L 2 RA 1211/03

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 17 RA 1363/99
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 2 RA 1211/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 19. August 2003 wird zurückgewiesen

II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über den Anspruch der Klägerin auf Gewährung von Altersrente für langjährig Versicherte für die Zeit vom 1. November 1996 bis 28. Februar 1998.

Die 1933 geborene Klägerin erhielt von der Beklagten unter dem 24. September und 9. Oktober 1993 Auskünfte über zurückgelegte rentenrechtliche Zeiten sowie über die Voraussetzungen für eine Rentenzahlung und über die Höhe der Regelaltersrente bei Vollendung des 65. Lebensjahres. Dabei wurde unter anderem darauf hingewiesen, dass die Wartezeit für eine Altersrente an langjährig Versicherte erfüllt sei und diese Altersrente mit Vollendung des 63. Lebensjahres gezahlt werden könne, wenn die Hinzuverdienstgrenzen nicht überschritten würden. Es folgten außerdem Hinweise zur Altersrente, zum Hinzuverdienst und zu Teilrenten sowie ein Versicherungsverlauf. Am 14. August 1995 ließ sich die Klägerin in Begleitung des Zeugen C. C. in der Auskunfts- und Beratungsstelle der Beklagten durch die Bedienstete D. beraten. Ein Protokoll über das Beratungsgespräch wurde nicht gefertigt. Unter dem 5. Oktober 1995 erteilte die Beklagte der Klägerin eine neue Auskunft über die Höhe der Altersrente bei Vollendung des 65. Lebensjahres. Auch hierin wurde darauf hingewiesen, dass die Altersrente für langjährig Versicherte bei erfüllter Wartezeit gezahlt werde, wenn das 63. Lebensjahr vollendet sei und die Hinzuverdienstgrenze nicht überschritten werde. Auch enthielt die Auskunft den Hinweis, dass die Wartezeit für eine Altersrente an langjährig Versicherte erfüllt sei.

Im März 1998 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung einer Altersrente. Im Antragsformular hatte die Klägerin zunächst die Gewährung von Regelaltersrente wegen Vollendung des 65. Lebensjahres beantragt, den Antrag dann jedoch abgeändert und statt dessen eine Altersrente für langjährig Versicherte wegen Vollendung des 63. Lebensjahres geltend gemacht. Sie führte hierzu aus, sie sei bei dem Beratungsgespräch am 14. August 1995 nicht darauf hingewiesen worden, dass eine frühere Möglichkeit der Rentenzahlung gegeben gewesen sei. Dies habe sie erst bei der Rentenantragstellung erfahren. Die Beklagte holte daraufhin eine dienstliche Erklärung ihrer Bediensteten D. D. vom 14. Juli 1998 ein. Diese gab an, die Klägerin sei am 14. August 1995 bei ihr in der Beratung gewesen. An den Inhalt des Beratungsgespräches könne sie sich nicht mehr erinnern. Ein Protokoll sei nicht vorhanden. Sie könne jedoch mit ziemlicher Sicherheit ausschließen, dass sie die Klägerin nicht auf die Möglichkeit des vorzeitigen Rentenbezugs hingewiesen habe, da bei einer Einsicht in den Kontospiegel 50 die Erfüllung der 35 Jahre rentenrechtlicher Zeiten sofort ersichtlich sei. Es sei nicht auszuschließen, dass die Versicherte darauf hingewiesen worden sei, dass der vorzeitige Bezug einer Altersrente weder nach § 38 Sozialgesetzbuch VI (SGB VI) noch nach § 39 SGB VI möglich sei, da hierfür die entsprechenden Voraussetzungen nicht erfüllt gewesen seien. Ob die Klägerin seinerzeit generell einen vorzeitigen Rentenbezug in Erwägung gezogen habe, könne sie heute nicht mehr sagen. Von der Bediensteten D. ist ein Vermerk in der Rentenakte über ein Gespräch mit der Klägerin am 18. Juni 1998 gefertigt worden. Hierin war u.a. folgender Satz enthalten: " Am 14. August 1995 war die Versicherte zu einer Beratung bei der unterzeichnenden Person, die ihr den Hinweis ". Dieser Satz war lt. einer Anmerkung der Bediensteten D. vom selben Tag auf Betreiben der Klägerin wieder gestrichen worden. Mit Bescheid vom 24. August 1998 bewilligte die Beklagte der Klägerin Altersrente für langjährig Versicherte ab 1. März 1998. Gegen den Rentenbescheid erhob die Klägerin Widerspruch, mit dem sie geltend machte, das Beratungsgespräch vom 14. August 1995 sei unter anderem auch geführt worden zur umfassenden Information über die von ihr zu erwartende Rente. Mit Bescheid vom 18. März 1999 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der angefochtene Bescheid sei nicht zu beanstanden. Die Klägerin könne einen früheren Rentenanspruch nicht geltend machen. Ihr Begehren lasse sich nicht auf die Grundsätze des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs stützen. Ein solcher Anspruch sei nur gegeben, wenn die Beklagte ihre Informations- und Beratungspflicht verletzt hätte. Dies sei jedoch nicht der Fall. Bei dem Beratungsgespräch am 14. August 1995 sei es vorrangig um die weitere Meldung der Arbeitslosigkeit für eine eventuell später zu gewährende Altersrente gegangen. Am 5. Oktober 1995 sei eine Rentenauskunft übersandt worden, aus der die Voraussetzungen aller Rentenarten ersichtlich gewesen seien. Nach der Vorlage dieser Auskunft sei kein neuer Beratungstermin vereinbart worden. Vielmehr habe die Klägerin erst am 3. März 1998 erneut bei der Auskunfts- und Beratungsstelle vorgesprochen. Bei dieser Sach- und Rechtslage müsse ihrem Widerspruch der Erfolg versagt bleiben.

Gegen den Widerspruchsbescheid erhob die Klägerin am 13. April 1999 Klage vor dem Sozialgericht Frankfurt am Main. Sie legte hier eine Kopie der Rentenauskunft vom 9. Oktober 1993 und die Seite 1 und 2 der Rentenauskunft vom 5. Oktober 1995 vor. Außerdem führte sie aus, bei dem Beratungsgespräch am 14. August 1995 sei über die Anerkennung rentenrechtlicher Zeiten der Arbeitslosigkeit ohne Leistungsbezug gesprochen worden. Außerdem habe die Beraterin darauf hingewiesen, dass ein Rentenbezug mit 65 in Betracht komme. Nicht darauf hingewiesen worden sei die Klägerin, dass sie mit Erreichen des 63. Lebensjahres im Jahre 1996 auch vorgezogene Altersrente hätte beziehen können. Aus der Rentenauskunft vom 5. Oktober 1995 ergebe sich nicht eindeutig, dass sie ab dem vollendeten 63. Lebensjahr Anspruch auf vorgezogene Altersrente habe.

Mit Urteil vom 19. August 2003 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung seiner Entscheidung führte es im Wesentlichen aus, die Klage sei nicht begründet. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf die Gewährung der Altersrente bereits ab 1. November 1996. Insbesondere könne die Klägerin nicht aufgrund eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so behandelt werden, als hätte sie den Rentenantrag bereits vor Vollendung des 63. Lebensjahres gestellt. Eine der Beklagten zurechenbare Pflichtverletzung könne vorliegend nicht festgestellt werden. Die Beklagte sei ihrer allgemeinen Auskunftspflicht durch die ausführliche und in der Sache vollständige Rentenauskunft vom 9. Oktober 1993 nachgekommen. Es liege auch keine Verletzung der Hinweispflicht nach § 115 Abs. 6 SGB VI vor. Die Klägerin habe zwar trotz erfüllter Wartezeit bis zur Vollendung ihres 63. Lebensjahres im Oktober 1996 noch keinen Rentenantrag gestellt gehabt, dennoch habe die Beklagte aus ihrer Sicht im Hinblick auf die sowohl vor Vollendung des 60. Lebensjahres unter dem 9. Oktober 1993 sowie die auf Anforderung der Klägerin erteilte Rentenauskunft vom 5. Oktober 1995 annehmen müssen, dass dies auf Unwissenheit der Klägerin beruhte. Im Oktober 1996 habe die Beklagte davon ausgehen dürfen, dass die Klägerin über die Möglichkeit und die Voraussetzungen einer Inanspruchnahme von Altersrente bei Vollendung des 63. Lebensjahres hinreichend informiert war. Die Rentenauskunft vom 9. Oktober 1993 habe dazu ausführliche und zutreffende Hinweise enthalten. Hinzu komme die Rentenauskunft vom 5. Oktober 1995. Auch hieraus gehe hervor, dass die Klägerin die Wartezeit für die Altersrente für langjährig Versicherte erfüllt hatte und eine Rentenzahlung von der Stellung eines Rentenantrags abhängig ist. Zwar gehe aus den von der Klägerin vorgelegten Unterlagen nicht hervor, dass der Rentenanspruch von der Vollendung des 63. Lebensjahres abhing. Jedoch könne sich die Klägerin insoweit nicht darauf berufen, weitere Seiten einer Rentenauskunft vom 5. Oktober 1995 nicht erhalten zu haben. Selbst wenn dies der Fall gewesen sei, ergebe sich aus den vorgelegten Seiten 1 und 2 ganz offensichtlich, dass diese Unterlagen nicht vollständig waren. Insofern sei von der Klägerin zu erwarten gewesen, dass sie gegebenenfalls entsprechende Anfragen an die Beklagte richtete. Nach alledem komme es auf den Inhalt des Beratungsgesprächs vom 14. August 1995 nicht an. Die Klägerin habe alle notwendigen Informationen der Rentenauskunft vom 5. Oktober 1995 entnehmen können. Sollten diese tatsächlich nicht vollständig gewesen sein, habe jedenfalls die Rentenauskunft vom 9. Oktober 1993 die erforderlichen Hinweise enthalten. Im Fall von Unklarheiten seitens der Klägerin hätte es dieser oblegen, weitere Erläuterungen bei der Beklagten zu erfragen.

Mit ihrer am 26. November 2003 eingelegten Berufung richtet sich die Klägerin gegen das ihr am 6. November 2003 zugestellte Urteil. Während des Berufungsverfahrens hat die Klägerin eine Rentenauskunft vom 24. September 1993 vorgelegt, außerdem die Seite 3 und 4 der Rentenauskunft vom 5. Oktober 1995. Entgegen der Entscheidung des Sozialgerichts sei die Klägerin nicht ausreichend über die Voraussetzungen für eine Altersrente bei Vollendung des 63. Lebensjahres informiert gewesen. Sie habe im August 1995 und im Oktober 1995 ausdrücklich um Mitteilung gebeten, ab wann sie Altersrente in Anspruch nehmen könne. Weder im August noch im Oktober 1995 habe sie von der Beklagten den Hinweis erhalten, dass sie die Möglichkeit habe, bereits mit vollendetem 63. Lebensjahr Altersrente in Anspruch zu nehmen. Dass dies falsch gewesen sei, ergebe sich daraus, dass sie nicht mit Vollendung des 63. Lebensjahres den Rentenantrag gestellt habe, sondern erst im Jahre 1998. Außerdem seien in den Auskünften vom September 1993 und Oktober 1995 Ausführungen dazu enthalten, dass sie als Frau Altersrente noch nicht in Anspruch nehmen könne, weil für die Zeit nach dem vollendeten 40. Lebensjahr nur drei Monate mit Pflichtbeiträgen belegt seien. Sie habe diesen Hinweis so verstanden, als ob ihr auch die Inanspruchnahme anderer vorzeitiger Altersrenten auch nicht möglich sei. Ihr sei jedenfalls nicht mitgeteilt worden, was unter Altersrente für langjährig Versicherte zu verstehen sei, und dass ihr diese Rente zustehe und sie diese beantragen müsse. Die Klägerin hat eine eigene eidesstattliche Erklärung vom 12. November 2004 und eine Erklärung des Zeugen C. vom 15. November 2004 vorgelegt.

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 19. August 1993 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 24. August 1998 und Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 18. März 1999 zu verurteilen, der Klägerin Altersrente für langjährig Versicherte auch für die Zeit vom 1. November 1996 bis 28. Februar 1998 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend, auch nach den im Berufungsverfahren durchgeführten Ermittlungen. Im Übrigen hat die Beklagte vorgetragen, es könne mit Sicherheit gesagt werden, dass am 14. August 1995 kein PC bei der Beraterin auf dem Schreibtisch gestanden habe. PCs seien der Auskunfts- und Beratungsstelle B-Stadt erst im November 1995 geliefert und etwa ab Januar 1996 in Betrieb genommen worden. Der Beweiswert der Zeugenaussage des C. C. sei insgesamt mehr als fragwürdig.

Der Senat hat Beweis erhoben durch die Vernehmung des C. C. als Zeugen. Danach begleitete er die Klägerin zum Beratungstermin am 14. August 1995, der etwa 30 Minuten dauerte. Die Klägerin habe ihre Rentenangelegenheiten klären und fragen wollen, ob sie sich weiterhin arbeitslos melden solle. Außerdem habe sie nach der rentenrechtlichen Berücksichtigung einer absolvierten Kur gefragt und danach, wie viel Rente sie wohl zu erwarten habe. Hierauf sei ihr geantwortet worden, es sei sinnvoll, eine neue Rentenberechnung durchzuführen. Der Computer sei hierzu nicht benutzt worden. Die Bedienstete der Beklagten habe die Klägerin noch nach Beschäftigungszeiten nach dem 40. Lebensjahr befragt und ihr empfohlen, sich ein halbes Jahr vor ihrem 65. Lebensjahr bei der Beklagten zu melden und ihre Rente zu beantragen. Dies habe die Klägerin auch getan. Hier habe sie erstmals davon erfahren, dass sie bereits mit Vollendung des 63. Lebensjahres einen Rentenanspruch gehabt habe. Von der Vernehmung der Bediensteten der Beklagten D. als Zeugin wurde abgesehen, nachdem diese schriftlich mitgeteilt hatte, sie könne sich nach neun Jahren weder an den Inhalt des Gespräches noch an die Klägerin erinnern. Aufzeichnungen und Notizen über das Beratungsgespräch seien nicht in ihrem Besitz.

Wegen der Einzelheiten im Übrigen wird auf die Gerichts- und Rentenakten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, aber sachlich unbegründet.

Das Sozialgericht hat zutreffend entschieden, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Altersrente bereits ab 1. November 1996 hat. Der Senat bezieht sich insoweit gemäß § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils, denen er sich in vollem Umfang anschließt. Auch im Berufungsverfahren konnte eine Verletzung der Hinweis- oder Beratungspflicht der Beklagten nicht festgestellt werden.

Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. z.B. Urteil vom 6. März 2003, Az.: B 4 RA 38/02 R) ist der Rentenversicherungsträger gemäß § 115 Abs. 6 SGB VI aus dem grundrechtlichen Renteneigentum verpflichtet, die Rechtsinhaber rentenrechtlicher Anwartschaften vor Vollendung des 60. Lebensjahres auf die im Gesetz ausgestaltete Vielzahl von Möglichkeiten des Übergangs in ein Vollrecht auf Altersrente hinzuweisen, auf die damit jeweils u.U. verbundenen Vor- und Nachteile und auf die mit einer verspäteten Antragstellung verbundenen Rechtsnachteile. Dabei ist unter anderem darauf hinzuweisen, bei Vorliegen welcher Voraussetzungen die Altersrente ab Vollendung des 65. Lebensjahres und früher in Anspruch genommen werden kann, ferner dass die Inanspruchnahme von Teilrenten möglich ist, welche Gestaltungsrechte nach den §§ 36 40, 236 – 238 SGB VI in Betracht kommen. Schließlich hat der Rentenversicherungsträger Beratung im Einzelfall anzubieten. Denn nur umfassende Informationen versetzen die Versicherten in die Lage, selbstverantwortlich zu entscheiden, ob sie jeweils ab Erfüllung der Voraussetzungen ihr Recht auf Rente in Anspruch nehmen, oder dies gerade nicht zu tun. Dabei ist eine Verletzung dieser Hinweispflichten durch den Versicherungsträger jedoch nur von Bedeutung, wenn die Verletzung der Hinweispflicht auch wesentliche Bedingung für die Beeinträchtigung des sozialen Rechts oder Verfahrensrechts gewesen ist. Nur unter diesen Voraussetzungen ist es im Rentenversicherungsrecht gerechtfertigt, die im Einwand der verspäteten Antragstellung gesetzlich ausgestaltete Wertung des § 99 SGB VI "herstellungsrechtlich" zu verdrängen (BSG, a.a.O.). Dies gilt aber nicht, wenn der Versicherte wissentlich oder fahrlässig die Antragstellung unterlassen hat und damit die entscheidende Bedingung für seinen sozialrechtlichen Nachteil selbst gesetzt hat. Im Falle der Klägerin hat die Beklagte ihrer Hinweispflicht aus § 115 Abs. 6 SGB VI genügt durch Erteilung der Rentenauskünfte vom 24. September und 9. Oktober 1993 und 5. Oktober 1995. Diese enthielten den Hinweis auf die Notwendigkeit der Rentenantragstellung, die Voraussetzungen für eine Altersrente für langjährig Versicherte ab Vollendung des 63. Lebensjahres und die Mitteilung, dass die Klägerin die Wartezeit für diese Altersrente erfüllt habe. Weiter enthielten die Auskünfte den Hinweis, dass weitere Erläuterungen der Auskünfte durch die Auskunfts- und Beratungsstellen der Beklagten, durch Versichertenälteste und die örtlichen Versicherungsämter unentgeltlich erteilt würden.

Die Klägerin kann auch nicht aufgrund des sog. sozialgerichtlichen Herstellungsanspruchs verlangen, so gestellt zu werden, als habe sie rechtzeitig vor Vollendung des 63. Lebensjahres die Altersrente für langjährig Versicherte beantragt. Voraussetzung für den Herstellungsanspruch ist ein rechtwidriges, nicht aber schuldhaftes Verhalten (Handeln oder Unterlassen) des zur Beratung nach § 14 SGB I verpflichteten Leistungsträgers oder der zur Beratung verpflichteten Behörde. In Fällen verspäteter, unrichtiger oder unvollständiger Beratung können die dem Versicherten daraus entstehenden negativen sozialrechtlichen Folgen durch den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch beseitigt werden. Dabei muss der Berechtigte so gestellt werden, wie er bei einem rechtmäßigen Verhalten des zuständigen Leistungsträgers stehen würde. Grundsätzlich ist der Rentenversicherungsträger während eines laufenden Verwaltungsverfahrens oder auf Anfrage des Versicherten verpflichtet, auf nahe liegende für den Versicherten günstige Gestaltungsmöglichkeiten hinzuweisen. Die fehlende oder fehlerhafte Beratung des Rentenversicherungsträgers muss außerdem die wesentliche Ursache für den Rechtsnachteil des Versicherten gewesen sein. Die Voraussetzungen für den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch können vorliegend nicht festgestellt werden. Nach dem Vortrag der Klägerin ist eine Beratung über die Voraussetzungen für den Rentenanspruch ab Vollendung des 63. Lebensjahres nicht erfolgt. Dies trifft allerdings nicht zu, da, wie bereits ausgeführt, entsprechende Hinweise in den erteilten Rentenauskünften enthalten waren. Aus den erteilten Rentenauskünften hätte die Klägerin ohne weiteres die notwendigen Kenntnisse gewinnen und bei Unklarheiten die Beklagte weiter befragen können. Wenn die Klägerin die Hinweise nicht oder nicht genügend zur Kenntnis genommen hat, kann sie hieraus keine Ansprüche gegen die Beklagte ableiten. Soweit sie erklärt hat, erst 1998 von einem früheren Rentenanspruch erfahren zu haben, beruht dies auf fahrlässiger Unkenntnis der erteilten Rentenauskünfte.

Konkrete Anfragen der Klägerin an die Beklagte zu einem Rentenbeginn mit Vollendung des 63. Lebensjahres bzw. vor Vollendung des 65. Lebensjahres sind nicht belegt. Insbesondere ist nach dem Ergebnis der Ermittlungen nicht ersichtlich, inwieweit dies Gegenstand des Beratungsgesprächs am 14. August 1995 gewesen ist. Nach der Aussage des Zeugen C. C. wollte die Klägerin am 14. August 1995 ihre Rentenangelegenheiten klären lassen und fragen, ob sie sich weiterhin arbeitslos melden solle. Außerdem sei es um die rentenrechtliche Berücksichtigung einer absolvierten Heilbehandlung gegangen, und zudem sei gefragt worden, wie viel Rente wohl zu erwarten sei. Darüber hinaus sei Gesprächsgegenstand gewesen, ob die Klägerin Beschäftigungszeiten nach dem 40. Lebensjahr zurückgelegt habe. Ein Protokoll über das Beratungsgespräch ist nicht vorhanden. In dem Vermerk der Bediensteten D. vom 18. Juni 1998 war der Satz aufgenommen worden: "Am 14. August 1995 war die Versicherte zu einer Beratung bei der unterzeichnenden Person, die ihr den Hinweis ". Dieser angefangene Satz wurde nach der Erklärung der Bediensteten D. anschließend auf Betreiben der Klägerin wieder gestrichen. Nach der Erklärung der Bediensteten D. vom 14. Juli 1998 hätte bei Vorliegen des Versicherungsverlaufs der Klägerin sicher gesagt werden können, dass die Voraussetzungen für einen Rentenanspruch an langjährig Versicherte ab Vollendung des 63. Lebensjahres bei der Klägerin erfüllt gewesen seien. Hier konnte allerdings nicht festgestellt werden, ob ein Versicherungsverlauf vorlag bzw. am 14. August 1995 überhaupt hätte erstellt werden können. Dass von Seiten der Beklagten die Klägerin ausdrücklich von der rechtzeitigen Antragstellung abgehalten worden wäre, etwa wegen einer falschen Auskunft zu den erforderlichen Voraussetzungen, ist nach Aktenlage nicht ersichtlich und von der Klägerin auch nicht behauptet worden. Ob die Klägerin tatsächlich im Beratungsgespräch am 14. August 1995 nicht auf die naheliegende Gestaltungsmöglichkeit, hier die rechtzeitige Beantragung der Rente für langjährig Versicherte, hingewiesen worden ist, kann allerdings dahingestellt bleiben, denn jedenfalls war die Klägerin durch die erteilten schriftlichen Rentenauskünfte über ihre Ansprüche informiert worden. Damit war eine möglicherweise fehlende Beratung am 14. August 1995 über einen Rentenanspruch ab Vollendung des 63. Lebensjahres nicht die wesentliche Bedingung für die verspätete Antragstellung. Die Antragstellung erfolgte vielmehr deshalb verspätet, weil die Klägerin fahrlässig die Hinweise in den Rentenauskünften nicht zur Kenntnis genommen, sondern erst 1998 hiervon erfahren hatte. Nach alledem konnte die Berufung keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, da es an den Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG fehlt.
Rechtskraft
Aus
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