S 16 (19) SO 116/08

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
16
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 16 (19) SO 116/08
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 9 SO 518/10
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 15.04.2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12.06.2008 verurteilt, die ungedeckten Heimkosten für die Unterbringung der Klägerin im K-Haus C unter Außerachtlassung des Bestattungsvorsorgevertrages (E AG Versicherungsnummer 0) sowie unter Außerachtlassung der bei der Vorsorgekasse I E1 abgeschlossenen Sterbegeldversicherung (Versicherungsscheinnummer V 01; V 02; V 03) nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu übernehmen. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über einen Anspruch auf Übernahme der ungedeckten Heimkosten für die Unterbringung der Klägerin in einem Alten- und Pflegeheim nach den Bestimmungen des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII).

Die am 00.00.1919 geborene Klägerin lebt seit dem 23.12.2005 in dem Alten- und Pflegeheim K-Haus, C. Unter dem 04.01.2006 beantragte sie die Gewährung von Pflegewohngeld, das die Beklagte mit Bescheid vom 16.02.2006 bewilligte. Zusätzlich bezog die Klägerin u.a. Leistungen der Pflegekasse auf Grundlage der Pflegestufe I nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch.

Am 07.04.2008 beantragte die Klägerin - nach zwischenzeitlicher Feststellung der Pflegestufe II - die Übernahme der ungedeckten Heimkosten nach den Vorschriften des Sozialhilferechts. In den dem Antrag beigefügten Erklärungen zum Vermögen gab die Klägerin einen Bestattungsvorsorgevertrag, darüber hinaus eine bei der Vorsorgekasse I E1 bestehende Sterbegeldversicherung sowie ein Guthaben auf einem Sparbuch in Höhe von 253,61 EUR an.

In den Bestattungsvorsorgevertrag, der von der Klägerin am 22.12.2005 und von dem Bestattungsunternehmer I1, C, am 23.12.2005 unterzeichnet worden ist, hatte die Klägerin im Januar 2006 einen Betrag von 4.000,00 EUR eingezahlt, der von der E AG treuhänderisch verwaltet wird. Ziffer 3 des Bestattungsvorsorgevertrages hat folgenden Wortlaut:

"Falls der Vorsorgeempfänger den Bestattungsvorsorgevertrag kündigt, erfolgt die Auszahlung an den Anspruchsberechtigten gegen Nachweis der Kündigung, bei Fremdbestattung des Vorsorgeempfängers genügt die Vorlage dessen Sterbeurkunde. Anspruchsberechtigter ist aufgrund der Abtretung im Bestattungsvorsorge-Treuhandvertrag der Vertragsbestatter bzw. für den Fall seiner Freigabe der Treugeber oder dessen legitimierter Rechtsnachfolger."

Nach einer Kostenkalkulation vom 23.12.2005 wurden zuvor von dem Bestatter Bestattungskosten in folgender Höhe kalkuliert:

Sarg/Kiefer Vollholz für Erdbestattung ca. 1380 EUR
Deckengarnitut ca. 170 EUR Damen-Hemd ca. 80 EUR
Überführung im Raum C 130 EUR
Einsargung und Aufbewahrung 180 EUR
amtliche Erledigungen 170 EUR
2110 EUR

Ev. Kirchengemeinde V, vorhandes 2-er Wahllager bei 30 Jahre Verlängerung, Benutzung der Friedhofskapelle Ruhekammer. Orgelspiel, 6 Träger, Bestattungsgebühr ca. 2600 EUR
Dekoration Kapelle 60 EUR
Blumen und Sargschmuck ca. 320 EUR
Traueranzeige in NW, Größe 2 spaltig/ 120 mm 510 EUR
Trauerbriefe ca. 140 EUR
Danksagungen ca. 110 EUR
Todesbescheinigung ca. 120 EUR
Kaffeetafel, bei 50 Pers. ca. 500 EUR
Sterbeurkunden ca. 30 EUR 4390 EUR
Stand Dezember 2005 gesamt ca. 6500 EUR

Abdeckung der Kosten über Treuhandvertrag 4000 EUR
Eigenanteil der Kosten 2500 EUR

In einer ergänzenden "Bestattungsregelung" wurde erklärt, dass eine Erdbestattung erfolgen solle. Die Trauerfeier solle in der Friedhofskapelle V stattfinden. Die Beisetzung solle anschließend auf dem vorhandenen Wahllager Nr. ( ...) erfolgen.

Nach einer Aufstellung der Vorsorgekasse I E1 vom 01.04.2008 sind drei Sterbegeldversicherungen mit einer Grundversicherungssumme von jeweils 539,41 EUR abgeschlossen worden. Die auf den Versicherungsschein Nr. V - 01 laufende Versicherung (Eintrittsdatum der Klägerin in die Sterbekasse 01.10.1960) hat danach einen Rückkaufswert von 719,00 EUR; die beiden weiteren Versicherungen (V - 02 und V - 03; Eintritt 01.11.1985) haben einen Rückkaufswert von jeweils 689,00 EUR. Der Gesamtrückkaufswert der Sterbegeldversicherungen belaufe sich bei einer Kündigung zum 30.04.2008 mithin auf 2.097,00 EUR (Stand 30.04.2008). Wegen der Einzelheiten wird auf die Aufstellung zum Versicherungsstand vom 01.04.2008 Bezug genommen.

Schließlich legte die Klägerin einen Auszug eines Sparbuches vor, das für den 28.03.2008 ein zwischenzeitlich verwertetes Guthaben von 253,61 EUR auswies.

Mit Bescheid vom 15.04.2008 lehnte die Beklagte den Anspruch auf Gewährung von Sozialhilfe ab. Bei dem bestehenden Gesamtguthaben von ca. 6.500,00 EUR, bestehend aus dem Sparbuchguthaben, dem Guthaben für die Bestattungsvorsorge und dem Rückkaufswert einer Sterbegeldversicherung verfüge die Klägerin noch unter Berücksichtigung des ihr zustehenden Vermögensfreibetrages über ein Vermögen von ca. 3.900,00 EUR, welches zunächst zur Deckung der Heimkosten einzusetzen sei. Weder das für die Bestattungsvorsorge zurückgelegte Vermögen, noch der Rückkaufswert der bei der Vorsorgekasse I E1 bestehenden Sterbegeldversicherungen seien geschützt.

Den hiergegen am 25.04.2008 erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12.06.2008 unter Vertiefung der Ausführungen des Ausgangsbescheides zurück. Durch Kündigung des Bestattungsvorsorgevertrages sei die Umwandlung des hinterlegten Geldbetrages in verfügbares Einkommen möglich. Dieses gelte auch für die abgeschlossenen Sterbegeldversicherungen. Das vorhandene Vermögen sei in dem Umfang, in dem es den Vermögensfreibetrag von 2.600,00 Euro überschreite, weder als Schonvermögen geschützt, noch stelle die Verwertung für die Klägerin eine besondere Härte im Sinne des § 90 Abs. 3 SGB XII dar. Eine besondere Härte sei schon deshalb zu verneinen, da selbst bei Kündigung der Verträge der Sozialhilfeträger die vorläufigen Bestattungskosten nach Maßgabe der Bestimmungen des § 74 SGB XII übernehmen würde.

Mit der am 16.07.2008 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter. Zur Begründung verweist sie auf eine Entscheidung des Bundessozialgerichtes (BSG) vom 18.03.2008 (B 8/9b SO 9/06 R), wonach eine angemessene Bestattungsvorsorge sozialhilferechtlich geschützt sei. Dem Verweis der Beklagten auf § 74 SGB XII könne nicht gefolgt werden, da diese Anspruchsnorm im vorliegenden Fall nicht maßgeblich sei. Die Angemessenheit der dem Grunde nach geschützten Bestattungsvorsorge richte sich nach den Umständen des Einzelfalles. Die im vorliegenden Fall durch Vermögensrücklage gewährleistete Bestattung sichere lediglich eine einfache und würdige Bestattung; dies folge bereits aus der Kostenkalkulation des Bestatters I1 vom 22.12.2005, wonach ein Kostenaufwand von ca. 6.500,00 EUR kalkuliert worden sei (Stand Dezember 2005). Nach einer aktualisierten Kostenaufstellung (Stand 04.05.2009) sei sogar (einschließlich einer Grabgrundpflege) ein Kostenaufwand von 12.160,- EUR zu erwarten. Schließlich verweist sie auf eine zwischenzeitlich ergangene Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts des Landes Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) vom 16.11.2009 (12 A 1363/09). Dort sei - wenngleich in einem pflegegeldrechtlichen Kontext - eine Vermögensrücklage von 6.000,00 EUR für jedenfalls noch angemessen erachtet worden.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 15.04.2008 in Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12.06.2008 zu verurteilen, die ungedeckten Heimkosten für die Unterbringung der Klägerin im K-Haus in C unter Außerachtlassung des Bestattungsvorsorgevertrag (E AG Vertragsnummer 0) sowie unter Außerachtlassung der bei der Vorsorgekasse I E1 abgeschlossenen Sterbegeldversicherung (Versicherungsscheinnummer V 01, V 02, V 03) nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu übernehmen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die vom BSG in der Entscheidung vom 18.03.2008 aufgestellten Grundsätze dürften nicht undifferenziert auf einen Fall wie den vorliegenden angewandt werden. Hier sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin - was zutrifft - zwei Söhne habe, die als Erben bzw. als Unterhalts- und Bestattungspflichtige dazu verpflichtet seien, die Bestattungskosten zu tragen. Inwieweit bei Vorhandensein von etwaigen Bestattungspflichtigen die Annahme einer Härte im Rahmen des § 90 Abs. 3 SGB XII zu verneinen sei, habe das Bundessozialgericht in der vorgenannten Entscheidung nicht ausdrücklich beantwortet. Die Außerachtlassung dieser familiären Situation führe zu Ergebnissen, die mit dem Sinn und Zweck einer Härtevorschrift nicht vereinbar sei, da lediglich in besonderen Ausnahmefällen das Vermögen geschützt werden solle.

Zudem seien die für die Bestattungsvorsorge zurückgelegten Beträge der Höhe nach nicht angemessen. So werde bei Alleinstehenden ein Betrag von 3.500,00 EUR als angemessene Vermögensrücklage angesehen.

Das Gericht hat zunächst die Vertragsurkunden der mit der Vorsorgekasse I E1 abgeschlossenen Versicherungen beigezogen. In einer von der Kammer eingeholten Auskunft vom 02.07.2009 hat die Vorsorgekasse I E1 ergänzend erklärt, es handele sich bei den abgeschlossenen Versicherungen um reine Sterbegeldversicherungen. Beitragszahlungen erfolgten bis einschließlich des Monats, in dem der Versicherungsnehmer das 85. Lebensjahr vollende; anschließend erfolge eine Beitragsfreistellung. Die Auszahlung der Gesamtversicherungssumme erfolge nur / erst im Sterbefall. Bei einer Kündigung zum 30.06.2009 ergebe sich ein Rückkaufswert von 2.137,00 EUR.

Sodann hat das Gericht zur Ermittlung der Höhe der ortsüblichen Bestattungskosten von dem Bestatterverband Nordrhein-Westfalen eine Auskunft eingeholt. In der Auskunft vom 23.11.2009 führte dieser aus, dass statistische Angaben über die ortsüblichen Kosten einer würdevollen Bestattung im Raum C nicht vorhanden seien. Allerdings entsprächen die in der Sonderausgabe "Bestattung" der Stiftung Warentest (Stand November 2008) ermittelten statistischen Werte den Erfahrungswerten des Bestatterverbandes NRW. In der Auskunft, auf die wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird, wird weiterhin ausgeführt, dass die der Bestattungsvorsorge zugrunde liegende Kostenkalkulation den Preisrahmen für eine schlichte, aber würdevolle Bestattung nicht überschreite Soweit für die Grabgrundpflege in der aktualisierten Kostenkalkulation vom 04.05.2009 ein Betrag von 5.560,00 EUR zugrunde gelegt worden sei, sei dieser Betrag eher knapp bemessen.

Anschließend hat das Gericht eine Auskunft der Friedhofsverwaltung der Evangelischen Kirchengemeinde V beigezogen. Nach der Auskunft vom 19.03.2010 entstehen für eine Verlängerung eines zweistelligen Wahlgrabes für 30 Jahre, eine Bestattungsgebühr für eine Erstbestattung Wahlgrab, die der Benutzung der Friedhofskapelle, der Inanspruchnahme von sechs Sargträgern, der Benutzung der Ruhekammer und für die Bereitstellung eines Orgelspiels 2.997,00 EUR. Kosten für die Dekoration der Kapelle sowie für die Blumen und Sargschmuck seien in diesem Betrag allerdings nicht erfasst. Für die Grabpflege müsse für die Zeit der Totenruhe (nach Maßgabe der Friedhofssatzung dort 30 Jahre) für eine Minimumgrabpflege bei einem zweistelligen Wahlgrab ca. 5.000,00 EUR kalkuliert werden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Auskunft sowie dem Inhalt der beigezogenen Friedhofsgebührensatzung Bezug genommen.

Anschließend hat das Gericht eine Aufstellung der Beklagten beigezogen, aus der sich die Kosten für sog. Sozialbestattungen ergeben. Hiernach entstehen für solche Bestattungen auf dem Friedhof T in C Kosten in Höhe von 2.861,10 EUR (Erdbestattung); für eine Urnenbestattung auf dem Friedhof T 2.628,12 EUR. Bei einer Bestattung auf einem der Stadtfriedhöfe entstehen bei Durchführung einer Erdbestattung Kosten in Höhe von 4.168,10 EUR; bei einer Urnenbestattung auf einem der Stadtfriedhöfe in Höhe von 3.110,12 EUR. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Kostenaufstellung vom 07.06.2010 Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen. Sie sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die als sog. kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1, Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz - SGG) statthafte und im Übrigen zulässige Klage ist begründet.

Die Klägerin ist durch den Bescheid des Beklagten vom 15.04.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.06.2008 im Sinne des § 54 Abs. 2 SGG beschwert. Dieser Bescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Übernahme der ungedeckten Heimkosten für deren Unterbringung im K-Haus unter Außerachtlassung des Bestattungsvorsorgevertrages sowie unter Außerachtlassung der bei der Vorsorgekasse I E1 abgeschlossenen Sterbegeldversicherungen nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen des SGB XII.

Gemäß § 19 Abs. 3 SGB XII wird Hilfe zur Pflege nach dem Fünften bis Neunten Kapitel SGB XII geleistet, soweit den Leistungsberechtigten, ihren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern und, wenn sie minderjährig und verheiratet sind, auch ihren Eltern oder einem Elternteil die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels SGB XII nicht zuzumuten ist. Nach § 61 Abs. 1 SGB XII ist Personen, die wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Krankheit oder Behinderung nicht für die gewöhnlichen oder regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im täglichen Leben auf Dauer, voraussichtlich für sechs Monate in erheblichen oder höherem Maße der Hilfe bedürfen, Hilfe zur Pflege zu leisten. Die Hilfe zur Pflege umfasst nach § 61 Abs. 2 SGB XII häusliche Pflege, Hilfsmittel, teilstationäre Pflege, Kurzzeitpflege und stationäre Pflege. Dass die Klägerin diese Anspruchsvoraussetzungen erfüllt, ist zwischen den Beteiligten nicht streitig.

Gemäß § 90 Abs. 1 SGB XII ist grundsätzlich das gesamte verwertbare Vermögen einzusetzen. Vermögen sind alle beweglichen und unbeweglichen Güter und Rechte in Geld oder Geldeswert; umfasst werden auch Forderungen bzw. Ansprüche gegen Dritte (etwa Bundessozialgericht - BSG, Urt. vom 18.03.2008 (B 8/9b SO 9/06 R)). Zum Vermögen der Klägerin gehört somit zunächst der Bestattungsvorsorgevertrag einschließlich etwaiger Rückabwicklungsansprüche (hierzu I). Daneben gehören zu dem Vermögen der Klägerin die bei der Vorsorgekasse I E1 abgeschlossenen Sterbegeldversicherungen einschließlich ihres jeweiligen Rückkaufswertes (hierzu II). Diese Vermögenswerte sind in dem Rahmen, in dem sie den Vermögensfreibetrag gem. § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII überschreiten, auch nicht von der Schutzvorschrift des § 90 Abs. 2 SGB XII erfasst (hierzu III). Allerdings darf die Gewährung der Sozialhilfe nicht von der Verwertung des Bestattungsvorsorgevertrages und/oder der Verwertung der Sterbegeldversicherungen abhängig gemacht werden, da der Einsatz dieses Vermögens für die Klägerin eine Härte im Sinne des § 90 Abs. 3 Satz 1 SGB XII bedeuten würde (hierzu IV).

I. Zum Vermögen der Klägerin gehört zunächst der Hauptleistungsanspruch gegen den Bestattungsunternehmer aus dem Bestattungsvorsorgevertrag vom 22./23.12.2005; darüber hinaus aber auch alle aus dieser vertraglichen Beziehung resultierenden Rückabwicklungsansprüche nach Auflösung dieses Vertrages bzw. Ansprüche der Klägerin gegen denjenigen, bei dem der im Januar 2006 eingezahlte Betrag von 4.000,00 EUR auf ein Treuhandkonto hinterlegt ist. Ob diese Ansprüche im Sinne des § 90 Abs. 1 SGB XII verwertbar sind, richtet sich nach rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkten. Der Vermögensinhaber muss über das Vermögen verfügen dürfen, aber auch verfügen können. Beide Aspekte verlangen darüber hinaus eine Berücksichtigung des zeitlichen Aspektes; der Vermögensinhaber verfügt nicht über bereite Mittel, wenn er diese nicht in angemessener Zeit realisieren kann (BSG a.a.O Rdnr. 15 unter Hinweis auf Mecke, in: Eicher/Spellbrink, SGB XII, 2. Auflage, § 12 Rdnr. 13 mwN.).

Soweit es den vertraglichen Hauptleistungsanspruch der Klägerin gegen den Bestattungsunternehmer aus dem Bestattungsvorsorgevertrag betrifft, geht die Kammer davon aus, dass dieser Anspruch faktisch nicht verwertbar ist (so explizit für einen Bestattungsvorsorgevertrag auch BSG, a.a.O. Rdnr. 16). Allerdings besteht - was auch von der Klägerin nicht in Abrede gestellt wird - die Möglichkeit einer Kündigung des Bestattungsvorsorgevertrages (Ziffer 3 des Vertrages). Der sich im Fall einer Kündigung des Bestattungsvorsorgevertrages einschließlich des bestehenden Treuhandverhältnisses ergebende Rückabwicklungsanspruch der Klägerin ist jedoch gleichermaßen als Vermögen der Klägerin anzusehen.

II. Auch die bei der Vorsorgekasse I E1 abgeschlossenen Sterbegeldversicherungen stellen Vermögen der Klägerin dar. Sämtliche Versicherungen stellen dem Grunde nach verwertbares Vermögen im Sinne des § 90 Abs. 1 SGB XII dar, wenn ein vorzeitiges Kündigungsrecht und ein Anspruch auf Auszahlung des Rückkaufswertes besteht. Dieses gilt auch für Sterbegeldversicherungen (LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. vom 19.03.2009 - L 9 SO 5/07 - juris Rdnr. 36). Die von der Klägerin abgeschlossenen Sterbegeldversicherungen sind kündbar. Dieses ergibt sich auch aus der Auskunft der Vorsorgekasse vom 02.07.2009, in der der Rückkaufswert der Sterbegeldversicherungen für den Fall einer Kündigung ausgewiesen wird.

III. Weder der Bestattungsvorsorgevertrag, noch die bestehenden Sterbegeldversiche-rungen sind von § 90 Abs. 2 SGB XII geschützt.

1. Zunächst ist die Verwertung des Bestattungsvorsorgevertrages nicht durch § 90 Abs. 2 SGB XII ausgeschlossen. Hiernach darf die Gewährung von Leistungen der Sozialhilfe nicht vom Einsatz oder von der Verwertung der in den Nummern 1 bis 9 aufgeführten Vermögenswerte (sog. Schonvermögen) abhängig gemacht werden. Zu dem in diesen Normen abschließend aufgezählten Ausnahmekatalog fällt der Bestattungsvorsorgevertrag nicht. (vgl. insoweit auch BSG a.a.O. Rdnr. 19).

2. Auch die bei der Vorsorgekasse I E1 abgeschlossenen Sterbegeldversicherungen sind nicht nach Maßgabe des § 90 Abs. 2 SGB XII vor einer Verwertung geschützt. Die in § 90 Abs. 2 Nr. 1 - 9 SGB XII normierten Schutzvorschriften erfassen eine Sterbegeldversicherung nicht (LSG NRW, a.a.O., Rn. 41 mwN.).

IV. Die Sozialhilfe darf jedoch nicht von einem Einsatz oder der Verwertung der unter I und II dargestellten Vermögenswerte abhängig gemacht werden.

Dieses folgt aus § 90 Abs. 3 Satz 1 SGB XII. Danach darf die Sozialhilfe nicht vom Einsatz oder von der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden, soweit dies für den, der das Vermögen einzusetzen hat und für seine unterhaltsberechtigten Angehörigen eine Härte bedeuten würde. Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben. Die Verwertung des bei der E AG hinterlegten Vermögens sowie der Rückkaufswert der bei der Vorsorgekasse I E1 abgeschlossenen Sterbegeldversicherungen stellen eine Härte i. S. d. § 90 Abs. 3 Satz 1 SGB XII dar.

1. Das BSG hat in dem Urteil vom 18.03.2008 ausgeführt, dass bereits nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung (vgl. etwa Urteil des BVerwG vom 11.12.2003 - 5 C 84.02 - FEVS 56, 302 ff.) dem Wunsch des Menschen, für die Zeit nach nach seinem Tode durch angemessene Bestattung und Grabpflege vorzusorgen, Rechnung getragen und Vermögen aus einem Bestattungsvorsorgevertrag sowohl für die angemessene Bestattung als auch für eine angemessene Grabpflege als Schonvermögen im Sinne der Härtefallregelung anzusehen ist. Hierfür spricht nicht zuletzt, dass die Bundesregierung eine Gesetzesinitiative des Bundesrates, mit der die ausdrückliche Privilegierung eines Bestattungsvorsorgevertrages angeregt worden war, mit der Begründung abgelehnt hatte, die vorgesehene Regelung sei nicht erforderlich, weil bereits nach geltendem Recht mit der Härtefallregelung des § 90 Abs. 3 SGB XII sowie der Vorschrift des § 74 SGB XII eine menschenwürdige Bestattung für Sozialhilfeempfänger sichergestellt sei (BT-Drucks. 16/239, Art. 3 Nr. 4, Seite 10, 15 und 17). Die Kammer schließt sich dieser Rechtsprechung ausdrücklich an.

Soweit die Beklagte meint, die Klägerin könne sich auf § 90 Abs. 3 Satz 1 SGB XII deshalb nicht berufen, weil der Bestattungsvorsorgevertrag am Tag vor der Aufnahme in die Pflegeeinrichtung von der Klägerin unterzeichnet worden sei, folgt die Kammer dieser Auffassung nicht. Das BSG hat in der bereits zitierten Entscheidung ausdrücklich aufgeführt, dass der Anspruch der Klägerin auf Gewährung von Sozialhilfeleistungen allenfalls dann zu verneinen ist, wenn die Klägerin den Bestattungsvorsorgevertrag in der Absicht im Sinne direkten Vorsatzes geschlossen hätte, die Gewährung von Sozialhilfe herbeizuführen. Hierfür fehlen allerdings hinreichende Anhaltspunkte. Die Beklagte selbst hat keine objektivierbaren Anhaltspunkte dafür benannt, die dafür sprechen könnten, dass die Klägerin tatsächlich im Sinne eines direkten Vorsatzes gehandelt hätte.

Allein aus dem Umstand, dass der Bestattungsvorsorgevertrag offenbar unmittelbar vor der Heimaufnahme abgeschlossen wurde, lässt sich jedoch nicht herleiten, dass der Abschluss des Bestattungsvorsorgevertrages in der Absicht erfolgt ist, die Gewährung von Sozialhilfe herbeizuführen. Gegen eine dahingehende Absicht spricht bereits, dass die Klägerin nicht zeitnah nach Aufnahme in das Alten- und Pflegeheim auch tatsächlich Sozialhilfe beantragt hat. Der Antrag auf Gewährung von Sozialhilfe ist vielmehr erst etwa zwei Jahre später gestellt worden. Bei diesen zeitlichen Zusammenhängen liegt ein zielgerichtetes Handeln zum Erwerb eines Sozialhilfeanspruchs fern (vgl. auch VG Münster, Urt. v. 22.09.2009 (6 K 1044/08 - juris-), wonach sogar der Abschluss eines Bestattungsvorsorgevertrages nach Heimaufnahme zur Annahme einer absichtlichen Herbeiführung des Leistungsanspruchs nicht ausreicht). Eine Person, die in ein Alten- und Pflegeheim aufgenommen wird, muss auch nicht regelmäßig davon ausgehen, dass zu einem späteren Zeitpunkt evtl. die Gewährung von Sozialhilfe erforderlich wird. Im vorliegenden Fall ist in diesem Zusammenhang auch von Bedeutung, dass erst die Höherstufung der Klägerin in die Pflegestufe II die Gewährung von Sozialhilfe notwendig gemacht hat. Dass jedoch bereits im Zeitpunkt der Heimaufnahme eine Veränderung der Pflegestufe zugunsten der Pflegestufe II ersichtlich war, ergibt sich aus der Verwaltungsakte der Beklagten nicht.

2. Auch die Sterbegeldversicherungen sind im Rahmen des § 90 Abs. 3 Satz 1 SGB XII von der Verwertung ausgeschlossen. Reine Sterbegeldversicherungen können hiernach Schutz genießen, wenn vertragliche Dispositionen getroffen worden sind, die sicherstellen, dass eine andere Zweckverwendung des Vermögens ausgeschlossen oder zumindest wesentlich erschwert ist (LSG NRW, Urt. v. 19.03.2009 - L 9 SO 5/07 unter Hinweis auf LSG NRW, Urt. v. 19.11.2007 - L 20 SO 40/06). Während diese Voraussetzungen bei sog. Erlebens- und Todesfallversicherungen regelmäßig nicht zu bejahen sind, da diese Versicherungen letztlich von ihrem vertraglichen Zuschnitt her kapitalbildende Lebensversicherungen darstellen, denen eine besondere Zweckbestimmung in Richtung auf die Bestattung und/oder Grabpflege nicht innewohnt, kann der Schutz des § 90 Abs. 3 Satz 1 SGB XII reinen Sterbegeldversicherungen zugute kommen (LSG NRW, Urt. v. 19.03.2009, Rdnr. 44). Maßgeblich ist auch insoweit, ob dem Versicherungsvertrag eine auf die Zeit nach dem Tod gerichtete Zweckbestimmung für die Bestattungsvorsorge und/oder Grabpflege innewohnt oder vielmehr - wie typischerweise bei Erlebens- und Todesfallversicherungen - eine Fälligkeit auch zu Lebzeiten eintreten kann.

Diesen Maßstäben folgend darf die Gewährung der Sozialhilfe nicht von den bei der Vorsorgekasse I E1 abgeschlossenen Sterbegeldversicherungen abhängig gemacht werden. Diese Versicherungen stellen reine Sterbegeldversicherungen dar, was der Versicherer auch in der beigezogenen Auskunft ausdrücklich bestätigt hat. Die Auszahlung der Versicherungssumme erfolgt nur/erst im Todesfall. Bei diesen vertraglichen Bedingungen ist weitgehend ausgeschlossen, dass die Klägerin die Versicherungssumme zur Bestreitung des Lebensunterhalts verwendet. Dem Schutz nach § 90 Abs. 3 Satz 1 SGB XII steht auch nicht entgegen, dass eine vorzeitige Kündigung und Entgegennahme des Rückkaufswertes prinzipiell möglich ist (LSG NRW, a.a.O., Rdnr. 44).

3. Das von der Klägerin für die Bestattung zurückgelegte Vermögen ist auch der Höhe nach angemessen. Es gewährleistet nach Überzeugung der Kammer eine einfache aber würdevolle Bestattung einschließlich einer angemessenen Grabpflege. Anhaltspunkte für eine unangemessen hohe Vermögensrücklage sind nach Auffassung der Kammer nicht gegeben.

Bis zu welchem Betrag noch von einer angemessenen Bestattung gesprochen werden kann, ist von der Rechtsprechung bislang nicht abschließend geklärt (VG Münster, Urt. v. 22.09.2009 - 6 K 1044/08 (knapp 5.500,00 Euro im konkreten Fall); Bay. LSG, Urt. v. 25.09.2008 - L 11 SO 32/07 - juris (ca. 3.200,00 Euro im konkreten Fall); SG Dortmund, Urt. v. 13.02.2009 - S 47 SO 188/06 - juris (wohl 3.500,00 Euro); SG Aachen. Urt. v. 15.09.2009 - S 20 SO 28/09 - juris (5.000,00 Euro); SG Schleswig, Beschl. v. 18.06.2008 - S 12 SO 54/08 ER (doppelter Betrag für eine Bestattung nach § 74 SGB XII); SG Hildesheim, Gerichtsbescheid vom 24.07.2009 - S 34 SO 75/07 (6.500,00 Euro im konkreten Fall); zitiert nach OVG Münster, Urt. v. 16.11.2009 - 12 A 1363/09, welches einen Betrag von 6.000,00 Euro als jedenfalls angemessen erachtet). Auch das BSG hat unter Hinweis auf die frühere verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung lediglich betont, dass Vermögen im Sinne der Härtefallregelungen nur geschützt ist, soweit es für eine angemessene Bestattung und eine angemessene Grabpflege zweckgebunden zurückgelegt wird (BSG, a.a.O., Rdnr. 22). Hiervon ausgehend richtet sich die Angemessenheit in erster Linie nach den vorgesehen Leistungen und den örtlichen Preisen für eine Bestattung.

a. Hiervon ausgehend folgt die Kammer zunächst nicht dem von der Beklagten zur Bewertung der Angemessenheit befürworteten Rückgriff auf § 74 SGB XII. Nach dieser Vorschrift werden die erforderlichen Kosten einer Bestattung übernommen, soweit den hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen. Die Schutzrichtung dieser Regelung ist allerdings mit dem hier vorliegenden Fall nicht vergleichbar. § 74 SGB XII dient dem Zweck, eine würdige Bestattung auch dann zu gewährleisten, wenn der Tote mittellos ist und den an sich zur Tragung der Bestattungskosten Verpflichteten eine Kostentragung im konkreten Fall nicht zugemutet werden kann (Schlette, in: Hauck/Noftz, Sozialgesetzbuch SGB XII, Loseblattsammlung, Stand Juni 2010, § 74 Rn. 1a mwN). Mit dieser Konstellation ist der vorliegende Sachverhalt, in dem eine altersbedingt in ein Alten- und Pflegeheim aufgenommene Klägerin aus ihrem eigenen Vermögen finanzielle Mittel zweckgebunden für die Bestattungsvorsorge zurückgelegt hat, nicht vergleichbar. Zudem werden bei Zugrundelegung der Kosten für eine Sozialbestattung nach § 74 SGB XII Aufwendungen für eine angemessene Grabpflege nicht in die Kalkulation eingestellt, da hierfür - jedenfalls nach der Kostenaufstellung der Beklagten im vorliegenden Fall - solche Kosten nicht entstehen. Dass indessen Aufwendungen für eine angemessene Grabpflege als Bestandteil einer angemessenen Bestattungsvorsorge bei der Beurteilung der Härte i.S.d. § 90 Abs. 3 Satz 1 SGB XII zu berücksichtigen sind, hat das BSG ausdrücklich betont (BSG, a.a.O., Rdnr. 22). Zudem überzeugt eine Angemessenheitsbeurteilung nach Maßgabe der Kosten für eine Sozialbestattung auch deshalb nicht, da die Träger der Sozialhilfe in diesem Rahmen regelmäßig in der Lage sein dürften, mit den örtlichen Bestattungsunternehmen günstigere Preise und Konditionen aushandeln können.

Dass die Klägerin zwei Söhne hat, die im Fall des Todes der Klägerin ggf. als Bestattungspflichtige für eine Bestattung zu sorgen haben, steht dem Schutz des § 90 Abs. 3 Satz 1 SGB XII gleichfalls nicht entgegen. Der im Rahmen des § 90 Abs. 3 Satz 1 SGB XII anzuerkennende Wunsch vieler Menschen, für die Zeit nach dem Tod eine angemessene Bestattungsvorsorge zu treffen, würde weitgehend ins Leere gehen, wenn allein wegen des Vorhandenseins von Angehörigen der Vermögensschutz entfiele. Der Wunsch eines älteren Menschen an der Gewährleistung einer würdigen Bestattung beinhaltet nach Überzeugung der Kammer gerade, die später notwendig werdende Bestattung auch ohne Inanspruchnahme von Angehörigen sicherzustellen. Dementsprechend zielt eine angemessene Bestattungsvorsorge auch und gerade darauf ab, den Angehörigen gerade nicht Kosten aus Anlass einer Bestattung aufzubürden.

b. Nach Auswertung der im Klageverfahren eingeholten Auskünfte ist für die Kammer nicht ersichtlich, dass die zurückgelegten Vermögenswerte den Rahmen einer angemessenen und würdigen Bestattung überschritten haben. So sind der Kostenkalkulation vom 23.12.2005, die die Grundlage für den abgeschlossenen Bestattungsvorsorgevertrag bildete, ausschließlich solche Positionen zu entnehmen, die nach Auffassung der Kammer im Raum Ostwestfalen und insbesondere im Raum C ortsüblich ist. Beispielsweise ist für die Kammer nicht erkennbar, dass ein aus Kiefervollholz hergestellter Sarg den Rahmen einer einfachen Bestattung überschreitet. Auch eine Ausstattung mit einer Deckengarnitur und einem Leichenhemd entspricht nach Überzeugung der Kammer den ortsüblichen Gepflogenheiten. Dass die einzelnen Kostenansätze übersetzt sind, lässt sich nach Auffassung der Kammer nicht feststellen. Dasselbe gilt etwa für Traueranzeigen, Trauerbriefe und Danksagungen. Es entspricht nach Überzeugung der Kammer ebenso den Gepflogenheiten im Raum Ostwestfalen, aus Anlass einer Beerdigung eine Kaffeetafel anzubieten. Der hierfür kalkulierte Betrag von 500,00 Euro erscheint der Kammer gleichfalls nicht übersetzt. Dass etwaige Aufwendungen für eine Beerdigungsfeier nicht nach § 74 SGB XII erforderlich sind (so jedenfalls Berlit, in: Lehr- und Praxiskommentar SGB XII, 8. Aufl., § 74 Rdnr. 14 mwN.), ist angesichts des nicht deckungsgleichen Schutzzwecks nicht von Belang.

Ohnehin lässt sich feststellen, dass sich die in den Bestattungsvorsorgevertrag und in die Sterbegeldversicherungen eingezahlten Beträge an der Kostenkalkulation des Bestatters orientieren. So wird in der Kostenkalkulation vom 23.12.2005 ein Gesamtbetrag von ca. 6.500,00 Euro veranschlagt. Dieser Betrag solle über den Treuhandvertrag (4.000,00 Euro) sowie einen Eigenanteil von 2.500,00 Euro erfolgen. Für diesen Eigenanteil stehen die Sterbegeldversicherungen zur Verfügung. Hierdurch wird erkennbar, dass sich die Klägerin bei ihrer Bestattungsvorsorge an den Kosten orientiert hat, die nach der Kalkulation des Bestatters voraussichtlich entstehen werden.

c. Die Kammer geht überdies davon aus, dass eine in jedem Einzelfall vorzunehmende Überprüfung, ob noch von einer angemessenen Bestattungsvorsorge auszugehen ist, gerade in der Verwaltungspraxis mit einem nicht unerheblichen Aufwand verbunden sein dürfte. Zusätzliche Schwierigkeiten dürften daraus erwachsen, dass im Zeitpunkt der Entscheidung über den Sozialhilfeantrag in aller Regel noch nicht hinreichend genau prognostizierbar ist, welche Kosten überhaupt entstehen werden. Dieses etwa deshalb, weil weder die Entwicklung der konkret anfallenden (Friedhofs-)Gebühren noch der Zeitpunkt absehbar ist, zu dem die Bestattungskosten tatsächlich anfallen werden. Zudem dürfte vielfach noch nicht einmal feststehen, auf welchem Friedhof eine Bestattung erfolgen soll, weil der Betroffene eine dahingehende Entscheidung noch nicht getroffen hat.

Vor diesem Hintergrund erscheint nach Auffassung der Kammer die von dem OVG NRW in der Entscheidung vom 16.11.2009 gewählte Berechnungsmethode sinnvoll, zumal mit dieser auch die besonderen Verhältnisse am Ort der Bestattung Berücksichtigung finden. Hiernach ist zur Bestimmung der Angemessenheit einer Bestattungsvorsorge zunächst auf die Kosten abzustellen, die die örtlich zuständige Behörde als erforderliche Bestattung nach § 74 SGB XII zu übernehmen hat (Grundbetrag), denn insofern wird örtlichen Besonderheiten wie unterschiedlichen Friedhofskosten Rechnung getragen. Dabei ist hinsichtlich der Art der Bestattung (Erdbestattung, Feuerbestattung etc.) in der Regel die Entscheidung des Betroffenen zugrunde zu legen. Der sich hieraus ergebende Kostenbetrag, der lediglich den einfachsten Standard repräsentiert und darüber hinaus auf vertraglichen (Rabatt-)Vereinbarungen der Behörde mit den örtlichen Bestattern beruhen kann, ist unter Berücksichtigung etwaiger Gestaltungswünsche bis zur Grenze der Angemessenheit zu erhöhen (Erhöhungsbetrag). Dabei können die Kosten einer durchschnittlichen Bestattung als Richtschnur dienen. Die Kosten einer durchschnittlichen Erdbestattung betragen nach den Erhebungen der Stiftung Warentest 7.167,00 Euro (Stiftung Warentest, Test Spezial Bestattung, November 2008, S. 50). Dass sich die durchschnittlichen Kosten für eine einfache Bestattung im Raum C hiervon wesentlich unterscheiden, liegt für die Kammer nicht nahe. Bei der Stadt C handelt es sich um eine mittlere Großstadt und nicht etwa um eine Region im ländlichen Raum, wo möglicherweise niedrigere Kosten entstehen können. Insoweit hat die Kammer keine Bedenken, den von der Stiftung Warentest zugrunde gelegten Beträgen zu folgen.

Nach den Ermittlungen der Kammer belaufen sich die Kosten für eine Erdbestattung auf dem Friedhof T im Rahmen der Sozialbestattung nach § 74 SGB XII auf 2.861,10 EUR; auf einem der Stadtfriedhöfe auf einen Betrag von 4.148,10 EUR. Verdoppelt man den hieraus gebildeten Mittelwert von 3.504,60 EUR, gelangt man zu einem Betrag von 7.009,20 EUR. Dieser Wert überschreitet den von Stiftung Warentest ermittelten Durchschnittsbetrag für eine einfache Bestattung nicht. Auch das von der Klägerin für die Bestattungsvorsorge zurückgelegte Vermögen unterschreitet das Doppelte des im Rahmen einer Sozialbestattung von der Beklagten aufzuwendenden Betrages wesentlich. Der Rückkaufswert des Bestattungsvorsorgebetrages beläuft sich auf 4.152,00 (Stand Januar 2008); der Rückkaufswert der Sterbegeldversicherungen beläuft sich auf 2.097,00 Euro (Stand 30.04.2008) bzw. 2.137,00 Euro (Stand 30.06.2009).

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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