Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 9 U 606/06
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 501/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 2 U 327/10 B
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Höchstpersönliche oder eigenwirtschaftliche Verrichtungen wie das Kochen von Kaffee stehen mangels innerem Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit eines Arbeitnehmers regelmäßig nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung (§ 8 Abs.1 Satz 1 SGB VII). Dies gilt auch dann, wenn ein/e Versicherte/r in einer bezahlten Pause (hier: „Lichtpause“ zur Regeneration der Augen) einen Stromschlag erleidet, weil er/sie auf der Suche nach einer funktionstüchtigen Steckdose in einem betrieblichen Gemeinschaftsraum mithilft, um die Kaffeemaschine in Betrieb nehmen zu können.
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts München vom 30.09.2008 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten beider Rechtszüge sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass es sich bei dem Ereignis vom 03.09.2004 (Stromunfall) um einen Arbeitsunfall im Sinne von § 8 Abs.1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII) handelt.
Die 1954 geborene Klägerin hat als Mitarbeiterin der Papierfabrik L. GmbH in G. am 03.09.2004 einen Stromschlag erlitten, als sie während einer bezahlten "Lichtpause" mit Hilfe eines alten Radios hat prüfen wollen, ob Strom auf den Steckdosen des Aufenthaltsraums gewesen ist oder nicht. Hierbei ist es zu einer Verletzung des Ramus superficialis Nervus radialis links und des Nervus ulnaris links gekommen.
In Ergänzung zur Unfallanzeige vom 17.03.2005 hat die Papierfabrik L. GmbH am 20.07.2005 mitgeteilt, dass es sich bei dem Radiogerät nicht um ein betriebliches Gerät gehandelt habe und der Eigentümer unbekannt sei. Das Gerät sei nach Bekanntgabe des Unfalles nicht mehr auf dem angegebenen Platz vorzufinden gewesen. Die Klägerin hat mit Schreiben vom 22.08.2005 mitgeteilt, dass das private Radio schon mehr als zehn Jahre am gleichen Platz gestanden sei; der private Besitzer sei unbekannt und habe auch nicht ermittelt werden können; bei der "Lichtpause" handele es sich um eine bezahlte Kurzpause, die zur Erholung der Augen durch das anstrengende Sortieren diene; der Elektriker H. F. sei verständigt worden, um den Stecker zu richten; das private Radio sei mittlerweile entsorgt worden.
Die zum Unfallhergang befragte Mitarbeiterin W. B. hat unter dem 13.10.2005 berichtet, dass aufgrund des Stromschlages der linke Arm der Klägerin leicht geschwärzt gewesen sei. Die Mitarbeiterin A. S. hat unter dem 17.10.2005 mitgeteilt, sie selbst sei Augenzeugin gewesen. Der Unfall habe sich im Aufenthaltsraum an der Steckdose neben der Tür ereignet. Der Stecker sei defekt gewesen; das habe man erst hernach bemerkt. Der Elektriker sei zum Reparieren gekommen. Die linke Hand der Klägerin sei ganz schwarz und blau gewesen.
Der Facharzt für Neurologie und Psychiater Dr. H. hat mit Arztbrief vom 24.02.2005 u.a. eine Verletzung des Ramus superficialis Nervus radialis links als unfallursächlich beschrieben. Entsprechendes gilt für den Durchgangsarztbericht von Prof. Dr. B. vom 22.03.2005. Im Folgenden hat Dr. H. mit Arztbrief vom 31.03.2005 zusätzlich eine Verletzung des Nervus ulnaris links diagnostiziert und ein Carpaltunnelsyndrom links ausgeschlossen. - Die Beklagte hat des Weiteren das fachneurologische Gutachten der Dr. V. vom 07.08.2005 beigezogen, welches für die B. gefertigt worden ist. Dort sind als Diagnosen auf neurologischem Fachgebiet genannt: Läsion des distalen sensiblen Radialis-Endastes links; Läsion des linken Nervus ulnaris im Unterarm-Handbereich; Reizzustand des linken Handgelenks mit Schwerpunkt radialseitig und der unmittelbar benachbarten knöchernen und Gelenksstrukturen mit kernspintomographisch nachgewiesener leichter Ergussbildung ohne exakte Eingrenzbarkeit. Danach sei die Klägerin infolge des Unfalles vom 03.09.2004 bis zur Krankschreibung am 10.01.2005 zu 70 v.H und nachfolgend bis zum Untersuchungstag zu 100 v.H. in ihrer Arbeitsfähigkeit als Sortiererin beeinträchtigt. Bis zum Ablauf des ersten Unfalljahres werde die Klägerin voraussichtlich zu 50 v.H. in ihrer Arbeitsfähigkeit als Sortiererin beeinträchtigt bleiben.
Die Beklagte hat es mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 12.06.2006 abgelehnt, das Ereignis vom 03.09.2004 als Arbeitsunfall anzuerkennen. Bei dem im Pausenraum betriebenen Radiogerät habe es sich nach Auskunft des Arbeitgebers um ein privates, also nicht betriebliches Radiogerät gehandelt, welches auf Wunsch der Beschäftigten betrieben worden sei. Ein Defekt an der betrieblichen Steckdose habe durch den Betriebselektriker ausgeschlossen werden können. Die Gefahr, die letztendlich zum Unfall geführt habe, sei somit ausschließlich dem privaten, eigenwirtschaftlichen Bereich zuzuordnen.
Die Bevollmächtigten der Klägerin haben mit Widerspruchsbegründung vom 17.08.2006 hervorgehoben, es habe sich um eine bezahlte Kurzpause gehandelt, die wegen der anstrengenden Tätigkeit der Erholung der Augen gedient habe, um anschließend die Sortierarbeit wieder fehlerfrei verrichten zu können. Das Radiohören sei dienlich gewesen, um die Sortierarbeit anschließend konzentrierter fortsetzen zu können. Der Arbeitgeber habe dies seit mehr als zehn Jahren geduldet. Im Übrigen könne dahingestellt bleiben, ob es beim Einstecken oder beim Ausstecken zu dem Stromschlag gekommen sei.
Die Beklagte hat den Widerspruch gegen den Bescheid vom 12.06.2006 mit Widerspruchsbescheid vom 05.09.2006 zurückgewiesen. Zwar träfe es zu, dass auch die Arbeitspausen zur versicherten Tätigkeit gehörten, jedoch nur insoweit, als dies die Absicherung gegen betriebsbedingte Gefahren betreffe. Würden Pausen für private Verrichtungen (hier Radiohören) benutzt und passiere ein Unfall, so stehe dieser dann nicht mehr in einem inneren Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit.
In dem sich anschließenden Klageverfahren hat das Sozialgericht München die Unfall-Akten der Beklagten beigezogen. Die Bevollmächtigten der Klägerin haben die Betriebsvereinbarung der Papierfabrik L. GmbH vom 07.12.1989 vorgelegt. Dort ist u.a. geregelt, dass eine bezahlte "Lichtpause" zweimal zehn Minuten pro Schicht für Sortier-Frauen vorgesehen ist.
In der mündlichen Verhandlung vom 19.06.2007 hat die Klägerin erklärt, sie sei in der Zeit von 1973 bis 1984 bereits in diesem Betrieb beschäftigt; auch in dieser Zeit habe sich schon ein Radiogerät im Pausenraum befunden. Nach mehrjährigem Aufenthalt in Kroatien sei sie in diesen Betrieb zurückgekehrt. Seit ca. zehn Jahren habe sich dieses Radiogerät, an dem sie sich verletzt habe, in dem Pausenraum befunden. Zum Unfallzeitpunkt habe sie mit Hilfe des Radiogerätes prüfen wollen, ob überhaupt Strom im Pausenraum zur Verfügung gestanden habe, da sich unter dem Kühlschrank eine große Wasserpfütze gebildet hatte; auch das Licht im Kühlschrank habe nicht funktioniert. Es habe sich gezeigt, dass der Kühlschrank keine Stromzufuhr gehabt habe. - Der im Folgenden geschlossene widerrufliche Vergleich (Anerkennung des Ereignisses vom 03.09.2004 als Arbeitsunfall) ist von der Beklagten widerrufen worden. Ein betriebliches Interesse an dem Radio im Pausenraum habe der Arbeitgeber nicht dokumentiert. Der Arbeitgeber sei über die Existenz des Radios nicht informiert gewesen. Das Radiohören in den Pausen sei lediglich geduldet, aber nicht durch den Arbeitgeber gefördert worden.
In der nichtöffentlichen Sitzung des Sozialgerichts München vom 11.03.2008 hat Frau B. als Zeugin ausgesagt, dass in dem Beschäftigungsbetrieb der Klägerin Banknoten hergestellt würden. Die Klägerin und die Zeugin hätten die gleiche Beschäftigung ausgeübt (Sortieren von Banknotenpapier, Prüfung auf Vollständigkeit der Wasserzeichen, Kontrolle des Sicherheitsfadens und der übrigen Sicherungszeichen). Für diese Tätigkeit sei eine sogenannte "Lichtpause" vorgesehen gewesen. Sie sei insgesamt fast 30 Jahre in dem Betrieb beschäftigt gewesen und soweit sie sich erinnern könne, sei eigentlich immer ein Radiogerät im Pausenraum gestanden. Die Betriebsleitung habe dies auch gewusst. Die Klägerin habe am 03.09.2004 in der Arbeitspause Nachrichten anhören wollen und daher den Stecker des Radiogerätes in die erste Steckdose eingesteckt. Das Radio habe jedoch nicht funktioniert. Daraufhin habe die Klägerin das Radio genommen und versucht, es in eine andere Steckdose einzustecken. Dort habe das Radio funktioniert; es habe aber kurz darauf einen Schlag gegeben und das Radio sei nicht mehr gegangen. Die Klägerin habe ihr anschließend den Unterarm gezeigt, wo eine leichte schwarze Färbung sichtbar gewesen sei. - Frau B. hat sich als Zeugin weiterhin daran erinnern können, dass die anwesende Mitarbeiterin Frau A. S. aufgrund dieses Ereignisses gelacht habe. Anschließend sei der Betriebselektriker geholt worden, der sich das Kabel des Radios näher angesehen habe. Dieser habe festgestellt, dass das Kabel defekt gewesen sei. Der Betriebselektriker habe das Radio mit dem Kabel an sich genommen. Das Radio habe der Mitarbeiterin A. S. gehört, die sich angeboten habe, ein Radio von zu Hause mitzubringen, nachdem das alte Radio kaputt gewesen sei. Ob der Kühlschrank zum Unfallzeitpunkt funktioniert habe oder nicht, könne sie nicht mehr sagen.
Das Sozialgericht München hat mit Urteil vom 30.09.2008 den Bescheid der Beklagten vom 12.06.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.09.2006 aufgehoben und festgestellt, dass es sich bei dem Ereignis vom 03.09.2004 um einen Arbeitsunfall handelt. Die Pause, während der sich das Ereignis zutrug, sei eine bezahlte Kurzpause und damit ein versicherter Zeitraum gewesen. Das Radiohören sei zwar vom Betrieb nur geduldet worden, jedoch habe sich das Radiogerät mit Wissen und Billigung des Betriebes im Pausenraum befunden, in dem die versicherte Arbeitspause regelmäßig zugebracht worden sei. Der Betrieb habe dies im Rahmen der sozialen Arbeitsplatzgestaltung geduldet (vgl. hierzu das Urteil des BSG vom 11.05.1995 - 2 RU 8/94). Damit stelle das private Radiogerät letztlich eine betriebliche Einrichtung dar, für deren Sicherheit der Betrieb infolge der Billigung auch Verantwortung zu übernehmen hätte. Dies folge insbesondere auch aus der Tatsache, dass der Betrieb aufgrund der Unfallverhütungsvorschriften verpflichtet sei, die Betriebssicherheit elektrischer Betriebsmittel und zwar auch privat eingebrachter Geräte regelmäßig zu prüfen (BGV A3, DIN VDE 0701 - 0702).
Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten vom 23.12.2008 ging am 29.12.2008 beim Bayerischen Landessozialgericht (BayLSG) ein. Von Seiten des Senats wurden die Unfall-Akten der Beklagten und die Streitakten des Sozialgerichts München beigezogen.
Die Beklagte hat mit Berufungsbegründung vom 26.01.2009 hervorgehoben, dass mangels sogenanntem "innerem Zusammenhang" das Ereignis vom 03.09.2004 der versicherten Tätigkeit nicht zuzurechnen sei. Dies gelte auch in Berücksichtigung des Umstandes, dass es sich um eine bezahlte Arbeitspause gehandelt habe.
Die Bevollmächtigten der Klägerin erwiderten mit Schriftsatz vom 02.09.2009, wesentlicher Punkt der Lichtpause sei, dass sich die Augen dadurch erholen sollten. Dieses Bestreben würde nicht erreicht, wenn sich die Arbeitnehmerinnen während der Lichtpause mit Zeitung lesen beschäftigen würden. Dies würde wiederum die Augen anstrengen. So diene objektiv der Betrieb des Radios in der Lichtpause dazu, die Augen auch wirklich zu schonen, um anschließend die geschuldete Arbeitsleistung konzentrierter ausüben zu können. Dies liege im wesentlichen Interesse des Unternehmens.
In der mündlichen Verhandlung vom 12.10.2010 erklärt die Klägerin, dass Frau B. damals in der Lichtpause Kaffee kochen wollte. Sie habe gegessen und habe mit Frau S. Brotzeit gemacht. Frau B. habe dann festgestellt, dass an der Wand, an der der Kühlschrank gestanden habe, kein Strom gewesen sei und habe sie gefragt, ob sie probieren könnte, ob die Steckdose an ihrem Tisch Strom habe. Frau B. habe sie gefragt, ob sie probieren könnte, ob in der Steckdose beim Kühlschrank Strom gewesen sei. Sie habe dann bei ihr am Tisch die Steckdose geprüft und habe den Stecker in die Steckdose gesteckt. Dort sei Strom gewesen. Sie habe einen Schlag erhalten. Diese letzte Steckdose sei an dem Tisch gewesen, der bei der Tür gestanden habe. Es sei nicht die Steckdose gewesen, an der der Kühlschrank gestanden habe, sondern die andere.
Der Bevollmächtigte der Beklagten beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 30.09.2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Bevollmächtigte der Klägerin stellt den Antrag aus dem Schriftsatz vom 18.02.2009,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird gemäß § 202 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in Verbindung mit § 540 der Zivilprozessordnung (ZPO) sowie entsprechend § 136 Abs.2 SGG auf die Unterlagen der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist gemäß §§ 143, 144 und 151 SGG zulässig und begründet. Auf die Berufung der Beklagten ist das Urteil des Sozialgerichts München vom 30.09.2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Rechtsgrundlage für die Anerkennung eines Unfalls als Arbeitsunfall ist § 8 SGB VII: Nach § 8 Abs.1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit. Nach dessen Satz 2 sind Unfälle zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden (oder zum Tod) führen. Für einen Arbeitsunfall ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), diese Verrichtung zu dem zeitbegrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat (Unfallkausalität) und das Unfallereignis einen Gesundheitsschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität); das Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitserstschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist dagegen keine Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls, sondern u.a. für die Gewährung einer Verletztenrente (BSG, Urteil vom 18.11.2008 - B 2 U 31/07 R m.w.N.).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist der Unfall vom 03.09.2004 nicht als Arbeitsunfall anzuerkennen, weil die Verrichtung der Klägerin zur Zeit des Unfalls nicht im sachlichen Zusammenhang mit ihrer versicherten Tätigkeit nach § 2 Abs.1 Nr.1 SGB VII als Sortiererin stand. Ein Zusammenhang ergibt sich auch nicht aus dem Gesichtspunkt einer gemischten Tätigkeit oder einer besonderen Betriebsgefahr.
Der sachliche Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit - hier als Sortiererin von Banknotenpapier - ist wertend zu ermitteln, indem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenze liegt, bis zu welcher der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht. Bei einer nach § 2 Abs.1 Nr.1 SGB VII versicherten Beschäftigten sind Verrichtungen im Rahmen des dem Beschäftigungsverhältnis zugrunde liegenden Arbeitsverhältnisses Teil der versicherten Tätigkeit und stehen mit ihr im erforderlichen sachlichen Zusammenhang. Dies bedeutet jedoch nicht, dass alle Verrichtungen eines grundsätzlich versicherten Arbeitnehmers im Laufe eines Arbeitstags auf der Arbeitsstätte versichert sind, weil nach dem Wortlaut des § 8 Abs.1 Satz 1 SGB VII nur Unfälle "infolge" der versicherten Tätigkeit Arbeitsunfälle sind. Typischerweise und in der Regel unversichert sind höchstpersönliche Verrichtungen wie z.B. Essen oder eigenwirtschaftliche Verrichtungen wie z.B. Einkaufen. Maßgebliches Kriterium für die wertende Entscheidung über den sachlichen Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der Verrichtung zur Zeit des Unfalles ist, ob der Versicherte eine dem Beschäftigungsverhältnis dienende Verrichtung ausüben wollte und ob diese Handlungstendenz durch die objektiven Umstände bestätigt wird (BSG, Urteil vom 18.11.2008 - B 2 U 31/07 R m.w.N.).
Hiervon ausgehend ist darauf hinzuweisen, dass es nicht ausreichend ist, dass sich das Ereignis vom 03.09.2004 während einer bezahlten "Lichtpause" ereignet hat. Denn es fehlt an einem "inneren Zusammenhang" mit der versicherten Tätigkeit als Sortiererin von Banknotenpapier. Die Klägerin hat das vom Arbeitgeber geduldete Radio nicht deswegen benutzen wollen, um sich und vor allem die Augen zu regenerieren. Nach eigenem Bekunden in der mündlichen Verhandlung vom 12.10.2010 ist sie vielmehr auf Veranlassung von Frau B. tätig geworden, die in der Lichtpause hat Kaffee kochen wollen. Frau B. hat dabei festgestellt, dass an der Wand, an der der Kühlschrank stand, kein Strom war und hat die Klägerin gefragt, ob diese probieren könnte, ob die Steckdose an ihrem Tisch Strom hat. Frau B. hat die Klägerin gefragt, ob sie probieren könnte, ob in der Steckdose beim Kühlschrank Strom ist. Die Klägerin hat dann bei ihr am Tisch die Steckdose geprüft und hat den Stecker in die Steckdose gesteckt. Dort hat sie den Stromschlag erhalten.
Somit ist die Klägerin nach eigenem Bekunden als "Gehilfin" von Frau B. bei deren eigenwirtschaftlicher Tätigkeit (Kochen von Kaffee) tätig geworden. Das Kochen von Kaffee bzw. hier Unterstützungshandlungen der Klägerin in Form des Suchens einer stromführenden Steckdose ist typischerweise unversichert, da es sich um eine persönliche Verrichtung handelt, die nicht in einem inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit steht.
Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung vom 12.10.2010 diesbezüglich darauf hingewiesen, dass der Sachverhalt sich aufgrund der Äußerung der Klägerin anders darstellt als bisher und dass trotz der bezahlten Lichtpause der Bezug zu einer eigenwirtschaftlichen Betätigung hergestellt ist.
Es handelt sich auch nicht um eine gemischte Tätigkeit, die sowohl im eigenen Interesse als auch im Interesse des Betriebes erbracht worden ist. Denn die Klägerin hat nicht gleichzeitig die Wahrnehmung eines potentiellen Interesses ihres Arbeitgebers an funktionstüchtigen Steckdosen auch im Gemeinschaftsraum verfolgt, als sie auf Ersuchen von Frau B. eine stromführende Steckdose mit Hilfe des nicht mehr sicheren Radios gesucht hat, damit diese Kaffe kochen könne.
Nicht ausreichend ist im Übrigen, dass der Arbeitgeber aktenkundig über mehr als zehn Jahre die Benutzung des privat eingebrachten Radios in dem Aufenthaltsraum geduldet hat und dessen Benutzung grundsätzlich geeignet ist, eine Regeneration im Hinblick auf die fortzusetzende Tätigkeit als Sortiererin von Banknotenpapier zu fördern. Auch wenn der Arbeitgeber aufgrund von Unfallverhütungsvorschriften verpflichtet ist, die Betriebssicherheit elektrischer Betriebsmittel und zwar auch privat eingebrachter Geräte regelmäßig zu prüfen (BGV A3, DIN VDE 0701 - 0702), resultiert hieraus keine betriebliche Gefahr, für die die Beklagte einstandspflichtig ist. Denn es gibt keinen Rechtsgrundsatz dahingehend, dass die Beklagte gleichsam eine Garantenstellung hinsichtlich sämtlicher Gefahrenquellen hat, die in örtlichem oder zeitlichem Zusammenhang mit den betrieblichen Gegebenheiten stehen. Der innere Zusammenhang mit der versicherten Beschäftigung ist vielmehr nur dann gegeben, wenn die zum Unfall führende Verrichtung der Erfüllung der geschuldeten Dienstleistung des Beschäftigten dient (Bundessozialgericht, Urteil vom 22.09.2009 - B 2 U 4/08 R mit weiteren Nachweisen). Aufgrund der Einlassungen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 12.10.2010 fehlt es hier jedoch zweifelsfrei an dem inneren Zusammenhang mit der versicherten Beschäftigung.
Nach alledem ist das Urteil des Sozialgerichts München vom 30.09.2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG).
II. Außergerichtliche Kosten beider Rechtszüge sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass es sich bei dem Ereignis vom 03.09.2004 (Stromunfall) um einen Arbeitsunfall im Sinne von § 8 Abs.1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII) handelt.
Die 1954 geborene Klägerin hat als Mitarbeiterin der Papierfabrik L. GmbH in G. am 03.09.2004 einen Stromschlag erlitten, als sie während einer bezahlten "Lichtpause" mit Hilfe eines alten Radios hat prüfen wollen, ob Strom auf den Steckdosen des Aufenthaltsraums gewesen ist oder nicht. Hierbei ist es zu einer Verletzung des Ramus superficialis Nervus radialis links und des Nervus ulnaris links gekommen.
In Ergänzung zur Unfallanzeige vom 17.03.2005 hat die Papierfabrik L. GmbH am 20.07.2005 mitgeteilt, dass es sich bei dem Radiogerät nicht um ein betriebliches Gerät gehandelt habe und der Eigentümer unbekannt sei. Das Gerät sei nach Bekanntgabe des Unfalles nicht mehr auf dem angegebenen Platz vorzufinden gewesen. Die Klägerin hat mit Schreiben vom 22.08.2005 mitgeteilt, dass das private Radio schon mehr als zehn Jahre am gleichen Platz gestanden sei; der private Besitzer sei unbekannt und habe auch nicht ermittelt werden können; bei der "Lichtpause" handele es sich um eine bezahlte Kurzpause, die zur Erholung der Augen durch das anstrengende Sortieren diene; der Elektriker H. F. sei verständigt worden, um den Stecker zu richten; das private Radio sei mittlerweile entsorgt worden.
Die zum Unfallhergang befragte Mitarbeiterin W. B. hat unter dem 13.10.2005 berichtet, dass aufgrund des Stromschlages der linke Arm der Klägerin leicht geschwärzt gewesen sei. Die Mitarbeiterin A. S. hat unter dem 17.10.2005 mitgeteilt, sie selbst sei Augenzeugin gewesen. Der Unfall habe sich im Aufenthaltsraum an der Steckdose neben der Tür ereignet. Der Stecker sei defekt gewesen; das habe man erst hernach bemerkt. Der Elektriker sei zum Reparieren gekommen. Die linke Hand der Klägerin sei ganz schwarz und blau gewesen.
Der Facharzt für Neurologie und Psychiater Dr. H. hat mit Arztbrief vom 24.02.2005 u.a. eine Verletzung des Ramus superficialis Nervus radialis links als unfallursächlich beschrieben. Entsprechendes gilt für den Durchgangsarztbericht von Prof. Dr. B. vom 22.03.2005. Im Folgenden hat Dr. H. mit Arztbrief vom 31.03.2005 zusätzlich eine Verletzung des Nervus ulnaris links diagnostiziert und ein Carpaltunnelsyndrom links ausgeschlossen. - Die Beklagte hat des Weiteren das fachneurologische Gutachten der Dr. V. vom 07.08.2005 beigezogen, welches für die B. gefertigt worden ist. Dort sind als Diagnosen auf neurologischem Fachgebiet genannt: Läsion des distalen sensiblen Radialis-Endastes links; Läsion des linken Nervus ulnaris im Unterarm-Handbereich; Reizzustand des linken Handgelenks mit Schwerpunkt radialseitig und der unmittelbar benachbarten knöchernen und Gelenksstrukturen mit kernspintomographisch nachgewiesener leichter Ergussbildung ohne exakte Eingrenzbarkeit. Danach sei die Klägerin infolge des Unfalles vom 03.09.2004 bis zur Krankschreibung am 10.01.2005 zu 70 v.H und nachfolgend bis zum Untersuchungstag zu 100 v.H. in ihrer Arbeitsfähigkeit als Sortiererin beeinträchtigt. Bis zum Ablauf des ersten Unfalljahres werde die Klägerin voraussichtlich zu 50 v.H. in ihrer Arbeitsfähigkeit als Sortiererin beeinträchtigt bleiben.
Die Beklagte hat es mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 12.06.2006 abgelehnt, das Ereignis vom 03.09.2004 als Arbeitsunfall anzuerkennen. Bei dem im Pausenraum betriebenen Radiogerät habe es sich nach Auskunft des Arbeitgebers um ein privates, also nicht betriebliches Radiogerät gehandelt, welches auf Wunsch der Beschäftigten betrieben worden sei. Ein Defekt an der betrieblichen Steckdose habe durch den Betriebselektriker ausgeschlossen werden können. Die Gefahr, die letztendlich zum Unfall geführt habe, sei somit ausschließlich dem privaten, eigenwirtschaftlichen Bereich zuzuordnen.
Die Bevollmächtigten der Klägerin haben mit Widerspruchsbegründung vom 17.08.2006 hervorgehoben, es habe sich um eine bezahlte Kurzpause gehandelt, die wegen der anstrengenden Tätigkeit der Erholung der Augen gedient habe, um anschließend die Sortierarbeit wieder fehlerfrei verrichten zu können. Das Radiohören sei dienlich gewesen, um die Sortierarbeit anschließend konzentrierter fortsetzen zu können. Der Arbeitgeber habe dies seit mehr als zehn Jahren geduldet. Im Übrigen könne dahingestellt bleiben, ob es beim Einstecken oder beim Ausstecken zu dem Stromschlag gekommen sei.
Die Beklagte hat den Widerspruch gegen den Bescheid vom 12.06.2006 mit Widerspruchsbescheid vom 05.09.2006 zurückgewiesen. Zwar träfe es zu, dass auch die Arbeitspausen zur versicherten Tätigkeit gehörten, jedoch nur insoweit, als dies die Absicherung gegen betriebsbedingte Gefahren betreffe. Würden Pausen für private Verrichtungen (hier Radiohören) benutzt und passiere ein Unfall, so stehe dieser dann nicht mehr in einem inneren Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit.
In dem sich anschließenden Klageverfahren hat das Sozialgericht München die Unfall-Akten der Beklagten beigezogen. Die Bevollmächtigten der Klägerin haben die Betriebsvereinbarung der Papierfabrik L. GmbH vom 07.12.1989 vorgelegt. Dort ist u.a. geregelt, dass eine bezahlte "Lichtpause" zweimal zehn Minuten pro Schicht für Sortier-Frauen vorgesehen ist.
In der mündlichen Verhandlung vom 19.06.2007 hat die Klägerin erklärt, sie sei in der Zeit von 1973 bis 1984 bereits in diesem Betrieb beschäftigt; auch in dieser Zeit habe sich schon ein Radiogerät im Pausenraum befunden. Nach mehrjährigem Aufenthalt in Kroatien sei sie in diesen Betrieb zurückgekehrt. Seit ca. zehn Jahren habe sich dieses Radiogerät, an dem sie sich verletzt habe, in dem Pausenraum befunden. Zum Unfallzeitpunkt habe sie mit Hilfe des Radiogerätes prüfen wollen, ob überhaupt Strom im Pausenraum zur Verfügung gestanden habe, da sich unter dem Kühlschrank eine große Wasserpfütze gebildet hatte; auch das Licht im Kühlschrank habe nicht funktioniert. Es habe sich gezeigt, dass der Kühlschrank keine Stromzufuhr gehabt habe. - Der im Folgenden geschlossene widerrufliche Vergleich (Anerkennung des Ereignisses vom 03.09.2004 als Arbeitsunfall) ist von der Beklagten widerrufen worden. Ein betriebliches Interesse an dem Radio im Pausenraum habe der Arbeitgeber nicht dokumentiert. Der Arbeitgeber sei über die Existenz des Radios nicht informiert gewesen. Das Radiohören in den Pausen sei lediglich geduldet, aber nicht durch den Arbeitgeber gefördert worden.
In der nichtöffentlichen Sitzung des Sozialgerichts München vom 11.03.2008 hat Frau B. als Zeugin ausgesagt, dass in dem Beschäftigungsbetrieb der Klägerin Banknoten hergestellt würden. Die Klägerin und die Zeugin hätten die gleiche Beschäftigung ausgeübt (Sortieren von Banknotenpapier, Prüfung auf Vollständigkeit der Wasserzeichen, Kontrolle des Sicherheitsfadens und der übrigen Sicherungszeichen). Für diese Tätigkeit sei eine sogenannte "Lichtpause" vorgesehen gewesen. Sie sei insgesamt fast 30 Jahre in dem Betrieb beschäftigt gewesen und soweit sie sich erinnern könne, sei eigentlich immer ein Radiogerät im Pausenraum gestanden. Die Betriebsleitung habe dies auch gewusst. Die Klägerin habe am 03.09.2004 in der Arbeitspause Nachrichten anhören wollen und daher den Stecker des Radiogerätes in die erste Steckdose eingesteckt. Das Radio habe jedoch nicht funktioniert. Daraufhin habe die Klägerin das Radio genommen und versucht, es in eine andere Steckdose einzustecken. Dort habe das Radio funktioniert; es habe aber kurz darauf einen Schlag gegeben und das Radio sei nicht mehr gegangen. Die Klägerin habe ihr anschließend den Unterarm gezeigt, wo eine leichte schwarze Färbung sichtbar gewesen sei. - Frau B. hat sich als Zeugin weiterhin daran erinnern können, dass die anwesende Mitarbeiterin Frau A. S. aufgrund dieses Ereignisses gelacht habe. Anschließend sei der Betriebselektriker geholt worden, der sich das Kabel des Radios näher angesehen habe. Dieser habe festgestellt, dass das Kabel defekt gewesen sei. Der Betriebselektriker habe das Radio mit dem Kabel an sich genommen. Das Radio habe der Mitarbeiterin A. S. gehört, die sich angeboten habe, ein Radio von zu Hause mitzubringen, nachdem das alte Radio kaputt gewesen sei. Ob der Kühlschrank zum Unfallzeitpunkt funktioniert habe oder nicht, könne sie nicht mehr sagen.
Das Sozialgericht München hat mit Urteil vom 30.09.2008 den Bescheid der Beklagten vom 12.06.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.09.2006 aufgehoben und festgestellt, dass es sich bei dem Ereignis vom 03.09.2004 um einen Arbeitsunfall handelt. Die Pause, während der sich das Ereignis zutrug, sei eine bezahlte Kurzpause und damit ein versicherter Zeitraum gewesen. Das Radiohören sei zwar vom Betrieb nur geduldet worden, jedoch habe sich das Radiogerät mit Wissen und Billigung des Betriebes im Pausenraum befunden, in dem die versicherte Arbeitspause regelmäßig zugebracht worden sei. Der Betrieb habe dies im Rahmen der sozialen Arbeitsplatzgestaltung geduldet (vgl. hierzu das Urteil des BSG vom 11.05.1995 - 2 RU 8/94). Damit stelle das private Radiogerät letztlich eine betriebliche Einrichtung dar, für deren Sicherheit der Betrieb infolge der Billigung auch Verantwortung zu übernehmen hätte. Dies folge insbesondere auch aus der Tatsache, dass der Betrieb aufgrund der Unfallverhütungsvorschriften verpflichtet sei, die Betriebssicherheit elektrischer Betriebsmittel und zwar auch privat eingebrachter Geräte regelmäßig zu prüfen (BGV A3, DIN VDE 0701 - 0702).
Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten vom 23.12.2008 ging am 29.12.2008 beim Bayerischen Landessozialgericht (BayLSG) ein. Von Seiten des Senats wurden die Unfall-Akten der Beklagten und die Streitakten des Sozialgerichts München beigezogen.
Die Beklagte hat mit Berufungsbegründung vom 26.01.2009 hervorgehoben, dass mangels sogenanntem "innerem Zusammenhang" das Ereignis vom 03.09.2004 der versicherten Tätigkeit nicht zuzurechnen sei. Dies gelte auch in Berücksichtigung des Umstandes, dass es sich um eine bezahlte Arbeitspause gehandelt habe.
Die Bevollmächtigten der Klägerin erwiderten mit Schriftsatz vom 02.09.2009, wesentlicher Punkt der Lichtpause sei, dass sich die Augen dadurch erholen sollten. Dieses Bestreben würde nicht erreicht, wenn sich die Arbeitnehmerinnen während der Lichtpause mit Zeitung lesen beschäftigen würden. Dies würde wiederum die Augen anstrengen. So diene objektiv der Betrieb des Radios in der Lichtpause dazu, die Augen auch wirklich zu schonen, um anschließend die geschuldete Arbeitsleistung konzentrierter ausüben zu können. Dies liege im wesentlichen Interesse des Unternehmens.
In der mündlichen Verhandlung vom 12.10.2010 erklärt die Klägerin, dass Frau B. damals in der Lichtpause Kaffee kochen wollte. Sie habe gegessen und habe mit Frau S. Brotzeit gemacht. Frau B. habe dann festgestellt, dass an der Wand, an der der Kühlschrank gestanden habe, kein Strom gewesen sei und habe sie gefragt, ob sie probieren könnte, ob die Steckdose an ihrem Tisch Strom habe. Frau B. habe sie gefragt, ob sie probieren könnte, ob in der Steckdose beim Kühlschrank Strom gewesen sei. Sie habe dann bei ihr am Tisch die Steckdose geprüft und habe den Stecker in die Steckdose gesteckt. Dort sei Strom gewesen. Sie habe einen Schlag erhalten. Diese letzte Steckdose sei an dem Tisch gewesen, der bei der Tür gestanden habe. Es sei nicht die Steckdose gewesen, an der der Kühlschrank gestanden habe, sondern die andere.
Der Bevollmächtigte der Beklagten beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 30.09.2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Bevollmächtigte der Klägerin stellt den Antrag aus dem Schriftsatz vom 18.02.2009,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird gemäß § 202 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in Verbindung mit § 540 der Zivilprozessordnung (ZPO) sowie entsprechend § 136 Abs.2 SGG auf die Unterlagen der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist gemäß §§ 143, 144 und 151 SGG zulässig und begründet. Auf die Berufung der Beklagten ist das Urteil des Sozialgerichts München vom 30.09.2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Rechtsgrundlage für die Anerkennung eines Unfalls als Arbeitsunfall ist § 8 SGB VII: Nach § 8 Abs.1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit. Nach dessen Satz 2 sind Unfälle zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden (oder zum Tod) führen. Für einen Arbeitsunfall ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), diese Verrichtung zu dem zeitbegrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat (Unfallkausalität) und das Unfallereignis einen Gesundheitsschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität); das Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitserstschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist dagegen keine Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls, sondern u.a. für die Gewährung einer Verletztenrente (BSG, Urteil vom 18.11.2008 - B 2 U 31/07 R m.w.N.).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist der Unfall vom 03.09.2004 nicht als Arbeitsunfall anzuerkennen, weil die Verrichtung der Klägerin zur Zeit des Unfalls nicht im sachlichen Zusammenhang mit ihrer versicherten Tätigkeit nach § 2 Abs.1 Nr.1 SGB VII als Sortiererin stand. Ein Zusammenhang ergibt sich auch nicht aus dem Gesichtspunkt einer gemischten Tätigkeit oder einer besonderen Betriebsgefahr.
Der sachliche Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit - hier als Sortiererin von Banknotenpapier - ist wertend zu ermitteln, indem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenze liegt, bis zu welcher der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht. Bei einer nach § 2 Abs.1 Nr.1 SGB VII versicherten Beschäftigten sind Verrichtungen im Rahmen des dem Beschäftigungsverhältnis zugrunde liegenden Arbeitsverhältnisses Teil der versicherten Tätigkeit und stehen mit ihr im erforderlichen sachlichen Zusammenhang. Dies bedeutet jedoch nicht, dass alle Verrichtungen eines grundsätzlich versicherten Arbeitnehmers im Laufe eines Arbeitstags auf der Arbeitsstätte versichert sind, weil nach dem Wortlaut des § 8 Abs.1 Satz 1 SGB VII nur Unfälle "infolge" der versicherten Tätigkeit Arbeitsunfälle sind. Typischerweise und in der Regel unversichert sind höchstpersönliche Verrichtungen wie z.B. Essen oder eigenwirtschaftliche Verrichtungen wie z.B. Einkaufen. Maßgebliches Kriterium für die wertende Entscheidung über den sachlichen Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der Verrichtung zur Zeit des Unfalles ist, ob der Versicherte eine dem Beschäftigungsverhältnis dienende Verrichtung ausüben wollte und ob diese Handlungstendenz durch die objektiven Umstände bestätigt wird (BSG, Urteil vom 18.11.2008 - B 2 U 31/07 R m.w.N.).
Hiervon ausgehend ist darauf hinzuweisen, dass es nicht ausreichend ist, dass sich das Ereignis vom 03.09.2004 während einer bezahlten "Lichtpause" ereignet hat. Denn es fehlt an einem "inneren Zusammenhang" mit der versicherten Tätigkeit als Sortiererin von Banknotenpapier. Die Klägerin hat das vom Arbeitgeber geduldete Radio nicht deswegen benutzen wollen, um sich und vor allem die Augen zu regenerieren. Nach eigenem Bekunden in der mündlichen Verhandlung vom 12.10.2010 ist sie vielmehr auf Veranlassung von Frau B. tätig geworden, die in der Lichtpause hat Kaffee kochen wollen. Frau B. hat dabei festgestellt, dass an der Wand, an der der Kühlschrank stand, kein Strom war und hat die Klägerin gefragt, ob diese probieren könnte, ob die Steckdose an ihrem Tisch Strom hat. Frau B. hat die Klägerin gefragt, ob sie probieren könnte, ob in der Steckdose beim Kühlschrank Strom ist. Die Klägerin hat dann bei ihr am Tisch die Steckdose geprüft und hat den Stecker in die Steckdose gesteckt. Dort hat sie den Stromschlag erhalten.
Somit ist die Klägerin nach eigenem Bekunden als "Gehilfin" von Frau B. bei deren eigenwirtschaftlicher Tätigkeit (Kochen von Kaffee) tätig geworden. Das Kochen von Kaffee bzw. hier Unterstützungshandlungen der Klägerin in Form des Suchens einer stromführenden Steckdose ist typischerweise unversichert, da es sich um eine persönliche Verrichtung handelt, die nicht in einem inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit steht.
Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung vom 12.10.2010 diesbezüglich darauf hingewiesen, dass der Sachverhalt sich aufgrund der Äußerung der Klägerin anders darstellt als bisher und dass trotz der bezahlten Lichtpause der Bezug zu einer eigenwirtschaftlichen Betätigung hergestellt ist.
Es handelt sich auch nicht um eine gemischte Tätigkeit, die sowohl im eigenen Interesse als auch im Interesse des Betriebes erbracht worden ist. Denn die Klägerin hat nicht gleichzeitig die Wahrnehmung eines potentiellen Interesses ihres Arbeitgebers an funktionstüchtigen Steckdosen auch im Gemeinschaftsraum verfolgt, als sie auf Ersuchen von Frau B. eine stromführende Steckdose mit Hilfe des nicht mehr sicheren Radios gesucht hat, damit diese Kaffe kochen könne.
Nicht ausreichend ist im Übrigen, dass der Arbeitgeber aktenkundig über mehr als zehn Jahre die Benutzung des privat eingebrachten Radios in dem Aufenthaltsraum geduldet hat und dessen Benutzung grundsätzlich geeignet ist, eine Regeneration im Hinblick auf die fortzusetzende Tätigkeit als Sortiererin von Banknotenpapier zu fördern. Auch wenn der Arbeitgeber aufgrund von Unfallverhütungsvorschriften verpflichtet ist, die Betriebssicherheit elektrischer Betriebsmittel und zwar auch privat eingebrachter Geräte regelmäßig zu prüfen (BGV A3, DIN VDE 0701 - 0702), resultiert hieraus keine betriebliche Gefahr, für die die Beklagte einstandspflichtig ist. Denn es gibt keinen Rechtsgrundsatz dahingehend, dass die Beklagte gleichsam eine Garantenstellung hinsichtlich sämtlicher Gefahrenquellen hat, die in örtlichem oder zeitlichem Zusammenhang mit den betrieblichen Gegebenheiten stehen. Der innere Zusammenhang mit der versicherten Beschäftigung ist vielmehr nur dann gegeben, wenn die zum Unfall führende Verrichtung der Erfüllung der geschuldeten Dienstleistung des Beschäftigten dient (Bundessozialgericht, Urteil vom 22.09.2009 - B 2 U 4/08 R mit weiteren Nachweisen). Aufgrund der Einlassungen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 12.10.2010 fehlt es hier jedoch zweifelsfrei an dem inneren Zusammenhang mit der versicherten Beschäftigung.
Nach alledem ist das Urteil des Sozialgerichts München vom 30.09.2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG).
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