Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 15 (21) KR 58/07
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 16 KR 27/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 05.11.2009 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Klägerin vom 01.07.1991 bis zum 31.08.2007 - seitdem ist die Klägerin geringfügig beschäftigt - in ihrer Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) zu Unrecht als versicherungspflichtig behandelt worden ist.
Die 1959 geborene Klägerin, die den Beruf einer Bürokauffrau erlernt hat, ist mit dem Schlossermeister I verheiratet; die Eheleute haben Gütertrennung vereinbart.
Seit dem 01.10.1985 war sie mit Unterbrechungen durch Zeiten der Schwangerschaft, des Mutterschutzes und der Kindererziehung (1986/87 und 1990/1991) in dem Metallbaubetrieb ihres Ehegatten tätig, den dieser zunächst als Einzelfirma und später in der Form einer GmbH, der durch notariellen Vertrag vom 18.12.1986 gegründeten Beigeladenen zu 1), geführt hat und führt, deren Geschäftsführer und Alleingesellschafter er ist. Die Stammeinlage der Beigeladenen zu 1 ) wurde nach Angabe des Steuerberaters aus dem "gemeinsamen Erspartem der Eheleute" bzw., so die Klägerin selbst, "aus dem gemeinsamen Privatvermögen" finanziert. Das ihr gehörende Firmengrundstück ist nach Angaben der Klägerin im Zusammenhang mit der Firmengründung von der Bank finanziert worden, die Tilgungsleistungen und die Zinszahlungen habe sie durch Einnahmen aus der Vermietung des Betriebsgrundstücks an die Beigeladene zu 1) finanziert. Die Klägerin ließ 1990 im Grundbuch eine Grundschuld über 750.000 DM eintragen und übernahm 1992 für die Beigeladene zu 1) gegenüber der Kreissparkasse eine selbstschuldnerische Bürgschaft über 500.000 DM. Grundlage der Tätigkeit der Klägerin für die Beigeladene zu 1) war ursprünglich ein so genannter "Arbeitsvertrag (zwischen Ehegatten)" vom 01.10.1985, mit welchem sich die Klägerin verpflichtete, im Betrieb ihres Ehegatten als technische Angestellte mit einer regelmäßigen Arbeitszeit von 40 Stunden in der Woche entgeltlich mitzuarbeiten. Der Vertrag sah u.a. eine auf das Konto der Klägerin zu zahlende Arbeitsvergütung von ursprünglich 3200 DM, Gehaltsfortzahlung im Krankheitsfall, Weihnachtsgratifikation, Urlaubsanspruch und die Schriftform für Vertragsänderungen vor. Der Vertrag wurde mehrfach angepasst (z.B. wegen Wechsels des zur Verfügung gestellten PKWs) bzw. geändert. So wurde mit Vertrag vom 01.01.1987 die Arbeitszeit ab diesem Tag auf 20 Wochenstunden reduziert und unter dem 22.06.1992 die Arbeitszeit von halbtags auf vierteltags ermäßigt (bei gleich bleibendem Gehalt von damals 2.931 DM). Seit 01.07.1991 hatte die Klägerin nach ihrem Vorbringen bei der Beigeladenen zu 1) die Funktion der kaufmännischen Leiterin.
Neben der Arbeit für die Beigeladene zu 1 ) war die Klägerin ab März 1997 bis Frühjahr 2007 auch Geschäftsführerin der inzwischen liquidierten V xxx GmbH (im Folgenden: V-GmbH). Diese Gesellschaft sei, so die Klägerin, von ihnen gegründet worden, weil sie Geld übrig gehabt hätten. Sie sei als Geschäftsführerin eingesetzt worden, weil ihr Ehemann nicht gleichzeitig Geschäftsführer zweier Firmen habe sein können. Wegen dieser Geschäftsführertätigkeit wurde in einem Vertrag vom 10.02.1997, der von der Klägerin als "Arbeitnehmerin" und ihrem Ehemann als Geschäftsführer der "Arbeitgeberin" unterzeichnet ist, vereinbart, dass die Klägerin für die Beigeladene zu 1) in Zukunft in einem geringeren Umfang tätig sein solle. Gehalt, Weihnachtsgeld, vermögenswirksame Leistungen, Zuschuss zur Direktversicherung und zum Kindergartengeld sowie Urlaubsgeld wurden neu geregelt.
Die Beigeladene zu 1) leistete weiterhin neben dem Gehalt einen Arbeitgeberanteil zu den vermögenswirksamen Leistungen und zur betrieblichen Altersversorgung. Von dem Entgelt wurden Sozialversicherungsbeiträge entrichtet, die Ausgaben wurden von der Beigeladenen zu 1) als Gehalt verbucht und steuerlich als Betriebsausgaben geltend gemacht. Seit dem Wechsel der Klägerin in die private Krankenversicherung zum 01.03.1997 ist die Beklagte nur noch Einzugsstelle für die Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung.
Im Juli 2006 beantragte die Klägerin, deren von der Beigeladenen zu 1) bezogenes Gesamt-Brutto in 2006 monatlich 4.018,22 Euro betragen hatte, bei der Beklagten die Überprüfung, ob ihre Tätigkeit als kaufmännische Leiterin bei der Beigeladenen zu 1) seit dem 01.07.1991 sozialversicherungspflichtig ist. Gleichzeitig beantragte sie die Erstattung zu Unrecht entrichteter Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung für die Zeit ab 01.07.1991. Sie gab an, ihr obliege die kaufmännische Leitung des Unternehmens. Sie sei alleinvertretungsberechtigt und verfüge über eine Bankvollmacht. Sie unterliege bei ihrer Tätigkeit keinerlei Weisungen, weder bezüglich der Dauer, der Art, des Ortes oder der Zeit. Die Tätigkeit sei vielmehr - aufgrund von familienhaften Rücksichtnahmen - durch ein gleichberechtigtes Nebeneinander zu ihrem Mann geprägt, der den technischen Bereich des Unternehmens leite. Etwaige Kontrollrechte würden durch ihren Ehemann als einzigem Gesellschafter nicht ausgeübt. Personalentscheidungen treffe sie gleichbe-rechtigt gemeinsam mit ihrem Ehemann. Während einer längeren krankheitsbedingten Abwesenheit ihres Ehemannes habe sie das Unternehmen allein geführt. Der schriftliche Standardarbeitsvertrag werde in der Realität nicht gelebt. Ihre tatsächliche Arbeitszeit liege weit über der durchschnittlichen tariflichen Leistung; sie arbeite 80 bis 90 Stunden bei einer Sieben-Tage-Woche. Zugunsten des Familienbetriebes verzichte sie auf sämtliche Arbeitnehmerschutzvorschriften. Es bestünden keine Überstundenvergütungs-ansprüche. Daran gemessen sei das Gehalt von 3.082,- EUR unangemessen niedrig. Sie nehme nur an einzelnen Tagen Urlaub, sei aber selbst an diesen Tagen zumindest stundenweise für das Unternehmen tätig. Nicht wahrgenommene Urlaubstage würden nicht abgegolten. Sie trage auch ein erhebliches unternehmerisches Risiko, da sie für das Unternehmen eine Bürgschaft in Höhe von 500.000,- DM und eine Grundschuld in Höhe von 750.000,- DM übernommen habe. Schließlich sei sie Eigentümerin des Betriebsgrundstücks und der Betriebsimmobilie, die sie an die Beigeladene zu 1) vermiete.
Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 18.01.2007 fest, dass es sich bei der Tätigkeit der Klägerin für die Beigeladene zu 1) um ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis handele, so dass dem Grunde nach Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung bestehe. Den hiergegen erhobenen Widerspruch der Klägerin wies die Beklagten durch Widerspruchsbescheid vom 05.09.2007 als unbegründet zurück: Bei der Klägerin seien mehr Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vorhanden als für eine selbstständige Tätigkeit. Sie sei weder Geschäftsführerin der Beigeladenen zu 1) noch sei sie am Stammkapital der GmbH beteiligt. Sie habe somit keine Möglichkeit, Gesellschafterbeschlüsse herbeizuführen oder zu verhindern und damit maßgebenden Einfluss auf die Entscheidungen des Unternehmens zu nehmen. Die Klägerin stehe nicht in gleichberechtigter Stellung zu ihrem Ehemann, der als Alleingesellschafter und Geschäftsführer das "letzte Wort" habe und ihr allenfalls "freie Hand" lasse. Bedingt durch das Verhältnis zwischen Ehegatten habe die Klägerin sicherlich eine Vertrauensstellung, die nur schwer auf eine fremde Person übertragbar sei. Allerdings basiere eine solche Stellung auf dem Willen des Alleingesellschafters und Geschäftsführers. Obgleich bei der kaufmännischen Unternehmensleitung keine Bindung an Einzelanweisungen bestehe, habe sie ihre Aufgaben nach Maßgabe der Gesetze und der Satzung der Gesellschaft - u.a. unter Berücksichtigung der Beschlüsse der Gesellschafter - zu erfüllen. Die Betriebsorganisation und der Geschäftsablauf lägen somit letztlich in der Hand des Alleingesellschafters. Folglich füge sich die Klägerin nicht in eine eigene, selbst gegebene, sondern in eine vorgegebene, fremde Betriebsorganisation ein, so dass eine funktionsgerecht dienende Teilhabe am Arbeitsprozess gegeben und die Arbeitsleistung demnach fremdbestimmt sei. Im Übrigen fehle das die selbstständige Tätigkeit kennzeichnende Unternehmerrisiko. Ein solches könne nur dann angenommen werden, wenn der Erfolg des Einsatzes der Arbeitskraft ungewiss sei. Die Klägerin erhalte jedoch unabhängig von der Ertragslage eine regelmäßige monatliche Vergütung. Die Übernahme von Sicherheiten, wie Bürgschaften oder Grundschulden stelle lediglich ein Indiz für eine selbstständige Tätigkeit dar, begründe für sich genommen jedoch noch keine Unternehmereigenschaft. Auch die Alleinvertretungsberechtigung und die Bankvollmacht könnten zu keinem anderen Ergebnis führen, zumal der Ehemann als Alleingesellschafter hierfür das Unternehmerrisiko trage. Das Vorliegen einschlägiger Branchenkenntnisse sei bei leitenden Angestellten durchaus üblich und vielfach gerade Voraussetzung für die Übertragung dieser Aufgabe. Im Übrigen spreche für die Beurteilung der Tätigkeit als abhängiges Beschäftigungsverhältnis der vertraglich eingeräumte Urlaubsanspruch von 30 Tagen jährlich und die Fortzahlung von Bezügen im Krankheitsfall für die Dauer von 6 Wochen.
Mit der am 24.09.2007 beim Sozialgericht Aachen (SG) erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt. Sie hat zur Begründung ihr Vorbringen aus dem Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren wiederholt und ergänzend darauf hingewiesen, dass sowohl sie als auch ihr Ehemann den ihnen übertragenen Bereich im Unternehmen völlig eigenverantwortlich und weisungsfrei führten. Ein Direktionsrecht bestehe nicht bzw. sei zu keinem Zeitpunkt ausgeübt worden. Die Gestaltung ihrer Arbeitszeit sei allein von den betrieblichen Erfordernissen, insbesondere von dem eigenen wirtschaftlichen Interesse am Wohl und Gedeih des Unternehmens abhängig. Die vorgegebene Betriebsordnung sei für sie nicht bestimmend. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) seien zur Beurteilung von abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit die tatsächlichen Verhältnisse und nicht die vertraglichen oder rechtlichen Beziehungen zugrunde zu legen. Abgesehen davon, dass es sich bei dem Unternehmen um eine "gemeinsame Sache" handele, trage sie auch ein erhebliches unternehmerisches Risiko. Sie hafte persönlich als Gesamtschuldnerin für Unternehmensdarlehen in Höhe von fast 1.250.000,- DM, was dem Vielfachen ihres Jahresgehaltes entspreche. Die Stammeinlage für die Beigeladene zu 1) sei aus dem "gemeinsamen Privatvermögen" beglichen worden, das Firmengrundstück sei in Zusammenhang mit der Firmengründung von der Bank finanziert worden. Die Tilgungsleistungen und die Zinszahlungen habe sie durch die Mieteinnahmen beglichen.
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 18.01.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.09.2007 aufzuheben und festzustellen, dass sie in der Zeit ab dem 01.07.1991 nicht in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis bei der I Metallbau GmbH gestanden hat.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat sich auf die Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid bezogen.
Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt. Die Beigeladene zu 1) hat sich dem Vorbringen der Klägerin angeschlossen.
Die Beigeladene zu 3) hat die Auffassung vertreten, dass die Klägerin abhängig beschäftigt sei, da das Arbeitsentgelt als Betriebsausgabe verbucht und vom Arbeitsentgelt Lohnsteuer entrichtet werde. Die vertragliche Regelung der Arbeitszeit und des Aufgabengebietes der Klägerin sprächen gegen eine weisungsfreie Ausführung der ausgeübten Tätigkeit und damit für die Eingliederung in den betrieblichen Organisa-tionsprozess. Auch die in den vertraglichen Vereinbarungen festgehaltenen Urlaubs- und Kündigungsregelungen, die Fortzahlung des Arbeitsentgeltes bei Arbeitsunfähigkeit und die Zahlung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld seien Indizien für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung. Da die Klägerin weder an der GmbH beteiligt noch zu deren Geschäftsführerin bestellt worden sei, könne nicht von einer selbstständigen Tätigkeit im Sinne der Sozialversicherung gesprochen werden. Es sei vielmehr davon auszugehen, dass die Klägerin vom Betriebsinhaber bewusst nicht zur Mitunternehmerin berufen, sondern als abhängig Beschäftigte angemeldet worden sei.
Das SG hat Beweis erhoben über Art und Umfang der Tätigkeit der Klägerin für die Beigeladene zu 1) durch Vernehmung des Bau- und Kunstschlossers W (Bruder der Klägerin), der Bürokauffrau C und des Metallbauers I als Zeugen. Wegen des Ergebnisses wird auf die Sitzungsniederschrift des SG vom 05.11.2009 verwiesen.
Mit Urteil vom 5.11.2009 hat das SG schließlich den Bescheid der Beklagten vom 18.01.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.09.2007 aufgehoben und festgestellt, dass die Klägerin in der Zeit ab dem 01.07.1991 nicht in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis bei der Beigeladenen zu 1) gestanden habe. Zur Begründung hat es i.W. ausgeführt: Im Falle der Klägerin überwögen die Merkmale, die für eine selbständige Tätigkeit sprechen. Es habe zwar ein Arbeitsvertrag bestanden, dabei habe es sich jedoch um einen Standardarbeitsvertrag zwischen Ehegatten gehandelt, der bereits 1985/1987 abgeschlossen und in der Folgezeit nur deshalb nicht geändert worden sei, weil sich die Klägerin und ihr Ehemann hierüber keine Gedanken gemacht hätten. Tatsächlich gelebt worden sei dieser Vertrag im hier streitbefangenen Zeitraum nicht. Die Klägerin sei seit dem 01.07.1991 als faktische Geschäftsführerin für den kaufmännischen Bereich allein zuständig und hinsichtlich Zeit, Dauer, Art und Ort der Tätigkeit an keine Vorgaben gebunden. Gemeinsam mit ihrem Ehemann führe sie gleichberechtigt das Unternehmen. Unerheblich sei, dass die Klägerin als faktische Geschäftsführerin nicht im Handelsregister eingetragen ist und daher keine gesicherte Legitimation besitze, im Namen der GmbH im Rechtsverkehr für diese aufzutreten. Organ der Beigeladenen zu 1) sei ausschließlich der Ehemann der Klägerin als alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer. Eine rechtlich bestehende Abhängigkeit könne nämlich durch die tatsächlichen Verhältnisse so überlagert sein, dass eine Beschäftigung im sozialversicherungsrechtlichen Sinne ausscheide. Die Klägerin trage ein erhebliches Unternehmerrisiko. Das Gründungskapital für die Einzelfirma ihres Ehemannes, die später in die Beigeladene zu 1) überführt worden sei, stamme nach Auskunft des Steuerberaters zum erheblichen Teil von der Klägerin. Die bei Gründung der Beigeladenen zu 1) angefallenen 50.000,- DM stammten aus dem gemeinsam Ersparten der Eheleute I. Die Klägerin habe eine selbstschuldnerische Bürgschaft in Höhe von 500.000,- DM zugunsten der Beigeladenen zu 1) übernommen, außerdem sei zur Sicherung des Kontokorrents im Jahr 1990 eine Grundschuld über 750.000,-DM auf einem in ihrem Eigentum stehenden Grundstück eingetragen worden. Darüber hinaus stehe die Betriebsimmobilie in ihrem Eigentum und werde der Beigeladenen zu 1) lediglich mietweise überlassen. Die Klägerin habe damit ihr persönliches Schicksal mit dem der Gesellschaft verbunden. Aufgrund ihres wirtschaftlichen Engagements für das Unternehmen und des hohen Unternehmerrisikos besitze sie tatsächlich eine so starke Stellung in der Beigeladenen zu 1), dass sie als Mitunternehmerin und nicht als abhängig Beschäftigte auftreten könne. Dass sie steuerrechtlich als Arbeitnehmerin behandelt und Lohnsteuer abgeführt und ihr Gehalt als Betriebsausgabe verbucht worden sei, ändere hieran nichts, da das Steuerrecht von einem anderen Arbeitnehmerbegriff ausgehe als das Arbeits- oder Sozialversicherungsrecht.
Gegen das ihr am 18.12.2009 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 14.01.2010 Berufung eingelegt. Sie ist weiterhin der Ansicht, dass unter Berücksichtigung aller Gesamt-umstände eine sozialversicherungpflichtige Beschäftigung gegeben gewesen sei. Die Klägerin habe zwar ihr persönliches Schicksal in hohem Maße mit dem der Gesellschaft verbunden, eine Risikoverteilung wie die vorliegende sei in familiär geprägten Gesellschaften jedoch weit verbreitet und ließe keinesfalls den Schluss zu, dass die Klägerin als Mitunternehmerin tätig gewesen sei. Es sei aufgrund der fehlenden Beteiligung am Stammkapital davon auszugehen, dass sich der tatsächliche Einfluss der Klägerin, die über keine speziellen Fachkenntnisse im Geschäftsbereich der Gesellschaft verfüge, auf die Geschicke der Gesellschaft in Grenzen halten sollte. Hierfür spreche auch der seinerzeit mit der Einzelfirma geschlossene Anstellungsvertrag, der unverändert für die Tätigkeit der Klägerin der GmbH übernommen worden sei. Dass dies geschehen sei, weil man sich "keine Gedanken gemacht" habe, könne in diesem Zusammenhang nicht recht nachvollzogen werden. Es sei nicht nachvollziehbar, warum die Klägerin nicht formal als Geschäftsführerin bestellt worden sei, wenn sie als Mitunternehmerin den beschriebenen Einfluss auf die Gesellschaft gehabt haben sollte. Ebenso stelle sich die Frage, wieso die Klägerin sich dann nicht am Stammkapital der Gesellschaft beteiligt habe, zumal behauptet werde, die Finanzierung der Gesellschaft sei in hohem Maße von der Klägerin übernommen worden. Dass die Zeugen die Klägerin als Chefin angesehen hätten, sei kein Indiz für die Selbständigkeit als Mitunternehmerin.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 05.11.2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die Übernahme von Bürgschaften bezie-hungsweise die Gewährung von Darlehen sei für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis nicht typisch. Aufgrund ihrer Tätigkeiten und ihrer Stellung von extrem hohen finanziellen Sicherheiten könne sie nicht als Glied eines fremden Betriebes bezeichnet werden. Sie trage ein erhebliches unternehmerisches Risiko. Auf eine Mehrheitsbeteiligung selbst komme es insoweit nicht an. Eine offizielle Bestellung zur Geschäftsführerin sei insoweit ebenfalls nicht zwingend erforderlich. Der Bundesgerichtshof (BGH) habe insofern die Rechtsfigur des faktischen Geschäftsführers entwickelt. Dass der eingetragene Geschäftsführer ebenfalls Geschäfte für die Gesellschaft vornehme, stehe der Annahme, jemand sei daneben tatsächlicher Geschäftsführer, nicht entgegen. An die steuerrechtliche Behandlung durch das Finanzamt sei der Sozialversicherungsträger nicht gebunden. Wegen einer Erkrankung ihres Ehemannes im Sommer 2009 werde das Unternehmen i.Ü. zur Zeit von ihr alleine fortgeführt; dieser Umstand belege schon, dass sie auch ohne Mitarbeit ihres Ehemannes den Betrieb selbständig führen könne.
Die Beigeladenen stellen keinen Antrag.
Die Beigeladene zu 1) teilt die Ansicht der Klägerin. Die Beigeladene zu 2) beteiligt sich nicht am Verfahren. Die Beigeladene zu 3) teilt die Auffassung der Beklagten. Sie führt inbesondere aus, die Klägerin sei nicht zur Geschäftsführerin des Unternehmens bestellt worden, so dass die Rechtsprechung des BSG zum ausnahmsweise als Selbständigen zu beurteilenden Geschäftsführer einer Familien-GmbH keine Anwendung finden könne; der Klägerin fehle es bereits an der erforderlichen Rechtsmacht, um die Geschäfte der Gesellschaft weisungsfrei zu führen.
Der Senat hat einen Versicherungsverlauf für die Klägerin von der Beigeladenen zu 3) beigezogen und die Pflegekasse beigeladen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Streitakten und der Verwaltungsakten der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte in Abwesenheit der Beigeladenen zu 2) und 3) verhandeln und ent-scheiden, weil mit der ordnungsgemäß zugestellten Terminsmitteilung auf diese Möglich-keit hingewiesen worden ist und Anlass zur Vertagung nicht bestanden hat.
Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet.
Das SG hat die angefochtenen Bescheide der Beklagten zu Unrecht aufgehoben, denn diese sind nicht rechtswidrig.
Als zuständige Einzugsstelle hat die Beklagte mit den angefochtenen Bescheiden zutreffend festgestellt, dass es sich bei der Tätigkeit der Klägerin für die Beigeladene zu 1) auch ab 01.07.1991 um ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis gehandelt und (in den im Widerspruchsbescheid im Einzelnen aufgeführten Zeiträumen) Versicherungspflicht in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung bestanden hat.
Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI), § 25 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) der Beitragspflicht in der Renten- und Arbeitslosenversicherung.
Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV). Danach ist Beschäftigung die nichtselb-ständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG, der der Senat folgt, setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 24.01.2007 - B 12 KR 31/06 R). Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung.
Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine "Beschäftigung" vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehender Rechtsmacht (vgl. BSG, Urteil vom 08.08.1990 - 11 RAr 77/89, SozR 3-2400 § 7 Nr. 4; 11 RAr 49/94, SozR 3-4100 § 168 Nr. 18). In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (vgl. BSG, Urteile vom 25.01.2006 - B 12 KR 30/04 R; vom 24.01.2007 - B 12 KR 31/06 R jeweils m.m.N.).
Nach diesen Grundsätzen ist auch hier Ausgangspunkt der Bewertung das Vertragsverhältnis zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1), so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt.
Von grundlegender Bedeutung ist insoweit zunächst, dass die Klägerin nicht in ihrem eigenem, sondern in einem für sie fremden Unternehmen gearbeitet hat, an dessen Stammkapital sie nicht beteiligt gewesen ist. Anstelle eines Gesellschaftsvertrages, der die Klägerin zur Mitgesellschafterin und ggf. zur Mitgeschäftsführerin gemacht hätte, haben die Eheleute bei Aufnahme der Arbeit einen schriftlicher Ehegattenarbeitsvertrag geschlossen, der auch nicht den geringsten Ansatz dafür erkennen lässt, dass die Eheleute entgegen dem Wortlaut der Vereinbarung die Vorstellung gehabt haben könnten, dass die Klägerin nicht Arbeitnehmerin sein, sondern die Stellung einer Mitinhaberin erhalten sollte. Die Eheleute haben damals auf die strikte rechtliche Trennung des Betriebes des Ehemannes von dem Vermögen der Klägerin, insbesondere ihrer Betriebsimmobilie, geachtet. Sie haben damals ferner zweifelsfrei der Tätigkeit der Klägerin das Gepräge eines Beschäftigungsverhältnisses geben wollen und gegeben. So wurde die Klägerin nicht etwa unmittelbar am Gewinn beteiligt, sondern erhielt für die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung ein festes Gehalt. Dieses floss auch nicht auf ein Geschäftskonto der Beigeladenen zu 1), sondern auf das Privatkonto der Klägerin. Dem entsprechend waren ferner stets zwischen der Klägerin und ihrem Ehemann, wie auch später zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) auch sonst, vertraglich Leistungen vereinbart, die für eine Beschäftigung in einem Arbeitsverhältnis typisch sind. So waren Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, Weihnachtsgratifikation und Urlaubsanspruch vereinbart und erhielt die Klägerin ferner einen hohen Zuschuss zur Direktversicherung. Namentlich diese Leistungen zur betrieblichen Altersversorgung für die Klägerin wie vor allem auch die Zahlung des Zuschusses der Beigeladenen zu 1) zu den Kindergarten-kosten wird man kaum ernsthaft damit vereinbaren können, dass die Eheleute die Klägerin als selbständig Tätige und Mitinhaberin des Unternehmens gesehen haben. Die Höhe des Entgelts der Klägerin mag in Anbetracht des vorgetragenen Umfangs des Arbeitseinsatzes niedrig erscheinen, es wurde aber mehrfach an die Arbeitszeit angepasst und steht in keinem auffälligen Missverhältnis zu erlerntem Beruf und Tätigkeit, zumal die Klägerin bei ihrer Argumentation zu Unrecht nicht vom Gesamt-Brutto ausgeht, in dem u.a. der Wert der Überlassung eines Fahrzeugs enthalten ist. Ihre Darstellung der wöchentlichen Arbeitszeit differenziert ohnehin nicht zwischen ihrem Einsatz für die Beigeladene zu 1) und dem für die V-GmbH und lässt sich kaum mit der eigens für die Geschäftsführertätigkeit in der V-GmbH vorgenommene Reduzierung der Arbeitszeit im Vertrag mit der Beigeladenen zu 1) vom 10.02.1997 vereinbaren.
Zu Unrecht meint das SG, den vertraglichen Regelungen könne kein entscheidendes Gewicht beigemessen werden. Entgegen der die Darstellung der Klägerin und ihres Ehemannes übernehmenden Auffassung des SG kann nämlich schon nicht die Rede davon sein, dass man sich über die vertragliche Gestaltung nach Wechsel von der Einzelfirma zur GmbH und Änderungen im Aufgabenzuschnitt etc. keine Gedanken gemacht habe. Vielmehr ist der Vertrag mehrfach unter Beibehaltung des bisherigen Typus an die zwischenzeitlich eingetretenen Veränderungen namentlich des zeitlichen Umfangs der Tätigkeit der Klägerin für die Beigeladene zu 1) und ihrer Entlohnung angepasst worden. Die Klägerin und ihr Ehemann haben somit nicht nur Anlass gehabt, über die weitere Ausgestaltung der Bedingungen der Arbeit der Klägerin nachzudenken, sondern sie haben dies auch ersichtlich getan und ihren Willen in den Vertragsanpassungen so zum Ausdruck gebracht, dass sie sich bewusst gegen die Einräumung einer Gesellschafter- und Geschäftsführerstellung entschieden haben. Denn sie hätten kaum diese Anpassungen vorgenommen, wenn sie den Wunsch oder die Vorstellung gehabt hätten, dass die Klägerin nunmehr nicht mehr, wie ursprünglich vereinbart, als Arbeitnehmerin tätig werden, sondern die Stellung eine Mitinhaberin erhalten sollte.
Der somit deutlich für eine abhängige Beschäftigung sprechenden Vertragslage kann auch nicht mit Erfolg entgegen gehalten werden, die Verträge seien nicht so gelebt worden, wie deren Inhalt vorgab.
Allerdings verkennt der Senat nicht, dass sich im Laufe der Jahre die Aufgaben und Kompetenzen wie auch u.U. der zeitliche Umfang des Einsatzes der Klägerin verändert haben, ohne dass dies in den Verträgen umfassend Niederschlag gefunden hätte. Es kann jedoch nicht bezweifelt werden, dass die jeweiligen Verträge im Kern gelebt worden sind. Denn die Klägerin ist namentlich ihrer vertraglichen Verpflichtung zur Arbeit, die Beigeladene zu 1) ihrer Verpflichtung zur Zahlung des vereinbarten Entgelts und zur Gewährung der zahlreichen, für eine abhängige Beschäftigung typischen weiteren Leistungen nachgekommen, sie hat ferner die Beiträge zur Sozialversicherung entrichtet, deren Erstattung die Klägerin heute begehrt, und auch steuerrechtlich hat die Beigeladene zu 1) die Zahlungen an die Klägerin als Betriebsausgabe behandelt.
Soweit die Klägerin geltend macht, sie habe als kaufmännische Leiterin der Beigeladenen zu 1) die Stellung einer faktischen Geschäftsführerin inne gehabt, kann dahin gestellt bleiben, welche Bedeutung dieser Umstand außerhalb des Bereichs, für den diese Figur in der zivilgerichtlichen Rechtsprechung entwickelt worden ist, grundsätzlich haben kann. Den Schluss auf eine Selbständigkeit im sozialversicherungsrechtlichen Sinne lässt sie hier jedenfalls nicht zu, weil die Klägerin mangels einer maßgeblichen Beteiligung an der Gesellschaft nicht mit der erforderlichen Rechtsmacht innerhalb der GmbH verbunden ist. Wenn der Ehemann der Klägerin als Alleingesellschafter der Beigeladenen zu 1) ihr gegenüber von seinem Weisungsrecht bisher keinen Gebrauch gemacht hat, ist dies nach der eingangs zitierten Rechtsprechung unbeachtlich, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist.
Der Senat weist dazu darauf hin, dass selbst ein im Handelsregister eingetragener Gesellschafter einer GmbH, in der er keine Anteilsmehrheit und auch keine Sperrminorität besitzt, regelmäßig abhängig Beschäftigter ist (vgl. Senat, Urteil vom 06.05.2010 - L 16 KR 125/09 m.w.N. der Rspr. des BSG (JURIS)). Den grundsätzlichen Schluss aus einer faktischen Geschäftsführerschaft auf die Selbständigkeit ziehen i.Ü. offenbar auch weder die Klägerin noch ihr Ehemann. Im Feststellungsbogen vom 28.06.2006 war nämlich auch der Zeuge W, der die Klägerin als Chefin ansieht und im Betrieb entsprechend anspricht, wie er im Erörterungstermin vor dem SG erklärt hat, als faktischer Geschäftsführer bezeichnet worden, ohne dass von ihm behauptet würde, er sei selbständig und Mitinhaber des Unternehmens,
Der Senat übersieht nicht, dass der Fall der Klägerin auch Elemente aufweist, die für eine Selbständigkeit sprechen. So setzt sich die Stellung der Klägerin im Betrieb durch ihre familiäre Bindung zum Inhaber der GmbH und die der Klägerin übertragene Verantwortung und Handlungsfreiheit von der typischer Beschäftigter ab. Vertrauensstellung und große Handlungsfreiheit kann ein Fremdgeschäftsführer einer Gesellschaft aber auch ohne verwandtschafliche Beziehungen zum dem oder einem Gesellschafter besitzen. Zu sehen ist insoweit, dass selbst mit großer Machtfülle und weitgehenden Freiheiten ausgestattete Vorstände großer Aktiengesellschaften im Grundsatz Beschäftigte iSd § 7 SGB IV sind und die Klägerin mit diesen gemein hat, dass sie für eine nicht ihr gehörende, sondern fremde juristische Person tätig ist.
Bürgschaftsübernahme und Bewilligung einer Grundschuld zur Sicherung von Forderungen gegen die Beigeladene zu1 ) sehen alle Beteiligten zu Recht als eine für Arbeitnehmer nicht typische Übernahme von Risiken an. Es handelt sich aber eher um ein bloßes Haftungsrisiko, nicht um ein Unternehmerrisiko im eigentlichen Sinne, weil bei jenem das Wagnis des Einsatzes von (vor allem) Kapital mit der Gewinnchance verbunden ist. Letztere fehlt aber, wenn mangels Beteiligung an der Gesellschaft keine Gewinnbeteiligung besteht, sondern ein regelmäßiges Entgelt bezogen wird. Dass das Erwerbseinkommen der Klägerin mit dem Bestand und Erfolg der Beigeladenen zu 1) verknüpft ist, beinhaltet kein Unternehmerrisiko im Sinne der hier vorzunehmenden Abgrenzung selbständiger Tätigkeit von abhängiger Beschäftigung. Dem Risiko, etwa wegen schlechter Auftragslage kein Entgelt zu erzielen oder gar wegen Insolvenz des Arbeitgebers den Arbeitsplatz zu verlieren, kann jeder Arbeitnehmer ausgesetzt sein. Zum echten Unternehmerrisiko wird dieses Risiko regelmäßig erst, wenn bei Arbeitsmangel nicht nur kein Einkommen oder Entgelt aus Arbeit erzielt wird, sondern Kosten für getätigte Investitionen und/oder Arbeitnehmer anfallen oder Investitionen brach liegen (vgl. LSG NRW, Urteil vom 11.11.2005 - L 13 R 112/05; Senat, Urteile vom 10.12.2009 - L 16 R 5/08 und vom 21.01.2010 - L 16 KR 164/09). Ein solches Unternehmerrisiko erblickt die Klägerin zu Unrecht in dem Umstand, dass die Betriebsimmobilie der Beigeladenen zu 1) in ihrem Eigentum steht. Denn die Klägerin nutzt nicht unternehmerisch ein eigenes Betriebsgrundstück, sondern die GmbH ihres Mannes nutzt ein fremdes gemietetes Grundstück, das gerade nicht zum Betriebsvermögen der Beigeladenen zu 1) gehört. Die Klägerin hat das Grundstück nicht wie einen Gesellschaftsanteil in die GmbH eingebracht, sondern an diese vermietet. Einkünfte erzielt sie aus der Vermietung der Immobilie, nicht aus der Gesellschaft, entsprechend ist ihr Risiko nicht das einer Mitinhaberin des Metallbauunternehmens, sondern das einer Vermieterin. Auch dies ist im Übrigen - wie die Gestaltung des Vertrages zwischen Klägerin und dem Unternehmen ihres Ehemannes - keine Zufälligkeit, sondern eine Konsequenz bewusster Gestaltung der Verhältnisse des Betriebes.
Der Vortrag der Klägerin zur ursprünglichen Kapitalaufbringung für das Metallbauunternehmen ihres Ehemannes erlaubt keine andere Beurteilung. Es ist vor dem Hintergrund der vereinbarten Gütertrennung bereits nicht nachvollziehbar, wenn die Klägerin und ihr Steuerberater von gemeinsamem Erspartem oder gemeinsamem Privatvermögen sprechen.
Nach alledem überwogen jedenfalls im dem Zeitraum, für den die Klagerin die Überprüfung und Beitragserstattung beantragt hatte, die Umstände, die für eine abhängige Beschäftigung der Klägerin sprechen. Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Anlass, die Revision zuzulassen, hat nicht bestanden.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Klägerin vom 01.07.1991 bis zum 31.08.2007 - seitdem ist die Klägerin geringfügig beschäftigt - in ihrer Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) zu Unrecht als versicherungspflichtig behandelt worden ist.
Die 1959 geborene Klägerin, die den Beruf einer Bürokauffrau erlernt hat, ist mit dem Schlossermeister I verheiratet; die Eheleute haben Gütertrennung vereinbart.
Seit dem 01.10.1985 war sie mit Unterbrechungen durch Zeiten der Schwangerschaft, des Mutterschutzes und der Kindererziehung (1986/87 und 1990/1991) in dem Metallbaubetrieb ihres Ehegatten tätig, den dieser zunächst als Einzelfirma und später in der Form einer GmbH, der durch notariellen Vertrag vom 18.12.1986 gegründeten Beigeladenen zu 1), geführt hat und führt, deren Geschäftsführer und Alleingesellschafter er ist. Die Stammeinlage der Beigeladenen zu 1 ) wurde nach Angabe des Steuerberaters aus dem "gemeinsamen Erspartem der Eheleute" bzw., so die Klägerin selbst, "aus dem gemeinsamen Privatvermögen" finanziert. Das ihr gehörende Firmengrundstück ist nach Angaben der Klägerin im Zusammenhang mit der Firmengründung von der Bank finanziert worden, die Tilgungsleistungen und die Zinszahlungen habe sie durch Einnahmen aus der Vermietung des Betriebsgrundstücks an die Beigeladene zu 1) finanziert. Die Klägerin ließ 1990 im Grundbuch eine Grundschuld über 750.000 DM eintragen und übernahm 1992 für die Beigeladene zu 1) gegenüber der Kreissparkasse eine selbstschuldnerische Bürgschaft über 500.000 DM. Grundlage der Tätigkeit der Klägerin für die Beigeladene zu 1) war ursprünglich ein so genannter "Arbeitsvertrag (zwischen Ehegatten)" vom 01.10.1985, mit welchem sich die Klägerin verpflichtete, im Betrieb ihres Ehegatten als technische Angestellte mit einer regelmäßigen Arbeitszeit von 40 Stunden in der Woche entgeltlich mitzuarbeiten. Der Vertrag sah u.a. eine auf das Konto der Klägerin zu zahlende Arbeitsvergütung von ursprünglich 3200 DM, Gehaltsfortzahlung im Krankheitsfall, Weihnachtsgratifikation, Urlaubsanspruch und die Schriftform für Vertragsänderungen vor. Der Vertrag wurde mehrfach angepasst (z.B. wegen Wechsels des zur Verfügung gestellten PKWs) bzw. geändert. So wurde mit Vertrag vom 01.01.1987 die Arbeitszeit ab diesem Tag auf 20 Wochenstunden reduziert und unter dem 22.06.1992 die Arbeitszeit von halbtags auf vierteltags ermäßigt (bei gleich bleibendem Gehalt von damals 2.931 DM). Seit 01.07.1991 hatte die Klägerin nach ihrem Vorbringen bei der Beigeladenen zu 1) die Funktion der kaufmännischen Leiterin.
Neben der Arbeit für die Beigeladene zu 1 ) war die Klägerin ab März 1997 bis Frühjahr 2007 auch Geschäftsführerin der inzwischen liquidierten V xxx GmbH (im Folgenden: V-GmbH). Diese Gesellschaft sei, so die Klägerin, von ihnen gegründet worden, weil sie Geld übrig gehabt hätten. Sie sei als Geschäftsführerin eingesetzt worden, weil ihr Ehemann nicht gleichzeitig Geschäftsführer zweier Firmen habe sein können. Wegen dieser Geschäftsführertätigkeit wurde in einem Vertrag vom 10.02.1997, der von der Klägerin als "Arbeitnehmerin" und ihrem Ehemann als Geschäftsführer der "Arbeitgeberin" unterzeichnet ist, vereinbart, dass die Klägerin für die Beigeladene zu 1) in Zukunft in einem geringeren Umfang tätig sein solle. Gehalt, Weihnachtsgeld, vermögenswirksame Leistungen, Zuschuss zur Direktversicherung und zum Kindergartengeld sowie Urlaubsgeld wurden neu geregelt.
Die Beigeladene zu 1) leistete weiterhin neben dem Gehalt einen Arbeitgeberanteil zu den vermögenswirksamen Leistungen und zur betrieblichen Altersversorgung. Von dem Entgelt wurden Sozialversicherungsbeiträge entrichtet, die Ausgaben wurden von der Beigeladenen zu 1) als Gehalt verbucht und steuerlich als Betriebsausgaben geltend gemacht. Seit dem Wechsel der Klägerin in die private Krankenversicherung zum 01.03.1997 ist die Beklagte nur noch Einzugsstelle für die Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung.
Im Juli 2006 beantragte die Klägerin, deren von der Beigeladenen zu 1) bezogenes Gesamt-Brutto in 2006 monatlich 4.018,22 Euro betragen hatte, bei der Beklagten die Überprüfung, ob ihre Tätigkeit als kaufmännische Leiterin bei der Beigeladenen zu 1) seit dem 01.07.1991 sozialversicherungspflichtig ist. Gleichzeitig beantragte sie die Erstattung zu Unrecht entrichteter Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung für die Zeit ab 01.07.1991. Sie gab an, ihr obliege die kaufmännische Leitung des Unternehmens. Sie sei alleinvertretungsberechtigt und verfüge über eine Bankvollmacht. Sie unterliege bei ihrer Tätigkeit keinerlei Weisungen, weder bezüglich der Dauer, der Art, des Ortes oder der Zeit. Die Tätigkeit sei vielmehr - aufgrund von familienhaften Rücksichtnahmen - durch ein gleichberechtigtes Nebeneinander zu ihrem Mann geprägt, der den technischen Bereich des Unternehmens leite. Etwaige Kontrollrechte würden durch ihren Ehemann als einzigem Gesellschafter nicht ausgeübt. Personalentscheidungen treffe sie gleichbe-rechtigt gemeinsam mit ihrem Ehemann. Während einer längeren krankheitsbedingten Abwesenheit ihres Ehemannes habe sie das Unternehmen allein geführt. Der schriftliche Standardarbeitsvertrag werde in der Realität nicht gelebt. Ihre tatsächliche Arbeitszeit liege weit über der durchschnittlichen tariflichen Leistung; sie arbeite 80 bis 90 Stunden bei einer Sieben-Tage-Woche. Zugunsten des Familienbetriebes verzichte sie auf sämtliche Arbeitnehmerschutzvorschriften. Es bestünden keine Überstundenvergütungs-ansprüche. Daran gemessen sei das Gehalt von 3.082,- EUR unangemessen niedrig. Sie nehme nur an einzelnen Tagen Urlaub, sei aber selbst an diesen Tagen zumindest stundenweise für das Unternehmen tätig. Nicht wahrgenommene Urlaubstage würden nicht abgegolten. Sie trage auch ein erhebliches unternehmerisches Risiko, da sie für das Unternehmen eine Bürgschaft in Höhe von 500.000,- DM und eine Grundschuld in Höhe von 750.000,- DM übernommen habe. Schließlich sei sie Eigentümerin des Betriebsgrundstücks und der Betriebsimmobilie, die sie an die Beigeladene zu 1) vermiete.
Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 18.01.2007 fest, dass es sich bei der Tätigkeit der Klägerin für die Beigeladene zu 1) um ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis handele, so dass dem Grunde nach Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung bestehe. Den hiergegen erhobenen Widerspruch der Klägerin wies die Beklagten durch Widerspruchsbescheid vom 05.09.2007 als unbegründet zurück: Bei der Klägerin seien mehr Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vorhanden als für eine selbstständige Tätigkeit. Sie sei weder Geschäftsführerin der Beigeladenen zu 1) noch sei sie am Stammkapital der GmbH beteiligt. Sie habe somit keine Möglichkeit, Gesellschafterbeschlüsse herbeizuführen oder zu verhindern und damit maßgebenden Einfluss auf die Entscheidungen des Unternehmens zu nehmen. Die Klägerin stehe nicht in gleichberechtigter Stellung zu ihrem Ehemann, der als Alleingesellschafter und Geschäftsführer das "letzte Wort" habe und ihr allenfalls "freie Hand" lasse. Bedingt durch das Verhältnis zwischen Ehegatten habe die Klägerin sicherlich eine Vertrauensstellung, die nur schwer auf eine fremde Person übertragbar sei. Allerdings basiere eine solche Stellung auf dem Willen des Alleingesellschafters und Geschäftsführers. Obgleich bei der kaufmännischen Unternehmensleitung keine Bindung an Einzelanweisungen bestehe, habe sie ihre Aufgaben nach Maßgabe der Gesetze und der Satzung der Gesellschaft - u.a. unter Berücksichtigung der Beschlüsse der Gesellschafter - zu erfüllen. Die Betriebsorganisation und der Geschäftsablauf lägen somit letztlich in der Hand des Alleingesellschafters. Folglich füge sich die Klägerin nicht in eine eigene, selbst gegebene, sondern in eine vorgegebene, fremde Betriebsorganisation ein, so dass eine funktionsgerecht dienende Teilhabe am Arbeitsprozess gegeben und die Arbeitsleistung demnach fremdbestimmt sei. Im Übrigen fehle das die selbstständige Tätigkeit kennzeichnende Unternehmerrisiko. Ein solches könne nur dann angenommen werden, wenn der Erfolg des Einsatzes der Arbeitskraft ungewiss sei. Die Klägerin erhalte jedoch unabhängig von der Ertragslage eine regelmäßige monatliche Vergütung. Die Übernahme von Sicherheiten, wie Bürgschaften oder Grundschulden stelle lediglich ein Indiz für eine selbstständige Tätigkeit dar, begründe für sich genommen jedoch noch keine Unternehmereigenschaft. Auch die Alleinvertretungsberechtigung und die Bankvollmacht könnten zu keinem anderen Ergebnis führen, zumal der Ehemann als Alleingesellschafter hierfür das Unternehmerrisiko trage. Das Vorliegen einschlägiger Branchenkenntnisse sei bei leitenden Angestellten durchaus üblich und vielfach gerade Voraussetzung für die Übertragung dieser Aufgabe. Im Übrigen spreche für die Beurteilung der Tätigkeit als abhängiges Beschäftigungsverhältnis der vertraglich eingeräumte Urlaubsanspruch von 30 Tagen jährlich und die Fortzahlung von Bezügen im Krankheitsfall für die Dauer von 6 Wochen.
Mit der am 24.09.2007 beim Sozialgericht Aachen (SG) erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt. Sie hat zur Begründung ihr Vorbringen aus dem Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren wiederholt und ergänzend darauf hingewiesen, dass sowohl sie als auch ihr Ehemann den ihnen übertragenen Bereich im Unternehmen völlig eigenverantwortlich und weisungsfrei führten. Ein Direktionsrecht bestehe nicht bzw. sei zu keinem Zeitpunkt ausgeübt worden. Die Gestaltung ihrer Arbeitszeit sei allein von den betrieblichen Erfordernissen, insbesondere von dem eigenen wirtschaftlichen Interesse am Wohl und Gedeih des Unternehmens abhängig. Die vorgegebene Betriebsordnung sei für sie nicht bestimmend. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) seien zur Beurteilung von abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit die tatsächlichen Verhältnisse und nicht die vertraglichen oder rechtlichen Beziehungen zugrunde zu legen. Abgesehen davon, dass es sich bei dem Unternehmen um eine "gemeinsame Sache" handele, trage sie auch ein erhebliches unternehmerisches Risiko. Sie hafte persönlich als Gesamtschuldnerin für Unternehmensdarlehen in Höhe von fast 1.250.000,- DM, was dem Vielfachen ihres Jahresgehaltes entspreche. Die Stammeinlage für die Beigeladene zu 1) sei aus dem "gemeinsamen Privatvermögen" beglichen worden, das Firmengrundstück sei in Zusammenhang mit der Firmengründung von der Bank finanziert worden. Die Tilgungsleistungen und die Zinszahlungen habe sie durch die Mieteinnahmen beglichen.
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 18.01.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.09.2007 aufzuheben und festzustellen, dass sie in der Zeit ab dem 01.07.1991 nicht in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis bei der I Metallbau GmbH gestanden hat.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat sich auf die Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid bezogen.
Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt. Die Beigeladene zu 1) hat sich dem Vorbringen der Klägerin angeschlossen.
Die Beigeladene zu 3) hat die Auffassung vertreten, dass die Klägerin abhängig beschäftigt sei, da das Arbeitsentgelt als Betriebsausgabe verbucht und vom Arbeitsentgelt Lohnsteuer entrichtet werde. Die vertragliche Regelung der Arbeitszeit und des Aufgabengebietes der Klägerin sprächen gegen eine weisungsfreie Ausführung der ausgeübten Tätigkeit und damit für die Eingliederung in den betrieblichen Organisa-tionsprozess. Auch die in den vertraglichen Vereinbarungen festgehaltenen Urlaubs- und Kündigungsregelungen, die Fortzahlung des Arbeitsentgeltes bei Arbeitsunfähigkeit und die Zahlung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld seien Indizien für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung. Da die Klägerin weder an der GmbH beteiligt noch zu deren Geschäftsführerin bestellt worden sei, könne nicht von einer selbstständigen Tätigkeit im Sinne der Sozialversicherung gesprochen werden. Es sei vielmehr davon auszugehen, dass die Klägerin vom Betriebsinhaber bewusst nicht zur Mitunternehmerin berufen, sondern als abhängig Beschäftigte angemeldet worden sei.
Das SG hat Beweis erhoben über Art und Umfang der Tätigkeit der Klägerin für die Beigeladene zu 1) durch Vernehmung des Bau- und Kunstschlossers W (Bruder der Klägerin), der Bürokauffrau C und des Metallbauers I als Zeugen. Wegen des Ergebnisses wird auf die Sitzungsniederschrift des SG vom 05.11.2009 verwiesen.
Mit Urteil vom 5.11.2009 hat das SG schließlich den Bescheid der Beklagten vom 18.01.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.09.2007 aufgehoben und festgestellt, dass die Klägerin in der Zeit ab dem 01.07.1991 nicht in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis bei der Beigeladenen zu 1) gestanden habe. Zur Begründung hat es i.W. ausgeführt: Im Falle der Klägerin überwögen die Merkmale, die für eine selbständige Tätigkeit sprechen. Es habe zwar ein Arbeitsvertrag bestanden, dabei habe es sich jedoch um einen Standardarbeitsvertrag zwischen Ehegatten gehandelt, der bereits 1985/1987 abgeschlossen und in der Folgezeit nur deshalb nicht geändert worden sei, weil sich die Klägerin und ihr Ehemann hierüber keine Gedanken gemacht hätten. Tatsächlich gelebt worden sei dieser Vertrag im hier streitbefangenen Zeitraum nicht. Die Klägerin sei seit dem 01.07.1991 als faktische Geschäftsführerin für den kaufmännischen Bereich allein zuständig und hinsichtlich Zeit, Dauer, Art und Ort der Tätigkeit an keine Vorgaben gebunden. Gemeinsam mit ihrem Ehemann führe sie gleichberechtigt das Unternehmen. Unerheblich sei, dass die Klägerin als faktische Geschäftsführerin nicht im Handelsregister eingetragen ist und daher keine gesicherte Legitimation besitze, im Namen der GmbH im Rechtsverkehr für diese aufzutreten. Organ der Beigeladenen zu 1) sei ausschließlich der Ehemann der Klägerin als alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer. Eine rechtlich bestehende Abhängigkeit könne nämlich durch die tatsächlichen Verhältnisse so überlagert sein, dass eine Beschäftigung im sozialversicherungsrechtlichen Sinne ausscheide. Die Klägerin trage ein erhebliches Unternehmerrisiko. Das Gründungskapital für die Einzelfirma ihres Ehemannes, die später in die Beigeladene zu 1) überführt worden sei, stamme nach Auskunft des Steuerberaters zum erheblichen Teil von der Klägerin. Die bei Gründung der Beigeladenen zu 1) angefallenen 50.000,- DM stammten aus dem gemeinsam Ersparten der Eheleute I. Die Klägerin habe eine selbstschuldnerische Bürgschaft in Höhe von 500.000,- DM zugunsten der Beigeladenen zu 1) übernommen, außerdem sei zur Sicherung des Kontokorrents im Jahr 1990 eine Grundschuld über 750.000,-DM auf einem in ihrem Eigentum stehenden Grundstück eingetragen worden. Darüber hinaus stehe die Betriebsimmobilie in ihrem Eigentum und werde der Beigeladenen zu 1) lediglich mietweise überlassen. Die Klägerin habe damit ihr persönliches Schicksal mit dem der Gesellschaft verbunden. Aufgrund ihres wirtschaftlichen Engagements für das Unternehmen und des hohen Unternehmerrisikos besitze sie tatsächlich eine so starke Stellung in der Beigeladenen zu 1), dass sie als Mitunternehmerin und nicht als abhängig Beschäftigte auftreten könne. Dass sie steuerrechtlich als Arbeitnehmerin behandelt und Lohnsteuer abgeführt und ihr Gehalt als Betriebsausgabe verbucht worden sei, ändere hieran nichts, da das Steuerrecht von einem anderen Arbeitnehmerbegriff ausgehe als das Arbeits- oder Sozialversicherungsrecht.
Gegen das ihr am 18.12.2009 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 14.01.2010 Berufung eingelegt. Sie ist weiterhin der Ansicht, dass unter Berücksichtigung aller Gesamt-umstände eine sozialversicherungpflichtige Beschäftigung gegeben gewesen sei. Die Klägerin habe zwar ihr persönliches Schicksal in hohem Maße mit dem der Gesellschaft verbunden, eine Risikoverteilung wie die vorliegende sei in familiär geprägten Gesellschaften jedoch weit verbreitet und ließe keinesfalls den Schluss zu, dass die Klägerin als Mitunternehmerin tätig gewesen sei. Es sei aufgrund der fehlenden Beteiligung am Stammkapital davon auszugehen, dass sich der tatsächliche Einfluss der Klägerin, die über keine speziellen Fachkenntnisse im Geschäftsbereich der Gesellschaft verfüge, auf die Geschicke der Gesellschaft in Grenzen halten sollte. Hierfür spreche auch der seinerzeit mit der Einzelfirma geschlossene Anstellungsvertrag, der unverändert für die Tätigkeit der Klägerin der GmbH übernommen worden sei. Dass dies geschehen sei, weil man sich "keine Gedanken gemacht" habe, könne in diesem Zusammenhang nicht recht nachvollzogen werden. Es sei nicht nachvollziehbar, warum die Klägerin nicht formal als Geschäftsführerin bestellt worden sei, wenn sie als Mitunternehmerin den beschriebenen Einfluss auf die Gesellschaft gehabt haben sollte. Ebenso stelle sich die Frage, wieso die Klägerin sich dann nicht am Stammkapital der Gesellschaft beteiligt habe, zumal behauptet werde, die Finanzierung der Gesellschaft sei in hohem Maße von der Klägerin übernommen worden. Dass die Zeugen die Klägerin als Chefin angesehen hätten, sei kein Indiz für die Selbständigkeit als Mitunternehmerin.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 05.11.2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die Übernahme von Bürgschaften bezie-hungsweise die Gewährung von Darlehen sei für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis nicht typisch. Aufgrund ihrer Tätigkeiten und ihrer Stellung von extrem hohen finanziellen Sicherheiten könne sie nicht als Glied eines fremden Betriebes bezeichnet werden. Sie trage ein erhebliches unternehmerisches Risiko. Auf eine Mehrheitsbeteiligung selbst komme es insoweit nicht an. Eine offizielle Bestellung zur Geschäftsführerin sei insoweit ebenfalls nicht zwingend erforderlich. Der Bundesgerichtshof (BGH) habe insofern die Rechtsfigur des faktischen Geschäftsführers entwickelt. Dass der eingetragene Geschäftsführer ebenfalls Geschäfte für die Gesellschaft vornehme, stehe der Annahme, jemand sei daneben tatsächlicher Geschäftsführer, nicht entgegen. An die steuerrechtliche Behandlung durch das Finanzamt sei der Sozialversicherungsträger nicht gebunden. Wegen einer Erkrankung ihres Ehemannes im Sommer 2009 werde das Unternehmen i.Ü. zur Zeit von ihr alleine fortgeführt; dieser Umstand belege schon, dass sie auch ohne Mitarbeit ihres Ehemannes den Betrieb selbständig führen könne.
Die Beigeladenen stellen keinen Antrag.
Die Beigeladene zu 1) teilt die Ansicht der Klägerin. Die Beigeladene zu 2) beteiligt sich nicht am Verfahren. Die Beigeladene zu 3) teilt die Auffassung der Beklagten. Sie führt inbesondere aus, die Klägerin sei nicht zur Geschäftsführerin des Unternehmens bestellt worden, so dass die Rechtsprechung des BSG zum ausnahmsweise als Selbständigen zu beurteilenden Geschäftsführer einer Familien-GmbH keine Anwendung finden könne; der Klägerin fehle es bereits an der erforderlichen Rechtsmacht, um die Geschäfte der Gesellschaft weisungsfrei zu führen.
Der Senat hat einen Versicherungsverlauf für die Klägerin von der Beigeladenen zu 3) beigezogen und die Pflegekasse beigeladen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Streitakten und der Verwaltungsakten der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte in Abwesenheit der Beigeladenen zu 2) und 3) verhandeln und ent-scheiden, weil mit der ordnungsgemäß zugestellten Terminsmitteilung auf diese Möglich-keit hingewiesen worden ist und Anlass zur Vertagung nicht bestanden hat.
Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet.
Das SG hat die angefochtenen Bescheide der Beklagten zu Unrecht aufgehoben, denn diese sind nicht rechtswidrig.
Als zuständige Einzugsstelle hat die Beklagte mit den angefochtenen Bescheiden zutreffend festgestellt, dass es sich bei der Tätigkeit der Klägerin für die Beigeladene zu 1) auch ab 01.07.1991 um ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis gehandelt und (in den im Widerspruchsbescheid im Einzelnen aufgeführten Zeiträumen) Versicherungspflicht in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung bestanden hat.
Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI), § 25 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) der Beitragspflicht in der Renten- und Arbeitslosenversicherung.
Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV). Danach ist Beschäftigung die nichtselb-ständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG, der der Senat folgt, setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 24.01.2007 - B 12 KR 31/06 R). Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung.
Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine "Beschäftigung" vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehender Rechtsmacht (vgl. BSG, Urteil vom 08.08.1990 - 11 RAr 77/89, SozR 3-2400 § 7 Nr. 4; 11 RAr 49/94, SozR 3-4100 § 168 Nr. 18). In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (vgl. BSG, Urteile vom 25.01.2006 - B 12 KR 30/04 R; vom 24.01.2007 - B 12 KR 31/06 R jeweils m.m.N.).
Nach diesen Grundsätzen ist auch hier Ausgangspunkt der Bewertung das Vertragsverhältnis zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1), so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt.
Von grundlegender Bedeutung ist insoweit zunächst, dass die Klägerin nicht in ihrem eigenem, sondern in einem für sie fremden Unternehmen gearbeitet hat, an dessen Stammkapital sie nicht beteiligt gewesen ist. Anstelle eines Gesellschaftsvertrages, der die Klägerin zur Mitgesellschafterin und ggf. zur Mitgeschäftsführerin gemacht hätte, haben die Eheleute bei Aufnahme der Arbeit einen schriftlicher Ehegattenarbeitsvertrag geschlossen, der auch nicht den geringsten Ansatz dafür erkennen lässt, dass die Eheleute entgegen dem Wortlaut der Vereinbarung die Vorstellung gehabt haben könnten, dass die Klägerin nicht Arbeitnehmerin sein, sondern die Stellung einer Mitinhaberin erhalten sollte. Die Eheleute haben damals auf die strikte rechtliche Trennung des Betriebes des Ehemannes von dem Vermögen der Klägerin, insbesondere ihrer Betriebsimmobilie, geachtet. Sie haben damals ferner zweifelsfrei der Tätigkeit der Klägerin das Gepräge eines Beschäftigungsverhältnisses geben wollen und gegeben. So wurde die Klägerin nicht etwa unmittelbar am Gewinn beteiligt, sondern erhielt für die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung ein festes Gehalt. Dieses floss auch nicht auf ein Geschäftskonto der Beigeladenen zu 1), sondern auf das Privatkonto der Klägerin. Dem entsprechend waren ferner stets zwischen der Klägerin und ihrem Ehemann, wie auch später zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) auch sonst, vertraglich Leistungen vereinbart, die für eine Beschäftigung in einem Arbeitsverhältnis typisch sind. So waren Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, Weihnachtsgratifikation und Urlaubsanspruch vereinbart und erhielt die Klägerin ferner einen hohen Zuschuss zur Direktversicherung. Namentlich diese Leistungen zur betrieblichen Altersversorgung für die Klägerin wie vor allem auch die Zahlung des Zuschusses der Beigeladenen zu 1) zu den Kindergarten-kosten wird man kaum ernsthaft damit vereinbaren können, dass die Eheleute die Klägerin als selbständig Tätige und Mitinhaberin des Unternehmens gesehen haben. Die Höhe des Entgelts der Klägerin mag in Anbetracht des vorgetragenen Umfangs des Arbeitseinsatzes niedrig erscheinen, es wurde aber mehrfach an die Arbeitszeit angepasst und steht in keinem auffälligen Missverhältnis zu erlerntem Beruf und Tätigkeit, zumal die Klägerin bei ihrer Argumentation zu Unrecht nicht vom Gesamt-Brutto ausgeht, in dem u.a. der Wert der Überlassung eines Fahrzeugs enthalten ist. Ihre Darstellung der wöchentlichen Arbeitszeit differenziert ohnehin nicht zwischen ihrem Einsatz für die Beigeladene zu 1) und dem für die V-GmbH und lässt sich kaum mit der eigens für die Geschäftsführertätigkeit in der V-GmbH vorgenommene Reduzierung der Arbeitszeit im Vertrag mit der Beigeladenen zu 1) vom 10.02.1997 vereinbaren.
Zu Unrecht meint das SG, den vertraglichen Regelungen könne kein entscheidendes Gewicht beigemessen werden. Entgegen der die Darstellung der Klägerin und ihres Ehemannes übernehmenden Auffassung des SG kann nämlich schon nicht die Rede davon sein, dass man sich über die vertragliche Gestaltung nach Wechsel von der Einzelfirma zur GmbH und Änderungen im Aufgabenzuschnitt etc. keine Gedanken gemacht habe. Vielmehr ist der Vertrag mehrfach unter Beibehaltung des bisherigen Typus an die zwischenzeitlich eingetretenen Veränderungen namentlich des zeitlichen Umfangs der Tätigkeit der Klägerin für die Beigeladene zu 1) und ihrer Entlohnung angepasst worden. Die Klägerin und ihr Ehemann haben somit nicht nur Anlass gehabt, über die weitere Ausgestaltung der Bedingungen der Arbeit der Klägerin nachzudenken, sondern sie haben dies auch ersichtlich getan und ihren Willen in den Vertragsanpassungen so zum Ausdruck gebracht, dass sie sich bewusst gegen die Einräumung einer Gesellschafter- und Geschäftsführerstellung entschieden haben. Denn sie hätten kaum diese Anpassungen vorgenommen, wenn sie den Wunsch oder die Vorstellung gehabt hätten, dass die Klägerin nunmehr nicht mehr, wie ursprünglich vereinbart, als Arbeitnehmerin tätig werden, sondern die Stellung eine Mitinhaberin erhalten sollte.
Der somit deutlich für eine abhängige Beschäftigung sprechenden Vertragslage kann auch nicht mit Erfolg entgegen gehalten werden, die Verträge seien nicht so gelebt worden, wie deren Inhalt vorgab.
Allerdings verkennt der Senat nicht, dass sich im Laufe der Jahre die Aufgaben und Kompetenzen wie auch u.U. der zeitliche Umfang des Einsatzes der Klägerin verändert haben, ohne dass dies in den Verträgen umfassend Niederschlag gefunden hätte. Es kann jedoch nicht bezweifelt werden, dass die jeweiligen Verträge im Kern gelebt worden sind. Denn die Klägerin ist namentlich ihrer vertraglichen Verpflichtung zur Arbeit, die Beigeladene zu 1) ihrer Verpflichtung zur Zahlung des vereinbarten Entgelts und zur Gewährung der zahlreichen, für eine abhängige Beschäftigung typischen weiteren Leistungen nachgekommen, sie hat ferner die Beiträge zur Sozialversicherung entrichtet, deren Erstattung die Klägerin heute begehrt, und auch steuerrechtlich hat die Beigeladene zu 1) die Zahlungen an die Klägerin als Betriebsausgabe behandelt.
Soweit die Klägerin geltend macht, sie habe als kaufmännische Leiterin der Beigeladenen zu 1) die Stellung einer faktischen Geschäftsführerin inne gehabt, kann dahin gestellt bleiben, welche Bedeutung dieser Umstand außerhalb des Bereichs, für den diese Figur in der zivilgerichtlichen Rechtsprechung entwickelt worden ist, grundsätzlich haben kann. Den Schluss auf eine Selbständigkeit im sozialversicherungsrechtlichen Sinne lässt sie hier jedenfalls nicht zu, weil die Klägerin mangels einer maßgeblichen Beteiligung an der Gesellschaft nicht mit der erforderlichen Rechtsmacht innerhalb der GmbH verbunden ist. Wenn der Ehemann der Klägerin als Alleingesellschafter der Beigeladenen zu 1) ihr gegenüber von seinem Weisungsrecht bisher keinen Gebrauch gemacht hat, ist dies nach der eingangs zitierten Rechtsprechung unbeachtlich, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist.
Der Senat weist dazu darauf hin, dass selbst ein im Handelsregister eingetragener Gesellschafter einer GmbH, in der er keine Anteilsmehrheit und auch keine Sperrminorität besitzt, regelmäßig abhängig Beschäftigter ist (vgl. Senat, Urteil vom 06.05.2010 - L 16 KR 125/09 m.w.N. der Rspr. des BSG (JURIS)). Den grundsätzlichen Schluss aus einer faktischen Geschäftsführerschaft auf die Selbständigkeit ziehen i.Ü. offenbar auch weder die Klägerin noch ihr Ehemann. Im Feststellungsbogen vom 28.06.2006 war nämlich auch der Zeuge W, der die Klägerin als Chefin ansieht und im Betrieb entsprechend anspricht, wie er im Erörterungstermin vor dem SG erklärt hat, als faktischer Geschäftsführer bezeichnet worden, ohne dass von ihm behauptet würde, er sei selbständig und Mitinhaber des Unternehmens,
Der Senat übersieht nicht, dass der Fall der Klägerin auch Elemente aufweist, die für eine Selbständigkeit sprechen. So setzt sich die Stellung der Klägerin im Betrieb durch ihre familiäre Bindung zum Inhaber der GmbH und die der Klägerin übertragene Verantwortung und Handlungsfreiheit von der typischer Beschäftigter ab. Vertrauensstellung und große Handlungsfreiheit kann ein Fremdgeschäftsführer einer Gesellschaft aber auch ohne verwandtschafliche Beziehungen zum dem oder einem Gesellschafter besitzen. Zu sehen ist insoweit, dass selbst mit großer Machtfülle und weitgehenden Freiheiten ausgestattete Vorstände großer Aktiengesellschaften im Grundsatz Beschäftigte iSd § 7 SGB IV sind und die Klägerin mit diesen gemein hat, dass sie für eine nicht ihr gehörende, sondern fremde juristische Person tätig ist.
Bürgschaftsübernahme und Bewilligung einer Grundschuld zur Sicherung von Forderungen gegen die Beigeladene zu1 ) sehen alle Beteiligten zu Recht als eine für Arbeitnehmer nicht typische Übernahme von Risiken an. Es handelt sich aber eher um ein bloßes Haftungsrisiko, nicht um ein Unternehmerrisiko im eigentlichen Sinne, weil bei jenem das Wagnis des Einsatzes von (vor allem) Kapital mit der Gewinnchance verbunden ist. Letztere fehlt aber, wenn mangels Beteiligung an der Gesellschaft keine Gewinnbeteiligung besteht, sondern ein regelmäßiges Entgelt bezogen wird. Dass das Erwerbseinkommen der Klägerin mit dem Bestand und Erfolg der Beigeladenen zu 1) verknüpft ist, beinhaltet kein Unternehmerrisiko im Sinne der hier vorzunehmenden Abgrenzung selbständiger Tätigkeit von abhängiger Beschäftigung. Dem Risiko, etwa wegen schlechter Auftragslage kein Entgelt zu erzielen oder gar wegen Insolvenz des Arbeitgebers den Arbeitsplatz zu verlieren, kann jeder Arbeitnehmer ausgesetzt sein. Zum echten Unternehmerrisiko wird dieses Risiko regelmäßig erst, wenn bei Arbeitsmangel nicht nur kein Einkommen oder Entgelt aus Arbeit erzielt wird, sondern Kosten für getätigte Investitionen und/oder Arbeitnehmer anfallen oder Investitionen brach liegen (vgl. LSG NRW, Urteil vom 11.11.2005 - L 13 R 112/05; Senat, Urteile vom 10.12.2009 - L 16 R 5/08 und vom 21.01.2010 - L 16 KR 164/09). Ein solches Unternehmerrisiko erblickt die Klägerin zu Unrecht in dem Umstand, dass die Betriebsimmobilie der Beigeladenen zu 1) in ihrem Eigentum steht. Denn die Klägerin nutzt nicht unternehmerisch ein eigenes Betriebsgrundstück, sondern die GmbH ihres Mannes nutzt ein fremdes gemietetes Grundstück, das gerade nicht zum Betriebsvermögen der Beigeladenen zu 1) gehört. Die Klägerin hat das Grundstück nicht wie einen Gesellschaftsanteil in die GmbH eingebracht, sondern an diese vermietet. Einkünfte erzielt sie aus der Vermietung der Immobilie, nicht aus der Gesellschaft, entsprechend ist ihr Risiko nicht das einer Mitinhaberin des Metallbauunternehmens, sondern das einer Vermieterin. Auch dies ist im Übrigen - wie die Gestaltung des Vertrages zwischen Klägerin und dem Unternehmen ihres Ehemannes - keine Zufälligkeit, sondern eine Konsequenz bewusster Gestaltung der Verhältnisse des Betriebes.
Der Vortrag der Klägerin zur ursprünglichen Kapitalaufbringung für das Metallbauunternehmen ihres Ehemannes erlaubt keine andere Beurteilung. Es ist vor dem Hintergrund der vereinbarten Gütertrennung bereits nicht nachvollziehbar, wenn die Klägerin und ihr Steuerberater von gemeinsamem Erspartem oder gemeinsamem Privatvermögen sprechen.
Nach alledem überwogen jedenfalls im dem Zeitraum, für den die Klagerin die Überprüfung und Beitragserstattung beantragt hatte, die Umstände, die für eine abhängige Beschäftigung der Klägerin sprechen. Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Anlass, die Revision zuzulassen, hat nicht bestanden.
Rechtskraft
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