Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Stendal (SAN)
Aktenzeichen
S 2 RJ 191/04
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 3 RJ 154/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Festsetzung der Vergütung
Die dem Antragsteller zu gewährende Vergütung wird auf 1.772,51 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Dem Hauptsacheverfahren lag ein Streit über die Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsminderung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (Gesetzliche Rentenversicherung - SGB VI) zu Grunde.
Im Rahmen der medizinischen Ermittlungen nach § 103 Sozialgerichtsgesetz (SGG) verpflichtete der Senat mit Beweisanordnungsbeschluss vom 3. Dezember 2008 den Facharzt für Neurologie/Psychiatrie und Psychotherapie Dr. S. (Antragsteller) als Sachverständigen, die Klägerin im Hinblick auf ihr Restleistungsvermögen zu begutachten. Auf die gerichtliche Anfrage vom 17. April 2009 beim Antragsteller, wann mit der Gutachtenübersendung zu rechnen sei, übersandte dieser am 15. Mai 2009 dem Senat sein schriftliches neurologisch-psychiatrisches Gutachten vom 13. Mai 2009. Auf Grund dieses Gutachtens bot die Beklagte schließlich im Vergleichswege an, der Klägerin eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung - bezogen auf einen Leistungsfallzeitpunkt vom 13. Februar 2009 - bis zum 31. August 2010 zu leisten.
Der Antragsteller übersandte dem Gericht eine Rechnung vom 13. Mai 2009 in Höhe von insgesamt 1.815,83 EUR. Die hierin abgerechneten 24 Arbeitsstunden zum Stundensatz von 60,00 EUR der Gutachtenkategorie M2 schlüsselte er wie folgt auf: Aktenstudium 4 Stunden Untersuchung, Exploration 2 Stunden Auswertung der Psychopathometrie 5 Stunden Ausarbeitung 6 Stunden Diktat und Korrektur 7 Stunden EKG und SPO2 rechnete er nach GOÄ Nr. 650 und 614 jeweils mit Faktor 1,5 (13,29 EUR und 13,11 EUR) ab. Er gab Porto- und Sekretariatsunkosten mit 10,00 EUR an und veranschlagte Sekretariatsgebühren für 65.691 Zeichen - mit 0,75 EUR je 1000 Zeichen - in Höhe von 49,50 EUR. Der Antragsteller summierte die vorgenannten Einzelbeträge zuzüglich einer Mehrwertsteuer von 19 % zu einer Gesamtsumme von 1.815,83 EUR auf.
Die Gebührenanweisungsstelle des Landessozialgerichts veranlasste daraufhin dem Antragsteller den Betrag von 1.448,35 EUR zu überweisen. Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (UdG) teilte dem Gutachter unter dem 4. Juni 2009 mit, die Vergütung könne nicht in beantragter Höhe erstattet werden, da der Zeitaufwand von 5 Stunden für die Auswertung der Psychopathometrie nach dem Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz (JVEG) nicht erstattet werden könne; im Übrigen sei die Auswertung der Psychopathometrie Bestandteil der Ausarbeitung des Gutachtens. Die GOÄ-Ziffern 650 und 614 seien nach § 10 JVEG mit dem Faktor 1,0 zu berechnen, so dass sich die zu erstattenden Beträge auf 8,86 EUR und 8,74 EUR beliefen. Es ergebe sich daher der zur Anweisung gekommene Gesamtbetrag von 1.448,35 EUR.
Am 14. Juli 2009 hat sich der Antragsteller mit Schreiben vom 9. Juli 2009 gegen die durch die UdG vorgenommene Kürzung um 5 Stunden gewandt und dargelegt, dass für die Begutachtung umfangreiche testpsychologische und psychopathometrische Untersuchungen erforderlich gewesen seien; diese seien auch durchgeführt und ausgewertet worden. Soweit diese nicht gesondert abgerechnet werden könnten, hätten diese auch den 6 Arbeitsstunden für die Ausarbeitung zugeschlagen werden können, was jedoch nicht erfolgt sei. Es werde daher im Wege der richterlichen Entscheidung nach § 4 JVEG die Nachzahlung von 5 Arbeitsstunden der Gutachtenkategorie M2 nebst Mehrwertsteuer beantragt. Zur Überprüfung der Abrechnung sei die Psychpathometrie gesondert aufgeführt worden. Die testpsychologischen und psychopathologischen Untersuchungen könnten auch gesondert über Zusatzgutachten von Diplompsychologen eingeholt werden. Mit der Kürzung der GOÄ-Ziffern auf den Faktor 1,0 sei er einverstanden; es habe sich insoweit um einen Abrechnungsfehler seinerseits gehandelt.
Die UdG hat mit Verfügung vom 14. April 2010 den Einwendungen des Sachverständigen unter Verweis auf den amtlichen Vordruck zur Vergütung von Sachverständigen nicht abgeholfen. Der Vordruck beinhalte zur Erfassung der Zeitvergütung: Dauer des Aktenstudiums, der Untersuchung, der Ausarbeitung und des Diktats sowie der Korrektur des Gutachtens und ausnahmsweise des Literaturstudiums. Auswertungen von testpsychologischen und psychopathologischen Untersuchungen könnten nur als "besondere Verrichtung" nach § 10 JVEG entschädigt werden. Bis auf die beiden bereits berücksichtigten GOÄ-Ziffern seien die geltend gemachten Untersuchungen weder in Anlage 2, noch im Abschnitt O des Gebührenverzeichnisses zu § 10 JVEG genannt. Es verbleibe daher bei der Leistungsvergütung nach § 9 JVEG mit der Folge, dass die Auswertung der testpsychologischen und psychopathologischen Untersuchungen bereits durch die Zeitvergütung für die Untersuchung und Ausarbeitung des Gutachtens umfasst worden sei; andernfalls müsste auch ein geänderter amtlicher Abrechnungsvordruck existieren.
Die Bezirksrevisorin hat darauf mit Schriftsatz vom 28. April 2010 mitgeteilt, sie halte den Festsetzungsantrag des Antragstellers über den bereits angewiesenen Betrag von 1.448.35 EUR hinaus für nicht begründet und nehme Bezug auf die Nichtabhilfeentscheidung der UdG. Die testpsychologischen und psychopathometrischen Untersuchungen seien durch den Zeitaufwand für die Untersuchung abgegolten worden; im Übrigen bemesse sich der Zeitaufwand für die Ausarbeitung des Gutachtens an dessen Umfang der Zusammenfassung und Beantwortung der Beweisfragen. Der bewilligte Zeitaufwand von 6 Stunden für die Ausarbeitung sei vorliegend nicht zu beanstanden.
Mit Schreiben vom 25. Mai 2010 hat der Antragsteller darauf verwiesen, es sei ihm in dem von der UdG berücksichtigten Zeitrahmen nicht möglich, die vorgenommenen Zusatzuntersuchungen durchzuführen. Er gibt zu bedenken, dass bei gesonderter Beauftragung in Form eines Zusatzgutachtens die Kosten noch wesentlich höher wären. Im Übrigen wolle er unter diesen Gegebenheiten keine weiteren Begutachtungen und schicke die noch offenstehenden Gutachten dem Gericht zurück.
II.
Die Festsetzung der Vergütung des Sachverständigen war vom Senat des Landessozialgerichts nach § 4 Abs. 1 JVEG vorzunehmen, nachdem der Antragsteller als Berechtigter dies am 14. Juli 2009 ausdrücklich beantragt hat. Der Senat hat nach § 4 Abs. 7 Satz 1 JVEG durch den Einzelrichter entscheiden können. Eine Übertragung auf den Senat ist nach § 4 Abs. 7 Satz 2 JVEG nicht geboten gewesen, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und nicht von grundsätzlicher Bedeutung ist.
Die Vergütung des Antragstellers war auf insgesamt 1.772,51 festzusetzen.
Der Antrag auf Festsetzung der Vergütung ist zulässig und der Vergütungsanspruch hinreichend nachvollziehbar und plausibel dargelegt. Voraussetzung einer gerichtlichen Festsetzung nach § 4 Abs. 1 JVEG ist ein Festsetzungsantrag - ein bloßes Vergütungsbegehren entsprechend § 2 Abs. 1 JVEG ist gerade nicht ausreichend.
Der Antragsteller kann nach § 2 Abs. 1 JVEG seinen Vergütungsanspruch gegenüber der UdG geltend machen, ohne dass es hierzu eines formellen Antrages im engeren Sinne bedarf; soweit amtliche Formularvordrucke bestehen, ist deren Benutzung nicht zwingend erforderlich. Es genügt das eindeutige Verlangen einer Vergütung dem Grunde nach. Der Berechtigte braucht seinen Anspruch grundsätzlich nicht zu beziffern, als Sachverständiger muss er aber seinen Gesamtanspruch nachvollziehbar aufschlüsseln (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 40. Aufl., JVEG, § 2 Rn. 4, 15). Demzufolge kann der Sachverständige hier auch nicht gezwungen werden, einen Formularvordruck zu verwenden oder seinen Vergütungsanspruch in einer Formularvordruck entsprechenden Weise zu formulieren oder zu strukturieren, wenngleich dies für die geschäftsmäßige Bearbeitung wesentlich praktikabler wäre und zu weniger Nachfragen seitens der bearbeitenden UdG führen würde, die die Vergütung im Verwaltungsverfahren durch Justizverwaltungsakt festsetzt. Die richterliche Festsetzung nach § 4 JVEG ist unabhängig von einer gegebenenfalls vorherigen Vergütungsentscheidung (Justizverwaltungsakt) durch die UdG und stellt daher insoweit auch kein Rechtsbehelf dar (Hartmann, a.a.O., § 4 Rn. 10).
Die testpsychologischen beziehungsweise psychopathometrischen Untersuchungen sind hier vom gerichtlichen Gutachtenauftrag grundsätzlich abgedeckt. Die Vergütung im Sinne von § 8 Abs. 2 Satz 1 JVEG für die testpsychologischen und psychopathometrischen Untersuchungen könnte nur dann versagt werden, wenn der Sachverständige seine Aufgabe hierdurch grob fahrlässig überschritten hätte (Hartmann, a.a.O., § 8 Rn. 39). Dies ist vorliegend nicht der Fall, da sich die Beweisanordnung (aus guten Gründen) nicht dazu verhält, durch welche Methodik die Befunde zu erheben sind.
Die vom Antragsteller bei der Klägerin durchgeführten testpsychologischen bzw. psychopathometrischen Untersuchungen stellen auch kein "Zusatzgutachten" dar, sondern sind Bestandteil des Hauptgutachtens. Zusatzgutachten werden nicht durch den vom Gericht benannten Hauptgutachter gefertigt, sondern stammen von dritter Seite. Generell handelt es sich um kein echtes "Zusatzgutachten", wenn der Gutachter des Hauptgutachtens lediglich bestimmte Befunde, deren Erhebung eine spezielle Sachkunde erfordert, von einem anderen (Arzt) erheben lässt. Von einem Zusatzgutachten ist aber dann auszugehen, wenn eine Auseinandersetzung mit Fremdbefunden erfolgt und möglicherweise noch zu den Beweisfragen Stellung genommen wird (Hdb SGG, 5. Aufl. - [Udsching] III Rn. 63). Die Einholung eines Zusatzgutachtens durch den Hauptgutachter ohne Zustimmung des Gerichts wäre unzulässig und eine nachträgliche Genehmigung damit unwirksam (Bundessozialgericht (BSG), Urt. v. 25. Oktober 1989 - 2 RU 38/89, juris).
Grundlage der psychiatrischen Diagnostik ist die psychopathologische Befunderhebung. Die Diagnose einer hirnorganischen Störung bedarf im Regelfall einer Bestätigung körperlicher oder technischer Untersuchungsbefunde. Allein aus den Angaben des Probanden und den klinisch erhobenen Befunden ist es schwierig, das Ausmaß der Störungen genau einzuschätzen. Daher bedarf es Zusatzuntersuchungen, wie etwa der Testpsychologie, die eine große Anzahl von Verfahren entwickelt hat, um organisch bedingte Leistungsdefizite quantitativ genau zu erfassen (vgl. Fritze/ Mehrhoff, Die ärztliche Begutachtung, 7. Aufl., S. 686 f.). Hierbei ist die Auswahl der testpsychologischen bzw. apparativen Untersuchungen naturgemäß abhängig von der jeweiligen Problemsituation. Die sozialmedizinische Leistungsbeurteilung kann sich nicht ausschließlich oder primär auf testpsychologische Befunde stützen; aber durch den zielgerichteten Einsatz testdiagnostischer Verfahren kann die Aussagekraft der sozialmedizinischen Beurteilung im Einzelfall deutlich erhöht werden (vgl. Leitlinie für die sozialmed. Beurteilung psychischer Störungen - DRV-Schriften Bd. 68, Hrsg.: DRV Bund, Dez. 2006, S. 22 f.). Die testpsychologischen beziehungsweise psychopathometrischen Untersuchungen sind daher eine weitere Methoden, um zu einer möglichst vollständigen Befunderhebung zu gelangen.
Der Sachverständige kann keine Vergütung nach der für seinen Berufsstand allgemein geltenden Gebührenordnung (z.B. GOÄ) beanspruchen, wenn er ein gerichtliches Gutachten erstattet, § 1 Abs. 1 JVEG. Die Vergütung richtet sich ausschließlich nach dem JVEG, an dessen gesetzlichen Rahmen das Gericht selbst bei ganz besonderer Leistung gebunden ist. Die Erstattung von Gutachten deutschen Gerichten gegenüber stellt eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung dar (§§ 407 ZPO, 75 StPO). Der Staat ist auf die Mitwirkung der Bürger bei der Wahrheitsfindung angewiesen; es handelt sich daher um eine staatbürgerliche Ehrenpflicht, die sonstigen bürgerlichen Pflichten und Rechten vorgeht und grundsätzlichen Vorrang vor jeder Berufspflicht genießt (Hartmann, a.a.O., Grundz. Rn. 3). Wegen dieser Ehrenpflicht ist ein Vergütungsanspruch wegen der Mühe keineswegs selbstverständlich und er besteht nur insoweit, als ihn das JVEG ausdrücklich zubilligt (Hartmann, a.a.O. Grundz. Rn. 6).
Nach § 8 Abs. 1 Ziffer 1 JVEG erhalten Sachverständige als Vergütung ein Honorar für ihre Leistungen entsprechend der §§ 9 - 11 JVEG. Handelt es sich um ein Zeithonorar nach § 9 Abs. 1 JVEG wie vorliegend, hat der Sachverständige in der Kostenrechnung anzugeben, welcher Zeitaufwand für die Erbringung der Leistung notwendig war. Das JVEG sieht im Grundsatz keine Begrenzung der für eine Leistung benötigten Zeit vor. Eine Vergütung wird allerdings nur für die "erforderliche" und nicht für die tatsächlich benötigte Zeit gewährt (Bundesgerichtshof (BGH) MDR 2004, 776). Erforderlich ist in diesem Zusammenhang der Zeitaufwand, den ein Sachverständiger mit durchschnittlichen Fähigkeiten und Kenntnissen benötigt, um die Beweisfragen vollständig und sachgemäß zu beantworten (Oberlandesgericht (OLG) Hamm JurBüro 2000, 662); auf die individuelle Arbeitsweise des Sachverständigen kann nicht abgestellt werden. Grundsätzlich gilt, dass den Angaben des Sachverständigen hinsichtlich des benötigten Zeitaufwands Glauben zu schenken ist. Dennoch haben Rechtsprechung und Literatur hierzu gewisse Richtlinien etwa zu folgenden genannten Einzeltätigkeiten geschaffen: Der für das Aktenstudium benötigte Zeitaufwand kann in der Regel mit 100 Seiten je Stunde veranschlagt werden, wobei bei verdichtetem medizinischen Inhalt in Form von Befundberichten und Gutachten im Einzelfall auch ein höherer Zeitaufwand gerechtfertigt sein kann (Schneider, JVEG § 8 Rn. 20). Für die Anamnese und Untersuchung kann ein gesonderter Zeitaufwand angesetzt werden (Schneider a.a.O. Rn. 22). Der Erstellungsaufwand des Gutachtens ist abhängig von dessen Schwierigkeit und Umfang. Die Seitenzahl kann daher insoweit nur ein Indiz sein. Soweit es um die reine Beurteilung und Beantwortung von Beweisfragen geht, wird teils von einer Seite je Stunde (BayLSG, Az. L 14 Ar 37/87 Ko) bis zu drei Seiten je Stunde (Thür.LSG, MedSach 1996,134) ausgegangen. Das Diktat und die Durchsicht des erstatteten Gutachtens dürften in der Regel einen geringeren Zeitaufwand erfordern als die Ausarbeitung des Gutachtens selbst. Je nach Einzelfall wird in der Rechtsprechung für ein 40-seitiges Gutachten ein Zeitaufwand von 4 Stunden (Landgericht (LG) München, Rpfl. 93, 305) bis zu 10 Stunden (Bayrisches Landessozialgericht (BayLSG), Az. L 14 AR 37/87 Ko.) veranschlagt. Das Literaturstudium ist nur ausnahmsweise zu vergüten, wenn außergewöhnliche Fragen behandelt werden, für die auch ein erfahrener Sachverständiger Fachliteratur konsultieren muss, oder wenn Fachliteratur notwendigerweise in erheblichem Umfang herangezogen worden ist.
Nach Anhörung der Beteiligten war die Entschädigung vor diesem Hintergrund auf insgesamt 1.772,51 EUR einschließlich Umsatzsteuer festzusetzen.
Das Gericht ist von folgenden Einzelerwägungen ausgegangen: Medizinische und psychologische Gutachten richten sich ausschließlich nach den Honorargruppen M1 - M3 gemäß § 9 Abs. 1 JVEG. Korrekterweise beansprucht der Antragsteller in seinem Vergütungsantrag die Honorargruppe M2 (Stundensatz von 60,00 EUR), die regelmäßig für medizinische Gutachten aus dem Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung mit durchschnittlicher Anforderung zu Grunde gelegt wird. Auch der Gesamtzahl der geltend gemachten 24 Arbeitsstunden kann noch gefolgt werden, auch wenn die Aufteilung der Arbeitszeit nicht entsprechend den Formularvordrucken erfolgte. Grundsätzlich kann der Antragsteller nicht gezwungen werden, die erforderliche Arbeitszeit entsprechend den Arbeitsabschnitten "Aktenstudium, Untersuchung, Ausarbeitung, Diktat und Durchsicht" zu gliedern, auch wenn dadurch die Nachvollziehbarkeit des Vergütungsantrages erheblich erhöht würde. Die für das Aktenstudium angesetzte Zeit von 4 Stunden ist angesichts der Gerichtsakten von 263 Seiten zum Zeitpunkt der Begutachtung und der Verwaltungsakten noch akzeptabel. Der Aufwand von 2 Stunden für Untersuchung und Exploration ist beanstandungsfrei. Soweit der Antragsteller 6 Stunden für die Ausarbeitung und daneben 5 Stunden für die Untersuchung und Auswertung der Psychopathometrie ansetzt, handelt es sich um eine Darstellung außerhalb der hiesigen Gepflogenheiten, ohne dass dies dem Antragsteller zum Nachteil gereichen darf. Die Durchführung und Auswertung der Psychopathometrie ist Teil der Untersuchung und Ausarbeitung für das in Auftrag gegebene Gutachten und daher grundsätzlich zu vergüten. Die gesonderte Ausweisung als Rechnungsposten war weder notwendig noch hilfreich, sondern führte zur irrtümlichen Annahme, es handele sich über das Stundenhonorar nach § 9 JVEG hinaus um eine so genannte "besondere Leistung" nach § 10 JVEG, was jedoch nicht der Fall ist. Die gesondert ausgewiesenen 5 Arbeitsstunden für die Psychopathometrie sind neben der klinischen Befunderhebung und der Patientenbefragung lediglich eine weitere Methode für die psychiatrische Diagnostik und als solche vom Gutachtenauftrag umfasst. Die Ausarbeitung bzw. Erstellung des Gutachtens erforderte somit insgesamt einen Zeitumfang von insgesamt 11 Stunden (6 und 5 Stunden), was angesichts des umfänglichen und detaillierten schriftlichen Sachverständigengutachtens noch angemessen erscheint. Zu berücksichtigen war hierbei der Gesamtumfang des Gutachtens von 41 Seiten (augenscheinlich nach DIN 1422), wovon allein 14 Seiten Bewertungen, Beurteilungen und die Beantwortung von Beweisfragen zum Gegenstand haben. Auch der Zeitaufwand von 7 Stunden für Diktat und Korrektur liegt noch im Rahmen des Vertretbaren. Mithin war ein Stundenhonorar für 24 Stunden zu je 60,00 EUR, also 1440,00 EUR angefallen. Die geltend gemachten Gebühren nach GOÄ Nr. 650 und 614 sind nicht zu vergüten, da es hierfür im JVEG keine gesetzliche Grundlage gibt. Die vorgenannten GOÄ-Ziffern sind in § 10 JVEG und den hierzu erlassenen Anlagen nicht aufgeführt und daher nicht zu vergüten. § 10 JVEG ist gegenüber § 9 JVEG eine Spezialvorschrift und für die dort erfassten Leistungen eng auf die typischen Fälle auszulegen (Schneider, a.a.O., § 10 Rn. 1). Gutachtliche Leistungen, die weder in Anlage 2 noch in Abschnitt O des Gebührenverzeichnisses zur GOÄ aufgeführt sind, können ausschließlich nach § 9 JVEG honoriert werden. Somit verbleibt es bei dem insoweit festgesetzten Stundenhonorar. Der als "Sekretariatsgebühren" geltend gemachte Betrag von 49,50 EUR war nach § 12 Abs. 1 Ziffer 3 JVEG als "besondere Aufwendung" zu vergüten. Die vom Antragsteller angegebene Anschlagszahl von 65.691 Zeichen ist plausibel und ergibt bei Aufrundung von 0,75 EUR für je 1000 Anschläge den beantragten Betrag. Die pauschal geltend gemachten Porto- und Sekretariatskosten von 10,00 EUR können nicht vergütet werden, da das JVEG für pauschalierte Porto- oder Sekretariatsunkosten keine Rechtsgrundlage bietet. Es sind lediglich die tatsächlich entstandenen Portokosten erstattungsfähig, sofern diese genau angegeben sind. Hier ist nicht ersichtlich, aus welchen Porti sich der Pauschalbetrag von 10,00 EUR im Einzelnen zusammensetzt. Nicht nachvollziehbar ist, welche "Sekretariatsunkosten", die nicht schon über die in § 12 Abs. 1 Ziffer 3 JVEG vergütet werden, zusätzlich abgerechnet werden sollen. Grundsätzlich sind mit dem Honorar nach §§ 9 - 11 JVEG die allgemeinen Geschäfts-, Praxis- und Bürokosten (Gemeinkosten) des Sachverständigen sowie der mit der Erstattung des Gutachtens üblicherweise verbundene Aufwand abgegolten, § 12 Abs. 1 Satz 1 JVEG. Der Antragsteller kann die von ihm zu entrichtende Umsatzsteuer nach § 12 Abs. 1 Satz 2 Ziffer 4 JVEG als Aufwendung geltend machen. Da er die Umsatzsteuer beansprucht, ist auch davon auszugehen, dass er keine Befreiung nach § 19 Abs. 1 UStG genießt. Auf den Vergütungsbetrag von 1.489.50 EUR sind ihm 19% und damit ein Betrag von 283.01 EUR als Umsatzsteuer zu erstatten.
Ausgehend von einem Bruttovergütungsbetrag von insgesamt 1.772,51 EUR hat der Antragsteller noch einen ausstehenden Zahlungsanspruch von 324,16 EUR, nachdem ihm bereits ein Betrag von 1.448,35 EUR angewiesen wurde.
Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet, § 4 Abs. 8 JVEG. Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar, § 177 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Gründe:
I.
Dem Hauptsacheverfahren lag ein Streit über die Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsminderung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (Gesetzliche Rentenversicherung - SGB VI) zu Grunde.
Im Rahmen der medizinischen Ermittlungen nach § 103 Sozialgerichtsgesetz (SGG) verpflichtete der Senat mit Beweisanordnungsbeschluss vom 3. Dezember 2008 den Facharzt für Neurologie/Psychiatrie und Psychotherapie Dr. S. (Antragsteller) als Sachverständigen, die Klägerin im Hinblick auf ihr Restleistungsvermögen zu begutachten. Auf die gerichtliche Anfrage vom 17. April 2009 beim Antragsteller, wann mit der Gutachtenübersendung zu rechnen sei, übersandte dieser am 15. Mai 2009 dem Senat sein schriftliches neurologisch-psychiatrisches Gutachten vom 13. Mai 2009. Auf Grund dieses Gutachtens bot die Beklagte schließlich im Vergleichswege an, der Klägerin eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung - bezogen auf einen Leistungsfallzeitpunkt vom 13. Februar 2009 - bis zum 31. August 2010 zu leisten.
Der Antragsteller übersandte dem Gericht eine Rechnung vom 13. Mai 2009 in Höhe von insgesamt 1.815,83 EUR. Die hierin abgerechneten 24 Arbeitsstunden zum Stundensatz von 60,00 EUR der Gutachtenkategorie M2 schlüsselte er wie folgt auf: Aktenstudium 4 Stunden Untersuchung, Exploration 2 Stunden Auswertung der Psychopathometrie 5 Stunden Ausarbeitung 6 Stunden Diktat und Korrektur 7 Stunden EKG und SPO2 rechnete er nach GOÄ Nr. 650 und 614 jeweils mit Faktor 1,5 (13,29 EUR und 13,11 EUR) ab. Er gab Porto- und Sekretariatsunkosten mit 10,00 EUR an und veranschlagte Sekretariatsgebühren für 65.691 Zeichen - mit 0,75 EUR je 1000 Zeichen - in Höhe von 49,50 EUR. Der Antragsteller summierte die vorgenannten Einzelbeträge zuzüglich einer Mehrwertsteuer von 19 % zu einer Gesamtsumme von 1.815,83 EUR auf.
Die Gebührenanweisungsstelle des Landessozialgerichts veranlasste daraufhin dem Antragsteller den Betrag von 1.448,35 EUR zu überweisen. Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (UdG) teilte dem Gutachter unter dem 4. Juni 2009 mit, die Vergütung könne nicht in beantragter Höhe erstattet werden, da der Zeitaufwand von 5 Stunden für die Auswertung der Psychopathometrie nach dem Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz (JVEG) nicht erstattet werden könne; im Übrigen sei die Auswertung der Psychopathometrie Bestandteil der Ausarbeitung des Gutachtens. Die GOÄ-Ziffern 650 und 614 seien nach § 10 JVEG mit dem Faktor 1,0 zu berechnen, so dass sich die zu erstattenden Beträge auf 8,86 EUR und 8,74 EUR beliefen. Es ergebe sich daher der zur Anweisung gekommene Gesamtbetrag von 1.448,35 EUR.
Am 14. Juli 2009 hat sich der Antragsteller mit Schreiben vom 9. Juli 2009 gegen die durch die UdG vorgenommene Kürzung um 5 Stunden gewandt und dargelegt, dass für die Begutachtung umfangreiche testpsychologische und psychopathometrische Untersuchungen erforderlich gewesen seien; diese seien auch durchgeführt und ausgewertet worden. Soweit diese nicht gesondert abgerechnet werden könnten, hätten diese auch den 6 Arbeitsstunden für die Ausarbeitung zugeschlagen werden können, was jedoch nicht erfolgt sei. Es werde daher im Wege der richterlichen Entscheidung nach § 4 JVEG die Nachzahlung von 5 Arbeitsstunden der Gutachtenkategorie M2 nebst Mehrwertsteuer beantragt. Zur Überprüfung der Abrechnung sei die Psychpathometrie gesondert aufgeführt worden. Die testpsychologischen und psychopathologischen Untersuchungen könnten auch gesondert über Zusatzgutachten von Diplompsychologen eingeholt werden. Mit der Kürzung der GOÄ-Ziffern auf den Faktor 1,0 sei er einverstanden; es habe sich insoweit um einen Abrechnungsfehler seinerseits gehandelt.
Die UdG hat mit Verfügung vom 14. April 2010 den Einwendungen des Sachverständigen unter Verweis auf den amtlichen Vordruck zur Vergütung von Sachverständigen nicht abgeholfen. Der Vordruck beinhalte zur Erfassung der Zeitvergütung: Dauer des Aktenstudiums, der Untersuchung, der Ausarbeitung und des Diktats sowie der Korrektur des Gutachtens und ausnahmsweise des Literaturstudiums. Auswertungen von testpsychologischen und psychopathologischen Untersuchungen könnten nur als "besondere Verrichtung" nach § 10 JVEG entschädigt werden. Bis auf die beiden bereits berücksichtigten GOÄ-Ziffern seien die geltend gemachten Untersuchungen weder in Anlage 2, noch im Abschnitt O des Gebührenverzeichnisses zu § 10 JVEG genannt. Es verbleibe daher bei der Leistungsvergütung nach § 9 JVEG mit der Folge, dass die Auswertung der testpsychologischen und psychopathologischen Untersuchungen bereits durch die Zeitvergütung für die Untersuchung und Ausarbeitung des Gutachtens umfasst worden sei; andernfalls müsste auch ein geänderter amtlicher Abrechnungsvordruck existieren.
Die Bezirksrevisorin hat darauf mit Schriftsatz vom 28. April 2010 mitgeteilt, sie halte den Festsetzungsantrag des Antragstellers über den bereits angewiesenen Betrag von 1.448.35 EUR hinaus für nicht begründet und nehme Bezug auf die Nichtabhilfeentscheidung der UdG. Die testpsychologischen und psychopathometrischen Untersuchungen seien durch den Zeitaufwand für die Untersuchung abgegolten worden; im Übrigen bemesse sich der Zeitaufwand für die Ausarbeitung des Gutachtens an dessen Umfang der Zusammenfassung und Beantwortung der Beweisfragen. Der bewilligte Zeitaufwand von 6 Stunden für die Ausarbeitung sei vorliegend nicht zu beanstanden.
Mit Schreiben vom 25. Mai 2010 hat der Antragsteller darauf verwiesen, es sei ihm in dem von der UdG berücksichtigten Zeitrahmen nicht möglich, die vorgenommenen Zusatzuntersuchungen durchzuführen. Er gibt zu bedenken, dass bei gesonderter Beauftragung in Form eines Zusatzgutachtens die Kosten noch wesentlich höher wären. Im Übrigen wolle er unter diesen Gegebenheiten keine weiteren Begutachtungen und schicke die noch offenstehenden Gutachten dem Gericht zurück.
II.
Die Festsetzung der Vergütung des Sachverständigen war vom Senat des Landessozialgerichts nach § 4 Abs. 1 JVEG vorzunehmen, nachdem der Antragsteller als Berechtigter dies am 14. Juli 2009 ausdrücklich beantragt hat. Der Senat hat nach § 4 Abs. 7 Satz 1 JVEG durch den Einzelrichter entscheiden können. Eine Übertragung auf den Senat ist nach § 4 Abs. 7 Satz 2 JVEG nicht geboten gewesen, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und nicht von grundsätzlicher Bedeutung ist.
Die Vergütung des Antragstellers war auf insgesamt 1.772,51 festzusetzen.
Der Antrag auf Festsetzung der Vergütung ist zulässig und der Vergütungsanspruch hinreichend nachvollziehbar und plausibel dargelegt. Voraussetzung einer gerichtlichen Festsetzung nach § 4 Abs. 1 JVEG ist ein Festsetzungsantrag - ein bloßes Vergütungsbegehren entsprechend § 2 Abs. 1 JVEG ist gerade nicht ausreichend.
Der Antragsteller kann nach § 2 Abs. 1 JVEG seinen Vergütungsanspruch gegenüber der UdG geltend machen, ohne dass es hierzu eines formellen Antrages im engeren Sinne bedarf; soweit amtliche Formularvordrucke bestehen, ist deren Benutzung nicht zwingend erforderlich. Es genügt das eindeutige Verlangen einer Vergütung dem Grunde nach. Der Berechtigte braucht seinen Anspruch grundsätzlich nicht zu beziffern, als Sachverständiger muss er aber seinen Gesamtanspruch nachvollziehbar aufschlüsseln (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 40. Aufl., JVEG, § 2 Rn. 4, 15). Demzufolge kann der Sachverständige hier auch nicht gezwungen werden, einen Formularvordruck zu verwenden oder seinen Vergütungsanspruch in einer Formularvordruck entsprechenden Weise zu formulieren oder zu strukturieren, wenngleich dies für die geschäftsmäßige Bearbeitung wesentlich praktikabler wäre und zu weniger Nachfragen seitens der bearbeitenden UdG führen würde, die die Vergütung im Verwaltungsverfahren durch Justizverwaltungsakt festsetzt. Die richterliche Festsetzung nach § 4 JVEG ist unabhängig von einer gegebenenfalls vorherigen Vergütungsentscheidung (Justizverwaltungsakt) durch die UdG und stellt daher insoweit auch kein Rechtsbehelf dar (Hartmann, a.a.O., § 4 Rn. 10).
Die testpsychologischen beziehungsweise psychopathometrischen Untersuchungen sind hier vom gerichtlichen Gutachtenauftrag grundsätzlich abgedeckt. Die Vergütung im Sinne von § 8 Abs. 2 Satz 1 JVEG für die testpsychologischen und psychopathometrischen Untersuchungen könnte nur dann versagt werden, wenn der Sachverständige seine Aufgabe hierdurch grob fahrlässig überschritten hätte (Hartmann, a.a.O., § 8 Rn. 39). Dies ist vorliegend nicht der Fall, da sich die Beweisanordnung (aus guten Gründen) nicht dazu verhält, durch welche Methodik die Befunde zu erheben sind.
Die vom Antragsteller bei der Klägerin durchgeführten testpsychologischen bzw. psychopathometrischen Untersuchungen stellen auch kein "Zusatzgutachten" dar, sondern sind Bestandteil des Hauptgutachtens. Zusatzgutachten werden nicht durch den vom Gericht benannten Hauptgutachter gefertigt, sondern stammen von dritter Seite. Generell handelt es sich um kein echtes "Zusatzgutachten", wenn der Gutachter des Hauptgutachtens lediglich bestimmte Befunde, deren Erhebung eine spezielle Sachkunde erfordert, von einem anderen (Arzt) erheben lässt. Von einem Zusatzgutachten ist aber dann auszugehen, wenn eine Auseinandersetzung mit Fremdbefunden erfolgt und möglicherweise noch zu den Beweisfragen Stellung genommen wird (Hdb SGG, 5. Aufl. - [Udsching] III Rn. 63). Die Einholung eines Zusatzgutachtens durch den Hauptgutachter ohne Zustimmung des Gerichts wäre unzulässig und eine nachträgliche Genehmigung damit unwirksam (Bundessozialgericht (BSG), Urt. v. 25. Oktober 1989 - 2 RU 38/89, juris).
Grundlage der psychiatrischen Diagnostik ist die psychopathologische Befunderhebung. Die Diagnose einer hirnorganischen Störung bedarf im Regelfall einer Bestätigung körperlicher oder technischer Untersuchungsbefunde. Allein aus den Angaben des Probanden und den klinisch erhobenen Befunden ist es schwierig, das Ausmaß der Störungen genau einzuschätzen. Daher bedarf es Zusatzuntersuchungen, wie etwa der Testpsychologie, die eine große Anzahl von Verfahren entwickelt hat, um organisch bedingte Leistungsdefizite quantitativ genau zu erfassen (vgl. Fritze/ Mehrhoff, Die ärztliche Begutachtung, 7. Aufl., S. 686 f.). Hierbei ist die Auswahl der testpsychologischen bzw. apparativen Untersuchungen naturgemäß abhängig von der jeweiligen Problemsituation. Die sozialmedizinische Leistungsbeurteilung kann sich nicht ausschließlich oder primär auf testpsychologische Befunde stützen; aber durch den zielgerichteten Einsatz testdiagnostischer Verfahren kann die Aussagekraft der sozialmedizinischen Beurteilung im Einzelfall deutlich erhöht werden (vgl. Leitlinie für die sozialmed. Beurteilung psychischer Störungen - DRV-Schriften Bd. 68, Hrsg.: DRV Bund, Dez. 2006, S. 22 f.). Die testpsychologischen beziehungsweise psychopathometrischen Untersuchungen sind daher eine weitere Methoden, um zu einer möglichst vollständigen Befunderhebung zu gelangen.
Der Sachverständige kann keine Vergütung nach der für seinen Berufsstand allgemein geltenden Gebührenordnung (z.B. GOÄ) beanspruchen, wenn er ein gerichtliches Gutachten erstattet, § 1 Abs. 1 JVEG. Die Vergütung richtet sich ausschließlich nach dem JVEG, an dessen gesetzlichen Rahmen das Gericht selbst bei ganz besonderer Leistung gebunden ist. Die Erstattung von Gutachten deutschen Gerichten gegenüber stellt eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung dar (§§ 407 ZPO, 75 StPO). Der Staat ist auf die Mitwirkung der Bürger bei der Wahrheitsfindung angewiesen; es handelt sich daher um eine staatbürgerliche Ehrenpflicht, die sonstigen bürgerlichen Pflichten und Rechten vorgeht und grundsätzlichen Vorrang vor jeder Berufspflicht genießt (Hartmann, a.a.O., Grundz. Rn. 3). Wegen dieser Ehrenpflicht ist ein Vergütungsanspruch wegen der Mühe keineswegs selbstverständlich und er besteht nur insoweit, als ihn das JVEG ausdrücklich zubilligt (Hartmann, a.a.O. Grundz. Rn. 6).
Nach § 8 Abs. 1 Ziffer 1 JVEG erhalten Sachverständige als Vergütung ein Honorar für ihre Leistungen entsprechend der §§ 9 - 11 JVEG. Handelt es sich um ein Zeithonorar nach § 9 Abs. 1 JVEG wie vorliegend, hat der Sachverständige in der Kostenrechnung anzugeben, welcher Zeitaufwand für die Erbringung der Leistung notwendig war. Das JVEG sieht im Grundsatz keine Begrenzung der für eine Leistung benötigten Zeit vor. Eine Vergütung wird allerdings nur für die "erforderliche" und nicht für die tatsächlich benötigte Zeit gewährt (Bundesgerichtshof (BGH) MDR 2004, 776). Erforderlich ist in diesem Zusammenhang der Zeitaufwand, den ein Sachverständiger mit durchschnittlichen Fähigkeiten und Kenntnissen benötigt, um die Beweisfragen vollständig und sachgemäß zu beantworten (Oberlandesgericht (OLG) Hamm JurBüro 2000, 662); auf die individuelle Arbeitsweise des Sachverständigen kann nicht abgestellt werden. Grundsätzlich gilt, dass den Angaben des Sachverständigen hinsichtlich des benötigten Zeitaufwands Glauben zu schenken ist. Dennoch haben Rechtsprechung und Literatur hierzu gewisse Richtlinien etwa zu folgenden genannten Einzeltätigkeiten geschaffen: Der für das Aktenstudium benötigte Zeitaufwand kann in der Regel mit 100 Seiten je Stunde veranschlagt werden, wobei bei verdichtetem medizinischen Inhalt in Form von Befundberichten und Gutachten im Einzelfall auch ein höherer Zeitaufwand gerechtfertigt sein kann (Schneider, JVEG § 8 Rn. 20). Für die Anamnese und Untersuchung kann ein gesonderter Zeitaufwand angesetzt werden (Schneider a.a.O. Rn. 22). Der Erstellungsaufwand des Gutachtens ist abhängig von dessen Schwierigkeit und Umfang. Die Seitenzahl kann daher insoweit nur ein Indiz sein. Soweit es um die reine Beurteilung und Beantwortung von Beweisfragen geht, wird teils von einer Seite je Stunde (BayLSG, Az. L 14 Ar 37/87 Ko) bis zu drei Seiten je Stunde (Thür.LSG, MedSach 1996,134) ausgegangen. Das Diktat und die Durchsicht des erstatteten Gutachtens dürften in der Regel einen geringeren Zeitaufwand erfordern als die Ausarbeitung des Gutachtens selbst. Je nach Einzelfall wird in der Rechtsprechung für ein 40-seitiges Gutachten ein Zeitaufwand von 4 Stunden (Landgericht (LG) München, Rpfl. 93, 305) bis zu 10 Stunden (Bayrisches Landessozialgericht (BayLSG), Az. L 14 AR 37/87 Ko.) veranschlagt. Das Literaturstudium ist nur ausnahmsweise zu vergüten, wenn außergewöhnliche Fragen behandelt werden, für die auch ein erfahrener Sachverständiger Fachliteratur konsultieren muss, oder wenn Fachliteratur notwendigerweise in erheblichem Umfang herangezogen worden ist.
Nach Anhörung der Beteiligten war die Entschädigung vor diesem Hintergrund auf insgesamt 1.772,51 EUR einschließlich Umsatzsteuer festzusetzen.
Das Gericht ist von folgenden Einzelerwägungen ausgegangen: Medizinische und psychologische Gutachten richten sich ausschließlich nach den Honorargruppen M1 - M3 gemäß § 9 Abs. 1 JVEG. Korrekterweise beansprucht der Antragsteller in seinem Vergütungsantrag die Honorargruppe M2 (Stundensatz von 60,00 EUR), die regelmäßig für medizinische Gutachten aus dem Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung mit durchschnittlicher Anforderung zu Grunde gelegt wird. Auch der Gesamtzahl der geltend gemachten 24 Arbeitsstunden kann noch gefolgt werden, auch wenn die Aufteilung der Arbeitszeit nicht entsprechend den Formularvordrucken erfolgte. Grundsätzlich kann der Antragsteller nicht gezwungen werden, die erforderliche Arbeitszeit entsprechend den Arbeitsabschnitten "Aktenstudium, Untersuchung, Ausarbeitung, Diktat und Durchsicht" zu gliedern, auch wenn dadurch die Nachvollziehbarkeit des Vergütungsantrages erheblich erhöht würde. Die für das Aktenstudium angesetzte Zeit von 4 Stunden ist angesichts der Gerichtsakten von 263 Seiten zum Zeitpunkt der Begutachtung und der Verwaltungsakten noch akzeptabel. Der Aufwand von 2 Stunden für Untersuchung und Exploration ist beanstandungsfrei. Soweit der Antragsteller 6 Stunden für die Ausarbeitung und daneben 5 Stunden für die Untersuchung und Auswertung der Psychopathometrie ansetzt, handelt es sich um eine Darstellung außerhalb der hiesigen Gepflogenheiten, ohne dass dies dem Antragsteller zum Nachteil gereichen darf. Die Durchführung und Auswertung der Psychopathometrie ist Teil der Untersuchung und Ausarbeitung für das in Auftrag gegebene Gutachten und daher grundsätzlich zu vergüten. Die gesonderte Ausweisung als Rechnungsposten war weder notwendig noch hilfreich, sondern führte zur irrtümlichen Annahme, es handele sich über das Stundenhonorar nach § 9 JVEG hinaus um eine so genannte "besondere Leistung" nach § 10 JVEG, was jedoch nicht der Fall ist. Die gesondert ausgewiesenen 5 Arbeitsstunden für die Psychopathometrie sind neben der klinischen Befunderhebung und der Patientenbefragung lediglich eine weitere Methode für die psychiatrische Diagnostik und als solche vom Gutachtenauftrag umfasst. Die Ausarbeitung bzw. Erstellung des Gutachtens erforderte somit insgesamt einen Zeitumfang von insgesamt 11 Stunden (6 und 5 Stunden), was angesichts des umfänglichen und detaillierten schriftlichen Sachverständigengutachtens noch angemessen erscheint. Zu berücksichtigen war hierbei der Gesamtumfang des Gutachtens von 41 Seiten (augenscheinlich nach DIN 1422), wovon allein 14 Seiten Bewertungen, Beurteilungen und die Beantwortung von Beweisfragen zum Gegenstand haben. Auch der Zeitaufwand von 7 Stunden für Diktat und Korrektur liegt noch im Rahmen des Vertretbaren. Mithin war ein Stundenhonorar für 24 Stunden zu je 60,00 EUR, also 1440,00 EUR angefallen. Die geltend gemachten Gebühren nach GOÄ Nr. 650 und 614 sind nicht zu vergüten, da es hierfür im JVEG keine gesetzliche Grundlage gibt. Die vorgenannten GOÄ-Ziffern sind in § 10 JVEG und den hierzu erlassenen Anlagen nicht aufgeführt und daher nicht zu vergüten. § 10 JVEG ist gegenüber § 9 JVEG eine Spezialvorschrift und für die dort erfassten Leistungen eng auf die typischen Fälle auszulegen (Schneider, a.a.O., § 10 Rn. 1). Gutachtliche Leistungen, die weder in Anlage 2 noch in Abschnitt O des Gebührenverzeichnisses zur GOÄ aufgeführt sind, können ausschließlich nach § 9 JVEG honoriert werden. Somit verbleibt es bei dem insoweit festgesetzten Stundenhonorar. Der als "Sekretariatsgebühren" geltend gemachte Betrag von 49,50 EUR war nach § 12 Abs. 1 Ziffer 3 JVEG als "besondere Aufwendung" zu vergüten. Die vom Antragsteller angegebene Anschlagszahl von 65.691 Zeichen ist plausibel und ergibt bei Aufrundung von 0,75 EUR für je 1000 Anschläge den beantragten Betrag. Die pauschal geltend gemachten Porto- und Sekretariatskosten von 10,00 EUR können nicht vergütet werden, da das JVEG für pauschalierte Porto- oder Sekretariatsunkosten keine Rechtsgrundlage bietet. Es sind lediglich die tatsächlich entstandenen Portokosten erstattungsfähig, sofern diese genau angegeben sind. Hier ist nicht ersichtlich, aus welchen Porti sich der Pauschalbetrag von 10,00 EUR im Einzelnen zusammensetzt. Nicht nachvollziehbar ist, welche "Sekretariatsunkosten", die nicht schon über die in § 12 Abs. 1 Ziffer 3 JVEG vergütet werden, zusätzlich abgerechnet werden sollen. Grundsätzlich sind mit dem Honorar nach §§ 9 - 11 JVEG die allgemeinen Geschäfts-, Praxis- und Bürokosten (Gemeinkosten) des Sachverständigen sowie der mit der Erstattung des Gutachtens üblicherweise verbundene Aufwand abgegolten, § 12 Abs. 1 Satz 1 JVEG. Der Antragsteller kann die von ihm zu entrichtende Umsatzsteuer nach § 12 Abs. 1 Satz 2 Ziffer 4 JVEG als Aufwendung geltend machen. Da er die Umsatzsteuer beansprucht, ist auch davon auszugehen, dass er keine Befreiung nach § 19 Abs. 1 UStG genießt. Auf den Vergütungsbetrag von 1.489.50 EUR sind ihm 19% und damit ein Betrag von 283.01 EUR als Umsatzsteuer zu erstatten.
Ausgehend von einem Bruttovergütungsbetrag von insgesamt 1.772,51 EUR hat der Antragsteller noch einen ausstehenden Zahlungsanspruch von 324,16 EUR, nachdem ihm bereits ein Betrag von 1.448,35 EUR angewiesen wurde.
Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet, § 4 Abs. 8 JVEG. Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar, § 177 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
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