Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 6 R 1211/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 3655/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 21.06.2010 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der im Jahr 1955 geborene Kläger verfügt über keine Berufsausbildung. Zuletzt war er als Lackierer in der Pulverbeschichtung eines metallverarbeitenden Betriebes tätig. Ende Dezember 2006 erkrankte der Kläger an einer Arteriitis temporalis, als deren Folge eine schwere Visusminderung des rechten Auges (Apoplexia papillae) verblieb. Der Kläger wurde wegen der Arteriitis temporalis engmaschig in der Klinik für Neurologie, Neurophysiologie und Frührehabilitation C. G. (nachfolgend: Klinik C. ) behandelt. Die mit der Erkrankung verbundenen Kopfschmerzen und eine Hypästhesie rechts besserten sich unter der kontinuierlichen, im Verlauf reduzierten - zuletzt ganz beendeten - Kortisontherapie deutlich. Im Zusammenhang mit der Kortisonmedikation trat vorübergehend ein Diabetes mellitus auf. Neben den genannten Gesundheitsstörungen wurden beim Kläger eine Optikusatrophie links bei gutem Visus, eine Hypertonie, eine Hypokaliämie, eine Adipositas, eine Niereninsuffizienz, eine Hyperurikämie, eine gemischte Hyperlipidämie sowie ein Verdacht auf eine Herzinsuffizienz und ein Zustand nach einer Hepatitis B Infektion diagnostiziert bzw. beschrieben (so zuletzt die gutachtlichen Äußerungen von Dr. V. und Dr. Sch. ).
Der Kläger bezog im Zusammenhang mit der Erkrankung ab Dezember 2006 bis zur jeweiligen Erschöpfung des Leistungsspruchs zunächst Kranken- und anschließend Arbeitslosengeld. Seit S. 2009 bezieht er Arbeitslosengeld II.
Am 18.07.2008 beantragte der Kläger die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte holte das Gutachten des Internisten Dr. G. ein. Dieser gelangte auf Grund der Untersuchung des Klägers im September 2008 und unter Berücksichtigung der beigezogenen Unterlagen der Klinik C. zu der Auffassung, der Kläger könne wegen der eingeschränkten Sehfähigkeit nicht mehr als Metallarbeiter tätig sein. Die Herzkrankheit schließe eine Tätigkeit mit erhöhter Kraftanwendung sowie Akkord und Zeitdruck aus. Im Übrigen seien leichte und mittelschwere vollschichtige Tätigkeiten, bei denen das eingeschränkte Sehvermögen keine Eigen- und Fremdgefährdung herbeiführen könne, zumutbar. Die Beklagte lehnte den Antrag des Klägers mit Bescheid vom 23.09.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04.03.2009 u.a. mit dem Hinweis, der Kläger könne als ungelernter Metallarbeiter auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen werden, ab.
Deswegen hat der Kläger am 03.04.2009 beim Sozialgericht Ulm (SG) Klage erhoben. Das SG hat Dr. V. schriftlich als sachverständigen Zeugen befragt. Er hat im Mai 2009 mitgeteilt, der Gesundheitszustand des Klägers habe sich als stabil erwiesen. Er gehe davon aus, dass der Kläger eher nur noch unter sechs Stunden täglich arbeiten könne.
Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das SG Dr. V. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. In seinem ohne besondere gutachterliche Untersuchung erstellten (Kurz-)Gutachten vom September 2009 hat Dr. V. den Kläger im Wesentlichen wegen des eingeschränkten Sehvermögens und einer daraus resultierenden ausgeprägt verminderten psychischen Belastbarkeit nur noch für fähig erachtet, leichte körperliche Tätigkeiten weniger als drei Stunden täglich zu verrichten.
Das SG hat unter der Annahme, dass es sich bei den Ausführungen von Dr. V. nur um einen Befundbericht und um kein Gutachten gehandelt habe, auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG Dr. Sch. (Oberarzt an der Klinik C. ) mit der Erstellung eines (weiteren) Gutachtens beauftragt. Dieser hat das vom Kläger subjektiv angegebene schlechte Sehen trotz der funktionellen Einäugigkeit nur schwer mit dem erhobenen Befund erklären können. Immerhin sehe das linke Auge gut und sei sowohl hinsichtlich des Zentralvisus als auch des Gesichtsfelds unbeeinträchtigt. Eine psychoemotionale Minderbelastbarkeit wegen einer Verunsicherung und erschwerten Anpassungsvorgängen sei zwar glaubhaft vorstellbar, aber in der ambulanten Untersuchungssituation nicht sonderlich zu Tage getreten. Die weitere Entwicklung der Arteriitis sei bei einer fortbestehenden leichten Entzündungskonstellation schwer zu prognostizieren. Hinsichtlich der Leistungseinschätzung hat er sich weitgehend in Übereinstimmung mit Dr. G. gesehen, das zeitliche Leistungsvermögen jedoch unter Berücksichtigung der hausärztlicherseits beschriebenen reduzierten psychoemotionalen Belastbarkeit und insbesondere des theoretischen Möglichseins zukünftiger Erkrankungsschübe auf unter sechs Stunden täglich eingeschränkt gesehen. Die Beklagte hat die sozialmedizinische Stellungnahme von Dr. Hack-Zikos vorgelegt, die die Leistungsbeurteilungen von Dr. V. und Dr. Sch. für nicht überzeugend gehalten hat.
Mit Urteil vom 21.06.2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat, gestützt auf das Gutachten von Dr. Gregor, ausgeführt, der Kläger könne leichte Tätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes verrichten. Auszuschließen seien wegen des eingeschränkten Sehvermögens Tätigkeiten, die zu einer Eigen- und Fremdgefährdung führen könnten, darüber hinaus Tätigkeiten mit erhöhter Kraftanwendung, Akkord und Zeitdruck. Soweit Dr. Sch. wegen der Möglichkeit künftiger Erkrankungsschübe und einer reduzierten psychoemotionalen Belastbarkeit ein zeitliches Leistungsvermögen von weniger als sechs Stunden täglich angenommen habe, überzeuge dies nicht. Dr. Sch. habe in der Untersuchungssituation keine entsprechenden Anhaltspunkte gefunden. Auch das Abstellen auf theoretische, künftige Krankheitsschübe rechtfertige angesichts eines seit ca. drei Jahren stabilen Zustands keine zeitliche Leistungseinschränkung auf unter sechs Stunden. Dr. V. habe die Abweichung zwischen der von ihm zunächst auf unter sechs Stunden, später auf unter drei Stunden gesehene zeitliche Leistungseinschränkung nicht erklärt. Aus den weiter dokumentieren internistischen Erkrankungen habe keiner der Ärzte eine maßgebliche Einschränkung der beruflichen Leistungsfähigkeit hergeleitet. Eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit komme nicht in Betracht, da der Kläger keine entsprechende Qualifizierung erworben habe.
Gegen das ihm am 14.07.2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 04.08.2010 Berufung eingelegt. Er hat ein Attest von Dr. M. vom September 2010 nebst Gesichtsfeldbefunden von März 2010 und einen Arztbrief von Prof. Dr. S. (Chefarzt an der Klinik C. ) vorgelegt und dazu vorgetragen, beidseits unter Gesichtsfeldausfällen zu leiden. Daraus und aus den Ausführungen von Prof. Dr. S. sowie dem aktenkundigen Gesundheitszustand ergebe sich ein Leistungsvermögen von unter drei Stunden täglich.
Der Kläger beantragt sachdienlich gefasst,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 21.06.2010 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 23.09.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04.03.2009 zu verurteilen, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung, bzw. wegen teilweiser Erwerbsminderung auch bei Berufsunfähigkeit ab dem 01.07.2008 auf Dauer zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält die Entscheidung des SG für zutreffend.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
II.
Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 SGG zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen (§§ 43, 240 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI) für die hier vom Kläger beanspruchten Renten dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass der Kläger die Voraussetzungen für keine dieser Renten erfüllt, weil er trotz der Erkrankung an einer Arteriitis temporalis mit Visusminderung auf dem rechten Auge und den übrigen Erkrankungen (Hypertonie, Diabetes mellitus, chronische Niereninsuffizienz, Hyperurikämie und Hyperlipidämie) leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen noch mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann und im Hinblick auf die von ihm zuletzt ausgeübte versicherungspflichtige Tätigkeit auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen werden kann, also keinen Berufsschutz genießt. Der Senat sieht deshalb von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe gemäß § 153 Abs. 2 SGG ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Hinsichtlich der Ausführungen des SG zum fehlenden Berufsschutz ist ein Formulierungsfehler in den Entscheidungsgründen zu korrigieren. Die vor Beginn der letzten Tätigkeit ausgeübte gleichartige Vorbeschäftigung lag nicht ca. 17 Jahre, sondern nur ca. 17 Monate zurück. Der Kläger war von September 2002 bis April 2005 bei seiner letzten Arbeitgeberin als Lackierer tätig und nahm dort nach einer Unterbrechung durch eine Zeit der Arbeitslosigkeit im September 2006 die Tätigkeit wieder auf. Selbst wenn hier - in Abweichung zur Auffassung des SG - nicht von einer ungelernten, sondern, so wie vom Kläger im parallel anhängigen Verfahren zur Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben angegeben, von einer angelernten Tätigkeit ausgegangen würde, könnte der Kläger nach den vom SG zutreffend wiedergegebenen Maßstäben auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen werden. Denn allenfalls könnte eine Einstufung als Angelernter des unteren Bereichs, deren Tätigkeiten durch eine maximale Anlern- und Ausbildungszeit von zwölf Monaten gekennzeichnet ist und die uneingeschränkt auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar sind, ausgegangen werden. Dementsprechend hat der Kläger selbst zu keinem Zeitpunkt einen besonderen Berufsschutz geltend gemacht. Im Klageschriftsatz vom April 2009 hat er nicht auf besondere berufliche Qualifikationen verwiesen, vielmehr nur eine aus seiner Sicht nicht mehr bestehende Möglichkeit der Ausübung seines bisherigen Berufs als "Metallarbeiter" geltend gemacht. Auch der berufliche Werdegang des Klägers mit wechselnden Tätigkeiten als Maschinenarbeiter, Küchenhilfe und Maschinenbediener spricht gegen eine höhere Einstufung. Letztlich hat der anwaltlich vertretene Kläger im Klage- und Berufungsverfahren nicht einmal ausdrücklich einen Antrag auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gestellt. Sein Antrag wurde vom SG angesichts der hierzu ergangenen Entscheidung der Beklagten insoweit nur zu seinen Gunsten ausgelegt. Der Senat schließt sich dieser Auslegung an.
Das Berufungsvorbringen des Klägers ist nicht geeignet, Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des SG aufzuwerfen.
Soweit der Bevollmächtigte des Klägers im Schriftsatz vom 14.10.2010 behauptet, Dr. M. habe in dem vorgelegten Attest vom September 2010 Gesichtsfeldausfälle beidseits "festgestellt", trifft dies nicht zu. In dem vorgelegten Attest hat Dr. M. nur über vom Kläger anamnestisch angegebene Gesichtsfeldausfälle beidseits berichtet, diese aber gerade nicht diagnostiziert. Daher ist der Senat nicht davon überzeugt, dass Gesichtsfeldausfälle auf dem linken Auge - angesichts der massiven Schädigung des rechten Auges, auf Grund der von einer funktionellen Einäugigkeit auszugehen ist, macht eine besondere Feststellung von Gesichtsfeldausfällen am rechten Auge keinen Sinn - vorliegen. Gegen das Vorliegen von Gesichtsfeldausfällen am linken Auge spricht zudem der Inhalt des zuletzt vom Kläger vorgelegten Arztbriefes von Prof. Dr. S. , der, zeitgleich zum Attest von Dr. M. (September 2010) erstellt, gerade keinen Hinweis auf einen Gesichtsfeldausfall am linken Auge enthält. Prof. Dr. S. hat nur auf die deutliche Einschränkung des Visus des rechten Auges, die von niemanden in Zweifel gezogen wird, hingewiesen. Darüber hinaus hat ihm der Kläger jedoch nicht von subjektiven Einschränkungen, mithin auch nicht von einem Gesichtsfeldausfall am linken Auge berichtet. Einen solchen hat auch Dr. Sch. anlässlich seiner gutachtlichen Untersuchung nicht festgestellt, vielmehr das Gesichtsfeld ausdrücklich als unbeeinträchtigt beschrieben.
Auch im Übrigen belegt der vorgelegte Bericht von Prof. Dr. S. vom September 2010 gerade nicht, dass das SG unzutreffend entschieden hat oder dass eine wesentliche Änderung in der Sachlage eingetreten sein könnte. Vielmehr ergibt sich daraus hinsichtlich der Arteriitis temporalis eine weitere Stabilisierung des Gesundheitszustandes, die jetzt sogar dazu geführt hat, dass das schon zuvor niedrig dosierte Kortison voll abgesetzt werden konnte. Damit ist die Argumentation des SG, dass das Abstellen auf eine theoretisch mögliche künftige Verschlechterung des Gesundheitszustand die Annahme einer aktuellen zeitlichen Leistungseinschränkung entgegen der Auffassung von Dr. Sch. nicht rechtfertigt, bestätigt. Die Verneinung weiterer subjektiver Beschwerden durch den Kläger gegenüber Prof. Dr. S. spricht zudem auch gegen das Vorliegen der von Dr. V. behaupteten verminderten psychoemotionalen Belastbarkeit, für die- wie vom SG zutreffend betont - schon Dr. Sch. anlässlich seiner Begutachtung keine entsprechenden Befunde hat erheben können.
Die Überzeugungskraft des von Dr. Sch. gutachtlich angenommenen rentenrechtlich relevant eingeschränkten Leistungsvermögens wird im Übrigen zusätzlich dadurch erschüttert, dass Dr. Sch. noch im Juli 2008 - in seiner Funktion als behandelnder Arzt - zusammen mit Prof. Dr. S. dem Kläger von einer Rentenantragstellung abriet. Angesichts der nachfolgend eingetretenen Stabilisierung des Gesundheitszustands des Klägers kann seine hiervon letztlich abweichende Auffassung im Gutachten vom Dezember 2009 nicht nachvollzogen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der im Jahr 1955 geborene Kläger verfügt über keine Berufsausbildung. Zuletzt war er als Lackierer in der Pulverbeschichtung eines metallverarbeitenden Betriebes tätig. Ende Dezember 2006 erkrankte der Kläger an einer Arteriitis temporalis, als deren Folge eine schwere Visusminderung des rechten Auges (Apoplexia papillae) verblieb. Der Kläger wurde wegen der Arteriitis temporalis engmaschig in der Klinik für Neurologie, Neurophysiologie und Frührehabilitation C. G. (nachfolgend: Klinik C. ) behandelt. Die mit der Erkrankung verbundenen Kopfschmerzen und eine Hypästhesie rechts besserten sich unter der kontinuierlichen, im Verlauf reduzierten - zuletzt ganz beendeten - Kortisontherapie deutlich. Im Zusammenhang mit der Kortisonmedikation trat vorübergehend ein Diabetes mellitus auf. Neben den genannten Gesundheitsstörungen wurden beim Kläger eine Optikusatrophie links bei gutem Visus, eine Hypertonie, eine Hypokaliämie, eine Adipositas, eine Niereninsuffizienz, eine Hyperurikämie, eine gemischte Hyperlipidämie sowie ein Verdacht auf eine Herzinsuffizienz und ein Zustand nach einer Hepatitis B Infektion diagnostiziert bzw. beschrieben (so zuletzt die gutachtlichen Äußerungen von Dr. V. und Dr. Sch. ).
Der Kläger bezog im Zusammenhang mit der Erkrankung ab Dezember 2006 bis zur jeweiligen Erschöpfung des Leistungsspruchs zunächst Kranken- und anschließend Arbeitslosengeld. Seit S. 2009 bezieht er Arbeitslosengeld II.
Am 18.07.2008 beantragte der Kläger die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte holte das Gutachten des Internisten Dr. G. ein. Dieser gelangte auf Grund der Untersuchung des Klägers im September 2008 und unter Berücksichtigung der beigezogenen Unterlagen der Klinik C. zu der Auffassung, der Kläger könne wegen der eingeschränkten Sehfähigkeit nicht mehr als Metallarbeiter tätig sein. Die Herzkrankheit schließe eine Tätigkeit mit erhöhter Kraftanwendung sowie Akkord und Zeitdruck aus. Im Übrigen seien leichte und mittelschwere vollschichtige Tätigkeiten, bei denen das eingeschränkte Sehvermögen keine Eigen- und Fremdgefährdung herbeiführen könne, zumutbar. Die Beklagte lehnte den Antrag des Klägers mit Bescheid vom 23.09.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04.03.2009 u.a. mit dem Hinweis, der Kläger könne als ungelernter Metallarbeiter auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen werden, ab.
Deswegen hat der Kläger am 03.04.2009 beim Sozialgericht Ulm (SG) Klage erhoben. Das SG hat Dr. V. schriftlich als sachverständigen Zeugen befragt. Er hat im Mai 2009 mitgeteilt, der Gesundheitszustand des Klägers habe sich als stabil erwiesen. Er gehe davon aus, dass der Kläger eher nur noch unter sechs Stunden täglich arbeiten könne.
Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das SG Dr. V. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. In seinem ohne besondere gutachterliche Untersuchung erstellten (Kurz-)Gutachten vom September 2009 hat Dr. V. den Kläger im Wesentlichen wegen des eingeschränkten Sehvermögens und einer daraus resultierenden ausgeprägt verminderten psychischen Belastbarkeit nur noch für fähig erachtet, leichte körperliche Tätigkeiten weniger als drei Stunden täglich zu verrichten.
Das SG hat unter der Annahme, dass es sich bei den Ausführungen von Dr. V. nur um einen Befundbericht und um kein Gutachten gehandelt habe, auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG Dr. Sch. (Oberarzt an der Klinik C. ) mit der Erstellung eines (weiteren) Gutachtens beauftragt. Dieser hat das vom Kläger subjektiv angegebene schlechte Sehen trotz der funktionellen Einäugigkeit nur schwer mit dem erhobenen Befund erklären können. Immerhin sehe das linke Auge gut und sei sowohl hinsichtlich des Zentralvisus als auch des Gesichtsfelds unbeeinträchtigt. Eine psychoemotionale Minderbelastbarkeit wegen einer Verunsicherung und erschwerten Anpassungsvorgängen sei zwar glaubhaft vorstellbar, aber in der ambulanten Untersuchungssituation nicht sonderlich zu Tage getreten. Die weitere Entwicklung der Arteriitis sei bei einer fortbestehenden leichten Entzündungskonstellation schwer zu prognostizieren. Hinsichtlich der Leistungseinschätzung hat er sich weitgehend in Übereinstimmung mit Dr. G. gesehen, das zeitliche Leistungsvermögen jedoch unter Berücksichtigung der hausärztlicherseits beschriebenen reduzierten psychoemotionalen Belastbarkeit und insbesondere des theoretischen Möglichseins zukünftiger Erkrankungsschübe auf unter sechs Stunden täglich eingeschränkt gesehen. Die Beklagte hat die sozialmedizinische Stellungnahme von Dr. Hack-Zikos vorgelegt, die die Leistungsbeurteilungen von Dr. V. und Dr. Sch. für nicht überzeugend gehalten hat.
Mit Urteil vom 21.06.2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat, gestützt auf das Gutachten von Dr. Gregor, ausgeführt, der Kläger könne leichte Tätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes verrichten. Auszuschließen seien wegen des eingeschränkten Sehvermögens Tätigkeiten, die zu einer Eigen- und Fremdgefährdung führen könnten, darüber hinaus Tätigkeiten mit erhöhter Kraftanwendung, Akkord und Zeitdruck. Soweit Dr. Sch. wegen der Möglichkeit künftiger Erkrankungsschübe und einer reduzierten psychoemotionalen Belastbarkeit ein zeitliches Leistungsvermögen von weniger als sechs Stunden täglich angenommen habe, überzeuge dies nicht. Dr. Sch. habe in der Untersuchungssituation keine entsprechenden Anhaltspunkte gefunden. Auch das Abstellen auf theoretische, künftige Krankheitsschübe rechtfertige angesichts eines seit ca. drei Jahren stabilen Zustands keine zeitliche Leistungseinschränkung auf unter sechs Stunden. Dr. V. habe die Abweichung zwischen der von ihm zunächst auf unter sechs Stunden, später auf unter drei Stunden gesehene zeitliche Leistungseinschränkung nicht erklärt. Aus den weiter dokumentieren internistischen Erkrankungen habe keiner der Ärzte eine maßgebliche Einschränkung der beruflichen Leistungsfähigkeit hergeleitet. Eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit komme nicht in Betracht, da der Kläger keine entsprechende Qualifizierung erworben habe.
Gegen das ihm am 14.07.2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 04.08.2010 Berufung eingelegt. Er hat ein Attest von Dr. M. vom September 2010 nebst Gesichtsfeldbefunden von März 2010 und einen Arztbrief von Prof. Dr. S. (Chefarzt an der Klinik C. ) vorgelegt und dazu vorgetragen, beidseits unter Gesichtsfeldausfällen zu leiden. Daraus und aus den Ausführungen von Prof. Dr. S. sowie dem aktenkundigen Gesundheitszustand ergebe sich ein Leistungsvermögen von unter drei Stunden täglich.
Der Kläger beantragt sachdienlich gefasst,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 21.06.2010 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 23.09.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04.03.2009 zu verurteilen, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung, bzw. wegen teilweiser Erwerbsminderung auch bei Berufsunfähigkeit ab dem 01.07.2008 auf Dauer zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält die Entscheidung des SG für zutreffend.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
II.
Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 SGG zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen (§§ 43, 240 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI) für die hier vom Kläger beanspruchten Renten dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass der Kläger die Voraussetzungen für keine dieser Renten erfüllt, weil er trotz der Erkrankung an einer Arteriitis temporalis mit Visusminderung auf dem rechten Auge und den übrigen Erkrankungen (Hypertonie, Diabetes mellitus, chronische Niereninsuffizienz, Hyperurikämie und Hyperlipidämie) leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen noch mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann und im Hinblick auf die von ihm zuletzt ausgeübte versicherungspflichtige Tätigkeit auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen werden kann, also keinen Berufsschutz genießt. Der Senat sieht deshalb von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe gemäß § 153 Abs. 2 SGG ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Hinsichtlich der Ausführungen des SG zum fehlenden Berufsschutz ist ein Formulierungsfehler in den Entscheidungsgründen zu korrigieren. Die vor Beginn der letzten Tätigkeit ausgeübte gleichartige Vorbeschäftigung lag nicht ca. 17 Jahre, sondern nur ca. 17 Monate zurück. Der Kläger war von September 2002 bis April 2005 bei seiner letzten Arbeitgeberin als Lackierer tätig und nahm dort nach einer Unterbrechung durch eine Zeit der Arbeitslosigkeit im September 2006 die Tätigkeit wieder auf. Selbst wenn hier - in Abweichung zur Auffassung des SG - nicht von einer ungelernten, sondern, so wie vom Kläger im parallel anhängigen Verfahren zur Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben angegeben, von einer angelernten Tätigkeit ausgegangen würde, könnte der Kläger nach den vom SG zutreffend wiedergegebenen Maßstäben auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen werden. Denn allenfalls könnte eine Einstufung als Angelernter des unteren Bereichs, deren Tätigkeiten durch eine maximale Anlern- und Ausbildungszeit von zwölf Monaten gekennzeichnet ist und die uneingeschränkt auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar sind, ausgegangen werden. Dementsprechend hat der Kläger selbst zu keinem Zeitpunkt einen besonderen Berufsschutz geltend gemacht. Im Klageschriftsatz vom April 2009 hat er nicht auf besondere berufliche Qualifikationen verwiesen, vielmehr nur eine aus seiner Sicht nicht mehr bestehende Möglichkeit der Ausübung seines bisherigen Berufs als "Metallarbeiter" geltend gemacht. Auch der berufliche Werdegang des Klägers mit wechselnden Tätigkeiten als Maschinenarbeiter, Küchenhilfe und Maschinenbediener spricht gegen eine höhere Einstufung. Letztlich hat der anwaltlich vertretene Kläger im Klage- und Berufungsverfahren nicht einmal ausdrücklich einen Antrag auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gestellt. Sein Antrag wurde vom SG angesichts der hierzu ergangenen Entscheidung der Beklagten insoweit nur zu seinen Gunsten ausgelegt. Der Senat schließt sich dieser Auslegung an.
Das Berufungsvorbringen des Klägers ist nicht geeignet, Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des SG aufzuwerfen.
Soweit der Bevollmächtigte des Klägers im Schriftsatz vom 14.10.2010 behauptet, Dr. M. habe in dem vorgelegten Attest vom September 2010 Gesichtsfeldausfälle beidseits "festgestellt", trifft dies nicht zu. In dem vorgelegten Attest hat Dr. M. nur über vom Kläger anamnestisch angegebene Gesichtsfeldausfälle beidseits berichtet, diese aber gerade nicht diagnostiziert. Daher ist der Senat nicht davon überzeugt, dass Gesichtsfeldausfälle auf dem linken Auge - angesichts der massiven Schädigung des rechten Auges, auf Grund der von einer funktionellen Einäugigkeit auszugehen ist, macht eine besondere Feststellung von Gesichtsfeldausfällen am rechten Auge keinen Sinn - vorliegen. Gegen das Vorliegen von Gesichtsfeldausfällen am linken Auge spricht zudem der Inhalt des zuletzt vom Kläger vorgelegten Arztbriefes von Prof. Dr. S. , der, zeitgleich zum Attest von Dr. M. (September 2010) erstellt, gerade keinen Hinweis auf einen Gesichtsfeldausfall am linken Auge enthält. Prof. Dr. S. hat nur auf die deutliche Einschränkung des Visus des rechten Auges, die von niemanden in Zweifel gezogen wird, hingewiesen. Darüber hinaus hat ihm der Kläger jedoch nicht von subjektiven Einschränkungen, mithin auch nicht von einem Gesichtsfeldausfall am linken Auge berichtet. Einen solchen hat auch Dr. Sch. anlässlich seiner gutachtlichen Untersuchung nicht festgestellt, vielmehr das Gesichtsfeld ausdrücklich als unbeeinträchtigt beschrieben.
Auch im Übrigen belegt der vorgelegte Bericht von Prof. Dr. S. vom September 2010 gerade nicht, dass das SG unzutreffend entschieden hat oder dass eine wesentliche Änderung in der Sachlage eingetreten sein könnte. Vielmehr ergibt sich daraus hinsichtlich der Arteriitis temporalis eine weitere Stabilisierung des Gesundheitszustandes, die jetzt sogar dazu geführt hat, dass das schon zuvor niedrig dosierte Kortison voll abgesetzt werden konnte. Damit ist die Argumentation des SG, dass das Abstellen auf eine theoretisch mögliche künftige Verschlechterung des Gesundheitszustand die Annahme einer aktuellen zeitlichen Leistungseinschränkung entgegen der Auffassung von Dr. Sch. nicht rechtfertigt, bestätigt. Die Verneinung weiterer subjektiver Beschwerden durch den Kläger gegenüber Prof. Dr. S. spricht zudem auch gegen das Vorliegen der von Dr. V. behaupteten verminderten psychoemotionalen Belastbarkeit, für die- wie vom SG zutreffend betont - schon Dr. Sch. anlässlich seiner Begutachtung keine entsprechenden Befunde hat erheben können.
Die Überzeugungskraft des von Dr. Sch. gutachtlich angenommenen rentenrechtlich relevant eingeschränkten Leistungsvermögens wird im Übrigen zusätzlich dadurch erschüttert, dass Dr. Sch. noch im Juli 2008 - in seiner Funktion als behandelnder Arzt - zusammen mit Prof. Dr. S. dem Kläger von einer Rentenantragstellung abriet. Angesichts der nachfolgend eingetretenen Stabilisierung des Gesundheitszustands des Klägers kann seine hiervon letztlich abweichende Auffassung im Gutachten vom Dezember 2009 nicht nachvollzogen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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