L 1 B 1/08 KR-PKH

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 18 KR 132/07
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 1 B 1/08 KR-PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Zum Anspruch eines Arbeitgebers auf Prozesskostenhilfe für die Anfechtungsklage gegen den Beitragssummenbescheid, wenn der Arbeitgeber - nach vorausgegangener Absprache im Strafprozess - gestanden hat, vorsätzlich Beiträge in erheblichem Umfang nicht abgeführt zu haben, und deswegen rechtskräftig vom Strafgericht verurteilt worden ist.
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 15. November 2007 wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Im Hauptsacheverfahren ist die Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen streitig.

Der Kläger war Inhaber der Firma S. Aufgrund der Ergebnisse von Baustellenkontrollen durch das Hauptzollamt Erfurt wurde gegen ihn ein Ermittlungsverfahren eingeleitet, das am 08.03.2005 unter dem Az. 232 Ls 115 Js 049721/03 zu seiner Verurteilung durch das Amtsgericht Dresden (AG) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr auf Bewährung wegen Betruges in 45 Fällen führte, weil er von April 1999 bis November 2002 nicht alle versicherungspflichtig Beschäftigten ordnungsgemäß angemeldet habe, wodurch den Einzugsstellen ein Gesamtschaden von 287.389,53 EUR entstanden sei, was aufgrund der vollumfänglichen geständigen Einlassung des Klägers feststehe. Daraufhin hörte ihn die Beklagte mit Schreiben vom 02.06.2005 zur beabsichtigten Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen von insgesamt 426.950,96 EUR (287.164,96 EUR vorenthaltene Beiträge und 139.786,00 EUR Säumniszuschläge) an. Der Kläger machte mit Schreiben vom 02.09.2005 geltend, sein im Strafverfahren abgegebenes Geständnis habe nicht die Höhe der hinterzogenen Beiträge umfasst; tatsächlich seien weit weniger Beiträge nicht abgeführt worden, als die Staatsanwaltschaft ermittelt habe, da die von ihr ermittelten Umsätze nicht den tatsächlichen Gegebenheiten entsprächen (1999: 293.622,13 DM [statt 355.244,87 DM]; 2000: 669.398,46 DM [statt 927.498,85 DM]; 2001: 1.100.992,07 DM [statt 1.180.920,24 DM]; 2002: 542.568,74 EUR [statt 428.154,51 EUR]), bei den ermittelten Umsätzen die Ausgaben für den Einsatz von Subunternehmern nicht berücksichtigt worden seien (von den Arbeitnehmern des Klägers erwirtschafteter Umsatz von 662.637,34 EUR; von den Arbeitnehmern der Subunternehmer erwirtschafteter Umsatz von 859.139,24 EUR) und der Lohnaufwand keineswegs 2/3 des Umsatzes betrage, wie Stichprobenberechnungen ergeben hätten.

Mit Bescheid vom 16.03.2006 setzte die Beklagte für die Zeit vom 01.04.1999 bis zum 30.11.2002 eine Beitragsnachforderung von insgesamt 277.726,84 EUR (einschließlich Säumniszuschlägen von 92.236,64 EUR) fest; dies erfolgte in der Form des Summenbescheides. Bei der Baustahlarmierung handele es sich um ein lohnintensives Gewerbe; deshalb seien für die Berechnung der Gesamtlohnsumme 2/3 der erzielten Nettoumsätze zugrunde gelegt worden. Die gebuchten Eingangsrechnungen der Subunternehmen, die aus den durch die Steuerkanzlei übermittelten Aufstellung hervorgingen, seien bis zur Einstellung ihrer Betriebstätigkeit berücksichtigt worden (B. H , K Bau GmbH, T.-Bau GmbH, I.-Bau, S.-Bau, S Bauausführung GmbH). Zugleich seien die tatsächlich durch die Steuerkanzlei verbuchten Umsätze zugrunde gelegt worden (1.585.689,08 EUR). Daraus ergebe sich eine Gesamtlohnsumme von 763.095,62 EUR, wovon bei den Einzugsstellen beitragspflichtige Arbeitsentgelte von 319.286,45 EUR gemeldet worden seien. Mit seinem hiergegen gerichteten Widerspruch wandte sich der Kläger gegen die Schätzung des Lohnaufwands auf 2/3 des Umsatzes, gegen die Berücksichtigung nur solcher Rechnungen von Subunternehmen, die nur "bis zur Einstellung der Betriebstätigkeit des jeweiligen Subunternehmers in der Buchhaltung [der Firma des Klägers] gebucht" worden seien (Nichtberücksichtigung von Rechnungen der T -Bau GmbH für die Jahre 2000 und 2001 sowie der S -Bau für Dezember 2001), und gegen die Nichtberücksichtigung solcher Rechnungen von Subunternehmern, die niemals amtlich in Erscheinung getreten seien (Nichtberücksichtigung von Rechnungen der I -Bau für das Jahr 2000). Der Kläger regte an, durch die Vernehmung früherer Vorarbeiter seines Unternehmens zu ermitteln, dass die T -Bau GmbH und die I -Bau für ihn Leistungen in den nicht anerkannten Zeiträumen als Subunternehmer erbracht hätten. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 19.02.2007 zurück. Eine vollständige Berücksichtigung aller gebuchten Eingangsrechnungen der Subunternehmen könne nicht erfolgen, da keine Subunternehmerverträge vorlägen und von einer weiteren Existenz der Subunternehmen nicht ausgegangen werden könne. Es sei daher von Nettoumsätzen abzüglich der anerkannten Subunternehmerrechnungen in Höhe von 1.144.757,90 EUR auszugehen. Es sei auf der Grundlage des Urteils des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 24.09.1986 (3 StR 336/86) seit langem anerkannt, den Lohnaufwand auf 2/3 der Nettoumsätze zu schätzen. Hieraus errechneten sich die festgesetzten Beitragsforderungen und Säumniszuschläge.

Der Kläger hat am 21.03.2007 beim Sozialgericht Dresden (SG) Anfechtungsklage erhoben und am 30.04.2007 die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) beantragt. Er trägt vor, die Rechnungen der Subunternehmer H ..., K Bau GmbH und S ...-Bauausführung GmbH seien vollständig von der Beklagten berücksichtigt worden, die Rechnungen der T.-Bau GmbH und S ...-Bau nur teilweise (nur bis zum 05.01.2000 bzw. nicht vom 01.06.2001 bis 01.08.2001), dagegen überhaupt nicht die Rechnungen der I.-Bau. Der Kläger macht geltend, die bislang unberücksichtigten Rechnungen der Subunternehmen T.-Bau GmbH für die Jahre 2000 und 2001, der I ...-Bau für das Jahr 2000 und der S.-Bau für Dezember 2001 müssten bei der Berechnung der Beitragsnachforderung berücksichtigt werden, da die tatsächliche Existenz dieser Subunternehmen ausreiche, die er durch Vorlage der durch die Subunternehmen gestellten Rechnungen bewiesen habe und deren tatsächlichen Auftritt auf dem Markt er durch die Vernehmung der bereits im Verwaltungsverfahren benannten Zeugen beweisen werde. Außerdem könne zum Teil nicht festgestellt werden, dass die unberücksichtigten Rechnungen sich auf Zeiten nach der Betriebseinstellung der Subunternehmen bezögen, weil bis einschließlich 2001 die Buchführung nicht anhand des jeweiligen Rechnungsdatums des Subunternehmers, sondern anhand des sich hierauf jeweils beziehenden Zahlungsdatums erstellt worden sei. Die Berechnung des Arbeitsentgelts anhand von 2/3 der Nettoumsätze entspreche nicht den tatsächlichen Gegebenheiten, wie er außergerichtlich durch Berechnungen für Baustellen aus dem Jahr 2003 bewiesen habe und gerichtlich durch Einholung eines Sachverständigengutachtens beweisen werde. Seine strafgerichtliche Verurteilung könne nicht als Anerkenntnis der Forderung der Beklagten dem Grunde oder der Höhe nach angesehen werde, da seine Einlassung auf einer Absprache zur Vermeidung eines langwierigen Prozesses beruht habe.

Mit Beschluss vom 15.11.2007 hat das SG den Antrag auf PKH abgelehnt. Die Klage habe keine hinreichende Erfolgsaussicht. Die gegen die angefochtenen Bescheide vorgebrachten Einwände griffen nicht durch. Zu Unrecht wende sich der Kläger gegen die Ermittlung der beitragspflichtigen Gesamtlohnsumme anhand eines geschätzten Anteils von 2/3 der Nettoumsätze. Dieser Ansatz sei allgemein anerkannt und von der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BGH, Urteil vom 24.09.1986 – 3 StR 336/86) gebilligt. Die Grundlage für diese Schätzung werde nicht durch die Behauptung des Klägers erschüttert, der Faktor 2/3 sei bis zum 1,65-fachen überhöht, weil Stichproben bei vier seiner Bauvorhaben eine niedrigere Bruttolohnquote ergeben hätten. Selbst wenn auf den stichprobenartig ausgewerteten Baustellen keine Schwarzarbeiter beschäftigt worden sein sollten, spreche keine Vermutung dafür, dass die vom Kläger angegebenen Lohnquoten von 30 bis 40 % tatsächlich zuträfen. Schon die Diskrepanz zu dem allgemein als Mindestlohnquote anerkannten Faktor 2/3 – eine Berechnung anhand der Arbeitszeitwerte Hochbau ergebe noch höhere Quoten – spreche eher dagegen als dafür. Zudem seien Lohnquoten auf stichprobenartig herausgegriffenen Baustellen schon von vornherein nicht geeignet, die Richtigkeit des allgemein anerkannten Faktors 2/3 in Zweifel zu ziehen. Eine vollständige Erfassung habe der Kläger durch die unterbliebenen Meldungen gerade vereitelt, weshalb er sich an den Folgen der von ihm vorsätzlich verursachten Beweislosigkeit festhalten lassen müsse. Zutreffend habe es die Beklagte abgelehnt, weitere Beträge für angeblich durch Subunternehmen ausgeführte Leistungen abzusetzen. Die Beklagte müsse nicht die Nichtexistenz bzw. das Nichttätigwerden der Firmen T -Bau GmbH, I -Bau und S.-Bau nachweisen. Vielmehr müsse sich der Kläger an den Folgen der Beweislosigkeit festhalten lassen, die er durch den Verzicht auf Subunternehmerverträge mit den zu diesem Zeitpunkt nach außen nicht (mehr) rechtlich in Erscheinung tretenden Unternehmen selbst geschaffen habe. Soweit der Kläger diesbezüglich bereits im Verwaltungsverfahren die Zeugenvernehmung angeboten habe, löse dies keine Amtsermittlungspflichten des Gerichts aus. Denn selbst wenn es sich erweisen würde, dass auf Baustellen des Klägers weitere Subunternehmen tätig gewesen wären, trüge dies nicht den Schluss auf die Richtigkeit der vom Kläger diesen Subunternehmen zugeschriebenen Rechnungen und Buchungen sowie auf deren tatsächlich geleistetes Tätigkeitsvolumen. Es müsste deshalb bei der bisherigen Schätzung verbleiben. Zudem würde eine solche Beweisaufnahme mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil des Klägers ausgehen. Denn den Aussagen der sachnäheren Zeugen im Strafverfahren käme in Verbindung mit dem Geständnis des Klägers ein mindestens ebenso großes Gewicht zu, so dass der Kläger den ihm obliegenden Nachweis des konkreten, durch Fremdfirmen ausgeführten Auftragsvolumens nicht erbringen könnte. Dass der Kläger aufgrund einer Absprache mit der Staatsanwaltschaft belastende Umstände eingeräumt haben sollte, die tatsächlich nicht vorgelegen hätten, sei angesichts der rechtsstaatlichen Anforderungen an eine solche Absprache nicht nachvollziehbar. Angesichts dieser negativen Beweisprognose würde ein wirtschaftlich und vernünftig denkender Beteiligter, wenn er das Verfahren selbst finanzieren müsste, wegen des absehbaren Misserfolgs der Beweisführung von der Verfahrensführung absehen. Unter diesen Umständen könne in ausnahmsweise zulässiger Vorwegnahme der Beweiswürdigung eine hinreichende Erfolgsaussicht nicht erkannt werden.

Gegen diesen Beschluss wendet sich der Kläger mit seiner am 17.12.2007 eingelegten Beschwerde. Der BGH habe in seinem Urteil vom 24.09.1986 (3 StR 336/86) keineswegs entschieden, dass der Lohnanteil ohne Weiteres anhand eines starren Prozentsatzes der Nettoumsätze geschätzt werden könne. Vielmehr sei für eine Schätzung in jedem einzelnen Fall die Würdigung der vorliegenden Tatsachen notwendig. Somit seien seine Ausführungen zu den vier beispielhaft angeführten Bauvorhaben und der entsprechend niedrigeren Lohnquote zu berücksichtigen. Außerdem seien alle durch Subunternehmen erbrachten Leistungen abzuziehen. Mit der angebotenen Vernehmung von vier Vorarbeitern könne er in Verbindung mit den vorliegenden und in die Buchhaltung eingestellten Rechnungen den Beweis führen, dass die Subunternehmen trotz möglicherweise rechtlicher Nichtexistenz die in ihren Rechnungen aufgeführten Leistungen tatsächlich ausgeführt hätten. Die gegenteilige Auffassung des SG sei nicht nachvollziehbar. Den Aussagen der angeblich "sachnäheren" Zeugen habe selbst die Beklagte kein entscheidendes Gewicht beigemessen, da sie trotz dieser Aussagen sämtliche Rechnungen bis zur Einstellung der Betriebstätigkeit anerkannt habe, wobei sie diese zu Unrecht mit der handelsrechtlichen Löschung oder Gewerbeabmeldung gleichgesetzt habe. Die Aussagen dieser angeblich "sachnäheren" Inhaber oder Geschäftsführer der Subunternehmen seien kritisch zu hinterfragen, da auch sie sich dem Verdacht einer Straftat ausgesetzt gesehen hätten. Schließlich könne aus seinem Ge-ständnis im Strafverfahren, das nicht die Höhe der hinterzogenen Sozialversicherungsbeiträge umfasst habe, nicht der Schluss gezogen werden, dass sich der von der Beklagten angenommene Sachverhalt bestätigen werde. Wegen der weiteren Einzelheiten der Beschwerdebegründung wird auf Blatt 17 bis 31 der LSG-Akte nebst den weiter vorgelegten Anlagen verwiesen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 15. November 2007 aufzuheben und ihm Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin X , ...,., zu bewilligen. Der Beschwerdegegner hält die Angaben des Klägers zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen wegen der erheblichen Diskrepanz zwischen Einnahmen und Ausgaben für nicht vollständig nachvollziehbar.

II.

Die Beschwerde des Klägers wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf PKH, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.

1. Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit § 114 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint; erforderlich ist darüber hinaus, dass der Beteiligte nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann.

Für die von § 114 Satz 1 ZPO verlangte hinreichende Erfolgsaussicht braucht der Erfolg nicht mit Sicherheit festzustehen. Er muss auch nicht überwiegend wahrscheinlich sein. Hinreichende Erfolgsaussicht liegt vielmehr bereits dann vor, wenn der Rechtsstandpunkt des Antragstellers zumindest vertretbar ist und das Gericht in tatsächlicher Hinsicht mindestens von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist (Geimer in: Zöller, ZPO, 28. Aufl., § 114 Rn. 19). Es reicht damit aus, wenn der Erfolg eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich hat (vgl. Keller/Leitherer in: Meyer-Ladewig, SGG, 9. Aufl., § 73a Rn. 7). PKH darf aber verweigert werden, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist (Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss vom 13.03.1990 – 2 BvR 94/88BVerfGE 81, 347, 357 f.). Die Beurteilung der Erfolgsaussichten einer Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung steht in engem Zusammenhang mit der den Fachgerichten vorbehaltenen Feststellung und Würdigung des jeweils entscheidungserheblichen Sachverhalts und der ihnen gleichfalls obliegenden Auslegung und Anwendung des jeweils einschlägigen materiellen und prozessualen Rechts. Die Fachgerichte überschreiten den Entscheidungsspielraum, der ihnen bei der Auslegung des gesetzlichen Tatbestandsmerkmals der hinreichenden Erfolgsaussicht verfassungsrechtlich zukommt, erst dann, wenn sie einen Auslegungsmaßstab verwenden, durch den einem unbemittelten Beteiligten im Vergleich zum bemittelten die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung unverhältnismäßig erschwert wird. Die Prüfung der Erfolgsaussichten darf nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das summarische PKH-Verfahren zu verlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Eine Beweisantizipation im PKH-Verfahren ist nur in eng begrenztem Rahmen zulässig. Kommt eine Beweisaufnahme ernsthaft in Betracht und liegen keine konkreten und nachvollziehbaren Anhaltspunkte dafür vor, dass die Beweisaufnahme mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil des Antragstellers ausgehen würde, darf PKH nicht verweigert werden (BVerfG, Kammerbeschluss vom 29.10.2009 – 1 BvR 2237/09NJW 2010, 288, 289; Kammerbeschluss vom 19.02.2008 – 1 BvR 1807/07NJW 2008, 1060, 1061; Kammerbeschluss vom 14.04.2003 – 1 BvR 1998/02NJW 2003, 2976, 2977).

2. Gemessen hieran liegt die erforderliche Erfolgsaussicht nicht vor.

a) Rechtsgrundlage für den mit der Klage angefochtenen Bescheid der Beklagten ist § 28f Abs. 2 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV). Nach dessen Satz 1 kann der prüfende Träger der Rentenversicherung den Gesamtsozialversicherungsbeitrag von der Summe der vom Arbeitgeber gezahlten Arbeitsentgelte geltend machen, wenn ein Arbeitgeber die Aufzeichnungspflicht nicht ordnungsgemäß erfüllt hat und dadurch die Versicherungs- oder Beitragspflicht oder die Beitragshöhe nicht festgestellt werden können. Dies gilt nach Satz 2 nicht, soweit ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand festgestellt werden kann, dass Beiträge nicht zu zahlen waren oder Arbeitsentgelt einem bestimmten Beschäftigten zugeordnet werden kann. Soweit der prüfende Träger der Rentenversicherung die Höhe der Arbeitsentgelte nicht oder nicht ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand ermitteln kann, hat er diese nach Satz 3 zu schätzen. Dabei ist nach Satz 4 für das monatliche Arbeitsentgelt eines Beschäftigten das am Beschäftigungsort ortsübliche Arbeitsentgelt mit zu berücksichtigen.

§ 28f Abs. 2 SGB IV lässt Beitragssummenbescheide zu, wenn der Arbeitgeber seine Aufzeichnungspflichten verletzt und hierdurch die eigentlich erforderliche personenbezogene Feststellung der Versicherungs- und Beitragspflicht nicht oder nicht ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand möglich ist. Dabei geht § 28f Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB IV von dem Fall aus, dass zwar die Summe der gezahlten Entgelte bekannt ist, aber nicht einzelnen Beschäftigten zugeordnet werden kann, etwa weil Aufzeichnungen über die beschäftigten Personen fehlen, unvollständig oder offensichtlich unrichtig sind. § 28f Abs. 2 Satz 3 und 4 SGB IV lässt Summenbescheide auch dann zu, wenn selbst die Summe der Arbeitsentgelte nicht bekannt ist. In diesem Falle ist die Entgeltsumme zu schätzen. Die Schätzung erfolgt in Anlehnung an das Steuerrecht (BT-Drucks. 11/2221, S. 23). Sie soll der Wirklichkeit möglichst nahe kommen. Die Schätzergebnisse müssen daher in sich schlüssig, wirtschaftlich vernünftig und möglich sein (vgl. Rüsken in: Klein, Abgabenordnung, 10. Aufl., § 162 Rn. 36). Zu den Schätzungsmethoden enthält das Gesetz keine ausdrückliche Regelung. Der Rentenversicherungsträger muss von sachlichen und nachvollziehbaren Erwägungen ausgehen, ist aber letztlich in der Wahl seiner Mittel frei, selbst wenn das Ergebnis für den Beitragschuldner nicht das Günstigste ist (Werner in: jurisPK-SGB IV § 28f Rn. 63). Ausgeschlossen sind aber Schätzungen, die willkürlich von vollkommen lebensfremden Verhältnissen ausgehen. Unbedenklich ist hingegen nicht nur eine Schätzung nach den ortsüblichen Entlohnungsverhältnissen (§ 28f Abs. 2 Satz 4 SGB IV), sondern auch eine Schätzung nach dem branchenüblichen Lohn, nach der tariflichen Arbeitszeit und üblicherweise geleisteten Überstunden, nach allgemeinen Durchschnittsverdiensten in der Rentenversicherung, nach den konkreten steuerlichen Verhältnissen oder nach dem Umsatz des Arbeitgebers (Werner in: jurisPK-SGB IV § 28f Rn. 65; Baier in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, § 28f SGB IV Rn. 13, Stand März 2008).

b) Ausgehend von den vom Steuerbüro des Klägers im streitigen Zeitraum verbuchten Umsätzen, die der Kläger selbst zugrunde gelegt wissen will, besteht keine hinreichende Aussicht, dass der angegriffene Beitragssummenbescheid ganz oder teilweise keinen Bestand haben wird.

aa) Die in dem mit der Klage angefochtenen Bescheid vorgenommene Schätzung der Summe der beitragspflichtigen Arbeitsentgelte ist als solche nicht zu beanstanden und wird vom Kläger auch nicht in Frage gestellt.

bb) Der Kläger richtet sich jedoch gegen die bei der Schätzung der Entgeltsumme herangezogene Lohnquote von 2/3 der Nettoumsätze. Insoweit hat seine Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.

Wie der BGH unlängst in einem Strafverfahren gegen einen faktischen Geschäftsführer einer mit Baustahlarmierungs- und Bewehrungsarbeiten befassten GmbH entschieden hat (Beschluss vom 10.11.2009 – 1 StR 283/09 – juris Rn. 21 – unter Verweis auf BGH, Urteil vom 02.12.2008 – 1 StR 416/08NJW 2009, 528, 529), gilt für die Schätzung der Lohnsumme im Strafverfahren: "Das Tatgericht darf eine branchenübliche Lohnquote – und zwar eine Nettolohnquote – des jeweils verfahrensgegenständlichen Gewerbes ermitteln und diese als Schätzgrundlage der weiteren Berechnung zugrunde legen. Im Bereich des lohnintensiven Baugewerbes kann das Tatgericht bei illegalen Beschäftigungsverhältnissen in Form der Schwarzarbeit grundsätzlich zwei Drittel des Nettoumsatzes als Lohnsumme – und zwar als Nettolohnsumme – veranschlagen ..." Der BGH hat eine solche Schätzung für wirtschaftlich vernünftig und möglich gehalten, obwohl die bei legalen Beschäftigungsverhältnissen erfahrungsgemäß angenommene Bruttolohnquote von 2/3 des Nettoumsatzes zu einer niedrigeren Nettolohnquote führt (BGH, Beschluss vom 10.11.2009 - 1 StR 283/09 - juris Rn. 22 ff.). Zugleich hat der BGH aber darauf hingewiesen, dass bei der Ermittlung der Schwarzlohnsumme nicht vorschnell auf eine derartige Schätzung ausgewichen werden dürfe, wenn eine tatsachenfundierte Berechnung anhand der bereits vorliegenden und der erhebbaren Beweismittel möglich erscheine, was bei vollständig erfassten Ausgangsrechnungen auf der Grundlage von Einheitspreisen oder bei (konkret nachgewiesenen oder vom Angeklagten konkret eingeräumten) Abdeckrechnungen anderer Unternehmen zur buchhalterischen Verschleierung von Schwarzlohnzahlungen der Fall sein könne (BGH, Beschluss vom 10.11.2009 – 1 StR 283/09 – juris Rn. 27 ff.).

Werden diese Erwägungen auf die Schätzung der Entgeltsumme nach § 28f Abs. 2 Satz 3 SGB IV übertragen, kann der Kläger die von der Beklagten angenommene Lohnquote von 2/3 der Nettoumsätze nicht durch den von ihm für vier Bauvorhaben aus dem Jahr 2003 dargestellten Lohnaufwand erschüttern. Anders als der Kläger meint, darf eine Lohnquote von 2/3 des Nettoumsatzes nicht erst dann zugrunde gelegt werden, wenn ein derartiger Lohnaufwand im Einzelfall für den geprüften Arbeitgeber tatsächlich belegt ist. Vielmehr darf eine solche Lohnquote schon dann zugrunde gelegt werden, wenn sie nur branchenüblich ist. Zudem betreffen die vier vom Kläger ausgewählten Bauvorhaben nicht den im Streit stehenden Zeitraum (April 1999 bis November 2002) und sind daher nicht näher an den tatsächlichen Verhältnissen als die Erkenntnisse, auf deren Grundlage die Beklagte ihre Schätzung getroffen hat. Dagegen kam eine betriebswirtschaftliche Berechnung, die im Ermittlungsverfahren für den im Streit stehenden Zeitraum vorgenommen wurde, zu noch ungünstigeren Ergebnissen für den Kläger. Bei dieser Berechnung wurden ausgehend von den Rechnungen des Klägers an seine Auftraggeber, den Listen über gelieferten bzw. einzusetzenden Stahl und Matten sowie den Arbeitszeitrichtwerten Hochbau/Bewehrungsarbeiten für 108 Bauvorhaben die benötigten Arbeitszeiten und daraus unter Zugrundelegung der im jeweiligen Jahr geltenden Mindestkalkulation je produktiver Stunde der beitragspflichtige Bruttolohn berechnet. Die sich daraus ergebende Summe (1.504.920,41 EUR) macht 94,9 % der für die Zeit vom 01.04.1999 bis 30.11.2002 verbuchten Umsätze des Klägers (1.585.689,08 EUR) aus. Vor diesem Hintergrund besteht keinerlei Anhaltspunkt dafür, dass die Auswertungen des Klägers für vier Bauvorhaben aus dem Jahr 2003 Rückschlüsse auf die tatsächlichen Verhältnisse in dem im Streit stehenden Zeitraum zulassen. Einen Anlass für die vom Kläger angeregte Einholung eines Sachverständigengutachtens vermag der Senat daher nicht zu erkennen. Es fehlt auch im vorliegenden Rechtsstreit bzw. in dem ihm vorausgegangenen Verwaltungsverfahren an jeglichen konkreten Angaben zu Abdeckrechnungen oder nicht verbeitragten Arbeitsentgeltzahlungen, die in einer ersten Prüfstufe die konkrete Berechnung des Mindestschadens ermöglichen würden (näher dazu im Folgenden).

Angesichts dessen hat die Klage insoweit keinerlei Aussichten auf Erfolg.

cc) Bei dem vom Kläger begehrten weiteren Abzug von Subunternehmerrechnungen bestehen auch keine hinreichenden Erfolgsaussichten.

Im Verwaltungsverfahren hat die Beklagte – auf eine Besprechung mit dem Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 21.12.2005 hin – die gebuchten Eingangsrechnungen von Subunternehmen bis zur Einstellung ihrer Betriebstätigkeit anerkannt und von den Umsätzen des Klägers in Abzug gebracht. Vollständig berücksichtigt wurden die Rechnungen der Subunternehmen B H (Gewerbeabmeldung zum 04.10.2000), K. Bau GmbH (Löschung aus dem Handelsregister am 27.06.2000) und S. Bauausführung GmbH (seit September 2003 in Liquidation). Nicht berücksichtigt wurden dagegen die Rechnungen der Firmen I.-Bau für das Jahr 2000 (amtlich nicht in Erscheinung getreten), T.-Bau GmbH für die Jahre 2000 und 2001 (Löschung aus dem Handelsregister am 05.01.2000) sowie S -Bau für Dezember 2001 (Gewerbeanmeldung vom 01.06.2001 bis 01.08.2001). Dabei ist die Beklagte davon ausgegangen, dass die Betriebstätigkeit eingestellt ist, wenn das Gewerbe abgemeldet worden ist, oder eine Löschung aus dem Handelsregister erfolgt ist, oder eine Betriebstätigkeit nicht vorgelegen hat, wenn ein Unternehmen amtlich überhaupt nicht in Erscheinung getreten ist. Hiergegen hat sich der Kläger bereits mit seinem Widerspruch erfolglos gewandt und mit der Klage weiterhin geltend gemacht, dass der tatsächliche Auftritt auf dem Markt reichen müsse, und zum Beweis dafür, dass die Subunternehmen trotz möglicherweise rechtlicher Nichtexistenz die in ihren Rechnungen aufgeführten Leistungen tatsächlich ausgeführt haben, die Zeugenvernehmung von vier Vorarbeitern (A , B , C , D ) angeboten.

Dem Kläger ist zuzugeben, dass es sich bei der Einstellung der Betriebstätigkeit um einen tatsächlichen Vorgang handelt. Doch sind Gewerbeabmeldung (S.-Bau) und Handelsregisterlöschung (T -Bau GmbH) ein gewichtiges Indiz für die tatsächliche Betriebseinstellung; dies gilt erst recht für den Umstand, dass die Firma I.-Bau, auf deren Rechnungen als Anschrift die Adresse des Technischen Rathauses der Landeshauptstadt Dresden angegeben ist, amtlich nie in Erscheinung getreten ist. Diese Indizwirkung schließt aber nicht aus, dass die Betriebstätigkeit tatsächlich erst später eingestellt worden sein könnte bzw. im Falle der I -Bau überhaupt eine Betriebstätigkeit stattgefunden hat. Schon allein aus diesem Grunde PKH zu verweigern, würde nach Überzeugung des Senats die Anforderungen an deren Bewilligung überspannen.

Gleichwohl führt dies hier nicht zu einer hinreichenden Erfolgsaussicht. Der Kläger hat seine Aufzeichnungs- und Beitragsabführungspflichten als Arbeitgeber vorsätzlich gröblichst verletzt. Er hat dies dem Grunde und der Höhe nach eingestanden und ist deswegen rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden.

Im Strafverfahren gingen die Ermittlungsbehörden davon aus, dass es sich bei den aufgefundenen Rechnungen von Subunternehmen um Abdeckrechnungen handele (siehe die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Dresden vom 11.02.2004). Im Urteil des AG vom 08.03.2005 sind zwar die Schadenssummen aus der Anklageschrift übernommen worden; zu den Subunternehmerrechnungen fehlen jedoch jegliche Feststellungen, stattdessen stützt sich das Urteil auf das vom Kläger abgegebene umfassende Geständnis, mit dem er die ihm zur Last gelegten Taten eingeräumt hat. Entgegen der im Verwaltungs-, Klage- und Beschwerdeverfahren vorgetragenen Behauptung, von dem Geständnis sei nicht die Höhe der hinterzogenen Sozialversicherungsbeiträge umfasst, findet sich dazu im Protokoll der mündlichen Verhandlung des AG vom 08.03.2005 nichts wieder. Vielmehr hat der Kläger dort zunächst vortragen lassen, er habe sicher Dritte auf der Baustelle eingesetzt, sei aber davon ausgegangen, dass es Subunternehmer seien, die ihm nicht zugeordnet seien. Er hat also zunächst im Laufe der mündlichen Verhandlung behauptet, dass ein Teil der ihm in der Anklageschrift zugerechneten Umsätze durch Subunternehmen ausgeführt worden sei, um dann anschließend nach einer 45-minütigen Unterbrechung erklären zu lassen, dass er "die ihm zur Last gelegten Taten einräumt."

Der Kläger hat das Geständnis abgelegt, um ein möglichst mildes Urteil zu erhalten. Denn angesichts des Umfangs der ihm zur Last gelegten Straftaten musste er ernsthaft mit einer Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung rechnen. Das Strafgericht – und nicht der Kläger – hatte ein Interesse daran, eine länger währende Beweisaufnahme zu vermeiden. Dies bedeutet aber nicht, dass der Kläger Taten eingeräumt hat, die er überhaupt nicht begangen hat. Wenn im Vorfeld der mündlichen Verhandlung Absprachen erfolgt sein sollten, wie der Kläger behauptet (zu den dann hier nicht eingehaltenen Vorgaben des BGH vgl. dessen Urteil vom 28.08.1997 – 4 StR 240/97NJW 1998, 86, 87 ff.), gibt es – auch und gerade unter Berücksichtigung der Interessenlage des Strafgerichts – keinen Grund anzunehmen, warum der Kläger dann nicht auch eine Reduzierung der ihm zur Last gelegten Taten hätte erwirken können, wenn die Beweislage eine Verurteilung in dem einen oder anderen Punkt eher zweifelhaft hätte erscheinen lassen. Dies schließt es zwar nicht von vornherein aus, dass der Kläger gleichwohl Straftaten nach Art und Umfang eingeräumt hat, die er nicht begangen hat. Umgekehrt besteht aber auch die Möglichkeit, dass der Kläger bei einer intensiven Beweisaufnahme damit rechnen musste, dass ein noch viel höherer Schaden als in der Anklageschrift bezeichnet ermittelt werden würde, und er dies gerade vermeiden wollte. Sowohl die eine als auch die andere Möglichkeit ist spekulativ. An dem freiwillig abgelegten Geständnis muss sich der Kläger daher grundsätzlich festhalten lassen.

Aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht gilt daher: Grundsätzlich kann der nach § 28p SGB IV prüfende Rentenversicherungsträger aufgrund eines im Strafverfahren abgelegten Geständnisses an die sich daraus ergebende Schadenshöhe als Mindestschadenshöhe anknüpfen. Der Arbeitgeber, der einer intensiven strafgerichtlichen Beweiserhebung zuvorkommen will, indem er ein umfassendes Geständnis ablegt, muss sich grundsätzlich an diesem Geständnis im sozialversicherungsrechtlichen Verwaltungsverfahren über die Nacherhebung von Beiträgen festhalten lassen. Wer ein Geständnis ablegt, das zu einer rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilung wegen Vorenthaltung von näher bezeichneten Sozialversicherungsbeiträgen führt, und dessen Wahrheitsgehalt später bestreitet, muss unter Berücksichtigung seiner sozialversicherungsrechtlichen Pflichten als Arbeitgeber nunmehr seinerseits in allen Einzelheiten darlegen und geeignete Beweisangebote unterbreiten, die erwarten lassen, dass der Beweis ohne unzumutbaren Verwaltungsaufwand geführt werden kann, dass sein Geständnis in Teilen doch unzutreffend ist. Es muss sich aus dem Vorbringen des Arbeitgebers ein schlüssiges Bild ergeben, das durch konkrete Beweisangebote untermauert sein muss, die erwarten lassen, dass der entgegen dem Ge-ständnis behauptete Sacheverhalt sich als richtig erweist. Auf pauschale Behauptungen und pauschale Beweisangebote muss sich der Rentenversicherungsträger nicht einlassen, weil er nach § 23f Abs. 2 Satz 3 SGB IV die Höhe der Arbeitsentgelte schätzen darf, wenn er die Höhe der beitragspflichtigen Arbeitsentgelte nicht oder nicht ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand ermitteln kann.

Letztlich bestreitet der Kläger, dass er Abdeckrechnungen veranlasst oder selbst erstellt hat. Dies will er dadurch beweisen, dass ehemalige Vorarbeiter, von denen mindestens einer bei einer das Strafverfahren auslösenden Baustellenkontrollen als nicht sozialversicherungspflichtig gemeldeter Arbeitnehmer aufgefallen war, angeben sollen, dass andere Arbeitnehmer für die T.-Bau GmbH und die I ...-Bau gearbeitet hätten. Wenn sich dies erweise, sei auch belegt, dass die Rechnungen jener Unternehmen keine Abdeckrechnungen seien, sondern auf real ausgeführten, subunternehmerischen Leistungen beruhten. Dieses Beweisangebot musste der Rentenversicherungsträger im Verwaltungsverfahren nicht beachten, da es ungeeignet ist, das Geständnis des Klägers zu erschüttern.

In der Widerspruchsbegründung, in der Klageschrift und in der Beschwerdebegründung fehlt es an hinreichend detaillierten Tatsachenbehauptungen, die die Zeugen bestätigen sollen und können. An welchen Tagen und auf welchen Baustellen waren die angeblichen Arbeitnehmer der T.-Bau GmbH und der I ...-Bau eingesetzt? Um wie viele Arbeitnehmer handelte es sich? Welcher Vorarbeiter des Klägers war an welchen Tagen auf den Baustellen präsent, auf denen die angeblichen Arbeitnehmer der T ...-Bau GmbH und der I -Bau eingesetzt waren? Wurden Listen irgendwelcher Art geführt, die es wohl auch schon am 11.09.2006 (Datum der Widerspruchsbegründung) noch ermöglicht hätten, sich an Einzelheiten zu erinnern? Woher können die Vorarbeiter wissen, dass sich die angeblichen Arbeitnehmer der T -Bau GmbH und der I ...-Bau nicht bloß als solche Arbeitnehmer ausgegeben haben oder unter diesen Firmen vom Kläger, unter Umständen unter Einsatz von Strohmännern, die als Repräsentanten der beiden angeblichen Subunternehmen aufgetreten sind, beschäftigt wurden, aber in Wahrheit für den Kläger gearbeitet haben und von ihm bezahlt wurden? Woher können die Vorarbeiter wissen, dass die angeblichen Repräsentanten der T ...-Bau GmbH und der I.-Bau tatsächlich die Arbeitgeber von den Vorarbeitern unterstellten Fremd-Arbeitnehmern waren? Zudem wurden keine eidesstattlichen Versicherungen der als Zeugen benannten Personen vorgelegt oder dargelegt, warum diese – zumindest von den Personen mit Wohnsitz in Dresden – nicht zu erlangen gewesen seien.

Der Kläger hat zudem, obwohl er behauptet, er habe über einen langen Zeitraum mit der T -Bau GmbH und I ...-Bau in erheblichem Umfang zusammengearbeitet, keine konkreten Angaben zu deren jeweiligen Repräsentanten gemacht, deren Vernehmung anzuregen sich hier geradezu aufdrängt. Ebenso fehlt es jenseits angeblicher von der T ...-Bau GmbH und I -Bau stammender Rechnungen an jeglichem auch nur ansatzweise konkreten Vortrag zu den Geschäftsbeziehungen zwischen dem Kläger und den angeblichen beiden Subunternehmen. So trägt der Kläger vor, als Vertreter der T ...-Bau GmbH sei ein Mann aufgetreten, dessen Spitznamen ("Z ") er nur noch kenne. Damit behauptet der Kläger inzident, er habe regelmäßig sehr viel Bargeld an jemanden gezahlt, den er gar nicht kenne und dessen Unterschrift er offensichtlich nicht einmal lesen könne. Ähnliches trifft auf den angeblichen Inhaber der I -Bau zu, einen gewissen Y , über den der Kläger überhaupt keine persönlichen Angaben macht. Der Kläger macht auch keine Angaben zu den Arbeitnehmern, die von den angeblichen Subunternehmen auf seinen Baustellen wann und in welchem Umfang eingesetzt worden sein sollen. Es ist aber anzunehmen, dass der Kläger auch persönlich die Arbeitsleistungen der Arbeitnehmer der Subunternehmen überwacht hat. Schließlich fehlt eine nachvollziehbare Begründung dafür, dass umfängliche Barabhebungen (1999: 176.950,00 DM; 2000: 442.720,00 DM; 2001: 781.600,00 DM; 2002: 232.220,00 EUR) erfolgt sind, nicht aber Überweisungen auf entsprechende Konten. Zu Recht ist dies von der Staatsanwaltschaft als ein gewichtiges Indiz für Schwarzarbeit angesehen worden.

Der Kläger hat auch während des gesamten Verfahrens bewusst Angaben dazu vermieden, in welchem Umfang er für an seine Arbeitnehmer gezahlte Arbeitsentgelte keine Beiträge abgeführt hat. Das Vorbringen des Klägers geht sogar soweit, dass er in Frage stellt, dass er überhaupt zu wenig Sozialversicherungsbeiträge abgeführt habe. Selbst unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung der Beklagten zur 2/3-Berechnung ergäbe sich unter Abzug aller Subunternehmerrechnungen nur eine Gesamtlohnsumme von 441.758,22 EUR. Hiervon seien 319.286,00 EUR abzuziehen, die bei der AOK Sachsen gemeldet worden seien. Darüber hinaus habe er auch Beitragsmeldungen gegenüber der Barmer Ersatzkasse, der DAK und Bahn-BKK abgegeben. Das ganze prozessuale Verhalten des Klägers ist darauf ausgerichtet, den Sachverhalt möglichst im Ungefähren zu belassen, ihn belastende Aussagen zu bagatellisieren oder als unglaubwürdig darzustellen und pauschal gehaltene Beweisangebote mit Zeugen, die im Strafprozess in bezeichnender Weise von ihm noch nicht einmal als Entlastungszeugen angeboten worden waren, nunmehr vorzubringen.

Es fehlt mithin jeglicher schlüssige detaillierte mit konkreten Beweisangeboten untersetze Vortrag zu einem Sachverhalt, der geeignet ist, das Geständnis als zumindest in Teilen falsch anzusehen.

Die Beklagte wäre gezwungen, die vom Kläger nicht gewollte sehr umfangreiche strafgerichtliche Beweiserhebung im verwaltungsverfahrensrechtlichen Gewand erneut durchzuführen. Dies hätte einen unverhältnismäßig großen Aufwand für die Beklagte bedeutet, den sie nicht akzeptieren musste. Sie ist daher den unzureichenden Beweisanregungen des Klägers im Verwaltungsverfahren nach Maßgabe des § 23f Abs. 2 Satz 3 SGB IV mit Recht nicht nachgekommen. Ein derartiges pauschales Vorbringen muss daher auch im Klageverfahren nicht beachtet werden.

dd) Im Übrigen ist es unerheblich, dass die Beklagte die auf die Subunternehmen gebuchten Rechnungen bis zur Gewerbeabmeldung bzw. Handelsregisterlöschung anerkannt hat. Da es sich hier um einen Beitragssummenbescheid handelt, ist der Senat nicht an die insoweit – gerade wenn man die Zeugenaussage des B. H berücksichtigt – nicht nachvollziehbare tatsächliche Würdigung der Beklagten gebunden. Dies kann jedoch dahingestellt bleiben, weil der angegriffene Bescheid – wenn auch nur geringfügig – ohnehin die vom Kläger im Strafprozess eingestandene vorenthaltene Beitragssumme unterschreitet. Hierbei sind die Säumniszuschläge außer Betracht zu lassen.

ee) Gegen die Berechnung der Säumniszuschläge bestehen keine durchgreifenden Bedenken.

3. Kosten sind nicht zu erstatten (§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 127 Abs. 4 ZPO).

4. Der Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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