Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 15 R 630/10 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 8 R 864/10 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Beklagten wird der Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 11.8.2010 geändert. Der Antrag des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 21.12.2009 wird abgelehnt. Der Antragsteller trägt die Kosten des gesamten Verfahrens. Der Streitwert für das Antrags- und Beschwerdeverfahren wird auf je 3.839,11 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen einen Bescheid über die Nachforderung von Beiträgen zur Sozialversicherung.
Der Antragsteller betreibt in I die Vermittlung von Versicherungen, Grundstücken, Gebäuden und Wohnungen. Seit dem 1.1.1994 beschäftigt er seine Ehefrau - in den Jahren 2005 bis 2007 versicherungspflichtig im Rahmen der sog. "Gleitzone" - als Bürogehilfin. Am 15.11.2004 schlossen die Eheleute einen so bezeichneten "Untervertreter-Vertrag", wonach die Ehefrau des Antragstellers für diesen als selbstständige Handelsvertreterin tätig werden und dafür Provisionszahlungen erhalten sollte. In der Folgezeit erbrachte der Antragsteller an seine Ehefrau neben dem Arbeitsentgelt aus dem Beschäftigungsverhältnis weitere Zahlungen, die als Provisionen für die Vermittlung diverser Versicherungen und Bausparverträge deklariert und für die keine Sozialversicherungsbeiträge gezahlt wurden.
Auf der Grundlage eines Vertrages vom 31.1.2005 war Frau S bei dem Antragsteller ab dem 1.2.2005 zunächst geringfügig beschäftigt. In der Zeit vom 1.7.2005 bis 30.6.2007 betrieb sie das angemeldete Gewerbe der Vermittlung von Versicherungen und Bausparverträgen auf Provision. Hierfür gewährte ihr die Bundesagentur für Arbeit einen Existenzgründungszuschuss gem. § 421 I Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III). Mit Bescheid vom 24.8.2005 stellte die damalige Bundesversicherungsanstalt für Angestellte die Versicherungspflicht von Frau S nach § 2 Satz 1 Nr. 10 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) ab dem 1.7.2005 fest. Auf der Grundlage weiterer mit dem Antragsteller geschlossener Arbeitsverträge war Frau S bei diesem ab dem 16.7.2007 (wiederum) geringfügig und ab dem 1.9.2007 sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Der für die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ab dem 1.9.2007 zugrunde liegende Arbeitsvertrag beinhaltete u.a. die Verpflichtung von Frau S, sich ständig um die Vermittlung von Versicherungs-, Darlehens- und Bausparverträgen zu bemühen, den Kundenstamm zu pflegen, zu erhalten und zu erweitern sowie neue Kunden zu gewinnen. Hierfür erhielt sie monatlich 1.000,00 Euro, für die Sozialversicherungsbeiträge abgeführt wurden. Daneben erfolgte im Juni 2008 eine als Provisionszahlung bezeichnete Zahlung in Höhe von 1000,00 Euro an Frau S, der nach einem Schreiben des Antragstellers die Vermittlung des "Bausparvertrages T mit Antrag vom 8.3.2007" zugrunde liegen soll. Dieses Schreiben weist das handschriftlich geänderte Datum "10.06.2008" auf.
Im Bericht vom 25.6.2007 über eine beim Antragsteller durchgeführte Betriebsprüfung führte das Finanzamt I aus, dass die ab Dezember 2004 an die Ehefrau des Antragstellers gezahlten Provisionen nicht nach den im Untervertretervertrag vom 15.11.2004 getroffenen Vereinbarungen berechnet worden seien. Sie könnten daher nicht als Betriebsausgaben berücksichtigt werden. Da das Vertragsverhältnis zwischen den Eheleuten steuerlich nicht anerkannt werde, stellten diese Zahlungen Vorgänge auf der privaten Vermögensebene der Eheleute dar. Entsprechend lägen bei der Ehefrau des Antragstellers keine steuerlichen Einkünfte vor.
In der Zeit vom 30.6.2009 bis 20.11.2009 führte die Antragsgegnerin beim Antragsteller eine Betriebsprüfung durch. Geprüft wurde der Zeitraum vom 1.1.2005 bis 31.12.2008. Mit Bescheid vom 21.12.2009 forderte die Antragsgegnerin vom Antragsteller einen Betrag von 15.820,14 Euro nach, der Säumniszuschläge in Höhe von 4.617,50 EUR beinhaltet. Zur Begründung führte sie aus, dass die vom Antragsteller an einige seiner Arbeitnehmer, u.a. auch an seine Ehefrau, gezahlten Provisionen als beitragspflichtiges Arbeitsentgelt zu bewerten seien, wobei es sich um illegale Beschäftigung handele, sodass gemäß § 14 Abs. 2 Satz 2 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) ein Nettoarbeitsentgelt als vereinbart gelte.
Mit seinem Widerspruch machte der Antragsteller u.a. geltend, dass die an seine Ehefrau gezahlten "Provisionen" kein zusätzlicher Arbeitslohn, sondern Privatentnahmen gewesen seien, die weder lohnsteuer- noch sozialversicherungspflichtig seien. Das Finanzamt I habe bei seiner Betriebsprüfung festgestellt, dass die mit den "Provisionszahlungen" abgerechneten Leistungen tatsächlich nicht erbracht worden seien. Daher liege auch kein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt vor. Nicht zuletzt unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit sei die unterschiedliche Behandlung durch Finanz- und Sozialverwaltung nicht statthaft. Die Zahlung an Frau S im Juni 2008 habe noch aus ihrer selbständigen Tätigkeit (Vertrag vom 8.3.2007) resultiert. Bezüglich des streitbefangenen Betrages von 15.356,42 EUR beantragte der Antragsteller die Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Bescheides bis zur Entscheidung über den Widerspruch. Nach summarischer Prüfung bestünden ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes.
Unter dem 15.3.2010 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, dass sie keine Möglichkeit sehe, der Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Bescheides zuzustimmen.
Hiergegen hat der Antragsteller einstweiligen Rechtsschutz beim Sozialgericht (SG) Dortmund beantragt. Unter Bezugnahme auf sein Vorbringen in der Widerspruchsbegründung hat er vortragen lassen, dass erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheides bestünden. Zahlungen zwischen Ehegatten, die - wie vom Finanzamt festgestellt - keiner Einkunftsart zuzuordnen seien, sondern der Privatsphäre, könnten keine Beitragspflicht auslösen. Die angedrohte Beitreibung gefährde zudem ernsthaft seine wirtschaftliche Existenz.
Der Antragsteller hat beantragt,
die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen den Bescheid vom 21.12.2009 anzuordnen.
Die Antragsgegnerin hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Sie hat den angegriffenen Bescheid für rechtmäßig gehalten. Sie folge der - von dem Antragsteller nicht bestrittenen - Feststellung der Finanzbehörde, dass ein Untervertreterverhältnis der Ehefrau des Antragstellers als selbständige Handelsvertreterin nicht anzuerkennen sei. Anders als die Finanzbehörde gehe sie jedoch davon aus, dass die - von dem Antragsteller ebenfalls nicht bestrittenen - Zahlungen an seine Ehefrau ihrem Beschäftigungsverhältnis zuzurechnen seien. Als Einnahmen aus der Beschäftigung handele es sich um Arbeitsentgelt im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Dieser Feststellung stehe der Umstand, dass die Finanzbehörde die Zahlungen für die Jahre 2004 und 2005 nicht als Betriebsausgaben anerkannt habe, nicht entgegen (Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 7.2.2002, B 12 KR 13/01 R, SozR 3- 2400 § 14 SGB IV). Sie, die Antragsgegnerin, sei als prüfender Rentenversicherungsträger nicht an die Würdigung der Sachlage durch die prüfende Finanzbehörde gebunden. Mangels Nachweises, dass die am 10.6.2008 an Frau S erfolgte Zahlung über 1.000,00 EUR tatsächlich auf ihrer Vermittlungstätigkeit für einen am 8.3.2007 geschlossenen Bausparvertrag beruhe, gehe sie zudem davon aus, dass auch diese Zahlung dem Beschäftigungsverhältnis von Frau S mit dem Antragsteller zum Zeitpunkt der Zahlung zuzurechnen sei. Als Einnahme aus dieser Beschäftigung handele es sich somit um Arbeitsentgelt im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV, das der Beitragsbemessung zugrunde zu legen sei. Schließlich sei nicht ersichtlich, dass die Vollziehung des angefochtenen Bescheides für den Antragsteller eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Der Antragsteller habe keine Unterlagen über seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit vorgelegt, sodass seine Behauptung, dass die Beitreibung seine wirtschaftliche Existenz gefährde, nicht glaubhaft sei.
Mit Beschluss vom 11.8.2010 hat das SG Dortmund die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des ASt gegen den Bescheid vom 21.12.2009 angeordnet. Bei der gebotenen summarischen Prüfung seien die Erfolgsaussichten eines Hauptsachever- fahrens noch nicht endgültig abschätzbar, wobei jedoch deutlich mehr für die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides als für seine Rechtmäßigkeit spreche. So gebe es gute Gründe, der Bewertung des zuständigen Finanzamtes zu folgen, die Zahlungen der angeblichen Provisionen der privaten Vermögensebene der Eheleute zuzuordnen und sie damit nicht als Arbeitsentgelt anzusehen. Der Umstand allein, dass zwischen den Ehegatten auch ein Beschäftigungsverhältnis vereinbart gewesen sei, führe noch nicht dazu, dass alle Leistungen aus dem nicht anzuerkennenden Untervertreterverhältnis zwangsläufig dem Beschäftigungsverhältnis zuzurechnen seien. Der von der Antragsgegnerin zitierten Entscheidung des BSG könne insoweit nichts anderes entnommen werden, weil vorliegend, anders als dort, die Zahlungen zu keinem Zeitpunkt als sozialversicherungspflichtiges Arbeitsentgelt deklariert worden seien. Ob der Bescheid vom 21.12.2009 auch mit Blick auf die Beitragsnachforderung für andere Beschäftigte (Frau S) Bedenken ausgesetzt sein könne, spiele bei dieser Sachlage keine Rolle und könne ungeprüft bleiben. Die gebotene Interessenabwägung unter Beachtung der Erfolgsaussichten eines Hauptsacheverfahrens gebiete daher die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 21.12.2009. Dabei sei zu berücksichtigen gewesen, dass sich die Beitragsnachforderungen zum weit überwiegenden Anteil aus der Nachforderung für die Ehefrau des Antragstellers errechneten.
Gegen den ihr am 16.8.2010 zugestellten Beschluss des SG hat die Antragsgegnerin am 10.9.2010 Beschwerde eingelegt. Sie legt eine Auskunft des Finanzamtes I vom 6.9.2010 vor, der zufolge das Vertragsverhältnis zwischen den Eheleuten steuerlich nicht anerkannt und die Zahlungen als Privatentnahmen behandelt worden sind, weil die Berechnung der Provisionszahlungen nicht den getroffenen Vereinbarungen im Untervertretervertrag entsprochen habe. Eine weitere Prüfung, ob tatsächlich Vermittlungen erfolgten oder den Zahlungen Scheingeschäfte zugrunde lagen, sei nicht erfolgt. Die Antragsgegnerin trägt weiter vor, dass die fehlende steuerliche Anerkennung des Vertragsverhältnisses der sozialversicherungsrechtlichen Berücksichtigung nicht entgegenstehe. Aus der Finanzbuchhaltung des Betriebes ergäben sich im streitigen Zeitraum Provisionszahlungen an die Ehefrau des Antragstellers. Deren Vermittlungstätigkeit und die Zahlung der Provisionen an sie seien regelmäßig von dem Antragsteller schriftlich bestätigt worden. Solange der Antragsteller und seine Ehefrau nicht persönlich erklärten, dass den Zahlungen keine tatsächliche Tätigkeit zugrunde liege, seien keine Zweifel angezeigt, dass die Ehefrau bei der Vermittlung der Versicherungs-, Darlehens- und Bausparverträge zumindest mitgewirkt und hierfür Provisionen erhalten habe. Die Feststellung der Finanzbehörde, dass die Provisionszahlungen nicht den getroffenen Vereinbarungen im Untervertretervertrag entsprochen hätten, mache allerdings deutlich, dass die Ehefrau des Antragstellers nicht auf der Grundlage des Vertrages vom 15.11.2004 als selbstständige Handelsvertreterin tätig geworden sei. Dies werde insbesondere auch aus § 2 des Vertrages deutlich, nach dem der Handelsvertreter seine Arbeitskraft auf die Führung der Agentur als Hauptberuf konzentriere, wobei er die Art der Durchführung seiner Tätigkeit im Wesentlichen frei bestimmen könne. Da die Ehefrau des Antragstellers nicht tatsächlich eine eigene Agentur geführt habe, sei davon auszugehen, dass sie bei ihrer Vermittlungstätigkeit in die Arbeitsorganisation der Agentur des Antragstellers eingegliedert gewesen sei und letztlich seinen Weisungen unterlegen habe. Sie habe ihre Vermittlungstätigkeit daher im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses im Sinne des § 7 SGB IV ausgeführt, das mit ihrer Tätigkeit als Bürogehilfin ein einheitliches Beschäftigungsverhältnis dargestellt habe. Die Provisionszahlungen seien als beitragspflichtiges Arbeitsentgelt aus diesem Beschäftigungsverhältnis anzusehen. Auch hinsichtlich der Frau S betreffenden Forderungen ergäben sich keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 21.12.2009.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 11.8.2010 aufzuheben und den Anordnungsantrag vom 14.4.2010 zurückzuweisen.
Der Antragsteller wiederholt sein bisheriges Vorbringen und trägt ergänzend vor, dass das Vorbringen der Antragsgegnerin auf das Hauptverfahren ziele. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verwaltungsakte seien nach summarischer Prüfung gegeben. Es sei nicht nachzuvollziehen, wieso es hierzu persönlicher Erklärungen von ihm und seiner Ehefrau bedürfen und der Vortrag seines Prozessbevollmächtigten nicht ausreichen solle.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Antragsgegnerin Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist zulässig und begründet. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 21.12.2009 ist abzulehnen. Es bestehen nach der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gebotenen summarischen Prüfung keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieses Bescheides. Außerdem stellt dessen Vollziehung keine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte für den Antragsteller dar.
Nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, diese ganz oder teilweise anordnen. Die aufschiebende Wirkung entfällt gemäß § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG bei Entscheidungen über Beitragspflichten und die Anforderung von Beiträgen sowie der darauf entfallenden Nebenkosten einschließlich der Säumniszuschläge (vgl. zu Letzteren LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss v. 18.9.2009, L 5 KR 159/09 B ER; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 19.3.2009, L 1 KR 45/09 B ER; jeweils juris; Zeihe, SGG, § 86a Rdnr. 13; a.A. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 86a Rdnr. 13a). Die Entscheidung, ob die aufschiebende Wirkung ausnahmsweise dennoch durch das Gericht angeordnet wird, erfolgt aufgrund einer umfassenden Abwägung des Aufschubinteresses des Antragstellers einerseits und des öffentlichen Interesses an der Vollziehung des Verwaltungsaktes andererseits. Im Rahmen dieser Interessenabwägung ist in Anlehnung an § 86a Abs. 3 S. 2 SGG zu berücksichtigen, in welchem Ausmaß Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder ob die Vollziehung für den Antragsteller eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
Da § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG das Vollzugsrisiko bei Beitragsbescheiden grundsätzlich auf den Adressaten verlagert, können nur solche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides ein überwiegendes Aufschubinteresse begründen, die einen Erfolg des Rechtsbehelfs, hier des Widerspruchs, zumindest überwiegend wahrscheinlich erscheinen lassen. Hierfür reicht es nicht schon aus, dass im Rechtsbehelfsverfahren möglicherweise noch ergänzende Tatsachenfeststellungen zu treffen sind. Maßgebend ist vielmehr, ob nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Eilentscheidung mehr für als gegen die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides spricht (vgl. Senat, Beschlüsse v. 24.6.2009, L 8 B 4/09 R ER; v. 27.7.2009, L 8 B 5/09 R ER; v. 18.2.2010, L 8 B 13/09 R ER; v. 8.10.2010, L 8 R 368/10 B ER; jeweils juris und sozialgerichtsbarkeit.de).
Unter Berücksichtigung dieser Kriterien bestehen nach der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gebotenen summarischen Prüfung keine ernsthaften Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides in Bezug auf die die Ehefrau des Antragstellers und Frau S betreffenden Beitragsnachforderungen.
1. In beiden Fällen hängt die Rechtmäßigkeit des Bescheides zunächst von der Frage ab, ob die erbrachten, als Provisionszahlungen bezeichneten Geldleistungen Arbeitsentgelt im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV sind. Arbeitsentgelt sind nach § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Diese weite Bestimmung des Arbeitsentgelts erfasst demnach alle Einnahmen, die dem Versicherten im ursächlichen Zusammenhang mit einer Beschäftigung zufließen (BSG, Urteil v. 26.10.1988, 12 RK 18/87, SozR 2100 § 14 Nr. 19 S. 17; Urteil v. 28.1.1999, B 12 RK 6/98 R, SozR 3-2400 § 14 Nr. 16).
a) Nach summarischer Prüfung bestehen keine ernsthaften Zweifel daran, dass die als Provisionszahlungen bezeichneten Zahlungen an die Ehefrau des Antragstellers Arbeitsentgelt in diesem Sinne sind.
aa) Den vorliegenden Unterlagen zufolge haben den Provisionszahlungen konkrete Vermittlungsleistungen der Ehefrau des Antragstellers zugrunde gelegen. Ebenso haben die Eheleute eine als Untervertretervertrag bezeichnete Vereinbarung über die Erbringung entsprechender Leistungen durch die Ehefrau des Antragstellers geschlossen. Bislang ist nicht glaubhaft im Sinne überwiegender Wahrscheinlichkeit (vgl. zu diesem Beweismaß im einstweiligen Rechtsschutzverfahren § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG iVm § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung [ZPO]), dass - wie der Antragsteller nunmehr vorträgt - diese Urkunden nur bzw. maßgeblich zu dem Zweck erstellt worden sind, Privatentnahmen gegenüber der Finanzverwaltung zu verschleiern. Entgegen der Auffassung des Antragstellers lässt sich aus den Feststellungen des Finanzamtes I insoweit nichts zu seinen Gunsten herleiten. Insbesondere hat das Finanzamt, soweit ersichtlich, im Rahmen seiner Betriebsprüfung nicht festgestellt, dass die mit den Provisionszahlungen abgerechneten Leistungen tatsächlich nicht erbracht worden sind. Ausweislich des Schreibens des Finanzamtes vom 6.9.2010 an die Antragsgegnerin, die insoweit mit dem Betriebsprüfungsbericht vom 25.6.2007 übereinstimmt, wurde das Vertragsverhältnis zwischen den Eheleuten steuerlich vielmehr allein deshalb nicht anerkannt, weil die Berechnung der Provisionszahlungen nicht den im Untervertretervertrag getroffenen Vereinbarungen entsprach. Eine weitere Prüfung, ob tatsächlich Vermittlungen erfolgten, hat nach Auskunft des Finanzamtes demgegenüber nicht stattgefunden. Der Antragsteller hat seine Darstellung auch nicht anderweitig (z.B. in Gestalt eidesstattlicher Versicherungen gemäß § 294 ZPO) glaubhaft gemacht. Seine bloße Behauptung, den betreffenden Zahlungen habe keine konkrete Arbeitsleistung zugrunde gelegen, reicht jedenfalls nicht aus, ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides zu begründen.
bb) Es ist gegenwärtig auch nicht ernsthaft zu bezweifeln, dass die betreffenden Einnahmen der Ehefrau des Antragstellers "aus einer Beschäftigung" im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV stammen. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV sind Anhaltspunkte für eine Beschäftigung eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Voraussetzung ist, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeich- net. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Dieses bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen, zu denen die rechtlich relevanten Umstände gehören, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben (BSG, Urteil v. 11.3.2009, B 12 KR 21/07 R, USK 2009-25; Urteil v. 24.1.2007, B 12 KR 31/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 7; Urteil v. 18.12.2001, B 12 KR 10/01 R, SozR 3-2400 § 7 Nr. 20; zur Verfassungsmäßigkeit dieser Abgrenzung BVerfG, Kammerbeschluss v. 20.5.1996, 1 BvR 21/96, SozR 3-2400 § 7 Nr. 11).
Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die Ehefrau des Antragstellers bei diesem im Prüfzeitraum im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses beschäftigt war. Zwar war nach den ursprünglichen vertraglichen Vereinbarungen eine Trennung zwischen Arbeits- und Untervertretervertrag vereinbart. Dass seine Ehefrau dementsprechend tatsächlich eine selbstständige Tätigkeit ausgeübt hat, behauptet inzwischen allerdings nicht einmal mehr der Antragsteller selbst. Im Gegenteil stützt er sich auf die Feststellungen des Finanzamtes I, wonach der Untervertretervertrag - jedenfalls bei der Berechnung der Provisionszahlungen -nicht vereinbarungsgemäß umgesetzt worden ist. Zutreffend und unwidersprochen weist die Antragsgegnerin zudem darauf hin, dass die Ehefrau des Antragstellers entgegen der Vereinbarung in § 2 des Untervertretervertrages keine eigene Agentur geführt, also nicht über eine eigene Betriebsstätte oder Arbeitsorganisation verfügt und in diesem Rahmen Vermittlungsgeschäfte getätigt hat.
Die Tätigkeit der Ehefrau des Antragstellers ist auch nicht im Rahmen einer familiären Mitarbeit erfolgt. Die Abgrenzung zwischen einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis und familiärer Mithilfe hängt von den gesamten Umständen des Einzelfalles ab. Ein entgeltliches Beschäftigungsverhältnis setzt dabei neben der Eingliederung des Beschäftigten in den Betrieb und dem gegebenenfalls abgeschwächten Weisungsrecht des Arbeitgebers voraus, dass der Beschäftigte ein Entgelt erhält, das einen angemessenen Gegenwert für die geleistete Arbeit darstellt, mithin über einen freien Unterhalt, ein Taschengeld oder eine Anerkennung für Gefälligkeiten hinausgeht. Weitere Abgrenzungskriterien sind der Abschluss eines schriftlichen Arbeitsvertrages und die Verbuchung des Arbeitsentgelts als Betriebsausgabe, zudem, ob es dem Angehörigen zur freien Verfügung ausgezahlt wird, und schließlich, ob dieser eine fremde Arbeitskraft ersetzt (BSG, Urteil v. 23.6.1994, 12 RK 50/93, SozR 3-2500 § 5 Nr. 17; Schlegel in Küttner, Personalbuch 2010, "Familiäre Mitarbeit" Rdnr. 46 ff. jeweils m.w.N.). Nach diesen Grundsätzen gibt es hier für eine familiäre Mithilfe keine hinreichenden Anhaltspunkte. Im Hinblick auf das unstreitige Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses zwischen den Ehegatten ist die Eingliederung der Ehefrau des Antragstellers in dessen Betrieb nicht zweifelhaft. Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass das der Ehefrau des Antragstellers gewährte Entgelt nicht der üblichen Höhe entsprochen hätte. Des Weiteren ist es - wenn auch möglicherweise steuerrechtlich unzutreffend - als Betriebsausgabe verbucht worden. Weitergehende Gesichtspunkte, die für eine familiäre Mithilfe sprechen könnten, sind nicht ersichtlich oder vorgetragen geschweige denn glaubhaft gemacht worden.
b) Es bestehen gegenwärtig des Weiteren keine ernsthaften Zweifel, dass die Antragsgegnerin die als Provisionszahlung deklarierte Zahlung im Juni 2008 an Frau S zu Recht als Arbeitsentgelt im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV angesehen hat. Es ist unstreitig, dass zum Zeitpunkt des Zuflusses der Zahlung von 1.000,00 Euro ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zwischen dem Antragsteller und Frau S bestanden hat, das u.a. die Vermittlung von Bausparverträgen zum Inhalt hatte, und dass die Zahlung jedenfalls dem hierzu vorgelegten Schreiben vom "10.6.2008" nach als Gegenleistung für die Vermittlung eines solchen Vertrages erfolgt ist. Der Vortrag des Antragstellers, es habe sich um eine Zahlung für eine Vermittlung aus der Zeit einer angeblich selbstständigen Tätigkeit für ihn gehandelt, ist demgegenüber zurzeit nicht überwiegend wahrscheinlich. Als einziges Mittel der Glaubhaftmachung liegt hierzu das Schreiben des Antragstellers an Frau S, angeblich vom 10.6.2008, vor, dessen Datum allerdings erkennbar handschriftlich vom ursprünglich 1.6.2007 korrigiert worden ist. Abgesehen davon belegt das Schreiben nicht, dass die im Juni 2008 erfolgte Zahlung an Frau S tatsächlich auf ihrer Vermittlungstätigkeit für einen am 8.3.2007 geschlossenen Bausparvertrag beruht. So liegt bereits der mit Frau S für ihre selbstständige Tätigkeit geschlossene Vertrag nicht vor, sodass nicht geprüft werden kann, ob dessen Regelungen tatsächlich im konkreten Fall umgesetzt worden sind. Vor allem ist aber nicht vorgetragen geschweige denn glaubhaft gemacht worden, welche Zahlungen von März 2007 bis Juni 2008 an Frau S erbracht worden sind. Es ist daher in keiner Wiese belegt, dass auf den Vertragsschluss von März 2007 nicht bereits eine Zahlung zuvor (z.B. im Juni 2007) an Frau S erfolgt ist.
2. Einwendungen gegen die Berechnung der Beitragsforderung sind vom Antragsteller nicht vorgebracht worden. Überwiegende Zweifel an der Richtigkeit der Berechnung der Antragsgegnerin sind nicht ersichtlich. Das gilt auch hinsichtlich der Anwendung des § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV. Danach ist von einer (fiktiven) Nettolohnvereinbarung - mit der Folge der "Hochrechnung" nach dem sog. Abtastverfahren - auszugehen, wenn bei einem illegalen Beschäftigungsverhältnis Steuern und Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung nicht gezahlt worden sind. Gegen die Annahme der Antragsgegnerin, dass sowohl hinsichtlich der Ehefrau des Antragstellers als auch in Bezug auf Frau S illegale Beschäftigungsverhältnisse im Sinne dieser Bestimmung vorliegen, bestehen gegenwärtig keine durchgreifenden Bedenken. Zwar ist die Frage, welche Voraussetzungen ein Beschäftigungsverhältnis erfüllen muss, um als "illegal" zu gelten, noch nicht abschließend höchstrichterlich geklärt. Der Senat neigt indessen mit einer in der Literatur vertretenen Auffassung dazu, nach Sinn und Zweck des § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV eine illegale Beschäftigung in allen Fällen anzunehmen, in denen der Arbeitgeber seine Verpflichtung, Meldungen zu erstatten (§§ 28a Abs. 1, 111 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV) und Beiträge für die Beschäftigten zu zahlen (§§ 28e Abs. 1 SGB IV, 266 Strafgesetzbuch) bewusst verletzt (so mit ausführlicher Begründung und Darstellung des Meinungsstandes Werner in jurisPK-SGB IV, § 14 Rdnr. 292). Dementsprechend kann sich die Illegalität einer Beschäftigung auch daraus ergeben, dass im Rahmen eines einheitlichen Beschäftigungsverhältnisses Entgeltteile nicht ordnungsgemäß verbucht und gemeldet und dadurch die gesetzlich geforderten Abzüge und Beitragszahlungen bewusst vermieden werden (Werner a.a.O. Rdnr. 293; vgl. auch LSG Baden-Württemberg, Beschluss v. 11.5.2010, L 11 KR 1125/10 ER-B m.w.N., sozialgerichtsbarkeit.de). Ob hier ein solcher Fall vorliegt, wird aus den dargelegten Gründen erst im Hauptsacheverfahren zu klären sein. Jedenfalls vorläufig bestehen daran jedoch keine überwiegenden Zweifel.
3. Schließlich hat der Antragsteller keine Umstände glaubhaft gemacht, die dafür sprechen, dass die Vollziehung des angefochtenen Bescheides eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte für ihn darstellen könnte. Es fehlt schon ein entsprechender schlüssiger Vortrag. Ob die Behauptung, durch die Vollziehung werde ernsthaft seine wirtschaftliche Existenz gefährdet, überhaupt eine unbillige Härte sein kann, muss der Senat nicht entscheiden, da sich der Vortrag des Antragstellers in seinem dahingehenden Vortrag erschöpft. Eine Begründung dieser Behauptung ist noch nicht einmal ansatzweise erfolgt. Es hätte hierzu einer vollständigen Darlegung der Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Antragstellers unter entsprechender Glaubhaftmachung bedurft.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Festsetzung des Streitwerts gem. § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG iVm §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1 u. 2, 47 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) entspricht der ständigen Senatspraxis, im einstweiligen Rechtsschutz von einem Viertel des Hauptsachestreitwerts (Senat, Beschluss v. 27.7.2009, L 8 B 5/09 R ER, a.a.O.) einschließlich der Säumniszuschläge (Senat, Beschlüsse v. 31.8.2009, L 8 B 11/09 R, und 3.9.2009, L 8 B, 12/09 R, juris und sozialgerichtsbarkeit.de) auszugehen. Gleichzeitig wird die Streitwertfestsetzung erster Instanz von Amts wegen geändert (§ 63 Abs. 3 GKG).
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen einen Bescheid über die Nachforderung von Beiträgen zur Sozialversicherung.
Der Antragsteller betreibt in I die Vermittlung von Versicherungen, Grundstücken, Gebäuden und Wohnungen. Seit dem 1.1.1994 beschäftigt er seine Ehefrau - in den Jahren 2005 bis 2007 versicherungspflichtig im Rahmen der sog. "Gleitzone" - als Bürogehilfin. Am 15.11.2004 schlossen die Eheleute einen so bezeichneten "Untervertreter-Vertrag", wonach die Ehefrau des Antragstellers für diesen als selbstständige Handelsvertreterin tätig werden und dafür Provisionszahlungen erhalten sollte. In der Folgezeit erbrachte der Antragsteller an seine Ehefrau neben dem Arbeitsentgelt aus dem Beschäftigungsverhältnis weitere Zahlungen, die als Provisionen für die Vermittlung diverser Versicherungen und Bausparverträge deklariert und für die keine Sozialversicherungsbeiträge gezahlt wurden.
Auf der Grundlage eines Vertrages vom 31.1.2005 war Frau S bei dem Antragsteller ab dem 1.2.2005 zunächst geringfügig beschäftigt. In der Zeit vom 1.7.2005 bis 30.6.2007 betrieb sie das angemeldete Gewerbe der Vermittlung von Versicherungen und Bausparverträgen auf Provision. Hierfür gewährte ihr die Bundesagentur für Arbeit einen Existenzgründungszuschuss gem. § 421 I Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III). Mit Bescheid vom 24.8.2005 stellte die damalige Bundesversicherungsanstalt für Angestellte die Versicherungspflicht von Frau S nach § 2 Satz 1 Nr. 10 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) ab dem 1.7.2005 fest. Auf der Grundlage weiterer mit dem Antragsteller geschlossener Arbeitsverträge war Frau S bei diesem ab dem 16.7.2007 (wiederum) geringfügig und ab dem 1.9.2007 sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Der für die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ab dem 1.9.2007 zugrunde liegende Arbeitsvertrag beinhaltete u.a. die Verpflichtung von Frau S, sich ständig um die Vermittlung von Versicherungs-, Darlehens- und Bausparverträgen zu bemühen, den Kundenstamm zu pflegen, zu erhalten und zu erweitern sowie neue Kunden zu gewinnen. Hierfür erhielt sie monatlich 1.000,00 Euro, für die Sozialversicherungsbeiträge abgeführt wurden. Daneben erfolgte im Juni 2008 eine als Provisionszahlung bezeichnete Zahlung in Höhe von 1000,00 Euro an Frau S, der nach einem Schreiben des Antragstellers die Vermittlung des "Bausparvertrages T mit Antrag vom 8.3.2007" zugrunde liegen soll. Dieses Schreiben weist das handschriftlich geänderte Datum "10.06.2008" auf.
Im Bericht vom 25.6.2007 über eine beim Antragsteller durchgeführte Betriebsprüfung führte das Finanzamt I aus, dass die ab Dezember 2004 an die Ehefrau des Antragstellers gezahlten Provisionen nicht nach den im Untervertretervertrag vom 15.11.2004 getroffenen Vereinbarungen berechnet worden seien. Sie könnten daher nicht als Betriebsausgaben berücksichtigt werden. Da das Vertragsverhältnis zwischen den Eheleuten steuerlich nicht anerkannt werde, stellten diese Zahlungen Vorgänge auf der privaten Vermögensebene der Eheleute dar. Entsprechend lägen bei der Ehefrau des Antragstellers keine steuerlichen Einkünfte vor.
In der Zeit vom 30.6.2009 bis 20.11.2009 führte die Antragsgegnerin beim Antragsteller eine Betriebsprüfung durch. Geprüft wurde der Zeitraum vom 1.1.2005 bis 31.12.2008. Mit Bescheid vom 21.12.2009 forderte die Antragsgegnerin vom Antragsteller einen Betrag von 15.820,14 Euro nach, der Säumniszuschläge in Höhe von 4.617,50 EUR beinhaltet. Zur Begründung führte sie aus, dass die vom Antragsteller an einige seiner Arbeitnehmer, u.a. auch an seine Ehefrau, gezahlten Provisionen als beitragspflichtiges Arbeitsentgelt zu bewerten seien, wobei es sich um illegale Beschäftigung handele, sodass gemäß § 14 Abs. 2 Satz 2 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) ein Nettoarbeitsentgelt als vereinbart gelte.
Mit seinem Widerspruch machte der Antragsteller u.a. geltend, dass die an seine Ehefrau gezahlten "Provisionen" kein zusätzlicher Arbeitslohn, sondern Privatentnahmen gewesen seien, die weder lohnsteuer- noch sozialversicherungspflichtig seien. Das Finanzamt I habe bei seiner Betriebsprüfung festgestellt, dass die mit den "Provisionszahlungen" abgerechneten Leistungen tatsächlich nicht erbracht worden seien. Daher liege auch kein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt vor. Nicht zuletzt unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit sei die unterschiedliche Behandlung durch Finanz- und Sozialverwaltung nicht statthaft. Die Zahlung an Frau S im Juni 2008 habe noch aus ihrer selbständigen Tätigkeit (Vertrag vom 8.3.2007) resultiert. Bezüglich des streitbefangenen Betrages von 15.356,42 EUR beantragte der Antragsteller die Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Bescheides bis zur Entscheidung über den Widerspruch. Nach summarischer Prüfung bestünden ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes.
Unter dem 15.3.2010 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, dass sie keine Möglichkeit sehe, der Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Bescheides zuzustimmen.
Hiergegen hat der Antragsteller einstweiligen Rechtsschutz beim Sozialgericht (SG) Dortmund beantragt. Unter Bezugnahme auf sein Vorbringen in der Widerspruchsbegründung hat er vortragen lassen, dass erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheides bestünden. Zahlungen zwischen Ehegatten, die - wie vom Finanzamt festgestellt - keiner Einkunftsart zuzuordnen seien, sondern der Privatsphäre, könnten keine Beitragspflicht auslösen. Die angedrohte Beitreibung gefährde zudem ernsthaft seine wirtschaftliche Existenz.
Der Antragsteller hat beantragt,
die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen den Bescheid vom 21.12.2009 anzuordnen.
Die Antragsgegnerin hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Sie hat den angegriffenen Bescheid für rechtmäßig gehalten. Sie folge der - von dem Antragsteller nicht bestrittenen - Feststellung der Finanzbehörde, dass ein Untervertreterverhältnis der Ehefrau des Antragstellers als selbständige Handelsvertreterin nicht anzuerkennen sei. Anders als die Finanzbehörde gehe sie jedoch davon aus, dass die - von dem Antragsteller ebenfalls nicht bestrittenen - Zahlungen an seine Ehefrau ihrem Beschäftigungsverhältnis zuzurechnen seien. Als Einnahmen aus der Beschäftigung handele es sich um Arbeitsentgelt im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Dieser Feststellung stehe der Umstand, dass die Finanzbehörde die Zahlungen für die Jahre 2004 und 2005 nicht als Betriebsausgaben anerkannt habe, nicht entgegen (Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 7.2.2002, B 12 KR 13/01 R, SozR 3- 2400 § 14 SGB IV). Sie, die Antragsgegnerin, sei als prüfender Rentenversicherungsträger nicht an die Würdigung der Sachlage durch die prüfende Finanzbehörde gebunden. Mangels Nachweises, dass die am 10.6.2008 an Frau S erfolgte Zahlung über 1.000,00 EUR tatsächlich auf ihrer Vermittlungstätigkeit für einen am 8.3.2007 geschlossenen Bausparvertrag beruhe, gehe sie zudem davon aus, dass auch diese Zahlung dem Beschäftigungsverhältnis von Frau S mit dem Antragsteller zum Zeitpunkt der Zahlung zuzurechnen sei. Als Einnahme aus dieser Beschäftigung handele es sich somit um Arbeitsentgelt im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV, das der Beitragsbemessung zugrunde zu legen sei. Schließlich sei nicht ersichtlich, dass die Vollziehung des angefochtenen Bescheides für den Antragsteller eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Der Antragsteller habe keine Unterlagen über seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit vorgelegt, sodass seine Behauptung, dass die Beitreibung seine wirtschaftliche Existenz gefährde, nicht glaubhaft sei.
Mit Beschluss vom 11.8.2010 hat das SG Dortmund die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des ASt gegen den Bescheid vom 21.12.2009 angeordnet. Bei der gebotenen summarischen Prüfung seien die Erfolgsaussichten eines Hauptsachever- fahrens noch nicht endgültig abschätzbar, wobei jedoch deutlich mehr für die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides als für seine Rechtmäßigkeit spreche. So gebe es gute Gründe, der Bewertung des zuständigen Finanzamtes zu folgen, die Zahlungen der angeblichen Provisionen der privaten Vermögensebene der Eheleute zuzuordnen und sie damit nicht als Arbeitsentgelt anzusehen. Der Umstand allein, dass zwischen den Ehegatten auch ein Beschäftigungsverhältnis vereinbart gewesen sei, führe noch nicht dazu, dass alle Leistungen aus dem nicht anzuerkennenden Untervertreterverhältnis zwangsläufig dem Beschäftigungsverhältnis zuzurechnen seien. Der von der Antragsgegnerin zitierten Entscheidung des BSG könne insoweit nichts anderes entnommen werden, weil vorliegend, anders als dort, die Zahlungen zu keinem Zeitpunkt als sozialversicherungspflichtiges Arbeitsentgelt deklariert worden seien. Ob der Bescheid vom 21.12.2009 auch mit Blick auf die Beitragsnachforderung für andere Beschäftigte (Frau S) Bedenken ausgesetzt sein könne, spiele bei dieser Sachlage keine Rolle und könne ungeprüft bleiben. Die gebotene Interessenabwägung unter Beachtung der Erfolgsaussichten eines Hauptsacheverfahrens gebiete daher die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 21.12.2009. Dabei sei zu berücksichtigen gewesen, dass sich die Beitragsnachforderungen zum weit überwiegenden Anteil aus der Nachforderung für die Ehefrau des Antragstellers errechneten.
Gegen den ihr am 16.8.2010 zugestellten Beschluss des SG hat die Antragsgegnerin am 10.9.2010 Beschwerde eingelegt. Sie legt eine Auskunft des Finanzamtes I vom 6.9.2010 vor, der zufolge das Vertragsverhältnis zwischen den Eheleuten steuerlich nicht anerkannt und die Zahlungen als Privatentnahmen behandelt worden sind, weil die Berechnung der Provisionszahlungen nicht den getroffenen Vereinbarungen im Untervertretervertrag entsprochen habe. Eine weitere Prüfung, ob tatsächlich Vermittlungen erfolgten oder den Zahlungen Scheingeschäfte zugrunde lagen, sei nicht erfolgt. Die Antragsgegnerin trägt weiter vor, dass die fehlende steuerliche Anerkennung des Vertragsverhältnisses der sozialversicherungsrechtlichen Berücksichtigung nicht entgegenstehe. Aus der Finanzbuchhaltung des Betriebes ergäben sich im streitigen Zeitraum Provisionszahlungen an die Ehefrau des Antragstellers. Deren Vermittlungstätigkeit und die Zahlung der Provisionen an sie seien regelmäßig von dem Antragsteller schriftlich bestätigt worden. Solange der Antragsteller und seine Ehefrau nicht persönlich erklärten, dass den Zahlungen keine tatsächliche Tätigkeit zugrunde liege, seien keine Zweifel angezeigt, dass die Ehefrau bei der Vermittlung der Versicherungs-, Darlehens- und Bausparverträge zumindest mitgewirkt und hierfür Provisionen erhalten habe. Die Feststellung der Finanzbehörde, dass die Provisionszahlungen nicht den getroffenen Vereinbarungen im Untervertretervertrag entsprochen hätten, mache allerdings deutlich, dass die Ehefrau des Antragstellers nicht auf der Grundlage des Vertrages vom 15.11.2004 als selbstständige Handelsvertreterin tätig geworden sei. Dies werde insbesondere auch aus § 2 des Vertrages deutlich, nach dem der Handelsvertreter seine Arbeitskraft auf die Führung der Agentur als Hauptberuf konzentriere, wobei er die Art der Durchführung seiner Tätigkeit im Wesentlichen frei bestimmen könne. Da die Ehefrau des Antragstellers nicht tatsächlich eine eigene Agentur geführt habe, sei davon auszugehen, dass sie bei ihrer Vermittlungstätigkeit in die Arbeitsorganisation der Agentur des Antragstellers eingegliedert gewesen sei und letztlich seinen Weisungen unterlegen habe. Sie habe ihre Vermittlungstätigkeit daher im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses im Sinne des § 7 SGB IV ausgeführt, das mit ihrer Tätigkeit als Bürogehilfin ein einheitliches Beschäftigungsverhältnis dargestellt habe. Die Provisionszahlungen seien als beitragspflichtiges Arbeitsentgelt aus diesem Beschäftigungsverhältnis anzusehen. Auch hinsichtlich der Frau S betreffenden Forderungen ergäben sich keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 21.12.2009.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 11.8.2010 aufzuheben und den Anordnungsantrag vom 14.4.2010 zurückzuweisen.
Der Antragsteller wiederholt sein bisheriges Vorbringen und trägt ergänzend vor, dass das Vorbringen der Antragsgegnerin auf das Hauptverfahren ziele. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verwaltungsakte seien nach summarischer Prüfung gegeben. Es sei nicht nachzuvollziehen, wieso es hierzu persönlicher Erklärungen von ihm und seiner Ehefrau bedürfen und der Vortrag seines Prozessbevollmächtigten nicht ausreichen solle.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Antragsgegnerin Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist zulässig und begründet. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 21.12.2009 ist abzulehnen. Es bestehen nach der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gebotenen summarischen Prüfung keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieses Bescheides. Außerdem stellt dessen Vollziehung keine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte für den Antragsteller dar.
Nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, diese ganz oder teilweise anordnen. Die aufschiebende Wirkung entfällt gemäß § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG bei Entscheidungen über Beitragspflichten und die Anforderung von Beiträgen sowie der darauf entfallenden Nebenkosten einschließlich der Säumniszuschläge (vgl. zu Letzteren LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss v. 18.9.2009, L 5 KR 159/09 B ER; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 19.3.2009, L 1 KR 45/09 B ER; jeweils juris; Zeihe, SGG, § 86a Rdnr. 13; a.A. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 86a Rdnr. 13a). Die Entscheidung, ob die aufschiebende Wirkung ausnahmsweise dennoch durch das Gericht angeordnet wird, erfolgt aufgrund einer umfassenden Abwägung des Aufschubinteresses des Antragstellers einerseits und des öffentlichen Interesses an der Vollziehung des Verwaltungsaktes andererseits. Im Rahmen dieser Interessenabwägung ist in Anlehnung an § 86a Abs. 3 S. 2 SGG zu berücksichtigen, in welchem Ausmaß Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder ob die Vollziehung für den Antragsteller eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
Da § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG das Vollzugsrisiko bei Beitragsbescheiden grundsätzlich auf den Adressaten verlagert, können nur solche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides ein überwiegendes Aufschubinteresse begründen, die einen Erfolg des Rechtsbehelfs, hier des Widerspruchs, zumindest überwiegend wahrscheinlich erscheinen lassen. Hierfür reicht es nicht schon aus, dass im Rechtsbehelfsverfahren möglicherweise noch ergänzende Tatsachenfeststellungen zu treffen sind. Maßgebend ist vielmehr, ob nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Eilentscheidung mehr für als gegen die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides spricht (vgl. Senat, Beschlüsse v. 24.6.2009, L 8 B 4/09 R ER; v. 27.7.2009, L 8 B 5/09 R ER; v. 18.2.2010, L 8 B 13/09 R ER; v. 8.10.2010, L 8 R 368/10 B ER; jeweils juris und sozialgerichtsbarkeit.de).
Unter Berücksichtigung dieser Kriterien bestehen nach der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gebotenen summarischen Prüfung keine ernsthaften Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides in Bezug auf die die Ehefrau des Antragstellers und Frau S betreffenden Beitragsnachforderungen.
1. In beiden Fällen hängt die Rechtmäßigkeit des Bescheides zunächst von der Frage ab, ob die erbrachten, als Provisionszahlungen bezeichneten Geldleistungen Arbeitsentgelt im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV sind. Arbeitsentgelt sind nach § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Diese weite Bestimmung des Arbeitsentgelts erfasst demnach alle Einnahmen, die dem Versicherten im ursächlichen Zusammenhang mit einer Beschäftigung zufließen (BSG, Urteil v. 26.10.1988, 12 RK 18/87, SozR 2100 § 14 Nr. 19 S. 17; Urteil v. 28.1.1999, B 12 RK 6/98 R, SozR 3-2400 § 14 Nr. 16).
a) Nach summarischer Prüfung bestehen keine ernsthaften Zweifel daran, dass die als Provisionszahlungen bezeichneten Zahlungen an die Ehefrau des Antragstellers Arbeitsentgelt in diesem Sinne sind.
aa) Den vorliegenden Unterlagen zufolge haben den Provisionszahlungen konkrete Vermittlungsleistungen der Ehefrau des Antragstellers zugrunde gelegen. Ebenso haben die Eheleute eine als Untervertretervertrag bezeichnete Vereinbarung über die Erbringung entsprechender Leistungen durch die Ehefrau des Antragstellers geschlossen. Bislang ist nicht glaubhaft im Sinne überwiegender Wahrscheinlichkeit (vgl. zu diesem Beweismaß im einstweiligen Rechtsschutzverfahren § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG iVm § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung [ZPO]), dass - wie der Antragsteller nunmehr vorträgt - diese Urkunden nur bzw. maßgeblich zu dem Zweck erstellt worden sind, Privatentnahmen gegenüber der Finanzverwaltung zu verschleiern. Entgegen der Auffassung des Antragstellers lässt sich aus den Feststellungen des Finanzamtes I insoweit nichts zu seinen Gunsten herleiten. Insbesondere hat das Finanzamt, soweit ersichtlich, im Rahmen seiner Betriebsprüfung nicht festgestellt, dass die mit den Provisionszahlungen abgerechneten Leistungen tatsächlich nicht erbracht worden sind. Ausweislich des Schreibens des Finanzamtes vom 6.9.2010 an die Antragsgegnerin, die insoweit mit dem Betriebsprüfungsbericht vom 25.6.2007 übereinstimmt, wurde das Vertragsverhältnis zwischen den Eheleuten steuerlich vielmehr allein deshalb nicht anerkannt, weil die Berechnung der Provisionszahlungen nicht den im Untervertretervertrag getroffenen Vereinbarungen entsprach. Eine weitere Prüfung, ob tatsächlich Vermittlungen erfolgten, hat nach Auskunft des Finanzamtes demgegenüber nicht stattgefunden. Der Antragsteller hat seine Darstellung auch nicht anderweitig (z.B. in Gestalt eidesstattlicher Versicherungen gemäß § 294 ZPO) glaubhaft gemacht. Seine bloße Behauptung, den betreffenden Zahlungen habe keine konkrete Arbeitsleistung zugrunde gelegen, reicht jedenfalls nicht aus, ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides zu begründen.
bb) Es ist gegenwärtig auch nicht ernsthaft zu bezweifeln, dass die betreffenden Einnahmen der Ehefrau des Antragstellers "aus einer Beschäftigung" im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV stammen. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV sind Anhaltspunkte für eine Beschäftigung eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Voraussetzung ist, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeich- net. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Dieses bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen, zu denen die rechtlich relevanten Umstände gehören, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben (BSG, Urteil v. 11.3.2009, B 12 KR 21/07 R, USK 2009-25; Urteil v. 24.1.2007, B 12 KR 31/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 7; Urteil v. 18.12.2001, B 12 KR 10/01 R, SozR 3-2400 § 7 Nr. 20; zur Verfassungsmäßigkeit dieser Abgrenzung BVerfG, Kammerbeschluss v. 20.5.1996, 1 BvR 21/96, SozR 3-2400 § 7 Nr. 11).
Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die Ehefrau des Antragstellers bei diesem im Prüfzeitraum im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses beschäftigt war. Zwar war nach den ursprünglichen vertraglichen Vereinbarungen eine Trennung zwischen Arbeits- und Untervertretervertrag vereinbart. Dass seine Ehefrau dementsprechend tatsächlich eine selbstständige Tätigkeit ausgeübt hat, behauptet inzwischen allerdings nicht einmal mehr der Antragsteller selbst. Im Gegenteil stützt er sich auf die Feststellungen des Finanzamtes I, wonach der Untervertretervertrag - jedenfalls bei der Berechnung der Provisionszahlungen -nicht vereinbarungsgemäß umgesetzt worden ist. Zutreffend und unwidersprochen weist die Antragsgegnerin zudem darauf hin, dass die Ehefrau des Antragstellers entgegen der Vereinbarung in § 2 des Untervertretervertrages keine eigene Agentur geführt, also nicht über eine eigene Betriebsstätte oder Arbeitsorganisation verfügt und in diesem Rahmen Vermittlungsgeschäfte getätigt hat.
Die Tätigkeit der Ehefrau des Antragstellers ist auch nicht im Rahmen einer familiären Mitarbeit erfolgt. Die Abgrenzung zwischen einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis und familiärer Mithilfe hängt von den gesamten Umständen des Einzelfalles ab. Ein entgeltliches Beschäftigungsverhältnis setzt dabei neben der Eingliederung des Beschäftigten in den Betrieb und dem gegebenenfalls abgeschwächten Weisungsrecht des Arbeitgebers voraus, dass der Beschäftigte ein Entgelt erhält, das einen angemessenen Gegenwert für die geleistete Arbeit darstellt, mithin über einen freien Unterhalt, ein Taschengeld oder eine Anerkennung für Gefälligkeiten hinausgeht. Weitere Abgrenzungskriterien sind der Abschluss eines schriftlichen Arbeitsvertrages und die Verbuchung des Arbeitsentgelts als Betriebsausgabe, zudem, ob es dem Angehörigen zur freien Verfügung ausgezahlt wird, und schließlich, ob dieser eine fremde Arbeitskraft ersetzt (BSG, Urteil v. 23.6.1994, 12 RK 50/93, SozR 3-2500 § 5 Nr. 17; Schlegel in Küttner, Personalbuch 2010, "Familiäre Mitarbeit" Rdnr. 46 ff. jeweils m.w.N.). Nach diesen Grundsätzen gibt es hier für eine familiäre Mithilfe keine hinreichenden Anhaltspunkte. Im Hinblick auf das unstreitige Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses zwischen den Ehegatten ist die Eingliederung der Ehefrau des Antragstellers in dessen Betrieb nicht zweifelhaft. Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass das der Ehefrau des Antragstellers gewährte Entgelt nicht der üblichen Höhe entsprochen hätte. Des Weiteren ist es - wenn auch möglicherweise steuerrechtlich unzutreffend - als Betriebsausgabe verbucht worden. Weitergehende Gesichtspunkte, die für eine familiäre Mithilfe sprechen könnten, sind nicht ersichtlich oder vorgetragen geschweige denn glaubhaft gemacht worden.
b) Es bestehen gegenwärtig des Weiteren keine ernsthaften Zweifel, dass die Antragsgegnerin die als Provisionszahlung deklarierte Zahlung im Juni 2008 an Frau S zu Recht als Arbeitsentgelt im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV angesehen hat. Es ist unstreitig, dass zum Zeitpunkt des Zuflusses der Zahlung von 1.000,00 Euro ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zwischen dem Antragsteller und Frau S bestanden hat, das u.a. die Vermittlung von Bausparverträgen zum Inhalt hatte, und dass die Zahlung jedenfalls dem hierzu vorgelegten Schreiben vom "10.6.2008" nach als Gegenleistung für die Vermittlung eines solchen Vertrages erfolgt ist. Der Vortrag des Antragstellers, es habe sich um eine Zahlung für eine Vermittlung aus der Zeit einer angeblich selbstständigen Tätigkeit für ihn gehandelt, ist demgegenüber zurzeit nicht überwiegend wahrscheinlich. Als einziges Mittel der Glaubhaftmachung liegt hierzu das Schreiben des Antragstellers an Frau S, angeblich vom 10.6.2008, vor, dessen Datum allerdings erkennbar handschriftlich vom ursprünglich 1.6.2007 korrigiert worden ist. Abgesehen davon belegt das Schreiben nicht, dass die im Juni 2008 erfolgte Zahlung an Frau S tatsächlich auf ihrer Vermittlungstätigkeit für einen am 8.3.2007 geschlossenen Bausparvertrag beruht. So liegt bereits der mit Frau S für ihre selbstständige Tätigkeit geschlossene Vertrag nicht vor, sodass nicht geprüft werden kann, ob dessen Regelungen tatsächlich im konkreten Fall umgesetzt worden sind. Vor allem ist aber nicht vorgetragen geschweige denn glaubhaft gemacht worden, welche Zahlungen von März 2007 bis Juni 2008 an Frau S erbracht worden sind. Es ist daher in keiner Wiese belegt, dass auf den Vertragsschluss von März 2007 nicht bereits eine Zahlung zuvor (z.B. im Juni 2007) an Frau S erfolgt ist.
2. Einwendungen gegen die Berechnung der Beitragsforderung sind vom Antragsteller nicht vorgebracht worden. Überwiegende Zweifel an der Richtigkeit der Berechnung der Antragsgegnerin sind nicht ersichtlich. Das gilt auch hinsichtlich der Anwendung des § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV. Danach ist von einer (fiktiven) Nettolohnvereinbarung - mit der Folge der "Hochrechnung" nach dem sog. Abtastverfahren - auszugehen, wenn bei einem illegalen Beschäftigungsverhältnis Steuern und Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung nicht gezahlt worden sind. Gegen die Annahme der Antragsgegnerin, dass sowohl hinsichtlich der Ehefrau des Antragstellers als auch in Bezug auf Frau S illegale Beschäftigungsverhältnisse im Sinne dieser Bestimmung vorliegen, bestehen gegenwärtig keine durchgreifenden Bedenken. Zwar ist die Frage, welche Voraussetzungen ein Beschäftigungsverhältnis erfüllen muss, um als "illegal" zu gelten, noch nicht abschließend höchstrichterlich geklärt. Der Senat neigt indessen mit einer in der Literatur vertretenen Auffassung dazu, nach Sinn und Zweck des § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV eine illegale Beschäftigung in allen Fällen anzunehmen, in denen der Arbeitgeber seine Verpflichtung, Meldungen zu erstatten (§§ 28a Abs. 1, 111 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV) und Beiträge für die Beschäftigten zu zahlen (§§ 28e Abs. 1 SGB IV, 266 Strafgesetzbuch) bewusst verletzt (so mit ausführlicher Begründung und Darstellung des Meinungsstandes Werner in jurisPK-SGB IV, § 14 Rdnr. 292). Dementsprechend kann sich die Illegalität einer Beschäftigung auch daraus ergeben, dass im Rahmen eines einheitlichen Beschäftigungsverhältnisses Entgeltteile nicht ordnungsgemäß verbucht und gemeldet und dadurch die gesetzlich geforderten Abzüge und Beitragszahlungen bewusst vermieden werden (Werner a.a.O. Rdnr. 293; vgl. auch LSG Baden-Württemberg, Beschluss v. 11.5.2010, L 11 KR 1125/10 ER-B m.w.N., sozialgerichtsbarkeit.de). Ob hier ein solcher Fall vorliegt, wird aus den dargelegten Gründen erst im Hauptsacheverfahren zu klären sein. Jedenfalls vorläufig bestehen daran jedoch keine überwiegenden Zweifel.
3. Schließlich hat der Antragsteller keine Umstände glaubhaft gemacht, die dafür sprechen, dass die Vollziehung des angefochtenen Bescheides eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte für ihn darstellen könnte. Es fehlt schon ein entsprechender schlüssiger Vortrag. Ob die Behauptung, durch die Vollziehung werde ernsthaft seine wirtschaftliche Existenz gefährdet, überhaupt eine unbillige Härte sein kann, muss der Senat nicht entscheiden, da sich der Vortrag des Antragstellers in seinem dahingehenden Vortrag erschöpft. Eine Begründung dieser Behauptung ist noch nicht einmal ansatzweise erfolgt. Es hätte hierzu einer vollständigen Darlegung der Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Antragstellers unter entsprechender Glaubhaftmachung bedurft.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Festsetzung des Streitwerts gem. § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG iVm §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1 u. 2, 47 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) entspricht der ständigen Senatspraxis, im einstweiligen Rechtsschutz von einem Viertel des Hauptsachestreitwerts (Senat, Beschluss v. 27.7.2009, L 8 B 5/09 R ER, a.a.O.) einschließlich der Säumniszuschläge (Senat, Beschlüsse v. 31.8.2009, L 8 B 11/09 R, und 3.9.2009, L 8 B, 12/09 R, juris und sozialgerichtsbarkeit.de) auszugehen. Gleichzeitig wird die Streitwertfestsetzung erster Instanz von Amts wegen geändert (§ 63 Abs. 3 GKG).
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
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