Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
13
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 6 AS 164/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AS 1606/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 27. Februar 2009 wird zurückgewiesen.
Außergerichtlichen Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld (Alg) II für die Zeit vom 2. September 2008 bis 28. Februar 2009.
Der 1974 geborene Kläger bewohnt ein Zimmer mit separatem Bad im Haus seiner Eltern. Er konnte, nachdem er zuvor den Beruf des Bankkaufmanns erlernt hatte, ein Studium der Betriebswirtschaftslehre aus gesundheitlichen Gründen nicht abschließen. Seit 1. März 2009 steht er in einem Arbeitsverhältnis mit einem Anfangsgehalt in Höhe von ca. 2.300,00 EUR. Am 22. September 2008 beantragte der Kläger bei der Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Im Antragsformular gab er an, sein Lebensunterhalt sei in den vergangenen Monaten durch Unterstützung seiner Eltern sichergestellt gewesen. Nun wolle er aber wieder ein gewisses Maß an Selbständigkeit erlangen. Dem Antrag fügte der Kläger Kontoauszüge bei, die u. a. Zahlungen seines Vaters (und Prozessbevollmächtigten im Berufungsverfahren) in Höhe von jeweils 300,00 EUR mit den Verwendungszwecken "Unterhalt Juli 2008", "Unterhalt August 2008" und "Unterhalt September 2008" auswiesen. Hierzu erklärte der Kläger schriftlich, seine Eltern zahlten ab Oktober 2008 keinen Unterhalt mehr; Einkommensnachweise wollten sie allerdings nicht vorlegen. Diese Angaben bestätigte der Vater des Klägers mit Schreiben vom 7. Oktober 2008, nachdem die Beklagte den Kläger zuvor - unter Hinweis auf seine Mitwirkungspflichten und die Möglichkeit der Versagung der Leistungen - aufgefordert hatte, Einkommensnachweise der Eltern für die letzten drei Monate und Nachweise über deren Miet- und Nebenkosten zu übersenden. Mit Bescheid vom 16. Oktober 2008 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Der Kläger sei nicht hilfebedürftig und habe deshalb keinen Anspruch auf Leistungen. Er lebe in einer Haushaltsgemeinschaft mit seinen Eltern; deshalb werde vermutet, dass er von diesen auch weiterhin Leistungen erhalte.
Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 24. Oktober 2008 Widerspruch. Er trug vor, entgegen den Feststellungen der Beklagten lebe er weder in einer Bedarfs- noch in einer Haushaltsgemeinschaft mit seinen Eltern. Er lebe in einer Dachwohnung im Reihenhaus seiner Eltern und benutze lediglich die Küche mit. Am 6. und 27. November 2008 überprüften Mitarbeiter der Beklagten die Angaben des Klägers im Rahmen eines angemeldeten Hausbesuchs. Sie kamen ausweislich des Außendienstberichts vom 27. November 2008 zu dem Ergebnis, das der Kläger keine Möglichkeit habe, eigenständig zu wirtschaften. Wegen der weiteren Einzelheiten des Berichts wird auf Bl. 42 der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Mit Widerspruchsbescheid vom 22. Dezember 2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Der Kläger hat am 16. Januar 2009 Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben. Entgegen der Annahme der Beklagten wirtschafteten er und seine Eltern nicht "aus einem Topf". Eine Haushaltsgemeinschaft liege deshalb nicht vor. Die tatsächlichen Verhältnisse hätten sich im Vergleich zur Zeit vor der Antragstellung nicht geändert. Er erhalte weiterhin 300,00 EUR monatlich von seinen Eltern, da er noch keine Arbeitsstelle gefunden habe; dieses Geld müsse er aber zurückzahlen. Von dem zur Verfügung gestellten Geld zahle er Kleidung, Putzmittel für seine Räumlichkeiten und Gegenstände des täglichen Bedarfs. Die Mahlzeiten würden hingegen von seinen Eltern finanziert. Dies gelte auch für die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung. Die Wäsche wurde für alle gemeinsam gewaschen. Das SG hat in der nichtöffentlichen Sitzung am 27. Februar 2009 die Eltern des Klägers, M. und L. Gö., als Zeugen vernommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift über die nichtöffentliche Sitzung am 27. Februar 2009 (Bl. 34 bis 37 der Klageakten des SG) Bezug genommen. Mit Gerichtsbescheid vom 27. Februar 2009 hat das SG die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe fest, dass der Kläger mit seinen Eltern in einer Haushaltsgemeinschaft lebe. Mit den Leistungen, die der Kläger von seinen Eltern erhalte, sei sein Lebensbedarf in vollem Umfang gedeckt. Damit sei der Kläger nicht hilfebedürftig und habe deshalb keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II.
Gegen den ihm am 6. März 2009 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger unter Aufrechterhaltung seines Rechtsstandpunkts am 31. März 2009 beim SG Berufung eingelegt. Das SG habe verkannt, dass seine Eltern ihm gegenüber nicht zum Unterhalt verpflichtet seien. Diese hätten ihm nur notgedrungen Unterhalt geleistet; daraus habe das SG eine freiwillige Unterhaltsverpflichtung konstruiert. Durch das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 27. Januar 2009 (B 14 AS 6/08 R) fühle er sich bestätigt. Er mache Leistungen allerdings nur bis einschließlich Februar 2009 geltend. Seit März 2009 stehe er in einem Arbeitsverhältnis; das Anfangsgehalt habe ca. 2.300,00 EUR betragen. Das erste Gehalt sei ihm bereits im März 2009 zugeflossen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 27. Februar 2009 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 16. Oktober 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Dezember 2008 zu verurteilen, ihm Arbeitslosengeld II für die Zeit vom 22. September 2008 bis 28. Februar 2009 zu gewähren,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
Sie hält ihren Bescheid für rechtmäßig und den angegriffenen Gerichtsbescheid des SG für zutreffend.
Wegen der weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten, (64406BG0007943), die Klageakten des SG (S 6 AS 164/09) und die Berufungsakten des Senats (L 13 AS 1606/09) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte gemäß § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, nachdem die Beteiligten sich mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben.
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
Sie ist statthaft, da Berufungsbeschränkungen nicht vorliegen (vgl. §§ 143, 144 Abs. 1 SGG) und auch sonst zulässig, da sie unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 und 2 SGG) eingelegt wurde. Die Berufung ist jedoch nicht begründet; das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage ist der Bescheid vom 16. Oktober 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Dezember 2008, mit dem die Beklagte den Antrag des Klägers vom 22. September 2008 abgelehnt hat. In zeitlicher Hinsicht stehen Leistungen nur bis 28. Februar 2009 im Streit, da der Kläger das mit der Klage geltend gemachte Begehren - im Hinblick auf das von ihm im März 2009 aufgenommene Arbeitsverhältnis - zulässigerweise auf die Zeit bis einschließlich Februar 2009 beschränkt hat. Den sich damit ergebenden streitgegenständlichen Zeitraum vom 22. September 2008 bis 28. Februar 2009 betreffend erweist sich der Bescheid vom 16. Oktober 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Dezember 2008 als rechtmäßig und den Kläger nicht in subjektiven Rechten verletzend. Der Kläger hat für den genannten Zeitraum keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II.
Gemäß § 7 Abs. 1 SGB II erhalten Leistungen nach dem SGB II Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht haben (Nr. 1 der Vorschrift), die erwerbsfähig (Nr. 2) und hilfebedürftig (Nr. 3) sind sowie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (Nr. 4). Der Kläger hat zwar das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht. Er ist auch erwerbsfähig und hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Es fehlt aber an der Hilfebedürftigkeit im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II in Verbindung mit § 9 SGB II.
Nach § 9 Abs. 5 SGB II wird vermutet, dass Hilfebedürftige von mit ihnen in Haushaltsgemeinschaft lebenden Verwandten oder Verschwägerten Leistungen erhalten, soweit dies nach deren Einkommen und Vermögen erwartet werden kann. § 9 Abs. 5 SGB II knüpft insoweit an eine bestehende Haushaltsgemeinschaft zwischen Verwandten und Verschwägerten im Sinne des Wirtschaftens aus einem Topf die Vermutung, dass der Hilfebedürftige bei Leistungsfähigkeit des Verwandten Leistungen in bestimmter Höhe auch erhält (BSG, Urteil vom 18. Februar 2010 - B 14 AS 32/08 R - veröffentlicht in Juris m.w.N.). Der Zufluss der Unterstützungsleistungen wird dabei widerleglich vermutet: Besteht eine Haushaltsgemeinschaft, ist es dem Hilfebedürftigen möglich, die gesetzliche Vermutung - er erhält Leistungen von den Verwandten oder Verschwägerten - zu widerlegen, indem er Tatsachen vorträgt, die geeignet sind, Zweifel an der Richtigkeit der Vermutung zu begründen. Nur dann besteht Anlass, weitergehend von Amts wegen zu ermitteln. Unterstützungen von Verwandten werden im Anwendungsbereich des § 9 Abs. 5 SGB II mithin dann nicht berücksichtigt, wenn nachgewiesen ist, dass sie trotz entsprechender Leistungsfähigkeit tatsächlich nicht erbracht werden (BSG a.a.O.).
Eine Haushaltsgemeinschaft im Sinne des § 9 Abs. 5 SGB II kann nach der Begründung des Gesetzentwurfs des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 5. September 2003 (BT-Drucks. 15/1516, S. 53) angenommen werden, wenn die Verwandten oder Verschwägerten mit dem im selben Haushalt lebenden Hilfebedürftigen "aus einem Topf" wirtschaften. Die Anforderungen an das gemeinsame Wirtschaften gehen daher über die gemeinsame Nutzung von Bad, Küche und ggf. Gemeinschaftsräumen hinaus. Auch der in Wohngemeinschaften häufig anzutreffende gemeinsame Einkauf von Grundnahrungsmitteln, Reinigungs- und Sanitärartikeln aus einer von allen Mitbewohnern zu gleichen Teilen gespeisten Gemeinschaftskasse begründet noch keine Wirtschaftsgemeinschaft (BSG, Urteil vom 27. Januar 2009 - B 14 AS 6/08 R - veröffentlicht in Juris = SozR 4-4200 § 9 Nr. 6).
Das neben dem Vorliegen einer Haushaltsgemeinschaft erforderliche Tatbestandsmerkmal "soweit dies nach deren Einkommen und Vermögen erwartet werden kann" zielt auf die Leistungsfähigkeit der Verwandten oder verschwägerten Personen ab, die mit dem Hilfebedürftigen in Haushaltsgemeinschaft leben (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 6/06 R - veröffentlicht in Juris = SozR 4-4200 § 20 Nr. 2 m.w.N.). Durch die Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (Alg II-V) vom 20. Oktober 2004 (BGBl. I S. 2622) wurde in § 1 Abs. 2 konkretisiert, dass Leistungen von Verwandten und Verschwägerten in der Haushaltsgemeinschaft nur dann erwartet werden können, wenn diesen Angehörigen ein deutlich über den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts liegendes Lebensunterhaltsniveau verbleibt (BSG a.a.O. m.w.N.). Nach § 1 Abs. 2 Alg II-Verordnung (Alg II-V) sind dabei die um die Absetzbeträge des § 11 Abs. 2 SGB II bereinigten Einnahmen i.d.R. nicht als Einkommen zu berücksichtigen, soweit sie einen Freibetrag in Höhe des doppelten Regelsatzes zuzüglich der anteiligen Aufwendungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung sowie darüber hinausgehend 50% der diesen Freibetrag übersteigenden bereinigten Einnahmen nicht überschreiten.
Das SG hat unter Heranziehung der genannten einschlägigen Rechtsgrundlagen sowie unter rechtlich nicht zu beanstandender Würdigung der umfassend erhobenen Beweise auch aus Sicht des Senats überzeugend festgestellt, dass der Kläger (jedenfalls bis 28. Februar 2009) in einer Haushaltsgemeinschaft mit seinen Eltern gelebt hat , die Vermutung des § 9 Abs. 5 SGB II nicht widerlegt ist und die Eltern des Klägers nach ihrem Einkommen und Vermögen auch in der Lage waren, den Hilfebedarf des Klägers in vollem Umfang zu decken. Der Senat schließt sich deshalb zunächst den Entscheidungsgründen des mit der Berufung angefochtenen Gerichtsbescheids vom 27. Februar 2010 an, macht sich diese aufgrund eigener Überzeugungsbildung vollinhaltlich zu eigen und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung eigener Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG).
Lediglich ergänzend ist zum Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren darauf hinzuweisen, dass die zur Begründung der Berufung angeführte Entscheidung des BSG vom 27. Januar 2009 (B 14 AS 6/08 R - veröffentlicht in Juris = SozR 4-4200 § 9 Nr. 6) nicht gegen, sondern gerade für die Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung der Beklagten spricht. Im Fall des Klägers wurde nämlich nicht allein aufgrund eines Zusammenwohnens auf das Vorliegen einer Haushaltsgemeinschaft geschlossen; die über das reine Zusammenwohnen hinausgehenden Umstände begründen vielmehr geradezu idealtypisch das Vorliegen einer (familiären) Haushaltsgemeinschaft. Aufgrund der in vollständiger Übereinstimmung mit den Aussagen der vom SG vernommenen Zeugen stehenden Angaben des Klägers im Klageverfahren steht fest, dass die Familie die Mahlzeiten regelmäßig gemeinsam eingenommen hat und die Lebensmittel in der Regel von den Eltern gekauft und bezahlt wurden. Auch die Wäsche wurde von der Mutter für alle gemeinsam gewaschen. Von den ihm als "Taschengeld" zur Verfügung gestellten 300,00 EUR monatlich musste der Kläger lediglich Gegenstände des persönlichen Bedarfs, Handykosten und ähnliches bestreiten. Wenn er einen Pkw benötigte, wurde auch dieser ihm von seinen Eltern bereit gestellt; er musste dann lediglich die Benzinkosten mit den ihm zur eigenen Verwendung zur Verfügung gestellten Mitteln bestreiten. Aus alledem ergibt sich zweifelsfrei, dass der Kläger und seine Eltern "aus einem Topf" gewirtschaftet haben. Dass eine Unterhaltsverpflichtung nach bürgerlichem Recht nicht bestanden hat, steht bei dieser Sachlage der Annahme einer Haushaltsgemeinschaft nicht entgegen. Der Senat hat darüber hinaus auch keine Zweifel, dass das SG die erforderliche Leistungsfähigkeit der Eltern des Klägers zu Recht bejaht hat. Das SG hat in dem angefochtenen Gerichtsbescheid die im Termin zur Erörterung des Sachverhalts und Beweisaufnahme von den Eltern angegebenen Einkommensverhältnisse (Mutter: monatlich Rente 410,- EUR, Minijob 300,- EUR; Vater: Pension nach Besoldungsgruppe A 14 in Höhe von ca. 3.000,- EUR monatlich, als Versicherungsberater bei Deutscher Rentenversicherung 700,- EUR jährlich) zutreffend berücksichtigt und ist - unter Zugrundelegung dieser (einzigen) Angaben der Eltern des Klägers - folgerichtig zu dem Ergebnis gekommen, dass die Leistungsfähigkeit zu bejahen ist. Weitere Angaben zu den Einkommensverhältnissen hat der den Kläger im Berufungsverfahren vertretende Vater nicht gemacht; gegenüber der Beklagten hatte er schriftlich mitgeteilt, hierzu auch nicht bereit zu sein. Auch soweit der Kläger in der Berufungsbegründung auf einen Steuerbescheid des Finanzamts Weinheim vom 11. November 2008 Bezug nimmt, vermag sein Vortrag keine ernsthaften Zweifel an der Richtigkeit der diesbezüglichen Ausführungen des SG zu begründen. Bei einem im November 2008 erlassenen Steuerbescheid kann es sich ersichtlich nur um einen solchen für das Jahr 2007 handeln. Nachdem vorliegend aber Leistungen für den Zeitraum 2. September 2008 bis 28. Februar 2009 im Streit stehen, kann dahinstehen, wie die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Eltern des Klägers im Jahr 2007 gewesen sind.
Die Vermutung des § 9 Abs. 5 SGB II wird hier letztlich auch nicht durch den Umstand widerlegt, dass die Leistungen von den Eltern nur als Darlehen gewährt würden. Eine den Anforderungen, die in der Rechtsprechung für die Berücksichtigungsfähigkeit von Darlehensverträgen unter nahen Angehörigen entwickelt worden sind (vgl. dazu nur BSG, Urteil vom 17. Juni 2010 - B 14 AS 46/09 R - veröffentlicht in Juris = SozR 4-4200 § 11 Nr. 30), entsprechende Darlehensvereinbarung hat zwischen dem Kläger und seinen Eltern nicht vorgelegen. Entscheidend ist insoweit, ob ein Darlehensvertrag entsprechend § 488 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zivilrechtlich wirksam abgeschlossen worden ist. Um der Gefahr eines Missbrauchs von Steuermitteln entgegenzuwirken, ist es allerdings geboten, an den Nachweis des Abschlusses und der Ernstlichkeit eines Darlehensvertrages unter Verwandten strenge Anforderungen zu stellen. Dies setzt voraus, dass sich die Darlehensgewährung auch anhand der tatsächlichen Durchführung klar und eindeutig von einer verschleierten Schenkung oder einer verdeckten, auch freiwilligen Unterhaltsgewährung abgrenzen lässt. Weil und soweit der für den Hilfebedürftigen günstige Umstand, dass ein nachgewiesener Zufluss gleichwohl als Einkommen nicht zu berücksichtigen ist, seine Sphäre betrifft, obliegen ihm bei der Aufklärung der erforderlichen Tatsachen Mitwirkungspflichten; die Nichterweislichkeit der Tatsachen geht zu seinen Lasten. Bei der vorzunehmenden Prüfung, ob überhaupt ein wirksamer Darlehensvertrag geschlossen worden ist, können einzelne Kriterien des sog. Fremdvergleichs herangezogen und bei der abschließenden, umfassenden Würdigung aller relevanten Umstände des Einzelfalles mit eingestellt werden (BSG a.a.O. m.w.N.). Dies scheidet bei der Beurteilung von Hilfebedürftigkeit nach §§ 9 und 11 SGB II - anders als bei der Prüfung berücksichtigungsfähiger Kosten der Unterkunft nach § 22 Abs. 1 SGB II aus Mietverhältnissen unter Verwandten (dazu BSG Urteil vom 3. März 2009 - B 4 AS 37/08 R - veröffentlicht in Juris = SozR 4-4200 § 22 Nr. 15) - nicht schon aufgrund struktureller Unterschiede zum Steuerrecht aus, denn auch im Steuerrecht geht es bei der Beurteilung von Darlehensverträgen unter Familienangehörigen im Kern um die Abgrenzung zu Schenkung bzw. verdeckter Unterhaltsgewährung (BSG, Urteil vom 17. Juni 2010 - B 14 AS 46/09 R - a.a.O.)
Die Wahrung von im Geschäftsverkehr üblichen Modalitäten (wie der Vereinbarung der in § 488 Abs. 1 BGB genannten weiteren Vertragspflichten) kann damit als ein Indiz dafür gewertet werden, dass ein Darlehensvertrag tatsächlich geschlossen worden ist. Demgegenüber spricht es etwa gegen die Glaubhaftigkeit einer solchen Behauptung, wenn der Inhalt der Abrede (insbesondere die Darlehenshöhe sowie die Rückzahlungsmodalitäten) und der Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht substanziiert dargelegt werden oder ein plausibler Grund für den Abschluss des Darlehensvertrages nicht genannt werden kann. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist aber nicht erforderlich, dass sowohl die Gestaltung (z. B. Schriftform, Zinsabrede oder Gestellung von Sicherheiten) als auch die Durchführung des Vereinbarten in jedem Punkte dem zwischen Fremden - insbesondere mit einem Kreditinstitut - Üblichen zu entsprechen hat. Ein solches gesondertes, neben die zivilrechtlichen Anforderungen tretendes Erfordernis (als weitere Tatbestandsvoraussetzung) ergibt sich weder aus dem Gesetz noch aus oder in Verbindung mit allgemeinen Grundsätzen. Vielmehr würden die mit dem strengen Fremdvergleich verbundenen Beschränkungen für die Vertragsgestaltung bei Darlehensgewährung, der im Übrigen auch in der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs nur auf bestimmte Fallgruppen angewendet wird, weder den tatsächlichen Verhältnissen noch der grundsätzlich gebotenen Respektierung familiärer Vertrauensbeziehungen gerecht (BSG a.a.O. m.w.N.).
Dass unter Zugrundelegung dieser Kriterien ein wirksamer und im Rahmen der Prüfung der Hilfebedürftigkeit berücksichtigungsfähiger Darlehensvertrag zwischen dem Kläger und seinen Eltern nicht abgeschlossen worden ist, ergibt sich bereits aus dem - glaubhafthaften - Vortrag des Klägers selbst. Dieser hat gegenüber dem SG vorgetragen, seine Eltern und er hätten von vornherein vereinbart, dass er das Geld, das er von seinen Eltern erhalte, zurückzahle. Ab September 2008 hätten sie (er und seine Eltern) das "jetzt ganz fest" vereinbart. Einen schriftlichen Darlehensvertrag gebe es allerdings nicht. Wie es mit der Miete aussehe, müsse das SG allerdings seinen Vater fragen; so genau hätten sie (er und seine Eltern) das nicht besprochen. Der Kläger wusste also nicht einmal, welche Leistungen im Einzelnen von der Darlehensgewährung umfasst sein sollten und ab welchem Zeitpunkt diese zurückzuzahlen waren. Die Höhe der vom Vater für ihn gezahlten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung waren ihm ebenfalls nicht bekannt. Angesichts dieser Gegebenheiten steht zur vollen Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger zwar beabsichtigt haben mag, entsprechend den Erwartungen seiner Eltern, Gelder zurückzuzahlen, sobald er hierzu wirtschaftlich in der Lage sein würde; ein rechtsverbindlicher Darlehensvertrag mit im Zweifel vollstreckbaren Verpflichtungen beider Vertragsparteien ist aber schon mangels ausreichend klarer Vereinbarungen hinsichtlich des (Darlehens-) Vertragsgegenstands zwischen dem Kläger und seinen Eltern nicht zustande gekommen. Hierfür spricht nicht zuletzt auch die Bezeichnung der vom Vater des Klägers getätigten Überweisungen als "Unterhalt".
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Außergerichtlichen Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld (Alg) II für die Zeit vom 2. September 2008 bis 28. Februar 2009.
Der 1974 geborene Kläger bewohnt ein Zimmer mit separatem Bad im Haus seiner Eltern. Er konnte, nachdem er zuvor den Beruf des Bankkaufmanns erlernt hatte, ein Studium der Betriebswirtschaftslehre aus gesundheitlichen Gründen nicht abschließen. Seit 1. März 2009 steht er in einem Arbeitsverhältnis mit einem Anfangsgehalt in Höhe von ca. 2.300,00 EUR. Am 22. September 2008 beantragte der Kläger bei der Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Im Antragsformular gab er an, sein Lebensunterhalt sei in den vergangenen Monaten durch Unterstützung seiner Eltern sichergestellt gewesen. Nun wolle er aber wieder ein gewisses Maß an Selbständigkeit erlangen. Dem Antrag fügte der Kläger Kontoauszüge bei, die u. a. Zahlungen seines Vaters (und Prozessbevollmächtigten im Berufungsverfahren) in Höhe von jeweils 300,00 EUR mit den Verwendungszwecken "Unterhalt Juli 2008", "Unterhalt August 2008" und "Unterhalt September 2008" auswiesen. Hierzu erklärte der Kläger schriftlich, seine Eltern zahlten ab Oktober 2008 keinen Unterhalt mehr; Einkommensnachweise wollten sie allerdings nicht vorlegen. Diese Angaben bestätigte der Vater des Klägers mit Schreiben vom 7. Oktober 2008, nachdem die Beklagte den Kläger zuvor - unter Hinweis auf seine Mitwirkungspflichten und die Möglichkeit der Versagung der Leistungen - aufgefordert hatte, Einkommensnachweise der Eltern für die letzten drei Monate und Nachweise über deren Miet- und Nebenkosten zu übersenden. Mit Bescheid vom 16. Oktober 2008 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Der Kläger sei nicht hilfebedürftig und habe deshalb keinen Anspruch auf Leistungen. Er lebe in einer Haushaltsgemeinschaft mit seinen Eltern; deshalb werde vermutet, dass er von diesen auch weiterhin Leistungen erhalte.
Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 24. Oktober 2008 Widerspruch. Er trug vor, entgegen den Feststellungen der Beklagten lebe er weder in einer Bedarfs- noch in einer Haushaltsgemeinschaft mit seinen Eltern. Er lebe in einer Dachwohnung im Reihenhaus seiner Eltern und benutze lediglich die Küche mit. Am 6. und 27. November 2008 überprüften Mitarbeiter der Beklagten die Angaben des Klägers im Rahmen eines angemeldeten Hausbesuchs. Sie kamen ausweislich des Außendienstberichts vom 27. November 2008 zu dem Ergebnis, das der Kläger keine Möglichkeit habe, eigenständig zu wirtschaften. Wegen der weiteren Einzelheiten des Berichts wird auf Bl. 42 der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Mit Widerspruchsbescheid vom 22. Dezember 2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Der Kläger hat am 16. Januar 2009 Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben. Entgegen der Annahme der Beklagten wirtschafteten er und seine Eltern nicht "aus einem Topf". Eine Haushaltsgemeinschaft liege deshalb nicht vor. Die tatsächlichen Verhältnisse hätten sich im Vergleich zur Zeit vor der Antragstellung nicht geändert. Er erhalte weiterhin 300,00 EUR monatlich von seinen Eltern, da er noch keine Arbeitsstelle gefunden habe; dieses Geld müsse er aber zurückzahlen. Von dem zur Verfügung gestellten Geld zahle er Kleidung, Putzmittel für seine Räumlichkeiten und Gegenstände des täglichen Bedarfs. Die Mahlzeiten würden hingegen von seinen Eltern finanziert. Dies gelte auch für die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung. Die Wäsche wurde für alle gemeinsam gewaschen. Das SG hat in der nichtöffentlichen Sitzung am 27. Februar 2009 die Eltern des Klägers, M. und L. Gö., als Zeugen vernommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift über die nichtöffentliche Sitzung am 27. Februar 2009 (Bl. 34 bis 37 der Klageakten des SG) Bezug genommen. Mit Gerichtsbescheid vom 27. Februar 2009 hat das SG die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe fest, dass der Kläger mit seinen Eltern in einer Haushaltsgemeinschaft lebe. Mit den Leistungen, die der Kläger von seinen Eltern erhalte, sei sein Lebensbedarf in vollem Umfang gedeckt. Damit sei der Kläger nicht hilfebedürftig und habe deshalb keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II.
Gegen den ihm am 6. März 2009 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger unter Aufrechterhaltung seines Rechtsstandpunkts am 31. März 2009 beim SG Berufung eingelegt. Das SG habe verkannt, dass seine Eltern ihm gegenüber nicht zum Unterhalt verpflichtet seien. Diese hätten ihm nur notgedrungen Unterhalt geleistet; daraus habe das SG eine freiwillige Unterhaltsverpflichtung konstruiert. Durch das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 27. Januar 2009 (B 14 AS 6/08 R) fühle er sich bestätigt. Er mache Leistungen allerdings nur bis einschließlich Februar 2009 geltend. Seit März 2009 stehe er in einem Arbeitsverhältnis; das Anfangsgehalt habe ca. 2.300,00 EUR betragen. Das erste Gehalt sei ihm bereits im März 2009 zugeflossen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 27. Februar 2009 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 16. Oktober 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Dezember 2008 zu verurteilen, ihm Arbeitslosengeld II für die Zeit vom 22. September 2008 bis 28. Februar 2009 zu gewähren,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
Sie hält ihren Bescheid für rechtmäßig und den angegriffenen Gerichtsbescheid des SG für zutreffend.
Wegen der weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten, (64406BG0007943), die Klageakten des SG (S 6 AS 164/09) und die Berufungsakten des Senats (L 13 AS 1606/09) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte gemäß § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, nachdem die Beteiligten sich mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben.
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
Sie ist statthaft, da Berufungsbeschränkungen nicht vorliegen (vgl. §§ 143, 144 Abs. 1 SGG) und auch sonst zulässig, da sie unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 und 2 SGG) eingelegt wurde. Die Berufung ist jedoch nicht begründet; das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage ist der Bescheid vom 16. Oktober 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Dezember 2008, mit dem die Beklagte den Antrag des Klägers vom 22. September 2008 abgelehnt hat. In zeitlicher Hinsicht stehen Leistungen nur bis 28. Februar 2009 im Streit, da der Kläger das mit der Klage geltend gemachte Begehren - im Hinblick auf das von ihm im März 2009 aufgenommene Arbeitsverhältnis - zulässigerweise auf die Zeit bis einschließlich Februar 2009 beschränkt hat. Den sich damit ergebenden streitgegenständlichen Zeitraum vom 22. September 2008 bis 28. Februar 2009 betreffend erweist sich der Bescheid vom 16. Oktober 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Dezember 2008 als rechtmäßig und den Kläger nicht in subjektiven Rechten verletzend. Der Kläger hat für den genannten Zeitraum keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II.
Gemäß § 7 Abs. 1 SGB II erhalten Leistungen nach dem SGB II Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht haben (Nr. 1 der Vorschrift), die erwerbsfähig (Nr. 2) und hilfebedürftig (Nr. 3) sind sowie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (Nr. 4). Der Kläger hat zwar das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht. Er ist auch erwerbsfähig und hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Es fehlt aber an der Hilfebedürftigkeit im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II in Verbindung mit § 9 SGB II.
Nach § 9 Abs. 5 SGB II wird vermutet, dass Hilfebedürftige von mit ihnen in Haushaltsgemeinschaft lebenden Verwandten oder Verschwägerten Leistungen erhalten, soweit dies nach deren Einkommen und Vermögen erwartet werden kann. § 9 Abs. 5 SGB II knüpft insoweit an eine bestehende Haushaltsgemeinschaft zwischen Verwandten und Verschwägerten im Sinne des Wirtschaftens aus einem Topf die Vermutung, dass der Hilfebedürftige bei Leistungsfähigkeit des Verwandten Leistungen in bestimmter Höhe auch erhält (BSG, Urteil vom 18. Februar 2010 - B 14 AS 32/08 R - veröffentlicht in Juris m.w.N.). Der Zufluss der Unterstützungsleistungen wird dabei widerleglich vermutet: Besteht eine Haushaltsgemeinschaft, ist es dem Hilfebedürftigen möglich, die gesetzliche Vermutung - er erhält Leistungen von den Verwandten oder Verschwägerten - zu widerlegen, indem er Tatsachen vorträgt, die geeignet sind, Zweifel an der Richtigkeit der Vermutung zu begründen. Nur dann besteht Anlass, weitergehend von Amts wegen zu ermitteln. Unterstützungen von Verwandten werden im Anwendungsbereich des § 9 Abs. 5 SGB II mithin dann nicht berücksichtigt, wenn nachgewiesen ist, dass sie trotz entsprechender Leistungsfähigkeit tatsächlich nicht erbracht werden (BSG a.a.O.).
Eine Haushaltsgemeinschaft im Sinne des § 9 Abs. 5 SGB II kann nach der Begründung des Gesetzentwurfs des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 5. September 2003 (BT-Drucks. 15/1516, S. 53) angenommen werden, wenn die Verwandten oder Verschwägerten mit dem im selben Haushalt lebenden Hilfebedürftigen "aus einem Topf" wirtschaften. Die Anforderungen an das gemeinsame Wirtschaften gehen daher über die gemeinsame Nutzung von Bad, Küche und ggf. Gemeinschaftsräumen hinaus. Auch der in Wohngemeinschaften häufig anzutreffende gemeinsame Einkauf von Grundnahrungsmitteln, Reinigungs- und Sanitärartikeln aus einer von allen Mitbewohnern zu gleichen Teilen gespeisten Gemeinschaftskasse begründet noch keine Wirtschaftsgemeinschaft (BSG, Urteil vom 27. Januar 2009 - B 14 AS 6/08 R - veröffentlicht in Juris = SozR 4-4200 § 9 Nr. 6).
Das neben dem Vorliegen einer Haushaltsgemeinschaft erforderliche Tatbestandsmerkmal "soweit dies nach deren Einkommen und Vermögen erwartet werden kann" zielt auf die Leistungsfähigkeit der Verwandten oder verschwägerten Personen ab, die mit dem Hilfebedürftigen in Haushaltsgemeinschaft leben (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 6/06 R - veröffentlicht in Juris = SozR 4-4200 § 20 Nr. 2 m.w.N.). Durch die Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (Alg II-V) vom 20. Oktober 2004 (BGBl. I S. 2622) wurde in § 1 Abs. 2 konkretisiert, dass Leistungen von Verwandten und Verschwägerten in der Haushaltsgemeinschaft nur dann erwartet werden können, wenn diesen Angehörigen ein deutlich über den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts liegendes Lebensunterhaltsniveau verbleibt (BSG a.a.O. m.w.N.). Nach § 1 Abs. 2 Alg II-Verordnung (Alg II-V) sind dabei die um die Absetzbeträge des § 11 Abs. 2 SGB II bereinigten Einnahmen i.d.R. nicht als Einkommen zu berücksichtigen, soweit sie einen Freibetrag in Höhe des doppelten Regelsatzes zuzüglich der anteiligen Aufwendungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung sowie darüber hinausgehend 50% der diesen Freibetrag übersteigenden bereinigten Einnahmen nicht überschreiten.
Das SG hat unter Heranziehung der genannten einschlägigen Rechtsgrundlagen sowie unter rechtlich nicht zu beanstandender Würdigung der umfassend erhobenen Beweise auch aus Sicht des Senats überzeugend festgestellt, dass der Kläger (jedenfalls bis 28. Februar 2009) in einer Haushaltsgemeinschaft mit seinen Eltern gelebt hat , die Vermutung des § 9 Abs. 5 SGB II nicht widerlegt ist und die Eltern des Klägers nach ihrem Einkommen und Vermögen auch in der Lage waren, den Hilfebedarf des Klägers in vollem Umfang zu decken. Der Senat schließt sich deshalb zunächst den Entscheidungsgründen des mit der Berufung angefochtenen Gerichtsbescheids vom 27. Februar 2010 an, macht sich diese aufgrund eigener Überzeugungsbildung vollinhaltlich zu eigen und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung eigener Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG).
Lediglich ergänzend ist zum Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren darauf hinzuweisen, dass die zur Begründung der Berufung angeführte Entscheidung des BSG vom 27. Januar 2009 (B 14 AS 6/08 R - veröffentlicht in Juris = SozR 4-4200 § 9 Nr. 6) nicht gegen, sondern gerade für die Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung der Beklagten spricht. Im Fall des Klägers wurde nämlich nicht allein aufgrund eines Zusammenwohnens auf das Vorliegen einer Haushaltsgemeinschaft geschlossen; die über das reine Zusammenwohnen hinausgehenden Umstände begründen vielmehr geradezu idealtypisch das Vorliegen einer (familiären) Haushaltsgemeinschaft. Aufgrund der in vollständiger Übereinstimmung mit den Aussagen der vom SG vernommenen Zeugen stehenden Angaben des Klägers im Klageverfahren steht fest, dass die Familie die Mahlzeiten regelmäßig gemeinsam eingenommen hat und die Lebensmittel in der Regel von den Eltern gekauft und bezahlt wurden. Auch die Wäsche wurde von der Mutter für alle gemeinsam gewaschen. Von den ihm als "Taschengeld" zur Verfügung gestellten 300,00 EUR monatlich musste der Kläger lediglich Gegenstände des persönlichen Bedarfs, Handykosten und ähnliches bestreiten. Wenn er einen Pkw benötigte, wurde auch dieser ihm von seinen Eltern bereit gestellt; er musste dann lediglich die Benzinkosten mit den ihm zur eigenen Verwendung zur Verfügung gestellten Mitteln bestreiten. Aus alledem ergibt sich zweifelsfrei, dass der Kläger und seine Eltern "aus einem Topf" gewirtschaftet haben. Dass eine Unterhaltsverpflichtung nach bürgerlichem Recht nicht bestanden hat, steht bei dieser Sachlage der Annahme einer Haushaltsgemeinschaft nicht entgegen. Der Senat hat darüber hinaus auch keine Zweifel, dass das SG die erforderliche Leistungsfähigkeit der Eltern des Klägers zu Recht bejaht hat. Das SG hat in dem angefochtenen Gerichtsbescheid die im Termin zur Erörterung des Sachverhalts und Beweisaufnahme von den Eltern angegebenen Einkommensverhältnisse (Mutter: monatlich Rente 410,- EUR, Minijob 300,- EUR; Vater: Pension nach Besoldungsgruppe A 14 in Höhe von ca. 3.000,- EUR monatlich, als Versicherungsberater bei Deutscher Rentenversicherung 700,- EUR jährlich) zutreffend berücksichtigt und ist - unter Zugrundelegung dieser (einzigen) Angaben der Eltern des Klägers - folgerichtig zu dem Ergebnis gekommen, dass die Leistungsfähigkeit zu bejahen ist. Weitere Angaben zu den Einkommensverhältnissen hat der den Kläger im Berufungsverfahren vertretende Vater nicht gemacht; gegenüber der Beklagten hatte er schriftlich mitgeteilt, hierzu auch nicht bereit zu sein. Auch soweit der Kläger in der Berufungsbegründung auf einen Steuerbescheid des Finanzamts Weinheim vom 11. November 2008 Bezug nimmt, vermag sein Vortrag keine ernsthaften Zweifel an der Richtigkeit der diesbezüglichen Ausführungen des SG zu begründen. Bei einem im November 2008 erlassenen Steuerbescheid kann es sich ersichtlich nur um einen solchen für das Jahr 2007 handeln. Nachdem vorliegend aber Leistungen für den Zeitraum 2. September 2008 bis 28. Februar 2009 im Streit stehen, kann dahinstehen, wie die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Eltern des Klägers im Jahr 2007 gewesen sind.
Die Vermutung des § 9 Abs. 5 SGB II wird hier letztlich auch nicht durch den Umstand widerlegt, dass die Leistungen von den Eltern nur als Darlehen gewährt würden. Eine den Anforderungen, die in der Rechtsprechung für die Berücksichtigungsfähigkeit von Darlehensverträgen unter nahen Angehörigen entwickelt worden sind (vgl. dazu nur BSG, Urteil vom 17. Juni 2010 - B 14 AS 46/09 R - veröffentlicht in Juris = SozR 4-4200 § 11 Nr. 30), entsprechende Darlehensvereinbarung hat zwischen dem Kläger und seinen Eltern nicht vorgelegen. Entscheidend ist insoweit, ob ein Darlehensvertrag entsprechend § 488 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zivilrechtlich wirksam abgeschlossen worden ist. Um der Gefahr eines Missbrauchs von Steuermitteln entgegenzuwirken, ist es allerdings geboten, an den Nachweis des Abschlusses und der Ernstlichkeit eines Darlehensvertrages unter Verwandten strenge Anforderungen zu stellen. Dies setzt voraus, dass sich die Darlehensgewährung auch anhand der tatsächlichen Durchführung klar und eindeutig von einer verschleierten Schenkung oder einer verdeckten, auch freiwilligen Unterhaltsgewährung abgrenzen lässt. Weil und soweit der für den Hilfebedürftigen günstige Umstand, dass ein nachgewiesener Zufluss gleichwohl als Einkommen nicht zu berücksichtigen ist, seine Sphäre betrifft, obliegen ihm bei der Aufklärung der erforderlichen Tatsachen Mitwirkungspflichten; die Nichterweislichkeit der Tatsachen geht zu seinen Lasten. Bei der vorzunehmenden Prüfung, ob überhaupt ein wirksamer Darlehensvertrag geschlossen worden ist, können einzelne Kriterien des sog. Fremdvergleichs herangezogen und bei der abschließenden, umfassenden Würdigung aller relevanten Umstände des Einzelfalles mit eingestellt werden (BSG a.a.O. m.w.N.). Dies scheidet bei der Beurteilung von Hilfebedürftigkeit nach §§ 9 und 11 SGB II - anders als bei der Prüfung berücksichtigungsfähiger Kosten der Unterkunft nach § 22 Abs. 1 SGB II aus Mietverhältnissen unter Verwandten (dazu BSG Urteil vom 3. März 2009 - B 4 AS 37/08 R - veröffentlicht in Juris = SozR 4-4200 § 22 Nr. 15) - nicht schon aufgrund struktureller Unterschiede zum Steuerrecht aus, denn auch im Steuerrecht geht es bei der Beurteilung von Darlehensverträgen unter Familienangehörigen im Kern um die Abgrenzung zu Schenkung bzw. verdeckter Unterhaltsgewährung (BSG, Urteil vom 17. Juni 2010 - B 14 AS 46/09 R - a.a.O.)
Die Wahrung von im Geschäftsverkehr üblichen Modalitäten (wie der Vereinbarung der in § 488 Abs. 1 BGB genannten weiteren Vertragspflichten) kann damit als ein Indiz dafür gewertet werden, dass ein Darlehensvertrag tatsächlich geschlossen worden ist. Demgegenüber spricht es etwa gegen die Glaubhaftigkeit einer solchen Behauptung, wenn der Inhalt der Abrede (insbesondere die Darlehenshöhe sowie die Rückzahlungsmodalitäten) und der Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht substanziiert dargelegt werden oder ein plausibler Grund für den Abschluss des Darlehensvertrages nicht genannt werden kann. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist aber nicht erforderlich, dass sowohl die Gestaltung (z. B. Schriftform, Zinsabrede oder Gestellung von Sicherheiten) als auch die Durchführung des Vereinbarten in jedem Punkte dem zwischen Fremden - insbesondere mit einem Kreditinstitut - Üblichen zu entsprechen hat. Ein solches gesondertes, neben die zivilrechtlichen Anforderungen tretendes Erfordernis (als weitere Tatbestandsvoraussetzung) ergibt sich weder aus dem Gesetz noch aus oder in Verbindung mit allgemeinen Grundsätzen. Vielmehr würden die mit dem strengen Fremdvergleich verbundenen Beschränkungen für die Vertragsgestaltung bei Darlehensgewährung, der im Übrigen auch in der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs nur auf bestimmte Fallgruppen angewendet wird, weder den tatsächlichen Verhältnissen noch der grundsätzlich gebotenen Respektierung familiärer Vertrauensbeziehungen gerecht (BSG a.a.O. m.w.N.).
Dass unter Zugrundelegung dieser Kriterien ein wirksamer und im Rahmen der Prüfung der Hilfebedürftigkeit berücksichtigungsfähiger Darlehensvertrag zwischen dem Kläger und seinen Eltern nicht abgeschlossen worden ist, ergibt sich bereits aus dem - glaubhafthaften - Vortrag des Klägers selbst. Dieser hat gegenüber dem SG vorgetragen, seine Eltern und er hätten von vornherein vereinbart, dass er das Geld, das er von seinen Eltern erhalte, zurückzahle. Ab September 2008 hätten sie (er und seine Eltern) das "jetzt ganz fest" vereinbart. Einen schriftlichen Darlehensvertrag gebe es allerdings nicht. Wie es mit der Miete aussehe, müsse das SG allerdings seinen Vater fragen; so genau hätten sie (er und seine Eltern) das nicht besprochen. Der Kläger wusste also nicht einmal, welche Leistungen im Einzelnen von der Darlehensgewährung umfasst sein sollten und ab welchem Zeitpunkt diese zurückzuzahlen waren. Die Höhe der vom Vater für ihn gezahlten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung waren ihm ebenfalls nicht bekannt. Angesichts dieser Gegebenheiten steht zur vollen Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger zwar beabsichtigt haben mag, entsprechend den Erwartungen seiner Eltern, Gelder zurückzuzahlen, sobald er hierzu wirtschaftlich in der Lage sein würde; ein rechtsverbindlicher Darlehensvertrag mit im Zweifel vollstreckbaren Verpflichtungen beider Vertragsparteien ist aber schon mangels ausreichend klarer Vereinbarungen hinsichtlich des (Darlehens-) Vertragsgegenstands zwischen dem Kläger und seinen Eltern nicht zustande gekommen. Hierfür spricht nicht zuletzt auch die Bezeichnung der vom Vater des Klägers getätigten Überweisungen als "Unterhalt".
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
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