L 3 AS 649/10 B ER

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 44 AS 5653/10 ER
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AS 649/10 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Ein Student unterfällt auch während des Urlaubssemesters dem Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II.
2. Die Gründe für die Beurlaubung (hier: Erkrankung des Studenten) können allenfalls zur Annahme eines besonderen Härtefalles im Sinne von § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II führen.
I. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 30. September 2010 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtlichen Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

III. Dem Antragsteller wird für das Beschwerdeverfahren ab Antragstellung Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt bewilligt. Raten sowie Beiträge aus dem Vermögen sind derzeit nicht zu erbringen.

Gründe:

I.

Streitig ist, ob der Antragsteller für die Zeit ab 2. September 2010 Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) als Zuschuss, hilfsweise als Darlehen hat.

Der 1989 geborene Antragsteller ist seit dem 1. Oktober 2009 an der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) D. im Studiengang Elektrotechnik/Elektronik immatrikuliert. Aus der Immatrikulationsbescheinigung (Matrikelnummer 27641) ergibt sich, dass er zwei Hochschulsemester der Regelstudienzeit von acht Fachsemestern zurückgelegt hat und für das Wintersemester 2010/2011 beurlaubt ist.

Am 26. Juli 2010 beantragte der Antragsteller bei der Antragsgegnerin, beginnend ab dem 1. September 2010, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes. Dem Antrag beigefügt war die Anlage zur KdU (Kosten der Unterkunft und Heizung), aus welcher sich monatlich als Kosten für eine 61,51 m² große Wohnung 100,00 EUR Grundmiete und 130,00 EUR Nebenkosten ergeben. Des Weiteren reichte der Antragsteller einen Ausbildungsförderungsbescheid vom 30. November 2009 ein, mit welchem ihm für die Zeit von Oktober 2009 bis August 2010 Ausbildungsförderung nach dem Bundesgesetz über individuelle Förderung der Ausbildung (Bundesausbildungsförderungsgesetz – BAföG) in Höhe von 584,00 EUR monatlich bewilligt wurde. Zum Nachweis seiner Hilfebedürftigkeit legte der Antragsteller des Weiteren den Bescheid des Amtes für Ausbildungsförderung vom 1. Juli 2010 vor, mit welchem der Antrag auf Gewährung von Ausbildungsförderung wegen der vorgesehenen Absolvierung des Urlaubssemesters abgelehnt wurde, sowie den Bewilligungsbescheid für Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes seiner Mutter, P. S. , und den Insolvenzeröffnungsbeschluss über das Vermögen seines Vaters, B. S. , vom 4. November 2008. Grund für die Beurlaubung für zwei Semester sind ausweislich des Schreibens der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) D. , Fakultät Elektrotechnik, vom 26. Juli 2010 die gesundheitlichen Probleme des Antragstellers, welche in der psychologischen Stellungnahme von Dr. A. K. , psychologischer Psychotherapeut, vom 8. Juni 2010 geschildert werden. Danach liege beim Antragsteller eine Anpassungsstörung vor, in deren Folge er über längere Zeit nicht in der Lage gewesen sei, sich auf studienbedingte Aufgaben zu konzentrieren. Zur erfolgreichen Bewältigung der Situation wurde, neben der laufenden Psychotherapie, für die Aufarbeitung der eingetretenen Studienausfälle die Gewährung von zwei Urlaubssemestern empfohlen.

Mit Bescheid vom 24. August 2010 lehnte der Antragsgegner den Antrag ab. Gemäß § 7 Abs. 5 und 6 SGB II sei die Ausbildung des Antragstellers im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderfähig. Ein Anspruch auf Leistungen bestünde daher nicht. Der daraufhin eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 1. September 2010 zurückgewiesen. Die gewährten Urlaubssemester änderten nichts am Leistungsausschluss des § 7 Abs. 5 SGB II. In dem Schreiben der HTW D. vom 26. Juli 2010 und der psychologischen Stellungnahme vom 8. Juni 2010 würden zur Stabilisierung des Gesundheitszustandes die Ableistung von Prüfungsleistungen sowie die Bewältigung des Studienrückstandes im Rahmen des Urlaubssemesters empfohlen. Dies sei jedoch Teil des Studiums. Die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II würden daher zu einer Ausbildungsförderung auf zweiter Ebene führen.

Der Antragsteller hat am 2. September 2010 beim Sozialgericht um die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nachgesucht. Der Ausschlusstatbestand des § 7 Abs. 5 SGB II greife während der Beurlaubung nicht. In den "fachlichen Hinweisen" der Bundesagentur für Arbeit zu § 7 Abs. 5 SGB II sei festgehalten, dass eine Unterbrechung aus Krankheitsgründen für länger als drei Monate zu einem Anspruch auf Leistungen zum Lebensunterhalt führen könne. Er sei aus Krankheitsgründen beurlaubt und weiterhin krankgeschrieben. Er erbringe keine Studien- und Prüfungsleistungen. Daran ändere auch die Mitteilung der Hochschule nichts, dass die Möglichkeit bestünde, Prüfungsleistungen abzulegen.

Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 30. September 2010 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Der Antragsteller habe keinen Anspruch auf Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes, auch nicht darlehensweise. Der Antragsteller sei ausweislich der Immatrikulationsbescheinigung auch während des Urlaubssemesters immatrikuliert. Allein dies führe, auch nach der Rechtsprechung des Sächsischen Landessozialgerichts (Az. L 7 AS 337/10 B ER, L 7 AS 756/09 B ER) zum Leistungsausschluss. Der Antragsteller habe auch keinen Anspruch auf Leistungen in Form eines Darlehens nach § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II, da kein besonderer Härtefall vorliege. Er befinde sich erst im zweiten Fachsemester. Das Studium sei daher weder weit vorangeschritten, noch habe er es bisher kontinuierlich betrieben. Auch die Krankheit selber führe nicht zum Vorliegen einer besonderen Härte.

Hiergegen hat der Antragsteller am 5. Oktober 2010 Beschwerde eingelegt. Er betreibe aus Krankheitsgründen gerade keine Ausbildung.

Der Antragsteller beantragt,

I. den Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 30. September 2010 aufzuheben und die Antragsgegnerin einstweilig ab dem 2. September 2010 zu verpflichten, ihm Arbeitslosengeld II in gesetzlicher Höhe zu gewähren, hilfsweise diese Leistungen als Darlehen zu erbringen und

II. ihm Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt zu gewähren.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Entscheidung des Sozialgerichts sei zutreffend. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes und des Sächsischen Landessozialgerichts komme es nur auf die Frage der Immatrikulation und der grundsätzlichen Förderfähigkeit der Ausbildung an.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten aus beiden Verfahrenszügen Bezug genommen.

II.

1. Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

Das Sozialgericht hat den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zu Recht abgelehnt, weil er Antragsteller weder einen Anspruch auf vorläufige Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II noch auf vorläufige Gewährung eines Darlehens hat.

Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) können die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn die Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung). Dazu ist gemäß § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) sowohl der durch die Anordnung zu sichernde, im Hauptsacheverfahren geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) als auch der Grund, weshalb die Anordnung so dringlich ist, dass dieser Anspruch vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache gesichert werden muss (Anordnungsgrund), glaubhaft zu machen.

Dabei stehen Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund nicht isoliert nebeneinander. Es besteht vielmehr eine Wechselbeziehung der Art, dass die Anforderungen an den Anordnungsanspruch mit zunehmender Eilbedürftigkeit bzw. Schwere des drohenden Nachteils, dem Anordnungsgrund, zu verringern sind und umgekehrt. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund bilden nämlich auf Grund ihres funktionalen Zusammenhangs ein bewegliches System (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz [9. Aufl., 2008], § 86b Rdnr. 27 und 29). Ist die Klage in der Hauptsache offensichtlich unzulässig oder unbegründet, ist der Antrag auf einstweilige Anordnung ohne Rücksicht auf den Anordnungsgrund grundsätzlich abzulehnen, weil ein schützenswertes Recht nicht vorhanden ist. Ist die Klage in der Hauptsache dagegen offensichtlich begründet, so mindern sich die Anforderungen an einen Anordnungsgrund. Bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens, wenn etwa eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich ist, ist im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden.

Unter Beachtung dieser Grundsätze war der Antrag auf Gewährung von Leistungen der Grundsicherung als Zuschuss abzulehnen, weil der Antragsteller keinen Anspruch auf vorläufige Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach § 19 SGB II für die Zeit ab 2. September 2010 hat. Zwar ist der Antragsteller leistungsberechtigt im Sinne von § 19 SGB II i. V. m. § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Er hat das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze des § 7a SGB II noch nicht erreicht (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II), er ist hilfebedürftig im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II i. V. m. § 9 SGB II und hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II). Er ist schließlich auch erwerbsfähig im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II i. V. m. § 8 SGB II. Insbesondere führt die momentane Krankschreibung des Antragstellers nicht dazu, dass seine Erwerbsfähigkeit dauerhaft eingeschränkt ist, mithin er unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig sein kann (vgl. § 8 Abs. 1 SGB II). Der Gesetzesentwurf geht davon aus, dass auch derjenige erwerbsfähig ist, der die gesundheitlichen Voraussetzungen hierzu zwar gegenwärtig nicht erfüllt, sie aber innerhalb von sechs Monaten erfüllen wird (so BT-Drucks 15/1516, S. 52; Blüggel, in: Eicher/Spellbrink, SGB II [2. Aufl., 2008], § 8 Rdnr. 26). Soweit der Antragsteller für zwei Semester beurlaubt ist, überschreiten diese zwar die Frist von sechs Monaten. Aus der vorliegenden psychologischen Stellungnahme ergibt sich jedoch, dass der behandelnde Psychotherapeut nicht davon ausgeht, dass der Antragsteller dauerhaft erwerbsunfähig sein wird. Vielmehr befürwortet er die einjährige Beurlaubung vom Studium zum einen damit, dass der Antragsteller inzwischen auf Grund der Studienausfälle einen derartigen Rückstand aufweise, dass die Chance, die Anforderungen der Studiums im regulären Zeitraum zu bewältigen, als unrealistisch eingeschätzt werde. Zum anderen wird das Interesse an einer erfolgreichen beruflichen Entwicklung des Antragstellers betont. Beide Gesichtspunkte betreffen aber nicht die aktuelle Erwerbsfähigkeit des Antragstellers.

Gleichwohl kann er die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nicht als Zuschuss beanspruchen, weil er dem Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II unterfällt.

Gemäß § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II haben Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes oder der §§ 60 bis 62 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung – (SGB III) dem Grunde nach förderungsfähig ist, keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes. Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes kommt es insoweit lediglich darauf an, ob die begonnene Ausbildung beziehungsweise das Studium abstrakt, also unabhängig von etwaigen individuellen Ausschlussgründen, förderungsfähig ist (vgl. BSG, Urteil vom 6. September 2009 – B 14/7b AS 36/06 R – SozR 4-4200 § 7 Nr. 6 Rdnr. 12 ff = BSGE 99, 67 Rdnr. 12 ff. = JURIS-Dokument Rdnr. 12 ff.; BSG, Urteil vom 6. September 2009 – B 14/7b AS 28/06 R – SozR 4-4200 § 7 Nr. 8 Rdnr. 12 ff. = JURIS-Dokument Rdnr. 12 ff.; BSG, Urteil vom 1. Juli 2009 – B 4 AS 67/08 R – FEVS 61, 104 = JURIS-Dokument Rdnr. 14; BSG, Urteil vom 19. August 2010 – B 14 AS 24/09 R – JURIS-Dokument Rdnr. 16; BSG, Urteil vom 30. August 2010 – B 4 AS 97/09 R – JURIS-Dokument Rdnr. 17). Die Ausschlussregelung ist auf die Erwägung zurückzuführen, dass bereits die Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz oder gemäß §§ 60 bis 62 SGB III auch die Kosten des Lebensunterhalts umfasst und deshalb im Grundsatz die Grundsicherung nicht dazu dient, durch Sicherstellung des allgemeinen Lebensunterhalts das Betreiben einer dem Grunde nach anderweitig förderungsfähigen Ausbildung zu ermöglichen. Die Ausschlussregelung soll die nachrangige Grundsicherung mithin davon befreien, eine (versteckte) Ausbildungsförderung auf breiter Ebene zu ermöglichen (vgl. BSG, Urteil vom 30. September 2008 – B 4 AS 28/07 RSozR 4-4200 § 7 Nr. 9 Rdnr. 14 = JURIS-Dokument Rdnr. 14, BSG, Urteil vom 1. Juli 2009 – B 4 AS 67/08 R – FEVS 61, 104 = JURIS-Dokument Rdnr. 13).

Hiervon ausgehend greift beim Antragsteller der Ausschlusstatbestand des § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II. Das Studium des Antragstellers ist im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderfähig. Denn gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 BAföG wird Ausbildungsförderung für den Besuch von Hochschulen geleistet. Dies ist zwischen den Beteiligten nicht streitig. Eine der in § 7 Abs. 6 SGB II bezeichneten Fallvarianten, die die Anwendbarkeit von § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II ausschließen würden, liegt nicht vor.

Dieser dem Grunde nach bestehenden Förderfähigkeit steht vorliegend nicht entgegen, dass der Antragsteller für zwei Semester beurlaubt ist. Insoweit schließt sich der erkennende Senat der Rechtsprechung des 7. Senates dieses Gerichtes an (vgl. SächsLSG, Beschluss vom 28. Juni 2010 – L 7 AS 337/10 B ER – JURIS-Dokument Rdnr. 17 ff.; SächsLSG, Beschluss vom 29. Juni 2010 – L 7 AS 756/09 B ER – JURIS-Dokument Rdnr. 20 ff.; SächsLSG, Beschluss vom 11. November 2010 – L 7 AS 435/10 B ER [nicht veröffentlicht]; SächsLSG, Beschluss vom 16. November 2010 – L 7 AS 53/10 B ER [nicht veröffentlicht]. A. A.: SächsLSG, Beschluss vom 13. Januar 2010 – L 2 AS 762/09 B ER [nicht veröffentlicht]). Entscheidend ist hierbei, dass auch während eines Urlaubssemesters der "Besuch" einer Ausbildungsstätte im Sinne der organisatorischen Zugehörigkeit zu dieser Ausbildungsstätte (vgl. BSG, Urteil vom 19. August 2010 – B 14 AS 24/09 R – JURIS-Dokument Rdnr. 17, m. w. N.) nicht unterbrochen ist und das Studium nach den hochschulrechtlichen Vorschriften betrieben werden kann.

Das Gesetz über die Hochschulen im Freistaat Sachsen (Sächsisches Hochschulgesetz – SächsHSG) vom 10. Dezember 2008 (SächsGVBl. S. 900) sieht in § 20 Abs. 2 SächsHSG die Möglichkeit einer Beurlaubung vor. Das Gesetz enthält keine Regelung darüber, dass die Beurlaubung Auswirkungen auf den Status oder die Rechte und Pflichten eines Studenten hätte. Damit verbleibt es unter anderem bei dem Recht eines Studenten, die Einrichtungen der Hochschule nach den geltenden Vorschriften zu nutzen (vgl. § 22 Abs. 1 Nr. 1 SächsHSG). Eine Sonderregelung findet sich lediglich in § 22 Abs. 3 SächsHSG. Danach soll beurlaubten Studenten ermöglicht werden, an der Hochschule, von der die Beurlaubung ausgesprochen wurde, Studien- und Prüfungsleistungen zu erbringen. Nach dem seit 1. Januar 2009 geltenden sächsischen Hochschulrecht steht es damit jedem beurlaubten Studenten frei, auch während eines Urlaubssemesters sein Studium zu betreiben.

Auch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes zu § 26 BSHG, der fast wortgleich mit § 7 Abs. 5 SGB II ist, steht dem Ausschluss des Antragstellers von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II nicht entgegen. Das Bundesverwaltungsgericht hat im Urteil vom 25. August 1999 (Az.: 5 B 153/99, 5 PKH 53/99, Buchholz 436.0 § 26 BSHG Nr. 14 = JURIS-Dokument Rdnr. 3) entschieden, dass es an der Grundvoraussetzung für eine Förderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz, dem Besuch einer Ausbildungsstätte, fehle, wenn und solange der Auszubildende von der Ausbildungsstätte beurlaubt sei. Ob diese Entscheidung vor dem Hintergrund des zitierten Urteils des Bundessozialgerichtes vom 19. August 2010, wo für den "Besuch" einer Ausbildungsstätte auf die organisatorische Zugehörigkeit zu dieser Ausbildungsstätte abgestellt wird, auf § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II übertragen werden kann, kann an dieser Stelle dahingestellt bleiben. Denn die Frage, ob eine Beurlaubung zum Ausschluss einer Förderfähigkeit des Studiums dem Grunde nach führt, kann nicht losgelöst von den einschlägigen hochschulrechtlichen Regelungen beantwortet werden. Nach dem derzeit geltenden sächsischen Hochschulrecht wird dem Antragsteller aber, wie dargestellt wurde, gerade nicht der Besuch der Hochschule oder das Betreiben des Studiums verwehrt. Insoweit unterscheidet sich das zum 1. Januar 2009 in Kraft getretene Sächsische Hochschulgesetz auch in Teilen von dem Vorgängergesetz, dem Gesetz über die Hochschulen im Freistaat Sachsen (Sächsisches Hochschulgesetz - SächsHG) vom 11. Juni 1999 (SächsGVBl. S. 294). Zwar blieben gemäß § 16 Abs. 2 Satz 2 SächsHG während der Zeit der Beurlaubung die Rechte und Pflichten des Studenten, mit Ausnahme der Verpflichtung zum ordnungsgemäßen Studium, unberührt. Damit bestand auch damals während eines Urlaubssemesters unter anderem die Möglichkeit, die Einrichtungen der Hochschule nach den dafür geltenden Vorschriften zu benutzen (vgl. § 18 Abs. 1 Nr. 1 SächsHG). Jedoch konnten damals gemäß § 16 Abs. 3 Satz 1 SächsHG während der Beurlaubung Studien- und Prüfungsleistungen an der Hochschule, an der die Beurlaubung ausgesprochen wurde, nicht erbracht werden. Dies galt lediglich nicht für Studenten, die wegen familiärer Verpflichtungen beurlaubt worden waren (vgl. § 16 Abs. 3 Satz 1 SächsHG). Eine Wiederholung nicht bestandener Prüfungen war während des Beurlaubungszeitraumes möglich (vgl. § 16 Abs. 3 Satz 3 SächsHG).

Nach alledem besucht der Antragsteller auch während des Urlaubssemesters die Hochschule und kann sein Studium betreiben. Wenn er tatsächlich das Studium nicht betreibt, ist er daran nicht aus Rechtsgründen, mithin nicht abstrakt, gehindert. Maßgebend sind vielmehr Umstände, die in seiner Person liegen. Solche individuelle Gründe betreffen aber nicht die abstrakte Förderfähigkeit des Studiums. Sie können lediglich bei der Prüfung, ob ein besonderer Härtefall im Sinne von § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II vorliegt, berücksichtigt werden.

Ein solcher besonderer Härtefall ist beim Antragsteller nicht gegeben, sodass bereits die Tatbestandsvoraussetzungen für eine Ermessensentscheidung nach § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II darüber, ob ihm Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Form eines Darlehens geleistet werden, nicht gegeben sind.

Nach § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II können in besonderen Härtefällen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes als Darlehen gewährt werden. Zum Begriff des Härtefalles hat das Bundessozialgericht auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes zu § 26 BSHG Bezug genommen. Danach ist ein Hilfebedürftiger, dessen Ausbildung im Sinne von § 7 Abs. 5 SGB II dem Grunde nach förderfähig ist und die nach den dafür vorgesehenen Leistungsgesetzen nicht (mehr) gefördert wird, in der Regel gehalten, von der Ausbildung ganz oder vorübergehend Abstand zu nehmen, um für die Dauer der Hilfebedürftigkeit den Ausschluss von der Hilfe zum Lebensunterhalt abzuwenden. Ein "besonderer" Härtefall liegt erst dann vor, wenn im Einzelfall Umstände hinzuträten, die einen Ausschluss von der Ausbildungsförderung durch Hilfe zum Lebensunterhalt auch mit Rücksicht auf den Gesetzeszweck als übermäßig hart, das heißt als unzumutbar oder in hohem Maße unbillig, erscheinen ließen (vgl. BSG, Urteil vom 6. September 2009 – B 14/7b AS 36/06 R – SozR 4-4200 § 7 Nr. 6 Rdnr. 23 = BSGE 99, 67 Rdnr. 23 = JURIS-Dokument Rdnr. 23; BSG, Urteil vom 6. September 2009 – B 14/7b AS 28/06 R – SozR 4-4200 § 7 Nr. 8 Rdnr. 23 = JURIS-Dokument Rdnr. 23; BSG, Urteil vom 30. September 2009 – B 4 AS 28/07 RSozR 4-4200 § 7 Nr. 9 Rdnr. 20 = JURIS-Dokument Rdnr. 20; BSG, Urteil vom 1. Juli 2009 – B 4 AS 67/08 R – FEVS 61, 104 = JURIS-Dokument Rdnr. 17).

Die Voraussetzungen für die Annahme eines Härtefalles in diesem Sinne liegen beim Antragsteller nicht vor.

Das Bundessozialgericht (vgl. BSG, Urteil vom 6. September 2009 – B 14/7b AS 36/06 R – SozR 4-4200 § 7 Nr. 6 Rdnr. 24 = BSGE 99, 67 Rdnr. 24 = JURIS-Dokument Rdnr. 24; BSG, Urteil vom 6. September 2009 – B 14/7b AS 28/06 R – SozR 4-4200 § 7 Nr. 8 Rdnr. 32 ff. = JURIS-Dokument Rdnr. 32 ff.; BSG, Urteil vom 30. September 2009 – B 4 AS 28/07 RSozR 4-4200 § 7 Nr. 9 Rdnr. 22 = JURIS-Dokument Rdnr. 22; BSG, Urteil vom 1. Juli 2009 – B 4 AS 67/08 R – FEVS 61, 104 = JURIS-Dokument Rdnr. 19) hat einen besonderen Härtefall beispielsweise für den Fall angenommen, wenn wegen einer Ausbildungssituation Hilfebedarf, das heißt Bedarf an Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts, entstanden ist, dieser durch Ausbildungsförderung oder Berufsausbildungsbeihilfe nicht gedeckt werden kann und deswegen begründeter Anlass für die Annahme besteht, die vor dem Abschluss stehende Ausbildung werde nicht beendet und damit drohe das Risiko zukünftiger Erwerbslosigkeit, verbunden mit weiter bestehender Hilfebedürftigkeit. Dabei muss aber die durch objektive Gründe belegbare Aussicht bestehen, die Ausbildung werde mit den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in absehbarer Zeit zu Ende gebracht (vgl. BSG, Urteil vom 6. September 2009 – B 14/7b AS 36/06 R – SozR 4-4200 § 7 Nr. 6 Rdnr. 35 = BSGE 99, 67 Rdnr. 35 = JURIS-Dokument Rdnr. 35; BSG, Urteil vom 6. September 2009 – B 14/7b AS 28/06 R – a. a. O.; BSG, Urteile vom 30. September 2009 und 1. Juli 2009, jeweils a. a. O.). Solche Umstände liegen beim Antragsteller nicht vor. Er befindet sich erst im zweiten Fachsemester. Er hat damit noch keinen wesentlichen Teil seines Studiums abgeschlossen. Es ist deshalb gerade nicht zu erwarten, dass er das Studium in absehbarer Zeit zu Ende bringen wird.

Aus diesen Gründen scheidet auch ein besonderer Härtefall im Hinblick auf die nachgewiesene Erkrankung aus. Zwar kann eine weitere Ausnahme zu § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II anerkannt werden, wenn die bereits weit fortgeschrittene und bisher kontinuierlich betriebene Ausbildung auf Grund der konkreten Umstände des Einzelfalls wegen einer Behinderung oder Krankheit gefährdet ist (vgl. BSG, Urteil vom 6. September 2009 – B 14/7b AS 36/06 R – SozR 4-4200 § 7 Nr. 6 Rdnr. 24 = BSGE 99, 67 Rdnr. 24 = JURIS-Dokument Rdnr. 24; BSG, Urteil vom 6. September 2009 – B 14/7b AS 28/06 R – SozR 4-4200 § 7 Nr. 8 Rdnr. 35 = JURIS-Dokument Rdnr. 35; BSG, Urteil vom 30. September 2009 – B 4 AS 28/07 RSozR 4-4200 § 7 Nr. 9 Rdnr. 22 = JURIS-Dokument Rdnr. 24; BSG, Urteil vom 1. Juli 2009 – B 4 AS 67/08 R – FEVS 61, 104 = JURIS-Dokument Rdnr. 20). Die Behinderung oder Krankheit kann aber nur in Bezug auf die Verzögerung der Ausbildung angeführt werden. Hinzukommen muss auch für diese Konstellation, dass die Ausbildung (nun) in absehbarer Zeit zu Ende gebracht wird (vgl. BSG, Urteil vom 1. Juli 2009, a. a. O.). Dies ist bei dem Antragsteller, der sich im zweiten Fachsemester befindet, nicht der Fall.

Ein besonderer Härtefall ist auch nicht deshalb zu bejahen, weil das vom Kläger begonnene Studium die einzige Zugangsmöglichkeit zum Arbeitsmarkt darstellt (vgl. BSG, Urteil vom 6. September 2009 – B 14/7b AS 36/06 R – SozR 4-4200 § 7 Nr. 6 Rdnr. 24 = BSGE 99, 67 Rdnr. 24 = JURIS-Dokument Rdnr. 24; BSG, Urteil vom 6. September 2009 – B 14/7b AS 28/06 R – SozR 4-4200 § 7 Nr. 8 Rdnr. 37 = JURIS-Dokument Rdnr. 37; BSG, Urteil vom 30. September 2009 – B 4 AS 28/07 RSozR 4-4200 § 7 Nr. 9 Rdnr. 22 = JURIS-Dokument Rdnr. 26; BSG, Urteil vom 1. Juli 2009 – B 4 AS 67/08 R – FEVS 61, 104 = JURIS-Dokument Rdnr. 21). Die "Erwerbszentriertheit" des SGB II erfordert, so das Bundessozialgericht, eine Auslegung der Härtefallregelung des § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II, die der Zielsetzung einer möglichst dauerhaften Eingliederung des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen durch Ausübung einer Erwerbstätigkeit Rechnung trägt. Nach dieser Fallgruppe kommt die darlehensweise Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt in Betracht, wenn die Ausbildung objektiv belegbar die einzige Zugangsmöglichkeit zum Arbeitsmarkt darstellt und der Berufsabschluss nicht auf andere Weise, insbesondere durch eine Maßnahme der beruflichen Weiterbildung gemäß § 16 Abs. 1 Satz 2 SGB II i. V. m. § 77 SGB III, erreichbar ist (vgl. BSG, Urteile vom 30. September 2009 und 1. Juli 2009, jeweils a. a. O.). Der Antragsteller verfügt zwar über keinen weiteren Berufsabschluss. Mit der Nichtgewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II für die Dauer des Urlaubssemesters wäre er zweifelsohne gezwungen, sein Studium abzubrechen. Dass er nach einer Exmatrikulation (mit danach möglichen Bezug von Arbeitslosengeld II) nicht erneut das Studium aufnehmen kann, ist nicht erkennbar.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.

3. Dem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe war stattzugeben.

Gemäß § 73a Abs. 1 Satz 1 SGB II i. V. m. § 114 ZPO erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe erfolgt für jeden Rechtszug besonders (vgl. § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 119 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

Dabei ist zu beachten, dass das Gericht in Prozesskostenhilfeverfahren die Prüfung der Sach- und Rechtslage nur summarisch vorzunehmen hat und aus Gründen der Waffengleichheit zwischen den Beteiligten insbesondere bei von Fachgerichten zu entscheidenden Rechtsstreitigkeiten keine allzu überspannten Anforderungen zu stellen sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. April 2002 – 1 BvR 81/00NJW 2000, 1936 ff.). Damit muss der Erfolg des Rechtsbegehrens nicht gewiss sein, Erfolgsaussichten sind nur dann zu verneinen, wenn diese nur entfernt oder schlechthin ausgeschlossen sind, insbesondere eine gefestigte obergerichtliche Rechtsprechung existiert (vgl. Sächsisches LSG, Beschluss vom 23. Februar 2009 – L 3 B 740/08 AS-PKH – JURIS-Dokument Rdnr. 8, m. w. N.). Ausgehend hiervon war Prozesskostenhilfe zu gewähren, weil er zur Frage, ob ein immatrikulierter, beurlaubter Student einen Anspruch auf Arbeitslosengeld II hat, noch keine gefestigte obergerichtliche Rechtsprechung gibt.

Die prozesskostenhilferechtliche Bedürftigkeit des Antragstellers ergibt sich glaubhaft aus seiner Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse. Die Rechtsverfolgung war nicht mutwillig. Die Vertretung des Klägers durch eine Prozessbevollmächtigte erscheint erforderlich (vgl. § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 121 Abs. 2 ZPO).

4. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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