L 4 R 220/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 9 R 8046/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 220/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 07. Dezember 2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Erstattung der Kosten für eine selbstbeschaffte medizinische Rehabilitationsmaßnahme in einer Privatklinik in Höhe von EUR 5.213,93.

Die am 1946 geborene Klägerin, die Pflichtbeiträge zur Beklagten entrichtete, erlitt am 06. April 2008 einen akuten Hinterwandinfarkt, aufgrund dessen sie im K.-hospital S. vom 06. bis 16. April 2008 stationär behandelt wurde. Im dortigen vorläufigen Arztbrief vom 15. April 2008 sowie dem endgültigen Arztbrief vom 18. August 2008 (jeweils Prof. Dr. N.) wird über durchgeführte Stentimplantationen, Ballondilatation sowie Koronarangiographien berichtet, wobei der Ramus marginalis nicht rekanalisiert werden konnte. Es sei im Verlauf die Verlegung auf kardiologische Normalstation und die Mobilisierung bei klinischer Beschwerdefreiheit erfolgt. Echokardiographisch habe sich eine global gute linksventrikuläre Funktion gezeigt. Der postinterventionelle Verlauf sei unkompliziert gewesen.

Die Klägerin begab sich nach Abschluss der stationären Behandlung wieder in die Behandlung der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. St ... Diese attestierte unter dem 24. April 2008, bei koronarer 3-Gefäßerkrankung nach akutem Hinterwandinfarkt sei eine Anschlussheilbehandlung in der privaten Herzkreislaufklinik L. M. in Se. medizinisch indiziert und dringend notwendig.

Mit am 25. April 2008 unterschriebenem Antragsformular, das am 28. April 2008 bei der Beklagten einging, beantragte die Klägerin dort die Gewährung einer Anschlussrehabilitation (AHB). Bereits am 28. April 2008 trat die Klägerin eine medizinische Rehabilitationsmaßnahme in der privaten Herzkreislaufklinik L. M. an, ohne dass die Beklagte diese zuvor bewilligt oder dem zugestimmt hätte. Die Behandlung dort endete am 11. Mai 2008. Im Entlassungsbericht vom 14. Mai 2008 führte Internist/Kardiologe Dr. Sc. aus, seit der PTCA fühle sich die Klägerin subjektiv deutlich leistungsfähiger. Ergometrisch hätten jetzt 100 Watt bei regelrechter Herzfrequenz und Blutdruckregulation geleistet werden können. Insgesamt könne von einem erfolgreichen Interventionsergebnis ausgegangen werden.

Die Beklagte bewilligte auf den Antrag vom 28. April 2008 der Klägerin mit Bescheid vom 05. Mai 2008 eine stationäre Leistung zur medizinischen Rehabilitation für die Dauer von voraussichtlich drei Wochen und wählte als geeignete Rehabilitationseinrichtung das Reha-Zentrum Sch. aus. Dem Wunsch der Klägerin, die Leistung in der von ihr genannten Einrichtung durchzuführen, könne man nicht entsprechen. Die Entscheidung über die Art und Weise der Durchführung der Leistung zur medizinischen Rehabilitation stehe in ihrem (der Beklagten) Ermessen. Sie habe bei der Auswahl der Rehabilitationseinrichtung sicherzustellen, dass das Ziel der Rentenversicherung, nämlich die wesentliche Besserung oder Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit erreicht werden könne. Die von der Klägerin gewünschte Einrichtung könne nur dann ausgewählt werden, wenn ihre (der Klägerin) Rehabilitationsleistung einzig in dieser Einrichtung bzw. der dortigen Abteilung erfolgreich durchgeführt werden könne. Des Weiteren müsse jede andere Einrichtung, die von ihr (der Beklagten) betrieben werde oder mit der ein Belegungsvertrag bestehe, ungeeignet sein. Zur Behandlung der Funktionsstörungen der Klägerin stünden aber mehrere geeignete rentenversicherungseigene Rehabilitationseinrichtungen als auch Vertragseinrichtungen zur Verfügung. Daher habe man nach ärztlicher Prüfung die genannte geeignete Rehabilitationseinrichtung ausgewählt. Mit Schreiben vom selben Tag unterrichtete die Beklagte das Reha-Zentrum Sch. über die bewilligte Leistung zur medizinischen Rehabilitation als Anschlussgesundheitsmaßnahme mit dem Hinweis: "Eilfall! Aufnahme innerhalb von zwei Wochen erforderlich".

Am 28. Mai 2008 legte die Klägerin gegen den Bewilligungsbescheid dahingehend Widerspruch ein, dass die Rehabilitation wie beantragt in der Klinik L. M. durchgeführt werden solle.

Mit Schreiben vom 09. Juni 2008, bei der Beklagten eingegangen am 10. Juni 2008, teilte die Klägerin der Beklagten mit, für die Behandlung in der L. M. sei ein Betrag von EUR 5.213,93 an Kosten entstanden, die sie bereits bezahlt habe. Sie bitte in Erledigung des Widerspruchs um Erstattung des verauslagten Betrags. Hierzu legte sie Rechnungen vor. Mit Bescheid vom 25. Juni 2009 lehnte die Beklagte die nachträgliche Übernahme von Kosten für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation ab. Mit der Klinik L. M. bestehe ein Vertrag im Sinne von § 15 Abs. 2 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) nicht. Eine Erstattung selbstbeschaffter Leistungen komme im Übrigen auch deshalb nicht in Betracht, weil der Antrag hierauf erst nach Durchführung der Leistungen gestellt worden sei.

Die Klägerin legte auch hiergegen Widerspruch ein. Der Antrag sei rechtzeitig gestellt worden. Eine Rehabilitation nach schwerem Herzinfarkt habe nur Sinn, wenn sie entsprechend ärztlicher Anordnung unverzüglich durchgeführt werde. Die Leistung sei damit unaufschiebbar gewesen, weshalb ein Anspruch auf Kostenerstattung nach § 15 Abs. 1 Satz 4 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) bestehe. Mit der Widerspruchsbegründung legte die Klägerin eine ärztliche Bescheinigung des Kardiologen Dr. P. vom 05. August 2008 vor, wonach in mehreren Sitzungen insgesamt fünf Stents implantiert worden seien. Nachdem die Klägerin klinisch habe stabilisiert werden können, sei eine eilige Anschlussheilbehandlung aus medizinischer Indikation dringend erforderlich gewesen. Mit Widerspruchsbescheid vom 05. November 2008 wies die Widerspruchsstelle der Beklagten den Widerspruch "gegen den Bescheid vom 25. Juni 2009" zurück und wiederholte im Wesentlichen die Begründung des Bescheides vom 25. Juni 2009.

Am 02. Dezember 2008 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG). Weiterhin trug sie vor, die Maßnahme sei unaufschiebbar gewesen. Außerdem sei - anders als die Klinik L. M. - das von der Beklagten ausgewählte Reha-Zentrum Sch. gar nicht aufnahmebereit gewesen. Ärztlicherseits sei ihr erklärt worden, die Rehabilitation müsse aus medizinischen Gründen innerhalb von 14 Tagen nach Entlassung aus der stationären Krankenhausbehandlung begonnen werden. Das Reha-Zentrum Sch. hingegen habe siebeneinhalb Wochen nach ihrer Entlassung aus der stationären Behandlung mitgeteilt, sie werde unterrichtet, wann sie anreisen könne. Es sei ermessensfehlerhaft, eine nicht aufnahmebereite Klinik zu benennen. Eine Sozialstation gebe es im K.-hospital S. nicht mehr. Ihre Versuche, sich mit der zuständigen Abteilung der Beklagten in Verbindung zu setzen, seien gescheitert. Ihre private Krankenversicherung, die sie unmittelbar nach ihrer Entlassung aus der stationären Behandlung telefonisch von der sofort durchzuführenden Rehabilitationsmaßnahme unterrichtet und die Übernahme der entstehenden Kosten verlangt habe, habe sie an die Beklagte verwiesen. Hierzu legte die Klägerin entsprechendes Informationsmaterial ihrer Krankenversicherung vor, in dem u.a. ausgeführt wird: "Die gesetzlichen Rentenversicherungen betreiben teilweise eigene Rehakliniken - dementsprechend legen sie auch die passende Einrichtung fest. Außerdem bestimmt der Träger die Art und den Umfang der Behandlung sowie deren Beginn und die Behandlungsdauer." Sie legte ferner die ärztliche Bescheinigung des Kardiologe Dr. P. vom 16. Oktober 2009 vor, der ausführt, bei der Klägerin sei im Katharinenhospital eine aufwändige Koronarintervention mit Rekanalisation im Bereich der rechten Herzkranzarterie erfolgt. Ein verschlossener Ramus marginalis habe nicht rekanalisiert werden können. In einem zweiten Eingriff am 14. April 2008 sei eine proximale Riva-Stenose ebenfalls mit einem Stent versorgt worden. Nach einem Herzinfarkt und solch komplexen Koronarinterventionen sei eine zügige Rehabilitation medizinisch zwingend erforderlich, in der Regel werde eine direkte Übernahme aus dem Akutkrankenhaus in das Rehabilitationskrankenhaus angestrebt. Die Verzögerung solcher Rehabilitationsmaßnahmen um über sieben Wochen sei medizinisch eigentlich nicht vertretbar.

Die Beklagte trat der Klage entgegen unter Verweis auf die Begründung der angefochtenen Bescheide.

Mit Gerichtsbescheid vom 04. Dezember 2009 wies das SG die Klage ab. Die Voraussetzungen für eine Erstattung der Kosten für die von der Klägerin durchgeführte Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation seien nicht erfüllt. Da die Beklagte auf den bei ihr am 28. April 2008 eingegangenen Antrag auf Gewährung einer Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation diese mit Bescheid vom 05. Mai 2008 bewilligt habe, käme ein Kostenerstattungsanspruch für die am 28. April 2008 angetretene Rehabilitationsmaßnahme in der Klinik L. M. nur in Betracht, wenn es sich um eine unaufschiebbare Maßnahme nach § 15 Abs. 1 Satz 4 SGB IX gehandelt hätte. Im vorliegenden Fall sei dies vor der Bewilligung mit Bescheid vom 05. Mai 2008 nicht gegeben gewesen. Weder von der Allgemeinmedizinerin Dr. St. noch von Prof. Dr. N. seien konkrete medizinische Befunde mitgeteilt worden, welche das Erfordernis einer unmittelbaren Einweisung in eine Rehabilitationseinrichtung begründen könnten. Dies gelte auch für das Attest von Dr. P. vom 16. Oktober 2009.

Am 07. Januar 2010 hat die Klägerin Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Sie ist weiterhin der Auffassung, die Rehabilitationsmaßnahme sei unaufschiebbar gewesen und trägt ergänzend vor, eine achtwöchige Wartezeit auf eine Anschlussrehabilitation sei unzumutbar. Die Klage stütze sich ausschließlich auf § 15 Abs. 1 Satz 4 Variante1 SGB IX. Die Kosten, die für die 13-tägige Rehabilitationsmaßnahme in der Klinik L. M. angefallen seien, seien niedriger, keinesfalls aber höher als die Kosten für die von der Beklagten bewilligte Maßnahme für 21 Tage.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 07. Dezember 2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 25. Juni 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05. November 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr EUR 5.213,93 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist auf ihren bisherigen Vortrag. Auf die Frage des Senats, ob eine andere Klinik aufnahmebereit gewesen sei, komme es nicht an, da die Klägerin auf eigene Initiative die Rehabilitationsmaßnahme in der Klinik L. M. angetreten habe. Es fehle weiter an einer medizinischen Begründung, aus der sich ergeben würde, dass ein Zuwarten auf ihre Entscheidung unzumutbar gewesen wäre.

Die Beteiligten haben sich beide mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung ausdrücklich einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten nach §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Das SG hat im Ergebnis die Klage zu Recht abgewiesen. Die Beklagte hat es zu Recht mit Bescheid vom 25. Juni 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05. November 2008 abgelehnt, der Klägerin die Kosten der durchgeführten stationären Rehabilitationsbehandlung in der Klinik L. M. in Höhe von EUR 5.213,93 zu erstatten.

Alleinige Anspruchsgrundlage für das Begehren der Klägerin, ihr die Kosten der durchgeführten stationären Rehabilitationsbehandlung in der Klinik L. M. in Höhe von EUR 5.213,93 zu erstatten, ist § 15 Abs. 1 Satz 4 Erste Alternative SGB IX. Danach besteht die Erstattungspflicht (des Rehabilitationsträgers gegenüber dem Leistungsberechtigten für selbstbeschaffte Leistungen) auch, wenn der Rehabilitationsträger eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen kann. Die Beklagte erbringt Leistungen zur Teilhabe, darunter Leistungen zur medizi¬nischen Rehabilitation, nach Maßgabe der §§ 9 ff. SGB VI. Der Träger der Rentenversicherung bestimmt dabei im Einzelfall unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit Art, Dauer, Umfang, Beginn und Durchführung dieser Leistungen sowie die Rehabilita-tionseinrichtung nach pflichtgemäßem Ermessen (§ 13 Abs. 1 Satz 1 SGB VI). Die Träger der Rentenversicherung erbringen im Rahmen von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation Leistungen nach den §§ 26 bis 31 SGB IX, ausgenommen Leistungen nach § 26 Abs. 2 Nr. 2 und § 30 SGB IX (§ 15 Abs. 1 SGB VI). Die stationären Leistungen zur medizinischen Rehabilita¬tion werden einschließlich der erforderlichen Unterkunft und Verpflegung in Einrichtungen er¬bracht, die unter ständiger ärztlicher Verantwortung und unter Mitwirkung von besonders ge¬schultem Personal entweder von dem Träger der Rentenversicherung selbst betrieben werden oder mit denen ein Vertrag nach § 21 SGB IX besteht (§ 15 Abs. 2 Satz 1 SGB IX).

1. Die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Satz 4 Erste Alternative SGB IX sind nicht erfüllt, da es sich bei der durchgeführten Rehabilitationsmaßnahme in der Klinik L. M. jeden¬falls am 28. April 2008 nicht um eine unaufschiebbare Leistung in diesem Sinne gehandelt hat.

Unaufschiebbarkeit liegt vor, wenn die Leistung sofort, ohne nennenswerten zeitlichen Auf-schub, erbracht werden muss. Aus Sinn und Zweck der Rehabilitationsvorschriften folgt, dass die Hinnahme eines zeitlichen Aufschubs dann unzumutbar ist, wenn dadurch die Zwecke der medizinischen oder beruflichen oder sozialen Rehabilitation (§ 4 Abs. 1 SGB IX) erschwert oder gar vereitelt werden (vgl. Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 26. November 2003, - L 16 RJ 263/03 - in juris). Es gibt keinen allgemeinen Erfahrungssatz des Inhalts, dass Rehabi-litationsmaßnahmen einen Aufschub nicht zulassen (Bundessozialgericht - BSG- SozR 3-5765 § 10 Nr. 1). Für die insoweit gleichlautende Vorschrift des § 13 Abs. 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) hat das BSG (SozR 3-2500 § 13 Nr. 22) ausgeführt, dass eine Leistung in diesem Sinne unaufschiebbar sei, wenn sie im Zeitpunkt ihrer tatsächlichen Ausführung so dringlich war, dass aus medizinischer Sicht ein zeitlicher Aufschub nicht in Betracht gekommen sei.

Der Senat geht davon aus, dass eine Anschlussheilbehandlung zeitnah zu dem Ende der akuten stationären Krankenhausbehandlung erforderlich war, allerdings nicht in unmittelbarem Anschluss an die akute stationäre Krankenhausbehandlung. Denn die Klägerin befand sich bei Entlassung aus dem K.-hospital am 16. April 2008 gerade nicht in einem Zustand, der die unmittelbare direkte Verlegung in eine Anschlussheilbehandlung notwendig machte. Dies ergibt sich bereits rein tatsächlich daraus, dass die Klägerin an diesem Tag nach Hause entlassen wurde und auch die selbstbeschaffte Maßnahme in der Klinik L. M. erst am 28. April 2008 begann. Nach Infarkt und durchaus erheblichen Interventionen bestand klinische Beschwerdefreiheit. Der postinterventionelle Verlauf gestaltete sich unkompliziert. Neben den Arztbrief des Prof. Dr. N. vom 15. April und 18. August 2008 wird dies auch durch den Entlassungsbericht des Dr. Sc. vom 14. Mai 2008 bestätigt, der ebenfalls über ein erfolgreiches Ergebnis der im K.-hospital vorgenommenen Intervention berichtete. Auch Kardiologe Dr. P. gab in seinen Bescheinigungen vom 05. August 2008 und 16. Oktober 2009 lediglich an, eine zügige und eilige Rehabilitation sei hier medizinisch zwingend erforderlich gewesen. Es lässt sich deshalb auch nicht feststellen, dass medizinisch unbedingt der Beginn der Anschlussheilbehandlung am 28. April 2008 erfolgen musste. Es ist aus den vorliegenden ärztlichen Berichten nicht ersichtlich, dass die Rehabilitationsmaßnahme mit gleichem Erfolg auch noch hätte durchgeführt werden können, wenn die Klägerin die Bescheiderteilung durch die Beklagte, die hier innerhalb einer Woche erfolgt ist, abgewartet hätte. Gerade für eilige Anschlussheilbehandlungen führt die Beklagte ein zügiges Verwaltungsverfahren durch, um zeitnah die Entscheidung zu gewährleisten.

2. Selbst wenn man der Auffassung sein sollte, am 28. April 2008 sei eine Anschlussheilbehandlung als stationäre Maßnahme der Rehabilitation unaufschiebbar gewesen, sind die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Satz 4 Erste Alternative SGB IX nicht gegeben. Dem von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf Erstattung der Kosten steht dann entgegen, dass die Beklagte eine stationäre Maßnahme der medizinischen Rehabilitation in der Klinik L. M. nicht erbringen musste, weil diese Klinik über keinen entsprechenden Vertrag nach § 21 SGB IX mit der Beklagten verfügt.

Der Anspruch nach § 15 Abs. 1 Satz 4 SGB IX reicht - ebenso wie der Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 SGB V - nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch des Versicherten gegen den Rehabilitationsträger (hier die Beklagte). Er setzt daher im Regelfall voraus, dass die selbstbeschaffte Leistung zu den Leistungen gehört, welche der Rehabilitationsträger allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen hat (ständige Rechtsprechung des BSG zu § 13 Abs. 3 SGB V, z.B. SozR 4-2500 § 27 Nr. 18). Nach § 9 Abs. 1 SGB VI erbringt die Rentenversicherung u.a. Leistungen zur medizinischen Rehabilitation. Die Leistungen können nach § 9 Abs. 2 SGB VI erbracht werden, wenn - wie im vorliegenden Fall - die persönlichen (§ 10 SGB VI) und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (§ 11 SGB VI) dafür erfüllt sind sowie keiner der Ausschlussgründe des § 12 SGB VI gegeben ist. Nach § 15 Abs. 2 Satz 1 SGB VI werden die stationären Leistungen zur medizinischen Rehabilitation einschließlich der erforderlichen Unterkunft und Verpflegung in Einrichtungen erbracht, die unter ständiger ärztlicher Verantwortung und unter Mitwirkung von besonders geschultem Personal entweder von dem Träger der Rentenversicherung selbst betrieben werden oder mit denen ein Vertrag nach § 21 SGB IX besteht. Aus dieser Bestimmung folgt, dass außerhalb solcher Einrichtungen eine Rehabilitation nicht in Betracht kommt und damit ein Wunsch eines Versicherten im Sinne des § 9 SGB IX nicht berechtigt ist, wenn er Leistungen in einer Einrichtung erhalten möchte, die nicht vom Rehabilitationsträger betrieben wird und mit welcher dieser keinen Vertrag geschlossen hat. Die Klinik L. M. wird weder von der Beklagten betrieben noch hat sie in der Beklagten einen Vertrag nach § 21 SGB IX. Dies wird von der Klägerin auch nicht infrage gestellt, auch nicht nach dem Hinweis des früheren Berichterstatters des Senats vom 22. März 2010.

Auch eine unaufschiebbare Leistung muss grundsätzlich von einem berechtigten Leistungserbringer durchgeführt werden. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die konkrete Leistung (hier: die stationäre Anschlussheilbehandlung) nicht von berechtigten Leistungserbringern (hier: von der Beklagten selbst betriebene Einrichtungen oder Vertragseinrichtungen) durchgeführt werden kann. Hierfür gibt es keine Anhaltspunkte. Anschlussheilbehandlungen nach der Akutbehandlung wegen eines Herzinfarkts können von berechtigten Leistungserbringern durchgeführt werden. Anderes wird auch von der Klägerin nicht behauptet.

Die Klägerin konnte die Einrichtung, in der die notwendige Anschlussheilbehandlung durchzuführen war, nicht selbst bestimmen. Nach § 13 Abs. 1 Satz 1 SGB VI bestimmt der Träger der Rentenversicherung im Einzelfall unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit u.a. die Rehabilitationseinrichtung nach pflichtgemäßem Ermessen. Diese Regelung trifft mithin grundsätzliche Festlegungen zum Bestimmungsrecht des gesetzlichen Rentenversicherungsträgers über das "Wie" der Erbringung von Leistungen zur Rehabilitation. Berechtigten Wünschen der Versicherten ist bei der Entscheidung über die Leistungen und bei der Ausführung der Leistungen zu entsprechen (§ 9 Abs. 1 SGB IX in Verbindung mit § 33 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I)). Dieses Bestimmungsrecht des gesetzlichen Rentenversicherungsträgers über das "Wie" der Erbringung von Leistungen zur Rehabilitation umfasst auch die Auswahl der Einrichtung, in der die Leistungen erbracht werden sollen. Es steht nicht dem Versicherten zu, die Rehabilitationseinrichtung zu bestimmen (BSG SozR 2200 § 1236 Nr. 43).

3. Schließlich fehlt es für den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf Erstattung der Kosten an der Voraussetzung, dass der Klägerin dadurch Kosten entstanden sind, dass die Beklagte eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbrachte. § 15 Abs. 1 Satz 4 SGB IX gewährt wie § 13 Abs. 3 Satz 1 Fall 2 SGB V, so dass die entsprechende ständige Rechtsprechung des BSG (z.B. SozR 4-2500 § 13 Nr. 12) zu übertragen ist, einen Erstattungsanspruch für den Ausnahmefall, dass eine vom Rehabilitationsträger geschuldete Rehabilitationsleistung infolge eines Mangels im Leistungssystem der Rehabilitation als Dienst- oder Sachleistung nicht oder nicht in der gebotenen Zeit zur Verfügung gestellt werden kann. Nach Wortlaut und Zweck der Vorschrift muss zwischen dem die Haftung des Rehabilitationsträgers begründenden Umstand (nicht oder nicht rechtzeitige Erbringung der Leistung zur Rehabilitation) und dem Nachteil des Versicherten (Kostenlast) ein Ursachenzusammenhang bestehen. Aus dem Umstand, dass zwischen Ablehnung der Leistung und der Selbstbeschaffung ein Ursachenzusammenhang bestehen muss, folgt auch die Notwendigkeit, dass die rechtswidrige Vorenthaltung der Naturalleistung durch den Rehabilitationsträger wesentliche Ursache der Selbstbeschaffung war. Insbesondere darf der Versicherte sich nicht - unabhängig davon, wie eine Entscheidung des Rehabilitationsträgers ausfällt - von vornherein auf eine bestimmte Rehabilitationsleistung bei einem nicht zugelassenen Leistungserbringer festgelegt haben (BSG SozR 4-2500 § 13 Nr. 20). Die Klägerin war bei der Antragstellung auf die Anschlussheilbehandlung in der Klinik L. M. festgelegt. Es mag während und unmittelbar nach dem Ende der stationären Krankenhausbehandlung die von der Klägerin geschilderten Schwierigkeiten (fehlende Sozialstation im K.-hospital S., gescheiterte Versuche der Kontaktaufnahme mit der zuständigen Abteilung der Beklagten, Abklärung der Zuständigkeit mit der privaten Krankenversicherung) gegeben haben, die erforderliche Anschlussheilbehandlung zu organisieren. Dies ändert aber nichts daran, dass die Klägerin auf eigene Initiative, möglicherweise nach Beratung durch behandelnde Ärzte, die Klinik L. M. ausfindig machte und mit dieser Klinik einen alsbaldigen Aufnahmetermin vereinbarte. Erst als der Beginn der Rehabilitationsmaßnahme in dieser Klinik feststand, wandte sich die Klägerin an die Beklagte. Dies ergibt sich aus dem mit der Antragstellern vorgelegten Attest der Dr. St. vom 24. April 2008, das die Klinik L. M. ausdrücklich nannte. Dass das von der Beklagten benannte Reha-Zentrum Sch. nicht aufnahmebereit und aufnahmefähig gewesen sei, wusste die Klägerin zum Zeitpunkt des Eintritts der Rehabilitationsmaßnahme in der Klinik L. M. am 28. April 2008 nicht. Denn die Beklagte nannte das Reha-Zentrum Sch. erst mit dem Bescheid vom 05. Mai 2008.

4. Für die Entscheidung des Rechtsstreits kommt es nicht darauf an, zu welchem Zeitpunkt die von der Beklagten benannte Reha-Klinik Sch. die Klägerin tatsächlich hätte aufnehmen können, sowie ob zu einem späteren Zeitpunkt die Klägerin berechtigt gewesen wäre, bei tatsächlicher Nichterbringung der Rehabilitationsleistung durch die Beklagte sich die Leistung selbst zu beschaffen. Ebensowenig ist entscheidungserheblich, ob die von der Klägerin selbstbeschaffte Anschlussheilbehandlung kostengünstiger war als die von der Beklagten bewilligte Anschlussheilbehandlung in den Reha-Zentrum Sch. oder einer anderen Vertragsklinik. Ein Kosten¬erstattungsanspruch besteht nicht schon deshalb, weil dadurch, dass der Versicherte Leistungen der Rehabilitation außerhalb des Leistungssystems in Anspruch genommen hat, vermeintlich Aufwendungen anderer Art erspart werden; denn sonst könnte die Beschränkung auf bestimmte Formen der Leistungserbringung letztlich durch den Anspruch auf (teilweise) Kostenerstattung ohne Weiteres durchbrochen werden (z.B. BSG, Beschluss vom 26. Juli 2004 - B 1 KR 30/04 B , in juris).

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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