom 01.04.2007 bis 07.04.2008 versicherungspflichtiges Mitglied war und hierfür Beiträge nachzahlen muss.
Der Kläger war zuletzt bei der Beklagten bis zum 02.02.2005 über den Bezug von Arbeitslosengeld pflichtversichert. Im Anschluss war er nach seinen Angaben nicht mehr krankenversichert und bezog auch keine Leistungen vom Sozialhilfeträger. Ab dem 08.04.2008 bezieht er wieder Arbeitslosengeld.
Mit Schreiben vom 04.10.2007 wies die Beklagte den Kläger darauf hin, dass für ihn ab dem 01.04.2007 Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V eingetreten sein könnte und bat um Ausfüllung eines Fragebogens. Unter dem 11.10.2007 reichte der Kläger die ihm übermittelte "Anzeige zur Pflichtversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V" bei der Beklagten ein.
Nach Rücksprache mit dem Rentenversicherungsträger erließ die Beklagte unter dem 16.05.2008 gegenüber dem Kläger einen Beitragsbescheid, wonach für die Zeit vom 01.04.2007 bis 07.04.2008 Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 1.589,36 EUR zur Zahlung fällig seien. Es wurde darauf hingewiesen, dass der Bescheid auch im Namen der Pflegekasse ergehe.
Der Kläger erhob Widerspruch mit der Begründung, dass er mit dem Formular zur Anzeige der Versicherungspflicht keinen Antrag ausgefüllt haben wollte, vielmehr sollte es sich dabei nur um eine Anfrage handeln. Für den im Streit stehenden Zeitraum habe er keine Leistungen aus der Krankenversicherung bezogen. Eine rückwirkende Beitragspflicht sei dem Gesetz nicht zu entnehmen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11.08.2008 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V komme bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen zustande. Es komme dabei nicht auf den Willen des Versicherungspflichtigen an.
Am 11.09.2008 erhob der Kläger Klage vor dem Sozialgericht Konstanz. Er sei von der Beklagten falsch beraten worden. Mit einem Anruf bei der Beklagten im Oktober 2007 habe er sich lediglich erkundigen wollen, wie hoch der Beitrag für eine freiwillige Krankenversicherung sei. Einen Antrag auf Versicherung habe er nie stellen wollen. Man habe ihm den Vordruck zugesagt, den er - unvollständig - ausgefüllt zurückgesandt habe. Es sei unzulässig, aus der Verpflichtung der Beklagten, Nichtversicherte aufzunehmen, auf eine rückwirkende Beitragspflicht zu schließen. Eine Versicherungspflicht bestehe erst ab Antragstellung. Einen Antrag habe er aber nie gestellt. Auch lägen die Voraussetzungen für einen Erlass, eine Niederschlagung und eine Stundung vor.
Die Beklagte entgegnete dem, es sei nicht ersichtlich, warum im Falle des Klägers die Voraussetzungen für eine Stundung, Niederschlagung bzw. für einen Erlass erfüllt sein sollten. Die Versicherungspflicht trete kraft Gesetzes ein und ziehe eine Beitragspflicht nach sich, auch wenn keine Versicherungsleistungen in Anspruch genommen worden seien. Zwar habe die Krankenkasse nach § 186 Abs. 11 Satz 4 SGB V durch Satzungsregelung die Möglichkeit zu eröffnen, bei unverschuldet verspäteter Anzeige die Belastung des Versicherten durch Beitragsnachforderungen zu reduzieren. Reine Unkenntnis von der Versicherungspflicht reiche aber für fehlendes Verschulden nicht aus. Der Kläger habe hier die verspätete Anzeige eindeutig zu vertreten. Sein Vorbringen im Rahmen der Klage zeige eindeutig, dass er die Versicherung nicht gewollt habe.
Mit Urteil vom 15.12.2009 wies das Sozialgericht die Klage ab. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 Sozialgesetzbuch (SGB) V (in der Fassung des Art. 1 Nr. 2 Buchst. a, Doppelbuchstabe cc des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 26.03.2007, BGBl. I, 378, in Kraft getreten am 01.04.2007) seien versicherungspflichtig Personen, die keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall hätten und zuletzt gesetzlich krankenversichert gewesen seien oder bisher nicht gesetzlich oder privat krankenversichert gewesen seien, es sei denn, dass sie zu den in Absatz 5 oder den in § 6 Abs. 1 oder 2 genannten Personen gehörten oder bei Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit im Inland gehört hätten. Nach § 186 Abs. 11 SGB V beginne die Mitgliedschaft der nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V Versicherungspflichtigen mit dem ersten Tag ohne anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall im Inland (Satz 1). Für Personen, die am 1. April 2007 keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall hätten, beginne die Mitgliedschaft an diesem Tag (Satz 3). Danach sei der Kläger, da keine gesetzlichen Ausnahmen bestünden und er am 01.04.2007 keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall gehabt habe, bei der Beklagten kraft Gesetzes ab dem 01.04.2007 versicherungspflichtiges Mitglied geworden. Ob und wann er einen Antrag gestellt bzw. die Versicherungspflicht angezeigt habe, sei nicht erheblich. Mit dem Beginn der kraft Gesetzes eingetretenen Mitgliedschaft habe der Kläger auch Beiträge zu leisten (vgl. 223 Abs. 1 SGB V), unabhängig davon, ob Leistungen in Anspruch genommen worden seien. Darauf werde in der Gesetzesbegründung zu § 186 Abs. 11 SGB V (BT-Drs. 16/3100, S. 158) ausdrücklich hingewiesen. Dass der Kläger möglicherweise aus Gründen, die er nicht zu vertreten habe, das Vorliegen der Voraussetzungen der Versicherungspflicht verspätet angezeigt habe, ändere nichts an dem grundsätzlichen Bestehen der Beitragspflicht und mache einen Beitragsbescheid nicht rechtswidrig (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 02.04.2099, Az. L 11 KR 249/09 PKH-B). Vielmehr habe die Krankenkasse nach der gesetzlichen Regelung des § 186 Abs. 11 Satz 4 SGB V für einen solchen Fall zu überprüfen, ob eine Ermäßigung, Stundung oder Niederschlagung der Beitragsforderung in Betracht komme. Eine Entscheidung der Beklagten über die Durchführung oder Ablehnung einer Stundung, Eimäßigung oder Niederschlagung sei aber nicht Gegenstand der hier streitigen Bescheide. Hierüber sei gegebenenfalls ein eigenes Verwaltungsverfahren und ein Widerspruchsverfahren durchzuführen. Solange noch keine Entscheidung der Beklagten ergangen sei, sei dem Kläger die klageweise Geltendmachung einer Stundung verwehrt und dem Gericht eine Prüfung des Vorliegens der Stundungs-, Ermäßigungs- und Erlassvoraussetzungen in diesem Klageverfahren nicht möglich. Gegen die Höhe der Beiträge habe der Kläger keine Einwände erhoben. Fehler in der Berechnung seien nicht ersichtlich. Gegen das seinem Bevollmächtigten am 31.12.2009 zugestellte Urteil hat der Kläger am 28.01.2010 Berufung eingelegt. Die Nachforderung der Beiträge führe zu einer offenkundigen Störung des versicherungsrechtlichen Gegenleistungs- und Äquivalenzprinzips. Die Beklagte erhalte Beiträge ohne ein reales Versicherungsrisiko getragen zu haben. Dem Kläger sei die Versicherungspflicht, die Mitgliedschaft und der daraus resultierende Versicherungsschutz nicht bekannt gewesen. er habe auch keine Versicherungskarte gehabt. Die Wechselbeziehung zwischen Beitragsanspruch des Krankenversicherungsträgers und Leistungsanspruch des Versicherten sei offenkundig gestört, wenn der Versicherungsträger aus dem Versicherungsverhältnis einseitig Rechtspositionen in Gestalt von Beitragsansprüchen gegen den versicherten ableite, ohne diesem Versicherungsschutz zu gewähren. Eine solche Störung des Äquivalenzprinzips sei nicht hinzunehmen.
Einen Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe hat der Senat mit Beschluss vom 19.07.2010 zurückgewiesen. Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 15.12.2009 und den Bescheid der Beklagten vom 16.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.08.2008 aufzuheben. Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie hält das angegriffene Urteil des Sozialgerichts Konstanz für zutreffend. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten und auf die Gerichtsakten des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144, 151 SGG statthaft und auch sonst zulässig. Insbesondere ist die Berufung ohne Zulassung durch das Sozialgericht zulässig, da der Wert des Beschwerdegegenstandes 750,- EUR übersteigt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG). Im Streit stehen Beitragsnachforderungen in Höhe von 1.589,36 EUR. Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Beitragsbescheid der Beklagten vom 16.05.2008, der zugleich im Namen der Pflegeversicherung ergangen ist und mit dem der Kläger zur Nachzahlung von Krankenversicherungs- und Pflegeversicherungsbeiträgen aufgrund bestehender Versicherungspflicht für die Zeit vom 01.04.2007 bis zum 07.04.2008 in Höhe von 1.589.36 EUR herangezogen wurde, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Gemäß § 223 Abs. 1 Sozialgesetzbuch - Fünftes Buch (SGB V) sind für jeden Tag der Mitgliedschaft Beiträge zu zahlen, soweit dieses Buch nichts anderes bestimmt. Rechtsgrundlage für das Bestehen der die Beitragspflicht begründenden Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung ist der hier allein in Betracht kommende Versicherungspflichttatbestand des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V in der seit 01.04.2007 geltenden Fassung des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-WSG) vom 26.03.2007 (BGBl I S. 378). Der Beginn der Versicherungspflicht, die Mitgliedschaft des Versicherten und das Anzeigeverfahren sind in §§ 186 Abs. 11, 174 Abs. 5 SGB V geregelt. Für die soziale Pflegeversicherung gilt Entsprechendes gem. § 20 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 12 SGB XI.
Der Kläger unterlag nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V in dem streitigen Zeitraum der Pflichtversicherung bei der Beklagten und war daher zur Beitragszahlung nach §§ 223 Abs. 1, 227, 240 SGB V verpflichtet. Die Pflicht zur Beitragszahlung für die Pflegeversicherung folgt aus §§ 54, 55, 57 SGB XI.
Nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V sind Personen versichert, die keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall haben und zuletzt gesetzlich krankenversichert waren (Buchst. a) oder bisher nicht gesetzlich oder privat krankenversichert waren, es sei denn, dass sie zu den in Absatz 5 oder den in § 6 Abs. 1 oder 2 genannten Personen gehören oder bei Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit im Inland gehört hätten (Buchst. b). Die Versicherungspflicht beginnt nach § 186 Abs. 11 Satz 1 SGB V am ersten Tag ohne anderweitige Absicherung im Krankheitsfall. Nach § 186 Abs. 11 Satz 3 SGB V beginnt bei Personen, die am 01.04.2007 keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall haben, die Mitgliedschaft an diesem Tag.
Der Kläger war zuletzt bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert und erfüllt damit die Voraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 13 Buchst. a SGB V. Im Zeitraum vom 01.04.2007 bis 07.04.2008 hatte er auch keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall. Er war seit Februar 2005 weder gesetzlich noch privat krankenversichert. Dies ergibt sich aus den Angaben des Klägers im Verwaltungsverfahren und ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Damit begann seine gesetzliche Mitgliedschaft am 01.04.2007. Ab dem 08.04.2008 erhielt der Kläger ausweislich des Bewilligungsbescheides der Agentur für Arbeit vom 15.04.2008 Arbeitslosengeld, so dass die Nacherhebung der Beiträge zutreffend auf die Zeit bis zum 07.04.2008 begrenzt wurde. Entsprechendes gilt für die Pflegeversicherung der Beklagten.
Die Mitgliedschaft des Klägers im streitigen Zeitraum bestand kraft Gesetzes, worauf das Sozialgericht zutreffend hingewiesen hat. Es ist daher für das Bestehen der Beitragspflicht nach § 223 Abs. 1 SGB V und §§ 54, 55 SGB XI unerheblich, ob und wann der Kläger die Voraussetzungen der Versicherungspflicht angezeigt hat oder ob er eine Mitgliedschaft überhaupt wollte. Ob der Kläger möglicherweise aus Gründen, die er nicht zu vertreten hat, das Vorliegen der Voraussetzungen der Versicherungspflicht verspätet angezeigt hat, ändert nichts am grundsätzlichen Bestehen der Beitragspflicht und macht den Beitragsbescheid nicht rechtswidrig (so auch LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 02.04.2009 - L 11 KR 249/09 PKH-B -). Zwar hat die Beklagte entsprechend der gesetzlichen Verpflichtung aus § 186 Abs. 11 Satz 4 SGB V in § 8b ihrer Satzung geregelt, unter welchen Voraussetzungen eine Stundung, Niederschlagung, Ermäßigung oder ein Erlass der nachzuzahlenden Beiträge in Betracht kommt, wenn die Anzeige des Vorliegens der Voraussetzungen der Versicherungspflicht nach den in § 186 Abs. 11 Satz 2 und 3 SGB V genannten Zeitpunkten erfolgen kann. Das Sozialgericht hat in dem im Berufungsverfahren angegriffenen Urteil aber zu Recht darauf abgestellt, dass die Prüfung dieser Voraussetzungen nicht Gegenstand des streitgegenständlichen Bescheides war. Unabhängig davon, ob der Kläger im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens einen entsprechenden Antrag nach § 8b der Satzung der Beklagten gestellt hat, ist eine Entscheidung der Beklagten über die Stundung, Niederschlagung oder Ermäßigung der Beiträge nicht ergangen und nicht Gegenstand des Verfahrens geworden. Gegenstand der sozialgerichtlichen Überprüfung war daher allein die Frage der Rechtmäßigkeit des Beitragsbescheides vom 16.05.2008 (zur Frage des Prüfungsumfangs vgl. auch LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 18.09.2009 - L 5 KR 159/09 B ER, L 5 KR 160/09 B - in Juris). Für die Rechtsmäßigkeit des Beitragsbescheids kommt es auf die Frage des Vorliegens der Voraussetzungen für eine Stundung, Niederschlagung, Ermäßigung oder für einen Erlass der nachzuzahlenden Beiträge nicht an (vgl. insoweit zur Stundungsregelung in § 76 Abs. 2 SGB IV: BSG, Urteil vom 29.10.1991 - 13/5 RJ 36/90 - in Juris).
Einwendungen gegen die Höhe der Beitragsforderungen der Beklagten hat der Kläger nicht erhoben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Die Voraussetzung für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist, ob der Kläger bei der beklagten Krankenkasse im Zeitraum vom 01.04.2007 bis 07.04.2008 versicherungspflichtiges Mitglied war und hierfür Beiträge nachzahlen muss.
Der Kläger war zuletzt bei der Beklagten bis zum 02.02.2005 über den Bezug von Arbeitslosengeld pflichtversichert. Im Anschluss war er nach seinen Angaben nicht mehr krankenversichert und bezog auch keine Leistungen vom Sozialhilfeträger. Ab dem 08.04.2008 bezieht er wieder Arbeitslosengeld.
Mit Schreiben vom 04.10.2007 wies die Beklagte den Kläger darauf hin, dass für ihn ab dem 01.04.2007 Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V eingetreten sein könnte und bat um Ausfüllung eines Fragebogens. Unter dem 11.10.2007 reichte der Kläger die ihm übermittelte "Anzeige zur Pflichtversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V" bei der Beklagten ein.
Nach Rücksprache mit dem Rentenversicherungsträger erließ die Beklagte unter dem 16.05.2008 gegenüber dem Kläger einen Beitragsbescheid, wonach für die Zeit vom 01.04.2007 bis 07.04.2008 Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 1.589,36 EUR zur Zahlung fällig seien. Es wurde darauf hingewiesen, dass der Bescheid auch im Namen der Pflegekasse ergehe.
Der Kläger erhob Widerspruch mit der Begründung, dass er mit dem Formular zur Anzeige der Versicherungspflicht keinen Antrag ausgefüllt haben wollte, vielmehr sollte es sich dabei nur um eine Anfrage handeln. Für den im Streit stehenden Zeitraum habe er keine Leistungen aus der Krankenversicherung bezogen. Eine rückwirkende Beitragspflicht sei dem Gesetz nicht zu entnehmen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11.08.2008 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V komme bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen zustande. Es komme dabei nicht auf den Willen des Versicherungspflichtigen an.
Am 11.09.2008 erhob der Kläger Klage vor dem Sozialgericht Konstanz. Er sei von der Beklagten falsch beraten worden. Mit einem Anruf bei der Beklagten im Oktober 2007 habe er sich lediglich erkundigen wollen, wie hoch der Beitrag für eine freiwillige Krankenversicherung sei. Einen Antrag auf Versicherung habe er nie stellen wollen. Man habe ihm den Vordruck zugesagt, den er - unvollständig - ausgefüllt zurückgesandt habe. Es sei unzulässig, aus der Verpflichtung der Beklagten, Nichtversicherte aufzunehmen, auf eine rückwirkende Beitragspflicht zu schließen. Eine Versicherungspflicht bestehe erst ab Antragstellung. Einen Antrag habe er aber nie gestellt. Auch lägen die Voraussetzungen für einen Erlass, eine Niederschlagung und eine Stundung vor.
Die Beklagte entgegnete dem, es sei nicht ersichtlich, warum im Falle des Klägers die Voraussetzungen für eine Stundung, Niederschlagung bzw. für einen Erlass erfüllt sein sollten. Die Versicherungspflicht trete kraft Gesetzes ein und ziehe eine Beitragspflicht nach sich, auch wenn keine Versicherungsleistungen in Anspruch genommen worden seien. Zwar habe die Krankenkasse nach § 186 Abs. 11 Satz 4 SGB V durch Satzungsregelung die Möglichkeit zu eröffnen, bei unverschuldet verspäteter Anzeige die Belastung des Versicherten durch Beitragsnachforderungen zu reduzieren. Reine Unkenntnis von der Versicherungspflicht reiche aber für fehlendes Verschulden nicht aus. Der Kläger habe hier die verspätete Anzeige eindeutig zu vertreten. Sein Vorbringen im Rahmen der Klage zeige eindeutig, dass er die Versicherung nicht gewollt habe.
Mit Urteil vom 15.12.2009 wies das Sozialgericht die Klage ab. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 Sozialgesetzbuch (SGB) V (in der Fassung des Art. 1 Nr. 2 Buchst. a, Doppelbuchstabe cc des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 26.03.2007, BGBl. I, 378, in Kraft getreten am 01.04.2007) seien versicherungspflichtig Personen, die keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall hätten und zuletzt gesetzlich krankenversichert gewesen seien oder bisher nicht gesetzlich oder privat krankenversichert gewesen seien, es sei denn, dass sie zu den in Absatz 5 oder den in § 6 Abs. 1 oder 2 genannten Personen gehörten oder bei Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit im Inland gehört hätten. Nach § 186 Abs. 11 SGB V beginne die Mitgliedschaft der nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V Versicherungspflichtigen mit dem ersten Tag ohne anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall im Inland (Satz 1). Für Personen, die am 1. April 2007 keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall hätten, beginne die Mitgliedschaft an diesem Tag (Satz 3). Danach sei der Kläger, da keine gesetzlichen Ausnahmen bestünden und er am 01.04.2007 keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall gehabt habe, bei der Beklagten kraft Gesetzes ab dem 01.04.2007 versicherungspflichtiges Mitglied geworden. Ob und wann er einen Antrag gestellt bzw. die Versicherungspflicht angezeigt habe, sei nicht erheblich. Mit dem Beginn der kraft Gesetzes eingetretenen Mitgliedschaft habe der Kläger auch Beiträge zu leisten (vgl. 223 Abs. 1 SGB V), unabhängig davon, ob Leistungen in Anspruch genommen worden seien. Darauf werde in der Gesetzesbegründung zu § 186 Abs. 11 SGB V (BT-Drs. 16/3100, S. 158) ausdrücklich hingewiesen. Dass der Kläger möglicherweise aus Gründen, die er nicht zu vertreten habe, das Vorliegen der Voraussetzungen der Versicherungspflicht verspätet angezeigt habe, ändere nichts an dem grundsätzlichen Bestehen der Beitragspflicht und mache einen Beitragsbescheid nicht rechtswidrig (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 02.04.2099, Az. L 11 KR 249/09 PKH-B). Vielmehr habe die Krankenkasse nach der gesetzlichen Regelung des § 186 Abs. 11 Satz 4 SGB V für einen solchen Fall zu überprüfen, ob eine Ermäßigung, Stundung oder Niederschlagung der Beitragsforderung in Betracht komme. Eine Entscheidung der Beklagten über die Durchführung oder Ablehnung einer Stundung, Eimäßigung oder Niederschlagung sei aber nicht Gegenstand der hier streitigen Bescheide. Hierüber sei gegebenenfalls ein eigenes Verwaltungsverfahren und ein Widerspruchsverfahren durchzuführen. Solange noch keine Entscheidung der Beklagten ergangen sei, sei dem Kläger die klageweise Geltendmachung einer Stundung verwehrt und dem Gericht eine Prüfung des Vorliegens der Stundungs-, Ermäßigungs- und Erlassvoraussetzungen in diesem Klageverfahren nicht möglich. Gegen die Höhe der Beiträge habe der Kläger keine Einwände erhoben. Fehler in der Berechnung seien nicht ersichtlich. Gegen das seinem Bevollmächtigten am 31.12.2009 zugestellte Urteil hat der Kläger am 28.01.2010 Berufung eingelegt. Die Nachforderung der Beiträge führe zu einer offenkundigen Störung des versicherungsrechtlichen Gegenleistungs- und Äquivalenzprinzips. Die Beklagte erhalte Beiträge ohne ein reales Versicherungsrisiko getragen zu haben. Dem Kläger sei die Versicherungspflicht, die Mitgliedschaft und der daraus resultierende Versicherungsschutz nicht bekannt gewesen. er habe auch keine Versicherungskarte gehabt. Die Wechselbeziehung zwischen Beitragsanspruch des Krankenversicherungsträgers und Leistungsanspruch des Versicherten sei offenkundig gestört, wenn der Versicherungsträger aus dem Versicherungsverhältnis einseitig Rechtspositionen in Gestalt von Beitragsansprüchen gegen den versicherten ableite, ohne diesem Versicherungsschutz zu gewähren. Eine solche Störung des Äquivalenzprinzips sei nicht hinzunehmen.
Einen Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe hat der Senat mit Beschluss vom 19.07.2010 zurückgewiesen. Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 15.12.2009 und den Bescheid der Beklagten vom 16.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.08.2008 aufzuheben. Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie hält das angegriffene Urteil des Sozialgerichts Konstanz für zutreffend. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten und auf die Gerichtsakten des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144, 151 SGG statthaft und auch sonst zulässig. Insbesondere ist die Berufung ohne Zulassung durch das Sozialgericht zulässig, da der Wert des Beschwerdegegenstandes 750,- EUR übersteigt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG). Im Streit stehen Beitragsnachforderungen in Höhe von 1.589,36 EUR. Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Beitragsbescheid der Beklagten vom 16.05.2008, der zugleich im Namen der Pflegeversicherung ergangen ist und mit dem der Kläger zur Nachzahlung von Krankenversicherungs- und Pflegeversicherungsbeiträgen aufgrund bestehender Versicherungspflicht für die Zeit vom 01.04.2007 bis zum 07.04.2008 in Höhe von 1.589.36 EUR herangezogen wurde, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Gemäß § 223 Abs. 1 Sozialgesetzbuch - Fünftes Buch (SGB V) sind für jeden Tag der Mitgliedschaft Beiträge zu zahlen, soweit dieses Buch nichts anderes bestimmt. Rechtsgrundlage für das Bestehen der die Beitragspflicht begründenden Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung ist der hier allein in Betracht kommende Versicherungspflichttatbestand des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V in der seit 01.04.2007 geltenden Fassung des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-WSG) vom 26.03.2007 (BGBl I S. 378). Der Beginn der Versicherungspflicht, die Mitgliedschaft des Versicherten und das Anzeigeverfahren sind in §§ 186 Abs. 11, 174 Abs. 5 SGB V geregelt. Für die soziale Pflegeversicherung gilt Entsprechendes gem. § 20 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 12 SGB XI.
Der Kläger unterlag nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V in dem streitigen Zeitraum der Pflichtversicherung bei der Beklagten und war daher zur Beitragszahlung nach §§ 223 Abs. 1, 227, 240 SGB V verpflichtet. Die Pflicht zur Beitragszahlung für die Pflegeversicherung folgt aus §§ 54, 55, 57 SGB XI.
Nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V sind Personen versichert, die keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall haben und zuletzt gesetzlich krankenversichert waren (Buchst. a) oder bisher nicht gesetzlich oder privat krankenversichert waren, es sei denn, dass sie zu den in Absatz 5 oder den in § 6 Abs. 1 oder 2 genannten Personen gehören oder bei Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit im Inland gehört hätten (Buchst. b). Die Versicherungspflicht beginnt nach § 186 Abs. 11 Satz 1 SGB V am ersten Tag ohne anderweitige Absicherung im Krankheitsfall. Nach § 186 Abs. 11 Satz 3 SGB V beginnt bei Personen, die am 01.04.2007 keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall haben, die Mitgliedschaft an diesem Tag.
Der Kläger war zuletzt bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert und erfüllt damit die Voraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 13 Buchst. a SGB V. Im Zeitraum vom 01.04.2007 bis 07.04.2008 hatte er auch keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall. Er war seit Februar 2005 weder gesetzlich noch privat krankenversichert. Dies ergibt sich aus den Angaben des Klägers im Verwaltungsverfahren und ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Damit begann seine gesetzliche Mitgliedschaft am 01.04.2007. Ab dem 08.04.2008 erhielt der Kläger ausweislich des Bewilligungsbescheides der Agentur für Arbeit vom 15.04.2008 Arbeitslosengeld, so dass die Nacherhebung der Beiträge zutreffend auf die Zeit bis zum 07.04.2008 begrenzt wurde. Entsprechendes gilt für die Pflegeversicherung der Beklagten.
Die Mitgliedschaft des Klägers im streitigen Zeitraum bestand kraft Gesetzes, worauf das Sozialgericht zutreffend hingewiesen hat. Es ist daher für das Bestehen der Beitragspflicht nach § 223 Abs. 1 SGB V und §§ 54, 55 SGB XI unerheblich, ob und wann der Kläger die Voraussetzungen der Versicherungspflicht angezeigt hat oder ob er eine Mitgliedschaft überhaupt wollte. Ob der Kläger möglicherweise aus Gründen, die er nicht zu vertreten hat, das Vorliegen der Voraussetzungen der Versicherungspflicht verspätet angezeigt hat, ändert nichts am grundsätzlichen Bestehen der Beitragspflicht und macht den Beitragsbescheid nicht rechtswidrig (so auch LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 02.04.2009 - L 11 KR 249/09 PKH-B -). Zwar hat die Beklagte entsprechend der gesetzlichen Verpflichtung aus § 186 Abs. 11 Satz 4 SGB V in § 8b ihrer Satzung geregelt, unter welchen Voraussetzungen eine Stundung, Niederschlagung, Ermäßigung oder ein Erlass der nachzuzahlenden Beiträge in Betracht kommt, wenn die Anzeige des Vorliegens der Voraussetzungen der Versicherungspflicht nach den in § 186 Abs. 11 Satz 2 und 3 SGB V genannten Zeitpunkten erfolgen kann. Das Sozialgericht hat in dem im Berufungsverfahren angegriffenen Urteil aber zu Recht darauf abgestellt, dass die Prüfung dieser Voraussetzungen nicht Gegenstand des streitgegenständlichen Bescheides war. Unabhängig davon, ob der Kläger im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens einen entsprechenden Antrag nach § 8b der Satzung der Beklagten gestellt hat, ist eine Entscheidung der Beklagten über die Stundung, Niederschlagung oder Ermäßigung der Beiträge nicht ergangen und nicht Gegenstand des Verfahrens geworden. Gegenstand der sozialgerichtlichen Überprüfung war daher allein die Frage der Rechtmäßigkeit des Beitragsbescheides vom 16.05.2008 (zur Frage des Prüfungsumfangs vgl. auch LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 18.09.2009 - L 5 KR 159/09 B ER, L 5 KR 160/09 B - in Juris). Für die Rechtsmäßigkeit des Beitragsbescheids kommt es auf die Frage des Vorliegens der Voraussetzungen für eine Stundung, Niederschlagung, Ermäßigung oder für einen Erlass der nachzuzahlenden Beiträge nicht an (vgl. insoweit zur Stundungsregelung in § 76 Abs. 2 SGB IV: BSG, Urteil vom 29.10.1991 - 13/5 RJ 36/90 - in Juris).
Einwendungen gegen die Höhe der Beitragsforderungen der Beklagten hat der Kläger nicht erhoben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Die Voraussetzung für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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