L 10 R 3517/10 NZB

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 4 R 5168/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 3517/10 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Beru-fung im Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 17.06.2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt eine höhere Erstattung der Aufwendungen für die Hinzuziehung eines Be-vollmächtigten im Widerspruchsverfahren.

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers, Rentenberater, beantragte bei der Beklagten im April 2007 unter Hinweis auf eine entsprechende Aufforderung der Krankenkasse die Gewährung ei-ner Rehabilitationsmaßnahme. Er wies darauf hin, der Antrag werde ausschließlich wegen der Forderung der Krankenkasse gestellt und bat, das Verfahren ruhend zu stellen. Ferner verwies er auf parallel gestellte Anträge auf Renten wegen Alters- bzw. Erwerbsminderung und einen des-wegen ohnehin gegebenen Leistungsausschluss für Rehabilitationsmaßnahmen. Nachdem der Kläger einen zweiten Begutachtungstermin abgesagte hatte, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 20.03.2008 den Antrag auf Gewährung einer Rehabilitationsmaßnahme wegen fehlender Mitwirkung ab. Hiergegen erhob der Bevollmächtigte des Klägers Widerspruch. Er verwies noch einmal auf die für die Beantragung der Rehabilitationsleistung maßgeblichen Hintergründe sowie auf die parallel laufenden Rentenanträge hin. Daraufhin stellte die Beklagte mit Bescheid vom 08.04.2008 das Rehabilitationsverfahren ruhend, hob den Bescheid vom 20.03.2008 auf und erklärte sich zur Übernahme der außergerichtlichen Kosten im Widerspruchsverfahren dem Grunde nach bereit.

Der Kläger legte daraufhin eine Kostennote in Höhe von EUR 788,38 vor und wies auf eine wegen der im Hintergrund stehenden Krankengeldgewährung überdurchschnittliche Bedeutung und einen höheren Arbeitsaufwand hin. Die Geschäftsgebühr ermittelte er nach Nr. 2400 des Vergü-tungsverzeichnisses zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (VV RVG). Ferner machte er eine Er-ledigungsgebühr nach Nr. 1005 VV RVG geltend. Wegen der Kostenaufstellung im Einzelnen wird auf die Blatt 94 Verwaltungsakten Bezug genommen.

Mit Bescheid vom 09.06.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.09.2008 setzte die Beklagte die zu erstattenden Kosten auf EUR 169,58 fest. Die vom Bevollmächtigten geltend gemachten Gebühren seien unbillig. Da er bereits im Verwaltungsverfahren tätig geworden sei, könne nur eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2401 VV RVG - angesichts einer durchschnittlichen Angelegenheit in Höhe von EUR 120,00 - erstattet werden. Eine Erledigungsgebühr sei nicht ange-fallen, da der Bevollmächtigte nur die Widerspruchsbegründung erstellt und damit keine beson-dere anwaltliche Mitwirkung vorgelegen habe. Dies entspreche der Rechtsprechung des Bundes-sozialgerichts (BSG).

Nachdem diese Entscheidung bestandskräftig wurde, beantragte der Bevollmächtigte des Klägers im März 2009 ihre Überprüfung. Mit Bescheid vom 12.05.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.09.2009, beim Prozessbevollmächtigten des Klägers am 14.09.2009 eingegangen, hielt die Beklagte unter Wiederholung der bereits ausgeführten Argumente an ihrer Entscheidung fest.

Deswegen hat der Kläger am 14.10.2009 beim Sozialgericht Freiburg (SG) Klage erhoben. Er hat vorgetragen, bei einem Versagungsbescheid wegen fehlender Mitwirkung könne keine an-waltliche Mitwirkung im Verwaltungsverfahren vorgelegen haben. Hinsichtlich der Entstehung der Erledigungsgebühr sei die Rechtsprechung des BSG unzutreffend. Mit Urteil vom 17.06.2010 hat das SG die Klage abgewiesen und die Berufung nicht zugelassen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf die begehrte Zugunstenentscheidung. Das SG hat die Kostenberech-nung der Beklagten bestätigt. Der Bevollmächtigte habe mit seiner Kostennote den ihm zuste-henden Beurteilungs- und Entscheidungsspielraum überschritten. Es sei eine Gebühr nach Nr. 2401 VV RVG angefallen. Der Bevollmächtigte sei im Verwaltungsverfahren tätig gewesen, er habe schon den Antrag auf Gewährung von Rehabilitationsmaßnahmen gestellt. Unerheblich sei, dass der Antrag wegen fehlender Mitwirkung abgelehnt worden sei. Nach Nr. 2401 VV RVG könne eine Gebühr von mehr als 120,00 EUR nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig gewesen sei. Davon sei nicht auszugehen. Im Widerspruchsschreiben habe der Bevollmächtigte einen überschaubaren Sachverhalt dargestellt und auf die Rechtslage, die nicht schwierig gewesen sei, verwiesen. Der Tätigkeitsumfang sei daher eher unterdurchschnittlich gewesen und nur in der Zusammenschau mit der beachtlichen Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger sei von einer durchschnittlichen Angelegenheit auszugehen. Die Erledigungsgebühr sei nicht entstanden, da diese eine besondere Mitwirkung des Bevollmächtigten voraussetze. Das bloße Tätigwerden reiche dafür nicht aus, da der Bevollmächtigte dafür bereits die Verfahrens- bzw. Geschäftsgebühr erhalte. Nach Zustellung des Urteils am 17.07.2010 hat der Prozessbe-vollmächtigte des Klägers am 27.07.2010 gegen die Nichtzulassung der Berufung Beschwerde eingelegt, die von ihm trotz wiederholten gerichtlichen Fristsetzungen und wiederholten eigenen Ankündigungen nicht begründet worden ist.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Pro-zessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.

II.

Die gemäß § 145 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Beschwerde ist nicht be-gründet. Die Berufung ist nicht zuzulassen, weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeu-tung hat noch sonstige Gründe für die Zulassung der Berufung vorliegen.

Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Kla-ge, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt be-trifft, EUR 750,00 nicht übersteigt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG), es sei denn, die Berufung be-trifft wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).

Vorliegend bedarf die Berufung der Zulassung, denn zwischen den Beteiligten ist die Erstattung eines Differenzbetrages in Höhe von EUR 618,80 (Forderung des Klägers in Höhe von EUR 788,38 abzüglich der gewährten Erstattung in Höhe von EUR 169,58) streitig, der sich nicht auf mehr als EUR 750,00 beläuft. Etwas anderes macht auch der Kläger nicht geltend. Er geht vielmehr selbst davon aus, dass die Berufung der Zulassung bedarf.

Gemäß § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn

1. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 2. das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialge-richts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bun-desverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 3. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Gemessen an diesen Maßstäben ist die Berufung nicht zuzulassen.

Insbesondere kommt der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zu. Voraussetzung hierfür ist, dass die Streitsache eine Rechtsfrage aufwirft, die im Interesse der Fortbildung des Rechts oder seiner einheitlichen Auslegung klärungsbedürftig ist (vgl. BSG, Urteil vom 07.10.2005, B 1 KR 107/04 B in SozR 4-1500 § 160a Nr. 9). Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage dann nicht, wenn sie bereits höchstrichterlich entschieden ist (BSG, Beschluss vom 22.07.1988, 7 BAr 104/87 in SozR 1500 § 160a Nr. 65) oder wenn sie praktisch von vornherein außer Zweifel steht (BSG, Beschluss vom 30.03.2005, B 4 RA 257/04 B in SozR 4-1500 § 160a Nr. 7). Letzteres ist insbesondere dann der Fall, wenn sich die Beantwortung eindeutig aus dem Gesetz ergibt (BSG, Beschluss vom 30.03.2005, a.a.O.).

Hier ist eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache weder vorgetragen noch ersichtlich.

Die Beantwortung der Frage, ob nach einem Versagungsbescheid wegen fehlender Mitwirkung bei einer vorherigen Beantragung der Leistung durch den Prozessbevollmächtigten die Nr. 2400 VV RVG oder Nr. 2401 VV RVG einschlägig ist, ergibt sich unmittelbar aus diesen Regelungen. Nach dem Wortlaut ist maßgeblich, ob der Bevollmächtigte schon im vorangegangenen Verwal-tungsverfahren tätig war. Das Verwaltungsverfahren im Rentenrecht beginnt gemäß § 115 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) mit dem Antrag, wenn nicht etwas anderes bestimmt ist. Vorliegend stellte der Bevollmächtigte den hier maßgeblichen Leistungsantrag. Damit begann das Verwaltungsverfahren, in dem er mithin von Anbeginn an tätig geworden war und nach der Beseitigung des Versagungsbescheids tätig blieb.

Soweit der Bevollmächtigte die Versagung einer Kostenerstattung für die Vertretung im Verwal-tungsverfahren, jedenfalls aber die auf ein vorangegangenes Tätigwerden im Verwaltungsverfah-ren gestützte Reduzierung der Geschäftsgebühr für das Widerspruchsverfahren kritisiert, liegen dem wiederum klare Regelungen zu Grunde, die zuletzt vom BSG im Urteil vom 25.02.2010 B 11 AL 24/08 R bestätigt wurden.

Hinsichtlich der streitigen Bewertung der Angelegenheit als durchschnittlich oder überdurch-schnittlich ist ebenfalls keine grundsätzliche Bedeutung gegeben. Denn sie beruhte auf einer Wertung der konkreten Einzelfallumstände. Es ist nicht ersichtlich, dass hierbei über den Einzel-fall hinausreichende Grundsätze aufgestellt worden sind.

Zur Frage der Entstehung der Erledigungsgebühr weist der Bevollmächtigte selbst schon darauf hin, dass diese Frage bereits höchstrichterlich durch das BSG entschieden ist (zuletzt: Urteil vom 05.05.2010, B 11 AL 14/09 R zitiert nach Juris). Der Senat sieht keinen weiteren Klärungsbedarf.

Hinweise für das Vorliegen anderer Zulassungsgründe (§ 144 Abs. 2 Nr. 2 und 3 SGG) liegen nicht vor.

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved