S 12 KR 103/10

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Kassel (HES)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Kassel (HES)
Aktenzeichen
S 12 KR 103/10
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 1 KR 2/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zur Nichtabrechenbarkeit vollstationär erbrachter Krankenhausleistungen durch das Krankenhaus, wenn die den Krankenhausaufenthalt als Hauptleistung bestimmende Operation durch einen niedergelassenen Vertragsarzt erbracht wird, der nicht zugleich Angestellter des Krankenhauses ist, aber - ohne selbst Belegarzt zu sein - ähnlich einem Belegarzt sowohl die Verordnung der Krankenhausbehandlung und damit die Einweisung als auch als sogenannter Aufnahmearzt die Aufnahme in das Krankenhaus verantwortet.
Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat einschließlich der Kosten der Beklagten insgesamt die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin als Krankenhausträgerin aus Anlass der vollstationären Behandlung der Versicherten C. im Kreiskrankenhaus A-Stadt in der Zeit vom 20. November 2006 bis 24. November 2006 bei einer Rechnungsstellung vom 27. November 2006 insgesamt 3.878,91 EUR zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 27. Dezember 2006 zu zahlen, wobei die Beklagte einen Ausgleich der Rechnung u.a. mit der Begründung verweigert hatte, dass die vollstationäre Behandlung ihrer o.a. Versicherten als Wirbelsäulenoperation nach der DRG-Fallpauschale I53Z (nach dem Fallpauschalenkatalog 2006: Andere Eingriffe an der Wirbelsäule ohne äußerst schwere Komplikationen oder Komorbiditäten, mit komplexem Eingriff) nicht vom Versorgungsauftrag des Krankenhauses und damit systemfremd erbracht worden und insoweit nicht abrechnungsfähig sei. Dies wiederum deshalb, weil die der Abrechnung zu Grunde liegende DRG in den Budgetverhandlungen, bezogen auf den streitigen Zeitraum, nicht vereinbart worden sei. Grund hierfür sei gewesen, dass wie auch vorliegend erfolgt - die insoweit durchzuführende operative Behandlung eben nicht selbst vom Krankenhaus erbracht werde, sondern einem externen Arzt, hier durch den Neurochirurgen Dr. med. D., einem niedergelassenen Vertragsarzt, der seine Praxis im 2. Stock des Krankenhauses habe und im streitigen Zeitraum weder zugleich Belegarzt noch Angestellter des Krankenhauses gewesen sei.

Die Klägerin hat schließlich als Krankenhausträgerin am 2. Januar 2007 unter dem Aktenzeichen S 12 KR 9/07 Klage vor dem Sozialgericht in Kassel erhoben, mit der sie an dem von ihr geltend gemachten Anspruch auf Ausgleich der o.a. Kosten festhält.

Die Klägerin führt aus, sie sei nach § 7 Abs. 1 des Krankenhausentgeltgesetzes (KHEntgG) berechtigt, alle Leistungen abzurechnen, die sie im Rahmen des Versorgungsauftrages ihres Krankenhauses erbracht habe. Der Versorgungsauftrag ihres Krankenhauses ergebe sich aus den Festlegungen des Krankenhausplans. Das Krankenhaus sei in den Hessischen Krankenhausplan u.a. mit dem ärztlichen Fachgebiet "Chirurgie" aufgenommen. Einschränkungen durch den vom Hessischen Sozialministerium erteilten Aufnahmebescheid nach § 6 Abs. 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 Satz 3 des Krankenhausgesetzes (KHG) oder durch ergänzende Vereinbarungen mit Verbänden der Krankenkassen nach § 109 Abs. 1 Satz 4 Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) gebe es nicht. Damit sei die Klägerin berechtigt, zu Lasten der Beklagten alle Leistungen auf dem Gebiet der Chirurgie zu erbringen. Was unter "Chirurgie" falle, bestimme sich allein nach der Weiterbildungsordnung der jeweiligen Landesärztekammer. Nach der von der Landesärztekammer Hessen erlassenen Weiterbildungsordnung für Ärztinnen und Ärzte umfasse die Chirurgie die Erkennung und Behandlung von chirurgischen Erkrankungen, Verletzungen und Fehlbildungen mit den entsprechenden Untersuchungsverfahren sowie konservative und operative Behandlungsverfahren des Gebiets. Zur Chirurgie gehöre dabei auch die Durchführung der operativen Eingriffe des Gebietes einschließlich der zur Grundversorgung - nicht zu verwechseln mit den früheren Versorgungsstufen von Krankenhäusern - erforderlichen gefäßchirurgischen, thoraxchirurgischen, unfallchirurgischen und visceralchirurgischen Eingriffe. Die Unfallchirurgie decke auch die Behandlung des Stütz- und Bewegungssystems ab. Was die Klägerin hier sodann konkret gemacht habe, sei lediglich, für die Ausführung der Operation nicht auf einen angestellten Krankenhausarzt zurückzugreifen, sondern sich insoweit der Dienste des niedergelassenen Arztes Dr. med. D. als dienstvertraglich gebundenem Erfüllungsgehilfen zu bedienen. Wen die Klägerin mit der Ausführung der Operation im Rahmen ihrer Verpflichtung zur ärztlichen Behandlung im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 KHEntgG betraue, ob einen auf Grund eines Arbeitsvertrages angestellten Krankenhausarzt oder einen auf Grund eines Dienstvertrages verpflichteten niedergelassenen Arzt, obliege allein der unternehmerischen Entscheidung der Klägerin. Dr. med. D. sei auch weder als Belegarzt noch als Konsiliararzt tätig geworden sei. Ein Belegarzt sei nach § 18 Abs. 1 Satz 1 KHEntgG und § 121 Abs. 2 SGB V ein Arzt, der unter Inanspruchnahme der vom Krankenhaus bereitgestellten Dienste, Einrichtungen und Mittel vollstationär oder teilstationär eigene Patienten behandele, ohne hierfür vom Krankenhaus eine Vergütung zu erhalten. Dr. med. D. habe für seine Mitwirkung an der Behandlung der Versichten C. eine Vergütung erhalten. Außerdem sei für das Vorliegen einer belegärztlichen Behandlung kennzeichnend, dass es einen gespaltenen Krankenhausaufnahmevertrag mit sich gegenseitig abschließenden Rechten und Pflichten des Belegarztes sowie des Krankenhauses gegenüber dem Patienten gebe. Vorliegend sei Leistungserbringer und auch vertraglicher Haftungsschuldner allein die Klägerin gewesen. Ein Konsiliararzt im eigentlichen Sinne sei ein Arzt, der auf einem anderen Fachgebiet die behandelnden Ärzte unterstütze, indem er die Patienten untersuche und Behandlungsvorschläge mache. Insoweit sei der Konsiliarius als beratender Arzt und das Konsilium als Beratung mehrerer Ärzte zur Abklärung eines Krankheitsfalls zu beschreiben.

Weiter wird ausgeführt, das Bundessozialgericht (BSG) habe mit Urteil vom 24. Juli 2003 in der Sache B 3 28/02 R entschieden, dass die Vereinbarung von Fallpauschalen in den Pflegesatzverhandlungen (oder Synonym Budgetverhandlungen) keine Voraussetzung für ihre Abrechenbarkeit sei. Die Pflegesatzvereinbarung (oder Synonym Budgetvereinbarung) sei nämlich keine verbindliche Konkretisierung des Versorgungsauftrages eines Krankenhauses im Sinne von § 8 Abs. 1 Satz 3 KHEntgG. Letztlich stütze sich die Beklagte allein darauf, dass die Klägerin bei Dr. med. D. "Leistungen hinzugekauft" haben solle. Die Klägerin habe schon begrifflich keine "Leistungen hinzugekauft". Leistung sei nämlich die Gesamtheit der Behandlung eines Patienten, die mit den Entgelten nach § 7 KHEntgG vergütet würden. Sie bestünden aus ärztlicher Behandlung, Krankenpflege, Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln sowie Unterkunft und Verpflegung. Wie aber bereits ausgeführt, sei die Klägerin schon auf Grund ihres Versorgungsauftrages berechtigt, operative Behandlungen von Wirbelsäulenerkrankungen auf Kosten der gesetzlichen Krankenkassen zu erbringen. Was die Klägerin konkret gemacht habe, sei lediglich gewesen, für die Ausführung der Operation nicht auf einen angestellten Krankenhausarzt zurückzugreifen, sondern sich insoweit der Dienste des niedergelassenen Arztes Dr. med. D. als dienstvertraglich gebundenem Erfüllungsgehilfen zu bedienen. Wen sie mit der Ausführung der Operation im Rahmen ihrer Verpflichtung zur ärztlichen Behandlung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 KHEntgG betraue, ob einen auf Grund eines Arbeitsvertrages angestellten Krankenhausarzt oder einen auf Grund eines Dienstvertrages verpflichteten niedergelassenen Arzt, obliege allein der unternehmerischen Entscheidung der Klägerin. Der Grund hierfür habe darin gelegen, dass Dr. med. D. eben Operationstechniken beherrschte, die ihre angestellten Krankenhausärzte nicht in gleichem Maße beherrschten. Die Verbände der Krankenkassen hätten darüber hinaus in der Pflegesatzvereinbarung für das Jahr 2006 auch keinerlei Einwände dahingehend gehabt, dass die medizinische Leistungsstruktur des klägerischen Krankenhauses dahin habe verändert werden sollen, dass künftig auch operative Behandlungen von Wirbelsäulenerkrankungen durchgeführt würden. Dies müsse sich die Beklagte nun entgegenhalten lassen. Von einer fehlenden Leistungsfähigkeit des klägerischen Krankenhauses könne also keine Rede sein. Ihr Vorhandensein sei durch die kalkulatorische Berücksichtigung entsprechender Erlöse in der Pflegesatzvereinbarung bestätigt worden. Der Vorwurf der Beklagten, dass sich die Klägerin erst durch das Engagement des Dr. med. D. ihre Leistungsfähigkeit geschaffen habe, verfange insoweit nicht. Im Übrigen habe der Gesetzgeber in § 20 Abs. 2 Satz 2 der Ärzte-Zulassungsverordnung (Ärzte-ZV) zwischenzeitlich ausdrücklich anerkannt, dass niedergelassene Ärzte sehr wohl in Krankenhäusern nach § 108 SGB V tätig werden könnten oder mit ihnen zusammenarbeiten dürften, ohne dass sie hierfür Belegärzte sein müssten. Wie solle aber die Tätigkeit eines niedergelassenen Arztes in oder seine Zusammenarbeit mit einem Krankenhaus erfolgen, wenn letzterem zugleich untersagt wäre, die Behandlung, an der dieser Arzt mitgewirkt hätte, abzurechnen? Wenn die Beklagte sodann auf ein Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 16. April 2007 in der Sache S 11 KR 322/05 verweise, wonach ambulante Operationsleistungen im Sinne von § 115 b SGB V durch niedergelassene Ärzte in einem Krankenhaus keine Vergütungsansprüche des Krankenhauses auslösten, wenn diese niedergelassenen Ärzte nicht zugleich Angestellte des Krankenhauses seien, sei dem entgegenzuhalten, dass das ambulante Operieren unter anderen Voraussetzungen erfolge als eine vollstationäre Behandlung. Im Übrigen sei mehr als zweifelhaft, ob die Auffassung des Sozialgerichts Chemnitz zutreffend sei. Dies gelte auch insoweit, als das vorgenannte Urteil im Weiteren durch das Sächsische Landessozialgericht mit Urteil vom 30. April 2008 in der Sache L 1 KR 103/07 bestätigt worden sei. Dr. med. D. habe seine Leistung nämlich nicht vollkommen allein erbracht. An der Diagnostik und Therapie seien im Krankenhaus der Klägerin auch andere Krankenhausärzte der Chirurgie, der Anästhesie und des Labors sowie Pflege-, Funktions- und medizinisch-technisches Personal beteiligt gewesen. Selbst Dr. med. D. wäre insoweit ersetzbar gewesen. Dann hätte eben nicht er, sondern ein anderer Chirurg der Klägerin den operativen Eingriff vorgenommen. Es sei also nicht so, dass sich die Klägerin die gesamte Behandlungsleistung erst habe beschaffen müssen, um sie abrechnen zu können. Das Krankenhaus der Klägerin habe mit ihrer Organisation die Diagnostik und Therapie des Prolapses stattdessen als "Komplexleistung" erbracht.

Die Beklagte ist dem mit der Klage geltend gemachten Anspruch auch im Anschluss an die Klageerhebung nach wie vor entgegengetreten. Nach § 109 Abs. 4 Satz 2 SGB V sei ein zugelassenes Krankenhaus im Rahmen seines Versorgungsauftrages zur Krankenhausbehandlung der Versicherten verpflichtet. Mit dieser Behandlungspflicht im Rahmen des Versorgungsauftrages korrespondiere die Vorschrift des § 8 KHEntgG. So dürften nach § 8 Abs. 1 Satz 3 KHEntgG die Entgelte nur im Rahmen des Versorgungsauftrages berechnet werden. Eine Ausnahme bildeten insoweit allein Notfallpatienten. Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 KHEntgG gehörten zu den allgemeinen Krankenhausleistungen, die im Rahmen des Versorgungsauftrages erbracht werden könnten, die Krankenhausleistungen, die unter Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit des Krankenhauses im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinisch zweckmäßige und ausreichende Versorgung des Patienten notwendig seien. Zwar könne bei der Erbringung von Krankenhausleistungen ein Krankenhaus nach § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 KHEntgG auch auf "Dritte" zugreifen. Wie aber die Formulierung "unter diesen Voraussetzungen" in § 2 Abs. 2 Satz 2 KHEntgG unter Anknüpfung an § 2 Abs. 2 Satz 1 KHEntgG belege, könnten Krankenhäuser nur unter der Voraussetzung, dass sie für die betreffende Leistung bereits entsprechend leistungsfähig seien, Drittleistungen einkaufen. Im Umkehrschluss bedeute dies, dass es Krankenhäusern verwehrt sei, Drittleistungen mit dem Ziel einzukaufen, hiermit überhaupt für die jeweilige Leistung erst leistungsfähig zu werden. Die grundsätzliche Leistungsfähigkeit müsse damit bereits vor der Beschaffung der Drittleistung vorliegen und könne nicht erst ergänzend "hinzugekauft" werden. Zusammenfassend bedeute dies, dass als Leistung Dritter im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 KHEntgG nur bestimmte ergänzende Leistungen eingekauft werden könnten, nicht aber vollständige Leistungskomplexe, wie z.B. eine DRG-bestimmende Operation. Im o.a. Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 16. April 2007 sei es sodann zwar um eine ambulante Operationsleistung nach § 115 b SGB V gegangen, jedoch werde für ambulante Operationen lediglich der Tätigkeitsbereich von Krankenhäusern als Alternative zu kostenintensiven stationären Maßnahmen erweitert, das hieße, es müsse sich weiterhin - wie bei sonstigen Krankenhausbehandlungen - um eine Leistung des Krankenhauses handeln. Damit sei § 2 Abs. 2 Satz 1 KHEntgG anwendbar. Nach dem KHEntgG werde nicht alles, was im Krankenhaus geschehe, zu dessen Leistung erklärt. Sinn sei es insoweit, das Krankenhaus als Einheit als Gesamtpartner des Patienten für alle notwendigen Leistungen zu konzentrieren. Da das Krankenhaus nur im Rahmen seiner Leistungsfähigkeit arbeiten solle, sei es nicht berechtigt, über den Rahmen der eigenen Leistungsfähigkeit hinaus Leistungen einzukaufen und sodann als eigene abrechnen zu lassen. Der Katalog des § 2 Abs. 2 Satz 2 KHEntgG bzw. der entsprechenden Vorschrift in der Bundespflegesatz-Verordnung umfasse damit ausschließlich Hilfsleistungen Dritter, wie Verpflegungs- und Reinigungs- oder auch Labordienste. Die Hauptleistungspflicht verbleibe beim Krankenhaus. Insoweit sei es nicht möglich, z.B. Konsiliarärzte, die in Randbereichen des Fachgebietes im Rahmen einer fallweisen Mitbehandlung notwendig würden, als Drittleistungen anzusehen. Werde aber die eigentliche Hauptleistung, nämlich hier die Operation des Patienten, betroffen, sei das Krankenhaus mit eigenem Personal - soweit es die Leistungen als Krankenhausleistungen abrechnen wolle - zuständig. All dies umso mehr, als die Klägerin ausdrücklich vortrage, dass sie für die Ausführung der Operation nicht auf einen angestellten Krankenhausarzt zurückgegriffen habe, sondern sich insoweit der Dienste des niedergelassenen Arztes Dr. med. D. als dienstvertraglich gebundenem Erfüllungsgehilfen bedient habe. Der Grund hierfür habe nach dem weiteren Vortrag der Klägerin allein darin gelegen, dass Dr. med. D. Operationstechniken beherrsche, die die angestellten Krankenhausärzte der Klägerin nicht in gleichem Maße beherrschten. Mit dem eigenen Vorbringen der Klägerin sei damit davon auszugehen, dass die streitgegenständliche Operation gerade nicht zur Leistungsfähigkeit des Krankenhauses der Klägerin gehörte mit der Folge, dass die streitige Leistung auch nicht vom Versorgungsauftrag der Klägerin umfasst und damit auch nicht von der Beklagten zu vergüten sei. In alledem sehe sich die Beklagte durch das o.a. Berufungsurteil des Sächsischen Landessozialgerichts bestätigt. Eine Abrechnung von Drittleistungen stelle insoweit eine Ausnahme dar, die einer rechtlichen Grundlage bedürfe. Die Trennung der beiden Versorgungsbereiche sei auch deshalb von Belang, weil andernfalls das - im streitigen Zeitraum noch geltende - Zulassungsrecht der Vertragsärzte konterkariert werde, was auch dadurch verdeutlicht werde, dass die Hauptleistung des Krankenhauses bestimmend für die Abrechnung des gesamten Behandlungsfalles bleibe. Hauptleistung sei dann aber auch hier gerade die durchgeführte Operation gewesen. Mit dem Sächsischen Landessozialgericht ergebe sich insoweit aus § 107 SGB V der allgemeine Grundsatz, dass das Krankenhaus die Leistungen der Krankenhausbehandlung im Sinne des § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB V, die es auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung erbringen dürfe, durch ihr eigenes Personal durchführen lassen müsse, also durch Personen, die in die Arbeitsorganisation des Krankenhauses derart eingegliedert seien, dass sie für die Behandlung jederzeit verfügbar seien. Dem entspreche die Erbringung einzelner Behandlungsleistungen durch selbständige Dritte nicht. Nicht die Beschaffung der einzelnen Leistungen einer Krankenhausbehandlung, sondern deren Erbringung in ihrer eigenen Betriebsorganisation als Komplexleistung sei hier Aufgabe des Krankenhauses. Andernfalls liege das Zulassungssystem, das das Gesetz bei den Krankenhäusern vorsehe, leer. Denn dann könnten weder Leistungsfähigkeit noch Wirtschaftlichkeit oder Bedarfsgerechtigkeit des Krankenhauses an Hand seiner eigenen personellen und sächlichen Ressourcen beurteilt werden, wobei mit dem BSG (Urteil vom 28. Februar 2007, B 3 KR 17/06 R) Dritte ihren Vergütungsanspruch nur gegen das Krankenhaus richten könnten, sofern es sich um Leistungen handele, die im Verhältnis zu der vom Krankenhaus zu erbringenden Hauptleistung lediglich ergänzende oder unterstützende Funktionen hätten. Nach der Bestimmung des § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 KHEntgG sei es im Krankenhaus nicht möglich, die durch einen Dritten (niedergelassenen Vertragsarzt) erbrachte Hauptleistung (Operation) gegenüber der Krankenkasse abzurechnen.

Nachdem gegen das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 30. April 2008 beim BSG unter dem Aktenzeichen B 1 KR 13/08 R Revision eingelegt worden war, ist schließlich im vorliegenden Rechtsstreit mit Beschluss vom 20. August 2008 auf übereinstimmenden Antrag der Beteiligten das Ruhen des Rechtsstreits angeordnet worden. Mit der Rücknahme der Revision ist der Rechtsstreit dann unter dem o.a. Aktenzeichen fortgeführt worden, wobei die Beteiligten wechselseitig an ihren jeweiligen Auffassungen festhalten.

Die Klägerin hält die Entscheidung des Sächsischen Landessozialgerichts nach wie vor für nicht einschlägig, da es vorliegend um eine vollstationäre Krankenhausbehandlung im Sinne von § 107 Abs. 1 SGB V gehe. Die Klägerin habe an Leistungen ärztliche Behandlung, Krankenpflege, Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln sowie Unterkunft und Verpflegung erbracht. Der Vertragsarzt Dr. med. D. habe als freiberuflicher Mitarbeiter der Klägerin die in den §§ 2 Abs. 1 Satz 1 KHEntgG und § 39 Abs. 1 Satz 3 1. Halbsatz SGB V beschriebenen Krankenhausleistungen zu erbringen gehabt, indem er gemeinsam mit anderen, bei der Klägerin angestellten Ärzten die ärztliche Behandlung durchgeführt habe. Wenn man der Beklagten folgen würde, bedeute dies, dass alle Krankenhäuser, die freiberufliche ärztliche Mitarbeiter einsetzten, ihre Leistungen nicht abrechnen dürften. Gerade in der heutigen Zeit des Ärztemangels in vielen Krankenhäusern würden aber Ärzte tätig, die dort nicht angestellt seien, sondern als freie Mitarbeiter tätig würden und ein frei ausgehandeltes Arzthonorar erhielten. Solche Honorarärzte würden sogar inzwischen professionell vermittelt. Sodann habe aber auch das Verwaltungsgericht E-Stadt zwischenzeitlich mit Urteil vom 9. Februar 2010 in der Sache xxxxx die Frage zu entscheiden gehabt, ob ein zugelassenes Krankenhaus seinen Versorgungsauftrag auch unter dem Gesichtspunkt der Leistungsfähigkeit dann ausfülle, wenn es eine Bandscheibenoperation durch einen niedergelassenen Neurochirurgen durchführen lasse. Dies habe das Verwaltungsgericht E-Stadt überzeugend dahingehend bejaht, dass ein Krankenhaus sehr wohl einen externen Operateur hinzuziehen dürfe und hierdurch seine Leistungspflicht nicht überschritten werde. Insoweit sehe sich die Klägerin durch das vorgenannte Urteil in ihrer Auffassung bestätigt, dass es vorliegend auch im hier streitigen Zeitraum erlaubt gewesen sei, die in § 2 Abs. 1 KHEntgG genannten Krankenhausleistungen auch mit Unterstützung durch freiberufliche Ärzte zu erbringen. Die Verantwortung der gesamten Behandlung habe bei der Klägerin gelegen, nicht beim Vertragsarzt Dr. med. D ...

Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin aus Anlass der vollstationären Behandlung der Versicherten C. im Kreiskrankenhaus A-Stadt in der Zeit vom 20. November 2006 bis 24. November 2006 3.878,91 EUR zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 27. Dezember 2006 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Entgegen der Auffassung der Klägerin ließen sich die Urteilsgründe der Entscheidung des Sächsischen Landessozialgerichts, dem zwischenzeitlich auch das Sozialgericht Düsseldorf mit Urteil vom 2. September 2010 in der Sache S 8 KR 278/09 WA gefolgt sei, ohne weiteres auch auf den vorliegenden Sachverhalt übertragen. Denn nach Auffassung der Beklagten mache es keinen Unterschied, ob sich ein Krankenhaus zur Erbringung ambulanter Operationen oder aber zur Erbringung einer Operation unter vollstationären Bedingungen eines niedergelassenen Arztes bediene. Insoweit führe das Sächsische Landessozialgericht zutreffend aus, dass nach dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung Leistungen des Krankenhauses grundsätzlich nur die Leistungen seien, die das Krankenhaus durch eigenes Personal erbringe, nicht aber die Leistungen selbständiger Dritter. Denn Krankenhäuser seien, wie die Legaldefinition des § 107 Abs.1 SGB V deutlich mache, Einrichtungen, in denen personelle und sächliche Mittel zur Verwirklichung besonderer Zwecke zusammengefasst seien. Sie müssten über ausreichende, ihrem Versorgungsauftrag entsprechende diagnostische und therapeutische Möglichkeiten verfügen, wozu insbesondere jederzeit verfügbares ärztliches Pflege-, Funktions- und medizinisch-technisches Personal gehörten. Hieraus ergebe sich der allgemeine Grundsatz, dass das Krankenhaus die Leistungen der Krankenhaubehandlung im Sinne des § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB V, die es auf Kosten der gesetzlichen Krankenkasse erbringen dürfe, durch eigenes Personal durchführen lassen müsse, also durch Personen, die in die Arbeitsorganisation des Krankenhauses derart eingegliedert seien, dass sie für die Behandlung jederzeit verfügbar seien. Dem entspreche die Erbringung von einzelnen Behandlungsleistungen durch selbständige Dritte nicht. Nicht die Beschaffung der einzelnen Leistungen einer Krankenhausbehandlung, sondern deren Erbringung in ihrer eigenen Betriebsorganisation als Komplexleistung sei die Aufgabe eines Krankenhauses. § 2 Abs.2 Satz 2 Nr. 2 KHEntgG gelte schließlich nur, soweit es sich um Leistungen handele, die im Verhältnis zu der vom Krankenhaus zu erbringenden Hauptbehandlungsleistung lediglich ergänzende oder unterstützende Funktionen haben. Damit stießen die Versuche, die konsiliarärztliche Tätigkeit auf die Erbringung sämtlicher diagnostischer und therapeutischer Leistungen auszudehnen, bei der stationären Krankenhausbehandlung sehr schnell an ihre Grenzen. Das von der Klägerin abschließend in Bezug genommene Urteil des Verwaltungsgerichts E-Stadt könne dann ebenfalls zu keiner anderen Betrachtungsweise führen. So habe das Verwaltungsgericht E-Stadt auf den vorgelegten Kooperationsvertrag abgestellt, welcher mit dem die Operation ausführenden Arzt geschlossen worden sei. Aus den Urteilsgründen ergebe sich zudem, dass der niedergelassene Arzt lediglich zur "Mit-/Weiterbehandlung" zur Operation hinzugezogen worden sei. Abgesehen davon, dass vorliegend die Klägerin einen Kooperationsvertrag bislang nicht vorgelegt habe, ergebe sich auch aus dem Vortrag der Klägerin, dass Dr. med. D. eben gerade nicht lediglich zur "Mit-/Weiterbehandlung" hinzugezogen worden sei, sondern dass dieser allein die entsprechende Operationstechnik beherrscht habe. Ob dann ein mit Dr. med. D. geschlossener Kooperationsvertrag tatsächlich die Qualität eines Belegarztvertrages habe, also faktisch ein Belegarztvertrag vorliege und ob ein solcher mit den krankenhausplanerischen Vorgaben in Einklang stünde, was der streitigen Forderung ebenfalls entgegenstünde, könne bei alledem dahingestellt bleiben.

Wegen der weiteren Einzelheiten, insbesondere wegen des jeweiligen weiteren Vorbringens der Beteiligten, wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte insgesamt; ebenso wird Bezug genommen auf die von den Beteiligten jeweils wechselseitig vorgelegten weiteren Unterlagen, deren jeweiliger, den vorliegenden Rechtsstreit betreffender Inhalt gleichfalls Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, wobei Dr. med. D. ausweislich der beigezogenen Krankengeschichte und des in dieser enthaltenen Operationsberichts nicht nur der verantwortliche Operateur, sondern - wie auch in gleichgelagerten Rechtsstreiten der Klägerin gegen andere Krankenkassen - gleichzeitig auch der die Verordnung von Krankenhausbehandlung ausstellende, also einweisende Arzt war, die Verordnung, der diagnostisch eine Spinalkanalstenose mit Bandscheibenvorfall L4/5 zugrunde lag, dabei ausdrücklich als "Belegarztbehandlung" zur Operation gekennzeichnet war und der an die Hausärzte gerichtete Krankenhausentlassungsbericht mit dem Briefkopf der Klägerin auch ausdrücklich und allein von Dr. med. D. unterschrieben war; weiterhin wird dieser Bericht u.a. damit eingeleitet, dass sich die Versicherte in der Zeit vom yyy bis zzz in "meiner stationären Behandlung" befand.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist nach der ständigen Rechtsprechung der Kammer, die sich an die höchstrichterliche Rechtsprechung anlehnt, im Gleichordnungsverhältnis als allgemeine (echte) Leistungsklage (vgl. hierzu BSG in SozR 3 - 2500 § 39 Nr. 4, BSG, Urteil vom 17. Mai 2000, B 3 KR 33/99 R und zuletzt BSG, Urteil vom 13. Dezember 2001, B 3 KR 11/01 R) zulässig. Im Übrigen ergibt sich die Zuständigkeit der Sozialgerichte für Streitigkeiten aus dem Abrechnungsverhältnis zwischen Krankenhaus und Krankenkasse (vgl. BSG, Urteile vom 17. Mai 2000 und 13. Dezember 2001 wie vor) insoweit aber auch ausdrücklich aus § 51 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG), der u.a. auch Streitigkeiten zwischen Krankenhäusern und Krankenkassen in Angelegenheiten des SGB V der Sozialgerichtsbarkeit zuweist.

Die Klage ist sodann jedoch nicht begründet. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, der Klägerin die aus Anlass der o.a. stationären Behandlung ihrer Versicherten im Krankenhaus der Klägerin entstandenen streitigen Behandlungskosten zu zahlen, da auch zur Überzeugung der Kammer mit den o.a. ausführlich dargelegten, rechtlich überzeugenden Ausführungen der Beklagten im hier streitigen Zeitraum, auf den die Kammer allein abstellt, die auch nach Auffassung der Kammer den streitigen Krankenhausaufenthalt als Hauptleistung bestimmende Operation durch Dr. med. D. nicht mehr als gegenüber der Beklagten abrechenbare Krankenhauskomplexleistung im o.a. Sinne gewertet werden kann. Ob der streitige Anspruch bei alledem zusätzlich daran scheitert, dass die Leistung als solche bereits nicht vom Umfang des Versorgungsvertrages der Klägerin erfasst war, bleibt dahingestellt. Zumindest ansonsten macht sich die Kammer letztlich auf der weiteren Grundlage der vom Sächsischen Landessozialgericht mit Urteil vom 30. April 2008 in der Sache L 1 KR 103/07 aufgezeigten rechtlichen Grundsätze, die mit der Beklagten auch auf vollstationäre Krankenhausbehandlungen anzuwenden sind, sowie im Nachgang zum Urteil des BSG vom 28. Februar 2007 in der Sache B 3 KR 17/06 R, das die Herleitungen im Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts nach Auffassung der Kammer ausdrücklich stützt, bei alledem jedenfalls die Ausführungen der Beklagten vollinhaltlich zu Eigen, nimmt vollinhaltlich auf diese Ausführungen Bezug und sieht danach analog § 136 Abs. 3 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab. Der gegenteiligen Auffassung des Sozialgerichts Fulda im Urteil vom 19. Januar 2010, S 4 KR 495/06 (nicht veröffentlicht, Berufung anhängig beim Hessischen Landessozialgericht unter dem Az. L 1 KR 77/10) vermochte die Kammer insoweit nicht zu folgen, nachdem dieser eine von der vorgenannten Rechtsprechung, auch des BSG, abweichende Auffassung der Leistungen Dritter im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 KHEntgG zugrunde liegt, die die Kammer mit den Ausführungen der Beklagten zumindest bezogen auf das Jahr der hier streitigen Leistungserbringung, also das Jahr 2006, nicht zu teilen vermag. Dies deshalb, weil es sich bei Leistungen herangezogener Dritter nach § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 KHEntgG als Bestandteil der allgemeinen Krankenhausleistungen und mit den Entgelten für diese abgegolten eben nur handelt, selbst wenn sie als solche auch stationär und dabei gleichfalls durch Ärzte erbracht werden können, wenn diese Leistungen im Verhältnis zu der vom Krankenhaus zu erbringenden Hauptbehandlungsleistung allein ergänzende oder unterstützende Funktion haben und die Gesamtverantwortung hier dann zwar formal auch bei der Klägerin gelegen haben mag, ausweislich der beigezogenen Krankengeschichte im Hinblick auf den tatsächlichen Geschehensablauf und die Einbindung des Dr. med. D. in diesen von Anbeginn an dann tatsächlich bei letzterem. Insoweit sprechen also nicht nur die durch ihn selbst erfolgten Kennzeichnungen seiner Einweisungen als "Belegarztverordnungen" für sich.

Der Klage war somit insgesamt abzuweisen, wobei es auf die Frage des Vorliegens von vollstationärer Krankenhausbehandlungsnotwendigkeit i.S.v. § 39 SGB V im gesamtem streitigen Behandlungszeitraum als weiterer unabdingbarer Voraussetzung für den streitigen Vergütungsanspruch selbst nicht mehr ankam.

Die Kostenentscheidung folgt sodann aus den §§ 197a, 183 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 154 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Der gesonderten Entscheidung über eine Zulassung der Berufung bedurfte es nicht; Berufungsausschließungsgründe, die eine solche Entscheidung erforderlich gemacht hätten, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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