Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
25
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 25 U 121/10
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der Bescheid der Beklagten vom 25. August 2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27. Januar 2010 wird aufgehoben. Es wird festgestellt, dass das Ereignis vom 1. Juli 2008 einen Arbeitsunfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung darstellt. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers.
Tatbestand:
Streitig zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung eines Ereignisses aus dem Jahr 2008 als Arbeitsunfall.
Am 1. Juli 2008, einem sonnigen Tag mit Spitzentemperaturen von gut 30 Grad, nahm der Kläger an einem Teamleitertreffen der Gesellschaft für. mbH teil. Am Vormittag fand in einem Seminarzentrum in der H straße der theoretische Teil der Betriebsveranstaltung statt. Für den Nachmittag war die Teilnahme an einem Drachenbootrennen im T Park geplant. Der Kläger wartete mit ca. 30 weiteren Teilnehmern auf einem Bootssteg auf die Abholung durch sogenannte Drachenboote und befand sich auf der Brüstung vor dem Unterstand des Bootssteges. Plötzlich landete er vollständig bekleidet und mit seiner Brille im Wasser. Hierbei kam er mit seiner Stirn auf dem Grund auf und erlitt einen Bruch des 6. und 7. Halswirbelkörpers (HWK) mit Querschnittssymptomatik. Dazu heißt es im Durchgangsarztbericht des U krankenhauses B vom 2. Juli 2008:
"Der Versicherte berichtet bei der Vorstellung in der Rettungsstelle des U krankenhauses B, dass er im Rahmen eines Betriebsausfluges seiner Firma an die Spree einen Kopfsprung in das flache Wasser getätigt habe. Er sei hierbei mit der Stirn auf dem Grund aufgekommen."
In der Unfallanzeige vom 7. Juli 2008 gab der Arbeitgeber des Klägers zum Unfallhergang an, dass der Kläger während einer Firmenveranstaltung in das Wasser gesprungen sei. In einem persönlichen Gespräch mit dem Arbeitgeber des Klägers am 24. Juli 2008 wurde zum Unfallhergang ausgeführt, dass er - der Kläger - ohne Vorankündigung und völlig unerwartet vom Steg in das ufernahe Wasser gesprungen sei. Ein weiterer Kollege, der sich vorher noch entkleidet habe, sei kurze Zeit später hinterher gesprungen.
In einem Gespräch am 28. Juli 2008 im U krankenhaus B gab der Kläger gegenüber einem Mitarbeiter der Beklagten an, dass ihm während der Wartezeit etwas unwohl gewesen sei. Aus für ihn ungeklärter Ursache und nicht beabsichtigt sei er dann vorwärts und somit kopfüber ins Wasser gefallen. Soweit er sich erinnern könne, sei es ihm nicht gelungen, den Fall in irgendeiner Weise zu kontrollieren.
In seinem Zwischenbericht vom 9. September 2008 revidierte das U krankenhaus B die Darstellung des Unfallhergangs im Durchgangsarztbericht vom 2. Juli 2008, weil es im Hinblick auf den Unfallhergang zu erheblichen Missverständnissen bzw. Fehldarstellungen gekommen sei. Nach der berichtigten Unfallschilderung durch Herrn Dr. N habe sich der Unfall wie folgt zugetragen:
"Bei sommerlichen Temperaturen wurde Herrn M. schwindelig, er ging in den Schatten, dann setzte er sich auf das Geländer, dort wurde ihm schwarz vor Augen und er stürzte am 1. Juli 2008 auf dem Geländer eines Steges sitzend ins Wasser und kam dabei mit der Stirn auf dem Grund der Spree auf."
Der Unfall wurde auch von der Polizei aufgenommen. In dem Tätigkeitsbericht wird zum Sachverhalt Folgendes angegeben:
"Herr M sprang kopfüber von einem Steg des Schiffsrestaurants ins Wasser, ohne die Wassertiefe zu kennen. In dem nur ca. 60 cm tiefen Wasser verletzte er sich schwer und musste durch einen RTH ins UKB eingeliefert werden. Der Sachverhalt wurde durch mehrere Zeugen bestätigt. Herr M soll leicht unter Einfluss alkoholischer Getränke gestanden haben, eine AAK-Messung war aufgrund der notärztlichen Intensivmaßnahmen nicht möglich."
Die Beklagte holte weiterhin schriftliche Zeugenaussagen der beiden Arbeitskollegen des Klägers T N und D W ein, in denen jeweils von einem Kopfsprung des Klägers die Rede war.
Mit Bescheid vom 25. August 2008 lehnte es die Beklagte ab, das Ereignis vom 1. Juli 2008 als Arbeitsunfall anzuerkennen. Zwar sei der Kläger offenbar einer besonderen Gefahrenquelle erlegen, die von der sehr niedrigen Wassertiefe im Bereich des Bootssteges ausgegangen sei; aber nach übereinstimmenden Zeugenaussagen sei der Sprung ins Wasser aus eigenwirtschaftlichen privaten Motiven erfolgt, die nicht mit der Teilnahme des Klägers an der Betriebsveranstaltung und insbesondere nicht mit dem Drachenbootrennen verbunden gewesen sei. Die durch den Kläger zum Unfallzeitpunkt ausgeübte Tätigkeit sei seinem privaten Lebensbereich zuzuordnen.
Hiergegen legte der Kläger mit am 11. September 2008 bei der Beklagten eingegangenem Schreiben Widerspruch ein. Zur Begründung führte er im Folgenden über seinen Verfahrensbevollmächtigten aus, er habe sich auf die Brüstung gesetzt, da ihm durch die Hitze schwindelig geworden sei. Er habe dann das Gleichgewicht verloren und sei kopfüber in das Gewässer gefallen. Dieser Sachverhalt könne auch durch die Aussagen der beiden Zeugen nicht erschüttert werden. Die Zeugenaussagen seien nicht glaubhaft, da sie sich in weiten Teilen widersprächen. Hilfsweise werde vorgetragen, dass selbst bei einem Sprung noch Versicherungsschutz bestehen würde. Auch ein Sprung in das Gewässer würde einen Arbeitsunfall darstellen.
Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 27. Januar 2010 zurück. Aufgrund der ihr vorliegenden Zeugenaussagen müsse sie davon ausgehen, dass der Kläger vom Steg ins Wasser gesprungen sei. Zwar stimmten die Zeugenaussagen nicht in allen Punkten überein. Aber keiner der von dem Arbeitgeber des Klägers benannten Zeugen habe Angaben gemacht, die die Schilderung des Hergangs durch den Kläger stützten. Aufgrund des Tätigkeitsberichtes der Polizei und aufgrund der Zeugenaussagen sei von einem aktiven Kopfsprung ins Wasser auszugehen. Daran ändere auch die Tatsache nichts, dass der Kläger voll bekleidet und mit seiner Brille ins Wasser gesprungen sei. Für einen Sturz bzw. ein Fallen vom Geländer aus gesundheitlichen Gründen hätten sich bis auf die eigenen Angaben des Klägers keine Anhaltspunkte gefunden. Im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung reichten die alleinigen Angaben eines Versicherten zum Beweis, dass ein Arbeitsunfall vorgelegen habe, in der Regel nur dann aus, wenn diese Angaben durch andere Tatsachen schlüssig belegt seien. Das sei hier nicht der Fall, da mehrere Augenzeugen bestätigt hätten, dass der Kläger am 1. Juli 2008 bewusst und willentlich kopfüber in das Wasser gesprungen sei. Der Widerspruchsausschuss komme daher zu dem Ergebnis, dass der Kläger einer Gefahr erlegen sei, die nicht in betrieblichen, sondern in persönlichen, privaten Verhältnissen begründet gewesen sei. Weder habe sich der Widerspruchsausschuss davon überzeugen können, dass der Kläger aufgrund einer (betrieblich bedingten) inneren Ursache vom Bootssteg ins Wasser gefallen sei, noch dass der Sprung ins Wasser der Erfrischung bei sommerlichen Temperaturen habe dienen sollen. Schwimmen stehe grundsätzlich nicht unter Versicherungsschutz. Schwimmen bzw. ein Erfrischungsbad stehe nur dann mit der versicherten Tätigkeit in einem inneren und damit rechtlich wesentlichen Zusammenhang, wenn es aus besonderen Gründen notwendig oder zweckmäßig sei. Weder habe der Kläger vor dem Unfall besonders schwere körperliche Arbeiten verrichtet, noch seien derartige Belastungen für den Nachmittag zu erwarten gewesen. Nach alledem habe der Widerspruchsausschuss davon ausgehen müssen, dass der Kläger von dem Geländer des Bootssteges kopfüber ins Wasser gesprungen sei und dass dafür kein betriebsbedingter Grund vorgelegen habe. Die Handlungstendenz des Klägers sei auf eine eigennützige Tätigkeit gerichtet gewesen.
Am 26. Februar 2010 erhob der Kläger über seinen Prozessbevollmächtigten Klage vor dem Sozialgericht Berlin. Zur Klagebegründung wiederholt er im Wesentlichen sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren. Selbst wenn er ins Wasser gesprungen wäre, würde dies einen Arbeitsunfall darstellen. Denn im Mittelpunkt des Drachenbootrennens habe gestanden, das Verhältnis unter den Angestellten zu verbessern. Im Rahmen solcher Rennen würden regelmäßig Personen oder ganze Bootsbesatzungen ins Wasser geworfen. Er habe auch nicht davon ausgehen können, dass das Gewässer flach ist und er sich bei einem Sprung verletzen würde. Zur Beweislast werde auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 4. September 2007, Az. B 2 U 28/06 R, verwiesen. Danach müsse die Beklagte nachweisen, dass er nicht aufgrund einer durch die Hitze erzeugten Gleichgewichtsstörung in das Gewässer gestürzt sei.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 25. August 2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27. Januar 2010 aufzuheben,
festzustellen, dass das Ereignis vom 1. Juli 2008 einen Arbeitsunfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung darstellt.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist sie im Wesentlichen auf ihre Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden.
Die Kammer hat in der mündlichen Verhandlung die Zeugen W und N gehört.
Die Gerichts- und Verwaltungsakten haben in der mündlichen Verhandlung vorgelegen und waren Gegenstand der Entscheidung. Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie des übrigen Inhalts wird auf sie Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig. Ein entsprechendes Feststellungsinteresse des Klägers ergibt sich aus einer entsprechenden Anwendung des § 55 Absatz 1 Nr. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Die Klage ist auch begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 25. August 2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27. Januar 2010 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Das Geschehen vom 1. Juli 2008 stellt einen Arbeitsunfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung dar.
Nach § 8 Absatz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit. Für einen Arbeitsunfall ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat (Unfallkausalität), und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität). Das Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitserstschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls, sondern für die Gewährung einer Verletztenrente (BSG, Urteil vom 12. Dezember 2006 - B 2 U 1/06 R).
Ein sachlicher Zusammenhang zwischen der Verrichtung des Klägers zur Zeit des Unfalls und der versicherten Tätigkeit liegt hier vor, weil der Kläger unter letztlich ungeklärten Umständen während einer betrieblichen Veranstaltung verunglückt ist und ungeklärt bleibt, ob er im Unfallzeitpunkt diese versicherte Tätigkeit für eine eigenwirtschaftliche Tätigkeit unterbrochen hat. Diese Verrichtung hat auch rechtlich wesentlich zum Unfallereignis geführt, dem Aufprall auf dem Grund des Gewässers, so dass der Kläger "infolge" der versicherten Tätigkeit einen Unfall erlitten hat (§ 8 Absatz 1 Satz 1 SGB VII).
Der sachliche Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der Verrichtung zur Zeit des Unfalls ist wertend zu ermitteln, indem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenze liegt, bis zu welcher der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht. Bei einem wie hier nach § 2 Absatz 1 Nr. 1 SGB VII grundsätzlich versicherten Beschäftigten sind Verrichtungen im Rahmen des dem Beschäftigungsverhältnis zugrunde liegenden Arbeitsverhältnisses Teil der versicherten Tätigkeit und stehen mit ihr im erforderlichen sachlichen Zusammenhang. Dies bedeutet nicht, dass alle Verrichtungen eines grundsätzlich versicherten Arbeitnehmers im Laufe eines Arbeitstages auf der Arbeitsstätte oder während einer betrieblichen Veranstaltung versichert sind, weil nach dem Wortlaut des § 8 Absatz 1 Satz 1 SGB VII nur Unfälle "infolge" der versicherten Tätigkeit Arbeitsunfälle sind und es einen sogenannten Betriebsbann nur in der Schifffahrt (vgl. § 10 SGB VII), nicht aber in der übrigen gesetzlichen Unfallversicherung gibt. Typischerweise und in der Regel unversichert sind höchstpersönliche Verrichtungen wie zum Beispiel Essen, oder eigenwirtschaftliche, wie zum Beispiel Einkaufen. Sie führen zu einer Unterbrechung der versicherten Tätigkeit und damit regelmäßig auch zu einer Unterbrechung des Versicherungsschutzes. Maßgebliches Kriterium für die wertende Entscheidung über den Zusammenhang zwischen versicherter Tätigkeit und Verrichtung zur Zeit des Unfalls ist die Handlungstendenz des Versicherten, so wie sie insbesondere durch die objektiven Umstände des Einzelfalls bestätigt wird. Aufgrund der Handlungstendenz kann beurteilt werden, ob der versicherte Arbeitnehmer mit seiner konkreten Verrichtung zur Zeit des Unfalls eine auf seinem Arbeitsvertrag beruhende, dem Unternehmen dienende und damit unter Versicherungsschutz stehende Tätigkeit ausüben wollte (vgl. Urteil des BSG vom 10. Oktober 2006 - B 2 U 20/05 R -, Rn. 14, mit weiteren Nachweisen).
Eine Teilnahme an Betriebsausflügen oder ähnlichen betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltungen kann der versicherten Beschäftigung dann zugerechnet werden, wenn wenigstens folgende Voraussetzungen erfüllt sind: Der Arbeitgeber will die Veranstaltung als eigene betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung zur Förderung der Zusammengehörigkeit der Beschäftigten untereinander und mit ihm durchführen. Er hat zu ihr alle Betriebsangehörigen oder bei Gemeinschaftsveranstaltungen für organisatorisch abgegrenzte Abteilungen des Betriebs alle Angehörigen dieser Abteilung eingeladen oder einladen lassen. Mit der Einladung muss der Wunsch des Arbeitgebers deutlich werden, dass möglichst alle Beschäftigten sich freiwillig zu einer Teilnahme entschließen. Die Teilnahme muss ferner vorab erkennbar grundsätzlich allen Beschäftigten des Unternehmens oder der betroffenen Abteilung offen stehen und objektiv möglich sein. Es reicht nicht aus, dass nur den Beschäftigten einer ausgewählten Gruppe die Teilnahme angeboten wird oder zugänglich ist (vgl. BSG, Urteil vom 22. September 2009 - B 2 U 4/08 R -; BSG, Urteil vom 12. April 2005 - B 2 U 5/04 R -; BSG, Urteil vom 7. Dezember 2004 - B 2 U 47/03 R -; BSG, Urteil vom 26. Oktober 2004 - B 2 U 16/04 R -). Nur in Ausnahmefällen, in denen Beschäftigte von vornherein nicht teilnehmen können, weil etwa aus Gründen der Daseinsvorsorge der Betrieb aufrechterhalten werden muss oder wegen der Größe der Belegschaft aus organisatorisch-technischen Gründen eine gemeinsame Betriebsveranstaltung ausscheidet, muss die umfassende Teilnahmemöglichkeit nicht für alle Mitarbeiter bestehen; dann sind aber alle diejenigen Beschäftigten einzuladen, deren Teilnahme möglich ist (vgl. BSG, Urteil vom 14. November 1996 - 2 RU 1/96 -; BSG, Urteil vom 25. August 1994 - 2 RU 23/93 -). Ausgehend von diesen Grundsätzen lag die Verrichtung zur Zeit des Unfalls innerhalb der Grenze, bis zu welcher der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht. Der Unfall ereignete sich vorliegend im Rahmen eines Teamleitertreffens, das aus einem Fortbildungsteil am Vormittag und einem Drachenbootrennen am Nachmittag bestand. Laut Unfallanzeige des Arbeitgebers war das Teamleitertreffen samt dem Drachenbootrennen angeordnet bzw. gebilligt und Teilnehmende waren ausschließlich rund 50 Betriebsangehörige. Damit stand die Veranstaltung, während derer sich der Unfall des Klägers ereignete, unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.
Die Umstände, unter denen sich der Unfall ereignete, betrachtet die Kammer als letztlich ungeklärt. Damit kann nicht auf eine eigenwirtschaftliche und damit unversicherte Unterbrechung der versicherten Verrichtung geschlossen werden. Für eine solche Unterbrechung trägt die Beklagte die Beweislast.
Es liegen zwar begründete Anhaltspunkte dafür vor, dass der Kläger nicht hitze- bzw. schwächebedingt in das Gewässer gefallen ist, sondern vielmehr einen willentlichen Kopfsprung vorgenommen hat. Letztlich lässt sich aber nicht klären, ob der Kläger nicht doch - so wie es seinem späteren Vortrag im Verlauf des Verwaltungsverfahrens und dem Vortrag in der mündlichen Verhandlung entspricht - infolge eines Schwächeanfalls in das Gewässer gefallen ist. Ungeachtet aller für einen absichtlichen Kopfsprung sprechenden Indizien besteht die Möglichkeit eines zum Sturz führenden Unglücksfalls bei der betrieblichen Tätigkeit. Die Ungewissheit darüber, aus welchen Gründen der Kläger kopfüber in dem Gewässer landete, geht zu Lasten der Beklagten. Denn sie trägt bei der gegebenen Sachlage die objektive Beweislast dafür, dass der Verunglückte sich während der versicherten Betriebsveranstaltung vorübergehend einer anderen, privaten Zwecken dienenden Verrichtung zugewandt hatte. Verunglückt ein Versicherter wie hier unter ungeklärten Umständen an seinem Arbeitsplatz, an dem er zuletzt betriebliche Arbeit verrichtet hatte, so entfällt der innere Zusammenhang zwischen der Verrichtung des Versicherten zum Zeitpunkt des Unfallereignisses und der versicherten Tätigkeit und damit der Versicherungsschutz nur dann, wenn bewiesen wird, dass er die versicherte Tätigkeit im Unfallzeitpunkt für eine eigenwirtschaftliche Tätigkeit unterbrochen hat (BSG, Urteil vom 4. September 2007 - B 2 U 28/06 R -; BSG, Urteil vom 26. Oktober 2004 - B 2 U 24/03 R). Das trifft hier nicht zu.
Bereits in einem Gespräch am 28. Juli 2008 im U ...krankenhaus B gab der Kläger gegenüber einem Mitarbeiter der Beklagten an, dass ihm während der Wartezeit etwas unwohl gewesen sei. Aus für ihn ungeklärter Ursache und nicht beabsichtigt sei er dann vorwärts und somit kopfüber ins Wasser gefallen. Soweit er sich erinnern könne, sei es ihm nicht gelungen, den Fall in irgendeiner Weise zu kontrollieren.
Diese zeitlich nachfolgenden Schilderungen entsprechen zwar nicht den offenbar getätigten Erstangaben des Klägers. Es spricht einiges dafür, dass unmittelbar nach dem Unfallgeschehen durch den Kläger ein abweichender Vorgang geschildert worden ist. So heißt es in dem Durchgangsarztbericht des U krankenhauses B vom 2. Juli 2008, der Kläger habe bei seiner Vorstellung in der Rettungsstelle berichtet, dass er im Rahmen eines Betriebsausfluges seiner Firma einen Kopfsprung in das flache Wasser getätigt habe. Bei diesen nicht miteinander in Einklang zu bringenden Schilderungen des Hergangs ist jedoch zu berücksichtigen, dass es sich lediglich um die Wiedergabe einer Schilderung des Klägers durch Dritte handelt. Unmittelbare Angaben des Klägers nach dem Unfallgeschehen, die zu seinen später getätigten, unmittelbaren Angaben in Widerspruch stehen würden, sind nicht dokumentiert. Insofern erscheint es denkbar, dass die Wiedergabe des Unfallgeschehens kurz nach dem Unfallgeschehen durch Dritte nicht dem tatsächlichen Hergang der Ereignisse entspricht und ein willentlicher Kopfsprung des Klägers ist nicht erwiesen.
Den schriftlichen Zeugenaussagen der Arbeitskollegen T N und D W ist zwar ebenfalls zu entnehmen, dass der Kläger in das Wasser gesprungen sein soll. Der Zeuge N formulierte es in seiner schriftlichen Aussage vom 18. August 2008 wie folgt: " Auf Grund der heißen Temperaturen beschlossen wir beide, in den Fluss zu springen. Wir stiegen auf das Geländer und sprangen gleichzeitig kopfüber ins Wasser." Der Zeuge W formulierte es in seiner schriftlichen Aussage vom 19. August 2008 so: "Plötzlich stand Herr M auf der Brüstung vor dem Unterstand in kompletter Kleidung und sprang direkt mit Kopfsprung rein. Direkt daneben stand der zweite Mitarbeiter auf der Brüstung, zog sich nur das T-Shirt aus, während ich noch schrie: ,Jungs, lasst den Scheiß` und sprang ebenfalls mit Bauchklatscher ins Wasser."
In der mündlichen Verhandlung sagten die Zeugen W und N indes aus, sich nicht mehr genau an den Unfall vom 1. Juli 2008 erinnern zu können.
Der Zeuge W schilderte glaubhaft, das Geschehen nur aus den Augenwinkeln bemerkt zu haben und sich erst zum unmittelbaren Bereich des Stegs begeben zu haben, nachdem sich der Kläger und der Zeuge N bereits im Wasser befanden. Seine Aussage war jedenfalls im Grundsätzlichen stimmig mit seiner schriftlichen Äußerung im Verwaltungsverfahren. Das dort mitgeteilte Detail, der Kläger sei kopfüber ins Wasser gesprungen, konnte der Zeuge W bei seiner Vernehmung in der mündlichen Verhandlung nicht mehr bestätigen. Die entsprechende schriftliche Angabe im Verwaltungsverfahren beruhte zudem – so der Zeuge W nachvollziehbar – nicht auf eigener Anschauung, so dass sie für die Ermittlung des tatsächlichen Unfallhergangs durch das Gericht nicht von allzu großer Bedeutung ist. Auch nur annäherungsweise Sicherheit hinsichtlich des genauen Ablaufs des tragischen Geschehens lässt sich auf der Grundlage der Aussage des Zeugen W jedenfalls nicht gewinnen.
Die Aussage des Zeugen N in der mündlichen Verhandlung stufte die Kammer als nicht glaubhaft ein. Der Zeuge N schilderte das Geschehen dergestalt, dass der Kläger ihm mitgeteilt habe, ihm sei hitzebedingt übel. Er – der Zeuge N – habe sich daraufhin kurz von ihm weggedreht und als er sich wieder dem Kläger zugewandt habe, habe dieser sich bereits wieder im Wasser befunden. Auf Vorhalt seiner Schilderung aus dem Verwaltungsverfahren – wonach er und der Kläger zusammen kopfüber ins Wasser gesprungen seien – gab der Zeuge N an, sich nicht mehr im Detail an den Geschehensablauf zu erinnern. Die Gegensätzlichkeiten in den Schilderungen des Zeugen N vermochte das Gericht letztlich nicht zu ergründen.
Nicht zuletzt sei darauf hingewiesen, dass der Umstand, dass der Kläger bekleidet und samt seiner Brille im Wasser landete, gewisse Zweifel an der Version eines willentlichen Kopfsprungs aufkommen lässt.
Nach alledem erachtet es die Kammer nicht für nachgewiesen, dass der Kläger aus eigenwirtschaftlichen Motiven in das Wasser gesprungen wäre, sondern hält es für denkbar, dass die Angaben des Klägers, nach denen er bedingt durch die Hitze an dem Unfalltag einen Schwächeanfall erlitten und dann in das Gewässer gefallen ist, den Tatsachen entsprechen. Damit liegt - gemäß den obigen Ausführungen zur Beweislast - ein Arbeitsunfall vor. Denn der mögliche, unfreiwillige Sturz in das Wasser wäre dann bedingt durch die hohen Außentemperaturen an diesem Tag, denen der Kläger durch die Teilnahme an dem betrieblich veranlassten Drachenbootrennen ausgesetzt war.
Im Übrigen sei darauf hingewiesen, dass auch bei der weiteren Möglichkeit, dass der Kläger in das Wasser gesprungen wäre, um sich bei hohen Außentemperaturen zu erfrischen, der Versicherungsschutz nicht notwendig entfallen würde. Das LSG Nordrhein-Westfalen hat in seinem Urteil vom 29. Juli 1997, Az. L 15 U 152/96 einen Unfall eines Betreuers während einer Incentive-Reise bei einem Erfrischungsbad im Meer als Arbeitsunfall angesehen. Da ein willentlicher Sprung in das Wasser jedoch nur eine hypothetische Möglichkeit darstellt und nicht erwiesen ist, brauchte die Kammer auch nicht die Motivation für einen solchen etwaigen Sprung - von der dann wiederum die Frage eines Versicherungsschutzes abhängen würde - zu ergründen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt der Entscheidung in der Hauptsache.
Tatbestand:
Streitig zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung eines Ereignisses aus dem Jahr 2008 als Arbeitsunfall.
Am 1. Juli 2008, einem sonnigen Tag mit Spitzentemperaturen von gut 30 Grad, nahm der Kläger an einem Teamleitertreffen der Gesellschaft für. mbH teil. Am Vormittag fand in einem Seminarzentrum in der H straße der theoretische Teil der Betriebsveranstaltung statt. Für den Nachmittag war die Teilnahme an einem Drachenbootrennen im T Park geplant. Der Kläger wartete mit ca. 30 weiteren Teilnehmern auf einem Bootssteg auf die Abholung durch sogenannte Drachenboote und befand sich auf der Brüstung vor dem Unterstand des Bootssteges. Plötzlich landete er vollständig bekleidet und mit seiner Brille im Wasser. Hierbei kam er mit seiner Stirn auf dem Grund auf und erlitt einen Bruch des 6. und 7. Halswirbelkörpers (HWK) mit Querschnittssymptomatik. Dazu heißt es im Durchgangsarztbericht des U krankenhauses B vom 2. Juli 2008:
"Der Versicherte berichtet bei der Vorstellung in der Rettungsstelle des U krankenhauses B, dass er im Rahmen eines Betriebsausfluges seiner Firma an die Spree einen Kopfsprung in das flache Wasser getätigt habe. Er sei hierbei mit der Stirn auf dem Grund aufgekommen."
In der Unfallanzeige vom 7. Juli 2008 gab der Arbeitgeber des Klägers zum Unfallhergang an, dass der Kläger während einer Firmenveranstaltung in das Wasser gesprungen sei. In einem persönlichen Gespräch mit dem Arbeitgeber des Klägers am 24. Juli 2008 wurde zum Unfallhergang ausgeführt, dass er - der Kläger - ohne Vorankündigung und völlig unerwartet vom Steg in das ufernahe Wasser gesprungen sei. Ein weiterer Kollege, der sich vorher noch entkleidet habe, sei kurze Zeit später hinterher gesprungen.
In einem Gespräch am 28. Juli 2008 im U krankenhaus B gab der Kläger gegenüber einem Mitarbeiter der Beklagten an, dass ihm während der Wartezeit etwas unwohl gewesen sei. Aus für ihn ungeklärter Ursache und nicht beabsichtigt sei er dann vorwärts und somit kopfüber ins Wasser gefallen. Soweit er sich erinnern könne, sei es ihm nicht gelungen, den Fall in irgendeiner Weise zu kontrollieren.
In seinem Zwischenbericht vom 9. September 2008 revidierte das U krankenhaus B die Darstellung des Unfallhergangs im Durchgangsarztbericht vom 2. Juli 2008, weil es im Hinblick auf den Unfallhergang zu erheblichen Missverständnissen bzw. Fehldarstellungen gekommen sei. Nach der berichtigten Unfallschilderung durch Herrn Dr. N habe sich der Unfall wie folgt zugetragen:
"Bei sommerlichen Temperaturen wurde Herrn M. schwindelig, er ging in den Schatten, dann setzte er sich auf das Geländer, dort wurde ihm schwarz vor Augen und er stürzte am 1. Juli 2008 auf dem Geländer eines Steges sitzend ins Wasser und kam dabei mit der Stirn auf dem Grund der Spree auf."
Der Unfall wurde auch von der Polizei aufgenommen. In dem Tätigkeitsbericht wird zum Sachverhalt Folgendes angegeben:
"Herr M sprang kopfüber von einem Steg des Schiffsrestaurants ins Wasser, ohne die Wassertiefe zu kennen. In dem nur ca. 60 cm tiefen Wasser verletzte er sich schwer und musste durch einen RTH ins UKB eingeliefert werden. Der Sachverhalt wurde durch mehrere Zeugen bestätigt. Herr M soll leicht unter Einfluss alkoholischer Getränke gestanden haben, eine AAK-Messung war aufgrund der notärztlichen Intensivmaßnahmen nicht möglich."
Die Beklagte holte weiterhin schriftliche Zeugenaussagen der beiden Arbeitskollegen des Klägers T N und D W ein, in denen jeweils von einem Kopfsprung des Klägers die Rede war.
Mit Bescheid vom 25. August 2008 lehnte es die Beklagte ab, das Ereignis vom 1. Juli 2008 als Arbeitsunfall anzuerkennen. Zwar sei der Kläger offenbar einer besonderen Gefahrenquelle erlegen, die von der sehr niedrigen Wassertiefe im Bereich des Bootssteges ausgegangen sei; aber nach übereinstimmenden Zeugenaussagen sei der Sprung ins Wasser aus eigenwirtschaftlichen privaten Motiven erfolgt, die nicht mit der Teilnahme des Klägers an der Betriebsveranstaltung und insbesondere nicht mit dem Drachenbootrennen verbunden gewesen sei. Die durch den Kläger zum Unfallzeitpunkt ausgeübte Tätigkeit sei seinem privaten Lebensbereich zuzuordnen.
Hiergegen legte der Kläger mit am 11. September 2008 bei der Beklagten eingegangenem Schreiben Widerspruch ein. Zur Begründung führte er im Folgenden über seinen Verfahrensbevollmächtigten aus, er habe sich auf die Brüstung gesetzt, da ihm durch die Hitze schwindelig geworden sei. Er habe dann das Gleichgewicht verloren und sei kopfüber in das Gewässer gefallen. Dieser Sachverhalt könne auch durch die Aussagen der beiden Zeugen nicht erschüttert werden. Die Zeugenaussagen seien nicht glaubhaft, da sie sich in weiten Teilen widersprächen. Hilfsweise werde vorgetragen, dass selbst bei einem Sprung noch Versicherungsschutz bestehen würde. Auch ein Sprung in das Gewässer würde einen Arbeitsunfall darstellen.
Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 27. Januar 2010 zurück. Aufgrund der ihr vorliegenden Zeugenaussagen müsse sie davon ausgehen, dass der Kläger vom Steg ins Wasser gesprungen sei. Zwar stimmten die Zeugenaussagen nicht in allen Punkten überein. Aber keiner der von dem Arbeitgeber des Klägers benannten Zeugen habe Angaben gemacht, die die Schilderung des Hergangs durch den Kläger stützten. Aufgrund des Tätigkeitsberichtes der Polizei und aufgrund der Zeugenaussagen sei von einem aktiven Kopfsprung ins Wasser auszugehen. Daran ändere auch die Tatsache nichts, dass der Kläger voll bekleidet und mit seiner Brille ins Wasser gesprungen sei. Für einen Sturz bzw. ein Fallen vom Geländer aus gesundheitlichen Gründen hätten sich bis auf die eigenen Angaben des Klägers keine Anhaltspunkte gefunden. Im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung reichten die alleinigen Angaben eines Versicherten zum Beweis, dass ein Arbeitsunfall vorgelegen habe, in der Regel nur dann aus, wenn diese Angaben durch andere Tatsachen schlüssig belegt seien. Das sei hier nicht der Fall, da mehrere Augenzeugen bestätigt hätten, dass der Kläger am 1. Juli 2008 bewusst und willentlich kopfüber in das Wasser gesprungen sei. Der Widerspruchsausschuss komme daher zu dem Ergebnis, dass der Kläger einer Gefahr erlegen sei, die nicht in betrieblichen, sondern in persönlichen, privaten Verhältnissen begründet gewesen sei. Weder habe sich der Widerspruchsausschuss davon überzeugen können, dass der Kläger aufgrund einer (betrieblich bedingten) inneren Ursache vom Bootssteg ins Wasser gefallen sei, noch dass der Sprung ins Wasser der Erfrischung bei sommerlichen Temperaturen habe dienen sollen. Schwimmen stehe grundsätzlich nicht unter Versicherungsschutz. Schwimmen bzw. ein Erfrischungsbad stehe nur dann mit der versicherten Tätigkeit in einem inneren und damit rechtlich wesentlichen Zusammenhang, wenn es aus besonderen Gründen notwendig oder zweckmäßig sei. Weder habe der Kläger vor dem Unfall besonders schwere körperliche Arbeiten verrichtet, noch seien derartige Belastungen für den Nachmittag zu erwarten gewesen. Nach alledem habe der Widerspruchsausschuss davon ausgehen müssen, dass der Kläger von dem Geländer des Bootssteges kopfüber ins Wasser gesprungen sei und dass dafür kein betriebsbedingter Grund vorgelegen habe. Die Handlungstendenz des Klägers sei auf eine eigennützige Tätigkeit gerichtet gewesen.
Am 26. Februar 2010 erhob der Kläger über seinen Prozessbevollmächtigten Klage vor dem Sozialgericht Berlin. Zur Klagebegründung wiederholt er im Wesentlichen sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren. Selbst wenn er ins Wasser gesprungen wäre, würde dies einen Arbeitsunfall darstellen. Denn im Mittelpunkt des Drachenbootrennens habe gestanden, das Verhältnis unter den Angestellten zu verbessern. Im Rahmen solcher Rennen würden regelmäßig Personen oder ganze Bootsbesatzungen ins Wasser geworfen. Er habe auch nicht davon ausgehen können, dass das Gewässer flach ist und er sich bei einem Sprung verletzen würde. Zur Beweislast werde auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 4. September 2007, Az. B 2 U 28/06 R, verwiesen. Danach müsse die Beklagte nachweisen, dass er nicht aufgrund einer durch die Hitze erzeugten Gleichgewichtsstörung in das Gewässer gestürzt sei.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 25. August 2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27. Januar 2010 aufzuheben,
festzustellen, dass das Ereignis vom 1. Juli 2008 einen Arbeitsunfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung darstellt.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist sie im Wesentlichen auf ihre Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden.
Die Kammer hat in der mündlichen Verhandlung die Zeugen W und N gehört.
Die Gerichts- und Verwaltungsakten haben in der mündlichen Verhandlung vorgelegen und waren Gegenstand der Entscheidung. Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie des übrigen Inhalts wird auf sie Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig. Ein entsprechendes Feststellungsinteresse des Klägers ergibt sich aus einer entsprechenden Anwendung des § 55 Absatz 1 Nr. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Die Klage ist auch begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 25. August 2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27. Januar 2010 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Das Geschehen vom 1. Juli 2008 stellt einen Arbeitsunfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung dar.
Nach § 8 Absatz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit. Für einen Arbeitsunfall ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat (Unfallkausalität), und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität). Das Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitserstschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls, sondern für die Gewährung einer Verletztenrente (BSG, Urteil vom 12. Dezember 2006 - B 2 U 1/06 R).
Ein sachlicher Zusammenhang zwischen der Verrichtung des Klägers zur Zeit des Unfalls und der versicherten Tätigkeit liegt hier vor, weil der Kläger unter letztlich ungeklärten Umständen während einer betrieblichen Veranstaltung verunglückt ist und ungeklärt bleibt, ob er im Unfallzeitpunkt diese versicherte Tätigkeit für eine eigenwirtschaftliche Tätigkeit unterbrochen hat. Diese Verrichtung hat auch rechtlich wesentlich zum Unfallereignis geführt, dem Aufprall auf dem Grund des Gewässers, so dass der Kläger "infolge" der versicherten Tätigkeit einen Unfall erlitten hat (§ 8 Absatz 1 Satz 1 SGB VII).
Der sachliche Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der Verrichtung zur Zeit des Unfalls ist wertend zu ermitteln, indem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenze liegt, bis zu welcher der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht. Bei einem wie hier nach § 2 Absatz 1 Nr. 1 SGB VII grundsätzlich versicherten Beschäftigten sind Verrichtungen im Rahmen des dem Beschäftigungsverhältnis zugrunde liegenden Arbeitsverhältnisses Teil der versicherten Tätigkeit und stehen mit ihr im erforderlichen sachlichen Zusammenhang. Dies bedeutet nicht, dass alle Verrichtungen eines grundsätzlich versicherten Arbeitnehmers im Laufe eines Arbeitstages auf der Arbeitsstätte oder während einer betrieblichen Veranstaltung versichert sind, weil nach dem Wortlaut des § 8 Absatz 1 Satz 1 SGB VII nur Unfälle "infolge" der versicherten Tätigkeit Arbeitsunfälle sind und es einen sogenannten Betriebsbann nur in der Schifffahrt (vgl. § 10 SGB VII), nicht aber in der übrigen gesetzlichen Unfallversicherung gibt. Typischerweise und in der Regel unversichert sind höchstpersönliche Verrichtungen wie zum Beispiel Essen, oder eigenwirtschaftliche, wie zum Beispiel Einkaufen. Sie führen zu einer Unterbrechung der versicherten Tätigkeit und damit regelmäßig auch zu einer Unterbrechung des Versicherungsschutzes. Maßgebliches Kriterium für die wertende Entscheidung über den Zusammenhang zwischen versicherter Tätigkeit und Verrichtung zur Zeit des Unfalls ist die Handlungstendenz des Versicherten, so wie sie insbesondere durch die objektiven Umstände des Einzelfalls bestätigt wird. Aufgrund der Handlungstendenz kann beurteilt werden, ob der versicherte Arbeitnehmer mit seiner konkreten Verrichtung zur Zeit des Unfalls eine auf seinem Arbeitsvertrag beruhende, dem Unternehmen dienende und damit unter Versicherungsschutz stehende Tätigkeit ausüben wollte (vgl. Urteil des BSG vom 10. Oktober 2006 - B 2 U 20/05 R -, Rn. 14, mit weiteren Nachweisen).
Eine Teilnahme an Betriebsausflügen oder ähnlichen betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltungen kann der versicherten Beschäftigung dann zugerechnet werden, wenn wenigstens folgende Voraussetzungen erfüllt sind: Der Arbeitgeber will die Veranstaltung als eigene betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung zur Förderung der Zusammengehörigkeit der Beschäftigten untereinander und mit ihm durchführen. Er hat zu ihr alle Betriebsangehörigen oder bei Gemeinschaftsveranstaltungen für organisatorisch abgegrenzte Abteilungen des Betriebs alle Angehörigen dieser Abteilung eingeladen oder einladen lassen. Mit der Einladung muss der Wunsch des Arbeitgebers deutlich werden, dass möglichst alle Beschäftigten sich freiwillig zu einer Teilnahme entschließen. Die Teilnahme muss ferner vorab erkennbar grundsätzlich allen Beschäftigten des Unternehmens oder der betroffenen Abteilung offen stehen und objektiv möglich sein. Es reicht nicht aus, dass nur den Beschäftigten einer ausgewählten Gruppe die Teilnahme angeboten wird oder zugänglich ist (vgl. BSG, Urteil vom 22. September 2009 - B 2 U 4/08 R -; BSG, Urteil vom 12. April 2005 - B 2 U 5/04 R -; BSG, Urteil vom 7. Dezember 2004 - B 2 U 47/03 R -; BSG, Urteil vom 26. Oktober 2004 - B 2 U 16/04 R -). Nur in Ausnahmefällen, in denen Beschäftigte von vornherein nicht teilnehmen können, weil etwa aus Gründen der Daseinsvorsorge der Betrieb aufrechterhalten werden muss oder wegen der Größe der Belegschaft aus organisatorisch-technischen Gründen eine gemeinsame Betriebsveranstaltung ausscheidet, muss die umfassende Teilnahmemöglichkeit nicht für alle Mitarbeiter bestehen; dann sind aber alle diejenigen Beschäftigten einzuladen, deren Teilnahme möglich ist (vgl. BSG, Urteil vom 14. November 1996 - 2 RU 1/96 -; BSG, Urteil vom 25. August 1994 - 2 RU 23/93 -). Ausgehend von diesen Grundsätzen lag die Verrichtung zur Zeit des Unfalls innerhalb der Grenze, bis zu welcher der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht. Der Unfall ereignete sich vorliegend im Rahmen eines Teamleitertreffens, das aus einem Fortbildungsteil am Vormittag und einem Drachenbootrennen am Nachmittag bestand. Laut Unfallanzeige des Arbeitgebers war das Teamleitertreffen samt dem Drachenbootrennen angeordnet bzw. gebilligt und Teilnehmende waren ausschließlich rund 50 Betriebsangehörige. Damit stand die Veranstaltung, während derer sich der Unfall des Klägers ereignete, unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.
Die Umstände, unter denen sich der Unfall ereignete, betrachtet die Kammer als letztlich ungeklärt. Damit kann nicht auf eine eigenwirtschaftliche und damit unversicherte Unterbrechung der versicherten Verrichtung geschlossen werden. Für eine solche Unterbrechung trägt die Beklagte die Beweislast.
Es liegen zwar begründete Anhaltspunkte dafür vor, dass der Kläger nicht hitze- bzw. schwächebedingt in das Gewässer gefallen ist, sondern vielmehr einen willentlichen Kopfsprung vorgenommen hat. Letztlich lässt sich aber nicht klären, ob der Kläger nicht doch - so wie es seinem späteren Vortrag im Verlauf des Verwaltungsverfahrens und dem Vortrag in der mündlichen Verhandlung entspricht - infolge eines Schwächeanfalls in das Gewässer gefallen ist. Ungeachtet aller für einen absichtlichen Kopfsprung sprechenden Indizien besteht die Möglichkeit eines zum Sturz führenden Unglücksfalls bei der betrieblichen Tätigkeit. Die Ungewissheit darüber, aus welchen Gründen der Kläger kopfüber in dem Gewässer landete, geht zu Lasten der Beklagten. Denn sie trägt bei der gegebenen Sachlage die objektive Beweislast dafür, dass der Verunglückte sich während der versicherten Betriebsveranstaltung vorübergehend einer anderen, privaten Zwecken dienenden Verrichtung zugewandt hatte. Verunglückt ein Versicherter wie hier unter ungeklärten Umständen an seinem Arbeitsplatz, an dem er zuletzt betriebliche Arbeit verrichtet hatte, so entfällt der innere Zusammenhang zwischen der Verrichtung des Versicherten zum Zeitpunkt des Unfallereignisses und der versicherten Tätigkeit und damit der Versicherungsschutz nur dann, wenn bewiesen wird, dass er die versicherte Tätigkeit im Unfallzeitpunkt für eine eigenwirtschaftliche Tätigkeit unterbrochen hat (BSG, Urteil vom 4. September 2007 - B 2 U 28/06 R -; BSG, Urteil vom 26. Oktober 2004 - B 2 U 24/03 R). Das trifft hier nicht zu.
Bereits in einem Gespräch am 28. Juli 2008 im U ...krankenhaus B gab der Kläger gegenüber einem Mitarbeiter der Beklagten an, dass ihm während der Wartezeit etwas unwohl gewesen sei. Aus für ihn ungeklärter Ursache und nicht beabsichtigt sei er dann vorwärts und somit kopfüber ins Wasser gefallen. Soweit er sich erinnern könne, sei es ihm nicht gelungen, den Fall in irgendeiner Weise zu kontrollieren.
Diese zeitlich nachfolgenden Schilderungen entsprechen zwar nicht den offenbar getätigten Erstangaben des Klägers. Es spricht einiges dafür, dass unmittelbar nach dem Unfallgeschehen durch den Kläger ein abweichender Vorgang geschildert worden ist. So heißt es in dem Durchgangsarztbericht des U krankenhauses B vom 2. Juli 2008, der Kläger habe bei seiner Vorstellung in der Rettungsstelle berichtet, dass er im Rahmen eines Betriebsausfluges seiner Firma einen Kopfsprung in das flache Wasser getätigt habe. Bei diesen nicht miteinander in Einklang zu bringenden Schilderungen des Hergangs ist jedoch zu berücksichtigen, dass es sich lediglich um die Wiedergabe einer Schilderung des Klägers durch Dritte handelt. Unmittelbare Angaben des Klägers nach dem Unfallgeschehen, die zu seinen später getätigten, unmittelbaren Angaben in Widerspruch stehen würden, sind nicht dokumentiert. Insofern erscheint es denkbar, dass die Wiedergabe des Unfallgeschehens kurz nach dem Unfallgeschehen durch Dritte nicht dem tatsächlichen Hergang der Ereignisse entspricht und ein willentlicher Kopfsprung des Klägers ist nicht erwiesen.
Den schriftlichen Zeugenaussagen der Arbeitskollegen T N und D W ist zwar ebenfalls zu entnehmen, dass der Kläger in das Wasser gesprungen sein soll. Der Zeuge N formulierte es in seiner schriftlichen Aussage vom 18. August 2008 wie folgt: " Auf Grund der heißen Temperaturen beschlossen wir beide, in den Fluss zu springen. Wir stiegen auf das Geländer und sprangen gleichzeitig kopfüber ins Wasser." Der Zeuge W formulierte es in seiner schriftlichen Aussage vom 19. August 2008 so: "Plötzlich stand Herr M auf der Brüstung vor dem Unterstand in kompletter Kleidung und sprang direkt mit Kopfsprung rein. Direkt daneben stand der zweite Mitarbeiter auf der Brüstung, zog sich nur das T-Shirt aus, während ich noch schrie: ,Jungs, lasst den Scheiß` und sprang ebenfalls mit Bauchklatscher ins Wasser."
In der mündlichen Verhandlung sagten die Zeugen W und N indes aus, sich nicht mehr genau an den Unfall vom 1. Juli 2008 erinnern zu können.
Der Zeuge W schilderte glaubhaft, das Geschehen nur aus den Augenwinkeln bemerkt zu haben und sich erst zum unmittelbaren Bereich des Stegs begeben zu haben, nachdem sich der Kläger und der Zeuge N bereits im Wasser befanden. Seine Aussage war jedenfalls im Grundsätzlichen stimmig mit seiner schriftlichen Äußerung im Verwaltungsverfahren. Das dort mitgeteilte Detail, der Kläger sei kopfüber ins Wasser gesprungen, konnte der Zeuge W bei seiner Vernehmung in der mündlichen Verhandlung nicht mehr bestätigen. Die entsprechende schriftliche Angabe im Verwaltungsverfahren beruhte zudem – so der Zeuge W nachvollziehbar – nicht auf eigener Anschauung, so dass sie für die Ermittlung des tatsächlichen Unfallhergangs durch das Gericht nicht von allzu großer Bedeutung ist. Auch nur annäherungsweise Sicherheit hinsichtlich des genauen Ablaufs des tragischen Geschehens lässt sich auf der Grundlage der Aussage des Zeugen W jedenfalls nicht gewinnen.
Die Aussage des Zeugen N in der mündlichen Verhandlung stufte die Kammer als nicht glaubhaft ein. Der Zeuge N schilderte das Geschehen dergestalt, dass der Kläger ihm mitgeteilt habe, ihm sei hitzebedingt übel. Er – der Zeuge N – habe sich daraufhin kurz von ihm weggedreht und als er sich wieder dem Kläger zugewandt habe, habe dieser sich bereits wieder im Wasser befunden. Auf Vorhalt seiner Schilderung aus dem Verwaltungsverfahren – wonach er und der Kläger zusammen kopfüber ins Wasser gesprungen seien – gab der Zeuge N an, sich nicht mehr im Detail an den Geschehensablauf zu erinnern. Die Gegensätzlichkeiten in den Schilderungen des Zeugen N vermochte das Gericht letztlich nicht zu ergründen.
Nicht zuletzt sei darauf hingewiesen, dass der Umstand, dass der Kläger bekleidet und samt seiner Brille im Wasser landete, gewisse Zweifel an der Version eines willentlichen Kopfsprungs aufkommen lässt.
Nach alledem erachtet es die Kammer nicht für nachgewiesen, dass der Kläger aus eigenwirtschaftlichen Motiven in das Wasser gesprungen wäre, sondern hält es für denkbar, dass die Angaben des Klägers, nach denen er bedingt durch die Hitze an dem Unfalltag einen Schwächeanfall erlitten und dann in das Gewässer gefallen ist, den Tatsachen entsprechen. Damit liegt - gemäß den obigen Ausführungen zur Beweislast - ein Arbeitsunfall vor. Denn der mögliche, unfreiwillige Sturz in das Wasser wäre dann bedingt durch die hohen Außentemperaturen an diesem Tag, denen der Kläger durch die Teilnahme an dem betrieblich veranlassten Drachenbootrennen ausgesetzt war.
Im Übrigen sei darauf hingewiesen, dass auch bei der weiteren Möglichkeit, dass der Kläger in das Wasser gesprungen wäre, um sich bei hohen Außentemperaturen zu erfrischen, der Versicherungsschutz nicht notwendig entfallen würde. Das LSG Nordrhein-Westfalen hat in seinem Urteil vom 29. Juli 1997, Az. L 15 U 152/96 einen Unfall eines Betreuers während einer Incentive-Reise bei einem Erfrischungsbad im Meer als Arbeitsunfall angesehen. Da ein willentlicher Sprung in das Wasser jedoch nur eine hypothetische Möglichkeit darstellt und nicht erwiesen ist, brauchte die Kammer auch nicht die Motivation für einen solchen etwaigen Sprung - von der dann wiederum die Frage eines Versicherungsschutzes abhängen würde - zu ergründen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt der Entscheidung in der Hauptsache.
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