Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
2
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 5 AS 230/06 ER
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 2 SF 30/09 E
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Für die Annahme eine sogenannten Mehrvergleiches, bei dem sich die Beteiligten über den eigentlichen Streitgegenstand des Verfahrens hinaus über weitere Streitpunkte einigen, ist bei Anwendung von Betragsrahmengebühren nach § 3 RVG kein Raum. Entscheidend ist jeweils die prozessuale Beendigung des betroffenen Rechtsstreites allein.
2. Wird ein Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung dadurch erledigt, dass sich die Beteiligten im Antragsverfahren endgültig über die Hauptsache vergleichsweise einigen, so entsteht die Einigungsgebühr nach Ziffer 1006 VV RVG im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes.
2. Wird ein Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung dadurch erledigt, dass sich die Beteiligten im Antragsverfahren endgültig über die Hauptsache vergleichsweise einigen, so entsteht die Einigungsgebühr nach Ziffer 1006 VV RVG im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes.
I. Der Feststellungsbeschluss des Sozialgerichts Marburg vom 11. Dezember 2008 und der Vergütungsfeststellungsbeschluss des Urkundsbeamten vom 24. Mai 2007 werden geändert. Die aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung des im Rechtsstreit S 5 AS 230/06 ER beigeordneten Beschwerdegegners (Rechtsanwaltes) wird auf 531,53 EUR festgesetzt.
II. Die Entscheidung ergeht gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten um die Höhe der aus der Staatskasse zu zahlenden Vergütung des im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (Sozialgericht Marburg, Az.: S 5 AS 230/06 ER – SN. gegen Landkreis ZW.) nach den Vorschriften des im Rahmen der Prozesskostenhilfe beigeordneten Beschwerdegegners (Rechtsanwaltes).
Gegenstand des Ausgangsverfahrens war die Höhe der dem Antragsteller zustehenden Kosten der Unterkunft und Heizung nach § 22 Sozialgesetzbuch - Zweites Buch - (SGB II). Nach dem im zugrundeliegenden Antragsverfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) maßgebenden Sachverhalt war der dortige Antragsteller mit Wirkung zum 1. Oktober 2006 in eine neue Wohnung umgezogen. Unter Berufung darauf, der Antragsteller habe ihm den Umzug nicht rechtzeitig mitgeteilt, bewilligte der Antragsgegner mit Bescheid vom 18.10.2006 auch nach dem Umzug weiterhin Kosten für Unterkunft und Heizung nach dem SGB II lediglich in der bisherigen Höhe von insgesamt 188,07 EUR monatlich wie zuvor in der Zeit bis zum 30.09.2006, in der der Antragsteller als Mitbewohner in einer Wohngemeinschaft gelebt hatte. Hiergegen erhob der Antragsteller selbst ohne anwaltlichen Beistand mit Schreiben vom 23.10.2006 Widerspruch. Durch seinen prozessbevollmächtigten Rechtsanwalt, den Erinnerungsführer und Beschwerdegegner im vorliegenden Kostenverfahren, stellte der Antragsteller bei dem Sozialgericht Marburg (eingehend am 18.12.2006) einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit dem Ziel, dem Antragsteller die Kosten der Unterkunft und Heizung für die ab dem 01.10.2006 bewohnte Wohnung in Höhe von 435,00 EUR monatlich bis zur Entscheidung in der Hauptsache, mindestens jedoch bis zur Entscheidung über den Widerspruch durch die Antragsgegnerin, zu gewähren. Gleichzeitig stellte der Antragsteller einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Rechtsanwaltes, des Beschwerdegegners. Dem Kläger wurde mit Beschluss des Sozialgerichts Marburg im Erörterungstermin vom 15.01.2007 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Beschwerdegegners für den ersten Rechtszug bewilligt. Zuvor hatte der Antragsgegner im Ausgangsverfahren mit Widerspruchsbescheid vom 27.12.2006 dem Antragsteller weitere Leistungen nach dem SGB II für Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 163,60 EUR monatlich bewilligt. Im Erörterungstermin des Sozialgerichts Marburg vom 15.01.2007 schlossen die Beteiligten schließlich folgenden Vergleich:
"1. Der Antragsgegner verpflichtet sich, bei dem Antragsteller ab dem 01.10.2006 Unterkunftskosten in Höhe von 325,00 EUR und Heizkosten in Höhe von 34,40 EUR zu berücksichtigen. 2. Der Antragsgegner verpflichtet sich weiter, dem Antragsteller die Hälfte seiner zur zweckgerichteten Rechtsverfolgung notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten."
Mit Schriftsatz vom 31.01.2007 beantragte der Beschwerdegegner, im Rahmen der Prozesskostenhilfebewilligung nachstehende Gebühren und Auslagen festzusetzen:
3102 Verfahren vor dem Sozialgericht 250,00 EUR 250,00 EUR
3106 Terminsgebühr in sozialrechtlicher Angelegenheit 200,00 EUR 200,00 EUR
1006 Einigung / Erledigung in sozialrechtlicher Angelegenheit 190,00 EUR 190,00 EUR
bei anhängigem gerichtlichen Verfahren
7002 Post- und Telekommunikationspauschale 20,00 EUR 20,00 EUR
Nettobetrag 660,00 EUR
Umsatzsteuer 19 % 125,40 EUR
Bruttobetrag 785,40 EUR
Mit Beschluss vom 24.05.2007 setzte der Urkundsbeamte des Sozialgerichts Marburg die gemäß § 45 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) zu erstattenden Gebühren und Auslagen wie folgt fest:
1. 1.1 Verfahrensgebühr 3102 250,00 EUR 180,00 EUR
1.2 Terminsgebühr 3106 200,00 EUR 150,00 EUR
1.3 Einigungs-Aussöhnungsgebühr 1006 190,00 EUR 0,00 EUR
2. Post-, Telegrafen- und Fernschreibgebühren
Pauschale 7002 20,00 EUR 20,00 EUR
3. Schreibauslagen
4. Reisekosten (§ 46 RVG)
Summe: 660,00 EUR 350,00 EUR
5. Umsatzsteuer/Ausgleichsbetrag 7008 125,40 EUR 66,50 EUR
Summe: 785,40 EUR 416,50 EUR
Betrag 416,50 EUR
Hiergegen richtete sich die vom Beschwerdegegner erhobene Erinnerung vom 5. Juni 2007, mit der er sich gegen die Kürzung der Verfahrens- und Terminsgebühr sowie gegen die Nichtberücksichtigung der Einigungsgebühr wandte. Mit richterlichem Beschluss vom 11. Dezember 2008 setzte das Sozialgericht Marburg unter Abänderung des Kostenfestsetzungsbeschlusses des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Sozialgerichts Marburg vom 24.05.2007 weitere 226,10 EUR an Gebühren und Auslagen fest und wies die Erinnerung des Beschwerdegegners im Übrigen zurück. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass eine Verfahrensgebühr in Höhe von 200,00 EUR und eine Terminsgebühr in Höhe von 165,00 EUR als angemessen betrachtet werde. Darüber hinaus sei entgegen den Feststellungen des Urkundsbeamten des Sozialgerichts Marburg eine Einigungsgebühr entstanden, die das Gericht mit 155,00 EUR für angemessen erachte. Hinsichtlich der Einigungsgebühr sei eine kausale Mitwirkung des Beschwerdegegners an der Beilegung des Rechtsstreits im stattgefundenen Erörterungstermin anzunehmen. Zuzüglich der Auslagenpauschale von 20,00 EUR sowie der auf den Gesamtbetrag entfallenden Umsatzsteuer in Höhe von 102,60 EUR ergebe sich ein festzusetzender Betrag von 642,60 EUR, sodass ein weiterer Unterschiedsbetrag zur Feststellung des Urkundsbeamten von 416,50 EUR in Höhe von 226,10 EUR entstanden sei.
Hiergegen hat der Erinnerungsgegner und Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 19.12.2008 (eingehend bei dem Sozialgericht Marburg am 23.12.2008) Rechtsmittel eingelegt. Er hat zum einen ausgeführt, die entstandenen Gebühren seien jeweils in Höhe von zwei Dritteln der Mittelgebühr angefallen, da es sich bei dem vorliegenden Ausgangsverfahren um einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gehandelt habe, für die nach der Kostenrechtssprechung des Hessischen Landessozialgerichtes eine Reduzierung auf zwei Drittel wegen der im Verhältnis zu einem Hauptsacheverfahren geringeren Bedeutung des vorläufigen Rechtsschutzes geboten sei. Zum anderen sei eine Einigungsgebühr – wie vom Kostenbeamten zutreffend festgestellt – im Ausgangsverfahren nicht angefallen. Zwar sei die Begründung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle, der Vergleich sei nicht kausal unter Mitwirkung des beteiligten Rechtsanwaltes geschlossen worden, im Ergebnis nicht als durchgreifend zu bezeichnen. Jedoch habe sich der geschlossene Vergleich im Erörterungstermin vom 15.01.2007 bereits auf eine Einigung der Beteiligten in der Hauptsache bezogen, nicht jedoch auf eine Einigung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren. Dieser Vergleichsschluss sei vom Umfang der Beiordnung des Beschwerdegegners im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht gedeckt, selbst wenn im Wortlaut des Vergleiches ein wechselseitiges Nachgeben hinsichtlich der vom Antragsteller begehrten Unterkunftskosten zu erkennen sei. Allerdings beziehe sich der geschlossene Vergleich nicht auf eine zeitlich begrenzte Regelung - wie im Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz begehrt -, sondern auf eine Dauerregelung, die nicht Gegenstand des Eilverfahrens gewesen sei. Im Ausgangsverfahren sei somit ein Vergleich außerhalb des Gegenstandes des Eilverfahrens geschlossen worden, indem die Beteiligten die Hauptsache selbst geregelt hätten. Dadurch habe der Vergleich nicht das Eilverfahren, sondern das Hauptsacheverfahren erledigt. Der Bewilligungsentscheidung über Prozesskostenhilfe sei aber nicht zu entnehmen, dass sie für einen solchen "Mehrvergleich" wirken und eine Vergütungsverpflichtung der Staatskasse begründen sollte. Aus der Aktenlage sei zudem zu schließen, dass das Widerspruchsverfahren im Zeitpunkt des Erörterungstermins am 15. Januar 2007 noch anhängig gewesen sei. Die Beendigung des Eilverfahrens sei demnach nicht durch Vergleich, sondern auf sonstige Art und Weise erfolgt, weil die Einigung in der Hauptsache keinen Raum mehr für den Erlass einer einstweiligen Anordnung als vorläufige Regelung ab dem Zeitpunkt des einstweiligen Rechtsschutzantrages gelassen habe. Daher sei ein Grund für die Festsetzung einer Einigungsgebühr im Sinne der Nr. 1006 des Vergütungsverzeichnisses nach dem Rechtsanwaltvergütungsgesetz (VV-RVG) zu Recht vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle abgelehnt worden. Schließlich sei eine Einigungsgebühr auch nicht deswegen entstanden, weil der Antragsgegner zusätzlich zu den bereits bewilligten Kosten der Unterkunft von 188,07 EUR weitere 163,80 EUR bewilligt habe. Denn der Antragsgegner habe mit Widerspruchsbescheid vom 27.12.2006 Kosten der Unterkunft und Heizung von 364,07 EUR (richtig: 351,87 EUR) ab dem 01.10.2006 bewilligt. Hiernach stelle sich der im Erörterungstermin am 15.01.2007 geschlossene Vergleich über die Kosten der Unterkunft und Heizung von insgesamt 359,40 EUR monatlich sogar als Anspruchsverzicht des Antragstellers dar. Dies nehme der Erklärung der Beteiligten den Charakter eines gegenseitigen Nachgebens im gerichtlichen Eilverfahren, was für einen Vergleich erforderlich wäre. Hätte sich hingegen und im Gegensatz zu dieser Sachlage als Ergebnis des Termins im Eilverfahren tatsächlich eine insgesamt höhere Leistung für Kosten der Unterkunft und Heizung gegenüber dem Leistungsstand nach dem Widerspruchsbescheid ergeben, so läge ein gegenseitiges Nachgeben der Antragsbeteiligten vor, sodass eine Mitwirkung des Beschwerdegegners an der Einigung nicht zu bestreiten wäre. Nur in einem solchen Falle wäre vom Entstehen einer Einigungsgebühr auszugehen. Aber auch dann stelle sich die Frage des Umfanges der Eintrittspflicht der Staatskasse für die Anwaltsvergütung, die vom Umfang der Beiordnung abhänge. Die Vergütung aus der Prozesskostenhilfe sei hiernach mit der Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV-RVG, der Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV-RVG sowie der Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV-RVG und der nach Nr. 7008 VV-RVG zu erstattenden Umsatzsteuer auf insgesamt 360,80 EUR festzusetzen; wegen des Verböserungsverbotes sei jedoch weiterhin der vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle im Festsetzungsverfahren festgesetzte Betrag in Höhe von 416,50 EUR festzusetzen.
Der Beschwerdeführer beantragt (sinngemäß),
die aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung des beigeordneten Rechtsanwaltes für die Tätigkeit im Rechtsstreit S 5 AS 230/06 ER unter Änderung des Feststellungsbeschlusses des Sozialgerichts Marburg vom 11.12.2008 und des Vergütungsfestsetzungsbeschlusses des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 24.05.2007 auf insgesamt 416,50 EUR festzusetzen.
Der Beschwerdegegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er stellt klar, der Antragsteller habe im Ausgangsverfahren gegen den strittigen Bescheid selbst Widerspruch eingelegt; erst mit dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sei er als Rechtsanwalt des Antragstellers in den Streit eingetreten. Auch sei das Widerspruchsverfahren zum Zeitpunkt der Einigung mit Widerspruchsbescheid vom 27.12.2006 bereits beendet gewesen, ohne dass bereits Klage in der Hauptsache erhoben gewesen sei. Zum Zeitpunkt des Erörterungstermin am 15.01.2007 bei dem Sozialgericht Marburg sei daher zum einen das Widerspruchsverfahren beendet gewesen, zum anderen jedoch das Verfahren über die einstweiligen Anordnungen noch anhängig gewesen. Die Entscheidung über eine Klageerhebung habe zu diesem Zeitpunkt noch nicht festgestanden. Das Gericht habe angedeutet, auch in einem evtl. Hauptsacheverfahren zugunsten des Antragstellers zu entscheiden. Prozessökonomisch sei es unsinnig gewesen, zunächst über die einstweilige Anordnung zu entscheiden und dann eine gleichlautende Entscheidung in einem Hauptsacheverfahren anzustreben, sodass sich die Beteiligten auf den aktenkundigen Vergleich geeinigt hätten. Dies sei vor dem Hintergrund geschehen, dass zwar der Widerspruchsbescheid eine Verbesserung für den Antragsteller enthalten habe, ihn aber nicht vollkommen zu befriedigen vermochte. Von einem sogenannten Mehrvergleich könne vorliegend nicht die Rede sein. Der Streitgegenstand im Eilverfahren und in einem möglichen Hauptsacheverfahren sei identisch. Mit dem geschlossenen Vergleich sei auch ein Verzicht des Antragstellers auf weitere Rechtsmittel gegen den Widerspruchsbescheid einhergegangen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogene Gerichtsakte zum Rechtsstreit S 5 AS 230/06 ER vor dem Sozialgericht Marburg samt Kostenheft sowie auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
II.
Der Senat hat die Beschwerde durch seine Berufsrichter entschieden, nachdem der Berichterstatter das Verfahren dem Senat wegen grundsätzlicher Bedeutung nach §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 8 Satz 2 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) übertragen hat.
Gemäß §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 3 Satz 1 und 3 RVG ist die Beschwerde zulässig; sie ist insbesondere statthaft, da die Festsetzung einen Beschwerdewert von 200,00 EUR übersteigt (§ 33 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 56 Abs. 2 Satz 1 RVG). Sie ist im Übrigen innerhalb der zweiwöchigen Frist des § 33 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 56 Abs. 2 RVG erhoben.
Die Beschwerde ist jedoch nur zum Teil begründet. Die Vergütung des Beschwerdegegners ist auf insgesamt 531,54 EUR festzusetzen.
Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 RVG entstehen in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen das Gerichtskostengesetz (GKG) nicht anzuwenden ist, Betragsrahmengebühren, die dem im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalt aus der Landeskasse zu erstatten sind (§ 45 Abs. 1 RVG). Es handelt sich bei dem Ausgangsverfahren um ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes mit kostenprivilegierten Beteiligten im Sinne von § 183 Satz 1 SGG, sodass die Anwendung des Gerichtskostengesetzes (§ 197a Abs. 1 Satz 1 SGG) ausscheidet und sich die Höhe der Vergütung somit nach dem Vergütungsverzeichnis der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmt (VV-RVG). Nach § 45 Abs. 1 RVG erhält der im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnete Rechtsanwalt seine gesetzliche Vergütung, die er sonst vom Mandanten verlangen könne, aus der Staatskasse, soweit im 8. Abschnitt des RVG (§§ 44 bis 59) nichts anderes bestimmt ist. Er kann dabei nach § 48 Abs. 1 RVG sämtliche Gebühren und Auslagen beanspruchen, die sich aus seiner Tätigkeit ab dem Wirksamwerden seiner Beiordnung ergeben. Die von ihm danach aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung wird auf Antrag des Rechtsanwaltes grundsätzlich vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Gerichtes des ersten Rechtszuges festgesetzt (§ 55 Abs. 1 Satz 1 RVG) mit der gesetzlichen Ausnahme des § 55 Abs. 2 RVG. Gemäß § 3 Abs. 1 i.V.m. § 14 Abs. 1 RVG bestimmt der Rechtsanwalt bei Rahmengebühren eine Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigen Ermessen.
Die vom Beschwerdegegner in seinem Antrag auf Festsetzung der Gebühren vom 31.01.2007 berechneten Gebühren von brutto 785,40 EUR sind jedoch unbillig im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 4 RVG.
Im Ausgangsverfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vor dem Sozialgericht Marburg (S 5 AS 230/06 ER), das im Erörterungstermin vom 15.01.2007 durch gerichtlich geschlossenen Vergleich endete, sind die Gebührenstatbestände einer Verfahrensgebühr nach Ziffer 3102 VV-RVG, einer Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV-RVG sowie einer Erledigungs- bzw. Einigungsgebühr in sozialrechtlichen Angelegenheiten nach Ziffer 1006 VV-RVG während eines anhängigen gerichtlichen Verfahrens entstanden.
An der Entstehung der Verfahrensgebühr nach Ziffer 3102 VV-RVG und der Terminsgebühr nach Ziffer 3106 VV-RVG besteht vorliegend kein Zweifel, sie sind nicht im Streit. Zutreffend ist die Auffassung des Sozialgerichtes, wonach auch eine Einigungs- bzw. Erledigungsgebühr nach Ziffer 1006 entstanden ist. Eine Einigung ist im Ausgangsverfahren für eine Teilleistung erzielt worden. Denn zusätzlich zu den bereits von dem Antragsgegner im Ausgangsverfahren mit Bescheid vom 18.10.2006 bewilligten Kosten der Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II in Höhe von 188,07 EUR monatlich sind mit Widerspruchsbescheid des Antragsgegners vom 27.12.2006 weitere 163,60 EUR dem Antragsteller bewilligt worden, mithin eine Gesamtsumme von monatlich 351,67 EUR. Entgegen der Einschätzung des Beschwerdeführers, dem ein Rechenfehler unterlaufen ist, haben sich die Beteiligten somit im Erörterungstermin vom 15.01.2007 bei gegenseitigem Nachgeben auf einen gerichtlichen Vergleich geeinigt, indem der Antragsgegner nicht mehr die ursprünglich verlangten 435,00 EUR monatlich an Kosten der Unterkunft und Heizung verlangte und die Antragsgegnerin nicht auf den bereits bewilligten 351,67 EUR (188,07 EUR zzgl. 163,60 EUR) monatlich beharrte, sondern sich die Beteiligten darauf verständigten, dass dem Antragsteller seit dem 01.10.2006 Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von insgesamt 359,40 EUR bewilligt wurden, somit ein Betrag von 7,73 EUR monatlich mehr als im vorangegangenen Widerspruchsbescheid. Die Einschätzung des Beschwerdeführers, der Vergleichstext lege einen Verzicht des Antragstellers auf seine Ansprüche nahe, beruht lediglich auf einem Rechenfehler, soweit der Beschwerdeführer davon ausgeht, dass nach dem Widerspruchsbescheid des Antragstellers vom 27.12.2006 dem Antragsteller 364,07 EUR monatlich ab dem 01.10.2006 bewilligt worden seien. Ebenso wie das Sozialgericht im Kostenfestsetzungsbeschluss vom 11.12.2008 hält es auch der Senat für evident, dass der Beschwerdegegner als beigeordneter Rechtsanwalt an dem Vergleichsbeschluss der Gestalt beteiligt gewesen ist, dass ohne ihn der gerichtliche Vergleich nicht geschlossen wäre. Entgegenstehende Anhaltspunkte sind jedenfalls nicht zu erkennen. Dies rechtfertigt das Entstehen der Einigungsgebühr nach Ziffer 1006 VV-RVG dem Grunde nach, wobei im vorliegenden Falle die Ziffer 1005 VV-RVG nicht zum Zuge kommt, da ein gerichtliches Verfahren anhängig war.
Soweit der Beschwerdegegner zusammengefasst geltend macht, mit dem geschlossenen Vergleich vom 15.01.2007 sei ein sogenannter "Mehrvergleich" geschlossen worden, weil nicht über den Streitgegenstand des Antragsverfahrens im einstweiligen Rechtsschutz, sondern über rechtliche und tatsächliche Hauptsache entschieden worden sei, so führt dies zu keiner anderweitigen rechtlichen Beurteilung. § 48 Abs. 1 RVG ordnet an, dass sich der Vergütungsanspruch des Rechtsanwaltes nach den Beschlüssen bestimmt, durch die die Prozesskostenhilfe bewilligt und der Rechtsanwalt beigeordnet oder bestellt worden ist. Die Einigungs- bzw. Erledigungsgebühr nach den Ziffern 1005, 1006 VV-RVG ergibt sich ihrerseits aus der Erledigung des Rechtsstreites aufgrund einer Einigung der Beteiligten. Die Einigung und die mit ihr einhergehende Erledigung des Rechtsstreites richten sich wiederum nach dem Streitgegenstand. Im vorliegenden Verfahren ist – wie vom Beschwerdeführer zutreffend ausgeführt – die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zwar alleine für das Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz nach § 85b Abs. 2 SGG bewilligt worden, ein anderes Verfahren war auch gar nicht anhängig. Streitgegenstand bei einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist grundsätzlich eine vorläufige Regelung bis zur Entscheidung in der Hauptsache, wie sie auch hier beantragt war. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Beteiligten sich nicht in einem Antragsverfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auch innerhalb ihrer Verfügungsgewalt über weitergehende Ansprüche, insbesondere in einem anhängigen bzw. möglicherweise noch später anhängig zu machenden Hauptsacheverfahren, einigen könnten. Einigen sich die Beteiligten – wie im vorliegenden Verfahren – bereits im einstweiligen Rechtsschutz auch auf eine Erledigung der Hauptsache, ist für die Annahme eine sogenannten "Mehrvergleiches" kein Raum. Ein Mehrvergleich bedeutet, dass die Beteiligten über den eigentlichen Streitgegenstand des Verfahrens hinaus weitere Regelungen treffen und sich diese hinausgehenden Regelungen bei der Gebührenhöhe niederschlagen. Ein solcher Mehrvergleich ist den Vorschriften über Betragsrahmengebühren nach § 3 RVG fremd, da Streitwerte ohne Belang sind. Dementsprechend sieht das Vergütungsverzeichnis zum RVG, soweit Betragsrahmengebühren geregelt sind, eine besondere Berücksichtigung von sogenannten Mehrvergleichen nicht vor. Die Einbeziehung von weiteren Streitgegenständen ist in Betragsrahmengebührenverfahren nach § 3 RVG auch ohne Bedeutung. Entscheidend ist jeweils die prozessuale Beendigung des betroffenen Rechtsstreites allein. Die Erledigung von weiteren, über den eigentlichen Prozessstoff hinausreichenden Streitgegenständen, die ggfs. in anderen Verfahren anhängig sind, ist für die Entstehung einer Einigungsgebühr ohne Bedeutung, sofern der eigentliche Streitgegenstand vollständig geregelt und erledigt wird. Die Einigungsgebühr entsteht in demjenigen Verfahren, in dem der Vergleich geschlossen wird. Dadurch entfällt im jeweils anderen Verfahren wegen Fortfalls des Rechtsschutzinteresses der bisherige Streitgegenstand. Ist nur ein Verfahren anhängig, entsteht naturgemäß nur in ihm die Einigungsgebühr.
Im vorliegenden Falle, bei dem das Antragsverfahren aufgrund einer Regelung in der Hauptsache erledigt worden ist, führt dies zu dem Ergebnis, dass eine Einigungsgebühr im Sinne von Ziffer 1006 VV-RVG sehr wohl entstanden ist; denn der anhängige Rechtsstreit auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist durch den Vergleich vom 15.01.2007 beendet worden. Die Beteiligten haben sich, indem sie sich in der Hauptsache über die endgültige Höhe der Wohnkosten einigten, auch über den geringer gefassten Streitgegenstand des Antragsverfahrens (mit-)geeinigt. Indem die Beteiligten sich im Antragsverfahren – im Übrigen prozessökonomisch – auf eine Regelung der Hauptsache selbst geeinigt haben, entfiel mit Vergleichsschluss der Anordnungsanspruch im Rahmen von § 86b Abs. 2 SGG, sodass mit dem Mitwirken an dem Vergleichsschluss zwingend auch eine Einigung im einstweiligen Anordnungsverfahren erzielt wurde.
Zutreffend ist vom Beschwerdegegner jedoch gerügt worden, das Sozialgericht habe in seiner Entscheidung die Rechtsprechung des Senates zum Ansatz einer lediglich gebotenen 2/3-Gebühr im Rahmen des einstweiligen Anordnungsverfahrens unterlassen. Die Festsetzung eines 2/3-Betrages der Rahmengebühren im Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz ist vom Senat bereits mit Beschluss vom 25. Mai 2009 (Az.: L 2 SF 50/09 E, juris) entschieden. Die Wertigkeit der Betragsrahmengebühr ist in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes im Verhältnis zu entsprechend gleichartigen Streitgegenständen der Hauptsacheverfahren in der Regel geringer. Ausgangswert für Antragsverfahren im einstweiligen Rechtsschutz ist generell nicht die Mittelgebühr, sondern eine auf 2/3 reduzierte Mittelgebühr. An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest. Sie betrifft sämtliche im vorliegenden Ausgangsverfahren angefallene Gebühren wie die Verfahrens-, die Termins- und die Einigungsgebühr. Es lassen sich auch keine tatsächlichen oder rechtlichen Anhaltspunkte dafür ableiten, dass es sich bei dem Ausgangsverfahren um ein überdurchschnittlich schwieriges Verfahren gehandelt hätte. Bereits ausgehend vom Streitgegenstand (Höhe der Kosten der Unterkunft und Heizung) handelte es sich um ein durchschnittliches Verfahren, da derartige Streitgegenstände im SGB II regelmäßig auftreten. Eine besonders schwierige Angelegenheit lässt sich angesichts des Sachverhaltes und der Aktenlage sowie aufgrund der Erörterungen im Termin am 15.01.2007 nicht erkennen. Eine Erhöhung der Mittelgebühr ist somit nicht geboten.
Damit ergibt sich folgende Festsetzung der Gebührenhöhe für das Ausgangsverfahren:
Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV-RVG (Mittelgebühr) 250,00 EUR
Terminsgebühr Nr. 3106 VV-RVG (Mittelgebühr) 200,00 EUR
Einigungsgebühr Nr. 1006 VV-RVG (Mittelgebühr) 190,00 EUR
Zwischensumme 640,00 EUR x 2/3 = 426,67 EUR
Entgeltpauschale Nr. 1006 VV-RVG 20,00 EUR
Zwischensumme 446,67 EUR
Umsatzsteuer 19 % Nr. 7008 VV-RVG 84,87 EUR
Gesamtsumme 531,54 EUR
Das Verfahren über die Beschwerde ist gebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 Satz 2 und Satz 3 RVG).
Die Entscheidung ist unanfechtbar (§ 33 Abs. 4 Satz 3 RVG).
II. Die Entscheidung ergeht gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten um die Höhe der aus der Staatskasse zu zahlenden Vergütung des im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (Sozialgericht Marburg, Az.: S 5 AS 230/06 ER – SN. gegen Landkreis ZW.) nach den Vorschriften des im Rahmen der Prozesskostenhilfe beigeordneten Beschwerdegegners (Rechtsanwaltes).
Gegenstand des Ausgangsverfahrens war die Höhe der dem Antragsteller zustehenden Kosten der Unterkunft und Heizung nach § 22 Sozialgesetzbuch - Zweites Buch - (SGB II). Nach dem im zugrundeliegenden Antragsverfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) maßgebenden Sachverhalt war der dortige Antragsteller mit Wirkung zum 1. Oktober 2006 in eine neue Wohnung umgezogen. Unter Berufung darauf, der Antragsteller habe ihm den Umzug nicht rechtzeitig mitgeteilt, bewilligte der Antragsgegner mit Bescheid vom 18.10.2006 auch nach dem Umzug weiterhin Kosten für Unterkunft und Heizung nach dem SGB II lediglich in der bisherigen Höhe von insgesamt 188,07 EUR monatlich wie zuvor in der Zeit bis zum 30.09.2006, in der der Antragsteller als Mitbewohner in einer Wohngemeinschaft gelebt hatte. Hiergegen erhob der Antragsteller selbst ohne anwaltlichen Beistand mit Schreiben vom 23.10.2006 Widerspruch. Durch seinen prozessbevollmächtigten Rechtsanwalt, den Erinnerungsführer und Beschwerdegegner im vorliegenden Kostenverfahren, stellte der Antragsteller bei dem Sozialgericht Marburg (eingehend am 18.12.2006) einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit dem Ziel, dem Antragsteller die Kosten der Unterkunft und Heizung für die ab dem 01.10.2006 bewohnte Wohnung in Höhe von 435,00 EUR monatlich bis zur Entscheidung in der Hauptsache, mindestens jedoch bis zur Entscheidung über den Widerspruch durch die Antragsgegnerin, zu gewähren. Gleichzeitig stellte der Antragsteller einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Rechtsanwaltes, des Beschwerdegegners. Dem Kläger wurde mit Beschluss des Sozialgerichts Marburg im Erörterungstermin vom 15.01.2007 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Beschwerdegegners für den ersten Rechtszug bewilligt. Zuvor hatte der Antragsgegner im Ausgangsverfahren mit Widerspruchsbescheid vom 27.12.2006 dem Antragsteller weitere Leistungen nach dem SGB II für Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 163,60 EUR monatlich bewilligt. Im Erörterungstermin des Sozialgerichts Marburg vom 15.01.2007 schlossen die Beteiligten schließlich folgenden Vergleich:
"1. Der Antragsgegner verpflichtet sich, bei dem Antragsteller ab dem 01.10.2006 Unterkunftskosten in Höhe von 325,00 EUR und Heizkosten in Höhe von 34,40 EUR zu berücksichtigen. 2. Der Antragsgegner verpflichtet sich weiter, dem Antragsteller die Hälfte seiner zur zweckgerichteten Rechtsverfolgung notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten."
Mit Schriftsatz vom 31.01.2007 beantragte der Beschwerdegegner, im Rahmen der Prozesskostenhilfebewilligung nachstehende Gebühren und Auslagen festzusetzen:
3102 Verfahren vor dem Sozialgericht 250,00 EUR 250,00 EUR
3106 Terminsgebühr in sozialrechtlicher Angelegenheit 200,00 EUR 200,00 EUR
1006 Einigung / Erledigung in sozialrechtlicher Angelegenheit 190,00 EUR 190,00 EUR
bei anhängigem gerichtlichen Verfahren
7002 Post- und Telekommunikationspauschale 20,00 EUR 20,00 EUR
Nettobetrag 660,00 EUR
Umsatzsteuer 19 % 125,40 EUR
Bruttobetrag 785,40 EUR
Mit Beschluss vom 24.05.2007 setzte der Urkundsbeamte des Sozialgerichts Marburg die gemäß § 45 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) zu erstattenden Gebühren und Auslagen wie folgt fest:
1. 1.1 Verfahrensgebühr 3102 250,00 EUR 180,00 EUR
1.2 Terminsgebühr 3106 200,00 EUR 150,00 EUR
1.3 Einigungs-Aussöhnungsgebühr 1006 190,00 EUR 0,00 EUR
2. Post-, Telegrafen- und Fernschreibgebühren
Pauschale 7002 20,00 EUR 20,00 EUR
3. Schreibauslagen
4. Reisekosten (§ 46 RVG)
Summe: 660,00 EUR 350,00 EUR
5. Umsatzsteuer/Ausgleichsbetrag 7008 125,40 EUR 66,50 EUR
Summe: 785,40 EUR 416,50 EUR
Betrag 416,50 EUR
Hiergegen richtete sich die vom Beschwerdegegner erhobene Erinnerung vom 5. Juni 2007, mit der er sich gegen die Kürzung der Verfahrens- und Terminsgebühr sowie gegen die Nichtberücksichtigung der Einigungsgebühr wandte. Mit richterlichem Beschluss vom 11. Dezember 2008 setzte das Sozialgericht Marburg unter Abänderung des Kostenfestsetzungsbeschlusses des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Sozialgerichts Marburg vom 24.05.2007 weitere 226,10 EUR an Gebühren und Auslagen fest und wies die Erinnerung des Beschwerdegegners im Übrigen zurück. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass eine Verfahrensgebühr in Höhe von 200,00 EUR und eine Terminsgebühr in Höhe von 165,00 EUR als angemessen betrachtet werde. Darüber hinaus sei entgegen den Feststellungen des Urkundsbeamten des Sozialgerichts Marburg eine Einigungsgebühr entstanden, die das Gericht mit 155,00 EUR für angemessen erachte. Hinsichtlich der Einigungsgebühr sei eine kausale Mitwirkung des Beschwerdegegners an der Beilegung des Rechtsstreits im stattgefundenen Erörterungstermin anzunehmen. Zuzüglich der Auslagenpauschale von 20,00 EUR sowie der auf den Gesamtbetrag entfallenden Umsatzsteuer in Höhe von 102,60 EUR ergebe sich ein festzusetzender Betrag von 642,60 EUR, sodass ein weiterer Unterschiedsbetrag zur Feststellung des Urkundsbeamten von 416,50 EUR in Höhe von 226,10 EUR entstanden sei.
Hiergegen hat der Erinnerungsgegner und Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 19.12.2008 (eingehend bei dem Sozialgericht Marburg am 23.12.2008) Rechtsmittel eingelegt. Er hat zum einen ausgeführt, die entstandenen Gebühren seien jeweils in Höhe von zwei Dritteln der Mittelgebühr angefallen, da es sich bei dem vorliegenden Ausgangsverfahren um einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gehandelt habe, für die nach der Kostenrechtssprechung des Hessischen Landessozialgerichtes eine Reduzierung auf zwei Drittel wegen der im Verhältnis zu einem Hauptsacheverfahren geringeren Bedeutung des vorläufigen Rechtsschutzes geboten sei. Zum anderen sei eine Einigungsgebühr – wie vom Kostenbeamten zutreffend festgestellt – im Ausgangsverfahren nicht angefallen. Zwar sei die Begründung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle, der Vergleich sei nicht kausal unter Mitwirkung des beteiligten Rechtsanwaltes geschlossen worden, im Ergebnis nicht als durchgreifend zu bezeichnen. Jedoch habe sich der geschlossene Vergleich im Erörterungstermin vom 15.01.2007 bereits auf eine Einigung der Beteiligten in der Hauptsache bezogen, nicht jedoch auf eine Einigung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren. Dieser Vergleichsschluss sei vom Umfang der Beiordnung des Beschwerdegegners im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht gedeckt, selbst wenn im Wortlaut des Vergleiches ein wechselseitiges Nachgeben hinsichtlich der vom Antragsteller begehrten Unterkunftskosten zu erkennen sei. Allerdings beziehe sich der geschlossene Vergleich nicht auf eine zeitlich begrenzte Regelung - wie im Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz begehrt -, sondern auf eine Dauerregelung, die nicht Gegenstand des Eilverfahrens gewesen sei. Im Ausgangsverfahren sei somit ein Vergleich außerhalb des Gegenstandes des Eilverfahrens geschlossen worden, indem die Beteiligten die Hauptsache selbst geregelt hätten. Dadurch habe der Vergleich nicht das Eilverfahren, sondern das Hauptsacheverfahren erledigt. Der Bewilligungsentscheidung über Prozesskostenhilfe sei aber nicht zu entnehmen, dass sie für einen solchen "Mehrvergleich" wirken und eine Vergütungsverpflichtung der Staatskasse begründen sollte. Aus der Aktenlage sei zudem zu schließen, dass das Widerspruchsverfahren im Zeitpunkt des Erörterungstermins am 15. Januar 2007 noch anhängig gewesen sei. Die Beendigung des Eilverfahrens sei demnach nicht durch Vergleich, sondern auf sonstige Art und Weise erfolgt, weil die Einigung in der Hauptsache keinen Raum mehr für den Erlass einer einstweiligen Anordnung als vorläufige Regelung ab dem Zeitpunkt des einstweiligen Rechtsschutzantrages gelassen habe. Daher sei ein Grund für die Festsetzung einer Einigungsgebühr im Sinne der Nr. 1006 des Vergütungsverzeichnisses nach dem Rechtsanwaltvergütungsgesetz (VV-RVG) zu Recht vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle abgelehnt worden. Schließlich sei eine Einigungsgebühr auch nicht deswegen entstanden, weil der Antragsgegner zusätzlich zu den bereits bewilligten Kosten der Unterkunft von 188,07 EUR weitere 163,80 EUR bewilligt habe. Denn der Antragsgegner habe mit Widerspruchsbescheid vom 27.12.2006 Kosten der Unterkunft und Heizung von 364,07 EUR (richtig: 351,87 EUR) ab dem 01.10.2006 bewilligt. Hiernach stelle sich der im Erörterungstermin am 15.01.2007 geschlossene Vergleich über die Kosten der Unterkunft und Heizung von insgesamt 359,40 EUR monatlich sogar als Anspruchsverzicht des Antragstellers dar. Dies nehme der Erklärung der Beteiligten den Charakter eines gegenseitigen Nachgebens im gerichtlichen Eilverfahren, was für einen Vergleich erforderlich wäre. Hätte sich hingegen und im Gegensatz zu dieser Sachlage als Ergebnis des Termins im Eilverfahren tatsächlich eine insgesamt höhere Leistung für Kosten der Unterkunft und Heizung gegenüber dem Leistungsstand nach dem Widerspruchsbescheid ergeben, so läge ein gegenseitiges Nachgeben der Antragsbeteiligten vor, sodass eine Mitwirkung des Beschwerdegegners an der Einigung nicht zu bestreiten wäre. Nur in einem solchen Falle wäre vom Entstehen einer Einigungsgebühr auszugehen. Aber auch dann stelle sich die Frage des Umfanges der Eintrittspflicht der Staatskasse für die Anwaltsvergütung, die vom Umfang der Beiordnung abhänge. Die Vergütung aus der Prozesskostenhilfe sei hiernach mit der Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV-RVG, der Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV-RVG sowie der Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV-RVG und der nach Nr. 7008 VV-RVG zu erstattenden Umsatzsteuer auf insgesamt 360,80 EUR festzusetzen; wegen des Verböserungsverbotes sei jedoch weiterhin der vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle im Festsetzungsverfahren festgesetzte Betrag in Höhe von 416,50 EUR festzusetzen.
Der Beschwerdeführer beantragt (sinngemäß),
die aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung des beigeordneten Rechtsanwaltes für die Tätigkeit im Rechtsstreit S 5 AS 230/06 ER unter Änderung des Feststellungsbeschlusses des Sozialgerichts Marburg vom 11.12.2008 und des Vergütungsfestsetzungsbeschlusses des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 24.05.2007 auf insgesamt 416,50 EUR festzusetzen.
Der Beschwerdegegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er stellt klar, der Antragsteller habe im Ausgangsverfahren gegen den strittigen Bescheid selbst Widerspruch eingelegt; erst mit dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sei er als Rechtsanwalt des Antragstellers in den Streit eingetreten. Auch sei das Widerspruchsverfahren zum Zeitpunkt der Einigung mit Widerspruchsbescheid vom 27.12.2006 bereits beendet gewesen, ohne dass bereits Klage in der Hauptsache erhoben gewesen sei. Zum Zeitpunkt des Erörterungstermin am 15.01.2007 bei dem Sozialgericht Marburg sei daher zum einen das Widerspruchsverfahren beendet gewesen, zum anderen jedoch das Verfahren über die einstweiligen Anordnungen noch anhängig gewesen. Die Entscheidung über eine Klageerhebung habe zu diesem Zeitpunkt noch nicht festgestanden. Das Gericht habe angedeutet, auch in einem evtl. Hauptsacheverfahren zugunsten des Antragstellers zu entscheiden. Prozessökonomisch sei es unsinnig gewesen, zunächst über die einstweilige Anordnung zu entscheiden und dann eine gleichlautende Entscheidung in einem Hauptsacheverfahren anzustreben, sodass sich die Beteiligten auf den aktenkundigen Vergleich geeinigt hätten. Dies sei vor dem Hintergrund geschehen, dass zwar der Widerspruchsbescheid eine Verbesserung für den Antragsteller enthalten habe, ihn aber nicht vollkommen zu befriedigen vermochte. Von einem sogenannten Mehrvergleich könne vorliegend nicht die Rede sein. Der Streitgegenstand im Eilverfahren und in einem möglichen Hauptsacheverfahren sei identisch. Mit dem geschlossenen Vergleich sei auch ein Verzicht des Antragstellers auf weitere Rechtsmittel gegen den Widerspruchsbescheid einhergegangen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogene Gerichtsakte zum Rechtsstreit S 5 AS 230/06 ER vor dem Sozialgericht Marburg samt Kostenheft sowie auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
II.
Der Senat hat die Beschwerde durch seine Berufsrichter entschieden, nachdem der Berichterstatter das Verfahren dem Senat wegen grundsätzlicher Bedeutung nach §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 8 Satz 2 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) übertragen hat.
Gemäß §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 3 Satz 1 und 3 RVG ist die Beschwerde zulässig; sie ist insbesondere statthaft, da die Festsetzung einen Beschwerdewert von 200,00 EUR übersteigt (§ 33 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 56 Abs. 2 Satz 1 RVG). Sie ist im Übrigen innerhalb der zweiwöchigen Frist des § 33 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 56 Abs. 2 RVG erhoben.
Die Beschwerde ist jedoch nur zum Teil begründet. Die Vergütung des Beschwerdegegners ist auf insgesamt 531,54 EUR festzusetzen.
Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 RVG entstehen in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen das Gerichtskostengesetz (GKG) nicht anzuwenden ist, Betragsrahmengebühren, die dem im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalt aus der Landeskasse zu erstatten sind (§ 45 Abs. 1 RVG). Es handelt sich bei dem Ausgangsverfahren um ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes mit kostenprivilegierten Beteiligten im Sinne von § 183 Satz 1 SGG, sodass die Anwendung des Gerichtskostengesetzes (§ 197a Abs. 1 Satz 1 SGG) ausscheidet und sich die Höhe der Vergütung somit nach dem Vergütungsverzeichnis der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmt (VV-RVG). Nach § 45 Abs. 1 RVG erhält der im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnete Rechtsanwalt seine gesetzliche Vergütung, die er sonst vom Mandanten verlangen könne, aus der Staatskasse, soweit im 8. Abschnitt des RVG (§§ 44 bis 59) nichts anderes bestimmt ist. Er kann dabei nach § 48 Abs. 1 RVG sämtliche Gebühren und Auslagen beanspruchen, die sich aus seiner Tätigkeit ab dem Wirksamwerden seiner Beiordnung ergeben. Die von ihm danach aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung wird auf Antrag des Rechtsanwaltes grundsätzlich vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Gerichtes des ersten Rechtszuges festgesetzt (§ 55 Abs. 1 Satz 1 RVG) mit der gesetzlichen Ausnahme des § 55 Abs. 2 RVG. Gemäß § 3 Abs. 1 i.V.m. § 14 Abs. 1 RVG bestimmt der Rechtsanwalt bei Rahmengebühren eine Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigen Ermessen.
Die vom Beschwerdegegner in seinem Antrag auf Festsetzung der Gebühren vom 31.01.2007 berechneten Gebühren von brutto 785,40 EUR sind jedoch unbillig im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 4 RVG.
Im Ausgangsverfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vor dem Sozialgericht Marburg (S 5 AS 230/06 ER), das im Erörterungstermin vom 15.01.2007 durch gerichtlich geschlossenen Vergleich endete, sind die Gebührenstatbestände einer Verfahrensgebühr nach Ziffer 3102 VV-RVG, einer Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV-RVG sowie einer Erledigungs- bzw. Einigungsgebühr in sozialrechtlichen Angelegenheiten nach Ziffer 1006 VV-RVG während eines anhängigen gerichtlichen Verfahrens entstanden.
An der Entstehung der Verfahrensgebühr nach Ziffer 3102 VV-RVG und der Terminsgebühr nach Ziffer 3106 VV-RVG besteht vorliegend kein Zweifel, sie sind nicht im Streit. Zutreffend ist die Auffassung des Sozialgerichtes, wonach auch eine Einigungs- bzw. Erledigungsgebühr nach Ziffer 1006 entstanden ist. Eine Einigung ist im Ausgangsverfahren für eine Teilleistung erzielt worden. Denn zusätzlich zu den bereits von dem Antragsgegner im Ausgangsverfahren mit Bescheid vom 18.10.2006 bewilligten Kosten der Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II in Höhe von 188,07 EUR monatlich sind mit Widerspruchsbescheid des Antragsgegners vom 27.12.2006 weitere 163,60 EUR dem Antragsteller bewilligt worden, mithin eine Gesamtsumme von monatlich 351,67 EUR. Entgegen der Einschätzung des Beschwerdeführers, dem ein Rechenfehler unterlaufen ist, haben sich die Beteiligten somit im Erörterungstermin vom 15.01.2007 bei gegenseitigem Nachgeben auf einen gerichtlichen Vergleich geeinigt, indem der Antragsgegner nicht mehr die ursprünglich verlangten 435,00 EUR monatlich an Kosten der Unterkunft und Heizung verlangte und die Antragsgegnerin nicht auf den bereits bewilligten 351,67 EUR (188,07 EUR zzgl. 163,60 EUR) monatlich beharrte, sondern sich die Beteiligten darauf verständigten, dass dem Antragsteller seit dem 01.10.2006 Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von insgesamt 359,40 EUR bewilligt wurden, somit ein Betrag von 7,73 EUR monatlich mehr als im vorangegangenen Widerspruchsbescheid. Die Einschätzung des Beschwerdeführers, der Vergleichstext lege einen Verzicht des Antragstellers auf seine Ansprüche nahe, beruht lediglich auf einem Rechenfehler, soweit der Beschwerdeführer davon ausgeht, dass nach dem Widerspruchsbescheid des Antragstellers vom 27.12.2006 dem Antragsteller 364,07 EUR monatlich ab dem 01.10.2006 bewilligt worden seien. Ebenso wie das Sozialgericht im Kostenfestsetzungsbeschluss vom 11.12.2008 hält es auch der Senat für evident, dass der Beschwerdegegner als beigeordneter Rechtsanwalt an dem Vergleichsbeschluss der Gestalt beteiligt gewesen ist, dass ohne ihn der gerichtliche Vergleich nicht geschlossen wäre. Entgegenstehende Anhaltspunkte sind jedenfalls nicht zu erkennen. Dies rechtfertigt das Entstehen der Einigungsgebühr nach Ziffer 1006 VV-RVG dem Grunde nach, wobei im vorliegenden Falle die Ziffer 1005 VV-RVG nicht zum Zuge kommt, da ein gerichtliches Verfahren anhängig war.
Soweit der Beschwerdegegner zusammengefasst geltend macht, mit dem geschlossenen Vergleich vom 15.01.2007 sei ein sogenannter "Mehrvergleich" geschlossen worden, weil nicht über den Streitgegenstand des Antragsverfahrens im einstweiligen Rechtsschutz, sondern über rechtliche und tatsächliche Hauptsache entschieden worden sei, so führt dies zu keiner anderweitigen rechtlichen Beurteilung. § 48 Abs. 1 RVG ordnet an, dass sich der Vergütungsanspruch des Rechtsanwaltes nach den Beschlüssen bestimmt, durch die die Prozesskostenhilfe bewilligt und der Rechtsanwalt beigeordnet oder bestellt worden ist. Die Einigungs- bzw. Erledigungsgebühr nach den Ziffern 1005, 1006 VV-RVG ergibt sich ihrerseits aus der Erledigung des Rechtsstreites aufgrund einer Einigung der Beteiligten. Die Einigung und die mit ihr einhergehende Erledigung des Rechtsstreites richten sich wiederum nach dem Streitgegenstand. Im vorliegenden Verfahren ist – wie vom Beschwerdeführer zutreffend ausgeführt – die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zwar alleine für das Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz nach § 85b Abs. 2 SGG bewilligt worden, ein anderes Verfahren war auch gar nicht anhängig. Streitgegenstand bei einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist grundsätzlich eine vorläufige Regelung bis zur Entscheidung in der Hauptsache, wie sie auch hier beantragt war. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Beteiligten sich nicht in einem Antragsverfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auch innerhalb ihrer Verfügungsgewalt über weitergehende Ansprüche, insbesondere in einem anhängigen bzw. möglicherweise noch später anhängig zu machenden Hauptsacheverfahren, einigen könnten. Einigen sich die Beteiligten – wie im vorliegenden Verfahren – bereits im einstweiligen Rechtsschutz auch auf eine Erledigung der Hauptsache, ist für die Annahme eine sogenannten "Mehrvergleiches" kein Raum. Ein Mehrvergleich bedeutet, dass die Beteiligten über den eigentlichen Streitgegenstand des Verfahrens hinaus weitere Regelungen treffen und sich diese hinausgehenden Regelungen bei der Gebührenhöhe niederschlagen. Ein solcher Mehrvergleich ist den Vorschriften über Betragsrahmengebühren nach § 3 RVG fremd, da Streitwerte ohne Belang sind. Dementsprechend sieht das Vergütungsverzeichnis zum RVG, soweit Betragsrahmengebühren geregelt sind, eine besondere Berücksichtigung von sogenannten Mehrvergleichen nicht vor. Die Einbeziehung von weiteren Streitgegenständen ist in Betragsrahmengebührenverfahren nach § 3 RVG auch ohne Bedeutung. Entscheidend ist jeweils die prozessuale Beendigung des betroffenen Rechtsstreites allein. Die Erledigung von weiteren, über den eigentlichen Prozessstoff hinausreichenden Streitgegenständen, die ggfs. in anderen Verfahren anhängig sind, ist für die Entstehung einer Einigungsgebühr ohne Bedeutung, sofern der eigentliche Streitgegenstand vollständig geregelt und erledigt wird. Die Einigungsgebühr entsteht in demjenigen Verfahren, in dem der Vergleich geschlossen wird. Dadurch entfällt im jeweils anderen Verfahren wegen Fortfalls des Rechtsschutzinteresses der bisherige Streitgegenstand. Ist nur ein Verfahren anhängig, entsteht naturgemäß nur in ihm die Einigungsgebühr.
Im vorliegenden Falle, bei dem das Antragsverfahren aufgrund einer Regelung in der Hauptsache erledigt worden ist, führt dies zu dem Ergebnis, dass eine Einigungsgebühr im Sinne von Ziffer 1006 VV-RVG sehr wohl entstanden ist; denn der anhängige Rechtsstreit auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist durch den Vergleich vom 15.01.2007 beendet worden. Die Beteiligten haben sich, indem sie sich in der Hauptsache über die endgültige Höhe der Wohnkosten einigten, auch über den geringer gefassten Streitgegenstand des Antragsverfahrens (mit-)geeinigt. Indem die Beteiligten sich im Antragsverfahren – im Übrigen prozessökonomisch – auf eine Regelung der Hauptsache selbst geeinigt haben, entfiel mit Vergleichsschluss der Anordnungsanspruch im Rahmen von § 86b Abs. 2 SGG, sodass mit dem Mitwirken an dem Vergleichsschluss zwingend auch eine Einigung im einstweiligen Anordnungsverfahren erzielt wurde.
Zutreffend ist vom Beschwerdegegner jedoch gerügt worden, das Sozialgericht habe in seiner Entscheidung die Rechtsprechung des Senates zum Ansatz einer lediglich gebotenen 2/3-Gebühr im Rahmen des einstweiligen Anordnungsverfahrens unterlassen. Die Festsetzung eines 2/3-Betrages der Rahmengebühren im Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz ist vom Senat bereits mit Beschluss vom 25. Mai 2009 (Az.: L 2 SF 50/09 E, juris) entschieden. Die Wertigkeit der Betragsrahmengebühr ist in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes im Verhältnis zu entsprechend gleichartigen Streitgegenständen der Hauptsacheverfahren in der Regel geringer. Ausgangswert für Antragsverfahren im einstweiligen Rechtsschutz ist generell nicht die Mittelgebühr, sondern eine auf 2/3 reduzierte Mittelgebühr. An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest. Sie betrifft sämtliche im vorliegenden Ausgangsverfahren angefallene Gebühren wie die Verfahrens-, die Termins- und die Einigungsgebühr. Es lassen sich auch keine tatsächlichen oder rechtlichen Anhaltspunkte dafür ableiten, dass es sich bei dem Ausgangsverfahren um ein überdurchschnittlich schwieriges Verfahren gehandelt hätte. Bereits ausgehend vom Streitgegenstand (Höhe der Kosten der Unterkunft und Heizung) handelte es sich um ein durchschnittliches Verfahren, da derartige Streitgegenstände im SGB II regelmäßig auftreten. Eine besonders schwierige Angelegenheit lässt sich angesichts des Sachverhaltes und der Aktenlage sowie aufgrund der Erörterungen im Termin am 15.01.2007 nicht erkennen. Eine Erhöhung der Mittelgebühr ist somit nicht geboten.
Damit ergibt sich folgende Festsetzung der Gebührenhöhe für das Ausgangsverfahren:
Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV-RVG (Mittelgebühr) 250,00 EUR
Terminsgebühr Nr. 3106 VV-RVG (Mittelgebühr) 200,00 EUR
Einigungsgebühr Nr. 1006 VV-RVG (Mittelgebühr) 190,00 EUR
Zwischensumme 640,00 EUR x 2/3 = 426,67 EUR
Entgeltpauschale Nr. 1006 VV-RVG 20,00 EUR
Zwischensumme 446,67 EUR
Umsatzsteuer 19 % Nr. 7008 VV-RVG 84,87 EUR
Gesamtsumme 531,54 EUR
Das Verfahren über die Beschwerde ist gebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 Satz 2 und Satz 3 RVG).
Die Entscheidung ist unanfechtbar (§ 33 Abs. 4 Satz 3 RVG).
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