Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 23 (3,33) R 154/06
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 8 R 203/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 19.10.2009 wird zurückgewiesen. Die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, die ihre Kosten selbst tragen, trägt die Klägerin. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 26.915,57 Euro festgesetzt.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten sind noch Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung (KV/PV) von Januar 2000 bis September 2004 für die Beigeladene zu 1) in Höhe von 26.915,57 EUR streitig.
Die Beigeladene zu 1) war nach der Geburt eines Sohnes im Juni 1989 ab 8.3.1990 bei der Klägerin beschäftigt. Sie hält keinen Gesellschaftsanteil der Klägerin. In der Zeit vom 8.3.1990 bis 31.1.1992 wurden Pflichtbeiträge unter anderem zur KV an die Beigeladene zu 2) abgeführt. Seit 1.2.1992 ist die Klägerin privat krankenversichert. Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung wurden in der Folgezeit über die AOK entrichtet. Im Prüfzeitraum erzielte die Beigeladene zu 1) folgende Jahresarbeitsentgelte (JAE): 2000 66.636 DM, 2001 68.404 DM, 2002 34.071 EUR, 2003 36.116 EUR, 2004 (bis September) 30.106 EUR.
Am 5.10.2004 erfolgte bei der Klägerin eine Betriebsprüfung nach § 28p Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) durch die Beklagte. Im Rahmen der Anhörung wies diese darauf hin, die Beigeladene zu 1) sei versicherungspflichtig in der KV und PV; ein Befreiungsantrag nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) habe nicht vorgelegen. Die Klägerin übersandte in der Folgezeit durch das Datenerfassungs- und -verarbeitungsbüro Q unter anderem eine Mitgliedsbescheinigung der DAK betreffend die Beigeladene zu 1) für die Zeit vom 1.6.1981 - 31.1.1992 sowie das Kündigungsschreiben der Beigeladenen zu 1) vom 15.11.1991 hinsichtlich ihrer Mitgliedschaft bei der Beigeladenen zu 2), der DAK, zum 1.2.1992 (Schreiben vom 15.11.1991). Darüber hinaus trug der Steuerberater der Klägerin, der Zeuge M, vor, die Beigeladene zu 1) sei im Juni 1989 Mutter geworden und habe "im Rahmen dessen seinerzeit" einen Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB V gestellt und auch einen entsprechenden Befreiungsbescheid von der AOK erhalten (Schreiben vom 26.1.2005). Daran könne sich die Beigeladene zu 1) mit hundertprozentiger Sicherheit erinnern. Durch das Rheinhochwasser im Jahr 1993 sei auch die Privatakte der Beigeladenen zu 1), die sich in den Geschäftsräumen der Klägerin befunden habe, vernichtet worden. Unter dem 1.2.2005 teilte der Zeuge M mit, dass die Beigeladene zu 1) sich mit einhundertprozentiger Sicherheit daran erinnern könne, von der Beigeladenen zu 2) einen entsprechenden Befreiungsbescheid erhalten zu haben. In diesem Schreiben wiederholte der Zeuge M die Darstellung der Vernichtung der Privatakte der Beigeladenen zu 1) in den Geschäftsräumen der Klägerin durch das Rheinhochwasser von 1993. In seinem weiteren Schreiben 10.2.2005 an die Beigeladene zu 2) führte der Zeuge M aus, dass die Beigeladene zu 1) den Befreiungsbescheid seinerzeit an die Klägerin weitergereicht habe, ohne selber eine Kopie zurückzubehalten. Durch das Rheinhochwasser im Jahre 1993 seien allerdings die kompletten Unterlagen der Klägerin vernichtet worden, so dass auch diese nicht mehr über den Originalbescheid verfüge. Mit Schreiben vom 26.2.2005 überreichte der Zeuge M das Antwortschreiben der Beigeladenen zu 2) vom 23.2.2005, die angab, ein vom Zeugen erbetener Befreiungsbescheid von 1992 für die Beigeladene zu 1) sei auch in ihrer Ablage nicht mehr aufzufinden. Es könne sein, dass diese Unterlagen bei dem Rheinhochwasser vernichtet worden seien, da sie eine Außenstelle in S und C gehabt habe. Auf Anfrage der Beklagten vom 12.5.2005, ob eventuell zu einem späteren Zeitpunkt noch eine Befreiung ausgesprochen worden sei, teilte die Beigeladene zu 2) mit am 20.5.2005 bei der Beklagten eingegangenem Schreiben vom 18.5.2005, ein Befreiungsbescheid liege bei ihr in keinem Jahr vor. Mit Bescheid vom 7.9.2005 setzte die Beklagte die Nachforderung der Beiträge zur KV/PV für die Beigeladene zu 1) für die Zeit von Januar 2000 bis September 2004 auf 26.915,57 EUR fest, die an die Beigeladene zu 2) zu entrichten seien.
Mit dem am 27.9.2005 erhobenen Widerspruch trug die Klägerin, vertreten durch den Zeugen M, vor, in den Jahren 1990 und 1992 habe das Entgelt der Beigeladenen zu 1) jeweils die Jahresarbeitsentgeltgrenze (JAE-Grenze) überschritten. Somit hätten alle Voraussetzungen für eine Befreiung von der Krankenversicherungspflicht im Jahre 1992 vorgelegen. Daher habe die Beigeladene zu 2) einer Befreiung zugestimmt. Einzig der schriftliche Nachweis hierfür könne zum heutigen Tage nicht mehr geführt werden. Das Rheinhochwasser im Jahre 1993 habe sowohl die Unterlagen bei der Klägerin als auch bei der Beigeladenen zu 2) vernichtet (Bezugnahme auf deren Schreiben vom 23.2.2005). Zutreffend sei, dass die JAE-Grenze im Jahr 1991 unterschritten worden sei. Wenn von der Beklagten angeführt werde, dass kein Grund für einen Befreiungsantrag vorgelegen habe, sei dies widersprüchlich. Ausschließlich das Unterschreiten der JAE-Grenze sei ursächlich für den Befreiungsantrag gewesen. Das Verhalten der Beklagten verstoße zudem gegen Treu und Glauben. Ab 1992 sei die Klägerin mehrere Male durch Rentenversicherungsträger hinsichtlich des hier in Rede stehenden Sachverhalts ohne Beanstandungen geprüft worden. Aufgrund der Größe des Betriebes der Klägerin (durchschnittlich 10 oder mehr Beschäftigte) müsse davon ausgegangen werden, dass bei diesen Prüfungen nicht nur stichprobenmäßig geprüft worden sei. Die Klägerin müsse also davon ausgehen, dass sie alles richtig gemacht habe. Schließlich erhebe sie die Einrede der Verjährung und berufe sich auf ein Verwertungsverbot, nachdem die Beklagte im Jahr 2004 einen Sachverhalt prüfe, der sich im Jahr 1992 zugetragen habe. Die Beklagte konnte das Protokoll einer am 7.8.2000 durchgeführten Schlussbesprechung über eine durchgeführte Betriebsprüfung nach § 28p SGB IV, darüber hinaus über diese Betriebsprüfung aber keine Unterlagen mehr ermitteln. In diesem Protokoll wird die KV-Pflicht der Beigeladenen zu 1) nicht thematisiert. Mit Widerspruchsbescheid vom 6.4.2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Auf die Begründung des Widerspruchsbescheides wird verwiesen.
Am 8.5.2006 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht (SG) Köln erhoben. Sie hat ihr Vorbringen zur Befreiung der Beigeladenen zu 1) wiederholt und vertieft. Der Zeuge M habe seinerzeit anlässlich einer Rücksprache eine Rückkehr in die KV keinesfalls für ausgeschlossen gehalten und angegeben habe, sie könne ihren Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht aufrecht erhalten. Selbst wenn der Befreiungsbescheid seinerzeit fälschlich erteilt worden sei, wäre eine rückwirkende Aufhebung unzulässig. Der Befreiungsvorgang sei für den Zeugen M in seiner beruflichen Laufbahn einmalig gewesen und deshalb könne sich der Zeuge sehr gut erinnern. Auch sei der Zeuge sicher in der Lage, zwischen einem Befreiungsbescheid und einer Kündigungsbestätigung zu unterscheiden. Weitere Unterlagen, wie von der Beklagten angeregt, könne sie nicht vorlegen: Ein schriftlicher Arbeitsvertrag mit der Beigeladenen zu 1) liege nicht vor. Das Jahreslohnkonto für das Jahr 1992 sei anlässlich der Überschwemmung untergegangen.
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid vom 7.9.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 6.4.2006 aufzuheben, soweit für die Beigeladene zu 1) Beträge zur Kranken- und Pflegeversicherung erhoben werden.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen, die Kündigung der Beigeladenen zu 1) sei zu einem Zeitpunkt erfolgt, in dem keine der Voraussetzungen für eine Befreiung nach § 8 SGB V erfüllt gewesen seien, weil ihr Entgelt im Kalenderjahr 1991 die gültige JAE-Grenze unterschritten habe. Auch sei in dem Kündigungsschreiben kein Grund für das Ende der Mitgliedschaft angegeben. Die Behauptungen des Zeugen M bezüglich der Einmaligkeit des Falles sei nicht nachzuvollziehen, weil es nicht ungewöhnlich sei, dass eine Krankenkasse eine Befreiung von der KV-Pflicht ausspreche, wenn die Voraussetzungen vorlägen. Der Zeuge M könne auch die Bestätigung der Kündigung durch die Beigeladene zu 2) als Befreiungsbescheid gedeutet haben. Da die versicherungsrechtliche Beurteilung zum Zeitpunkt der Kündigung durch die Beigeladene zu 1) und die Abmeldung mit einem nicht zutreffenden Meldeschlüssel durch die Klägerin unter falschen Voraussetzungen erfolgt sei, bleibe die Beigeladene zu 2) als letzte gewählte Pflichtkasse gemäß § 174 Abs. 5 SGB V zuständig.
Die Beigeladene zu 1) hat keinen eigenen Antrag gestellt. An das Kalenderjahr, in dem der Befreiungsvorgang stattgefunden haben soll, könne sie sich nicht erinnern. Auf ihre weiteren Angaben im Erörterungstermin vom 30.3.2009 wird Bezug genommen. Auf Rückfrage des SG hat sie mitgeteilt, dass die Jahresentgelte, welche die Beklagte zugrunde gelegt habe, zutreffend seien.
Die Beigeladene zu 2) hat angegeben, ein Befreiungsbescheid sei nicht erteilt worden. Die Beigeladene zu 1) habe im Jahr 1991 und 1992 nicht zu den Personen gehört, die gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB V hätten befreit werden können. Sie sei von der Klägerin zum 31.1.1992 bei ihr abgemeldet worden. Wäre eine Befreiung erfolgt, hätte die Klägerin eine Ummeldung (Änderung der Beitragsgruppe) zum 1.2.1992 vornehmen und die Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung weiterhin an die Beigeladene zu 2) abführen müssen. Dies sei nicht geschehen. Statt dessen sei eine Neuanmeldung bei der AOK vorgenommen worden. Da eine Abmeldung wegen des von der Klägerin gemeldeten "Endes der Beschäftigung" zum 31.1.1992 erfolgt sei, sei gerade nicht über eine etwaige Befreiung ab 1.2.1992 zu entscheiden gewesen. Inwiefern der Fall "einmalig" sein solle, erschließe sich nicht.
Das SG hat zunächst schriftliche Auskünfte der Zeugen M und O eingeholt. Der Zeuge M hat unter dem 21.3.2007 ausgeführt, der hier in Frage stehende Sachverhalt sei bei ihm noch in sehr guter Erinnerung, da er in der Zeit seiner nunmehr über zwanzigjährigen Selbstständigkeit der hier vorliegende Sachverhalt einmalig geblieben sei. Selbst seiner seinerzeitigen, äußerst zuverlässigen Lohnbuchhalterin, der Zeugin O, die seit Beginn seiner Selbstständigkeit bis zum Erreichen ihrer Altersgrenze im Jahre 1998 bei ihm beschäftigt geblieben sei, sei ausweislich eines vor geraumer Zeit mit ihr geführten Telefonats noch heute bekannt, dass die Beigeladene zu 2) die Beigeladene zu 1) schriftlich von der Versicherungspflicht befreit habe. Durch die Einmaligkeit dieses Falles in seinem Büro hätten die Zeugin O und er nämlich seinerzeit diesen Sachverhalt eingehend diskutiert, da die Zeugin O keinesfalls einen Fehler habe begehen wollen. Dies habe sie ihm in dem erwähnten Telefonat nochmals bestätigt. Die Zeugin O hat unter dem 5.9.2007 angegeben, dass sie sich an den geschilderten Fall sehr gut erinnere, weil er in ihrer Berufspraxis einmalig gewesen sei und er ausgiebig diskutiert worden sei. Sie könne daher bestätigen, dass die Beigeladene zu 1) von der Versicherungspflicht befreit gewesen sei.
Das SG hat sodann weiter Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen M und O. Auf den Inhalt der Zeugenaussagen wird Bezug genommen.
Mit Urteil vom 19.10.2009 hat das SG Köln die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils wird Bezug genommen.
Gegen das ihr am 18.11.2009 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 18.12.2009 Berufung eingelegt. Zur Begründung macht sie geltend, dass zumindest die Ansprüche für das Jahr 2000 verjährt seien. Entgegen der Auffassung des SG sei es von der prüfenden Stelle zu vertreten, dass die Beigeladene zu 2) eine Anfrage der Beklagten bezüglich des Vorliegens von Befreiungsbescheiden erst im Mai 2005 endgültig beantwortet habe. Der prüfende Rentenversicherungsträger habe dafür Sorge zu tragen, dass von ihm noch anzustellende Ermittlungen zügig durchgeführt würden. Er dürfe nicht auf unabsehbare Zeit mit dem Erlass eines Bescheids warten, bis eine von ihr eingeschaltete andere Stelle eine Rückfrage beantworte. Darüber hinaus hätte das SG die Aussagen der Zeugen M und O dahingehend bewerten müssen, dass die Befreiung von der Versicherungspflicht nachgewiesen sei. Die Glaubwürdigkeit des Zeugen M könne nicht deshalb angezweifelt werden, weil er mit größerem zeitlichen Abstand im Oktober 2009 eine konkrete eigene Erinnerung behauptet, im Januar 2005 im Rahmen der Anhörung für die Klägerin jedoch nur angegeben habe, die Beigeladene zu 1) könne sich mit hundertprozentiger Sicherheit erinnern. Wenn der Zeuge M, aus welchen Gründen auch immer, im Januar 2005 eine nicht so präzise Angabe gemacht habe wie im Oktober 2009, besage dies nichts über seine Glaubwürdigkeit, sondern allenfalls darüber, was er für wichtig oder unwichtig halte. Für das gute Erinnerungsvermögen des Zeugen spreche, dass er trotz Vorhalt des Vorsitzenden bei seiner Darstellung geblieben sei, die Beigeladene zu 1) habe die Grenze für die Befreiung von der gesetzlichen KV unterschritten und der Befreiungsbescheid müsse im Jahre 1992 erlassen worden sein, weil die Beigeladene zu 1) danach in die private KV aufgenommen worden sei. Entscheidend für die Bewertung der Aussage des Zeugen M sei, dass dieser sich wegen der Einmaligkeit des Vorgangs jedenfalls konkret daran erinnern könne, dass ein Befreiungsbescheid erteilt worden sei. Gegen die Glaubhaftigkeit seiner Angaben spreche auch nicht sein persönliches Interesse am Ausgang des Rechtsstreits. Selbst wenn es keinen Befreiungsbescheid gegeben haben sollte, hätte der Zeuge M keine persönlichen Nachteile zu befürchten, da, sollte er einen Fehler gemacht haben, seine Haftpflichtversicherung für nachteilige Folgen aufzukommen hätte. Es könne daher keineswegs davon ausgegangen werden, dass der Zeuge M wissentlich eine Falschaussage bei Gericht mache, um irgendwelchen haftungsrechtlichen Konsequenzen zu entgehen, die er nicht zu tragen habe. Dies gelte auch für den Fall, dass eine Mitarbeiterin eine falsche Ziffer in ein Formular eintragen haben sollte. Hinsichtlich des Wertes der Aussage der Zeugin O gehe das SG ebenfalls von einem falschen Bewertungsmaßstab aus. Entgegen der Ansicht des SG sei es keineswegs auffällig sondern selbstverständlich, dass die Zeugen M und O nahezu wörtlich eine übereinstimmende Begründung bezüglich der Einmaligkeit des Falles abgäben, weil es eben für beide Zeugen ein einmaliger Vorfall gewesen sei. Im Hinblick auf die Glaubhaftigkeit der Aussage der Zeugin O sei maßgeblich, dass sie sich jedenfalls an die Befreiung erinnere, wobei es nebensächlich sei, ob diese Befreiung nur die KV-Pflicht betroffen habe oder auch die Rentenversicherungspflicht. Bei der Bewertung der Zeugenaussagen sei darüber hinaus zu berücksichtigen, dass vor der hier maßgeblichen Prüfung unstreitig diverse andere Prüfungen stattgefunden hätten, bei denen die Nichtzahlung von KV-/PV-Beiträgen zu keinem Zeitpunkt gerügt worden sei. Hieraus ergebe sich zwangsläufig, dass tatsächlich eine Befreiung von der Versicherungspflicht vorgelegen haben müsse. Die vorzunehmenden Prüfungen seien durchaus sehr übersichtlich und keineswegs kompliziert gewesen, so dass, wie bei der hier streitigen Prüfung, ohne Weiteres bei früheren Betriebsprüfungen bereits hätte festgestellt werden müssen, dass hinsichtlich der Beigeladenen zu 1) KV-Pflicht bestanden habe. Insofern habe das Verhalten der Beklagten bei früheren Betriebsprüfungen zumindest bei der Wertung der Aussage der Zeugen M und O Berücksichtigung zu finden, und zwar unabhängig davon, ob dieses Verhalten auch den Einwand der Verwirkung rechtfertige, was allerdings tatsächlich der Fall sei. Schließlich könne das Urteil des SG auch deshalb keinen Bestand haben, weil feststehe, dass die Beigeladene zu 1) im Jahre 1992 die JAE-Grenze überschritten habe. Daher sei die Kündigung zum 15.11.1991 im Sinne einer Anzeige dahingehend zu interpretieren, dass im Jahre 1992 die JAE-Grenze überschritten werde und damit Versicherungsfreiheit eintrete (Bezugnahme auf SG Dresden, Urteil v. 25.5.2007, S 25 KR 389/06; beck-online-BeckRS 2009 73334).
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 19.10.2009 zu ändern und den Bescheid vom 7.9.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 6.4.2006 aufzuheben, soweit für die Beigeladene zu 1) Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung erhoben werden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und trägt weiter vor, die Erwägungen zur Versicherungsfreiheit wegen Überschreitens der JAE-Grenze könnten nicht überzeugen, da die Beigeladene zu 2) keinen Anlass gehabt habe, die Kündigung der Beigeladenen zu 1) über deren eigentlichen Inhalt hinaus zu interpretieren. Es hätte nämlich nicht der Beigeladenen zu 1) oblegen, eine vorausschauende Prüfung zur JAE-Grenze vorzunehmen, sondern der Klägerin als Arbeitgeberin.
Die Beigeladene zu 2) verteidigt das angefochtene Urteil. Sie trägt vor, dass durch die Klägerin eine Abmeldung wegen Endes der Beschäftigung zum 31.1.1992 erfolgt sei und ein Bescheid über die Befreiung von der Krankenversicherungspflicht für die Beigeladene zu 1) im Jahr 1992 nicht ausgestellt worden sei.
In der mündlichen Verhandlung hat die Beigeladene zu 1), die keinen Antrag gestellt hat, ein Schreiben der Beigeladenen zu 2) vom 12.12.1991 vorgelegt, in dem diese ihr das Ende ihrer Mitgliedschaft zum 31.1.1992 bestätigte. Als sie das Kündigungsschreiben vom 15.11.1991 verfasst habe, habe sie aufgrund der Verhandlungen über ihren Arbeitsvertrag bereits gewusst, dass sie im Jahr 1992 ein Gehalt über der JAE-Grenze erzielen werde. Sie sei - ihrer Erinnerung nach durch den zwischenzeitlich verstorbenen damaligen Versicherungsmakler bei der D - dahingehend beraten worden, sie müsse eine Kündigungsfrist gegenüber der Beigeladenen zu 2) einhalten. So erkläre sich, dass sie die Mitgliedschaft zum 1.2.1992 und nicht bereits zum Jahreswechsel 1991/1992 gekündigt habe. Außer dem Kündigungsschreiben vom 15.11.1991 habe sie damals gegenüber der Beigeladenen zu 2) nichts mehr unternommen. Die Angelegenheit sei ja geregelt gewesen. Sie habe dann im Jahr 1995 die Erklärung unterschrieben, dass sie nicht mehr Mitglied der gesetzlichen KV sein wolle, mit den ihr bekannten Rechtsfolgen. Als Reaktion auf dieses Schreiben habe sie von der betroffenen Stelle nichts gehört. Sie nehme an, dass es sich bei dem von ihr vorgelegten Schreiben vom 12.12.1991 um den vorgetragenen Befreiungsbescheid handele.
Der Senat hat Beweis erhoben durch die Vernehmung der Zeugen M und O in der mündlichen Verhandlung. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Das SG Köln hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides ist rechtmäßig und beschwert die Klägerin nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG.
Ermächtigungsgrundlage für die Nachforderung von Beiträgen ist § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV. Danach erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Betriebsprüfungen Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und zur Beitragshöhe u.a. in der KV und PV. Beitragsschuldner ist der Arbeitgeber als Schuldner des Gesamtsozialversicherungsbeitrags (§§ 28d Satz 1 und 2, 28e Abs. 1 Satz 1 SGB IV), hier also die Klägerin.
Auf dieser Grundlage hat die Beklagte zutreffend festgestellt, dass für die Beigeladene zu 1) in ihrer Beschäftigung bei der Klägerin in der Zeit vom 1.1.2000 bis 30.9.2004 Versicherungspflicht als gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Angestellte in der KV gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V und in der PV gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1, Satz 1 Nr. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) bestanden hat.
Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die Beigeladene zu 1) in der Zeit vom 1.1.2000 bis zum 30.9.2004 gegen Arbeitsentgelt beschäftigt war. Entgegen der Ansicht der Klägerin war sie demgegenüber nicht wegen Überschreitens der JAE-Grenze gem. § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V versicherungsfrei. Es galten folgende JAE-Grenzen (vgl. Aichberger, 4/11. Sozialversicherungswerte, Ziff. III. 1.), denen folgende Jahresarbeitsentgelte gegenüber standen:
JAE-Grenze JAE 2000: 77.400 DM 66.636 DM 2001: 78.300 DM 68.404 DM 2002: 40.500 EUR 34.071 EUR 2003: 45.900 EUR 36.116 EUR 1-9/2004: anteilig 34.762,50 EUR 30.106 EUR
Bei den JAE-Grenzen für 2003 und 2004 waren die allgemeinen Grenzen gemäß § 6 Abs. 6 Satz 1 SGB V zu berücksichtigen. Die niedrigeren Grenzen gemäß § 6 Abs. 7 Satz 1 SGB V galten vorliegend nicht, da die Beigeladene nicht am 31.12.2002 wegen Überschreitens der JAE-Grenze krankenversicherungsfrei war. Aber selbst diese niedrigeren JAE-Grenzen (2003: 41.400 EUR; 2004: 1-9/2004: anteilig 31.387,50 EUR) wurden nicht überschritten. Die Unterschreitung der JAE-Grenzen von 2000 bis September 2004 ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig.
Die von der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) behauptete Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB V ist nicht nachgewiesen. Die Nichterweislichkeit der behaupteten Befreiung von der Versicherungspflicht geht nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast zu Lasten der Klägerin.
Ein schriftlicher Befreiungsbescheid konnte weder von der Klägerin noch von der Beigeladenen zu 1) vorgelegt werden. Auch bei der Beigeladenen zu 2), die den Befreiungsbescheid nach der Behauptung der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) erteilt haben soll, konnte ein solcher nicht ermittelt und dementsprechend nicht beigebracht werden.
Die Vernehmung der Zeugen M und O hat den Beweis der Befreiung der Beigeladenen zu 1) von der Versicherungspflicht nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB V ebenfalls nicht erbracht. Dies gilt schon für die erstinstanzliche Beweisaufnahme. Der Senat hält die Beweiswürdigung des SG für zutreffend. Sie wird letztlich durch das Ergebnis der Beweisaufnahme in der Berufungsinstanz bestätigt. Weder der Zeuge M noch die Zeugin O haben die Existenz eines Befreiungsbescheides erinnern und bestätigen können.
Der Zeuge M hat auf die Frage, ob er den Befreiungsbescheid gesehen habe, bekundet, wenn er sich genau erinnere, werde es sich um das Schreiben handeln, das ihm die Beigeladene zu 1) am Telefon vorgelesen habe. Zuvor hat er erklärt, dies müsse 1995 oder 1996 gewesen sein. Die Beigeladene zu 1) habe ihm im wesentlichen Wortlaut ein Schreiben vorgelesen, demzufolge sie nie wieder in die gesetzliche KV zurückkehren könne, wenn sie jetzt ihren Austritt erklären würde. Was im Anschluss an dieses Schreiben passiert sei, insbesondere auch, ob die Beigeladene zu 1) eine entsprechende Erklärung abgegeben habe, wisse er nicht. An weitere Einzelheiten des Wortlauts des ihm vorgelesenen Schreibens aus dem Jahr 1995 könne er sich nicht mehr erinnern. Was er der Beigeladenen zu 1) seinerzeit bei dem bereits erwähnten Telefonat geraten habe, wisse er nicht. Er könne sich nicht vorstellen, dass sein Büro das erwähnte Schreiben seinerzeit angefordert habe.
Der Zeuge M konnte somit weder aus eigener Wahrnehmung noch vom Hörensagen die Existenz eines Befreiungsbescheides bestätigen. Seine Vermutung, bei dem Schreiben, das ihm die Beigeladene zu 1) am Telefon vorgelesen habe, werde es sich um den vorgetragenen Befreiungsbescheid handeln, ist ersichtlich unzutreffend. Denn in dem vorgelesenen Schreiben war die Beendigung des Versicherungsverhältnis von einer "Austrittserklärung" abhängig gemacht worden, so dass es sich nicht schon um die Befreiung von der KV-Pflicht durch die Beigeladene zu 2) selbst gehandelt haben kann. In diesem Fall hätte es keiner weiteren Erklärung seitens der Beigeladenen zu 2) bedurft.
Die Zeugin O hat zwar bekundet, sie meine, dass sie sich angesichts der Einmaligkeit des Vorgangs grundsätzlich eine Unterlage über die Befreiung habe zeigen lassen wollen. Ob sie eine solche tatsächlich gesehen habe, könne sie nicht mit hundertprozentiger Sicherheit sagen. Voraussichtlich wäre sie ggf. in ihren Unterlagen abgeheftet worden. Es sei allerdings auch möglich, dass sie sie lediglich gesehen habe und sie dann in den Buchungsunterlagen der Klägerin verblieben sei. Denkbar sei schließlich, dass sie die Annahme der Befreiung auf ein Gespräch mit Herrn M zurückgeführt habe. Auch die Zeugin O konnte daher weder aus eigener Wahrnehmung noch vom Hörensagen die Existenz eines Befreiungsbescheides bestätigen.
Schließlich haben weder die Beigeladene zu 1) noch ihr Ehemann, der Geschäftsführer der Klägerin, die Existenz eines Schriftstücks, mit dem die Beigeladene zu 1) von der KV-Pflicht befreit worden wäre, erinnern und bestätigen können. Die Beigeladene zu 1) hat sogar angenommen, dass es sich bei dem von ihr in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Schreiben vom 12.12.1991 um den vorgetragenen Befreiungsbescheid der Beigeladenen zu 2) handele. Mit diesem Schreiben hat die Beigeladene zu 2) indessen lediglich die Beendigung des Versicherungsverhältnisses infolge der gemeldeten Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses bestätigt.
Es sind auch sonst keine rechtlichen oder tatsächlichen Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Beigeladene zu 1) zu irgend einem Zeitpunkt von der KV-Pflicht befreit worden sein könnte.
Über die Höhe der Beitragsnachforderung besteht zwischen den Beteiligten kein Streit. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Beklagte sie unrichtig ermittelt bzw. berechnet hat.
Eine Verwirkung der Beitragsforderung der Beklagten wegen unterlassener Beanstandung bei vorausgegangenen Betriebsprüfungen oder eines konkreten, Vertrauensschutz der Klägerin begründenden Verhaltens der Beklagten oder einer Einzugsstelle liegt nicht vor. Anhaltspunkte für ein solches Verhalten sind weder ersichtlich noch von der Klägerin vorgetragen worden. Bei der Schlussbesprechung am 7.8.2000 über die damals durchgeführte Betriebsprüfung wurde die KV-Pflicht der Beigeladenen zu 1) nicht thematisiert. Im Übrigen sind die Prüfbehörden bei Arbeitgeberprüfungen nach § 28p SGB IV selbst in kleinen Betrieben zu einer vollständigen Überprüfung der versicherungsrechtlichen Verhältnisse aller Versicherten nicht verpflichtet. Eine über eine Kontrollfunktion hinausgehende Bedeutung kommt den Betriebsprüfungen nicht zu. Sie bezwecken insbesondere nicht, den Arbeitgeber als Beitragsschuldner zu schützen oder ihm "Entlastung" zu erteilen (BSG, Urteil v. 14.7.2004, B 12 KR 10/02 R, SozR 4-5375 § 2 Nr. 1).
Die Beiträge für das Kalenderjahr 2000 sind auch nicht verjährt, denn nach § 25 Abs. 2 Satz 2 SGB IV war die Verjährung für die Dauer der Prüfung vom 5.10.2004 an gehemmt. Die Prüfung ist auch nicht entsprechend § 25 Abs. 2 Satz 3 SGB IV für mehr als sechs Monate aus Gründen unterbrochen worden, die die prüfende Stelle zu vertreten hat. Die durch den entsprechenden Vortrag der Klägerin aus dem Februar 2005 ausgelösten Fragen sind von der Beigeladenen zu 2) im Mai 2005 abschließend dahingehend beantwortet worden, dass ein Befreiungsbescheid in keinem Jahr vorliege. Erst mit dieser Antwort war die Prüfung abgeschlossen. Eine Unterbrechung für die Zeit von mehr als sechs Monaten im Rahmen der Prüfung ist ebenso wenig festzustellen wie ein Überschreiten des Zeitraumes von sechs Kalendermonaten nach Abschluss der Prüfung. Auch die Zeitspannen zwischen den einzelnen Ermittlungsschritten summieren sich nicht auf mehr als sechs Monate.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG iVm §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung.
Gründe für die Revisionszulassung gem. § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Die Festsetzung des Streitwerts richtet sich nach der streitigen Beitragsforderung (§ 52 Gerichtskostengesetz).
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten sind noch Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung (KV/PV) von Januar 2000 bis September 2004 für die Beigeladene zu 1) in Höhe von 26.915,57 EUR streitig.
Die Beigeladene zu 1) war nach der Geburt eines Sohnes im Juni 1989 ab 8.3.1990 bei der Klägerin beschäftigt. Sie hält keinen Gesellschaftsanteil der Klägerin. In der Zeit vom 8.3.1990 bis 31.1.1992 wurden Pflichtbeiträge unter anderem zur KV an die Beigeladene zu 2) abgeführt. Seit 1.2.1992 ist die Klägerin privat krankenversichert. Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung wurden in der Folgezeit über die AOK entrichtet. Im Prüfzeitraum erzielte die Beigeladene zu 1) folgende Jahresarbeitsentgelte (JAE): 2000 66.636 DM, 2001 68.404 DM, 2002 34.071 EUR, 2003 36.116 EUR, 2004 (bis September) 30.106 EUR.
Am 5.10.2004 erfolgte bei der Klägerin eine Betriebsprüfung nach § 28p Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) durch die Beklagte. Im Rahmen der Anhörung wies diese darauf hin, die Beigeladene zu 1) sei versicherungspflichtig in der KV und PV; ein Befreiungsantrag nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) habe nicht vorgelegen. Die Klägerin übersandte in der Folgezeit durch das Datenerfassungs- und -verarbeitungsbüro Q unter anderem eine Mitgliedsbescheinigung der DAK betreffend die Beigeladene zu 1) für die Zeit vom 1.6.1981 - 31.1.1992 sowie das Kündigungsschreiben der Beigeladenen zu 1) vom 15.11.1991 hinsichtlich ihrer Mitgliedschaft bei der Beigeladenen zu 2), der DAK, zum 1.2.1992 (Schreiben vom 15.11.1991). Darüber hinaus trug der Steuerberater der Klägerin, der Zeuge M, vor, die Beigeladene zu 1) sei im Juni 1989 Mutter geworden und habe "im Rahmen dessen seinerzeit" einen Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB V gestellt und auch einen entsprechenden Befreiungsbescheid von der AOK erhalten (Schreiben vom 26.1.2005). Daran könne sich die Beigeladene zu 1) mit hundertprozentiger Sicherheit erinnern. Durch das Rheinhochwasser im Jahr 1993 sei auch die Privatakte der Beigeladenen zu 1), die sich in den Geschäftsräumen der Klägerin befunden habe, vernichtet worden. Unter dem 1.2.2005 teilte der Zeuge M mit, dass die Beigeladene zu 1) sich mit einhundertprozentiger Sicherheit daran erinnern könne, von der Beigeladenen zu 2) einen entsprechenden Befreiungsbescheid erhalten zu haben. In diesem Schreiben wiederholte der Zeuge M die Darstellung der Vernichtung der Privatakte der Beigeladenen zu 1) in den Geschäftsräumen der Klägerin durch das Rheinhochwasser von 1993. In seinem weiteren Schreiben 10.2.2005 an die Beigeladene zu 2) führte der Zeuge M aus, dass die Beigeladene zu 1) den Befreiungsbescheid seinerzeit an die Klägerin weitergereicht habe, ohne selber eine Kopie zurückzubehalten. Durch das Rheinhochwasser im Jahre 1993 seien allerdings die kompletten Unterlagen der Klägerin vernichtet worden, so dass auch diese nicht mehr über den Originalbescheid verfüge. Mit Schreiben vom 26.2.2005 überreichte der Zeuge M das Antwortschreiben der Beigeladenen zu 2) vom 23.2.2005, die angab, ein vom Zeugen erbetener Befreiungsbescheid von 1992 für die Beigeladene zu 1) sei auch in ihrer Ablage nicht mehr aufzufinden. Es könne sein, dass diese Unterlagen bei dem Rheinhochwasser vernichtet worden seien, da sie eine Außenstelle in S und C gehabt habe. Auf Anfrage der Beklagten vom 12.5.2005, ob eventuell zu einem späteren Zeitpunkt noch eine Befreiung ausgesprochen worden sei, teilte die Beigeladene zu 2) mit am 20.5.2005 bei der Beklagten eingegangenem Schreiben vom 18.5.2005, ein Befreiungsbescheid liege bei ihr in keinem Jahr vor. Mit Bescheid vom 7.9.2005 setzte die Beklagte die Nachforderung der Beiträge zur KV/PV für die Beigeladene zu 1) für die Zeit von Januar 2000 bis September 2004 auf 26.915,57 EUR fest, die an die Beigeladene zu 2) zu entrichten seien.
Mit dem am 27.9.2005 erhobenen Widerspruch trug die Klägerin, vertreten durch den Zeugen M, vor, in den Jahren 1990 und 1992 habe das Entgelt der Beigeladenen zu 1) jeweils die Jahresarbeitsentgeltgrenze (JAE-Grenze) überschritten. Somit hätten alle Voraussetzungen für eine Befreiung von der Krankenversicherungspflicht im Jahre 1992 vorgelegen. Daher habe die Beigeladene zu 2) einer Befreiung zugestimmt. Einzig der schriftliche Nachweis hierfür könne zum heutigen Tage nicht mehr geführt werden. Das Rheinhochwasser im Jahre 1993 habe sowohl die Unterlagen bei der Klägerin als auch bei der Beigeladenen zu 2) vernichtet (Bezugnahme auf deren Schreiben vom 23.2.2005). Zutreffend sei, dass die JAE-Grenze im Jahr 1991 unterschritten worden sei. Wenn von der Beklagten angeführt werde, dass kein Grund für einen Befreiungsantrag vorgelegen habe, sei dies widersprüchlich. Ausschließlich das Unterschreiten der JAE-Grenze sei ursächlich für den Befreiungsantrag gewesen. Das Verhalten der Beklagten verstoße zudem gegen Treu und Glauben. Ab 1992 sei die Klägerin mehrere Male durch Rentenversicherungsträger hinsichtlich des hier in Rede stehenden Sachverhalts ohne Beanstandungen geprüft worden. Aufgrund der Größe des Betriebes der Klägerin (durchschnittlich 10 oder mehr Beschäftigte) müsse davon ausgegangen werden, dass bei diesen Prüfungen nicht nur stichprobenmäßig geprüft worden sei. Die Klägerin müsse also davon ausgehen, dass sie alles richtig gemacht habe. Schließlich erhebe sie die Einrede der Verjährung und berufe sich auf ein Verwertungsverbot, nachdem die Beklagte im Jahr 2004 einen Sachverhalt prüfe, der sich im Jahr 1992 zugetragen habe. Die Beklagte konnte das Protokoll einer am 7.8.2000 durchgeführten Schlussbesprechung über eine durchgeführte Betriebsprüfung nach § 28p SGB IV, darüber hinaus über diese Betriebsprüfung aber keine Unterlagen mehr ermitteln. In diesem Protokoll wird die KV-Pflicht der Beigeladenen zu 1) nicht thematisiert. Mit Widerspruchsbescheid vom 6.4.2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Auf die Begründung des Widerspruchsbescheides wird verwiesen.
Am 8.5.2006 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht (SG) Köln erhoben. Sie hat ihr Vorbringen zur Befreiung der Beigeladenen zu 1) wiederholt und vertieft. Der Zeuge M habe seinerzeit anlässlich einer Rücksprache eine Rückkehr in die KV keinesfalls für ausgeschlossen gehalten und angegeben habe, sie könne ihren Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht aufrecht erhalten. Selbst wenn der Befreiungsbescheid seinerzeit fälschlich erteilt worden sei, wäre eine rückwirkende Aufhebung unzulässig. Der Befreiungsvorgang sei für den Zeugen M in seiner beruflichen Laufbahn einmalig gewesen und deshalb könne sich der Zeuge sehr gut erinnern. Auch sei der Zeuge sicher in der Lage, zwischen einem Befreiungsbescheid und einer Kündigungsbestätigung zu unterscheiden. Weitere Unterlagen, wie von der Beklagten angeregt, könne sie nicht vorlegen: Ein schriftlicher Arbeitsvertrag mit der Beigeladenen zu 1) liege nicht vor. Das Jahreslohnkonto für das Jahr 1992 sei anlässlich der Überschwemmung untergegangen.
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid vom 7.9.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 6.4.2006 aufzuheben, soweit für die Beigeladene zu 1) Beträge zur Kranken- und Pflegeversicherung erhoben werden.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen, die Kündigung der Beigeladenen zu 1) sei zu einem Zeitpunkt erfolgt, in dem keine der Voraussetzungen für eine Befreiung nach § 8 SGB V erfüllt gewesen seien, weil ihr Entgelt im Kalenderjahr 1991 die gültige JAE-Grenze unterschritten habe. Auch sei in dem Kündigungsschreiben kein Grund für das Ende der Mitgliedschaft angegeben. Die Behauptungen des Zeugen M bezüglich der Einmaligkeit des Falles sei nicht nachzuvollziehen, weil es nicht ungewöhnlich sei, dass eine Krankenkasse eine Befreiung von der KV-Pflicht ausspreche, wenn die Voraussetzungen vorlägen. Der Zeuge M könne auch die Bestätigung der Kündigung durch die Beigeladene zu 2) als Befreiungsbescheid gedeutet haben. Da die versicherungsrechtliche Beurteilung zum Zeitpunkt der Kündigung durch die Beigeladene zu 1) und die Abmeldung mit einem nicht zutreffenden Meldeschlüssel durch die Klägerin unter falschen Voraussetzungen erfolgt sei, bleibe die Beigeladene zu 2) als letzte gewählte Pflichtkasse gemäß § 174 Abs. 5 SGB V zuständig.
Die Beigeladene zu 1) hat keinen eigenen Antrag gestellt. An das Kalenderjahr, in dem der Befreiungsvorgang stattgefunden haben soll, könne sie sich nicht erinnern. Auf ihre weiteren Angaben im Erörterungstermin vom 30.3.2009 wird Bezug genommen. Auf Rückfrage des SG hat sie mitgeteilt, dass die Jahresentgelte, welche die Beklagte zugrunde gelegt habe, zutreffend seien.
Die Beigeladene zu 2) hat angegeben, ein Befreiungsbescheid sei nicht erteilt worden. Die Beigeladene zu 1) habe im Jahr 1991 und 1992 nicht zu den Personen gehört, die gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB V hätten befreit werden können. Sie sei von der Klägerin zum 31.1.1992 bei ihr abgemeldet worden. Wäre eine Befreiung erfolgt, hätte die Klägerin eine Ummeldung (Änderung der Beitragsgruppe) zum 1.2.1992 vornehmen und die Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung weiterhin an die Beigeladene zu 2) abführen müssen. Dies sei nicht geschehen. Statt dessen sei eine Neuanmeldung bei der AOK vorgenommen worden. Da eine Abmeldung wegen des von der Klägerin gemeldeten "Endes der Beschäftigung" zum 31.1.1992 erfolgt sei, sei gerade nicht über eine etwaige Befreiung ab 1.2.1992 zu entscheiden gewesen. Inwiefern der Fall "einmalig" sein solle, erschließe sich nicht.
Das SG hat zunächst schriftliche Auskünfte der Zeugen M und O eingeholt. Der Zeuge M hat unter dem 21.3.2007 ausgeführt, der hier in Frage stehende Sachverhalt sei bei ihm noch in sehr guter Erinnerung, da er in der Zeit seiner nunmehr über zwanzigjährigen Selbstständigkeit der hier vorliegende Sachverhalt einmalig geblieben sei. Selbst seiner seinerzeitigen, äußerst zuverlässigen Lohnbuchhalterin, der Zeugin O, die seit Beginn seiner Selbstständigkeit bis zum Erreichen ihrer Altersgrenze im Jahre 1998 bei ihm beschäftigt geblieben sei, sei ausweislich eines vor geraumer Zeit mit ihr geführten Telefonats noch heute bekannt, dass die Beigeladene zu 2) die Beigeladene zu 1) schriftlich von der Versicherungspflicht befreit habe. Durch die Einmaligkeit dieses Falles in seinem Büro hätten die Zeugin O und er nämlich seinerzeit diesen Sachverhalt eingehend diskutiert, da die Zeugin O keinesfalls einen Fehler habe begehen wollen. Dies habe sie ihm in dem erwähnten Telefonat nochmals bestätigt. Die Zeugin O hat unter dem 5.9.2007 angegeben, dass sie sich an den geschilderten Fall sehr gut erinnere, weil er in ihrer Berufspraxis einmalig gewesen sei und er ausgiebig diskutiert worden sei. Sie könne daher bestätigen, dass die Beigeladene zu 1) von der Versicherungspflicht befreit gewesen sei.
Das SG hat sodann weiter Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen M und O. Auf den Inhalt der Zeugenaussagen wird Bezug genommen.
Mit Urteil vom 19.10.2009 hat das SG Köln die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils wird Bezug genommen.
Gegen das ihr am 18.11.2009 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 18.12.2009 Berufung eingelegt. Zur Begründung macht sie geltend, dass zumindest die Ansprüche für das Jahr 2000 verjährt seien. Entgegen der Auffassung des SG sei es von der prüfenden Stelle zu vertreten, dass die Beigeladene zu 2) eine Anfrage der Beklagten bezüglich des Vorliegens von Befreiungsbescheiden erst im Mai 2005 endgültig beantwortet habe. Der prüfende Rentenversicherungsträger habe dafür Sorge zu tragen, dass von ihm noch anzustellende Ermittlungen zügig durchgeführt würden. Er dürfe nicht auf unabsehbare Zeit mit dem Erlass eines Bescheids warten, bis eine von ihr eingeschaltete andere Stelle eine Rückfrage beantworte. Darüber hinaus hätte das SG die Aussagen der Zeugen M und O dahingehend bewerten müssen, dass die Befreiung von der Versicherungspflicht nachgewiesen sei. Die Glaubwürdigkeit des Zeugen M könne nicht deshalb angezweifelt werden, weil er mit größerem zeitlichen Abstand im Oktober 2009 eine konkrete eigene Erinnerung behauptet, im Januar 2005 im Rahmen der Anhörung für die Klägerin jedoch nur angegeben habe, die Beigeladene zu 1) könne sich mit hundertprozentiger Sicherheit erinnern. Wenn der Zeuge M, aus welchen Gründen auch immer, im Januar 2005 eine nicht so präzise Angabe gemacht habe wie im Oktober 2009, besage dies nichts über seine Glaubwürdigkeit, sondern allenfalls darüber, was er für wichtig oder unwichtig halte. Für das gute Erinnerungsvermögen des Zeugen spreche, dass er trotz Vorhalt des Vorsitzenden bei seiner Darstellung geblieben sei, die Beigeladene zu 1) habe die Grenze für die Befreiung von der gesetzlichen KV unterschritten und der Befreiungsbescheid müsse im Jahre 1992 erlassen worden sein, weil die Beigeladene zu 1) danach in die private KV aufgenommen worden sei. Entscheidend für die Bewertung der Aussage des Zeugen M sei, dass dieser sich wegen der Einmaligkeit des Vorgangs jedenfalls konkret daran erinnern könne, dass ein Befreiungsbescheid erteilt worden sei. Gegen die Glaubhaftigkeit seiner Angaben spreche auch nicht sein persönliches Interesse am Ausgang des Rechtsstreits. Selbst wenn es keinen Befreiungsbescheid gegeben haben sollte, hätte der Zeuge M keine persönlichen Nachteile zu befürchten, da, sollte er einen Fehler gemacht haben, seine Haftpflichtversicherung für nachteilige Folgen aufzukommen hätte. Es könne daher keineswegs davon ausgegangen werden, dass der Zeuge M wissentlich eine Falschaussage bei Gericht mache, um irgendwelchen haftungsrechtlichen Konsequenzen zu entgehen, die er nicht zu tragen habe. Dies gelte auch für den Fall, dass eine Mitarbeiterin eine falsche Ziffer in ein Formular eintragen haben sollte. Hinsichtlich des Wertes der Aussage der Zeugin O gehe das SG ebenfalls von einem falschen Bewertungsmaßstab aus. Entgegen der Ansicht des SG sei es keineswegs auffällig sondern selbstverständlich, dass die Zeugen M und O nahezu wörtlich eine übereinstimmende Begründung bezüglich der Einmaligkeit des Falles abgäben, weil es eben für beide Zeugen ein einmaliger Vorfall gewesen sei. Im Hinblick auf die Glaubhaftigkeit der Aussage der Zeugin O sei maßgeblich, dass sie sich jedenfalls an die Befreiung erinnere, wobei es nebensächlich sei, ob diese Befreiung nur die KV-Pflicht betroffen habe oder auch die Rentenversicherungspflicht. Bei der Bewertung der Zeugenaussagen sei darüber hinaus zu berücksichtigen, dass vor der hier maßgeblichen Prüfung unstreitig diverse andere Prüfungen stattgefunden hätten, bei denen die Nichtzahlung von KV-/PV-Beiträgen zu keinem Zeitpunkt gerügt worden sei. Hieraus ergebe sich zwangsläufig, dass tatsächlich eine Befreiung von der Versicherungspflicht vorgelegen haben müsse. Die vorzunehmenden Prüfungen seien durchaus sehr übersichtlich und keineswegs kompliziert gewesen, so dass, wie bei der hier streitigen Prüfung, ohne Weiteres bei früheren Betriebsprüfungen bereits hätte festgestellt werden müssen, dass hinsichtlich der Beigeladenen zu 1) KV-Pflicht bestanden habe. Insofern habe das Verhalten der Beklagten bei früheren Betriebsprüfungen zumindest bei der Wertung der Aussage der Zeugen M und O Berücksichtigung zu finden, und zwar unabhängig davon, ob dieses Verhalten auch den Einwand der Verwirkung rechtfertige, was allerdings tatsächlich der Fall sei. Schließlich könne das Urteil des SG auch deshalb keinen Bestand haben, weil feststehe, dass die Beigeladene zu 1) im Jahre 1992 die JAE-Grenze überschritten habe. Daher sei die Kündigung zum 15.11.1991 im Sinne einer Anzeige dahingehend zu interpretieren, dass im Jahre 1992 die JAE-Grenze überschritten werde und damit Versicherungsfreiheit eintrete (Bezugnahme auf SG Dresden, Urteil v. 25.5.2007, S 25 KR 389/06; beck-online-BeckRS 2009 73334).
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 19.10.2009 zu ändern und den Bescheid vom 7.9.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 6.4.2006 aufzuheben, soweit für die Beigeladene zu 1) Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung erhoben werden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und trägt weiter vor, die Erwägungen zur Versicherungsfreiheit wegen Überschreitens der JAE-Grenze könnten nicht überzeugen, da die Beigeladene zu 2) keinen Anlass gehabt habe, die Kündigung der Beigeladenen zu 1) über deren eigentlichen Inhalt hinaus zu interpretieren. Es hätte nämlich nicht der Beigeladenen zu 1) oblegen, eine vorausschauende Prüfung zur JAE-Grenze vorzunehmen, sondern der Klägerin als Arbeitgeberin.
Die Beigeladene zu 2) verteidigt das angefochtene Urteil. Sie trägt vor, dass durch die Klägerin eine Abmeldung wegen Endes der Beschäftigung zum 31.1.1992 erfolgt sei und ein Bescheid über die Befreiung von der Krankenversicherungspflicht für die Beigeladene zu 1) im Jahr 1992 nicht ausgestellt worden sei.
In der mündlichen Verhandlung hat die Beigeladene zu 1), die keinen Antrag gestellt hat, ein Schreiben der Beigeladenen zu 2) vom 12.12.1991 vorgelegt, in dem diese ihr das Ende ihrer Mitgliedschaft zum 31.1.1992 bestätigte. Als sie das Kündigungsschreiben vom 15.11.1991 verfasst habe, habe sie aufgrund der Verhandlungen über ihren Arbeitsvertrag bereits gewusst, dass sie im Jahr 1992 ein Gehalt über der JAE-Grenze erzielen werde. Sie sei - ihrer Erinnerung nach durch den zwischenzeitlich verstorbenen damaligen Versicherungsmakler bei der D - dahingehend beraten worden, sie müsse eine Kündigungsfrist gegenüber der Beigeladenen zu 2) einhalten. So erkläre sich, dass sie die Mitgliedschaft zum 1.2.1992 und nicht bereits zum Jahreswechsel 1991/1992 gekündigt habe. Außer dem Kündigungsschreiben vom 15.11.1991 habe sie damals gegenüber der Beigeladenen zu 2) nichts mehr unternommen. Die Angelegenheit sei ja geregelt gewesen. Sie habe dann im Jahr 1995 die Erklärung unterschrieben, dass sie nicht mehr Mitglied der gesetzlichen KV sein wolle, mit den ihr bekannten Rechtsfolgen. Als Reaktion auf dieses Schreiben habe sie von der betroffenen Stelle nichts gehört. Sie nehme an, dass es sich bei dem von ihr vorgelegten Schreiben vom 12.12.1991 um den vorgetragenen Befreiungsbescheid handele.
Der Senat hat Beweis erhoben durch die Vernehmung der Zeugen M und O in der mündlichen Verhandlung. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Das SG Köln hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides ist rechtmäßig und beschwert die Klägerin nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG.
Ermächtigungsgrundlage für die Nachforderung von Beiträgen ist § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV. Danach erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Betriebsprüfungen Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und zur Beitragshöhe u.a. in der KV und PV. Beitragsschuldner ist der Arbeitgeber als Schuldner des Gesamtsozialversicherungsbeitrags (§§ 28d Satz 1 und 2, 28e Abs. 1 Satz 1 SGB IV), hier also die Klägerin.
Auf dieser Grundlage hat die Beklagte zutreffend festgestellt, dass für die Beigeladene zu 1) in ihrer Beschäftigung bei der Klägerin in der Zeit vom 1.1.2000 bis 30.9.2004 Versicherungspflicht als gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Angestellte in der KV gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V und in der PV gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1, Satz 1 Nr. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) bestanden hat.
Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die Beigeladene zu 1) in der Zeit vom 1.1.2000 bis zum 30.9.2004 gegen Arbeitsentgelt beschäftigt war. Entgegen der Ansicht der Klägerin war sie demgegenüber nicht wegen Überschreitens der JAE-Grenze gem. § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V versicherungsfrei. Es galten folgende JAE-Grenzen (vgl. Aichberger, 4/11. Sozialversicherungswerte, Ziff. III. 1.), denen folgende Jahresarbeitsentgelte gegenüber standen:
JAE-Grenze JAE 2000: 77.400 DM 66.636 DM 2001: 78.300 DM 68.404 DM 2002: 40.500 EUR 34.071 EUR 2003: 45.900 EUR 36.116 EUR 1-9/2004: anteilig 34.762,50 EUR 30.106 EUR
Bei den JAE-Grenzen für 2003 und 2004 waren die allgemeinen Grenzen gemäß § 6 Abs. 6 Satz 1 SGB V zu berücksichtigen. Die niedrigeren Grenzen gemäß § 6 Abs. 7 Satz 1 SGB V galten vorliegend nicht, da die Beigeladene nicht am 31.12.2002 wegen Überschreitens der JAE-Grenze krankenversicherungsfrei war. Aber selbst diese niedrigeren JAE-Grenzen (2003: 41.400 EUR; 2004: 1-9/2004: anteilig 31.387,50 EUR) wurden nicht überschritten. Die Unterschreitung der JAE-Grenzen von 2000 bis September 2004 ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig.
Die von der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) behauptete Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB V ist nicht nachgewiesen. Die Nichterweislichkeit der behaupteten Befreiung von der Versicherungspflicht geht nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast zu Lasten der Klägerin.
Ein schriftlicher Befreiungsbescheid konnte weder von der Klägerin noch von der Beigeladenen zu 1) vorgelegt werden. Auch bei der Beigeladenen zu 2), die den Befreiungsbescheid nach der Behauptung der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) erteilt haben soll, konnte ein solcher nicht ermittelt und dementsprechend nicht beigebracht werden.
Die Vernehmung der Zeugen M und O hat den Beweis der Befreiung der Beigeladenen zu 1) von der Versicherungspflicht nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB V ebenfalls nicht erbracht. Dies gilt schon für die erstinstanzliche Beweisaufnahme. Der Senat hält die Beweiswürdigung des SG für zutreffend. Sie wird letztlich durch das Ergebnis der Beweisaufnahme in der Berufungsinstanz bestätigt. Weder der Zeuge M noch die Zeugin O haben die Existenz eines Befreiungsbescheides erinnern und bestätigen können.
Der Zeuge M hat auf die Frage, ob er den Befreiungsbescheid gesehen habe, bekundet, wenn er sich genau erinnere, werde es sich um das Schreiben handeln, das ihm die Beigeladene zu 1) am Telefon vorgelesen habe. Zuvor hat er erklärt, dies müsse 1995 oder 1996 gewesen sein. Die Beigeladene zu 1) habe ihm im wesentlichen Wortlaut ein Schreiben vorgelesen, demzufolge sie nie wieder in die gesetzliche KV zurückkehren könne, wenn sie jetzt ihren Austritt erklären würde. Was im Anschluss an dieses Schreiben passiert sei, insbesondere auch, ob die Beigeladene zu 1) eine entsprechende Erklärung abgegeben habe, wisse er nicht. An weitere Einzelheiten des Wortlauts des ihm vorgelesenen Schreibens aus dem Jahr 1995 könne er sich nicht mehr erinnern. Was er der Beigeladenen zu 1) seinerzeit bei dem bereits erwähnten Telefonat geraten habe, wisse er nicht. Er könne sich nicht vorstellen, dass sein Büro das erwähnte Schreiben seinerzeit angefordert habe.
Der Zeuge M konnte somit weder aus eigener Wahrnehmung noch vom Hörensagen die Existenz eines Befreiungsbescheides bestätigen. Seine Vermutung, bei dem Schreiben, das ihm die Beigeladene zu 1) am Telefon vorgelesen habe, werde es sich um den vorgetragenen Befreiungsbescheid handeln, ist ersichtlich unzutreffend. Denn in dem vorgelesenen Schreiben war die Beendigung des Versicherungsverhältnis von einer "Austrittserklärung" abhängig gemacht worden, so dass es sich nicht schon um die Befreiung von der KV-Pflicht durch die Beigeladene zu 2) selbst gehandelt haben kann. In diesem Fall hätte es keiner weiteren Erklärung seitens der Beigeladenen zu 2) bedurft.
Die Zeugin O hat zwar bekundet, sie meine, dass sie sich angesichts der Einmaligkeit des Vorgangs grundsätzlich eine Unterlage über die Befreiung habe zeigen lassen wollen. Ob sie eine solche tatsächlich gesehen habe, könne sie nicht mit hundertprozentiger Sicherheit sagen. Voraussichtlich wäre sie ggf. in ihren Unterlagen abgeheftet worden. Es sei allerdings auch möglich, dass sie sie lediglich gesehen habe und sie dann in den Buchungsunterlagen der Klägerin verblieben sei. Denkbar sei schließlich, dass sie die Annahme der Befreiung auf ein Gespräch mit Herrn M zurückgeführt habe. Auch die Zeugin O konnte daher weder aus eigener Wahrnehmung noch vom Hörensagen die Existenz eines Befreiungsbescheides bestätigen.
Schließlich haben weder die Beigeladene zu 1) noch ihr Ehemann, der Geschäftsführer der Klägerin, die Existenz eines Schriftstücks, mit dem die Beigeladene zu 1) von der KV-Pflicht befreit worden wäre, erinnern und bestätigen können. Die Beigeladene zu 1) hat sogar angenommen, dass es sich bei dem von ihr in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Schreiben vom 12.12.1991 um den vorgetragenen Befreiungsbescheid der Beigeladenen zu 2) handele. Mit diesem Schreiben hat die Beigeladene zu 2) indessen lediglich die Beendigung des Versicherungsverhältnisses infolge der gemeldeten Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses bestätigt.
Es sind auch sonst keine rechtlichen oder tatsächlichen Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Beigeladene zu 1) zu irgend einem Zeitpunkt von der KV-Pflicht befreit worden sein könnte.
Über die Höhe der Beitragsnachforderung besteht zwischen den Beteiligten kein Streit. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Beklagte sie unrichtig ermittelt bzw. berechnet hat.
Eine Verwirkung der Beitragsforderung der Beklagten wegen unterlassener Beanstandung bei vorausgegangenen Betriebsprüfungen oder eines konkreten, Vertrauensschutz der Klägerin begründenden Verhaltens der Beklagten oder einer Einzugsstelle liegt nicht vor. Anhaltspunkte für ein solches Verhalten sind weder ersichtlich noch von der Klägerin vorgetragen worden. Bei der Schlussbesprechung am 7.8.2000 über die damals durchgeführte Betriebsprüfung wurde die KV-Pflicht der Beigeladenen zu 1) nicht thematisiert. Im Übrigen sind die Prüfbehörden bei Arbeitgeberprüfungen nach § 28p SGB IV selbst in kleinen Betrieben zu einer vollständigen Überprüfung der versicherungsrechtlichen Verhältnisse aller Versicherten nicht verpflichtet. Eine über eine Kontrollfunktion hinausgehende Bedeutung kommt den Betriebsprüfungen nicht zu. Sie bezwecken insbesondere nicht, den Arbeitgeber als Beitragsschuldner zu schützen oder ihm "Entlastung" zu erteilen (BSG, Urteil v. 14.7.2004, B 12 KR 10/02 R, SozR 4-5375 § 2 Nr. 1).
Die Beiträge für das Kalenderjahr 2000 sind auch nicht verjährt, denn nach § 25 Abs. 2 Satz 2 SGB IV war die Verjährung für die Dauer der Prüfung vom 5.10.2004 an gehemmt. Die Prüfung ist auch nicht entsprechend § 25 Abs. 2 Satz 3 SGB IV für mehr als sechs Monate aus Gründen unterbrochen worden, die die prüfende Stelle zu vertreten hat. Die durch den entsprechenden Vortrag der Klägerin aus dem Februar 2005 ausgelösten Fragen sind von der Beigeladenen zu 2) im Mai 2005 abschließend dahingehend beantwortet worden, dass ein Befreiungsbescheid in keinem Jahr vorliege. Erst mit dieser Antwort war die Prüfung abgeschlossen. Eine Unterbrechung für die Zeit von mehr als sechs Monaten im Rahmen der Prüfung ist ebenso wenig festzustellen wie ein Überschreiten des Zeitraumes von sechs Kalendermonaten nach Abschluss der Prüfung. Auch die Zeitspannen zwischen den einzelnen Ermittlungsschritten summieren sich nicht auf mehr als sechs Monate.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG iVm §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung.
Gründe für die Revisionszulassung gem. § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Die Festsetzung des Streitwerts richtet sich nach der streitigen Beitragsforderung (§ 52 Gerichtskostengesetz).
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