Land
Hessen
Sozialgericht
SG Fulda (HES)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Fulda (HES)
Aktenzeichen
S 1 R 432/07
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
Leitsätze
Die Teilnahme am Studiengang Religionspädagogik an der Katholischen Akademie Domschule stellt kein Hochschulstudium dar.
Als Besuch einer (Höheren) Fachschule scheitert die Berücksichtigung als Anrechnungszeit an der zu geringen Inanspruchnahme von Zeit und Arbeitskraft.
Als Besuch einer (Höheren) Fachschule scheitert die Berücksichtigung als Anrechnungszeit an der zu geringen Inanspruchnahme von Zeit und Arbeitskraft.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Anerkennung der Zeit eines absolvierten Fernkurses der Theologie als Anrechnungszeit und Berücksichtigung bei der Rentenberechnung.
Am 28.03.2007 beantragte die Klägerin Altersrente nach § 237 a SGB VI für Frauen.
Im Fragebogen für Anrechnungszeiten bejahte die Klägerin die Frage, ob Ausbildungszeiten im Abend- oder Fernstudium absolviert worden seien. Im Zeitraum von 1975 bis 1980 habe sie ein Fernstudium betrieben, welches mit einem Ausbildungsaufwand von mehr als 20 Stunden pro Woche verbunden war, an bestimmte Rahmenzeiten gebunden war und für welches regelmäßige Lernkontrollen durchgeführt worden seien. In diesem Zusammenhang legte die Klägerin eine Teilnahmebescheinigung der Katholischen Akademie Y. "Theologie im Fernkurs" vor, welches ihr – der Klägerin – bestätigte, am Studiengang Religionspädagogik von Januar 1975 bis Oktober 1980 teilgenommen zu haben. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Teilnahmebescheinigung (Blatt 17 BA) verwiesen. Beigefügt war eine weitere Teilnahmebescheinigung des Bischöflichen Generalvikariats Z., aus der sich ergab, dass von der Klägerin zusätzlich von der Ausbildungsstelle der Diözese Z., X. ein wöchentlicher Direktunterricht von 3 Stunden verlangt worden war. Wegen der Einzelheiten wird auf diese Teilnahmebescheinigung (Blatt 18 BA) verwiesen.
Mit Bescheid vom 19.06.2007 gewährte die Beklagte der Klägerin eine Rente ab dem 01.09.2007. Im Zeitraum von Januar 1975 bis Oktober 1980 wurden keine Anrechnungszeiten berücksichtigt.
Dagegen legte die Klägerin am 26. Juni 2007 Widerspruch ein.
Dieser Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 10.10.2007 zurückgewiesen.
Zur Begründung wurde ausgeführt, dass Fernunterricht auch ohne Begleitunterricht Ausbildungsanrechnungszeit im Sinne des § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB VI sein könne, sofern die überwiegende Inanspruchnahme von Zeit und Arbeitskraft durch die Ausbildung gegeben sei. Die überwiegende Beanspruchung durch die Ausbildung liege vor, wenn die Ausbildung einen Zeitaufwand von mehr als 20 Stunden wöchentlich erfordert habe.
Die Ausbildung "Theologie im Fernkurs" der Katholischen Akademie Y. sei keine "Fachschulausbildung" in diesem Sinne, weil die Teilnahme an den einzelnen Ausbildungslehrgängen keinen Zeitaufwand von mehr als 20 Stunden wöchentlich erfordert habe.
Dagegen hat die Klägerin am 12.11.2007 Klage erhoben.
Zur Begründung wird vorgetragen, dass der Zeitaufwand der wöchentlichen Arbeitszeit betragen habe:
in der Grundstufe 20,16 Stunden
in der Aufbaustufe 20,65 Stunden
im Religionspädagogisch-katechetischen Kurs 23,99 Stunden.
Dies entspreche einer durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von 21,6 Stunden. Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf die von der Klägerin der Klageschrift beigefügten Stundenermittlungen (Blatt 2 – 4 der Akte) verwiesen.
Außerdem sei zu berücksichtigen, dass sie durch dieses Fernstudium einen Abschluss erreicht habe, der einem Fachhochschulstudium gleichgestellt sei.
Entgegen der Auffassung der Beklagten seien alle Kursstufen berufsbezogen. Dies ergebe sich aus der Bestätigung der Katholischen Akademie Y. zum Studiengang Religionspädagogik von Theologie im Fernkurs, auf die sie sich beziehe (Blatt 23 f. der Akte).
Außerdem sei darauf hinzuweisen, dass einigen Kolleginnen, die das gleiche Studium zur gleichen Zeit absolviert hätten, das Fernstudium für ihre Rente angerechnet worden sei. Nach den hier vorliegenden Unterlagen, die sie aus Gründen des Vertrauensschutzes nicht offenbaren könne, sei die Ausbildung zum Teil als Fachschulstudium und zum Teil als Hochschulstudium gewertet worden.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Bescheid der Beklagten vom 17.06.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.10.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Zeit von Januar 1975 bis zum Oktober 1980 wegen des absolvierten Fernkurses im Studiengang Religionspädagogik als Anrechnungszeit bei der Rentenberechnung zu berücksichtigen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung wird ausgeführt, dass es sich bei dem Kurs "Theologie im Fernkurs" unstreitig um keine Hochschulausbildung oder Fachhochschulausbildung handele, denn die Klägerin sei während dieser Zeit keine reguläre immatrikulierte Studentin an einer Hochschule oder Fachhochschule gewesen, da die Katholische Akademie Y. einen solchen rechtlichen Status nicht habe. Die in "Theologie im Fernkurs" zurückgelegten Ausbildungszeiten seien dem Begriff der Fachschulausbildung zuzuordnen. Allerdings handele es sich bei dem von der Klägerin absolvierten Grundkurs und dem Aufbaukurs nicht um zu berücksichtigende Fachschulausbildungszeiten, weil es sich nicht um Ausbildungen mit überwiegend berufsbildendem Charakter gehandelt habe.
Der von der Klägerin absolvierte Kurs "Religionspädagogisch-katechetischer Kurs" sei keine berücksichtigungsfähige Fachschulausbildung, weil der objektive zeitliche Aufwand für die zu berücksichtigende schulisch-theoretische Ausbildung tatsächlich nicht mehr als 20 Stunden in der Woche betragen habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie die einschlägige Behördenakte (1 Hefter) verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht kann über die Klage ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten rechtlicher oder tatsächlicher Art aufweist, der Sachverhalt geklärt ist und den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wurde, § 105 SGG.
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
Der angefochtene Bescheid vom 19.06.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.10.2007 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass der von ihr absolvierte Studiengang Religionspädagogik im Zeitraum von Januar 1975 bis Oktober 1980 als Anrechnungszeit Berücksichtigung findet.
Nach der alleine einschlägigen Vorschrift des § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB VI sind Anrechnungszeiten Zeiten, in denen die Klägerin nach dem vollendeten 17. Lebensjahr eine Schule, Fachschule oder Hochschule besucht oder an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme teilgenommen hat, insgesamt jedoch höchstens bis zu 8 Jahre. Die insoweit für die Absolvierung des Studienganges Religionspädagogik in Betracht kommenden Alternativen "Fachschule" bzw. "Hochschule" kommen im vorliegenden Fall beide nicht in Betracht.
Die Klägerin hat im Zeitraum von Januar 1975 bis Oktober 1980 durch die erfolgreiche Teilnahme am Studiengang Religionspädagogik keine Hochschule im Sinne des § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB VI besucht. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 25.11.1986 – BSGE 61, 35) kommt es für die Frage, ob die besuchte Bildungseinrichtung – hier die Katholische Akademie Y., X. – Hochschule im Sinne des § 58 SGB VI ist, in erster Linie auf ihren Status als anerkannte Universität oder Hochschule an. Dieses Merkmal kann im vorliegenden Fall nicht zum Tragen kommen, weil das Bayerische Hochschulrecht kirchliche Hochschulen gem. Art. 150 Abs. 1 der Verfassung des Freistaates Bayern hiervon ausnimmt (vgl. Art. 1 Abs. 3 BayHSchG hinsichtlich der aktuellen Rechtslage).
Das erkennende Gericht greift deshalb für die Beurteilung der von der Klägerin besuchten Ausbildungsstätte auf die Abgrenzung der Art der Ausbildungsstätten zurück, die in den Verwaltungsvorschriften zum Bundesausbildungsförderungsgesetz – BAföG – vorgenommen wurde (vgl. hierzu BSG a.a.O. (37)). Nach Ziffer 2.1.19 BAföG-VwV bereiten Hochschulen auf Tätigkeiten vor, die die Anwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse und Methoden oder die Fähigkeit zu künstlerischer Gestaltung erfordern. Voraussetzung der Zulassung ist der Nachweis der für das gewählte Studium erforderlichen Qualifikation (insbesondere allgemein oder fachgebundene Hochschulreife, Fachhochschulreife). Ausweislich der im Internet verfügbaren Information über den Studiengang "Theologie im Fernkurs" der Katholischen Akademie Y. (www.fernkurs-x.de) verlangt die Teilnahme am religionspädagogisch-katechetischen Kurs einen mittleren Bildungsabschluss, wie sich aus Ziffer 3.2 der Rahmenprüfungsordnung ergibt. Aus den Prüfungsordnungen der einzelnen Kurse Grundkurs, Aufbaukurs und religionspädagogisch-katechetische Kurs – ergibt sich aus der Präambel unter Ziffer 1.1, dass mit der Prüfung in dem jeweiligen Kurs der Nachweis zu erbringen ist, dass der Teilnehmer über die durch die Kursstufe zu vermittelten Kenntnisse und Fähigkeiten selbständig und sinnvoll verfügen kann. Dies ist etwas anderes als die Befähigung zur Anwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse und Methoden, wie sie in Ziffer 2.1.19 BAföG-VwV als die Hochschule kennzeichnend beschrieben ist.
Der von der Klägerin absolvierte Fernkurs auf der Katholischen Akademie Y. dürfte eine höhere Fachschulausbildung darstellen, ohne dass dies hier der Entscheidung bedarf. Nach Ziffer 2.1.16 BAföG-VwV – nahezu wörtlich übereinstimmend mit dem Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 08.12.1979 (zitiert nach Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, § 58 SGB VI Rdnr. 41) – ist die Fachschule eine Schule, die grundsätzlich den Abschluss einer einschlägigen Berufsausbildung oder eine entsprechende praktische Tätigkeit voraussetzt; als weitere Voraussetzung wird in der Regel eine zusätzliche Berufsausbildung gefordert. Sie führt zu vertiefter beruflicher Fachbildung und fördert die Allgemeinbildung. Bildungsgänge an Fachschulen in Vollzeitform dauern in der Regel mindestens 1 Jahr, Bildungsgänge an Fachschulen in Teilzeitform dauern entsprechend länger.
Nach Ziffer 2.1.17 BAföG-VwV baut die Höhere Fachschule auf einem mittleren Bildungsabschluss oder einer gleichwertigen Vorbildung auf. Sie führt in 4 bis 6 Halbjahren zu einem Abschluss – in der Regel einer staatlichen Prüfung -, der den unmittelbaren Eintritt in einen Beruf gehobener Position ermöglicht und unter besonderen Umständen die allgemeine oder eine fachgebundene Hochschulreife vermittelt. Das Gericht geht davon aus, dass diese Voraussetzung im Falle der Klägerin gegeben ist, weil ausweislich der Teilnahmebescheinigung der Katholischen Akademie Y. die erfolgreiche Absolvierung des Studiengangs Religionspädagogik zur Erteilung von Religionsunterricht in Primar- und Sekundarstufe I befähigt.
Allerdings handelt es sich bei dem Fachschulbesuch um den Besuch einer Schule, so dass auch die Kriterien erfüllt sein müssen, die für einen Schulbesuch gelten. Dies gilt insbesondere für die Gestaltung des Unterrichts, für Unterrichtsteilnahme, sowie die überwiegende Inanspruchnahme von Zeit und Arbeitskraft. Dass hier als weitere Besonderheit der von der Klägerin absolvierte Studiengang im Wege eines Fernunterrichtslehrganges absolviert wurde, führt zu keinem anderen Ergebnis. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 25.11.1976 – BSGE 43, 44) ist ein Fernunterrichtslehrgang einer Schulausbildung gleichzuachten, wenn und soweit die generelle Gewähr für eine der herkömmlichen Schulausbildung vergleichbare Stetigkeit und Regelmäßigkeit der Ausbildung gegeben ist und ihre Dauer nicht allein der Verantwortung des Schülers überlassen ist.
Allerdings ist die Klägerin durch die Teilnahme am Studiengang Religionspädagogik nicht in einem solchen Umfange von Zeit und Arbeitskraft in Anspruch genommen worden, dass diese Zeit als Anrechnungszeit im Sinne von § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB VI berücksichtigt werden könnte.
Entsprechend dem Normzweck von Anrechnungszeiten, Zeiten zu berücksichtigen, in denen wegen der Ausbildung keine Pflichtbeiträge erworben werden können, muss der (Fach)Schulbesuch die Zeit und Arbeitskraft des Auszubildenden überwiegend beanspruchen. Dementsprechend ist das Vorliegen einer (Fach)Schul- und Berufsausbildung dann verneint worden, wenn dem Schüler oder Auszubildenden im Rahmen der Gesamtbelastung die Möglichkeit blieb, eine Halbtagsbeschäftigung auszuüben, wobei diese mit 20 Stunden pro Woche angenommen wurde (vgl. BSG, Urteil vom 23.08.1989 - Breithaupt 1990, 951 (955)). Bei einer üblichen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden fiel dementsprechend die Möglichkeit einer Halbtagsbeschäftigung dann weg, wenn der (Fach)Schulbesuch den Schüler mit mehr als 20 Wochenstunden beanspruchte.
Diese Voraussetzungen werden von der Klägerin im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Welcher zeitliche Aufwand im Einzelnen erforderlich ist, ergibt sich in Fällen wie den vorliegenden aus der Studienordnung bzw. einer vergleichbaren Regelung des Inhalts des Lehrgangs. Im vorliegenden Fall ergeben sich die von der Klägerin geforderten Leistungen und die dafür anzusetzende Zeit mit hinreichender Bestimmtheit aus der Teilnahmebescheinigung der Katholischen Akademie Y. Wenn in dieser Teilnahmebescheinigung unter 4 "Zusatzangebote" die Teilnahme an einem regionalen Arbeitskreis als nicht verpflichtend, aber dringend empfohlen dargestellt wird, dann liegt auf der Hand, dass aus der Sicht des Veranstalters des Fernkurses eine ausdrückliche Pflicht zur Teilnahme an dem wöchentlichen Direktunterricht in der Diözese Z. nicht gegeben war. Dass das Bischöfliche Generalvikariat Z. für seinen QM. einen Direktunterricht verlangte, vermag eine entsprechende Regelung in der Studienordnung des Veranstalters des Fernkurses nicht zu ersetzen.
Deshalb sind aus den Stundenermittlungen der Klägerin für den Grundkurs, den Aufbaukurs sowie den religionspädagogisch-katechetischen Kurs jeweils die Zeiten für den Direktunterricht in der Theologischen Hochschule Z. (195 Stunden), die Fahrtzeit zur Theologischen Hochschule Z. (32,5 Stunden) sowie die Vor- und Nachbereitungszeit des Direktunterrichtes (260 Stunden) herauszunehmen.
Da die Klägerin alle 3 Kurse in der regulären Dauer von 15 Monaten absolvieren konnte (Januar 1975 bis März 1976, Mai 1976 bis Juli 1977 und September 1978 bis November 1979 – ergibt sich für den Grundkurs eine wöchentliche zeitliche Belastung von 12,67 Stunden (823,5 Std.: 65), für den Aufbaukurs eine zeitliche Belastung von 13,18 Stunden pro Woche (856,5 Std.: 65 ) und für den religionspädagogisch-katechetischen Kurs eine wöchentliche zeitliche Belastung von 16,65 Stunden (1.082 Std.: 65). Dies erhellt, dass die Arbeitskraft der Klägerin in keiner der 3 Kurszeiten überwiegend durch die Teilnahme an dem Fernkurs beansprucht wurde, so dass diese Zeiten als Anrechnungszeiten im Sinne des § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB VI nicht Berücksichtigung finden können.
Auch der Umstand, dass – wie von der Klägerin vorgetragen – verschiedene Kolleginnen von ihr bei gleicher Sachlage in den Genuss einer Anrechnungszeit für ihre Rente gekommen sind, vermag der Klage nicht zum Erfolg zu verhelfen. Aus einer rechtsfehlerhaften Verwaltungspraxis kann kein Anspruch auf eine Gleichbehandlung im Unrecht hergeleitet werden (vgl. BSG, Beschluss vom 18.07.2006 – B 1 KR 62/06 B – Juris m.w.N.).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Anerkennung der Zeit eines absolvierten Fernkurses der Theologie als Anrechnungszeit und Berücksichtigung bei der Rentenberechnung.
Am 28.03.2007 beantragte die Klägerin Altersrente nach § 237 a SGB VI für Frauen.
Im Fragebogen für Anrechnungszeiten bejahte die Klägerin die Frage, ob Ausbildungszeiten im Abend- oder Fernstudium absolviert worden seien. Im Zeitraum von 1975 bis 1980 habe sie ein Fernstudium betrieben, welches mit einem Ausbildungsaufwand von mehr als 20 Stunden pro Woche verbunden war, an bestimmte Rahmenzeiten gebunden war und für welches regelmäßige Lernkontrollen durchgeführt worden seien. In diesem Zusammenhang legte die Klägerin eine Teilnahmebescheinigung der Katholischen Akademie Y. "Theologie im Fernkurs" vor, welches ihr – der Klägerin – bestätigte, am Studiengang Religionspädagogik von Januar 1975 bis Oktober 1980 teilgenommen zu haben. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Teilnahmebescheinigung (Blatt 17 BA) verwiesen. Beigefügt war eine weitere Teilnahmebescheinigung des Bischöflichen Generalvikariats Z., aus der sich ergab, dass von der Klägerin zusätzlich von der Ausbildungsstelle der Diözese Z., X. ein wöchentlicher Direktunterricht von 3 Stunden verlangt worden war. Wegen der Einzelheiten wird auf diese Teilnahmebescheinigung (Blatt 18 BA) verwiesen.
Mit Bescheid vom 19.06.2007 gewährte die Beklagte der Klägerin eine Rente ab dem 01.09.2007. Im Zeitraum von Januar 1975 bis Oktober 1980 wurden keine Anrechnungszeiten berücksichtigt.
Dagegen legte die Klägerin am 26. Juni 2007 Widerspruch ein.
Dieser Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 10.10.2007 zurückgewiesen.
Zur Begründung wurde ausgeführt, dass Fernunterricht auch ohne Begleitunterricht Ausbildungsanrechnungszeit im Sinne des § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB VI sein könne, sofern die überwiegende Inanspruchnahme von Zeit und Arbeitskraft durch die Ausbildung gegeben sei. Die überwiegende Beanspruchung durch die Ausbildung liege vor, wenn die Ausbildung einen Zeitaufwand von mehr als 20 Stunden wöchentlich erfordert habe.
Die Ausbildung "Theologie im Fernkurs" der Katholischen Akademie Y. sei keine "Fachschulausbildung" in diesem Sinne, weil die Teilnahme an den einzelnen Ausbildungslehrgängen keinen Zeitaufwand von mehr als 20 Stunden wöchentlich erfordert habe.
Dagegen hat die Klägerin am 12.11.2007 Klage erhoben.
Zur Begründung wird vorgetragen, dass der Zeitaufwand der wöchentlichen Arbeitszeit betragen habe:
in der Grundstufe 20,16 Stunden
in der Aufbaustufe 20,65 Stunden
im Religionspädagogisch-katechetischen Kurs 23,99 Stunden.
Dies entspreche einer durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von 21,6 Stunden. Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf die von der Klägerin der Klageschrift beigefügten Stundenermittlungen (Blatt 2 – 4 der Akte) verwiesen.
Außerdem sei zu berücksichtigen, dass sie durch dieses Fernstudium einen Abschluss erreicht habe, der einem Fachhochschulstudium gleichgestellt sei.
Entgegen der Auffassung der Beklagten seien alle Kursstufen berufsbezogen. Dies ergebe sich aus der Bestätigung der Katholischen Akademie Y. zum Studiengang Religionspädagogik von Theologie im Fernkurs, auf die sie sich beziehe (Blatt 23 f. der Akte).
Außerdem sei darauf hinzuweisen, dass einigen Kolleginnen, die das gleiche Studium zur gleichen Zeit absolviert hätten, das Fernstudium für ihre Rente angerechnet worden sei. Nach den hier vorliegenden Unterlagen, die sie aus Gründen des Vertrauensschutzes nicht offenbaren könne, sei die Ausbildung zum Teil als Fachschulstudium und zum Teil als Hochschulstudium gewertet worden.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Bescheid der Beklagten vom 17.06.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.10.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Zeit von Januar 1975 bis zum Oktober 1980 wegen des absolvierten Fernkurses im Studiengang Religionspädagogik als Anrechnungszeit bei der Rentenberechnung zu berücksichtigen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung wird ausgeführt, dass es sich bei dem Kurs "Theologie im Fernkurs" unstreitig um keine Hochschulausbildung oder Fachhochschulausbildung handele, denn die Klägerin sei während dieser Zeit keine reguläre immatrikulierte Studentin an einer Hochschule oder Fachhochschule gewesen, da die Katholische Akademie Y. einen solchen rechtlichen Status nicht habe. Die in "Theologie im Fernkurs" zurückgelegten Ausbildungszeiten seien dem Begriff der Fachschulausbildung zuzuordnen. Allerdings handele es sich bei dem von der Klägerin absolvierten Grundkurs und dem Aufbaukurs nicht um zu berücksichtigende Fachschulausbildungszeiten, weil es sich nicht um Ausbildungen mit überwiegend berufsbildendem Charakter gehandelt habe.
Der von der Klägerin absolvierte Kurs "Religionspädagogisch-katechetischer Kurs" sei keine berücksichtigungsfähige Fachschulausbildung, weil der objektive zeitliche Aufwand für die zu berücksichtigende schulisch-theoretische Ausbildung tatsächlich nicht mehr als 20 Stunden in der Woche betragen habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie die einschlägige Behördenakte (1 Hefter) verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht kann über die Klage ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten rechtlicher oder tatsächlicher Art aufweist, der Sachverhalt geklärt ist und den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wurde, § 105 SGG.
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
Der angefochtene Bescheid vom 19.06.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.10.2007 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass der von ihr absolvierte Studiengang Religionspädagogik im Zeitraum von Januar 1975 bis Oktober 1980 als Anrechnungszeit Berücksichtigung findet.
Nach der alleine einschlägigen Vorschrift des § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB VI sind Anrechnungszeiten Zeiten, in denen die Klägerin nach dem vollendeten 17. Lebensjahr eine Schule, Fachschule oder Hochschule besucht oder an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme teilgenommen hat, insgesamt jedoch höchstens bis zu 8 Jahre. Die insoweit für die Absolvierung des Studienganges Religionspädagogik in Betracht kommenden Alternativen "Fachschule" bzw. "Hochschule" kommen im vorliegenden Fall beide nicht in Betracht.
Die Klägerin hat im Zeitraum von Januar 1975 bis Oktober 1980 durch die erfolgreiche Teilnahme am Studiengang Religionspädagogik keine Hochschule im Sinne des § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB VI besucht. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 25.11.1986 – BSGE 61, 35) kommt es für die Frage, ob die besuchte Bildungseinrichtung – hier die Katholische Akademie Y., X. – Hochschule im Sinne des § 58 SGB VI ist, in erster Linie auf ihren Status als anerkannte Universität oder Hochschule an. Dieses Merkmal kann im vorliegenden Fall nicht zum Tragen kommen, weil das Bayerische Hochschulrecht kirchliche Hochschulen gem. Art. 150 Abs. 1 der Verfassung des Freistaates Bayern hiervon ausnimmt (vgl. Art. 1 Abs. 3 BayHSchG hinsichtlich der aktuellen Rechtslage).
Das erkennende Gericht greift deshalb für die Beurteilung der von der Klägerin besuchten Ausbildungsstätte auf die Abgrenzung der Art der Ausbildungsstätten zurück, die in den Verwaltungsvorschriften zum Bundesausbildungsförderungsgesetz – BAföG – vorgenommen wurde (vgl. hierzu BSG a.a.O. (37)). Nach Ziffer 2.1.19 BAföG-VwV bereiten Hochschulen auf Tätigkeiten vor, die die Anwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse und Methoden oder die Fähigkeit zu künstlerischer Gestaltung erfordern. Voraussetzung der Zulassung ist der Nachweis der für das gewählte Studium erforderlichen Qualifikation (insbesondere allgemein oder fachgebundene Hochschulreife, Fachhochschulreife). Ausweislich der im Internet verfügbaren Information über den Studiengang "Theologie im Fernkurs" der Katholischen Akademie Y. (www.fernkurs-x.de) verlangt die Teilnahme am religionspädagogisch-katechetischen Kurs einen mittleren Bildungsabschluss, wie sich aus Ziffer 3.2 der Rahmenprüfungsordnung ergibt. Aus den Prüfungsordnungen der einzelnen Kurse Grundkurs, Aufbaukurs und religionspädagogisch-katechetische Kurs – ergibt sich aus der Präambel unter Ziffer 1.1, dass mit der Prüfung in dem jeweiligen Kurs der Nachweis zu erbringen ist, dass der Teilnehmer über die durch die Kursstufe zu vermittelten Kenntnisse und Fähigkeiten selbständig und sinnvoll verfügen kann. Dies ist etwas anderes als die Befähigung zur Anwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse und Methoden, wie sie in Ziffer 2.1.19 BAföG-VwV als die Hochschule kennzeichnend beschrieben ist.
Der von der Klägerin absolvierte Fernkurs auf der Katholischen Akademie Y. dürfte eine höhere Fachschulausbildung darstellen, ohne dass dies hier der Entscheidung bedarf. Nach Ziffer 2.1.16 BAföG-VwV – nahezu wörtlich übereinstimmend mit dem Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 08.12.1979 (zitiert nach Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, § 58 SGB VI Rdnr. 41) – ist die Fachschule eine Schule, die grundsätzlich den Abschluss einer einschlägigen Berufsausbildung oder eine entsprechende praktische Tätigkeit voraussetzt; als weitere Voraussetzung wird in der Regel eine zusätzliche Berufsausbildung gefordert. Sie führt zu vertiefter beruflicher Fachbildung und fördert die Allgemeinbildung. Bildungsgänge an Fachschulen in Vollzeitform dauern in der Regel mindestens 1 Jahr, Bildungsgänge an Fachschulen in Teilzeitform dauern entsprechend länger.
Nach Ziffer 2.1.17 BAföG-VwV baut die Höhere Fachschule auf einem mittleren Bildungsabschluss oder einer gleichwertigen Vorbildung auf. Sie führt in 4 bis 6 Halbjahren zu einem Abschluss – in der Regel einer staatlichen Prüfung -, der den unmittelbaren Eintritt in einen Beruf gehobener Position ermöglicht und unter besonderen Umständen die allgemeine oder eine fachgebundene Hochschulreife vermittelt. Das Gericht geht davon aus, dass diese Voraussetzung im Falle der Klägerin gegeben ist, weil ausweislich der Teilnahmebescheinigung der Katholischen Akademie Y. die erfolgreiche Absolvierung des Studiengangs Religionspädagogik zur Erteilung von Religionsunterricht in Primar- und Sekundarstufe I befähigt.
Allerdings handelt es sich bei dem Fachschulbesuch um den Besuch einer Schule, so dass auch die Kriterien erfüllt sein müssen, die für einen Schulbesuch gelten. Dies gilt insbesondere für die Gestaltung des Unterrichts, für Unterrichtsteilnahme, sowie die überwiegende Inanspruchnahme von Zeit und Arbeitskraft. Dass hier als weitere Besonderheit der von der Klägerin absolvierte Studiengang im Wege eines Fernunterrichtslehrganges absolviert wurde, führt zu keinem anderen Ergebnis. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 25.11.1976 – BSGE 43, 44) ist ein Fernunterrichtslehrgang einer Schulausbildung gleichzuachten, wenn und soweit die generelle Gewähr für eine der herkömmlichen Schulausbildung vergleichbare Stetigkeit und Regelmäßigkeit der Ausbildung gegeben ist und ihre Dauer nicht allein der Verantwortung des Schülers überlassen ist.
Allerdings ist die Klägerin durch die Teilnahme am Studiengang Religionspädagogik nicht in einem solchen Umfange von Zeit und Arbeitskraft in Anspruch genommen worden, dass diese Zeit als Anrechnungszeit im Sinne von § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB VI berücksichtigt werden könnte.
Entsprechend dem Normzweck von Anrechnungszeiten, Zeiten zu berücksichtigen, in denen wegen der Ausbildung keine Pflichtbeiträge erworben werden können, muss der (Fach)Schulbesuch die Zeit und Arbeitskraft des Auszubildenden überwiegend beanspruchen. Dementsprechend ist das Vorliegen einer (Fach)Schul- und Berufsausbildung dann verneint worden, wenn dem Schüler oder Auszubildenden im Rahmen der Gesamtbelastung die Möglichkeit blieb, eine Halbtagsbeschäftigung auszuüben, wobei diese mit 20 Stunden pro Woche angenommen wurde (vgl. BSG, Urteil vom 23.08.1989 - Breithaupt 1990, 951 (955)). Bei einer üblichen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden fiel dementsprechend die Möglichkeit einer Halbtagsbeschäftigung dann weg, wenn der (Fach)Schulbesuch den Schüler mit mehr als 20 Wochenstunden beanspruchte.
Diese Voraussetzungen werden von der Klägerin im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Welcher zeitliche Aufwand im Einzelnen erforderlich ist, ergibt sich in Fällen wie den vorliegenden aus der Studienordnung bzw. einer vergleichbaren Regelung des Inhalts des Lehrgangs. Im vorliegenden Fall ergeben sich die von der Klägerin geforderten Leistungen und die dafür anzusetzende Zeit mit hinreichender Bestimmtheit aus der Teilnahmebescheinigung der Katholischen Akademie Y. Wenn in dieser Teilnahmebescheinigung unter 4 "Zusatzangebote" die Teilnahme an einem regionalen Arbeitskreis als nicht verpflichtend, aber dringend empfohlen dargestellt wird, dann liegt auf der Hand, dass aus der Sicht des Veranstalters des Fernkurses eine ausdrückliche Pflicht zur Teilnahme an dem wöchentlichen Direktunterricht in der Diözese Z. nicht gegeben war. Dass das Bischöfliche Generalvikariat Z. für seinen QM. einen Direktunterricht verlangte, vermag eine entsprechende Regelung in der Studienordnung des Veranstalters des Fernkurses nicht zu ersetzen.
Deshalb sind aus den Stundenermittlungen der Klägerin für den Grundkurs, den Aufbaukurs sowie den religionspädagogisch-katechetischen Kurs jeweils die Zeiten für den Direktunterricht in der Theologischen Hochschule Z. (195 Stunden), die Fahrtzeit zur Theologischen Hochschule Z. (32,5 Stunden) sowie die Vor- und Nachbereitungszeit des Direktunterrichtes (260 Stunden) herauszunehmen.
Da die Klägerin alle 3 Kurse in der regulären Dauer von 15 Monaten absolvieren konnte (Januar 1975 bis März 1976, Mai 1976 bis Juli 1977 und September 1978 bis November 1979 – ergibt sich für den Grundkurs eine wöchentliche zeitliche Belastung von 12,67 Stunden (823,5 Std.: 65), für den Aufbaukurs eine zeitliche Belastung von 13,18 Stunden pro Woche (856,5 Std.: 65 ) und für den religionspädagogisch-katechetischen Kurs eine wöchentliche zeitliche Belastung von 16,65 Stunden (1.082 Std.: 65). Dies erhellt, dass die Arbeitskraft der Klägerin in keiner der 3 Kurszeiten überwiegend durch die Teilnahme an dem Fernkurs beansprucht wurde, so dass diese Zeiten als Anrechnungszeiten im Sinne des § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB VI nicht Berücksichtigung finden können.
Auch der Umstand, dass – wie von der Klägerin vorgetragen – verschiedene Kolleginnen von ihr bei gleicher Sachlage in den Genuss einer Anrechnungszeit für ihre Rente gekommen sind, vermag der Klage nicht zum Erfolg zu verhelfen. Aus einer rechtsfehlerhaften Verwaltungspraxis kann kein Anspruch auf eine Gleichbehandlung im Unrecht hergeleitet werden (vgl. BSG, Beschluss vom 18.07.2006 – B 1 KR 62/06 B – Juris m.w.N.).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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