L 12 AL 333/11 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 13 AL 5067/10 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AL 333/11 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 21. Dezember 2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Beschwerdeführer begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Gewährung von Arbeitslosengeld (Alg) ab 12. Oktober 2010.

Der 1966 geborene Beschwerdeführer war bei der Firma S. F. Management GmbH versicherungspflichtig beschäftigt. Ab 4. März 2010 bezog er Krankengeld, welches zum 10. Mai 2010 wegen fehlender Mitwirkung eingestellt wurde. Anschließend erhielt der Beschwerdeführer weder Krankengeld noch Arbeitslohn, er nahm die Beschäftigung nicht wieder auf. Mit Schreiben vom 10. August 2010 kündigte die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis aus personenbedingten Gründen zum 31. März 2011.

Am 12. Oktober 2010 meldete sich der Beschwerdeführer arbeitslos und beantragte Alg. Mit Bescheid vom 16. November 2010 lehnte die Beschwerdegegnerin den Antrag ab, da das Arbeitsverhältnis erst zum 31. März 2011 gekündigt und der Beschwerdeführer daher nicht arbeitslos sei. Die Verfügbarkeit sei nicht gegeben, da der Krankengeldanspruch nicht ausgeschöpft worden sei. Über den hiergegen eingelegten Widerspruch des Beschwerdeführers ist bisher nicht entschieden.

Am 1. Dezember 2010 hat der Beschwerdeführer beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt, mit welchem er Alg ab 12. Oktober 2010 begehrt. Die Beschwerdegegnerin hat daraufhin mit Bescheid vom 7. Dezember 2010 vorläufig Alg ab 1. November 2010 mit einem täglichen Leistungssatz von 36,58 EUR bewilligt.

Mit Beschluss vom 21. Dezember 2010 hat das SG den Antrag abgelehnt. Soweit die Beschwerdegegnerin bereits vorläufig Leistungen bewilligt habe, bestehe kein Rechtsschutzbedürfnis mehr. Der Einwand, dass die Leistungen nur vorläufig erfolgt sei ein, berücksichtige nicht, dass ein gerichtliches Eilverfahren grundsätzlich nicht dazu diene, die Sach- und Rechtslage endgültig zu klären. Auch bei einem Erfolg des Eilantrags wären Leistungen nur vorläufig bewilligt worden. Soweit Leistungen für Oktober begehrt würden, fehle es an der erforderlichen Dringlichkeit. Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) seien einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Rechtsverhältnisses nur zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheine. Leistungen für in der Vergangenheit liegende Zeiträume könnten daher im Wege der einstweiligen Anordnung nur zugesprochen werden, wenn dies zur Vermeidung schwerer und unzumutbarer Nachteile erforderlich sei. Dies sei hier nicht ersichtlich. Durch die Bewilligung ab 1. November 2010 habe der Beschwerdeführer bereits mehr erhalten, als er selbst bei einem stattgebenden Beschluss hätte erwarten können.

Gegen den seinem Betreuer am 28. Dezember 2010 zugestellten Beschluss richtet sich die am 24. Januar 2010 eingelegte Beschwerde des Beschwerdeführers. Es solle abschließend festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer ab 12. Oktober, spätestens aber 1. November 2010 Anspruch auf Alg habe. Eine Beschäftigung habe nicht vorgelegen, da der Beschwerdeführer weder entgeltlich noch unentgeltlich gearbeitet, noch Lohn-, Gehalt- oder Lohnersatzleistungen bezogen habe.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beschwerdegegnerin Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Die unter Beachtung der Vorschrift des § 173 SGG form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig, insbesondere wäre im Hinblick auf die geltend gemachten Leistungen auch in der Hauptsache die Berufung zulässig (§ 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG), denn dem Beschwerdeführer geht es nicht allein um die Gewährung von Leistungen im Zeitraum 12. bis 31. Oktober 2010, sondern auch um die endgültige Leistungsgewährung darüber hinaus. In der Sache ist die Beschwerde jedoch unbegründet.

Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Abs. 1 a.a.O. vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2 a.a.O.). Vorliegend kommt, wie das SG zutreffend erkannt hat, nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht.

Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die - summarische - Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der angestrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO)); dabei sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (vgl. Bundesverfassungsgericht, NVwZ 1997, 479; NJW 2003, 1236; NVwZ 2005, 927 = Breithaupt 2005, 803). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 86b Rdnr. 42). Die Eilbedürftigkeit der erstrebten Regelung ist im Übrigen regelmäßig zu verneinen, soweit Ansprüche für bereits vor Stellung des einstweiligen Rechtsschutzantrags abgelaufene Zeiträume erhoben werden (vgl. Landessozialgericht Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 1. und 17. August 2005 - FEVS 57, 72 und 164).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kommt angesichts der vorläufigen Leistungsbewilligung durch die Beschwerdegegnerin ab 1. November 2010 eine darüber hinausgehende gerichtliche Anordnung nicht in Betracht. Insoweit kann zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Begründung im angefochtenen Beschluss Bezug genommen werden (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG). Soweit der Beschwerdeführer weiterhin eine abschließende Regelung des Alg-Anspruchs begehrt, verkennt er das Wesen des einstweiligen Rechtsschutzes, dem die Vorläufigkeit immanent ist. Die Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG ermöglicht eine vorläufige Leistungsgewährung bis zur endgültigen Klärung des streitigen Anspruchs im Hauptsacheverfahren. Eine "abschließende Feststellung" des streitigen Anspruchs erfolgt gerade nicht, die Entscheidung muss unter dem Vorbehalt der Hauptsacheentscheidung stehen (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 86b Rdnr. 31). Eine endgültige Entscheidung über den streitigen Alg-Anspruch würde die Hauptsache vorweg nehmen, ohne dass hierfür ein erkennbares Bedürfnis vorläge, denn die Interessen des Beschwerdeführers sind bereits durch die vorläufige Leistungsgewährung hinreichend gewahrt, ihm drohen insoweit keine irreparablen Nachteile beim Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache (vgl. Krodel, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 2. Aufl., Rdnr. 312).

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved