L 21 R 972/08

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
21
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 10 R 7432/07
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 21 R 972/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsver-fahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.

Der 1964 geborene Kläger erlitt am 27. Januar 1984 einen Arbeitsunfall, als er beim Schuttab-laden umknickte, von einem Hänger fiel und auf das rechte Kniegelenk stürzte. Am 20. Sep-tember 2000 erlitt der Kläger einen weiteren Arbeitsunfall, als er eine Treppe rückwärts herun-terfiel und auf das seitlich linke Kniegelenk prallte. Wegen der Folgen seiner Arbeitsunfälle erhält er von der Gartenbau-Berufsgenossenschaft mit Bescheid vom 7. Juni 2006 eine Rente auf unbestimmte Zeit nach einer MdE von 20%. Das Landesamt für Gesundheit und Soziales -Versorgungsamt- stellte bei ihm mit Bescheid vom 25. Februar 2005 einen Grad der Behinde-rung von 30 fest.

Er beantragte am 30. April 2004 bei der Beklagten wegen orthopädischer Leiden, Zustand nach Knie-Operation, Gehbehinderung und ständigen Schmerzen Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte ließ den Kläger von dem Facharzt für Orthopädie Dr. med. C R begutachten. In seinem schriftlichen Sachverständigengutachten vom 28. Mai 2004 führte der Sachverständige aus, der Kläger leide u.a. an einer habituellen Patellaluxation mit Retropatellararthrose rechtes und linkes Kniegelenk und an einem chronischen Lumbalsyndrom mit Pseudoradikulärsymp-tomatik. Der Kläger könne leichte Arbeiten im Wechsel zwischen Stehen, Gehen und Sitzen vollschichtig verrichten. Vermieden werden müssten Tätigkeiten mit häufigem Bücken, Knien, Hocken, häufiges Heben, Tragen, Bewegen von Lasten sowie Leiter- und Gerüstarbeiten und Arbeiten mit Absturzgefahr. Das Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sei nicht gefährdet oder gemindert. Eine Einschränkung der Wegefähigkeit bestehe aus orthopädi-scher Sicht nicht. Mit Bescheid vom 10. Juni 2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 20. Dezem-ber 2004 lehnte die Beklagte den Antrag ab, da der Kläger in der Lage sei, Tätigkeiten unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich aus-zuüben. Hiergegen hat der Kläger am 20. Januar 2005 Klage vor dem Sozialgericht Berlin erhoben, mit der er sein Begehren weiterverfolgt und ergänzend vortragen hat, er leide schon ohne Belas-tungen unter ständigen starken Schmerzen der gesamten Wirbelsäule, die in die oberen und unteren Extremitäten ausstrahlten. Stark eingeschränkt sei die Funktionalität der Kniegelenke. Insbesondere sei festzustellen, dass die Gehfähigkeit durch die Einschränkungen in beiden Kniegelenken erheblich gemindert sei. Zur Bewältigung der Schmerzsituation sei er bereits auf Morphiumpflaster eingestellt. Aufgrund der Schmerzen komme es zu Schlafstörungen. Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt:

Der Bescheid vom 10. Juni 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides am 20. De-zember 2004 wird aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger ab dem 1. Mai 2004 Rente wegen voller Erwerbsminderung bzw. wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt, die Klage abzuweisen.

Das Sozialgericht hat das Sachverständigengutachten des Chefarztes der orthopädischen Abtei-lung des evangelischen Krankenhauses Prof. Dr. med. WN vom 26. Oktober 2005 veranlasst. Danach leide der Kläger an einer ausgeprägten posttraumatischen Retropatellararthrose und leicht- bis mittelgradiger Arthrose rechtes Kniegelenk mit deutlicher Atrophie der rechten O-berschenkelmuskulatur, an einer gering- bis mittelgradigen posttraumatischen Retropatella-rarthrose links sowie an unspezifischen Artralgien Schulter-, Ellenbogengelenke beidseits. Nach seiner Einschätzung sei bei dem Kläger ein ausreichendes Leistungsvermögen zur Ver-richtung körperlich leichter Tätigkeiten in wechselnden Haltungsarten unter Beachtung weite-rer qualitativer Einschränkungen acht Stunden täglich gegeben. Zu aktuellen medizinischen Unterlagen in der Unfallversicherung sowie zu Einwänden des Klägers bezüglich der Gehfähigkeit, der eingestuften Schmerzsituation und des Konzentrati-onsvermögens unter analgetischer Therapie führte der Sachverständige Prof. Dr. med. W N in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 17. Mai 2006 aus, den Folgeberichten sei zu entneh-men, dass es im Verlauf zu einer Besserung der Schmerzsymptomatik gekommen sei. Es sei davon auszugehen, dass sich die im Gutachten festgestellte Gehzeit von zuletzt einer Stunde somit nicht verschlechtert habe. Eine Änderung seiner gutachtlichen Beurteilung ergebe sich daraus nicht. Aufgrund der begleitenden psychotherapeutischen Betreuung werde gegebenen-falls ein psychiatrisch/psychologisches Zusatzgutachten empfohlen.

Das Sozialgericht hat daraufhin das Sachverständigengutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. med. J G vom 18. November 2006 veranlasst. Der Kläger leide demzufolge an den von dem orthopädischen Sachverständigen genannten Gesundheitsstörungen sowie an einer Neigung zu lumbalen und cervikalen Nervenwurzelreizerscheinungen - bei Bandschei-benvorfall L3/L4 und bei degenerativem Halswirbelsäulensyndrom - sowie an einem derzeit mäßiggradig ausgeprägten depressiven Syndrom. Auch seiner Einschätzung zufolge sei der Kläger in der Lage, körperlich leichte Tätigkeiten unter Beachtung weiterer qualitativer Ein-schränkungen mindestens 8 Stunden täglich auszuüben. Es bestünde die Untüchtigkeit hin-sichtlich des Führens eines PKW, ansonsten seien Besonderheiten für den Weg zur Arbeitsstel-le nicht zu berücksichtigen.

Schließlich hat das Sozialgericht zahlreiche Unterlagen der Gartenbau-Berufsgenossenschaft, unter anderem das nervenärztliche Zusammenhangsgutachten der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. MP vom 29. April 2007 für die Gartenbau-Berufsgenossenschaft, bei-gezogen. Mit Urteil vom 28. April 2008 hat das Sozialgericht Berlin die Klage abgewiesen und zur Be-gründung ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung, da er unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes noch mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig sein kann. Zu dieser Überzeugung sei das Ge-richt auf der Grundlage der im Verfahren veranlassten Gutachten gelangt. Die Gutachten seien schlüssig und nachvollziehbar. Beide Sachverständige hätten übereinstimmend festgestellt, der Kläger könne, ohne auf Kosten der Gesundheit zu arbeiten, regelmäßig noch vollschichtig leichte körperliche Arbeiten unter Beachtung qualitativer Einschränkungen ausüben. Die Ein-wände des Klägers gegen diese Gutachten führten zu keiner abweichenden Bewertung. Die Sachverständigen hätten auch die aktuellen medizinischen Unterlagen der Unfallversicherung gewürdigt. Nach dem nervenärztlichen Zusammenhanggutachten der Berufsgenossenschaft vom 29. April 2007 sei seitdem keine Verschlechterung der Beschwerden eingetreten. Gegen das ihm am 9. Mai 2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 28. Mai 2008 Berufung eingelegt und zur Begründung ausgeführt, zwar könne nach dem Zusammenhanggutachten für die Berufsgenossenschaft vom 29. April 2007 eine mäßiggradig depressive Symptomatik nicht mehr festgestellt werden, es habe sich jedoch eine Dysthymia vor dem Hintergrund zunehmen-der Zukunftsängste bei ungeklärter weiterer beruflicher Zukunft und finanziellen Sorgen ent-wickelt. Es sei mit einer Verschlechterung der Symptomatik zu rechnen. Auf psychiatrischem Fachgebiet seien jedenfalls mehrere Erkrankungsformen erkennbar, die eine Rente wegen vol-ler Erwerbsminderung begründen.

Der Kläger beantragt sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 28. April 2008 sowie den Bescheid der Be-klagten vom 10. Juni 2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 20. De-zember 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm, dem Kläger, ab 1. Mai 2004 eine Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu ge-währen.

Die Beklagte beantragt schriftsätzlich, die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend. Der Senat hat aktuelle Befundberichte der behandelnden Ärzte des Klägers eingeholt und zwar von der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dipl.-Med. K M vom 21. April 2009 (Be-handlungszeitraum: November 2005 - April 09) und dem MVZ Gelenk- und Wirbelsäulezent-rum S vom 27. April 2009 (Behandlungszeitraum: Mai 2003 - Juni 2005).

Sodann hat der Senat weiteren Beweis erhoben und zur Feststellung der Leistungsfähigkeit des Klägers ein weiteres Sachverständigengutachten veranlasst, das Frau Dr. med. C-M. B der Pra-xis für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie am 10. März 2010 erstattet hat. Ihrer Ein-schätzung nach sei der Kläger in der Lage, körperlich leichte und geistig mittelschwierige Tä-tigkeiten im Wechsel der Haltungsarten mindestens 6 Stunden täglich zu verrichten. Das be-schriebene Leistungsvermögen liege seit 2005 vor. Der Kläger sei in der Lage, viermal täglich eine Gehstrecke von mindestens 500 m in jeweils maximal 20 Minuten zurückzulegen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten vom 17. Juni 2010, Schriftsatz der Beklagten vom 22. April 2010).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes zum Zeitpunkt der Beratung und Entscheidung wird auf die vom Senat beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten und auf die Gerichtsakte verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Beratung und Ent-scheidung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung den Rechtstreit beraten und entscheiden, weil sich die Beteiligten mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 SGG).

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten, denn er hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung.

Nach § 43 Abs. 1 und 2 SGB VI in der Fassung des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20. Dezember 2000 haben Versicherte Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung, wenn sie voll oder teilweise erwerbsgemindert sind (medizinische Voraussetzung), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit gezahlt haben und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (versicherungsrechtliche Vor-aussetzungen). Der Senat kann offen lassen, ob die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen bei einem unterstellten Leistungsfall erfüllt wären, denn ein Leistungsfall der vollen oder teil-weisen Erwerbsminderung ist nicht eingetreten.

Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht ab-sehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmark-tes mindestens drei Stunden erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 SGB VI). Teilweise Erwerbs-minderung setzt dagegen voraus, dass auf nicht absehbare Zeit das Leistungsvermögen krank-heits- oder behinderungsbedingt auf unter sechs Stunden täglich herabgesunken ist (§ 43 Abs. 1 SGB VI). Erwerbsgemindert ist jedoch nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allge-meinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme besteht eine Erwerbsminderung nicht, da der Kläger noch in der Lage ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindes-tens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Er leidet auf nervenärztlichem Fachgebiet an folgenden Gesundheitsstörungen:

• Somatoforme Schmerzstörung (ICD F45.9), Somatisierungsstörung (F45.0), Opiatab-hängigkeit (F1 1.2) • Rezidivierende depressive Episoden, gegenwärtig mitteigradig (F32. 1), Dysthymie (F34. 1), bei überwiegend depressiv-anankastisch strukturierter Persönlichkeit • Angststörung (F41.9) • Spannungskopfschmerz (G44.2), Halswirbelsäulensyndrom (M54.2) ohne neurologi-sche Ausfälle • Sensibles Wurzelläsionssyndrom (G54.4) L5, rezidivierende Wurzelreizung bei gesi-chertem Bandscheibenvorfall L3/4 der Lendenwirbelsäule auf der Grundlage degenera-tiver Verschleißerscheinungen des Skelettsystems • Verdacht auf Syndrom der unruhigen Beine (Restless-legs, G25.8) • Restbeschwerden nach Operation eines rechtsseitigen Carpaltunnelsyndrom (lCD G56.0).

Auf nichtnervenärztlichem Fachgebiet liegen die folgenden Einschränkungen bei ihm vor: • Funktionsbeeinträchtigung beider Kniegelenke nach habitueller Patellaluxation (ICD S83.0), anlagebedingte Patelladysplasie (Q74. 1) bds., Retropatellararthrose und Knor-pelschaden, Zustand nach beidseitigen arthroskopischen Eingriffen (2003, 2004 und 2005) • Rezidivierende Reizerscheinungen beider Hüftgelenke (M24.85), Coxalgie (M25.55) bds. ohne nachgewiesene relevante Verschleißerscheinungen sowie der Ellenbogenge-lenke bds. (M24. 12) • Refluxösophagitis (K21.0)

Zu dieser Schlussfolgerung gelangt der Senat aufgrund der schlüssigen und überzeugenden Feststellungen in dem Gutachten der Sachverständigen Dr. med. C-M. B vom 10. März 2010. Die Gutachterin hat den Kläger persönlich untersucht und die zahlreichen in den Akten vorhandenen Vorbefunde berücksichtigt. Der Senat schließt sich daher ihren nach-vollziehbaren Feststellungen an. Sie stimmt in der Feststellung der Gesundheitseinschränkun-gen im Wesentlichen mit allen Vorgutachtern überein.

Aufgrund der genannten Gesundheitseinschränkungen kann der Kläger keine besonders ver-antwortungsvollen Tätigkeiten, keine Zwangshaltungen oder überwiegend einseitige Körper-haltungen, keine Arbeiten unter besonderem Zeitdruck wie Akkord- und Fließbandarbeit, keine Tätigkeiten, die mit Steigen, Klettern, zum Beispiel auf Leitern und Gerüsten oder mit Hocken und Kriechen einhergehen, keine Tätigkeiten mit häufigem Bücken, Heben, Tragen von schwe-reren Lasten über 10 kg und Überkopfarbeiten, keine Tätigkeiten unter Lärmbedingungen oder mit extremen Temperaturschwankungen, Hitze, Kälte bzw. Zugluft sowie keine Tätigkeiten, die besondere Anforderungen an die Aufmerksamkeit stellen, ausüben.

Er ist jedoch in der Lage, ohne Gefährdung der Gesundheit noch körperlich leichte Tätigkeiten mit Heben und Tragen bis zu 10 kg auszuüben. Er kann Tätigkeiten in geschlossenen Räumen, auch im Freien und unter entsprechendem Witterungsschutz, in Wechselschicht, einfache bis mittelschwere geistige Tätigkeiten, die seinem Bildungsgang entsprechen sowie Arbeiten mit alltagsüblichen Anforderungen an Reaktionsvermögen und Aufmerksamkeit verrichten. Bezüg-lich der Gefährdung durch Hautreizstoffe liegen keine Einschränkungen vor. Die grobe Kraft der Finger und auch die Fingerfertigkeit sind nicht eingeschränkt. Ein regelmäßiger Wechsel der Haltungsarten zwischen Gehen, Stehen und Sitzen, nicht jedoch die ausschließliche Tätig-keit in den genannten Haltungsarten ist zu gewährleisten. Übersicht, Verantwortungsbewusst-sein und Zuverlässigkeit des Klägers sind nicht eingeschränkt.

Er ist in der Lage, die vorgenannten Tätigkeiten im Umfang von mindestens 6 Stunden täglich auszuüben. Er benötigt keine betriebsunüblichen Pausen. Er kann öffentliche Verkehrsmittel nutzen und ist dabei selbständig wegefähig. Es besteht eine eingeschränkte Fahrtauglichkeit für das Führen eines PKW.

Auch hinsichtlich dieser Feststellung folgt der Senat uneingeschränkt den Ausführungen der Sachverständigen Dr. med. C-M. B in ihrem Gutachten vom 10. März 2010. Alle anderen im Verfahren gehörten Sachverständigen haben ein im Wesentlichen gleiches Leistungsvermögen des Klägers beschrieben.

Die festgestellten qualitativen Leistungseinschränkungen sind nicht so beschaffen, dass sie einem Arbeitseinsatz des Klägers auf dem weiten Feld des allgemeinen Arbeitsmarktes entge-genstünden. Eine derartige Fallgestaltung (sogenannte Katalogfälle, vgl. KassKomm-Gürtner - SGB VI, 2010 - § 43 Rn 37 ff.), in der trotz mindestens sechsstündiger Leistungsfähigkeit im Einzelfall geprüft werden muss, ob Arbeitsplätze vorhanden sind (vgl. dazu BSG-Großer Senat - SozR 3-2600 § 44 Nr. 8), liegt nicht vor.

Der Kläger verfügt auch über ein ausreichendes Ein- und Umstellungsvermögen für die Aus-übung einer Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Soweit die Gutachterin für die Gar-tenbau-Berufsgenossenschaft, Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. M P, in ihrem Gutachten vom 29. April 2007 ausführt, dass sich der Kläger aufgrund der zwanghaften und unsicheren Persönlichkeitszüge eine andere Tätigkeit als Landschaftsgärtner auf dem allgemei-nen Arbeitsmarkt nicht vorstellen könne, beruht dies auf der eigenen Schilderung des Klägers. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass sich bisherige Arbeitsversuche des Klägers aus-schließlich auf nicht leidensgerechte Tätigkeiten erstreckten, was auch die gerichtliche Sach-verständige Dr. med. C-M. B in ihrem Gutachten vom 10. März 2010 bestätigte. Sie hält das Umstellungsvermögen des Klägers zwar für eingeschränkt, nicht aber für aufgehoben. Beide psychiatrische Sachverständige gehen davon aus, dass sich bei Ausübung einer leidensgerech-ten Tätigkeit die psychische Verfassung, das Selbstwertgefühl und das Kontaktverhalten stabi-lisieren werden.

Auch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen (dazu BSG SozR 3-2600 § 43 Nr. 17), die zumindest die Bezeichnung einer Verweisungstätigkeit notwendig machen würde, ist nicht gegeben. Dies könnte allenfalls erwogen werden, wenn bezüglich mehrerer Leistungsmerkmale Einschränkungen vorlägen, die zwar für sich genommen noch nicht die Feststellung rechtfertigen, das berufliche Leistungsvermögen sei aufgehoben, in der Gesamt-schau aber geeignet sein könnten, eine solche Einschätzung zu begründen. Derartige Verhält-nisse bestehen nicht. Weder im Bereich der körperlichen noch im Bereich geistiger Einschrän-kungen sind Leistungsdefizite festzustellen, die nahe legen würden, dass kein am Arbeitsmarkt vertretbares Restleistungsvermögen vorhanden ist. Die oben bereits festgestellten körperlichen Leistungseinschränkungen gehen nicht über das Kriterium "nur noch körperlich leichte Arbei-ten" hinaus (vgl. dazu BSG vom 11. Mai 1999, Az.: B 13 RJ 71/97 R in: SozR 3-2600 § 43 Nr 21).

Soweit die Sachverständigen bei dem Kläger eine Einschränkung hinsichtlich der Benutzung eines PKW feststellten, ist die Wegefähigkeit gleichwohl nicht eingeschränkt. Der Arbeits-markt gilt zwar als verschlossen, wenn der Weg zur Arbeitsstelle nicht zurückgelegt werden kann, denn zur Erwerbsfähigkeit gehört auch das Vermögen, einen Arbeitsplatz aufsuchen zu können. Soweit tatsächlich keine Tätigkeit ausgeübt wird, kommt es nicht auf den konkreten Weg vom Wohnort zu einer Arbeitsstelle oder zur Haltestelle eines öffentlichen Verkehrsmit-tels, sondern darauf an, welche Wege üblich sind. Die Zumutbarkeit der Fußwege richtet sich nach allgemein medizinischen Kriterien. Sie ist zu verneinen, wenn beim Gehen auch unter Verwendung von Hilfsmitteln (z.B. Gehstützen) erhebliche Schmerzen auftreten, übermäßige körperliche Anstrengungen erforderlich sind oder die Gesundheit in besonderer Weise gefähr-det ist. Die Zumutbarkeitsgrenze kann auch durch die für die Wegstrecke erforderliche Zeit überschritten werden. Das ist der Fall, wenn für 500 Meter mehr als 20 Minuten benötigt wer-den. In der Regel ist die Wegefähigkeit im rentenversicherungsrechtlichen Sinne bei demjeni-gen nicht eingeschränkt, wer in der Lage ist, täglich viermal eine Wegstrecke von mehr als 500 Metern mit zumutbarem Zeitaufwand zu Fuß zurückzulegen und zweimal öffentliche Ver-kehrsmittel während der Hauptverkehrszeiten zu benutzen (Gürtner in: Kasseler Kommentar - SGB VI, 2010 - § 43 Rn 42 ff m.w.Nw.). Die Wegefähigkeit in diesem Sinne ist beim Kläger gegeben, was alle Sachverständigen, insbesondere die in der Berufungsinstanz gehörte Frau Dr. med. C-M. B, bestätigten. Damit kommt es für den Anspruch auf eine Rente wegen verminder-ter Erwerbsfähigkeit nicht darauf an, ob der Kläger einen PKW führen kann.

Zusammenfassend ist der Kläger in der Lage, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein und damit weder voll noch teilweise erwerbsgemindert.

Die Berufung war nach allem zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz – SGG – und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil Gründe nach § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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